07 Miriam - Böse Mädchen gehen überall hin
von Faith
Miriam schlief einen traumlosen Schlaf. Ihr Körper benötigte alle Kraftreserven zur Heilung der Wunden.
Der Klang ihres Handys drang gedämpft zu ihr durch. Sie glaubte, die Melodie in den letzten Stunden mehrmals gehört zu haben, sie öffnete ihre Augen und sah dennoch nichts.
Ein Kokon aus schwarzen, eng anliegenden Blättern umhüllte sie von Kopf bis Fuß und förderte die Heilung der Wunden.
Jede Bewegung schmerzte. Miriam wusste nicht, ob sie eine Stunde oder eine Woche geschlafen hatte. Mit Mühe schob sie einen Arm zwischen ihrem Körper und dem Kokon zum Kopf, suchte eine Stelle, an der sich die Blätter überlappten und öffnete die Naht.
Draußen war es Tag, sie wusste nur nicht welcher. V’nyx der IV. reichte ihr das Handy, das nun nicht mehr läutet. Träge nahm sie das Gerät und versuchte den verschwommenen Blick auf das Display zu fixieren. Es waren mehrere entgangene Anrufe von Sven aufgelistet.
Die Melodie einer ankommenden SMS ließ ihr fast den Schädel explodieren.
„Ich finde Dein zickiges Verhalten albern!“, schrieb Sven vor einer halben Minute.
Vor fünf Stunden, das was Sonntagmorgen, hatte er geschrieben:
„Hallo Schatz, lass uns den Sonntag nicht auch noch mit Streit verschwenden. Ich vermisse Dich“
Die älteste, ungelesene SMS war auch von Sven. Das war die SMS vom Samstagmittag, die ankam, als sie auf dem Hängeschrank saß. Die SMS in der sich Sven entschuldigte und ALLES von ihr wissen wollte.
Es war also Sonntagmittag. Ziemlich genau 24 Stunden nachdem sie V’nyx dem IV. den Mittelfinger gezeigt hatte.
»Oh Gott, Sven macht sich bestimmt Sorgen, wegen dem blöden Streit!«, murmelte sie und wählte seine Nummer.
»Na, hat Ihre Majestät gerade mal Zeit?«, fragte Sven pampig.
»Ich bin nicht mehr sauer auf Dich, ich konnte mich nicht früher melden, bitte glaube mir das.«
»Du klingst ja schrecklich. Bist Du krank?«
»Ja, so ähnlich.«
»Was ist denn passiert!«, fragte Sven, seine Wut war der Erleichterung gewichen, als er ihre Stimme hörte. Zwei Atemzüge später machte er sich Sorge um seine Freundin.
»Am besten Du kommst vorbei, ich muss Dir einen Freund von mir vorstellen«, sagte Miriam mit bedeckter Stimme. Sven schwieg ins Telefon.
»Hallo, noch da?«, fragte Miriam.
»Ja, ich bin nur baff, dass Du mich zu Dir einlädst.«
»Du willst doch alles über mich wissen – ich glaube eine bessere Gelegenheit finden wir nicht … ich habe aber nicht aufgeräumt.«
»Das macht nichts, ich freu mich, deine Stimme zu hören, auch wenn sie ganz schrecklich klingt, brauchst Du was?«
»Was zum Essen währe prima … und wenn Du ein bisschen Blumendünger auftreiben kannst …«
»Blumendünger?«, hakte Sven nach.
»Ja, Blumendünger.«
»Ich schau mal, ob ich was finde … und wie finde ich Deine Wohnung?«
»Fahr zu der Kreuzung an der du mich immer abholst und rufe an, den Rest erkläre ich Dir dann am Telefon.«
Miriam zog die Blätter wieder zusammen, sodass nur ihre Nasenspitze und die Augen herausschauten und sah die beiden orangefarbenen Blüten hoch über ihr, unter der Zimmerdecke schweben.
»Wie bist Du eigentlich so groß geworden?«, frage Miriam.
‚Ich habe schon vor Wochen einen hohlen Baumstamm gefunden, durch den ich mit einem Teil meiner Wurzeln auf einen nährstoffreichen, unterirdischen Fluss gestoßen bin. Ich habe vor, den Fluss zu stauen, um die Nährstoffe besser aus dem Wasser filtern zu können.‘
»Der hohle Baumstamm ist wahrscheinlich die Regenrinne und der unterirdische Fluss ist ein Abwasserkanal. Wenn Du den staust, kommen Menschen mit gelben Helmen und graben Dich aus – lass den Fluss fließen und genieße die täglich frischen Nährstoffe«, erklärte Miriam und kuschelte, sich erschöpft vom vielen Reden, in ihr Nest.
»Wo ist eigentlich die Flasche mit dem Chlorreiniger, die stand doch hier irgendwo?«, fragte Miriam trotz ihres Zustandes. Sie wollte nicht, dass V’nyx dem IV. dadurch ein Schaden entstand.
‚Ich habe die Substanz in mich aufgenommen um sie zu neutralisieren.‘
»Du hast das Zeug getrunken?«, fragte Miriam erstaunt.
‚Ja, aber anfangs nur in sehr kleinen Mengen, um mich an das Gift zu gewöhnen.‘
»Und jetzt kann es dir nichts mehr anhaben?«
‚Bis zu einer gewissen Dosis kann es mir nicht mehr schaden, aber süchtig werde ich danach nicht.‘
Eine Armlänge von ihrem Kopf entfernt lag die Natter zusammengerollt zwischen anderen Ranken. Das Ende, von dem Miriam die Spitze gekappt hatte, sah ausgefranzt aus und glänzte matt von geronnenem Pflanzensaft.
»Wächst der Stachel wieder nach?«, fragte Miriam teils aus Neugier, teils aus einer latenten Furcht vor dieser Waffe, durch die Christina, eine ihrer liebsten Drohnen gestorben war.
‚Ja‘, sagte V’nyx der IV.
*
Sven meldete sich einige Zeit später per Handy und Miriam erklärte ihm den Weg zu ihrem Unterschlupf. Kurz darauf blickte Sven in den Flur eines ehemaligen Bürotraktes, in dem nun schwarze Wurzeln über den Boden wucherten.
Unsicher stand er in der Eingangstür, mit einer großen Tüte von McDonald`s in der einen Hand und einem Sack Blumendünger in der anderen.
»Komm rein, ich bin im vorletzten Raum, am Ende des Ganges«, rief Miriam mit dünner Stimme.
Sven lief mit bedächtigen Schritten, um nicht auf eine der Wurzeln zu treten, spähte in den Raum und sah lediglich Miriams Haarschopf aus einem bizarren Dickicht herausschauen.
In diesen Knäul aus Ranken kam ungeahnte Dynamik. Sven glaubte, der Raum würde sich drehen, dabei waren die Wände, das einzige, das sich nicht bewegte.
Das Nest öffnete sich und gab Miriam Preis, deren Körperkonturen sich unter einem eng anliegenden Kokon aus gummiartigen Blättern abzeichneten.
Sven beobachtet diesen unglaublichen Vorgang mit Fassung. Erst als ihm ein Tentakel den Sack Blumendünger entriss, zuckte er erschrocken und wich zurück.
»Das ist V’nyx der IV., mein Cerebrat, Du musst keine Angst haben«, sagte Miriam und öffnete den Kokon mit schmatzenden Geräuschen. Die Innenseite war mit einem farblosen Gel überzogen, das ihre Latexhaut feucht glänzen ließ.
»Bist Du verprügelt worden?«, fragte Sven betroffen. Er betrachtete sich das Loch in der Trockenbauwand, das Miriam gestern geschlagen hatte, um von der Küche in den Nebenraum zu kommen.
»Ja«, gab Miriam zu und betrachtete ihren Körper im Liegen. Die Schürfwunden waren Großteils verheilt, lediglich einige tiefe Kratzer auf ihrem Torso trübten den Anblick. Bis die Schmerzen in ihren gezerrten und überdehnten Gelenken und Muskeln nachließen, würde noch einige Zeit vergehen. Ebenso war die ebenmäßige Symmetrie ihres Gesichts noch durch diverse Schwellungen entstellt.
»Was ist denn passiert, bist Du … überfallen worden?«
»Nein, es gab nur eine Meinungsverschiedenheit zwischen diesem Dickkopf und mir.«
Miriam klatschte mit der Hand gegen den Hauptstamm von V’nyx dem IV.
»Aha«, sagte Sven und trat im Türrahmen auf der Stelle.
»Das riecht nach Big-Mac’s«, sagte Miriam und blickte mit ausgestreckten Armen auf die braune Papiertüte.
»Ja«, sagte Sven und versuchte sich Miriam zu nähern, ohne auf eine Wurzel zu treten, was ihm in diesem Raum unmöglich schien.
»Ziehe Dich aus und komm zu mir, nach dem Essen erkläre ich alles.«
Sven riss die Augen weit auf und starrte in den Raum. Miriam lag in einem Wust aus Tentakeln, alles war schwarz in schwarz und je länger Sven in den Raum starrte, desto bizarrer kam es ihm vor.
