Assassins' sins 2
von Erelyn
KAPITEL 1: Zweifel
Die Nacht war kühl und beinahe furchteinflößend still. Nicht ein einziger Vogel war zu hören, nur ein entferntes leises, weit entferntes Gemurmel ließ sich vernehmen. Der Himmel war fast wolkenlos, das diffuse Licht des Mondes überzog alles mit einem silbernen Schimmer.
Mit genauso lautlosen Schritten wie die Nacht eilte Credan durch die Gassen, zwischen engen Häuserschluchten hindurch, die Straßen meidend. Er wusste, dass Cora ihm mühelos würde folgen können, auch wenn sie ihre Anwesenheit durch nichts verriet. Wie immer blieb sie etwa 50 Schritte hinter ihm, unsichtbar wie ein Schatten.
Er machte einen vorsorglichen Umweg um die Taverne ‚Zum goldenen Wildschwein‘, auch wenn sie
um diese Zeit längst geschlossen war. Man konnte nie vorsichtig genug sein, zu jeder Zeit konnte noch ein Betrunkener herausgeworfen werden und diese sorgten bei einem Treffen für gewöhnlich für so viel Lärm, dass man die Aufmerksamkeit in einem nicht allzu kleinen Umkreis auf sich zog, nicht gerade das, was er gebrauchen konnte.
Ein zweifacher Eulenruf zerbrach die Stille, ruckartig blieb er stehen und drehte sich um. Zwei Sekunden später sah er Cora mit gezogenem Dolch auftauchen, zehn weitere Sekunden später war sie bei ihm. Sie hatte knapp mit dem Kopf geschüttelt, das Signal war nicht von ihr gekommen.
In der Stadt gab es nahezu keine Eulen, ihr Ruf war dementsprechend selten, aber für den Großteil der Bevölkerung nichts alarmierendes, sie hielten es für einen normalen Vogelruf. Für eine Handvoll andere Personen jedoch, vorzüglich den Assassinen, war dieser Ruf aus diesen Gründen zu einem praktischen Alarmzeichen geworden, für die meisten unauffällig und dennoch eindeutig.
Weder er noch Cora hatten ihn diesmal benutzt, er kam also höchstwahrscheinlich von einem anderen Assassinen. Das Gildenhaus, ein unauffälliges Bürgerhaus, welches trotzdem recht zentral gelegen war, befand sich ganz in der Nähe. Einer unausgesprochenen Absprache folgend, rannten sie direkt dorthin, diesmal nebeneinander mit gezogenen Dolchen, jedoch so, dass man sie sofort wieder unauffällig verschwinden lassen konnte.
Die Fenster waren dunkel, sah man jedoch genau hin, konnte man einen leichten Lichtschimmer am jeweils oberen Rand erkennen. Um nicht aufzufallen, waren alle Fenster verdunkelt, diese Tatsache war also nichts Ungewöhnliches.
Blitzschnell sah er sich um, beinahe hätte man meinen können, alles wäre normal. Beinahe. Ein langer, nicht in das Schattenbild des Mondes passender dunkler Fleck war auf dem Hausdach zur linken des Gildenhauses auszumachen, genau gegenüber von ihnen.
Die Person beherrschte ihre Kunst, sie hatte nur Pech, dass er und Cora genau gegenüber von ihm aufgetaucht waren, so dass er für seine geübten Augen auffiel. Er spürte wie Coras Hand ihn am Arm berührte, sie wollte ihn auf den Fremden auf dem Hausdach aufmerksam machen. Noch durch den Anfang der Nacht etwas durcheinander, drehte er sich instinktiv zu ihr, um ihr zu sagen, dass er ihn auch gesehen hatte, jedoch keinen Moment zu früh. Er sah ein kurzes Aufblitzen einer Klinge, die auf ihren Rücken zuflog, reflexartig parierte er sie, einem Panther gleich, der sich blitzartig auf seine Beute stürzt.
Das Klirren, als die beiden Klingen sich trafen zerriss beinahe ohrenbetäubend die Stille, auch wenn es nicht lauter als ein normaler Schritt war. Cora duckte sich instinktiv und drehte sich in einer einzelnen fließenden Bewegung. Wieder standen sie beide eng nebeneinander, sie jedoch diesmal in geduckter Stellung. Kaum vernehmbare Schritte entfernten sich, es war jedoch nichts zu sehen.
Al er sich erneut in Richtung Gildenhaus umdrehte, sah er, wie sich die Person auf dem gegenüberliegenden Dach aufgerichtet hatte und eine schussbereite Armbrust in beiden Händen hielt, die auf die Stelle gerichtet war, an der er stand. Weder er noch der andere bewegte sich, beide schienen in die von der Dunkelheit verborgenen Augen des anderen zu starren.
Für den Bruchteil einer Sekunde vernahm er etwas, das sich ähnlich wie das keckern eines Eichhörnchens anhörte, lang genug jedoch um die Stille der Nacht, die wieder wie ein schwerer Schleier über sie gefallen war nachhaltig zu stören. Sich entspannend ließ er einen ähnlichen Ton hören und sah sich nach Cora um. Sie hockte nach wie vor am Boden, jederzeit bereit einen Angriff abzuwehren oder auszuführen. Er legte seine Hand sanft auf ihre Schulter, um ihr zu signalisieren, dass die Gefahr vorüber war.
