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Kommentare: 10 | Lesungen: 1220 | Bewertung: 8.08 | Kategorie: Sonstiges | veröffentlicht: 27.06.2022

Absurdes Erotiktheater

von

(Die Bühne ist in Halbdunkel gehüllt. Vorne links fällt ein greller Spot auf einen einfachen Holztisch. Darauf hat jemand wie auf einem Altar zwei brennende Kerzen, ein paar Blumen in einer Vase, eine rosa Gummimuschi und einen lila Glasdildo angeordnet. Im Hintergrund stehen, vom Zuschauerraum aus nur mit Mühe erkennbar, zwei Stühle. Ein Mann in hellem T-Shirt und engen Shorts tritt von links auf, überquert wortlos die Bühne und setzt sich auf einen der Stühle. Gleich darauf folgt eine Frau, ebenfalls mit hellem T-Shirt und dazu einem kurzen, weißen Rock bekleidet. Sie schaut sich zunächst den Tisch mit den Utensilien an, wendet sich dann nach hinten und setzt sich dem Mann gegenüber.)

Sie - Kennen wir uns?


Er - Ich glaube nicht. Sollten wir?


Sie - Ich weiß es nicht.


Er - Was machen wir hier?


Sie - Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, wir sollen spielen.


Er - Was sollen wir spielen?


Sie - Ich weiß es nicht.


Er - Du weiß nicht viel.


Sie - Das ist richtig. Du aber offenbar auch nicht, da du so viel fragst.


Er - Das ist richtig.


Sie - Es sieht so aus, als ob wir jetzt einige Zeit miteinander verbringen würden.


Er - Das könnte sein. Dabei werden wir uns bestimmt näher kennenlernen.


Sie – Das könnte sein. Hast du bemerkt, dass dieser Teil der Bühne nicht gut ausgeleuchtet ist? Möglicherweise können uns die Zuschauer gar nicht richtig sehen.


Er – Möglicherweise. Vielleicht sollten wir uns ihnen vorstellen. Möchtest du beginnen?


Sie - Das kann ich tun. Du bist wohl das, was unter uns Frauen als ein schöner Mann gilt. Ich würde fast so weit gehen zu sagen, als ein attraktiver und erotisch anziehender Mann. Mittelgroß. Schlank. Kurze, braune Haare. Dreitagesbart. Behaarte, starke Beine. Unter dem T-Shirt zeichnet sich ein durchtrainierter Körper ab. Als ob du eine Tanzausbildung durchlaufen hättest. Die Shorts liegen eng an. Lassen erahnen, was sie verbergen.


Er - Du bist das, was Männer gemeinhin eine schöne Frau nennen. Um nicht eine derbere und ins Sexuelle abdriftende Bezeichnung zu wählen. Mittellanges, dunkelblondes Haar. Sanfte Gesichtszüge. Deine Brüste sind klein, aber fest. Die Warzen zeichnen sich deutlich unter dem T-Shirt ab. Schlanker und drahtiger Körper. Als ob du viel tanzen würdest. Der Rock verdeckt gerade noch, was er verdecken soll. Die Schenkel sind muskulös. Du hast sie leicht geöffnet, ohne dass es bereits obszön wirken würde.


Sie - Was wäre eine derbere Bezeichnung für schön?


Er - Rattenscharf. Affengeil.


Sie - Reichlich tierisch, finde ich.


Er - Du hast recht. Deshalb habe ich mich zurückgehalten.


Sie - Das ehrt dich. Darf ich dich fragen, ob du Vorgaben für das Stück bekommen hast?


Er - Fragen darfst du. Doch wenn ich Vorgaben bekommen hätte, dürfte ich es dir wahrscheinlich nicht sagen. Und wenn ich behaupte, dass ich keine bekommen habe, muss dies nicht richtig sein, es könnte zu den Vorgaben gehören. Hast du denn Anweisungen bekommen?


Sie - Mir sagte man, es handle sich um ein Improvisationsstück, das sich von selbst entwickeln würde. Ich solle mich der Eigendynamik stellen.


Er - Merkwürdig. Ein schöner Mann und eine schöne Frau sitzen sich gegenüber. Welche Entwicklung wird da erwartet? Worauf hoffen die Zuschauer? Wohin führt uns die Dynamik?


Sie - Ob die Hoffnungen und Erwartungen sich darauf stützen, dass wir ein Mann und eine Frau sind?


Er - Wie meinst du das?