»Du musst keine Angst haben, dir wird nichts geschehen – das verspreche ich dir«, sagte Miriam und richtete sich langsam auf. Sie kam auf wackeligen Beinen zu ihm. Die Tentakel wichen den Schritten der Königin aus und bahnten ihr einen Weg zu Sven. Sie streichelte über seine Wange.
»Es ist bestimmt nicht das was man sich unter einem romantischen Sonntagmittag vorstellt, aber ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen.«
*
Sven Saß nackt in dem Nest neben Miriam, kaute ein paar Pommes und beobachtete das spurlose Verschwinden von zwei Bic-Mac’s, eines Royal TS und einem Liter Cola.
Die Szene brannte sich tief in sein Gedächtnis und in sein Herz: Dieses unglaublich bizarr-erotische Wesen, das er mehr liebte als je einen … Mensch zuvor, in einem mindestens ebenso bizarren Umfeld, beim heißhungrigen Verputzen von Fast-Food zu beobachten, weckte in ihm eine Melange aus Gefühlen; von erheiternd, über glücklich, zu närrischer Verliebtheit, bis hin zu purer Sexgier.
Er schob ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht und strich sorgsam über die aufgeplatzte Haut an ihrer Stirn.
Einem tiefen Verlangen folgend, küsste er seine Geliebte, die mit vollen Backen, von diesem zärtlichen Ausbruch überrascht wurde und die Zuneigung dankend erwiderte, nachdem sie das Essen geschluckt hatte.
»Komm, schlüpf unter meine Decke, wir kuscheln«, sagte Miriam und zog eines der großen Blätter über Svens Rücken, bis es den Rand eines anderes Blattes berührte und sich mit ihm verband.
Die dünne Latexschicht schmiegte sich stramm um das Pärchen. Als der Kokon so weit geschlossen war, dass nur noch ihre Schultern und Köpfe herausschauten fühlte Sven einen sanften Druck, der seinen Bauch gegen ihren drückte.
»Fühlst Du Dich wohl?«,fragte Miriam
»Es ist sehr eng und ich kann mich kaum bewegen«, sagte Sven vorsichtig, denn er wollte die ungewohnte Gastfreundschaft nicht ausschlagen.
»Stell dir vor, dass du dich gar nicht bewegen willst. Versuche zu fühlen ohne zu wollen.«
Sven nickte zaghaft und atmete langsam aus. Er versuchte sich zu entspannen, es gelang ihm, wenn er die Augen schloss.
»Wie ist es jetzt?«
»Besser … viel besser – ich fühle mich geborgen«, sagte Sven, »und ich bin froh, dass wir uns nicht mehr streiten.«
»Wenn dir das gefällt können wir es uns an den Wochenende immer so gemütlich machen«, sagte Miriam und schmiegte sich an Svens Brust.
»Das Klingt gut«, hörte sich Sven sagen und es erschreckte ihn, wie vorbehaltlos er sich eine Zukunft mit Miriam – mit der Blauen Königin – ausmalte, ohne auch nur einen Bruchteil dessen zu kennen, was noch auf ihn zukommen würde.
»Ich freu mich darauf, dir meine Welt zu zeigen«, sagte Miriam. Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange und erklärte mit verliebter Stimme.
»Du bist der einzige Mensch in meinem Herzen. Du bist der einzige Bewohner in meinem kleinen Königreich.«
Der Kokon zog sich noch enger zusammen, spannte sich hart um die Konturen der beiden Körper und ließ ihnen kaum den Platz zum Atmen.
Sven wirkte verkrampft und fand die eben noch angenehme Enge, nun als beklemmend. Er schaute Miriam mit weit aufgerissenen Augen an.
Die Spannung des Kokons reduzierte sich auf ein erträgliches Maß.
»Entschuldige ich wollte dir keine Angst machen«, sagte Miriam.
»Magst du es so eng, dass man kaum noch atmen kann?«
»Ja, manchmal, aber ich wollte dich einfach nur ganz fest spüren.«
Sven entspannte sich und empfand eine unterschwellige Erregung, bei der Vorstellung bewusst atmen zu müssen um genug Luft zu bekommen.
Miriam ließ ihren Unterleib in dem Kokon kreisen. Durch die intensiven Berührungen wurde Sven das Ausmaß seiner Erektion bewusst. Sie lächelte ihn an: »Oh, gibt es Nachtisch?«
»Wenn Du willst, … aber es ist verdammt eng hier.«
»Das bekommen wir hin«, sagte Miriam und vollführte einige windende Bewegungen, bis der pralle Schwanz zwischen ihre Beine rutschte. Ihre Brüste waren genau vor Svens Gesicht, dann fühlte er wie seine Spitze zwischen ihre feuchten Schamlippen rutschte. Miriam schlängelte sich innerhalb des Kokons wieder einige Zentimeter abwärts, bis sie Svens Hals zwischen ihren Brüsten spürte. Und natürlich spürte sie seinen Pfahl tief in ihrem Leib. Sven stöhnte Sanft als Miriam wieder zur Ruhe kam.
Ihre sehnsüchtig geöffneten Lippen berührten Svens Wange, er drehte den Kopf und presste seinen Mund gegen ihren. Sie zuckte zurück: »Langsam bitte und nicht so fest heute.«
Er berührte ihre Lippen, die noch nicht ganz verheilt waren, sanft mit seinen und ließ seine Zungenspitze neugierig in ihren geöffneten Mund tauchen.
Miriams Körper bewegte sich kaum sichtbar, dennoch spürte Sven, die Bewegungen ihres Unterleibs.
Er stieß mit dem Becken sachte zu und fühlte die Enge in ihr mit ungeahnter Intensität. Miriam stöhnte bei der kleinsten Bewegung und blickte ihn verlangend an.
Sven kam sich vor, wie sein eigener Schwanz, er steckte in einem engen, feuchtwarmen Schlauch, dicht an seine Geliebte gepresst und jede Bewegung war eine unvermeidliche Berührung des anderen.
»Gaaanz langsam«, hauchte Miriam in seinen Mund. Sven hörte auf, sein Becken kreisen zu lassen, verharrte in der Enge, die seinen Körper umgab und fühlte die Enge um seinen Schwanz, der fest von Miriams Lustkanal umschlossen war. Er empfand diesen Moment als die intimste Erfahrung seines bisherigen Lebens.
Er verlor sich in ihren großen, blauen Augen, die ihn wach und verlieb anschauten, stöhnte leise bei jedem bewussten Atemzug und erschauerte innerlich bei der kleinsten Bewegung, die Miriams Unterleib vollführte.
Sven spannte seinen Beckenbodenmuskel an und erreichte eine kleine Bewegung, tief in Miriam. Sie reagierte mit einem gestöhnten Lächeln und schloss die Augen.
Sven verlor sich in dem Moment, auch er schloss die Augen, um sich auf seine Gefühle zu konzentrieren. Er fühlte nicht nur seinen Körper – diese Gefühle kannte er. Sein Empfinden erweiterte sich auf ein Wir-Empfinden. Er fühlte sich schwerelos, wusste, dass es Miriam ähnlich ging, denn sie war ganz nah bei ihm, in einem Meer aus Licht: warm und weich, verbunden durch seinen harten Schwarz.
*
Als Sven die Augen öffnete, wusste er nicht wie viel Zeit vergangen war, ihm kam es wie ein Moment vor, aber es dämmerte bereits, der Raum war in sanfte Schatten gehüllt.
Eine kleine Bewegung seines Oberkörpers löste eine zärtliche Berührung an seinem Kinn aus. Er sah Miriams herrliche Brüste. Eine der großen harten Knospen rieb sich bei jedem Atemzug an seinem Kinn.
»Deine Bartstoppel machen mich fast verrückt«, gestand Miriam.
»Bist du die ganze Zeit wach gewesen?«
»Ich habe dich beim Schlafen beobachtet und konnte davon nicht genug bekommen.«
Er fühlte sich erholt, wie nach einem Mittagschlaf und war dennoch träge vor Lust. Sein Schwanz steckte tief in ihrem Körper und er spürte jeden Tropfen, der aus seiner Eichel kam und in Miriam überging.
Kein schneller Höhepunkt, bei dem der Eröffnungstusch schon das Ende einleitete, überkam ihn. Stattdessen verharrte er reglos auf einem Plateau der langsam tröpfelnden Lust, bei der jede Bewegung ein Abgleiten in den Abgrund der Ekstase bedeuten konnte.
Miriam schaute ihm in die Augen, in ihrem Blick lag so viel Dankbarkeit und Liebe, dass sein Becken kurz zuckte. Miriam öffnete ihren Mund in einer Geste des Mitgefühls und gab ihm Halt, auf diesem kleinen Plateau der tröpfelnden Lust.
»Ich werde immer für dich da sein, ganz gleich was passiert«, hauchte Miriam.
»Ich erkenne erst langsam welches unglaubliche Glück ich mit dir habe, aber du gibst mir so viel und ich kann dir nichts bieten«, flüsterte Sven.
»Was ich dir gebe, kommt um ein vielfaches verstärkt zu mir zurück, Sven. Ich bin eine Königin, es macht mich glücklich für dich da zu sein.«
»Das zwischen uns könnte noch intensiver sein, wenn…«
Miriam küsste ihn, um ihn zum Schweigen zu bringen, denn sie wollte diese Diskussion nicht schon wieder führen. Sven ahnte nicht im Ansatz, was es bedeutete eine Drohne zu sein.
