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Kommentare: 15 | Lesungen: 3887 | Bewertung: 8.07 | Kategorie: Sonstiges | veröffentlicht: 02.09.2006

Allynor antwortet

von

Irgendwann in der Zeit, irgendwo in irgendeinem Universum…

Der gefrorene Bluttropfen schwebte lautlos und unscheinbar durch die schwerelose Dunkelheit des Alls. Seit hunderten von Jahren umkreiste er einen riesigen Felsbrocken, der wie ein Herdentier in einer großen Gruppe von Geröll durch die Unendlichkeit schwebte.

Von dem ersten Grunzlaut bis zum gesprochenen Wort vergingen Millionen von Jahren. Als die ersten Primaten gruppenweise in Höhlen wohnten, benötigten sie tausende von Jahren, bis sie eine Hütte bauen konnten. Von da an ging alles rasend schnell, sie entwickelten die Sprache, erfanden Schriftzeichen, ersannen die Mathematik und bildeten mehr oder weniger erfolgreiche Staatsformen. Mehrmals stand die Menschheit kurz vor der Ausrottung, teilweise aus eigener Eitelkeit, teilweise durch Bedrohungen von außen. Immer wieder schaffte sie es, das Schicksal zum Guten zu wenden.

Durch die Schwerkraft wurde dem Bluttopfen immer mehr Schwung genommen, bis er schließlich mit der Oberfläche des Felsbrockens kollidierte. In großen Bögen hüpfte er über die Oberfläche und kam schließlich in einer Felsspalte zur Ruhe. Ungeachtet dessen setzte der Schwarm aus Geröll seine endlose Reise fort. In einer elliptischen Flugbahn umkreisten sie einen der zahllosen Sterne.

Von unermüdlicher Neugier getrieben, mehrte sich das Wissen in atemberaubender Geschwindigkeit. Je mehr Wissen entstand, desto mehr Fragen stellten sich und desto intensiver wurde geforscht. Ab einem Punkt, den keiner mehr kennt, steigerten sich die Erkenntnisse so schnell, dass nicht einmal die Experten sie noch verfolgen konnten. Das Wissen selbst wurde zu einem Forschungsobjekt. Um jeden mit jeder Information versorgen zu können, wurden die Femtocluster erfunden. Computer von der Größe eines Atoms.

Unaufhaltsam näherte sich der Geröllschwarm dem zentralen Stern, so wie es sich alle zehntausend Jahre wiederholte. Die wärmenden Sonnenstrahlen trafen den Bluttropfen und brachten ihn zum schmelzen. Sogleich versickerte die Feuchtigkeit in dem felsigen Grund. Plötzlich hatten die Femtocluster alles, was sie benötigten – Materie und Energie. Hunderte der Winzlinge starteten gleichzeitig die grundlegendsten Programme – Leben ermöglichen und sichern. Im Bruchteil einer Sekunde wurde alle verfügbare DNA eingesammelt, verglichen und zusammengefügt. Blitzartig waren die Fehler herausgerechnet und das reine Genom erstellt.

Die Femtocluster waren darauf ausgelegt, eine Symbiose mit den Menschen einzugehen. Sie vermehrten sich selbstständig und verrichteten zu tausenden ihre Arbeit in deren Körpern. Sie speicherten alles verfügbare Wissen und bewahrten den Organismus vor dem Verfall – die Krankheit des Alterns war geheilt. Des Weiteren konnten sie Nanobots erzeugen, die wiederum in der Lage waren, komplexe Strukturen, wie Maschinen zu bauen.

Die ersten Nanobots erzeugten die Femtocluster aus der Sonnenenergie und dem Staub des Felsens. In den folgenden Minuten wuchs die Anzahl der Femtos und Nanos exponential an. Die Atome des Felsens wurden wie Bausteine neu angeordnet und die Oberfläche wandelte sich binnen weniger Stunden zu einer großen Photovoltaikanlage. Durch den Überfluss an Energie entstand als nächstes ein Kraftfeldgenerator, der den Felsen vor gefährlicher Strahlung schützte. Bald darauf war die Biokammer fertig, die Femtos und Nanos bauten gemäß dem Gencode den Besitzer des Bluttropfens nach.