Sie stand auf und steckte ihren Dolch ebenfalls wieder in eine Tasche an ihrem Gürtel. Ohne groß darüber nachzudenken, zog er sie sanft zu sich, wollte sie küssen. Zum ersten Mal hatte er wirklich Angst um sie gehabt, war getrieben gewesen von dem Schreckensbild ihres toten Körpers. Erschrocken stellte er fest, dass er sich zum ersten Mal seit langer Zeit vergeblich versuchte, sich auf das zu besinnen, was er gelernt hatte, zu groß war die Angst um sie gewesen. Sollte er sie jetzt verlieren, würde er innerlich zusammenfallen und seinen Körper mitnehmen.
Gerade noch rechtzeitig bemerkte Cora seine Absicht und ließ sich zu einer Umarmung fallen, aus der sie sich jedoch wieder ziemlich schnell löste. Sie schenkte ihm einen kurzen, missbilligenden Blick und wendete sich schließlich ab, um das Gildenhaus zu betreten.
Innerlich verfluchte er sich dafür, dass er so unvorsichtig gewesen war, sie hatte recht. Jetzt war es noch wichtiger als zuvor, dass die Gilde auf ein rein praktisches Verhältnis zwischen ihnen beiden vertraute, ein öffentlicher Kuss war da alles andere als förderlich. Dennoch, tief in ihm tat es weh, ihr nicht nahe sein zu dürfen, doch es musste sein. Sein Verstand wusste das, sein Herz jedoch schmerzte bei jedem Gedanken daran.
Er schaffte es gerade noch, sie bis zum Eingang einzuholen und hielt sie leicht an der Schulter fest.
„Tut mir leid, es ist nicht einfach...“
Ihre Gesichtszüge wurden minimal weicher und sie zeigte ein angedeutetes Kopfnicken, so, dass man es auch einfach übersehen könnte.
„Ich weiß..., aber wir müssen uns konzentrieren. Wir dürfen uns heute Nacht keinen Fehler erlauben.“
Ihr Gesichtsausdruck war hart, ihre Worte klangen selbstsicher, beinahe anklagend. Dennoch, er spürte, dass sie mindestens ebenso mit sich kämpfen musste wie er. Hinter der selbstsicheren Fassade fiel es auch ihr unendlich schwer, ihm nicht einmal tief in die Augen blicken zu dürfen.
Leise, gedämpfte Schritte waren hinter ihm zu hören, instinktiv drehte er sich fluchtbereit um, entspannte sich jedoch sofort wieder, als er Lycran erkannte. Seine Armbrust hatte er wieder auf den Rücken geschnallt, er machte jedoch einen missmutigen Eindruck.
„Warum steht ihr vor der Tür und geht nicht hinein?“, fragte er, und ließ dabei ein unverhohlenes Misstrauen mitschwingen.
„Wollten wir gerade tun, doch dann haben wir dich gehört“, antwortete Credan mit einem ebenso frostigen Unterton.
Sanft drängte er Cora in das Gildenhaus hinein, aus dem inneren schlug ihnen warme, aber abgestandene Luft entgegen. Es war wie immer diffus beleuchtet, in einer Ecke stand ein vollgestopftes Regal mit Büchern und Pergamentrollen neben einem ebenso überladenen Schreibtisch. Dahinter ließ sich das Gesicht von Kvoth ausmachen. Mit einem kurzen Nicken in seine Richtung begrüßte er ihn, er war jedoch so mit Schreiben beschäftigt, dass er ihre kleine Gruppe, die eben das Haus betreten hatte, nicht bemerkt hatte.
Cora ließ ein leichtes Räuspern hören, woraufhin Kvoth erschrocken aufsah.
„Guten Tag“, stammelte er, etwas durcheinander.
Lycran verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.
„Das ist wohl ein wenig übertrieben... Ich würde es nicht als einen guten Tag bezeichnen, wenn Theobald sich bereits so sicher ist, das er sich traut der Gilde persönlich einen Besuch abzustatten. Aber ich hoffe doch, dass dieses Problem bald erledigt ist, oder?“
Bei dem letzten Satz hatte er sich in Richtung von Cora und Credan gewendet und funkelte sie böse an.
„Eigentlich wollte ich mein Leben noch einen Moment genießen können, aber das ist etwas schwer, wenn ihr beide euch lieber miteinander beschäftigt, als ein wenig Pflichtbewusstsein für die Gilde zu zeigen...“
Credan zuckte kurz zusammen, sollte er etwas davon mitbekommen haben, was vor ein paar Stunden passiert war? Nein, eigentlich konnte er das nicht, Lycran war schon immer misstrauisch gewesen und er war auch einer der Gründe, warum sie die wahren Umstände ihrer Beziehung um jeden Preis geheim halten mussten. Ein wenig Unsicherheit jedoch blieb, warum konnte er Cora nicht einfach so lieben, wie es allen erlaubt war? Aber diese Probleme waren ihm schließlich bewusst gewesen und er würde sie auf keinen Fall wieder aufgeben.
„Wie lang ist es noch hin bis zum Sonnenaufgang?“, fragte er, den Kopf wieder in Richtung Kvoth gewendet.
