Frühlingsgefühle
von unbekannt
Johannisbeeren, unglaublich, aber es waren Johannisbeeren. Ich hatte gerade einen Wein geöffnet, um mich für den Tag zu belohnen. Heimwerkeln ist ja eine ganz nette Abwechslung zu meinem Büro-Job, doch ab irgend einem Punkt bekomme ich immer das Gefühl, dass mir das Wochenende fortläuft. Deshalb hatte ich mir nur ein kleines Ziel gesteckt, das Regal hing und ich hatte eine wunderbare Ausrede, mich auf dem Balkon in den Liegestuhl zu setzen und die langsam stärker werdenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut zu genießen. Nicht zu vergessen diesen so herrlich nach Johannisbeeren duftenden Wein.
Langsam konnte mein Ohr den unterschiedlichen Geräuschen Aktionen zuordnen: Bei einem Quietschen handelte es sich offensichtlich um ein Fensterleder, das jemand zwei Häuser weiter malträtierte, mein Nachbar hatte wohl wieder seinen Depri und "still hadn't found what he was looking for", bei der Pizza-Bude gegenüber wurden die Bleche geputzt. Doch ein Geräusch stahl mir mehr Aufmerksamkeit, weil nach einem Aufschlag jeweils ein seichtes (weibliches) Stöhnen zu hören war. Da es offensichtlich aus unserem Vorgarten kam, überwand ich meine Behäbigkeit und blinzelte durch das Geländer nach unten.
Meine liebe Nachbarin, ihres Zeichens werdende Hauserbin, kam gerade ihren Pflichten als brave Enkelin nach und pflügte mit einem Dreizack die Blumenbeete um. Ein Job, der ihr trotz der relativ niedrigen Temperaturen und der leichten Bekleidung den Schweiß auf Stirn und Rücken trieb. Ich habe eine Faible für Frauen bei körperlicher Arbeit, das Glänzen der Haut durch die austretende Feuchtigkeit, wie es die Muskeln erkennen lässt und die Formen hervorhebt. So auch die meiner Nachbarin, die sich zu Arbeitsjeans nur noch ein graues Feinripp-Top geleistet hatte.
Ich schaute ihr eine Weile gedankenverloren zu, als das monotone Spiel durch die aufgehende Eingangspforte unterbrochen wurde. Ilka schaute zur Seite und ging dann auf den Mann zu, der nach "Martens" gefragt hatte. Sie schien erfreut und irritiert zu sein, als der Mann auf den großen Quader zeigte, der neben seinem Transporter stand. Aufgrund der Entfernung bekam ich zwar keine einzelnen Wörter, wohl aber den Tonfall der Unterhaltung mit, der zunehmend hitziger wurde. Es endete damit, dass der Fahrer ein letztes Mal die Schultern hob, sich umdrehte, um in sein Gefährt zu steigen und loszufahren.
Ich muss gestehen, dass ich in diesem Augenblick eine gewisse Schadenfreude empfand, die sicherlich aus meinem Verhältnis zu Ilka resultierte. Nicht, dass ich viel mit ihr zu tun gehabt hätte, doch hatten mir einige Begegnungen genügt, um sie in die Schublade "Zicke" zu stecken. Kann alles, kennt alles, kriegt alles. Sicherlich ist das ungerecht, oberflächlich und undifferenziert, dafür aber herrlich einfach. Vor allem aber trieb es meine Fantasien um diese Frau an.
Mittlerweile hatte sich der Gutmensch in mir gerührt und deutete mir an, dass er es jetzt für gut hielte, wenn ich mich aufraffte, um ihr zu helfen. Denn diese Waschmaschine, Trockner oder was es auch immer sein sollte, würde sie dort nicht alleine vom Fleck bekommen. Also lehnte ich mich ein Stückchen weiter nach vorne und rief: "Soll ich tragen helfen?" Ihr Kopf ging nach oben, und sie antwortete: "Wäre prima." - "Kleinen Augenblick, ich hol' noch Handschuhe".