Durch die Femtos und Nanos stand jedem Menschen das komplette Wissen der Menschheit und die Möglichkeit der praktischen Umsetzung zur Verfügung. Man war nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen. Alles – wirklich alles – was man benötigte konnte man durch die Femtos und Nanos erlernen oder erzeugen. Vor allem ermöglichten die Femtos und Nanos das unabhängige Reisen durch das All. Jeder konnte ein Raumschiff aus einem Haufen Sand bauen lassen und damit losfliegen.

Wenige Tage, nachdem der Bluttropfen geschmolzen war, hatte sich der Felsen in ein kleines Raumschiff verwandelt. In der Biokammer lag eine junge Frau, deren Herz bereits seit einigen Stunden schlug. Es pumpte das gleiche Blut, welches unzählige Jahre durch das All getrieben war. Die Femtos hatten alle Erinnerungen der Frau gespeichert und vernetzten ihr Gehirn nun genau so, wie es vor ihrem Tod war. Als alle Arbeiten abgeschlossen waren, genügte ein kurzer Neuroimpuls und die Frau „erwachte“.

Im Vergleich zu ihren Vorfahren wirkten diese Menschen wie Götter. Manche benahmen sich auch so, sie reisten zu einem unbewohnten Planeten und gestalteten ihn nach ihren Vorstellungen um – schufen Leben aus dem Nichts, um sich daran zu ergötzen. Viele reisten rastlos durch die Unendlichkeit des Alls auf der Suche nach fremder Intelligenz. Irgendwann zerstreute sich die Menschheit im ganzen All. Es war unmöglich, den Kontakt zueinander aufrecht zu halten, aber nie hörte man von der Entdeckung fremder Intelligenz.

Allynor orientierte sich in der unbekannten Umgebung und rief die letzten Erinnerungen ab. Sie hatte versucht, das Geheimnis des mysteriösen, vierten Planeten zu erkunden. Nachdem sie es in allen erdenklichen Sprachen und Techniken, auf allen Frequenzen versucht hatte, nahm sie den Schutzwall unter Beschuss. Durch einen einzigen Gegenschuss des Planeten wurde ihr damaliges Raumschiff gänzlich zerstört und sie wachte wieder hier auf.

Anhand der Rotationsstellung der benachbarten Galaxien konnte sie errechnen, dass ihr „Schlaf“ mehrere tausend Jahre gedauert hatte. Es war nicht ihr erstes „Erwachen“ sie hatte schon so manchen Rückschlag e

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Kommentare


Faith
(AutorIn)
dabei seit: Okt '02
Kommentare: 102
Faith
schrieb am 05.09.2006:
»ich danke euch,

über die durchweg niveauvollen Kommentare.

Auch weiterhin möchte ich jeden Leser auffordern seine Ansichten zu schildern.
Vorab meine Sichtweise zu einigen angesprochenen Themen.
Es sind meine Sichtweisen, ich erwarte nicht, dass wir die absolute Wahrheit finden, denn die gibt es nicht.

@ soul-weaver:
Das Wissen kann sich auch ohne Kommunikation zu anderen Menschen weiterentwickeln, solange es sich um akademisches Wissen handelt. Gerade die Naturwissenschaflichen Entdecker leb(t)en teilweise recht eigenbrötlerisch und zurückgezogen. (Man stelle sich Newton in einem Expertentam vor, er währe vor lauter Gelaber nicht auf das Prinzip der Schwerkraft gekommen...)
Was jedoch auf der Stecke bleibt ist die emotionale Intelligenz (die Menschlichkeit), daraus folgen dann richtigerweise Arroganz, Herrschsucht, usw.

Sicher könnte ein Computer Babygeschrei als solches interpretieren, aber könnte er auch sinnvolle (nicht unbedingt logische) Handlungen daraus ableiten?
So manche mitfühlende Mutter (oder auch der Vater) ist zu nachtschlafender Stunde, gelegentlich, mit den Bedürfnissen des Nachwuchses überfordert...