„Ich würde sagen noch zwei bis drei Stunden, warum?“ antwortete er, diesmal ein wenig gefasster.
Bevor er etwas darauf erwidern konnte, fiel ihm Cora ins Wort, dabei drängte sie ihn in Richtung Tür.
„Danke, Kvoth. Wir haben noch etwas zu erledigen, bis später.“
Als sie geendet hatte, stand sie bereits halb in der Tür und schob ihn ohne weiteren Kommentar mit hinaus. Erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, drehte sie sich zu ihm und sah direkt in seine Augen. Ihre Stimme wurde auf einmal schwer, schien wie durch eine Wand zu ihm zu kommen.
„Wir können so nicht lange weiter machen. Es ist noch nicht einmal die Nacht vergangen in der wir...“
Sie ließ eine beinahe unheimlich wirkende Pause, durch ihre Augen sah er, wie schwer ihr die Worte fielen. Innerlich schrie sie vor Schmerzen, den Schmerzen von Unterdrückung. Es hatte sich so gut angefühlt sie spüren zu können, warum konnte er dieses Gefühl nicht behalten?
Die Vorstellung, die Möglichkeit diesen Moment noch einmal spüren zu können war das einzige, was ihn davon abhielt sofort alles zu beenden. Er wusste, wie verzweifelt er sich daran klammerte, wie an ein dünnes Seil, welches so einfach reißen konnte. Dann würde er fallen, endlos bis zum Ende.
„Wir sollten uns wirklich zu Theobald von Kriwen aufmachen, seine Aktivitäten gegen die Gilde haben extrem bedrohliche Ausmaße angenommen, das haben wir eben gesehen.“
Ihre Stimme klang wie das von einem kleinen Kind, welches sich eben gerade von einem Weinkrampf erholt hatte: Brüchig und unsicher, ob die Stimme endlich die eigene Verzweiflung überspielen konnte.
Sie drehte ihre Kopf in Richtung Straße, wich seinem Blick aus und wendete sich zum gehen. Er sah deutlich, wie sie sich selbst dazu zwingen musste, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Dennoch wich sie gezielt seinem Blick aus, sie hatte Schwäche stets darüber definiert, wenn man sich selbst nicht mehr unter Kontrolle hatte, nun erstickte sie beinahe unter der Last der eigenen Gefühle.
Sie konnte jedoch nicht die Träne verbergen, die sich langsam aus ihrem Auge löste und über ihre Wange hinunter rann. Das Mondlicht schien in der Spur zu glitzern, ihr engelsgleiches Gesicht schien erfüllt von dem dunklen Schimmer der Nacht.
Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter, jedes Wort hätte sie zusammenbrechen lassen. Er spürte das Beben ihrer Brust, das dumpfe Pochen ihres Herzens. Wie in jener Nacht in seiner Kindheit spürte er ihr Leid so deutlich wie sein eigenes, nahm ihr den Schmerz ab und schirmte ihn vor ihr ab. Wie damals spürte er ihre innere Leere, lud die tonnenschwere Last der Verzweiflung auf seine Schultern. Wie früher tauschte er ihre Wunde mit seiner Kraft, die er wie jedes Mal beinahe zu verlieren schien.
Nur ein einziger Gedanke bewahrte ihn davor selber zusammenzubrechen, drang ihn dazu durchzuhalten und alles restlos aufnehmen zu können: Der Gedanke an sie. Er wusste, solange er ihr auf diese Weise half, würde es ihr besser gehen. Er musste durchhalten, sie war alles was zählte.
Er spürte, wie sich ihre Atmung langsam beruhigte, spürte wie die Wärme in ihren Körper zurückfand. Aus einem Impuls heraus gab er ihr einen flüchtigen Kuss in den Nacken. Gerade noch rechtzeitig, bevor hinter ihnen aus der Tür Lycran heraus kam. Sein Blick wirkte wie ein kalter Regenschauer, aber er half, wieder vollkommen klar denken zu können.
„Ich dachte, ihr hättet noch etwas zu erledigen, warum steht ich dann noch hier?“, fragte er mit deutlichem Misstrauen.
„Wir wollten gerade gehen“, antwortete Credan, wendete sich ab und lief in gewohnter Manier durch die Gassen, leise wie sein eigener Schatten, die Sinne bis aufs äußerste gespannt.
Er wusste, dass Cora ihm ohne Probleme folgen würde, obwohl nichts ihre Anwesenheit verriet. Theoretisch hätte sie immer noch vor dem Gildenhaus stehen können, aber fühlte, dass dem nicht so war. Diese Verbindung hatten sie schon seit ihrer Kindheit gehabt, jeder von ihnen spürte den anderen.
Etwa 150 Schritte vor dem Anwesen der Kriwens blieb er stehen, ab diesem Morgen würde eine Person weniger in diesem Haus wieder erwachen. Wie immer so kurz davor, konzentrierte er sich darauf seinen Atem möglichst lautlos und flach werden zu lassen, so das selbst, wenn eine Person keinen Schritt vor ihm stehen würde, diese seine Anwesenheit nicht bemerken würde.