Die Nacht brach herein und Miriam summte eine Melodie. Eine Variation dessen, was Sven bereits bei der Autofahrt verzauberte.
Diesmal durfte er sich dem Gesang hingeben, in ihm versinken und eins werden mit den sanften Emotionen ihrer Stimme.
Ein weiterer Tropfen seiner köchelnden Lust ging in Miriam über und löste in ihm ein tiefes Gefühl der Wärme und Geborgenheit aus.
Zu Beginn des reglosen Rauschzustandes fragte er sich, was mit ihm geschah – diese Frage war ihm nun so fern wie alles Weltliche außerhalb dieses Kokons.
Würde er morgen aufwachen und so sein wie Miriam – er wäre dankbar für dieses Geschenk. Aber er wusste, dass sie ihn nicht veränderte, er war nur verzaubert von einer unbändig sanften Lust.
***
Es musste ein Traum sein: Sven sah eine Welt voll bizarrer Schönheit hinter einem zarten Schleier. Wesen die Miriams Erscheinung ähnelten, wohnten darin und seltsame Pflanzen reckten ihre bunten Blüten in den Himmel.
Miriam, die Blaue Königin, stand in ihrer vollen Pracht, mit erhabenem Stolz neben ihm, hielt in fest an der Hand und lächelte ihn an.
»Komm, ich zeige Dir eine Erinnerung aus der Anderswelt«, sagte sie und ging in kleinen Schritten voran. Ihren Fersen entsprangen zierliche, aber sehr lange Absätze, die ihrem graziösen Körper eine noch elegantere Haltung abverlangten. Durch die Absätze berührten lediglich ihre Zehen den Boden. Sie bewegte sich mit der Anmut einer Ballerina über die Lichtung und führte ihn zu einem großen Baum mit orangefarbenen Blüten.
Erst langsam erkannte Sven, in der Vielzahl der Eindrücke, einzelne Wesen, die am Fuße des gewaltigen Baumes ineinander verschlungen miteinander rangen, sich streichelten, küssten, liebten. Andere sammelten Früchte von den Sträuchern und fütterten sich gegenseitig mit den Köstlichkeiten, horchten jedoch auf, als ein lüsterner Laut erklang.
Im Gegensatz zu Miriam waren die Wesen allesamt von durchgängigem Schwarz, edel glänzend, aber ohne königliche Zierde.
Mit Lust nahm eine schwarze Latexpuppe auf dem emporragenden Pfahl eines männlichen Latexwesens Platz und presste ihre unnatürlich großen Brüste in sein Gesicht.
Sie schrie vor Leidenschaft, lockte weitere Männer an und saugte an deren hart aufgerichteten Speeren. Einer nach dem anderen schenkte ihr seinen Samen und sie verrieb den wertvollen Saft auf dekadent verschwenderische Art, auf ihrem Körper.
In das anfängliche Chaos kam Ordnung. Die Wesen gruppierten sich um diese eine Drohne, zollten ihr Respekt und Anerkennung, indem die männlichen Drohnen ihren Samen auf sie spritzen. Die weiblichen Drohnen rieben ihre feuchten Körper an ihr, leckten sie zwischen den Beinen, saugten an ihren Brüsten, oder küssten ihren offenen Mund und ließen, das von ihnen gesammelte Sperma, in den gierigen Schlund laufen.
Benommen vor Lust bebte der Körper der Auserwählten, sie glitt ab in einen orgastischen Rausch. Ein trompetenartiger Laut schreckte die anderen Wesen auf und ließ sie davon rennen.
Die Auserwählte kniete, alleine auf der Lichtung und wartete gebannt das kommende Ereignis.
In einer vollkommenen Choreographie reckten sich die Tentakel von dem großen Baum zu ihr, hoben sie auf und ließen sie zur größten und höchsten Blüte schweben.
Breitbeinig wurde sie in den Blütenkelch abgesetzt.
Sven sah nicht genau was darin geschah, er glaubte einen unterarmgroßen Zapfen im Zentrum der Blüte zu sehen, der mühelos in die Latexpuppe eindrang. Er hörte Geräusche, die von einer Euphorie zeugten, wie er sie noch nie gehört hatte und wollte näher zum Geschehen, oder zumindest den weißen Schleier zwischen ihm und der Szene hinfort streichen.
Miriam hielt ihn fest an der Hand und schüttelte den Kopf mit verständigem Lächeln.
»Es ist nur eine Vision, du kannst nicht näher heran«, erklärte sie.
Sven schaute wieder zur großen Blüte, die sich langsam schloss und das Wesen gänzlich umhüllte. Die ekstatischen Geräusche verebbten zu einem lüsternen Wimmen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Geschöpf nach dieser Erfahrung noch so war wie zuvor.
»Was geschieht mit ihr?«
»Wenn sich die Blüte von V’nyx dem III. öffnet, wird sie die neue Königin sein«, sagte Miriam, »Aber das ist lange her, es ist die Erinnerung meines Cerebraten aus unserer Heimatwelt.«
Miriam schaute noch einmal wohlwollend auf die ausgelassen tobende Gruppe aus Drohnen, die sich um den Baumstamm versammelt hatte und murmelte: »Ich beneide die junge Königin nicht darum, Ordnung in diese Horde zu bringen.«
Sven schluckte schwer und erkannte die Ähnlichkeit dieses gewaltigen Baums, mit der Pflanze, die in Miriams Unterschlupf wuchs.
»Und du hast das auch erlebt, als du zur Königin wurdest?«
»Ja«, sagte Miriam und blickte auf den Boden, »aber bei mir war es nicht so feierlich, wir waren nur wenige und es musste schnell gehen.«
Sie hob den Kopf und rang um ein Lächeln, denn sie wollte über ihr Schicksal kein Trübsal blasen.
»Komm, wir gehen noch ein Stück den Hügel hinauf, ich zeige Dir einige meiner Bilder«, sage sie zu Sven und zog an seiner Hand.
Sie erreichten den Gipfel der Anhöhe und schauten in das Tal, von hier sahen die mächtigen Bäume mit den großen Blüten, wie exotische Blumen aus.
»Was ist das für ein gruseliger Wald dort drüben?«, fragte Sven.
»Das frage ich mich auch. Dieser Wald und die Wesen, die darin wohnen, gehören nicht in meine Welt.«
»Willst Du da jetzt hin gehen?«, fragte Sven und ließ sich einige Schritte zurückfallen. Die Blaue Königin schritt aufrichtig und mit natürlichen Erhabenheit auf den Waldrand zu. Sven erkannte Miriam in diesem majestätischen Wesen und konnte dennoch nicht fassen, dass sie es war.
Trotz der üppigen Kurven wirkte ihr Körper schlank und edel, der schwarz glänzende Grundton verlieh ihr klar konturierte Umrisse, die durch die blauen Linien vorteilhaft untermalt wurden. Ihre menschliche Gestalt stand diesen Proportionen nicht sonderlich nach, aber in der mutierten Erscheinung war ihr Äußeres auf eine bizarr-erregende Art übertrieben – phantastisch, aufreizend überzeichnet und mit einer makellosen Schicht Latex überzogen.
»Komm«, sagte sie und reicht ihm ihre Hand.
»Du siehst so fantastisch geil aus«, sagte Sven, schloss zu ihr auf und nahm ihre Hand.
Die Blaue Königin überging seine Schwärmerei. Sie stand am Rand des dunklen Waldes und schaute in die Finsternis.
»Sieh! Dort ist eines der dunklen Wesen«, sagte sie zu Sven und zeigte auf eine Stelle, an der eine vage Bewegung zu erkennen war.
»Komm zu mir, hab keine Angst«, sagte Miriam zu dem Schatten und beugte den Oberkörper fürsorglich nach vorne. Der Schatten bewegte sich auf sie zu und Sven erkannte die menschlichen Umrisse eines durchtrainierten Mannes, der sich, wie ein scheues, aber zugleich neugieriges Tier, aus seinem Versteck wagte.
»Holst Du uns jetzt?«, fragte das dunkle Wesen.
»Zeige Dich mir, hier im Licht!«, sagte Miriam freundlich aber bestimmend und das Wesen näherte sich der Grenze des Waldes. Es streckte seine Hand aus. Kurz bevor das Wesen Miriams ausgestreckten Arm erreichen konnte, zuckte seine Hand erschrocken zurück.
Der Klang von splitternden Ästen und zerberstenden Stämmen drang aus dem Dunkeln des Waldes.
»Was ist das?«, fragte Sven.
»Bleib hinter mir!«, sagte Miriam zu Sven, als sie die mächtigen Tentakel im Dickicht des dunklen Waldes erkannte.
Der rote Cerebrat, zeigte die Ausläufer seiner Fangarme. Er peitschte damit über den Waldboden wie ein Suchender und fand das dunkle Wesen, das sich eben an die Grenze des Waldes gewagt hatte.