Sie - Ich denke, du erahnst es bereits, da du meine Brüste im Auge behältst. Versuchst, meine halb geöffneten Schenkel zu ergründen.


Er - Ich erahne es, da sich dein Blick auf meine Shorts richtet. Da du versuchst, jede mögliche oder sich bereits andeutende Bewegung darin zu verfolgen.


Sie - Ist dies bereits die erwartete Dynamik?


Er - Die dynamische Spannung, die sich natürlicherweise zwischen Mann und Frau aufzutun pflegt?


Sie - Die Spannung, die ich forcieren kann, indem ich meine Schenkel etwas weiter spreize, so dass du, bei besserem Licht, tiefere Einblicke bekämst?


Er - Und ich, indem ich die schützende Hand von meinem Schoß wegziehe, so dass du selbst bei diesem fahlen Licht eine gewisse Wölbung erkennen kannst?


Sie - Eine Frage: Warst du an der Auswahl der Requisiten beteiligt?


Er - Nein. Und du?


Sie - Nein. Wollen wir sie betrachten?

(Sie stehen auf, fassen sich an der Hand, schreiten auf den Tisch zu, ins Licht, und heben die Gegenstände hoch, so dass die Zuschauer sie sehen können.)

Er - Ein Altar zu Ehren von Gott Phallus.


Sie - Und zu Ehren von Göttin Vulva.


Er - Gefällt dir diese Vulva?


Sie - Es ist ein ausnehmend scheußliches Exemplar. Ein geschmackloses Gummiding zum Abspritzen. Ohne jegliche ästhetische Sorgfalt produziert. Welch eine Beleidigung für die Augen und für uns Frauen!


Er - Gefällt dir eine Vulva in ihrer natürlichen Umgebung. Deine Vulva, um ein Beispiel zu nehmen.


Sie - Meine ist ein wahres Gesamtkunstwerk für alle Sinne. Für mich, die ich sie tragen und spüren darf. Für den, der sie betrachten, erspüren und erfahren darf. Könnte es etwas Schöneres geben?


Er - Ich weiß es nicht. Ich kenne sie nicht.


Sie - Gefällt dir dieser Phallus?


Er - Er ist schön geformt. Gläsern durchscheinend. Das Farbenspiel im Licht ist entzückend. Die Auswahl des Materials verrät Geschmack. Die Verantwortlichen für die Requisiten haben die männlichen Attribute bevorzugt. Doch ist er kalt und starr.


Sie - Gefällt dir dein Phallus?


Er - Ich trage ihn mit Stolz. Ist er nicht alleine dadurch schön, dass er sich warm und kraftvoll zu erheben vermag? Dass er Freude für mich verheißt und für diejenige, die ihn zu schätzen weiß? Dass er die Dynamik der Begegnung von Mann und Frau verkörpert?


Sie - Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn nicht.


Er - Wir werden noch einige Zeit miteinander verbringen. Vielleicht wirst du ihn kennenlernen.


Sie - Wie auch du vielleicht meine Vulva kennenlernen wirst. Lass uns zurückgehen!

(Sie fassen sich an der Hand und schreiten zurück zu den Stühlen. Sie setzen sich und rücken dabei unmerklich näher aneinander heran.)

Sie - Was macht es mit dir, wenn du eine Vulva betrachtest? Nicht jene dort. Eine lebendige, blühende, von Begierde durchzogene Vulva.


Er - Mein Herz gerät in Wallung und schlägt gegen den Brustkorb. Mein Magen scheint sich einzuschnüren. Die Bauchdecke verhärtet sich und gibt diese Härte weiter an den Penis. Der richtet sich auf. Neugierig. Wissend, dass es die Partnerin des süßen Spiels ist, die ihn anspricht. Wie du sagtest, von Begierde durchzogen. Wenn die Betrachtung der aufgeblätterten Scham fortschreitet, verharrt mein hart aufgerichteter Phallus in devoter Wartestellung. Ohne sein Zutun regen sich in ihm die hilfreichen Geister. Diejenigen, die Tröpfchen für Tröpfchen den Gleitfilm nach vorne schicken, so dass er glänzend und feucht sich seiner Gastgeberin präsentieren kann.


Sie - Willst du wissen, was der Anblick eines harten, hoch aufgestellten, von Adern durchfurchten Phallus mit mir macht?


Er - Nichts lieber als das.


Sie - Mein Herz gerät in Wallung, die Atmung schwillt an, die Brustwarzen konzentrieren sich.


Er - Mehr noch, als sie dies jetzt schon tun?