Auf dem Weg nach unten machte ich mir Gedanken, was mich denn jetzt wohl gewichtstechnisch erwarten würde, Waschmaschine wäre wirklich uncool. "Hi, war wohl 'ne Lieferung bis Haustür, was?" "Sowas kann ich leiden, erst kommt das Ding wochenlang nicht, und dann können sie nicht mal anrufen, um zu sagen, dass sie es heute anliefern." Ich fragte:"Was ist es denn?, doch hatte ich mir die Antwort mit Blick auf das Bullauge schon selber gegeben. "Naja, halt 'ne Waschmaschine."sagte sie zögerlich. Das Teufelchen auf meiner rechten Schulter flüsterte mir ins Ohr: "Siehst du, siehst du, ich hab's ja gewußt. Riesendepp!" Ich ignorierte ihn und mit Blick auf ihre Statur fragte ich:"Und . . ., traust du Dir das zu?", wohl wissend, was das in ihr auslösen würde. "Klar" kam die prompte Reaktion. "Na, dann wollen wir mal." Ich kippte die Waschmaschine kurz an, sodass ich drunter greifen konnte. Sie nahm die Maschine vorne leicht gebeugt entgegen, was mir Gelegenheit gab, dem Teufelchen mitzuteilen, dass sich die Aktion wohl lohnen dürfte. Während Sie mit dem Finden der richtigen Griffhaltung beschäftigt war, gab es für mich den herrlichen Ausblick auf zwei wohlgeformte Hügel, zwischen denen einige Schweißperlen nach unten liefen. Ich hatte noch nie darauf geachtet, sie hatte wirklich eine schöne Figur, vielleicht etwas zu groß, aber trainiert, festes Fleisch und einen Busen, der meine Hände mehr als ausfüllte.
Drei Stockwerke. Und mein Blick nagelte sich in Ihrem Dekolleté fest und half mir, die Anstrengung nicht so zu spüren. Doch auf dem vorletzten Treppenabsatz war es dann soweit: "Könntest Du mich vielleicht angezogen lassen?" Die Röte schoss mir ins Gesicht, doch ich war noch fähig zu antworten: "Hättest Du denn noch 'ne bessere Belohnung für mich?" Sie verdrehte kurz die Augen.
Mit letzter Anstrengung erreichten wir den dritten Stock, und wir hieften die Maschine in ihr Badezimmer. "Den Rest schaff' ich dann wohl alleine. Hab' vielen Dank."So komplementierte sie mich wieder aus der Wohnung heraus.
Gegen Abend setzte ich mich nochmals kurz raus, und als ich nach oben blickte, sah ich kleine Rauchwolken aus ihrem Fenster kommen. Madame rauchte wohl ebenfalls eine Verschnauf-Zigarette. "Na, alles geklappt?" rief ich nach oben. "Jou." kam die knappe Antwort. "Möchtest Du jetzt weiter beleidigt sein oder darf ich Dich auf ein Glas einladen?" "Ich muss erst was essen." "Na, da könnte sich in meinem Kühlschrank auch noch was finden, los, komm' schon runter." Keine Ahnung, was mich da ritt, aber ich hatte Lust auf ihre störrische Art. "Na gut, ich bin gleich da." Ich sinnierte gerade vor dem geöffneten Kühlschrank, was ich jetzt kleines zurechtzaubern könnte, als es bereits klingelte.
"Komm' rein, schau' Dich um, ich hol' Dir was zu trinken." Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, stand sie vor dem Bücherregal. Sie hatte ihre Arbeitskleidung gegen eine schwarze Stoffhose im Marlene-Stil und eine graue Bluse eingetauscht. Der frische Geruch des Zimmers stammte eindeutig von ihr, es roch ein wenig nach Pfirsich.
"Körper scheinen für Dich ja eine große Rolle zu spielen." sagte sie anzüglich mit einem Blick auf meine Fotobände.
"Jou." antwortete ich mit einem Grinsen und gab ihr das Glas. "Ich finde es faszinierend, aus einem Augenblick das Schöne zu bannen - oder eine Gefühlsregung, irgendetwas Authentisches. Freude, Angst, Verwirrung, Geilheit - man kann es aus den Bildern herauslesen, wenn der Fotograf die Kunst beherrscht, den Zeigefinger im richtigen Moment zu bewegen." "Ich nehme an, Du fotografierst selber?" "Wenn sich eine Gelegenheit bietet." Ich drehte mich um und legte eine CD ein. Ich fing an, dieses Spielchen zu genießen. Sie schien neugierig zu sein und ich musste bloß ein bißchen Geduld haben.