Sven blickte ängstlich zu Miriam. Die Blaue Königin erholte sich vom ersten Schreck und in ihrer Mimik erwachte eine kampfesmutige Entschlossenheit. Sie machte einen mutigen Satz in das Unterholz und versuchte dem dunklen Wesen bei seinem Kampf gegen die hektisch um sich schlagenden Tentakel zu helfen.
Eine Ranke schlang sich um den Brustkorb des Wesens und versuchte es tiefer in den Wald zu ziehen. Miriam fasste das Wesens an den Händen und gab ihm Halt.
»Lass mich los, ich bin verloren. Achte darauf, dass T’rion der II. dich nicht in seine Fänge bekommt, sonst ist alle Hoffnung verloren«, sagte das Wesen.
Miriam wollte das Wesen nicht einfach seinem Schicksal überlassen, aber sie war zu schwach gegen die brutale Macht des Tentakels.
Erste als sie einen Schwarm weiterer Tentakel auf ihre Position zustürmen sah, ließ sie das Wesen los, stieß sich kraftvoll vom Boden ab und machte einen Luftsprung, der sie aus dem Unterholz, zurück auf die Lichtung beförderte.
Svens Wahrnehmung war durch die Vielzahl der Eindrücke gelähmt. Er sah die Gefahr nicht und wurde von einem wuchtigen Schlag getroffen, der ihm das Bewusstsein nahm.
***
Sven riss die Augen erschrocken auf und sah Miriams geängstigtes Gesicht im fahlen Licht der aufgehenden Sonne. Er lag eng an sie gepresst in dem Kokon. Die kahlen Wände des Raums, in Miriams weltlicher Unterkunft, empfand er als Beruhigend. Die Tatsache, dass sein Schwanz immer noch tief in seiner Geliebten steckte, wurde zu Nebensache. Der Schlag auf seinen Kopf, war die letzte Erinnerung an den, anfänglich sehr erregenden, Ausflug in die Anderswelt. Er befühlte seine Schläfe, da wo ihn der Tentakel getroffen hatte. Die Haut war schweißfeucht, aber unverletzt, lediglich die Illusion eines Schmerzes hallte noch nach.
»Was war das?«, fragte Sven.
»Wer war das, trifft es besser«, sagte Miriam und schaute an die Decke. Die Blüten von V’nyx dem IV. schauten sie aufmerksam an. Miriam befreite ihre Hand aus dem Kokon und streichelte über den Stamm.
»Hast Du schon einmal etwas T’rion dem II. gehört?«, fragte Miriam ihren Cerebrat.
‚Nein, aber er ist von unserer Art, obwohl sein Verhalten nicht unserer Natur entspricht.‘
»T’rion der I. war ein Cerebrat der Roten Königin. Dann ist dieser T’rion ist ein direkter Nachfahr dieser Stammlinie«, sinnierte Miriam.
Sven schälte seinen Oberkörper aus dem Kokon, stützte sich mit dem Ellenbogen ab und Fragte: »Was sind das für dunkle Kreaturen in dem unheimlichen Wald?«
»Sven, diese Frage stellt sich hier jeder von uns drei.«
Sven wurde bewusst, dass Miriam der Pflanze auch eine Persönlichkeit zusprach. Er schaute an dem Hauptstamm von V’nyx dem IV. empor und sah einige seiner Tentakel durch die Luft schweben.
»Die sehen aus, wie das Ding, das mir eins über den Schädel gezogen hat«, sagte Sven.
»Alle Cerebrate haben Tentakel, die sie sehr vielfältig einsetzen können«, erklärte Miriam.
»Also ist in dem unheimlichen Wald auch so ein Ding?«
»Das sind keine DINGER! Das sind Cerebrate!«, stellte Miriam klar.
»O.K., also ist in dem Wald auch ein Cerebrat?«
Miriam zuckte mit den Schultern: »Ich muss noch herausfinden, ob es diesen Cerebrat „T’rion den II.“ wirklich gibt, oder ob es nur ein Gespenst meiner Albträume ist«, murmelte Miriam.
‚T’rions Existenz steht außer Frage‘, sagte V’nyx der IV. in seiner telepathischen Gedankensprache.
»Wer hat da gesprochen?«, fragte Sven und blickte in einer Vorahnung zu den orangefarbenen Blüten empor. Miriam lächelte entschuldigend: »Natürlich kann V’nyx der IV. nicht sprechen, er hat ja keinen Mund, aber er kann sich telepathisch mitteilen.
Sven wunderte sich nach der letzten Nacht über nichts mehr und griff den Gesprächsfaden wieder auf.
»Wenn es dieses Monster also gibt, müssten wir herausfinden, wo es sich befindet.«
»WIR müssten das herausfinden?«, fragte Miriam lachend.
»Ja natürlich WIR, oder glaubst du ich lasse dich damit alleine? Wo ist diese Anderswelt eigentlich.«
»Ach Sven. Die Anderswelt ist nirgendwo und überall – sie existiert in dem kollektiven Bewusstsein unserer Art – also meiner Art. Und ich kann dich als Besucher in diese Welt mitnehmen.«
Miriam schälte sich aus dem Kokon und präsentierte ihren königlichen Leib in voller Pracht. Die Verletzungen ihrer Haut waren vollständig und ohne sichtbare Narben verheilt. Das farblose Gel, mit dem die Innenseite des Kokons ausgekleidet war, überzog ihre schwarze Haut und gab ihr einen feuchten Glanz.
Sie zeigte Sven auf bittersüße Art, worin sie sich von ihm unterschied, genoss seine begehrenden Blicke und erklärte: »Es ist Montagmorgen, du verpasst deine Lesung, wenn du nicht langsam in die Gänge kommst. Die Welt können wir auch noch morgen retten.«
»Machst du dir keine Sorgen über diese Visionen?«, hakte Sven nach und Miriams Mimik wurde finster.
»Natürlich, zerbreche ich mir den Kopf darüber, aber ich bin nur auf Bewährung in Freiheit! Ich kann es nicht riskieren, etwas zu tun, was mich ins Fadenkreuz bringt und ich kann erst recht nicht riskieren, diesem T’rion unvorbereitet in die Fangarme zu laufen – der ist einige Entwicklungsstufen weiter als V’nyx.«
Sven hob beschwichtigend die Arme, aber das brachte Miriam nur noch mehr auf: »Glaubst du ein Cerebrat dieser Größe könnte sich irgendwo in der freien Wildbahn entwickeln, ohne dass Menschen auf ihn aufmerksam werden?«
Sven zuckte mit den Schultern, Miriam antwortet: »Nein, so ein Cerebrat würde versuchen, so viele Menschen wie möglich in Drohnen zu verwandeln, um seine Macht zu festigen und das er damit durchkommt, halte ich für ausgeschlossen – also müssen es Menschen gewesen sein, die ihn bewusst so stark werden ließen und sie glauben wahrscheinlich, ihn dauerhaft unter Kontrolle halten zu können! Was soll ich deiner Meinung nach auf die Schnell dagegen tun – vielleicht bei der Polizei anrufen?«
»Was sind das für dunkle Wesen in dem Wald?«, bohrte Sven weiter, ohne sich vor Miriams aufkommendem Zorn zu fürchten.
»Es sind keine Drohnen!«, rief Miriam und ihre Augen bekamen ein Funkeln, das Sven kurz verstummen ließ. Mit sanfter Tonlage schlussfolgerte er: »Also sind es Menschen?«
»Ja … noch, sind es Menschen«, hauchte Miriam und ihre Augen wurden feucht.
Sven nahm sie in den Arm und bot ihr seine starke Schulter an, als er merkte, dass er den Bogen überspannt hatte.
»Ich will das nicht, ich will das es aufhört und ich endlich meine scheiß Ruhe habe«, schluchzte Miriam.
»Es ist doch nicht deine Schuld.«
»Aber ich fühle mich verantwortlich, weil ich nun einmal bin was ich bin«, sagte sie und rang um ein wenig Würde in ihrer Mimik. Es gelang ihr nicht. Neue Tränen rannen über ihr Gesicht, die Tropfen schimmerten wie schwarze Diamanten.
»Glaubst du ich wollte das? Es ist einfach passiert – einfach so. Erst kam es mir wie ein Traum vor und als ich aufwachte, war ich eine Drohne. Es war wie ein Rausch. Eben plagten mich noch die üblichen Probleme eines Teenies und im nächsten Moment war meine größte Sorge, genug Sperma für meine Königin zu sammeln. … für die Rote Königin.«
Sven wusste nicht was er ihr als Trost sagen sollte. Zum Einen verkörperte sie einen fleischgewordenen Traum, zum Anderen war sie im Grunde ihres Herzens eine junge Frau, die sich nach Normalität sehnte.
»Ich wünsche, ich wäre wie du!«, sagten sie beide, wie aus einem Mund.
»Du weißt nicht was du redest«, zischte Miriam.
»Das weiß man bei Wünschen immer erst im Nachhinein«, erwiderte Sven mit erhobenem Haupt, dann neigte er den Kopf, um sie zu küssen, denn er wollte nicht streiten.
»Du musst in die Uni, ich will nicht, dass du deine Ausbildung wegen mir schleifen lässt«, sagte Miriam eng an ihn geschmiegt.