Sie - Es ist, als sähe ich den imaginären Phallus vor mir, den du beschrieben hast, womöglich bereits mit entblößter, gleitfilmüberzogener Eichel. Daher glauben meine beiden Hügelspitzen, dass sie bereits beginnen dürfen.


Er - Erlaubst du es ihnen?


Sie - Wie sollte ich es ihnen verwehren, da sie es doch sind, die den Takt angeben. Gemeinsam mit ihren Freundinnen, den zarten Lippen der Vulva. Diese unterlassen nichts, um sich vollzupumpen mit dem erregenden Blut, das ihnen Fülle gibt. Und was soll ich sagen von meinen hilfreichen Geistern? Sie schicken nicht nur das eine oder andere Tröpfchen, sondern befeuchten den ganzen, noch gerafften, aber sich bald verzehrend geweiteten Raum in meinem Inneren. Und was will ich sprechen von dem Organ, das all das Schwellen und Begehren in sich aufzunehmen vermag? Wie ein kollabierter Phallus erscheint unsere Perle der Ekstase, doch im Vergleich zu ihrem männlichen Pendant punktet sie mit durchschlagend weiblicher Stärke. Wusstest du, dass bereits die alten Griechen dies über sie wussten: dass sie, gemessen an der Freude des Mannes, uns die neunfach stärkere Wollust bereitet. Aber ist sie ihm auch neunfach überlegen, so erfüllt es sie doch ein jedes Mal mit wahrhaftigem Vergnügen, dem aufrechten Penis zu begegnen. Freut sie sich darauf, ihm Einlass zu gewähren in ihr Reich.


Er - Darf ich dir eine indiskrete Frage stellen?


Sie - Aber selbstverständlich. Das scheint man geradezu von uns zu erwarten.


Er - Hast auch du in deiner Garderobe zwei und nur zwei Kleidungsstücke vorgefunden?


Sie - Das T-Shirt und den Rock. Ich ahne, worauf du hinaus willst. Und du hast recht. Ich trage nur diese beiden Stücke. Nichts darunter. Die Unterwäsche wurde mir verweigert. Ich fragte nach dem Grund, bekam aber keine Antwort.


Er - Mir ging es genauso. Was sollen wir tun? Ist dies Teil des Stücks? Wie gehst du damit um?


Sie - Mit meiner beinahe Nacktheit? Nun, das Dämmerlicht und die Entfernung schützen mich vor den allzu bedrängenden Blicken der Zuschauer. Nur deinem lüsternen Spähen bin ich ausgesetzt.


Er – Empfindest du meinen Blick so? Als lüstern? Stört es dich?


Sie - Bin ich nicht immer einem Spähen ausgesetzt?


Er - So wie ich dem deinen. Und indirekt dem, was du von dem Geschauten verrätst, um die Erwartungen der Zuschauer zu erfüllen.


Sie - Ich soll preisgeben, was ich von deiner Nacktheit unter Shirt und Hose sehe oder erahne?


Er - Und ich, was du mir von deiner Nacktheit preisgibst. Sind wir nicht deswegen hier?


Sie - Ich weiß es nicht. Hat man mit dir die Erwartungen an uns abgeklärt? Wollen die Zuschauer genau dies wissen? Den Anblick unserer Nacktheit? Den Bericht vom Anblick unserer Nacktheit?


Er - Ich weiß es nicht, aber ich glaube, wir drehen uns im Kreis.


Sie - Ist das nicht ein Kennzeichen für die Art von Theater, das wir hier spielen?


Er - Du hast recht.

(Beide schweigen. Sie beugt sich nach vorne.)

Sie - Dürfte ich ihn einmal betrachten?


Er – Wen?


Sie - Deinen Schwanz.


Er - Welch ein Wort!


Sie - Es gibt Situationen, da muss Sprache griffig werden. Darf ich?


Er – Warum?


Sie - Du hast mich neugierig gemacht.


Er - Auf was?


Sie - Ich weiß es nicht. Einfach so. Es muss etwas geschehen. Wir können nicht nur warten, dass die Zeit abläuft. Das wäre absurd. Die Zuschauer würden sich beschweren.


Er - Du hast vielleicht recht. Obwohl alles absurd ist.


Sie - Trotzdem ist es spannend für uns, für mich.


Er - Du hast vielleicht recht. Lass es uns tun. Da du es möchtest. Und ich stolz auf ihn bin. Warte!