Er spürte, wie Cora links von ihm ebenfalls stehen blieb, sich ebenso wie er auf das bevorstehende vorbereitete. Er wusste, dass es ihr genauso schwer wie ihm fallen würde, alles auszublenden, vollkommen Platz für ihren Auftrag zu geben.
Sie würde es schaffen, sie war stark. Unbezwingbar und mit nichts zu brechen. Dennoch, eine kleiner Rest war bei ihm zurückgeblieben, er konnte die letzten Stunden nicht vergessen, wollte sie nicht vergessen. Zum ersten Mal wusste er, dass er sich nicht ausnahmslos auf seine Aufgabe würde konzentrieren können. Doch er musste es schaffen, es gab keine andere Möglichkeit.
Gespannt wie eine Bogensehne saß er auf dem Fenstersims vor dem Zimmer von Theobald. Jede Sekunde konnte jemand um die Ecke auf der Straße biegen, und obwohl er unsichtbar wie ein Schatten war, war die Möglichkeit, dass er entdeckt wurde nie ganz ausgeschlossen.
Bis hierhin war längst nicht alles so glatt gelaufen, wie er es sich erhofft hatte. An seinen Händen klebte heute Nacht schon bereits das Blut von zwei Wachen, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen waren, als er über die hintere Begrenzungsmauer des Anwesens geklettert war.
Eigentlich hatte seine Position oberhalb des Sichtbereichs gelegen, doch die beiden hatten an diesem Abend wohl offensichtlich schon eine Menge Bier getrunken, sie unterhielten sich angeregt und einer von ihnen hatte auf etwas am Himmel gedeutet. Der andere war seinem Blick gefolgt, wobei seine Position für einen kurzen Moment direkt vor seinen Augen lag. Die Augen des Mannes hatten sich erschrocken geweitet, als er ihn erblickte, sein Mund hatte sich geöffnet um Alarm zu schlagen. Bevor jedoch ein Ton diesen verlassen hatte, steckte ein Dolch in seiner Kehle und eine Sekunde später im Rücken des zweiten. Es war unumgänglich gewesen, sonst wäre für die ganze restliche Nacht das Anwesen in komplettem Aufruhr gewesen.
Routinemäßig hatte er die beiden Leichen so hinter einem Busch verstaut, dass man sie erst am Morgen finden würde, ein erfreulicher Umstand waren solche Zwischenfälle jedoch niemals. Diese beiden konnten nichts für das, was ihr Herr tat, sie waren einfach nur ihrer Arbeit nachgegangen.
Aus dem Augenwinkel sah er ein kurzes Aufblitzen, Coras Zeichen, dass die Straße frei von Passanten war und die restlichen Wachen vorerst nicht an seiner Position vorbeikommen würden. Er ließ kurz das Keckern eines Eichhörnchens hören, als Zeichen, dass er verstanden hatte und nun damit beginnen würde, sich Zugang zum eigentlichen Haus zu verschaffen.
Ein eiserner Verschluss hielt die beiden Fensterläden zusammen, welchen er nun mithilfe seines Dolches vorsichtig öffnete. Immer wieder hatte er sich gefragt, warum diese Verschlüsse, wenngleich sie nur ein simpler Verschluss vor dem eigentlichen Fenster waren, nicht deutlich stabiler und mithilfe eines Schlosses gesichert waren. Jedenfalls war es so ziemlich einfach mit ein wenig Geschick die Fensterläden von außen zu öffnen, das größte Problem stellte mehr das Aufmachen an sich dar, wenn man auf dem Fensterbrett davor saß.
Er öffnete sie demnach ohne vor größere Probleme gestellt zu werden, dahinter sah er jedoch, warum es jedenfalls in diesem Fall unnötig gewesen war, die Fensterläden mit einem Schloss zu sichern. Ein Gitter aus dicken Eisenstangen war vor dem Fenster angebracht, so dass man dort problemlos hindurchgreifen konnte, ein Mensch passte dort jedoch nicht durch. Innerlich fluchte er, er konnte den im Zimmer friedlich schlafenden Theobald schon beinahe schnarchen hören, und dennoch verwehrte man ihm den Einlass.
Er hatte gewusst, dass es schwierig werden würde, aber eine Sicherung dieser Art war extrem selten und kostspielig, er hatte nicht damit gerechnet, so etwas hier vorzufinden. Es war demnach das zweite Adligenhaus dieser Stadt, welches darüber verfügte, das andere Haus gehörte jedoch dem obersten Minister.
Der Weg über das Dach war zwar immer offen, war jedoch deutlich länger und geräuschvoller. Er hatte jedoch keine andere Wahl. Von seiner Position vom Fenstersims des zweiten Stocks konnte er dieses zum Glück ohne Probleme erreichen. Mit einer katzenartigen Bewegung richtete er sich auf und sprang ein wenig nach oben, so dass er die Dachkannte zu fassen bekam. Kurze Zeit später hatte er sich hochgezogen und gab Cora mit einem kurzen Dolchblitzen zu verstehen, wo er sich befand.
Ihre Antwort kam von der Position eines Fensters hinter der Ecke seiner ersten am Fenstersims. Er wartete einen kurzen Moment, bis sie schließlich neben ihm auf dem Dach hockte. Diese Position hatte immerhin den Vorteil, dass man sie vorerst nicht entdecken würde, es war vom Anwesen aus nicht einsehbar und vor der Straße ebenfalls verborgen, solange sie sich geduckt hielten.