»Ach ich verpasse schon nichts wichtiges«, sagte Sven und hob den Kopf nachdenklich, »kann es ein, dass du mich los werden willst?«
»Ja«, gab Miriam verlegen zu, »aber nur bis heute Abend. In der Zwischenzeit will ich ein bisschen Mädchenkram machen, dabei kann ich dich nicht gebrauchen.«
»Alienmädchenkram?«, fragte Sven und Miriam nickte mit verstohlenem Grinsen.
»Schade, jetzt bin ich erst recht neugierig.«
»Das ist dein Problem.«
***
Nachdem Sven gegangen war blickte sich Miriam in ihrer Wohnung um. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld und das Loch in der Wand gab der schlichten Behausung eine asoziale Note. Sie erhob sich, zum ersten Mal seit Samstag, aus ihrem Nest, streckte ihren Körper und dehnt die Gelenke wie eine Tänzerin, die sich für den Auftritt aufwärmte.
Ihre äußerlichen Verletzungen waren verheilt und sie spürte die Schmerzen der Zerrungen und Prellungen nur noch als leichten Nachhall.
Auf einem Bein stehend, hob sie das andere Bein der Decke entgegen, bis es gerade nach oben zeigte.
»Ich würde sagen, der Verlierer räumt auf«, sagte Miriam und streckte das Fußgelenkt des freien Fußes durch.
‚Wie meinst du das?‘, fragte V’nyx, der IV.
»Du räumst erst mal alles was kaputt gegangen ist in den Flur auf einen Haufen, danach stellst du alles andere an seinen ursprünglichen Platz.«
Aufräumen war für V’nyx den IV. eine neue Erfahrung. Erst zögerlich, dann mit wachsender Begeisterung, begann er Ordnung in das Chaos zu bringen. Der Cerebrat verstand unter Ordnung etwas anders als seine Königin. Er stapelte die Bruchstücke der Trockenbauwand zu einem fragilen Turm, der umstürzte, als Miriam daran vorbeiging.
‚Warum hast du das gemacht?‘, fragte V’nyx der IV.
»Ich habe den Turm nicht einmal berührt«, erklärte Miriam, »außerdem macht es keinen Sinn, diesen Müll so kunstvoll zu stapeln.«
‚Für mich macht es Sinn.‘
Miriam machte Frühstück, während V’nyx der IV. weiterhin bemüht war Ordnung zu schaffen.
‚Wenn wir ein paar mehr wären, könnte ich deine Wünsche und Befehle an Drohnen delegieren, die mit diesen Tätigkeiten vertraut sind‘, stellte V’nyx der IV. fest. Miriam strich sich ihre Haare aus dem Gesicht und lächelte.
»Für einen Cerebrat, dessen einzige Aufgabe es ist, Ordnung ins Chaos zu bringen, stellst du dich sehr ungeschickt an.«
‚Meine Aufgabe ist es, Ordnung in ein Kollektiv zu bringen. Das hat nichts mit dem Umschichten von Gegenständen zu tun!‘
»Du wirst lernen müssen mit wenig Personal auszukommen«, sagte Miriam. Sie stellte ihr Frühstück auf den Küchentisch und setzte sich auf ihren einzigen verbliebenen Stuhl.
*
Unter dem Küchentisch lag ein kleiner Karton, in dem seit zwei Tagen eine weitere Königin mit ihren Arbeiterinnen saß und sich ernsthaft um die Nahrungsbeschaffung sorgte. Ihre Arbeiterinnen, hatten den kleinen Glaszylinder mehrmals abgesucht und keine Beute oder einen Ausgang gefunden.
Der Ameisenkönigin blieb nichts anderes übrig, als eines ihrer Eier zu fressen und den Speisebrei an ihrer Arbeiterinnen zu verfüttern. Diese Notlösung war, insbesondere bei jungen Völkern, üblich, aber nicht Ziel des Spiels.
Erschütterungen, brachten Unruhe in das kleine Volk, als der Karton angehoben wurde. V’nyx der IV. hatte den Karton gefunden und nach mehreren Versuchen gelang es ihm, den Karton zu öffnen. Licht drang in die dunkle Kammer. Die Ameisenkönigin wollte sich verstecken, aber sie fand keinen Unterschlupf in diesem kleinen durchsichtigen Gefängnis. V’nyx der IV. schlang einen Tentakel um das Glasröhrchen und hielt es vor Miriams Augen.
‚Ist sie das?‘, fragte V’nyx der IV.
Miriam nahm ihm das Glasröhrchen ab und legte es vorsichtig auf den Tisch.
»Ja, das ist vielleicht eine Chance für uns, länger mit den Spermavorräten auszukommen. Dieser kleinen Königin genügt ein Gang-Bang für ein ganzes Leben.«
‚Was ist ein Gang-Bang?‘
»Das ist …«, setzte Miriam an und leckte den letzten Rest Quak von ihrem Löffel. Sie schickte V’nyx dem IV. ein paar eindeutige Gedankenfetzen aus ihren Erinnerungen: Sie kniete auf dem Boden und war umringt von nackten Männern, die sie mit dem Mund und den Händen verwöhnte, bis der letzte Tropfen hinter ihren Lippen verschwunden war.
‚Ah, so nennt man das‘, sagte V’nyx der IV.
»Ja, es gibt auch noch andere Bezeichnungen oder Spielarten, aber …«, setzte Miriam an, doch ihr Cerebrat unterbrach sie und fragte: ‚Warum ist dir das gegenüber Sven peinlich?‘
»Weil das nicht alle Menschen toll finden und Sven möchte mich nicht mit anderen Männern teilen, das ist ganz normal für Menschen und ich kann ihn auch verstehen.«
‚Ich halte es für vermessen, wenn einer die Königin für sich alleine beansprucht.‘
»Ja, ich kann auch dich verstehen«, raunte Miriam genervt und stellte ihr Frühstücksgeschirr in die Spüle, »ich kann jeden verstehen, aber ich kann es halt nicht jedem Recht machen, so sehr ich mir das auch wünsche.«
Miriam spürte eine zärtliche Berührung an den Beinen und drehte den Kopf neugierig. V’nyx der IV. strich mit einem Tentakel über ihre Wade.
Sie verharrte still unter den Berührungen. Erst als er ihr durch die Kniekehle strich, zuckte sie mit dem Bein: »Das Kitzelt!«
Miriam nahm das Glasröhrchen, ging in den Raum, in dem V’nyx der IV. wurzelte und sagte: »Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeitet.«
Die Ameisenkönigin hob sich durch ihre Größe deutlich von den Arbeiterinnen ab. Reglos verharrend, saß sie neben dem Klumpen aus weißen Eiern und zuckte nur gelegentlich mit ihren Antennen.
»Hast du schon mal eine Cross-over-Mutation koordiniert?«, fragte Miriam.
‚So etwas ist gefährlich, vor allem wenn sich die Arten extrem unterscheiden‘, sagte V’nyx der IV.
»Dann sollte das ein Kinderspiel werden: sie ist eine Königin mit schwarzer Haut und ich bin eine Königin mit schwarzer Haut.«
‚Ja, und am Ende der Prozedur wird nur noch eine Königin übrig sein‘, vermittelte V’nyx der IV. mit düsterer Stimme. Er wusste, dass Miriams Entscheidung längst gefallen war.
Sie löste den Stopfen von dem Röhrchen. Die Ameisen blieben weiterhin im hinteren Bereich, dicht bei ihrer Königin und warteten mit alarmiert aufgerichteten Antennen.
»Sie haben Angst«, stellte Miriam in einem Anflug von Mitleid fest.
‚Kleine Geschenke, sind manchmal wirkungsvoller als große Worte‘, sagte V’nyx der IV. Er holte mit einem seiner Tentakel ein Päckchen Zucker aus der Küche und ließ es vor Miriams Augen schweben.
»Das ist eine gute Idee!«, sagte Miriam und lächelte zu der Blüte, die sich langsam hinter ihr absenkte. Der feuchte Blütenstempel leckte über ihren Rücken, an der Wirbelsäule entlang, glitt durch ihre Pofalte und rieb sanft zwischen ihren Beinen.
‚Setz dich, ich übernehme die direkten Verhandlungen.‘
Mit sanft kreisendem Po stemmte sich Miriam dem Stempel entgegen, bis die Spitze zwischen ihren Schamlippen verschwand. Diesmal konnte sich nicht damit vorlieb nehmen, sich an dem phallusartigen Stempel zu reiben, diesmal muss er tief in ihr sein.
»Lass mich das Tempo bestimmen«, sagte Miriam.
‚Du tust so, als wäre es deine erste Verbindung.‘
»Es ist meine erste Verbindung mit dir und du bist deutlich größer als es C’tin der I. je geworden ist.«
‚Was ist aus C’tin dem I. geworden?‘, fragte V’nyx der IV. während der seine Blüte geduldig hinter Miriam verharren ließ.
»Weißt du was eine Cruise Missile ist?«
‚Eine Waffe?‘
»Ja, er musste nicht lange leiden, 50 Kilo Sprengstoff wirken sehr schnell.«
V’nyx der IV. erzitterte bei der Vorstellung. Diese Bewegungen, die von Furcht ausgelöst wurden, erzeugten in Miriams Unterleib ganz andere Reaktionen. Sie hauchte erregt aus und nahm, mit angewinkelten Beinen, auf der regenschirmgroßen Blüte Platz.