(Er öffnet umständlich die drei Knöpfe, die den Eingriff verschließen, und holt etwas heraus. Zumindest tut er so, als ob er etwas herausholen würde.)

Sie - Er ist ja tatsächlich angesteift.


Er - Natürlich! Ein solches Gespräch, wie wir es geführt haben, geht nicht einfach an ihm vorbei, als ob es ihn nicht beträfe. War unsere Unterhaltung denn für dich etwa rein akademisch?


Sie - Dazu möchte ich im Augenblick nichts sagen. Oder meinst du, die Freiheit, nichts zu sagen, habe ich hier nicht?


Er - Ich bin sicher, dass keiner dich zwingen kann, vor allen Leuten konkrete Aussagen über den Grad der Erregung zwischen deinen Beinen zu treffen. Andererseits: Wer sollte es überprüfen, wenn du etwas Beliebiges behaupten würdest? Etwa, dass du total aufgegeilt nass seist, jetzt, da du meinen erigierten Schwanz vor Augen hast. Oder dass die Erregung noch nicht in deiner Möse angekommen sei, da du die theatertheoretischen Aspekte unseres Gesprächs in den Mittelpunkt gestellt hast? Die Zuschauer hätten kein Mittel, dich der Lüge zu überführen.


Sie - Aber du.


Er - Nur, wenn du mir erlaubtest, deine Vulva zu berühren. Was ich, nebenbei gesagt, gerne tun würde.


Sie - Das werde ich mir noch überlegen Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das von uns erwartet.


Er - Ich gebe zu, das würde unser Stück ziemlich nahe an die Pornographie heranrücken.


Sie - Davon war in der Tat nicht die Rede, als man mich unter Vertrag nahm.


Er - Hast du schon einmal in einem Porno mitgespielt?


Sie - Muss ich darauf antworten?


Er - Zwingen kann dich niemand, aber es interessiert mich.


Sie - Wenn ich ja sage, bin ich eine Schlampe. Wenn ich nein sage, bin ich womöglich uninteressant. Hast du schon einmal in einem Porno mitgespielt? Dein Schwanz kann sich ja, soweit ich es beurteilen kann, durchaus sehen lassen.


Er - Pornographie im eigentlichen Sinne, nein. Andererseits bin ich durchaus nicht abgeneigt, bis an gewisse Grenzen zu gehen. Was tue ich denn gerade im Moment anderes, als solche Grenzen auszuloten. Auch wenn die Zuschauer nicht sehen können, ob es tatsächlich mein steifer Penis ist, den ich hier in der Hand halte.


Sie - Ich könnte ihnen sagen, dass es dein Schwanz ist, der jetzt, so will es mir scheinen, zu voller Größe aufgerichtet ist.


Er - Ob sie es dir glauben?


Sie - Ich könnte Details hinzufügen. Dass die hochrot geschwollene Eichel von einem feuchten Film überzogen ist. Zumindest deutet ein gewisses Glitzern darauf hin. Dass dein Hodensack reichlich behaart ist. Dass du mit deiner rechten Hand den Schaft umfasst. Meinst du, das genügt? Meinst du, ich habe sie überzeugt, dass du wirklich deinen eigenen Ständer hältst und vor meinen Augen mit der Masturbation beginnst?


Er - Ich weiß es nicht. Wenn sie es glauben möchten, dann werden sie es glauben. Die Zweifler unter ihnen wirst du jedoch nicht überzeugen. Sie würden es auch nicht glauben, wenn ich aufstünde, damit sie es besser sehen könnten. Sie würden glauben, ich hielte einen Dildo in der Hand, während ich meinen Phallus klein und verschrumpelt in der Unterhose verberge.


Sie - Die Zweifler würden mir auch nicht glauben, wenn ich schwören würde, dass du keine Unterhose trägst.


Er - Nein, das würden sie nicht. Denn wir spielen Theater. Was ist da ein Schwur schon wert?


Sie - Wenn ich Pornoschauspielerin wäre, müsste ich mich jetzt niederknien und dich schlecken und melken.


Er - Das müsstest du. Aber die Erwartungen an eine Schauspielerin im Improvisationstheater sind anders gelagert.

(Sie kniet sich vor ihm auf den Boden und tut so, als ob sie seinen Penis tief in ihren Rachen stoßen würde.)

Sie - Du hast recht. Wir spielen ein Spiel mit Erwartungen, Erwartungserwartungen und dem Durchbrechen von Erwartungen. Hat es dir gefallen?


Er - Du hast ihn doch gar nicht in den Mund genommen.


