Anja
von Hassels
Die Notfallklingel schellte, nicht nur kurz als wenn sie aus Versehen betätigt worden wäre, lange und durchdringend wurde ich aufgescheucht. Schnell machte ich mich auf den Weg in die erste Etage zu Anja. Ohne Anklopfen öffnete ich die Tür, dann ging alles ganz schnell.
Zwei Kerle versuchten Anja zu Überrumpeln. Ihr Höschen lag schon zerrissen auf dem Boden. Der Eine hielt sie an den Armen fest während der Andere gerade seine Hose öffnete. Ich griff mir seinen Schwanz und verpasste ihm einen Kinnhaken während der der Anja festgehalten hatte flüchtend den Raum verließ. Bevor das Schwein sich erholt hatte, er lag nun auf dem Boden, fesselte ich seine Hände mit meinem Gürtel auf seinem Rücken. Dann rief ich die Polizei.
Völlig apathisch lag Anja noch immer auf dem Tisch, starrte Löcher in die Decke. Erst als ich ihr ein Glas Wasser anreichte, richtete sie sich auf und zog den hochgeschobenen Rock über ihr Geschlecht. Ihre Augen waren glasig, das sonst so frische Gesicht war fahl geworden.
Den Polizisten schilderte ich den Tathergang soweit ich daran beteiligt war, Anja brachte kein Wort heraus. Die Polizisten hatten auch schnell den Namen des Komplizen aus dem Gefangenen herausgeholt, gaben mir meinen Gürtel zurück und führten den Missetäter in Handschellen ab.
Erst danach löste sich ihre Anspannung, die Tränen liefen und dann stürmte sie in meine Arme. Behutsam hielt ich sie fest, ab und an strich ich über ihren Kopf. Immer fester wurde ihr Klammergriff während sie weiterhin ihre Tränen an meiner Brust vergoss. Es bedurfte einiger Zeit bis sie sich gefangen hatte. Ich gab ihr noch einen Kuss auf den Kopf und ging dann wieder nach unten. Wenn sie reden wolle wäre ich noch bis zehn im Wohnzimmer.
Ich war froh dereinst diese Notfallklingel installiert zu haben, wie ich Anja jetzt helfen könnte, ich überlegte krampfhaft, wusste ich nicht.
Mit fünfzehn hatte sie bei mir einen Ferienjob gesucht, ihr Vater war ein alter Fußballkumpel von mir, dabei hatte sie sich zu meinem Erstaunen sehr geschickt angestellt. Ein Jahr später verließ sie nach der zehnten Klasse mit einem glatten zweier Zeugnis das Gymnasium, eigentlich eine Schande. Aber sie wollte unbedingt eine Lehre als Tischler und Bauschreiner bei mir machen. Sie war der beste Lehrling den ich bisher gehabt hatte, war selbstständig und traf vor Ort immer die richtigen Entscheidungen.
Mitte des zweiten Lehrjahrs erkrankte ihr Vater, besser gesagt erhielt er eine niederschmetternde Diagnose. Nach ein paar Wochen Unwohlsein und Bauchschmerzen kam er in die Röhre. Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium. In den verbleibenden Wochen regelten wir beim Familiengericht alles damit Anja bei mir wohnen konnte um ihre Lehre fortzusetzen. Als siebzehnjährige wäre sie sonst in die Obhut des Jugendamtes gekommen.
Nun wohnte Anja schon etwas mehr als zwei Jahre bei mir, aber die Notfallklingel hatte sie zuvor nie benötigt. An den wechselnden Besuch junger Männer hatte ich mich lange gewöhnt.
Um 23:00 klopfte es an meine Schlafzimmertür, ich lag im Bett und schaute mir eine Comedyshow an. Ich bat sie herein und Anja stand dann im Bademantel vor mir.
„Darf ich mich zu dir legen? Ich möchte nicht reden aber auch nicht allein sein.“
Die Zudecke hob ich an, Anja entledigte sich des Bademantels und nur mit einem relativ durchsichtigen Nachthemd bekleidet legte sie sich zu mir. Nach und nach kuschelte sie sich immer mehr an mich und schlief als ich meinen Arm um sie gelegt hatte mit einem zufriedenen Gesicht ein.
Am frühen Morgen, es war kurz nach sechs, löste ich mich von Anja und machte mich für den Silvestereinkauf fertig. Pünktlich zur Öffnung war ich bei Kaufland und tätigte einen ganz anderen Einkauf als in den letzten Jahren, seit mich meine Ex vor vielen Jahren wegen ihres Freiheitsdrangs verlassen hatte, war mir zur Jahreswende nie zum Feiern zu Mute gewesen.
Daheim zurück, es war noch nicht mal acht Uhr, bereitete ich ein Frühstück mit allen Schikanen vor. Erst als alles fertig war schaute ich nach Anja. Sie saß in meinem Bett und las den Liebesroman den ich sonst immer als Ermüdungshilfe benutzte.