Auch wenn sie die ganze Zeit in der Nähe gewesen war, fühlte es sich gut an, sie neben sich zu wissen. Sie deutete mit einem Arm an eine Stelle, an der zwei Steine etwas höher standen, er nickte, dies war der Grund, warum er hier Hoch geklettert war. Wie an allen Häusern dieser Art gab es eine Stelle, die man zum einfacheren Erreichen des Daches nutzte, wenn zum Beispiel der Kamin mal wieder ein wenig rußte oder das übergroße Familienwappen auf Hochglanz poliert wurde. Es handelte sich meisten um ein paar herausstehende Steine, die zu einem Fenster der obersten Etage führten. Diese Stelle war hier jedoch genau im Sichtbereich der gesamten Straße und konnte vom Anwesen selbst ebenfalls bestens eingesehen werden.
Er hätte sich nun direkt dorthin an den Rand des Daches begeben können und nach Passanten und Wachen Ausschau halten, während sie darauf wartete, dass sie ihm das Zeichen gab und sie warnte, falls jemand auftauchte, während sie sich am Fenster zu schaffen machte. Sie hatte die Durchführung solcher Aufgaben perfektioniert, alleine war man hier immer im Nachteil, da man sich nur entweder auf das geräuschlose Öffnen des Fensters oder auf Wachen und Passanten konzentrieren konnte, so war man immer auf der sicheren Seite, was ihnen schon unzählige Male geholfen hatte.
Er wollte jedoch sich jedoch nicht sofort wieder von ihr entfernen, wollte noch einen Moment ihre Nähe spüren. Innerlich versuchte er, diesen Gedanken zu verbannen, solche Gedanken hatten hier nichts verloren und konnten gefährlich werden, wenn er im falschen Moment nicht genug Konzentration aufbringen konnte.
Er blickte in ihre Richtung, ihre grünen Augen schimmerten wie Saphire im Mondlicht.
„Willst du oder soll ich...?“, fragte er sie leise flüsternd.
Eigentlich war es unnötig, es fügte sich so wie es kam, es gab keine klare Rollenverteilung unter ihnen. Sie verstanden sich was das betraf ohne Worte. Dennoch, er hatte sie offen gefragt, jedoch weil er den Moment noch eine paar Sekunden halten wollte.
Ihre Augen waren von einem hellen Schimmer überzogen, die Nacht reflektierte sich in ihnen. Sie schien so zerbrechlich, so zart, als könnten sie von einem einzelnen Windhauch einfach davon geweht werden.
Wie durch Magie fanden sich ihre Lippen zu einem lautlosen Kuss, umhüllt vom dunklen Schleier der Nacht. Sie verbarg sie vor dem Rest der Welt, der im Vergleich zu ihrer Liebe so klein und unbedeutend schien. Sie schien für einen kurzen Moment davonfliegen zu können, frei von allem anderen. Ihr Kuss trug seine Seele in eine andere Dimension, in der Zeit unbedeutend war und nur der Moment für sich zählte.
Erst als sie sich langsam von ihm löste kehrten seine Gedanken wieder in die Wirklichkeit zurück, es schien wie als würde er aus einem wunderbaren Traum erwachen. Er merkte, dass er seine Augen die ganze Zeit über geschlossen hatte, als er sie öffnete schien alles wie ein Sturzbach über ihn hinein zu brechen. Dennoch, ein Gefühl von Wärme blieb zurück, ihre Wärme. Sie gab ihm Kraft und damit würde er den Auftrag vollenden können.
„Ich liebe dich, für immer und ewig und danach“, flüsterte sie, ihr Blick schien ihn zu durchdringen, bis auf den Grund seiner Seele.
„Ich dich auch“, flüsterte er zurück, was sie jedoch wahrscheinlich nicht mehr hörte, da sie bereits auf dem Weg in Richtung des Abstiegs war.
Ihm würde demnach die Aufgabe des Beobachters zufallen, vorsichtig machte er sich auf den Weg in Richtung Dachkante und warf einen vorsichtigen Blick hinunter. Sofort lief er seinen Kopf wieder zurückzucken, als er die Wache sah, die direkt unter ihm vorbeilief. Er wartete einen kurzen Moment und wagte einen weiteren Blick. Die Wache war gerade auf dem Rückweg zu ihrem Posten an der Straße, er hob leicht die Hand, um Cora zu signalisieren, dass sie sich bereit halten sollte.
Er ließ noch einmal den Blick über die Straße und das von hier einsehbare Anwesen wandern, um sicherzugehen, dass er niemanden übersehen hatte. Die Wache stellte sich wieder mit dem Rücken zu ihnen an der Straße auf, also ließ seine Hand sinken und Cora begann sofort damit, hinunterzuklettern.
Sie kam auf einem kleinen Podest zum stehen und auch wenn er ihr Gesicht nicht sehen konnte, sah er, wie sie ein leichtes Lächeln zeigte. Von hieraus würden sie hinein kommen. Wäre das andere Fenster nicht vergittert gewesen, hätte es ausgereicht, dass er alleine ins Haus einstieg, nun jedoch war der Weg weiter und es galt, erst einmal, den Weg im Haus zu sichern, und den Auftrag erfolgreich auszuführen, bevor sie an einen sicheren Rückweg denken konnten.