Sie - Für die Zuschauer muss es so ausgesehen haben. Woher sollen sie wissen, dass du jetzt die Wahrheit sagst. Vielleicht habe ich ihn in den Mund genommen, weil es mir, weil es uns Spaß macht. Nur damit das Stück nicht als Porno verboten wird, haben wir uns vielleicht vorher darauf geeinigt zu sagen, dass nichts passiert ist, dass ich ihn nicht in den Mund genommen, dass ich ihn nicht bis in meinen Rachen getrieben habe.

(Sie setzt sich wieder auf den Stuhl, deutlich breitbeiniger als zuvor, rückt ganz nach vorne und neigt sich dann leicht nach hinten, so dass nur noch die Zehenspitzen den Boden berühren. Nicht zufrieden damit, hebt sie die Füße hoch und grätscht die Beine, so weit sie es vermag, was angesichts ihrer Ballettausbildung sehr weit ist.)

Sie - Was siehst du?


Er - Ich sehe ein Universum der Lüste. Die Nacktheit aller Nacktheiten. Ich sehe die Ursünde, vom Feigenblatt befreit. Daher auch befreit von der Last, Sünde zu sein. Ich sehe zwei weiche, mollige Dämme, die mich einladen, meine Wangen an ihnen zu reiben. Ich sehe zwei rosige Schmetterlingsflügel, die zum Flug der Begierden ansetzen. Ich sehe einen zarten Steg, der von oben kommt und auf die Summe der fleischlichen Freuden hinläuft, auf die in Kugelform gegossene Wollust. Ich sehe das glitzernde, schlüpfrige Werk der guten Geister, die seit geraumer Zeit nichts anderes tun, als den Gang der Liebesverheißung mit dem köstlichsten Balsam auszukleiden.


Sie - Bravo! Welch ein Lob der Geilheit! Aber sag, was möchtest du nun gerne tun?


Er - Welch eine Frage! Kann ich denn anderes tun, als diesem Anblick zu verfallen? Soll ich etwa den heiliger Antonius geben, der solchen Verführungen hartnäckig widerstand? Das kannst du von mir nicht erwarten. Oder ist es das, was man von uns erwartet? Das Spiel der Versuchung und des Widerstehens zu spielen? Bist du gar von Natur aus die Versucherin, die hier ihre eigene Rolle spielt. Ich dagegen wäre das arme Schwein, das das Spiel mitspielen muss, ohne zu wissen, wohin es geht? Eines gestehe ich dir aber zu: Einerlei, ob du die Versucherin bist oder sie spielst, deine Versuchung überzeugt.

(Er lehnt sich nach vorne. Zittert auffällig. Stöhnt laut auf.)

Sie - Aber was tust du da? Was quillt aus dir heraus? Warum lässt du Millionen von potentiellen Menschlein auf den sterilen Boden tropfen? Noch schlimmer: Warum wählst du die egoistische Variante der dynamischen Spannung zwischen Mann und Frau? Ist es das, was die Zuschauer erwarten? Vergossenen Samen? Verschossenes Pulver? Einsamen Orgasmus live? Wobei sich überdies niemand dafür interessiert, ob er echt oder gespielt ist?


Er - Bin ich schuld daran? Wer hat mich so weit getrieben? Wer hat die Beine breit gemacht, bis die Hüftgelenke krachen und die Muschi klafft? Das warst doch du! Schau, was du angerichtet hast! Berichte, was du siehst! Rieche das strenge Aroma des Mannes! Schmecke, wenn du sicher sein willst, dass es kein Taschenspielertrick war! Fühle, wie die Härte des Phallus schwindet!


Sie - Glaubst du, mein Zeugnis hat Gewicht? Wer hat gesehen, dass unter meinem Rock die reine Nacktheit leuchtet? Du und nur du. Wer hat gesehen, dass der nun unfruchtbare Segen dem Schlitz in deiner Eichel entsprungen ist? Ich und nur ich. Reich mir deine samennasse Hand!

(Er tut es. Sie riecht daran, sie leckt daran, steht dann auf und wendet sich dem Publikum zu.)

Sie - Verehrte Theaterbesucherinnen und Theaterbesucher! Hiermit bezeuge ich feierlich, dass der hier anwesende Mann soeben etwas vergossen hat. Was er vergossen hat, hat die Konsistenz, den Geruch und den Geschmack von männlichem Sperma. Deshalb schließe ich daraus, dass er sich ergossen und seinen Samen vergossen hat. Hat er damit eure Erwartungen erfüllt?