„Guten Morgen Hajo! Ich bin wirklich froh dass es dich gibt. Wenn es dir nicht zu aufdringlich ist, würde ich gerne mit dir ins neue Jahr feiern. Auf alles andere habe ich nach dem letzten Abend keine Lust mehr.“, schaute sie mich schon fast flehendlich an.
„Wir können frühstücken. Und der Rest wird sich schon finden.“, dabei lächelte ich sie an.
„Ich kann es immer noch nicht fassen, immer wieder habe ich das Bild von dem Monster vor mir. Wenn du noch ein bisschen Zeit für mich hättest, wäre mir wohler. Ich würde gerne noch ein wenig in deinem starken Arm liegen, das fühlte sich unheimlich gut an.“, dabei hob sie einladend die Arme.
Kaum hatte ich mich zu ihr gelegt, kroch sie in meinen Arm und schmiegte sich an mich. Da ich ja voll bekleidet war wurde es bald recht warm. Sie hatte sich an mich ran gedreht und nun lag ihr rechtes Bein auf meinem rechten Oberschenkel. Nur einen Augenblick begegneten sich unsere Augen, ich konnte ihr Verlangen sehen und spürte ihren Blick auf meiner Haut. ‚Wie schön es doch wäre so ein bezauberndes Geschöpf dauerhaft an meiner Seite zu haben‘, aber sie war erst neunzehn und ich einundfünfzig. ‚Das geht gar nicht. Außerdem täte es mir zu weh wenn dann eines Tages ein anderer käme.`, verwarf ich das Gedankenspiel als hirnrissiges Konstrukt.
Fast bis Mittag lagen wir so aneinander gekuschelt, dann erst verleibten wir uns das Frühstück ein. Allerdings sah ich eine leichte Enttäuschung in ihren Augen, doch ich sprach sie deshalb nicht an. Am Nachmittag bot ich ihr an in der Werkstatt sich ein Möbelstück für ihren Bedarf zu bauen. Mit Feuereifer ging sie es an ohne mir zu verraten was es werden sollte. Ein Anruf um 19:00 unterbrach meine Hilfsleistung, der Wagen meines Schwagers sprang nicht an. Meine Schwester hatte mich daraufhin gebeten beide zu einer Silvesterfeier zu fahren.
Als ich gegen 21:00 wieder zurück war stand Anja immer noch in der Werkstatt und baute ihr Kunstwerk zusammen. Es sah aus wie eine Guillotine, nur halt in der Art wie es für SM Sex benutzt wird. Ich staunte nicht schlecht, dabei lächelte sie mich vielsagend an. Das dunkle Holzöl reichte ich ihr mit einem Lappen und gab ihr mit auf den Weg doch in einer Stunde spätestens zum Raclette fertig zu sein.
Ich richtete alles, die Temperatur war schon längst erreicht, aber von Anja war nichts zu sehen. In der Werkstatt war sie auch nicht, das Licht war aus und ansonsten hätte sie eigentlich nicht unbemerkt an mir vorbeihuschen können. Wenig später kam sie dann in ihren Bademantel gehüllt die Treppe herunter. Mir war schleierhaft wie und wann sie sich hochgeschlichen hatte.
Wir garten die unterschiedlichen Fleischarten und schauten dabei die Silvestersketchparty im Fernsehen an. Die verschieden gefüllten Pfännchen bedurften dabei etwas mehr Zeit, aber eine halbe Stunde vor Mitternacht waren wir mit dem Essen fertig. Anja räumte den Tisch ab, immer wieder traf mich ihr verträumter Blick, und ich stellte Sektgläser und Sekt sowie das Feuerwerk bereit. Sie lief kurz zur Haustür und meinte sich nicht umziehen zu müssen da es nicht kalt sei.
„Prost Neujahr, Anja. Mögen alle deine Träume in Erfüllung gehen!“, dabei gab ich ihr einen Kuss auf die Wange.
„Hajo auch für dich alles Gute. Prosit Neujahr!“, dabei nahm sie meinen Kopf in ihre Hände und zog ihn zu sich runter um mir einen Kuss auf den Mund zu geben.
Die Batterie mit dem Namen Goldrausch schmiss goldene Fontänen gen Himmel. Ähnlich verhielt es sich mit Silberrausch. Zum Abschluss wurde es zunächst bunt, Sternenhimmel brachte unterschiedliche Farbfontänen und zum Schluss fielen silberne Sterne vom Himmel.
„Das ist wie Sternschnuppen, da darf ich mir doch bestimmt was wünschen?“, fragte sie. Ich nickte.
Wieder im Haus zurück setzten wir uns auf die Couch und schauten uns die Liveparty am Brandenburger Tor an. Ich legte den Arm um sie und streichelte sanft über den Bademantel, aber sie schien es nicht zu merken. Irgendwann, als die Musik was für Omas wurde, hörte ich auf sie zu streicheln, nahm meinen Arm von ihr und beugte mich zur Fernbedienung vor. In einem der dritten Programme wurde noch
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