Bei der angezeigten Geschichte handelt es sich um eine gekürzte Version. Um die ganze erotische Geschichte lesen zu können, musst Du Dich einloggen. Ein Altersnachweis ist nicht erforderlich. Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Disclaimer von sevac.com. Sevac.com ist für den Inhalt der Geschichte nicht verantwortlich und distanziert sich von selbigem. Das Copyright liegt beim Autor. Jegliche Weiterverbreitung der Geschichte ist, wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, untersagt.
Kommentare: 7 | Lesungen: 808 | Bewertung: 8.94 | Kategorie: Soft Stories | veröffentlicht: 13.07.2020

Aurelies fabelhafte Welt

von

Aurelie kam sich auf dem jährlichen Rummel in ihrer Geburtsstadt deplatziert vor. An dem jährlichen Volksfest hatte sich seit ihrer Kindheit nichts verändert, aber der Geruch von Bratwürsten und Popcorn war nicht ihre Welt. Diana, ihre Freundin aus der Grundschulzeit, zog sie an der Hand über den Festplatz und sagte: »Dort hinten suchen wir uns eine ruhige Ecke und trinken was.«

Aurelie gönnte jedem Menschen, seine Art des Glücks, aber sie fühlte eine beklemmende Enge in diesem Trubel. Nach all den Jahren war sie hier eine Fremde. Aurelie wahrte ein freundliches Lächeln und bemerkte die interessierten, oder zumindest gleichgültigen Blicke der Leute, wenn sie an ihnen vorbeilief.


»Bier?«, fragte Diana, als sie einen Ausschankwagen erreichten. Aurelie schüttelte den Kopf: »Ein Radler, bitte.«

Sie prosteten sich zu und nahmen den ersten Schluck, als Diana sagte: »So schlimm ist es doch nicht.«


Aurelie nickte diplomatisch. Einen Augenblick später verwandelte sich ihr Magen in einen spitzen Stein. Sie erkannte Leon, der Kerl hatte sich kaum verändert, er war nur noch größer und maskuliner geworden.

In Begleitung eines weiteren jungen Mannes lief er auf sie zu und begrüßte Diana mit einer beiläufigen Umarmung. Aurelie reichte er die Hand und stellte sich höflich vor: »Hallo, ich bin Leon.«


»Aurelie«, sagte Aurelie ohne Kraft in der Stimme und gab ihm ihre Hand.


»Wie bitte?«, fragte er und drehte sein Ohr zu ihr. Die Musik der Fahrgeschäfte legte einen nervenden Klangteppich über den Festplatz.


»Aurelie«, sagte sie lauter und rief sich innerlich zur Räson.

Der andere stellte sich als Torben vor, ohne die Hände aus den Hosentaschen zu ziehen. Aurelie erkannte ihn: Der dicke Torben hatte seinen kindlichen Bauchspeck in beeindruckende Brustmuskeln umgewandelt und schien, die soziale Gleichgültigkeit einer Schildkröte beibehalten zu haben.

»Das ist fast ein Klassentreffen«, lachte Diana in die entstandene Runde. Aurelie warf Diana einen bösen Blick zu und wahrte gegenüber den Männern ein höfliches Lächeln mit ihren dezent geschminkten Lippen.


»Warst du auch in unserer Klasse?«, fragte Leon und schaute Aurelie ratlos an. Es war der gleiche Blick wie früher. Wenn Torben eine Schildkröte war, dann war Leon der Leitwolf, der mit instinktiver Präzision das schwächste Mitglied einer Herde erkannte, um es mit seinem Gefolge zu Tode zu hetzen.

Aurelie schwieg und hielt seinem Blick stand. Sie war nicht mehr schwach, sie ließ ihn bewusst zappeln. Er schaute sie nachdenklich an: »An so ein hübsches Mädchen könnte ich mich erinnern – warst du in der Parallelklasse?«


»Denke noch mal nach«, sagte Aurelie und schaute mit leicht gehobenem Kinn zu Leon auf. Sie sah in den Augenwinkeln, dass Diana das Ratespiel mitspielte und schwieg. Torben war ohnehin raus.

»Ich komm nicht drauf«, sagte Leon.


»Ich war der schmächtige, schüchterne Manuel«, sagte Aurelie und warf ihr langes Haar in einer selbstbewussten Kopfbewegung hinter die Schultern. Es war ihr ein Genuss, Leon sprachlos zu sehen. Diana begann zu lachen, in der Hoffnung die Situation zu entspannen.