Diese Geschichte sollte nicht in den metaphysischen Bereich, oder sonst wo hin gehoben werden.
Man könnte sie als Parabel zu den klassischen Fabeln betrachten. Gerade durch die verzerrte Sichtweise (sprechende Tiere, die sich wie Menschen verhalten) vermitteln Fabeln fast immer eine "Moral von der Geschichte". In diesem Sinne sollte die Geschichte aufgefasst werden.

@ axus:
JA! Der Mensch bedarf der Liebe. Man könnte in diesem Zusammenhang auch von, Anerkennung, Mitgefühl, Wärme, Schutz, usw. sprechen.

@ Kristallinwesen:
Der Unterschied zwischen Mensch und Maschine: Bedürfnis nach Liebe.«

Locxion
dabei seit: Aug '04
Kommentare: 6
schrieb am 02.09.2006:
»Der Mensch ist und bleibt ein Mysterium.
Da können noch so viele Computer und Robotter ihre Zahlen zum Besten geben. Das was uns von einer Maschine letzlich unterscheidet ist immernoch das Gefühl. Und auch wenn man eines Tages einer Maschine ein gewisses "Gefühl" bzw "Bewusstein" programmieren kann...so wird sie immer eine Maschine bleiben. Immer und Immer wieder Ihre Zahlen durchrechnen und vergleichen. Der Mensch verlässt sich auf sein Gefühl und kann Dinge höhren, sehen, und auch fühlen von denen diese Maschinen keine vorstellung haben. Egal wie groß ihr Speicher ist...

Der Mensch ist und bleibt einzigartig in seiner (Un)-Volkommenheit

greez
Ciddy«

andreas60
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 4
schrieb am 02.09.2006:
»Tolle Geschichte die sowohl die Vergangene als auch die Zukünftige Menschheitsentwicklung sein könnte.
Wenn du weitere derartige Geschichten hast würde ich mich darüber sehr freuen.
Andreas«

Kristallinwesen
dabei seit: Mai '04
Kommentare: 2
schrieb am 03.09.2006:
»Nette kleine Utopie, aber auch wie die Menschen und die Maschinen (kleiner Denkanstoß: was unterscheidet einen Menschen eigentlich von einer Maschine?) ist diese Geschichte irgendwie unvollkommen ;) Macht aber Spaß, sie zu lesen und zu verstehen zu versuchen.«

doug
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 1
schrieb am 03.09.2006:
»Diese Geschichte brauch keine Fortsetzung: sie ist volständig. Solche Kurzgeschichten findet man selten: kurz und eine gute Story. Bravo!
Übrigends brauch sich diese Geschichte nicht hier verstecken. Es gibt da ein paar SF-Foren die würden sich darüber freuen.

Doug«

mitesser007
dabei seit: Sep '03
Kommentare: 11
schrieb am 03.09.2006:
»Eine phantastische Geschichte, sehr schön, gerne mehr davon. «

SirFelidae
dabei seit: Dez '01
Kommentare: 80
schrieb am 03.09.2006:
»Schön, aber leider kurz«

axus
dabei seit: Feb '03
Kommentare: 102
schrieb am 04.09.2006:
»Die Geschichte ist gut geschrieben. Für meinen Geschmack zu pathetisch. Mein Ergebnis nach längerem Nachdenken: Du glaubst also, der Mensch bedarf der Liebe ??? «

soul-weaver
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 1
schrieb am 04.09.2006:
»Man mag sicherlich über Sinn und Unsinn dieser Geschichte streiten können aber interessant ist das es ein Ende des Wissens gibt.
Wenn ein Mensch allein tausende wenn nicht millonen Jahre durchs Universum irrt, sich aber in ihm selbst Computer von der Größe eines Atoms befinden, die alles Wissen beherbergen, kann dieses nicht wieterentwickelt werden. Mit dem Verlust der Kommunikation zu anderen Menschen kann sich auch das Wissen nicht weiterentwickeln.
Interessanterweise zeigt die Geschichte dafür als Alternative die Entwicklung von Arroganz, Herrschsucht und gottgleichem Verhalten. Von nichts anderem kann die Rede sein, wenn Menschen willkürlich über Leben und Tod wie an Ende der Geschichte geschildert entscheiden (der Fortschritt ist also auf dem Entwicklungsstand des Affen konstant, wobei Affen nicht willkrülich nach "ethisch-moralischen" Maßstäben urteilen, in dieser hinsicht sind sie uns überlegen).