»Ahh!«, entfuhr ihr und sie zwang sich, ihren Unterleib zu entspannen. Sie hob ihre Beine an und arrangierte sie zu einem Lotussitz – langsam wurde es schön. Die Blütenblätter schlossen sich zu einer Knospe, aus der nur ihr Oberkörper herausschaute.
‚Das sollte ich jetzt besser nehmen‘, sagte V’nyx der IV. und nahm Miriam das Glasröhrchen mit den Ameisen aus der Hand. Mit einem seiner kleineren Tentakel drang er in das Röhrchen ein und bedachte jede Arbeiterin mit einem Zuckerkristall. Dann näherte er sich der Ameisenkönigin, die reglos am hinteren Ende des Röhrchens saß.
Aus der Spitze seines Tentakels kamen zwei charakteristische Ameisen-Antennen hervor, die zur Begrüßung süße Pheromone sendeten.
Die Königin rieb ihre Antennen neugierig an dem Antennenpaar dieses seltsamen Wesens und merkte zu spät, dass sie sich nicht mehr davon lösen konnte. Sie war gefangen und ihr kleiner Geist wurde mit seltsamen Botschaften überfordert.
***
Miriam saß auf dem großen Reitvogel mit dem prächtig, schwarz glänzenden Gefieder und ließ den Blick über das sanfte Tal der Anderswelt schweifen. Sie ignorierte den bedrohlich dunklen Wald, auf der Anhöhe – heute waren andere Aufgaben zu lösen.
‚Ich habe Kontakt zur Ameisenkönigin aufgebaut‘, sagte V’nyx der IV.
Der Vogel machte einige Schritte, die Miriam als federnde Bewegungen tief in ihrem Unterleib spürte. Sie reagierte darauf mit einer Gewichtsverlagerung, die dem Vogel eine neue Richtung vorgab.
Die Blaue Königin ritt erhaben durch das Tal auf der Suche nach einem Hinweis – eine Botschaft – der Ameisenkönigin.
Am unteren Ende des Tals legte sie sich mit ihrem Reitvogel in eine weit ausholende Linkskurve, um zurück zum oberen Ende zu reiten.
Sie genoss den Wind, der ihr ins Gesicht wehte, und ein Gefühl von Freiheit vermittelte. Wagemutig ließ sie den Vogel über einige Felsen springen und erfreute sich an dem guten Zusammenspiel zwischen Reiterin und Reittier.
Kurz bevor Miriam das obere Ende des Tals erreichte, hörte sie ein Grollen und der Boden bebte. Sie legte ihre Hand besänftigend auf den Hals des Vogels, blickte sich um und sah einen kraterförmigen Erdhügel in einigen Metern Entfernung. Vorsichtig dirigierte sie V`nyx den IV. an den Rand des Kraters und versuchte in das zentrale Loch zu blicken. Die tieferen Ebenen der Anderswelt offenbarten sich selbst eine Königin nicht alle Tage. Sie erkannte einen Tunnel, der sich in Finsternis verlor und stieg von ihrem Reittier ab, um an den Rand zu krabbeln.
Die lockere Erde kam ins Rutschen und riss Miriam mit sich.
Miriam rutschte an einer Kante ab und fiel in einen Schacht, der sich spiralförmig nach unten windete. Sie fand keinen Halt, der Tunnel endete und sie glitt über einen weichen Untergrund, bis sie von einem massiven Stamm unsanft gebremst wurde. Sie versuchte sich zu orientieren, hörte ein Wispern und drehte sich in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Um sie herum standen zahllose Bäume und Sträucher, behängt mit bunt schillernden Früchten.
»V’nyx! Kannst du mich hören?«
‚Ja, wo bist du?‘, fragte der Cerebrat, seine Stimme klang weit entfernt und hallte mehrmals als Echo durch den Wald.
»Ganz tief drin«, flüsterte Miriam und erkannte eine grundlegende Ordnung in diesem exotischen Garten.
»V’nyx, stehst du mit der Königin in Verbindung?«
‚Ja.‘
»Halte die Verbindung, egal was passiert!«
Miriam schritt durch die unteren Ebenen des Waldes der Erkenntnis und betrachtete sich die Früchte des verbotenen Wissens – in jeder verbarg sich ein Geheimnis, die meisten kannte sie, einige erahnte sie und manche wollte sie nicht wissen. Intuitiv suchte sie nach dem Fremden, dem Andersartigen und entdeckte eine kleine Beere, die rund und prall in allen Farben schimmerte, wie ein Ölfilm in einer Pfütze. Sie ging direkt auf diese Frucht zu, um sie zu pflücken. Ein Peitschenhieb knallte hinter ihr und der Schmerz zog scharf in ihre zuckende Pobacke. Sie rieb sich über die schmerzende Stelle und ging einen Schritt zurück.
»Wie dumm von mir«, sagte Miriam, als sie erkannte, dass diese einzelne Beere im Zentrum einer kreisförmigen Hecke wuchs. Sie war umringt von feindseligen Pflanzen und musste sich dieser Herausforderung wohl oder übel stellen, um die Frucht zu pflücken.
Ein weiterer Peitschenschlag traf ihren nackten Körper. Der Schmerz zog sich brennend über ihren Bauch. Sie erkannte einen breiten Abdruck, da wo sie getroffen wurde. Der schwarze Glanz ihrer Haut war an dieser Stelle matt und stumpf.
Den nächsten Hieb erahnte Miriam und wich ihm aus. Der lange Ast zischte über ihren Kopf und peitschte ins Leere.
Turnend und taumelnd wich Miriam den zahlreicher werdenden Ästen aus und versuchte näher an die Frucht heran zu kommen. Dieses Wesen, mit dem sie kämpfte, war kein Cerebrat, dafür waren die Bewegungen zu ruckartig und unüberlegt, dennoch war es mehr als ein dummer Baum.
In einem beherzten Satz sprang sie über eine Wurzelschlinge, wich zwei Peitschenhieben aus und griff mit dem ausgestreckten Arm nach der Beere. Die Verbindung zwischen der Frucht und dem Ast, war fester als sie erwartete. Anstatt schnell wieder aus dem Zentrum dieses Halbkreises entwischen zu können, stand sie da und zerrte an der Beere. Die schillernde Kugel hatte eine harte Schale aus Chitin. Ein scharfer Schmerz brannte auf ihrem Rücken, sie war den peitschenden Äste schutzlos ausgeliefert.
»Fuck!«, fluchte Miriam und zerrte mit all ihrer Kraft an der seltsamen Frucht.
Ein Schlag traf sie in die Kniekehlen und ihre Beine knickten unwillkürlich ein. Aber Miriam gab nicht auf, sie hielt diese harte, schillernde Kugel in ihrer geschlossenen Hand und lies sie nicht wieder frei. Der Ruck, mit dem Miriam auf den Boden sackte, löste die Verbindung zwischen der Frucht und dem Ast, an dem diese hing.
Miriam kniete im Zentrum der feindseligen Pflanzen und hielt die Frucht in ihrer Hand.
Als sie aufstehen wollte, um zu flüchten, zogen sich Schlingen um ihre Handgelenke und zogen ihre Arme nach oben.
Sie kam schneller auf die Beine als ihr lieb war. Mit V-Förmig nach oben gestreckten Armen stand sie wie eine Gefangene im Zentrum des Kreises.
Über ihr senkte sich eine glockenförmige Blüte ab und umschloss ihren Kopf. Die weiche Hülle zog sich stamm und bildete die Konturen ihres Gesichtes perfekt ab. Abgesehen von einem Atemloch zwischen ihren Lippen waren ihre Augen, die Ohren und die Nase verschlossen.
Miriam stöhnte, als ihr die Situation bewusst wurde. Die Geschwindigkeit und die unerbittliche Präzession, mit der sie – die Königin – zu einer hilflosen Bittstellerin degradiert wurde, imponiert ihr.
‚Was auch immer jetzt passiert, du darfst die Frucht, die du in der Hand hältst, nicht fallen lassen‘, vermittelte V’nyx der IV. telepathisch.
‚Hast du dir dieses Spiel ausgedacht?‘, dachte Miriam, denn sie konnte im Moment nicht reden.
‚Ich vermittele nur zwischen den Welten‘, antwortete V’nyx der IV.
Der spitze Schmerz in Miriams Brustwarzen baute sich unvermittelt auf. Sie wusste nicht was ihr diesen Schmerz zufügte, aber sie holte bewusst Luft, um dem Reiz mit Contenance entgegenzutreten.
Das Atemloch begrenzte die Luftzufuhr. Sie musste ruhig atmen und zugleich dem Schmerz wiederstehen. Die Erkenntnis über diese äußeren Zwänge ließen ihr Zwerchfell zucken – sie empfand Glück, denn sie fühlte sich der Aufgabe gewachsen.
der Schmerz in ihren Brustwarzen erreichte seinen Höhepunkt und wurde zum Normalzustand. Miriams Lippen verzogen sich unter der dünnen Maske zu einem Lächeln in dem eine bittersüße Qual zu erkennen war.