Sie benötigte keine 20 Herzschläge, dann hatte sie das Fenster offen. Bevor sie jedoch das Fenster aufzog, sah sie noch einmal zu ihm hoch. Nun kam der Moment, an dem sie für einen kurzen Augenblick nicht nachsehen konnten, ob sich die Wache dort unten eventuell umdrehte und auf ihrem Weg genau unter ihnen vorbeikam. Das offene Fenster würde sie auf jeden Fall sehen.
Er sah sich ein weiteres Mal um, diesmal jedoch schnell und begann mit einem Nicken nun selber den Abstieg. Cora öffnete das Fenster lautlos und schlüpfte schnell hindurch, er folgte ebenso schnell und zog das Fenster hinter sich wieder zu. Keinen Moment zu früh, denn dabei sah er, wie sich die Wache unten umdrehte und wieder ihren kurzen Weg begann.
Das Fenster hinterließ nur einen sehr schmalen Lichtschein, der Rest des Hauses lag in völliger Dunkelheit. Er konnte ein schwaches goldenes Glänzen des Knaufes am oberen Ende der Treppe ausmachen, soweit er wusste, befand sich Theobalds Zimmer dahinter auf der anderen Seite.
Vorsichtig schlich er sich in Richtung der Treppe, aufmerksam darauf bedacht auf dem Marmorboden nicht das leiseste Geräusch zu verursachen. Er war beinahe erstaunt, dass im gesamten Haus wirklich jeder zu schlafen schien, anscheinend rechnete man wirklich nicht damit, dass es jemand schaffte unbemerkt hier einzudringen. Diesen Teil hatten sie jedenfalls geschafft.
Dennoch, obwohl es durchaus nicht einfach gewesen war, kam ihm diese Situation merkwürdig vor. Egal wie gut man sein Haus geschützt hatte, wenn man wie Theodor etwas gegen die Gilde unternahm, lebte man in ständiger Todesangst. Quasi hinter jeder Ecke konnte der Tod laueren, jede Sekunde könnte sich ein Dolch in den Rücken bohren und damit sein armseliges Leben beenden.
Er ermahnte sich, jetzt unter keinen Umständen unvorsichtig zu werden, auch wenn alles ruhig schien. Er ging in Richtung der Tür, hinter der er Theodor vermutete. Unglücklicherweise lag diese genau auf der anderen Seite des Hauses, wie das Fenster, über das sie hineingelangt waren. Es bedeutete einen langen Weg über einen Gang, der keinerlei Flucht- oder Versteckmöglichkeiten bot.
Bevor er die Tür öffnete sah er noch einmal nach Cora, diese nickte ihm bestätigend zu, jedoch verriet ihr Blick, dass auch sie mit allem, aber nicht mit einem wie ausgestorbenen Haus gerechnet hatte. Langsam legte er seine linke Hand auf die Klinke, mit seiner rechten zog er den Dolch, aus seiner Scheide.
Er schimmerte noch etwas rötlich, dies unterband aber keineswegs den Ausdruck, den diese Waffe besaß. Er war meisterhaft geschmiedet, daran bestand kein Zweifel. Über die Jahre hatte er kein bisschen an der Schärfe verloren, die er seit Anfang an besaß. In unzähligen Stunden war er immer wieder ins Feuer gelegt worden, gehärtet worden und wieder ins Feuer gelegt worden. Unendlich viele verschiedene dünne Schichten, so, dass man sie mit bloßem Auge nicht einmal ansatzweise erkennen konnten verliehen ihm absolute Bruchfestigkeit.
Langsam ließ er seine linke Hand sinken, die Tür vor ihm schwang lautlos auf. In der Mitte des Raumes stand ein ausladendes Bett mit wallenden Vorhängen, dahinter hörte er leise Atemgeräusche. Alles schien friedlich, dennoch blieb das ungute Gefühl, das etwas anders war, als es sein sollte.
Mit schnellen Schritten umrundete er das Bett und erblickte eindeutig den darin schlafenden Theodor. Er atmete beinahe vollkommen ruhig, scheinbar selig in seinem für alle Zeiten letzten Traum gefangen. Er lag seitlich von ihm abgewendet, es würde schnell gehen.
Genauso lautlos wie er das Zimmer betreten hatte, verließ er es auch wieder, nur ein dünner, dunkelroter Schimmer an der Stelle, an der sein Dolch in der Scheide verschwunden war verriet ihn. Nun galt es nur noch zu verschwinden, möglichst ohne, dass jemand in der Lage war, ihn oder Cora zu erkennen.
Er betrat den langen Gang, der wieder nach draußen führte, im selben Moment hörte er den Eulenruf. Dies alleine erregte jedoch noch nicht sein Misstrauen, es war ein Warnsignal, das ihn dazu veranlasste, wieder einen Schritt in das Zimmer hinein zu schlüpfen. Mit patrouillierenden Wachen hatte er sich mittlerweile abgefunden, es war nicht ungewöhnlich, dass Cora ihn durch den Eulenruf davor warnte, in dessen Sichtbereich zu gelangen.