Sie zeigte auf ein Bild im Regal. "Ist das von Dir?" Es war das Bild einer Freundin, die mal eine Schwarz-weiß-Serie von sich haben wollte, es zeigte sie von hinten, wie sie sich gerade im Spiegel begutachtete. Ihren kritischen Blick konnte man gerade noch erahnen.
"Gefällt's Dir?" "Ich mag den Stil." "Kommt Dir die Szene bekannt vor?" Sie schlenderte weiter durch den Raum, ohne weiter auf die Frage einzugehen..
"Wo hast Du sie fotografiert?" "Ich habe jede Menge Film hier, die Kamera liegt drüben, die Lichter ebenfalls." Sie strich beim Gehen mit der Hand über die Lehne der Couch und langte vor den CD's an.
"Ich mag die Musik nicht. Kann ich was anderes einlegen?" Sie griff nach einer Jazz-CD, die ich lange nicht gehört hatte und wechselte die Musik.
Währenddessen ging ich in die Kammer und holte meine Foto-Utensilien heraus. Ich entschied mich für ein Blitzlicht plus Kamerablitz und legte einen Film in die Nikon ein. Es sollte nicht zu aufwendig werden, zuviel Aufbauten machten die Atmosphäre nur kaputt.
Mittlerweile saß sie mit übereinandergeschlagenen Beinen auf meiner Couch: ein Bild von Süffisanz und Bewußtheit der Situation.
"Du möchtest mich also fotografieren." Ihre hochgezogenen Augenbrauen unterstützten das spöttische in ihrer Stimme.
"Ja, ich werde Dich jetzt fotografieren. Gefällst Du Dir?" Sie kam für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Gleichgewicht, fing sich aber wieder sofort.
"Muss ich nicht eher dem Fotografen gefallen?" "Das eine ergibt sich aus dem anderen." Ich ging zum Regal, nahm einen Bildband heraus und drückte ihn ihr in die Hand. Es war einer von Gorman, die etwas heftigere Sorte.
"Schau' ihn Dir in Ruhe an, ich werde ein paar Portraits schießen. Oh, und vielleicht noch einen Schluck Wein zur Lockerung." Sie schlug die Beine auf die Couch, nahm das Buch in die Hand und fing an zu blättern. Ich maß schnell das Licht und hockte mich dann in ihrer Höhe hin und fokussierte sie mit der Kamera. Während sie anfangs noch versuchte, weiter cool und lässig zu bleiben, löste ein Bild wohl Empörung aus. Sie wandte sich zu mir mit dem Finger auf dem Bild . . . und klick. Das erste Bild. Weitere sollten folgen. Mal lächelte sie verschmitzt, mal war der Ekel in ihrem Gesicht zu sehen., mal schlug sie betreten die nächste Seite auf, um sich nicht mit dem auseinanderzusetzen, was das Bild in ihr auslöste. Ich sorgte für mehr Musik und dafür, dass sie sich an das Klicken und Blitzen gewöhnte.
Nach zwei Filmen meinte ich: "So, Lust auf mehr?" Ohne eine Reaktion abzuwarten, sprach ich weiter.
"Du hast jetzt viele posierende Menschen gesehen, jetzt bist Du dran. 'Ne Idee?" Sie schaute mich etwas unsicher an. Klick.
"Du hattest doch Hunger, mach' uns was zu essen. Mach uns was . . . Nettes (Erotisches wollte ich sagen, traute mich jedoch nicht) zum Essen. Schau' in den Kühlschrank und lass' Dir was einfallen. Los!" Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie damit wohl nicht gerechnet hatte. Ich nahm sie bei der Hand und zog sie behutsam Richtung Küche. Ich zeigte ihr kurz, wo sie Messer usw. finden konnte und ließ sie dann einen Augenblick alleine. Als ich mit dem Blitzlicht zurückkam, hatte sie bereits begonnen, den Kühlschrankinhalt auf dem Küchentisch auszubreiten. Um sie nicht unter Druck zu setzen, nahm ich zwei Sektgläser
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