‚Scheiße, ich steh auf sowas‘, wurde der Blauen Königin Bewusst, während sie demütig, mit weit nach oben gereckten Armen dastand und zum Warten verurteilt war. Jede Aufgabe, die ihr die Anderswelt als Drohne gestellt hatte, war mit einem Erkenntnisgewinn verbunden gewesen. Und diesmal erhielt die Königin eine Lektion, sie erkannte, dass Demut eine wichtige Facette ihres königlichen Standes war.
Das Mädchen zog sich in den tiefsten Winkel seines Seelenverstecks zurück, denn es fürchtete sich vor Schmerzen.
Obwohl es die Absichten der Blauen Königin nicht nachvollziehen konnte, war es froh, dass dieses Wesen die Qualen tapfer ertrug – wie eine große Schwester, die es beschützte.
Aber große Schwestern können auch richtig fies sein. Und die Blaue Königin beanspruchte viel zu viel von Miriam – von dem Körper, den sie sich teilten.
Der Schmerz in ihren Brustwarzen, an den sie sich gewöhnt hatte, ließ nach und wurde durch ein wohliges Brennen abgelöst. Eine leckende Berührung benetzte die gequälten Spitzen mit einer kühlen Flüssigkeit. Die Blaue Königin wollte tief einatmen, um die Gefühle zum Ausdruck zu bringen, die dieses Wechselbad der Gefühle auslöste. Das kleine Atemloch vor ihrem Mund verhinderte eine schnelle Atmung.
Ruhig bleiben!
Sie musste Ruhe bewahren, um mit der wenigen Luft, die durch das Loch in der Maske drang, auszukommen – das Feuer war heiß, bekam aber nicht genug Sauerstoff um aufzulodern. Vor allem durfte sie die schillernde Frucht, die sie in ihrer Hand hielt, nicht fallen lassen.
Ein Schlag traf sie ohne Vorwarnung auf den Rücken. Erschrocken krümmte sie sich, soweit es ihre Fesseln zu ließen. Ein weiterer Schlag peitschte auf ihren Rücken.
Erst als Miriam den Rücken durchdrückte, die Schultern nach hinten nahm und ihre bebenden Brüste anbietend vorreckte, endete die Bestrafung.
Was auch immer da mit ihr spielte, es wusste, was es von der Blauen Königin verlangen konnte und sie wusste, was sie geben musste. Wollüstig rollte sie ihr Becken und rieb ihre Beine aneinander. Sie musste schon wieder warten.
Ein Ast peitsche auf den ungeschützten Bauch.
Miriam zuckte, schluchzte verzweifelt und krümmte sich, soweit es ihre Fesseln zuließen. Lust wurde bestraft und die Strafe erzeugte neue Lust, sie musste sich zwingen ruhig zu atmen, die Flammen klein zu halten, obwohl die Glut ihren Leib von innen verzehrte.
Die Glut brachte ihre Lust zum Schmelzen, sie lief aus ihr heraus. Miriam fühlte die Hitze zwischen den Beinen, hörte das nasse Schmatzen bei jeder Bewegung und rang mit ihrer Selbstbeherrschung.
Sie rieb ihre Beine aneinander, konzentrierte sich auf ihre Atmung und wartete demütig.
Eine Zunge leckte an ihren Schamlippen und Miriam wusste nicht, ob das eine Belohnung oder eine Verschärfung des Tests sein sollte. Sie reckte ihre Vulva den Berührungen entgegen und fühlte ein zärtliches Lecken an ihrem Kitzler.
Mit aufkommender Entspannung genoss sie die Liebkosung und Stöhnte vor Dank über den nächsten zischenden Peitschenhieb.
Diese Macht baute Vertrauen auf und zerstörte es mit bittersüßem Schmerz.
‚Ich bin ja selbst daran schuld‘, dachte Miriam. Ja, sie fühlte sich Schuldig, denn was sie tat, war gegen die Natur dieses Planeten.
‚Bestraf mich, aber ich werde es trotzdem tun!‘
Sie gab sich der Macht gänzlich hin. Als die Zunge hervorstieß und, in einer konstant gleitenden Bewegung, tief in ihren Unterleib eindrang, knickten ihre Beine ein. Die Last ihres Körpers hing an ihren Armen, die von starken Fesseln nach oben gezogen wurden.
Sie hieß die Veränderung mit Lust willkommen und fühlte die Zunge tief in ihrem Leib arbeiten. In Trance glich sich die Blaue Königin den sachte schlängelnden Bewegungen an, die sie tief in ihrem Körper spürte.
Eine wohlige Wärme stieg in ihr auf.
Mit dem Lächeln der Erkenntnis, hauchte Miriam die Luft aus ihren Lungen, so schnell es durch das Atemloch möglich war. Sie atmete wieder ein, bis ihr Brustkorb schmerzte und ihr schwindelig wurde, denn ihr Brustkorb musste sich dem entgegenstemmen, was nun folgte.
***
Die Fesseln an ihren Handgelenken zerrten noch einmal fester an ihren V-Förmig nach oben gereckten Armen. Die Hand, in der die schillernde Frucht lag, war immer noch fest geschlossen. Was auch geschah, sie durfte diese Hand nicht öffnen.
Der erste Schlag traf sie klatschend, oberhalb des Bauchnabels. Das breite Band schnalzte gegen ihre schwarze Latexhaut, wand sich um ihre schlanke Taille und zog sich wie ein enger Gürtel zusammen. Dieser Schlag war nicht wie die scharfen Peitschenhiebe, die sie zuvor getroffen hatten. Diesmal war es ein dumpfes Ziehen als sie getroffen wurden. Und da, wo der Gürtel ihre Haut umspannte spürte sie ein Brennen, wie von glühendem Stahl.
Bevor sie sich an das Gefühl gewöhnen konnte, klatschten die nächsten Bänder gegen ihren Körper.
Ausgehend von dem ersten Band, schnalzten die folgenden Schläge knapp darüber oder darunter gegen ihren Bauch. Die Bänder schlangen sich um ihren Körper und zogen sich stamm zusammen. Mit jedem weiteren Band, das Miriam stöhnend vor Lustschmerz spürte, zwängten die Bänder ihren Körper in eine extrem kurvenreiche Silhouette. Die Rüstung wurde ihr scheinbar glühend auf den Leib geschmiedet.
Als ihr Rumpf vom Becken bis zu den Schultern umschlungen war, fühlte sie die klatschenden Schlänge auf den Oberschenkeln und Oberarmen.
Abgesehen von den Brüsten, spürte sie, von den Ellenbogen bis zu den Knien, eine glühende Rüstung auf ihrem Körper. Miriam spürte den Druck der Bänder, rang um Atem und wartete in blinder Demut, auf den Fortgang der Veränderung. Ein schmatzender Schlag in den Nacken schreckte sie auf. Als sich das Band um ihren Hals schloss, konnte sie den Kopf nicht mehr absenken – sie stand mit erhobenem Haupt in ihrer Fesselung und schluckte schwer.
Aufgewühlt wartete Miriam auf den nächsten Schritt und glaubte zu verbrennen. Der anatomisch perfekten Panzer, der ihren Körper umhüllte, kühlte nicht ab sondern schien immer heißer zu glühen, je länger sie wartete.
‚Denk an die Frucht!‘, vermittelte V’nyx der IV., der auf einer, für Miriam nicht nachvollziehbaren Ebene, an der Prozedur teilnahm.
Die Faust mit der sie die Frucht umschlossen hielt, war bereits angespannt. Jetzt spannte Miriam die Muskeln auf äußerste an. Ihr Arm zitterte, vor Anspannung. Und kurz bevor Miriam aufgeben wollte, knackte die Schale. Zeitgleich lösten sich die Fesseln an ihren Handgelenken.
Aus der zerbrochenen Schale lief eine kühle Flüssigkeit. Eine schwarze Substanz mit der Konsistenz von dünnflüssigem Sirup strömte zwischen ihren Fingern hindurch. Der Strom endete nicht, obwohl in der Frucht unmöglich so viel von der Substanz gewesen sein konnte. Miriam hielt ihre geschlossene Faust über den Kopf und genoss die kühlende Erfrischung. Der Saft lief über ihren Kopf, der noch immer stramm von einer Maske umschlossen war und verteilte sich auf ihrem Körper. Das Brennen der glühenden Panzerung ließ nach, als sie von Kopf bis Fuß mit dieser Substanz überzogen war. Dennoch endete der Strom nicht, der aus ihrer Faust entsprang. Sie stand bis zu den Knien in der Flüssigkeit und der Pegel stieg, bis sie darin schwamm und den Kontakt zum Boden verlor.
Die Wogen schlugen über ihrem Kopf zusammen. Blind und orientierungslos trieb sie in der Flüssigkeit. Miriam strampelte mit den Beinen und versuchte nach oben zu kommen. Aber sie wusste nicht wo Oben war.
Die Maske, die eben noch ihren Kopf umschloss und ihr die Sicht nahm, löste sich auf. Dennoch war sie innerhalb dieser Flüssigkeit blind. Ein wachsender Drang nach frischer Luft ließ Panik in ihr aufkommen. Die Gelassenheit, mit der sie sich in dieses Abenteuer stürzte, schmolz wegen solch einer Kleinigkeit wie Atmen.