Das beunruhigende war vielmehr, dass sie auf ihn zu gesprintet kam und hastig die Tür des Zimmers verschloss, aus dem er eben gehen wollte, nachdem sie ihn und sich selbst in das Zimmer geschoben hatte. Sie drängte ihn in die Ecke hinter der Tür, die nicht sofort ersichtlich war, wenn man sie öffnete und hielt ihm einen Finger auf den Mund, als Zeichen, dass er sich möglichst ruhig verhalten sollte. Einen verwunderten Gesichtsausdruck konnte er sich trotzdem nicht verkneifen, was sie mit einem leise gezischten „Später“ kommentierte.
Ohne weitere Fragen zu stellen zog er erneut seinen Dolch und verharrte kampfbereit in der Ecke, Seite an Seite mit Cora, die sich so positioniert hatte, dass jeder, der das Zimmer betrat als erstes ihren Dolch in sich spüren würde.
Er hoffte jedoch, dass niemand diesen Fehler begehen würde, heute Nacht war bereits genug Blut geflossen. Es wäre töricht, zu glauben, man könnte es mit zwei Assassinen gleichzeitig aufnehmen. Die Frage war nur, ob das, was immer Cora dazu veranlasst hatte derart zu reagieren, auch mit Widerstand rechnete.
Immer noch hatte er keine Ahnung, ob nur eine Wache den falschen Weg eingeschlagen hatte, ob jemand Alarm geschlagen hatte oder ob es etwas völlig anderes war. Das einzige was er wusste, war, dass Cora offensichtlich große Angst davor hatte. Obwohl sie beinahe lautlos waren, spürte er ihren schnellen Atem, das gehetzte Pochen ihres Herzens. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, er wusste um ihre Furcht.
Sekunden, nachdem sie sich hinter der Tür positioniert hatte, hörte er, wie im Haus laute Befehle geschrien wurden, mindestens 5 Männer kamen die Treppe hochgerannt. Die Geräusche ihrer Schritte wurden immer lauter, bis sie schließlich am oberen Ende angelangt waren. Ein Teil der Schritte entfernte sich wieder, wahrscheinlich gingen sie in die von ihm aus abgewandte Richtung des Ganges.
Der andere Teil kam jedoch eindeutig weiter auf sie zu, er hasste sich bereits schon jetzt dafür, was er gleich gezwungen war zu tun. Ein Ziel zu beseitigen war eine Sache, mehrere völlig Unschuldige jedoch eine ganz Andere. Es war nicht richtig, mit nichts moralisch erklärbar und dennoch konnte er nichts anderes tun. Er wurde zum töten ausgebildet, was hatte er erwartet?
Seitdem er um Coras Liebe wusste, und damit auch um seine, war jedoch ein wichtiger Aspekt ins Wanken geraten, dieser kam jetzt zum Tragen. Hätte ihn an jenem Tag damals Alwen nicht ihn und Cora aufgenommen, diese Männer müssten nicht ihr Leben lassen Er hätte selber anstatt von Alwen Schutz bei der Armee suchen können, dann würde er nun auf der anderen Seite stehen. Viele hatten eine Familie, eine Frau die sie liebte. Indem er die Wachen tötete, tötete er jemand anderen mit. Jemanden, der nichts mit dem zu tun hatte, der einfach nur dem Ruf der Liebe gefolgt war und dafür sollte er nun büßen.
Er wusste, dass er die Wachen nicht einfach so würde töten können, falls sie wirklich in das Zimmer kamen und das würden sie unweigerlich tun. Cora stand in unveränderter Haltung da, beinahe wunderte er sich über ihre Kaltherzigkeit, für einen kurzen Moment schien sie von einem eisigen Windhauch umgeben, der sämtliche Gefühle ausblendete und andere ebenfalls zu gefühlslosen Monstern machte.
Dann sah er sie wieder als die erhabene Assassinin, die sie war. Sie tat das was notwendig war, dafür sollte er ihr danken. Sie war schon immer stärker als er gewesen, jetzt spürte er wie er unter der Last der Gefühle zusammenbrach. Warum hatte nicht einfach alles wie geplant laufen können? Niemand Unschuldiges hätte sterben müssen und er könnte sie wieder in den Armen halten, ganz nah bei sich, könnte ihre Wärme spüren und sich getragen von der Kraft der Liebe zurücksinken lassen.
Wie automatisch ließ er seinen Dolch wieder in die Scheide zurücksinken, begleitet von einem beinahe unhörbaren metallischen Schaben. Cora blickte kurz über ihre Schulter zurück, er schüttelte nur leicht seinen Kopf. Es war ein Fehler das wusste er, sie hatten sich geschworen ihre Gefühle während dieses Auftrags auszublenden, er hatte es nicht geschafft und erhielt dafür nun die Rechnung.
Draußen hörte er einen Aufschrei, die Wachen hatten das aufgebrochene Fenster entdeckt. Der eisige Hauch des Todes kam unaufhörlich näher und er wusste, dass er nichts dagegen würde tun können. Vor vielen Jahren hatte es angefangen heute würde es enden. Für immer.