In Aurelies Metaphern aus Kindertagen war Diana eine Lachmöwe. Sie schwebte, unbehelligt vom tosenden Meer, über den Dingen und lachte über die Scheiße unter ihr. Heute wusste Aurelie, dass Diana dem kleinen Manuel nicht helfen konnte. Diana hatte sich nie an den Mobbingattacken beteiligt und war den traumatischen Situationen entflohen. Erst, wenn die Luft rein war, kam sie zurück, um Manuel ein bisschen Normalität zu bieten. In ihrem Zimmer teilte sie ihre Kinderschminke mit ihm und lachte ihn nicht aus, wenn er sich einen ihrer Röcke anzog und vor dem Spiegel posierte. Diana war keine Beschützerin, sie war eine Heilerin.

»Ich hole mir Pommes, will noch jemand?«, fragte Diana.


»Ich komme mit«, sagte Aurelie und ließ den sprachlosen Leon achtlos zurück. In ihrem knappen Sommerkleid und den weißen Turnschuhen verschwand sie im Trubel, an der Hand von Diana.

»Ich esse sonst nie Pommes«, erklärte Diana kauend, an dem Stehtisch neben der Essensausgabe, »aber einmal im Jahr schmecken die zum Reinlegen lecker.«


»Die sind echt lecker«, pflichtete ihr Aurelie bei.


»Bist du sauer, weil ich dich gegenüber Leon enttarnt habe?«


Aurelie machte eine abfällige Handbewegung: »Du hast ihn und mich bei Facebook in der Freundesliste, er hätte längst wissen können, wer ich bin.«

»Äh, nee«, lachte Diana kopfschüttelnd, »Ich schätze Leon nicht so ein, dass er sich stundenlang mit Onlineprofilen beschäftigt und mit dem Bild eines elfjährigen Jungen im Kopf, kommt man nicht darauf, dass es jetzt eine attraktive junge Frau ist.«


Aurelie warf Diana eine Kusshand zu.

»Warum wurde aus dem Manuel eine Aurelie und keine Manuela?«, hörte Aurelie eine Männerstimme an ihrem Ohr. Sie sah Leon, hinter sich stehen.


»Weil Manuel schon immer eine Aurelie war«, sagte sie selbstsicher und reichte Leon ihre fast leere Pommestüte.


»Kannst du das bitte dort in den Müll werfen?«

Leon drehte sich, auf der Suche nach dem Abfalleimer um und Aurelie jubelte innerlich. Sie hatte ihm die Kontrolle über die Situation entzogen, wie es ihr in den Antimobbingtrainings beigebracht worden war. Der Erzfeind ihrer Kindheit brachte für sie den Müll weg und sah ausgesprochen gut aus, wie Aurelie zugeben musste.


»Ich würde gerne …«, setzte Leon an, als er zurückkam, doch Aurelie unterbrach ihn: »Ich habe Durst nach den salzigen Pommes, würdest du mir bitte eine Limo ausgeben?«

Spätestens jetzt durchschaute Leon das Spiel und lächelte sie an. Es war kein hämisches Grinsen, wie sie es allzu gut von ihm kannte. Bei diesem Lächeln lachten seine Augen mit. Er verhielt sich wie ein Gentleman und fragte auch Diana, nach einem Getränk ihrer Wahl. Als Leon losgelaufen war, schaute Diana anerkennend zu Aurelie. Sie hob ihre flache Hand und Aurelie klatschte ab.

Leon stellte drei Flaschen Limonade auf den Tisch und setzte zur Rede an, als ihm Aurelie zuvorkam und fragte: »Was wolltest du vorhin sagen?«


»Wenn du mich zu Wort kommen lässt«, lachte Leon.


»Du kannst frei reden, tu dir keinen Zwang an«, schnitt ihm Aurelie das Wort erneut ab.


»Ich würde gerne unter vier Augen mit dir reden«, sagte Leon mit aufrichtiger Mimik.

»Kein Problem«, sagte Diana. Nach kurzem Blickkontakt mit Aurelie trat sie vom Stehtisch zurück und sagte: »Du gehst nicht, ohne dich bei mir zu verabschieden.«


»Klar«, versprach Aurelie, dann schaute sie dem Wolf in die Augen. Er studierte ihr Gesicht für mehrere Atemzüge und nickte.


»Wenn du lächelst, erkenne ich dich an den Mundwinkeln.«

Leon schwieg nochmals und schüttelte den Kopf: »Dass sich ein Mensch so verändern kann?«


»Ich habe hart daran gearbeitet«, sagte Aurelie.