Ein großer Fehler hat sich dennoch eingeschlichen:
Das Babygeschrei hätte erkannt werden müssen!
Der Atomcomputer vermittelt ja gerade das gesamte bis zur Trennung bekannt Wissen, welches durchaus so weit zurückreichen muss, bis zu einer Zeit wo Babys und ihr Geschrei noch bekannt waren.

Ich habe die Intention des Autors wohl verfehlt, aber vom (wie ich annehme gewollten) Unterschied zwischen Mensch und Maschine handelt diese Geschichte nicht.
Sie ließe sich durchaus noch weiter zerlegen und in den metaphysischen Bereich "erheben" aber damit wäre sie absolut überinterpretiert. Wenn dies jedoch intendiert war, so möge mich der Autor darauf hinweisen oder jeder der es anders sieht als ich. Ggf ließe sich über diverse Punkte außerhalb des Kommentars diskutieren.«

marten212
dabei seit: Okt '01
Kommentare: 7
schrieb am 04.09.2006:
»Wundervoll!«

helden
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 3
schrieb am 05.09.2006:
»Trivial und Pathetisch. Dennoch nicht schlecht.«

filmer
dabei seit: Nov '02
Kommentare: 1
schrieb am 06.09.2006:
»Eine wundervolle, gefühlvolle schöne Geschichte!!!

Einfach toll!!!«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 08.09.2006:
»Hei Faith,

eine sehr interessante Idee. Ich habe die Geschichte bestimmt schon an die zehnmal gelesen. Wenn das eine reale Zukunftsprognose wäre, so würde ich mich sofort nach einer geeigneten Möglichkeit umsehen, um mich vor dieser Art "Unsterblichkeit" zu bewahren.

Im Zeitalter der Technik ist sicher vieles möglich und sollte es tatsächlich mal gelingen, wie von dir beschrieben, sich selbst zu reproduzieren, so entzöge man "Gott" seine Daseinsberechtigung. Dass die Menschheit dann nur noch herrschsüchtig und arrogant würde, ist ein logisches Resultat. Nichts wäre mehr unmöglich. Ein wünschenswerter Gedanke? Für mich ganz sicher nicht! Aber dazu wird es ja nicht kommen, zumindest nicht in meinem Leben. Gott sei Dank. ;-)

Die Menschen, so wie sie zurzeit sind, bergen zwar ein hohes Gefahrenpotential, wenn man die Kriege, den Terror, etc. betrachtet, aber trotzdem sind sie auch in ihrer Unvollkommenheit besser und wichtiger, als es Maschinen je sein könnten. Gerade unsere Gefühle machen uns aus, heben uns aus der Masse der Anonymität, geben uns etwas Unverwechselbares und machen erst dadurch das Leben lebenswert.

Allynor kann man nur wünschen, dass sie es schafft, sich ihrer "Femtocluster" zu entledigen oder sie abzustellen und wieder ganz zu dem zu werden, was sie mal war - ein Mensch, der ganz in seinen Emotionen aufgeht und letztendlich das gewinnt, was wir alle wirklich brauchen:

LIEBE!

Vielen Dank für dieses Kleinod!

Liebe Grüße

yksi«

t3RR0R
dabei seit: Sep '01
Kommentare: 1
schrieb am 16.09.2006:
»Schade, dass es keiene Fortsetzung gibt. Die Sci-Fi Welt ist klasse angelegt. Aber auch davon abgesehen, ist die Geschichte richtig gut geworden. Danke für das Lesevergnügen... «

Kaki7890
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 14
schrieb am 17.09.2006:
»Die aussage der Geschichte ist mir etwas zu platt, aber trotzdem eine nette Geschichte«



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