(Sie macht drei Schritte nach vorne, kehrt um, setzt sich mit geschlossenen Beinen und aufrechtem Oberkörper auf den Stuhl.)

Er - Keine Reaktion.


Sie - Keinerlei Reaktion.


Er - Ein beschissenes Publikum.


Sie - Meinst du, von uns wird Publikumsbeschimpfung erwartet?


Er - Nein, ich glaube nicht. Verzeih!


Sie - Was tun wir jetzt?


Er - Ich glaube, du bist dran.


Sie - Dran? Wie?


Er - Rock hochkrempeln. Beine auseinander. Einen oder mehrere Finger in dich hineinstecken. Vielleicht die Klitoris stimulieren, damit es schneller geht.


Sie - Wie es technisch funktioniert, mir einen runterzuholen, weiß ich selbst.


Er - Dann tu es!


Sie – Warum?


Er - Um das Stück voranzubringen und die Zuschauer zu unterhalten.


Sie - Wie soll ich das machen? Einen Orgasmus bekomme ich nur, wenn ich mich auf den Orgasmus konzentriere. Hier hingegen muss ich mich auf den Text konzentrieren.


Er - Es gibt keinen Text. Dies ist ein Improvisationsstück.


Sie - Umso mehr muss ich mich auf den Text konzentrieren, den ich improvisiere.


Er - Warum benutzt du nicht die Textbausteine von Pornofilmen? „Ahhh“; „ohhh“; „uhhh“; „jaaa, das ist gut“; „ich spüre schon, wie es mir kommt“. Und so weiter. Dann könntest du dich auf deinen Orgasmus konzentrieren.


Sie - Ich habe noch nie in einem Porno mitgespielt. Ich müsste mich auch auf die Ahhhs und Ohhhs konzentrieren.


Er – Aha!


Sie - Was bedeutet „aha“?


Er - Dass du noch nie in einem Porno mitgespielt hast. Vorher wolltest du mir das nicht verraten.


Sie - Jetzt weißt du es. Also, was soll ich machen? Den Orgasmus mit Ohhhs und Ahhhs vorspielen, damit keiner ihn glaubt? Oder mich auf den Orgasmus konzentrieren? Dann dürfte ich nicht reden.


Er - Glaubst du, sie würden dir das glauben? Dass du an deinem Orgasmus arbeitest, während du nicht sprichst.


Sie - Du könntest sie in dieser Zeit ablenken und zugleich überzeugen. Dann glauben sie es leichter.


Er - Wie denn?


Sie - Improvisiere. Dort hinten stehen die Requisiten.


Er - Brauchst du den Dildo?


Sie - Das wäre nicht schlecht. Es würde bestimmt helfen.

(Er holt ihr den Dildo und nimmt ihn auf dem Weg zu ihr in den Mund. Sie rückt die Stühle zurecht, so dass sie mit dem Rücken zum Publikum sitzt. Das linke Bein stellt sie demonstrativ auf den zweiten Stuhl und beugt sich dann nach vorne. Sie steckt den Dildo tief in sich hinein, zumindest tut sie so, als ob sie dies tun würde. Dann stöhnt sie auf und beginnt, mit der rechten Hand rhythmische Bewegungen auszuführen.)

Er - Verehrtes Publikum! Aus Gründen des Anstands und der Moral können wir Ihnen das, was im Hintergrund der Bühne gerade geschieht, nicht in voller Beleuchtung zeigen. Aber wir erklären es anschaulich. Sehen Sie diese Kerze! Stellen Sie sich vor, es wäre der gläserne Dildo, der vorher hier stand und in diesem Moment in meiner Kollegin reibt. Ich führe diese Kerze nun in die Gummivagina ein. Ich gebe zu, dieses rosa Ding sieht scheußlich aus und fühlt sich scheußlich an. Doch lassen Sie Ihre Fantasie spielen! Kerze in Gummiungetüm analog zu Glasdildo in lebendiger Scheide. Stellen Sie sich dazu eine von Meisterhand gestaltete und ziselierte Vulva vor: zarte Schamlippen, einen flauschig-glitschigen Scheideneingang, sanft massierende Höhlenwände. Und schon haben Sie eine Vorstellung von der vollendeten Muschi, die dort hinten dem gläsernen Phallus Obhut gewährt, sich von ihm zu den höheren Stufen der sexuellen Lüste treiben lässt. Ihr Frauen im Publikum! Könnt ihr nachfühlen, was meine Kollegin gerade spürt und erlebt? Arbeiten auch in euch bereits die hilfreichen, den Mösengang mit der köstlichen Flüssigkeit auskleidenden Geister? Spürt Ihr schon, wie Eure Höschen nass werden? Und Ihr Männer im Publikum! Ihr fragt Euch sicher schon seit geraumer Zeit, wohin mit Euren Ständern? Ich rufe euch allen zu: Habt Geduld! Mösen, Fotzen, Ofenlöcher, Hämmer, Bohrer, Besen: Fallt nicht vorzeitig übereinander her!