»Du warst auf einmal verschwunden«, grübelte Leon, »Das war …«


»… in der fünften Klasse«, half sie ihm auf die Sprünge.


»Stimmt. Kein Lehrer hat es uns erklärt. Sie haben nur gesagt, dass du die Schule verlassen hast.«

»Es ging nicht mehr«, sagte Aurelie, schaute ihn an und fragte: »Hast du jemals vor Angst so gezittert, dass du einen Löffel mit Müsli nicht ohne zu Kleckern zum Mund führen konntest?«


Leon schüttelte den Kopf.


»Mir ging es fast jeden Morgen so, vor der Schule. Aber damit hätte ich vielleicht noch eine Weile leben können.«


»Was hat dir den Rest gegeben?«

Aurelie schüttelte den Kopf: »Lass es gut sein Leon. Das ist vierzehn Jahre her und ich habe meinen Weg gefunden.«


Leon stütze sich breitschultrig auf dem Stehtisch ab und wirkte betroffen. Selbst mit diesem schuldbewussten Blick lag noch Kraft in seinen grau-blauen Wolfs-Augen – ein Alpha-Männchen. Er konnte sich sicher nicht über mangelndes Interesse bei Frauen beschweren, dachte sich Aurelie.

»Ich müsste mich bei dir und den anderen bedanken«, sinnierte Aurelie, »ihr habt mir die Hölle gezeigt und ich habe es überlebt.«


»Wir hatten keinen Plan«, sagte Leon und hob die Hände beschwichtigend, »Ich weiß heute wie scheiße das war, aber oft hast du geradezu danach gebettelt.«


»Wann denn?«, fragte Aurelie.


»Du hattest Angst vor dem Fußball.«


»Weil ich nicht schmutzig werden wollte.«


»Und das machte dich als Ziel interessanter als jedes Tor.«

»Indem mich zwei Jungs festhalten und der Rest abwechselnd aus nächster Nähe auf mich schießt! Mit einem Ball, den ihr vorher in Hundescheiße gedrückt habt!«, sagte Aurelie aufgebracht und verschränkte ihre Hände unter den Brüsten.


»Stopp«, sagte Leon und es war ihm anzusehen, dass er diesen Gesprächsverlauf nicht angestrebt hatte.


»Was, Stopp?«, fragte Aurelie. Sie spürte, wie ihr die Situation entglitt, »Ich wollte gar nicht hier her und jetzt weiß ich wieder warum.«

Während sie loslief, sagte sie: »Es ist nicht nur wegen dir. Die plärrende Musik und diese oberflächliche Bierseligkeit finde ich zum Kotzen!«


Ihre Ansage erregte die Aufmerksamkeit einiger Teenager, die an einem Fahrgeschäft herumlungerten. Aurelie hörte eine affektiert überhöhte Stimme sagen: »Oh, die feine Dame hätte gerne Mozart und Champagner.«

Aurelie ging weiter, ohne sich umzudrehen. Gegen Gruppen war Flucht die einzige Rettung. Als sie hinter sich Geräusche von patschenden Schritten und schleifenden Fußsohlen hörte, schaute sie über ihre Schulter. Sie sah einen jungen Kerl, eine Armlänge hinter ihr und dahinter stand Leon. Er packte den Halbstarken mit einer Hand an der Schulter und drückte seinen Daumen in dessen Nacken, sodass der Junge automatisch eine Kehrtwende machte und mit eingezogenem Kopf zu seiner Clique zurück stolperte.

Unter Leons strengem Blick schwieg der Rest der Bande. Er schaute zu Aurelie und sagte: »Ich glaube, er wollte dich nur erschrecken, aber er war schon dicht hinter dir.«


Aurelie schaute Leon mit großen Augen an. Leon hatte vermutlich nie an einem Antimobbingtraining teilgenommen und er wusste nicht, dass man sich nicht mit Gruppen anlegen sollte. Er hatte die Situation mit unantastbarer Souveränität geklärt und der Meute erfolgreich die Stirn geboten.

»Meinst du wir können die Limo an einem ruhigeren Platz trinken, ohne uns zu streiten?«, fragte Leon und zeigte zu den unangetasteten Fläschchen auf dem Stehtisch.


»Stehen die Parkbänke noch unten am Flussufer?«, frage Aurelie. Leon schob seine Unterlippe ratlos vor: »Lass es uns herausfinden.«

»Wohnst du noch hier?«, fragte Aurelie auf dem Weg zum Flussufer, das eine Seite des Festgeländes abgrenzte.