Ihre Bewegungen wurden träge. Die Flüssigkeit schien sich zu verfestigen, oder verloren ihre Muskeln einfach nur an Kraft?
Hecktisch zuckend, kämpfte sie mit dem zähen Saft um ihre Freiheit, um Luft, um ihr Leben. Miriam riss die Augen panisch auf und blickte in diffuse Dunkelheit. Eine fahle Lichtquelle gab ihr die vage Hoffnung der Oberfläche nahe zu sein und sie versuchte diesem Licht näher zu kommen.
Ihre Lunge Schmerzte, die Muskeln brannten und verkrampften. Sie verlor das Bewusstsein und ließ ihren Körper erschlafft sinken.
***
Kälte!
Um sie herum war es kälter als in dem Sirup, in dem sie eben noch geschwommen war. Panisch riss sie ihren Mund auf und sog frische Luft in ihre Lungen. Geschwächt von dem kräftezehrenden Besuch im Wald des Wissens, kippte ihr Oberkörper zur Seite.
V’nyx der IV. war nicht in der Lage seiner Königin genug Halt zu geben, dafür war seine Sitzblüte noch zu klein.
Miriam fiel der Länge nach auf den Boden und empfand den Aufprall nicht so schmerzhaft, wie er hätte sein sollen.
Für einige Atemzüge ignorierte sie diese Tatsache mit geschlossenen Augen und genoss die langsam zurückkehrende Lebenskraft in ihrem Körper.
‚Wie war es?‘, fragte V’nyx der IV. ungerührt von Miriams Zustand.
Sie versuchte den Kopf zu bewegen und empfand die routinierte Bewegung als gänzlich neue Erfahrung. Mit einem mulmigen Gefühl öffnete sie die Augen. Sie nahm ihr bekanntes Umfeld, in ungewohnten Eindrücken wahr. Die Bilder waren farbenfroher und seltsam verzerrt. Ihr Sehfeld erschien größer und in unzählige Einzelbilder aufgeteilt, Entfernungen und Bewegungen standen in einem anderen Verhältnis.
Miriam versuchte sich aufzurichten und bemerkte, dass ihre Unterarme länger geworden waren. Der gewohnte schwarze Glanz ihrer Haut vermittelte bisher eine elastische Oberfläche. Nun schimmerten ihre Unterarme in einer starren Schwärze, die, solide wie ein auf Hochglanz poliertes Stück Stahl, wirkten.
Parallel zu den Außenseiten ihrer Unterarme verlief je eine breite Klinge, deren eine Kante mit der organischen Panzerung eine Einheit bildete, die andere Kante war eine messerscharfe nach außen gewölbte Schneide. Die Klingen ragten weit über die Handgelenke hinaus und liefen, sanft geschwunden, in blauen Spitzen aus.
Ihre Hände waren vollständig erhalten, aber sie könnte damit niemand mehr zu Begrüßung die Hand geben, ohne ihr Gegenüber zu erstechen.
Kniend richtete sie den Oberkörper auf und hob die Arme empor.
»Meine Arme sind zu Schwertern geworden!«
‚Fantastische Flügelklingen‘, merkte V’nyx der IV. an.
Sie hielt die Unterarme parallel zueinander vor ihren Oberkörper, die Klingen ragten links und rechts von ihr nach oben. Sie sah ihren Schattenwurf auf der gegenüberliegenden Wand: er glich der Silhouette eines Engels mit angelegten Flügeln.
Sie drehte die Außenseiten der Arme nach innen. Nun bildeten die Klingen einen massiven Schutzschild vor ihrem Oberkörper.
Ungelenk, durch ihre neue Anatomie, richtete sie sich auf und fühlte die zahlreichen überlappenden Glieder ihres Bänderpanzers, die sich mühelos der neuen Körperhaltung anpassten. Miriam ließ die Arme sinken, die Spitzen der Klingen schleiften auf dem Boden. Mit leicht angehobenen Armen schritt sie anmutig in den Flur und ging ins Schlafzimmer, um sich im Spiegel zu betrachten.
Sie sah eine bizarre Kriegerin, der eine archaische Ästhetik mit eindeutig weiblichen Attributen zugrunde lag. Die schwarz schimmernde Rüstung hob ihre Kurven sogar noch hervor.
Der Bänderpanzer schmiegte sich anatomisch perfekt an ihren Leib. Die Brüste wölbten sich, unverdeckt von den Bändern, hervor. Miriam befühlte die makellosen Wölbungen mit den Fingern und achtet darauf, sich nicht selbst mit den Klingen zu verletzen.
Erst zum Schluss fiel ihre Aufmerksamkeit auf den Kopf: Ihr Gesicht war von einem schwarz verspiegeltem Visier verdeckt, dass sich zweigeteilt, wie die Augen eines Insekts, von der Stirn bis unter die Nase ersteckte. Diese Insektenaugen waren nahtlos in den helmartigen Kopfschutz integriert. Wer ihr gegenüberstand, würde sein verzerrtes Abbild in diesem Visier erkennen. Sie strich mit der Fingerkuppe über das Visier, das ihre Augen und ein Großteil des Gesichts, vor was auch immer schützen sollte.
Lediglich ihr Mund, mit den typisch, blauen Lippen, und das Kinn waren ungeschützt. Darunter begann das breite Halsband.
»Was ist mit mir geschehen?«, fragte Miriam mit fassungslosem Erstaunen.
‚Ich bin beeindruckt, langsam findest du deinen eigenen Stil‘, sagte V’nyx der IV.
»Ich wollte eine Möglichkeit finden, Sperma länger in meinem Körper aufzubewahren. Ich wollt nicht zu einem Racheengel werden.«
‚Die Königin in dir hat die Gelegenheit Weise genutzt und sich das Rüstzeug und die Waffen gewählt, die diese Welt erfordern.‘
Miriam wollte wiedersprechen, riss den Arm in einer theatralischen Geste empor und zog einen langen Schlitz durch die Gipskartonwand, die ihr Schlafzimmer von dem Raum trennte, in dem ihr Cerebrat stand.
»Fuck!«, rief Miriam über ihre tollpatschige Handlung und war zugleich überrascht, von der Leichtigkeit, mit der sie diesen Schaden angerichtet hatte. Sie zog den anderen Arm an ihren Körper und holte in einer weit ausholenden Rückhand aus. Die Klinge schlug ein großes Loch in die Trennwand.
Sie wirbelte um die eigene Achse, hieb aus dem Schwung heraus auf die geschwächte Wand und genoss die Zerstörung in einem rauschartigen Zustand.
Nach einigen weiteren Schlägen, in denen Miriam ein grundlegendes Verständnis für ihre Waffen entwickelte, fielen die Reste der Wand in sich zusammen.
Weißer Gipsstaub legte sich wie Puderzucker auf die schwarze Oberfläche ihrer Rüstung. Miriam war kaum außer Atem und überlegte, woran sie sich nun austoben könnte.
Obwohl es ihrem Grundsatz wiedersprach, verließ sie den Bürotrakt und sprang die Treppe zu Maschinenhallte mit einem Satz herunter. Der vier Meter tiefe Sprung gelang ihr mit Bravur, sie kam auf beiden Beinen sicher auf und sprintete voller Tatendrang durch die Halle. Nur zum Spaß schlug sie mit ihren Klingen nach allem was auf ihrem Weg lag.
Mühelos kappte sie dicke Stahlrohre mit einem Handstreich. Erst ein dicker Betonpfeil zeigte ihr die Grenzen auf. Die Klinge blieb in der Kerbe stecken und Miriam musste mehrmals mit dem Arm wackeln bis sie sich wieder befreit hatte.
»So schlecht ist das gar nicht, wer weiß wann man das mal gebrauchen kann« sagte sie zu sich selbst. Mit einem unbändigen Bewegungsdrang spurtete sie quer durch die Halle peilte das Podest vor dem Eingang zu ihrem Unterschlupf an. Sie überwand die vier Höhenmeter in einem Satz. Durch den gewöhnungsbedürftigen Facettenblick konnte sie den Landepunkt viel genauer visieren.
»Geile Scheiße«, rief sie und rannte zurück zu V`nyx dem IV.
»Wie das mit dem Austeilen und Wegrennen geht, weiß ich jetzt, aber wie gut kann ich in der Rüstung einstecken?«, sinnierte Miriam.
´Ich werde dich nur schlagen, wenn du versprichst, mir keine Tentakel abzuschlagen`, bot V`nyx der IV. an, aber Miriam winkte dankend ab, während sie sich darauf konzentrierte wieder die ursprüngliche Gestalt der Blauen Königin anzunehmen.
Die Panzerung, die Klingen und das Visier bildeten sich zurück und der starre Glanz ihrer Haut wandelte sich ein elastisches Schimmern.
»Ich kenne jemanden der ab und zu einen kleinen Schlagabtausch zu schätzen weiß, außerdem habe ich sowieso noch etwas mit ihm zu besprechen.«
`Greg?`, fragte V`nyx der IV.
»Jepp!«
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