(Er legt die Requisiten auf den Tisch, wendet sich um, geht nach hinten und tuschelt ihr leise ins Ohr.)

Er - Dauert es noch lange?


Sie - Ahhhrg, gleich. Noch einen Moment.

(Er wendet sich wieder um, erhebt die Stimme.)

Er - Hochverehrtes Publikum! Ich rate Ihnen dringend dazu, die umsitzenden Nachbarinnen und Nachbarn um Erlaubnis zu bitten, bevor Sie unzüchtige Handlungen jeglicher Art an sich, Ihrem Partner, Ihrer Partnerin oder den genannten Sitznachbarinnen und -nachbarn vornehmen. Holen Sie die Erlaubnis jetzt ein, denn gleich kann es zu spät sein.

(Er wird unterbrochen durch einen lauten Aufschrei von ihr.)

Sie – Es geht los! Komm her! Halte mich!

(Ihr Ausruf geht in unverständliches Stammeln über, sie verkrampft. Er stellt sich hinter sie und umarmt sie längere Zeit, wohl länger als eine Minute. Dann zieht sie den Dildo aus sich heraus, tut zumindest so, als ob sie ihn aus den Tiefen ihrer durchnässten Scheide herausziehen würde. Er nimmt ihn, steckt ihn sich in den Mund, schleckt ihn ab. Dann wendet er sich um, den gläsernen, lilafarbenen Phallus hochhaltend.)

Er - Sehen Sie! So schnell kann es gehen, wenn die menschliche Schwäche auf die übermenschliche Begierde trifft. Der Orgasmus hat sie getroffen wir ein Blitz. Sie kann nicht sprechen noch sich bewegen. Wird sie sich jemals wieder erholen? Deshalb handeln Sie klug! Mäßigen Sie Ihre Triebe! Steuern Sie Ihre Lüste auf die rechte Bahn!


Sie - Ich habe es wirklich geschafft. Ich habe einen Orgasmus auf der Bühne bekommen. Meinst du, die haben uns das abgenommen?


Er - Ich glaube, dem Publikum ist es völlig egal, ob ein Orgasmus echt oder gespielt ist. Solange er nur den Erwartungen entspricht.


Sie - Habe ich den Erwartungen entsprochen?


Er - Haben wir den Erwartungen entsprochen?


Sie - Du hast wieder einen Ständer, der aus deinen Shorts herausschaut.


Er - Du hast eine nasse Muschi, die noch immer vor Geilheit tropft.


Sie - Was macht das Publikum?


Er - Es fickt wie wild.


Sie - Dann waren wir unser Geld wert?


Er - Sind wir jetzt Pornodarsteller?


Sie - Das weiß ich nicht.


Er - Kennen wir uns jetzt?


Sie - Du hast mich noch nicht erkannt.


Er - Gehen wir in die Garderobe?


Sie - Zum Ficken?


Er - Wozu sonst?


Sie - Gehen wir!


Er - Oder warten wir auf Anweisungen?


Sie - Du hast vielleicht recht. Warten wir besser.


Er - Vielleicht dürfen wir nicht gehen.


Sie - Vielleicht dürfen wir noch nicht ficken.


Er – Oder erst, wenn das Stück zu Ende ist.


Sie - Woher wissen wir, dass das Stück zu Ende ist?


Er - Warten wir auf Anweisungen.


Sie - Was machen wir mit meiner nassen Muschi?


Er - Was machen wir mit meinem steifen Schwanz?


Sie - Ich weiß es nicht.


Er – Du weißt nicht viel, aber ich weiß es auch nicht.


Sie – Warten wir einfach, bis die Zuschauerinnen und Zuschauer fertig sind?


Er – Sie ficken wie wild.


Sie – Das tun sie wahrlich!


Er – Dann warten wir!