»Bin vor drei Jahren wegen des Berufs weggezogen und habe heute meine Eltern besucht. Torben hat mich überredet, mit hierherzukommen.«


»Wo ist der geblieben?«


»Bei den anderen Zuhausegebliebenen.«


»Und da wolltest du nicht dabei sein?«, fragte Aurelie.

Leon zuckte mit den Schultern: »Kampftrinken finde ich nicht mehr so spannend, wie mit sechzehn und als ich erfahren habe, wer du bist, wollte ich die Gelegenheit auf keinen Fall verpassen.«


»Welche Gelegenheit?«, fragte Aurelie.


»Als ich dich zuletzt gesehen habe, warst du ein introvertierter, tollpatschiger Junge, der sich nicht einmal gegen die Mädchen in der Klasse durchsetzen konnte und jetzt? Wow! Ich meine – so was gibts doch nur im Film.«


»Ist schon gut«, sagte Aurelie, »ich habe meine Kindheit verarbeitet. Zumindest außerhalb dieser Umgebung.«

Sie erreichten den Grünstreifen am Flussufer. Er war gut besucht mit Menschen, die dem Rummelplatz aus unterschiedlichen Gründen entflohen waren. Manche waren hier als Paar zum Flirten, andere zum Ausschlafen ihres Rauschs. Sie fanden eine freie Bank und setzten sich nebeneinander.


»Du warst vierzehn Jahre vom Erdboden verschwunden«, sagte Leon und sie stießen mit der Limonade an.

»Ich kam auf ein Internat, das besonderen Wert auf Toleranz und Respekt in der Erziehung legt, und ich wurde als Mädchen eingeschult. Ich habe mich nie zuvor freier gefühlt.«


»Dieses Jungen-Mädchen-Ding war der eigentliche Grund für den Schulwechsel?«, hakte Leon nach.


Aurelie nickte: »Als ich mein erstes Schamhaar entdeckte, wurde mir klar, dass sich mein Körper noch weiter in die falsche Richtung entwickeln würde. Ich bin an diesem Tag mental und körperlich zusammengebrochen, da haben meine Eltern endlich zugehört und mir einen Neuanfang ermöglicht.«

»Und du bist …«, Leon räusperte sich, »sorry für die Frage, aber du bist eine richtige Frau geworden?«


Aurelie lächelte und strich sich durchs Haar. Sie zeigte zu einer Baumgruppe: »Siehst du den Typ, der an den Baum pinkelt?«


Leon nickte.


»Das könnte ich auch«, sagte Aurelie mit einem Augenzwinkern, »Ich durfte früh mit der Hormonbehandlung anfangen – Östrogen rein, Testosteron raus. Die Hormone und ein tolerantes Umfeld haben mir ermöglicht, zu dem Menschen zu werden, der ich heute bin – interessiert dich das?«

»Du siehst weiblicher und hübscher aus, als die meisten echten Frauen«, sagte Leon mit einer Verbindlichkeit, die Aurelie berührte.


»Danke, ich fasse das als Kompliment auf«, sagte sie, »wenn man um etwas kämpfen muss, was andere in die Wiege gelegt bekommen, achtet man mehr darauf.«

Nach dem Sonnenuntergang sah sie Leon schemenhaft neben sich auf der Parkbank sitzen. Die Laterne in einiger Entfernung spendete genug Licht, um sich orientieren zu können. In Aurelies Handtasche brummte es. Sie nahm das Smartphone heraus und hielt es an ihr Ohr.


»Ich bin mit Leon am Flussufer … nein, er hat mich noch nicht verprügelt«, lachte Aurelie, »OK, bis gleich.«

»Das war Diana«, erklärte Aurelie, »Sie möchte mit ihrer Schwester nach Hause gehen. Wir treffen uns zum Verabschieden am Kettenkarussell, kommst du mit?«


»Ich bleibe lieber an deiner Seite. Nicht, dass du dich wieder mit der Dorfjugend anlegst«, sagte Leon mit einem süffisanten Grinsen und ging voraus, um ihr mit seinem Smartphone den Weg zu leuchten.

Auf dem Rückweg fragte Leon: »Warum bist du heute hier?«


»Meine Mutter ist gestern fünfzig geworden, alle paar Jahre fällt ihr Geburtstag auf das Wochenende mit dem Rummel. Ich habe nach der Party hier übernachtet und war heute Mittag mit Diana am See, dann hat sie mich überredet, hierherzukommen.«


»Ich muss sagen, dass ich vom Verlauf des Abends positiv überrascht bin«, gestand Leon, als sie die bunt blinkenden Lichter des Festplatzes erreichten.