Nur langsam wurde sein Sichtfeld wieder klar, sein Kopf schien auf dreifache Größe angewachsen zu sein. Es schien beinahe unmöglich, dass seine Schultern ihn trugen. In seinen Händen lag ein rotes Schwert, einen Moment wunderte er sich über die ungewöhnliche Farbe, bis er bemerkte, dass es Blut war. Es lief von dem Schwert über seine Hände, bildete ein dünnes Rinnsal, das jedoch langsam versiegte.
Er ließ seinen immer klarer werdenden Blick über den Boden wandern, er hatte dieselbe Farbe wie das Schwert. Mehrere Männer lagen auf dem Boden, In einfacher Rüstung, als hätten sie sich in einem plötzlichen Anfall von Müdigkeit schlafen gelegt. Das einzige was diesen Gedanken störte, war, dass alle an mindestens einer Stelle einen großen roten Fleck an ihrer Rüstung aufwiesen.
In der Mitte des Raumes stand ein übergroßes Bett, dessen weiße Vorhänge bildeten einen beinahe hohnvollen Kontrast zu dem, was hier eben passiert war. Das Schwert ließ, er einfach aus der Hand gleiten, er würde es nicht mehr benötigen.
Hinter sich hörte er ein leises Wimmern, ein weiterer der das Leid beklagte. Es war in einer so hohen Stimmlage, dass es unmöglich von einem Mann ausgehen konnte, er sah keinen Anlass, das Schwert vom Boden wieder aufzuheben, es handelte sich also nicht um eine Wache.
Langsam drehte er sich um und erblickte eine Frau, die sich an eine der Wände stütze um nicht umzufallen. Sie war hübsch, ihr kupferfarbenes Haar hatte wahrscheinlich einmal im Sonnenlicht geglitzert, jetzt war es unordentlich durcheinander geworfen. Er sah die Spuren von Tränen, die aus ihren Augen gequollen waren, mittlerweile waren sie jedoch ausnahmslos versiegt.
„Sie waren unschuldig...“ Seine Stimme war unsicher, jedes einzelne Wort hallte in seinem Kopf tausendfach wieder, es gab kein Entkommen. Die Frau, Cora, wie ihm nun endlich bewusst wurde, rang sich ein Nicken ab, wich seinem Blick jedoch aus.
Er ging vorsichtig auf sie zu und zog sie in seine Arme. Im ersten Moment unternahm sie einen leichten Versuch ihn abzuwehren, ließ die Berührung dann jedoch zu. Ihre Nähe tat gut, es gab nichts heilsameres, als sie einfach bei sich spüren zu können. Jeder einzelne ihrer Herzschläge wurde von seiner Brust aufgenommen, es war der Rhythmus seines Lebens. Sie gab den Takt vor, ein unaufhörliches Schlagen, er konnte nicht einfach aufgeben.
Ihr heißer Atem strich über seinen Nacken und hinterließ beinahe schmerzhafte Verbrennungen. Er wusste, dass sie beide all diese Leben ausgelöscht hatten, mit jedem Toten noch ein zweites, eventuell sogar noch mehr.
Um die Gilde zu schützen, eine Institution, der ihnen beiden den wichtigsten Teil des Lebens vorenthalten hatte und für immer gegen ihre Liebe vorgehen würde, hatten sie Menschen getötet, Unschuldige, die nie etwas davon auch nur geahnt hatten.
Langsam befreite sich Cora wieder aus seiner Umklammerung, nur widerwillig löste er seine Umarmung.
„Wir sollten gehen...“, sagte sie, es klang wie ein Todesurteil.
„Versuche dich wenigstens für einen Moment wieder zu besinnen. Blende alles aus, so wie wir es gelernt haben.“ Er spürte, wie schwer ihr diese Worte fielen, in ihr tobte ein schrecklicher Krieg, an ihren Händen klebte Blut. Blut, dass sie beide nie mehr würden vergessen können.
„Was passiert danach? Macht es einen Unterschied?“
Seine Worte trugen Hoffnungslosigkeit, tief in seinem inneren spürte er jedoch wieder etwas aufsteigen, was er geglaubt hatte für immer vergessen zu können: Leere. Er spürte, wie sich sein inneres jedem einzelnen Gefühl entledigte, es schloss sie ein bis sie in seiner eigenen inneren Kälte erfroren waren. Es tötete jede Empfindung, doch es half zu vergessen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Einzige, was wichtig war, war das Ziel, kühle Berechnung und kalte Effektivität war alles was zählte.
„Ich weiß es nicht, nur eines weiß ich: Alles was existiert ist sehr leicht zerbrechlich, viel zu leicht.“
Auch in ihre Augen war ein Ausdruck von kalter Entschlossenheit getreten, ihre Stimme war mit einem Mal selbstsicher und fest geworden. Ohne der Szene noch einen weiteren Blick zu würdigen hatte sie sich von einer gebrochenen Fr
Um weiterlesen zu können, musst Du Dich einloggen. | ||
Passwort vergessen? |
Anmeldung und Nutzung sind kostenlos. Um die angezeigte Geschichte weiterlesen zu können, ist kein Altersnachweis notwendig, da es sich um eine erotische Geschichte handelt (nicht pornografisch!). Die Anmeldung dauert keine zwei Minuten.
Kommentare
Kommentare: 19
Kommentare: 31