(Neufassung 2022)

Kommentare


Susi M Paul
(AutorIn)
dabei seit: Nov '13
Kommentare: 21
Susi M Paul
schrieb am 21.09.2022:
»Herzlichen Dank erstmal an alle KommentatorInnen (und BewerterInnen - vor allem an die, die gute Noten verteilt haben :-) ). Gut, dass sich doch noch einige zum Schreiben und Bewerten aufraffen können.
Was den Deutschunterricht angeht, hoedur, da haben wir das auch nicht gelernt, erst hinterher in langen Jahren des Schwitzens und anderer für solche Texte sachdienliche Übungen. Unsere Lehrer hatten zwar 68er Erfahrung, aber gerade oder noch nicht 18-jährigen einen erotiktauglichen Erzählstil beizubringen, das haben sie sich nicht getraut.
Und ja, jokieler, das mit dem Wegputzen eindeutiger Spuren, das ist ein Problem. Der Intendant hat zwar darauf bestanden, jeder Eintrittskarte ein Tempo beizulegen, aber was ist schon ein Tempo bei solch einer Schweinigelei. Das genau ist auch der Grund für den mutmaßlichen späteren Rückzug von Er und Sie, um in Ruhe hinter den Kulissen ficken und poppen zu können: Sie wollen nach ihren hochkulturellen Dia- und Monologen nicht auf das plebeyische Niveau des Massenrammelns heruntergezogen werden. Das gauben wir jedenfalls, wir haben vergessen, sie zu fragen, wissen daher noch nicht mal, ob sie es wirklich getrieben haben oder ob sie nur über die Zuschauer gelacht haben - was natürlich sehr ungezogen gewesen wäre.«

Monday
dabei seit: Okt '18
Kommentare: 2
schrieb am 28.06.2022:
»Für mich eine sehr erotische, toll geschriebene Geschicht.«

VKRQ
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 13
schrieb am 29.06.2022:
»Ein toller Stil, pure Erotik und herrlichstes Kopfkino, die umschriebenen möglichen Sinnestäuschungen ... Super geschrieben«

jokieler
dabei seit: Feb '04
Kommentare: 5
Jokieler
schrieb am 30.06.2022:
»Interessantes Kopfkino...
Zwar etwas überzogen mit dem Hinweis auf ein kopulierendes Publikum, aber dieser Gedanke?
Denkt auch nur einer der beiden Akteure an die Arbeit der hinterher agierende Putzbrigade, welche die flecken dieser Aktion beseitigen muss?
Und an die intendanz dieses Hauses, die sich eventuell mit Zulagen für das Putzkomande beschäftigen muss?
Immerhin dürfte es für die Zuschauer*innen einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
Nur verwirrt mich die Reaktion bzw Nichtreaktion der Improvisations-Schauspieler.
Zum einen nötigen sie die Zuschauer zu einer in dieser Örtlichkeit pornografischen Aktion, selber aber behalten sie sich dieses Vergnügen für die diskretere, intimere Zweisamkeit.«

lobbo
dabei seit: Sep '01
Kommentare: 100
schrieb am 01.07.2022:
»Sensationell.
Das ist wahres Kopftheater.
Chapeau!«

dmdhl
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 156
schrieb am 03.07.2022:
»Seil geil... Fast wie in einem Impro...«

hoedur
dabei seit: Apr '06
Kommentare: 87
hoedur
schrieb am 23.08.2022:
»Warum hat man uns damals im Deutschunterricht solch eine Erzählweise/Stilrichtung nicht beigebracht?? Köstlich anders, Danke!«

markl151076
dabei seit: Dez '04
Kommentare: 14
schrieb am 05.01.2023:
»Eine sehr schöne Geschichte. Ganz anders wie viele Stücke hier, und sehr interessant. Ich werde noch andere STücke der Autorin lesen, es gefällt mir sehr gut!«

Onegin
dabei seit: Sep '18
Kommentare: 16
schrieb am 22.05.2024:
»Großartig, dieses kleine Theaterstück mit dem Aus-der-Rolle-Fallen der Protagonisten. Brecht hätte bestimmt seine Freude gehabt, auch am Sujet.«

jogel
dabei seit: Jun '02
Kommentare: 36
schrieb am 11.02.2025:
»Ohje, welch geile Story.
Etwas zu zahm für meinen Geschmack, aber dennoch mit sehr viel Phantasie und gut geschrieben. Besonders interessant finde ich die Erzählweise der beiden Protagonisten. Er redet über Sie und Sie redet über Ihm - eine sehr schöne Idee. :)

Gerne mehr davon!«


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