»Ach?«, sagte Aurelie und Leon blieb stehen.


»Ich weiß, dass eine Entschuldigung albern wäre, und ich kann nichts wiedergutmachen, aber …«


»Ach, lass gut sein«, sagte Aurelie und winkte ab.


»… Können wir unsere Nummern tauschen, um in Kontakt zu bleiben?«, frage Leon. Gegen diese Bitte konnte Aurelie nichts einwenden.

*

Am nächsten Tag reiste Aurelie zurück in die Großstadt, wo ihre Wohnung winzig und die empfundene Freiheit grenzenlos waren. Mit Leon entwickelten sich freundliche Dialoge über die sozialen Netzwerke. Er gab sich aufrichtig Mühe, sein Image aus früheren Tagen durch unaufdringlichen Humor zu relativieren. Aurelie fühlte sich von seiner höflichen Aufmerksamkeit geschmeichelt. Am darauffolgenden Donnerstag fragte er, ob er sie für Samstag zum Essen einladen dürfte. Sie sollte ein Lokal in ihrer Stadt nennen, er würde sich um den Rest kümmern.

Sie verabredeten sich für Samstag, 19 Uhr in einem kleinen italienischen Restaurant in der Fußgängerzone. Aurelie betrat das Lokal um zehn Minuten nach 19 Uhr, nicht weil sie sich verspätet hatte. Sie wollte ihn warten lassen.


In einem knielangen Stretch-Rock mit hoher Taille und einem eng anliegenden, dunklen Oberteil, das hochgeschlossen, aber partiell transparent war, betrat sie das Lokal auf hohen Riemchensandalen und zog für einen Moment alle Blicke auf sich. Ihr Haar war mit einer großen Spange auf dem Hinterkopf hochgesteckt und ihr Gesicht ausgehfein geschminkt. Übergroße Kreolen an ihren Ohrläppchen rundeten das Outfit ab.

Leon stand auf, als er Aurelie kommen sah. In seiner dunklen Stoffhose und dem weißen Hemd trug er ein klassisches Outfit, mit dem man als Mann nicht viel falsch machen konnte.


»Sorry, für die Verspätung, aber ich warte nicht gerne«, sagte Aurelie und erwiderte die freundschaftliche Umarmung. Er bot ihr einen Stuhl an und setzte sich anschließend auf seinen Platz.

»Warst du lange unterwegs?«, eröffnete Aurelie das Gespräch.


»Drei Stunden mit dem Auto und du?«


»Fünf Minuten zu Fuß«, grinste Aurelie.


Als Leon Rotwein in die Gläser füllte, sagte er: »Ich habe in einem Motel am Stadtrand eingecheckt und bin mit der U-Bahn in die Innenstadt gefahren, da kann ich mit dir anstoßen und morgen ausgeschlafen nach Hause fahren.«


»Klever«, sagte Aurelie und stieß mit ihm an.

Während des Essens erzählte Leon von seiner Arbeit, bei einer Firma, die Luxusautos tunte.


»Für Leute, denen ein normaler Porsche noch nicht exklusiv genug ist.«


Er beschrieb sich als erfolgreiches Nachwuchstalent im Vertrieb, ohne allzu auffällig anzugeben. Bevor sich Aurelie langweilte, fragt er sie nach ihrem Lebensunterhalt.

Sie erzählte von ihrem Job bei einem Kleinverlag: »Eigentlich habe ich mich auf eine Stelle im Artwork beworben, aber der Verlag ist so klein, dass ich überall einspringe, wo not ist. Das ist sehr interessant – nur reich werde ich mit diesem Job nicht«, erkläre Aurelie abschließend und bedankte sich beim Kellner, als er das Geschirr abräumte.

»Habe ich schon gesagt, dass du umwerfend aussiehst?«, frage Leon.


»Nein, aber danke.«


Aurelie wusste, dass etwas in der Luft hing. Leons Interesse ging über den freundschaftlichen Kontakt von ehemaligen Klassenkameraden hinaus – wobei Kameradschaft hierbei höchstens im zynischen Kontext passend war. Aus Neugierde und weil Leon noch nichts Verfängliches unterlaufen war, spielte sie das Spiel mit. Als Manuel war sie das einsame Lämmchen auf der Suche nach einer Herde und es wurde jeden Tag vom Wolf gebissen. Aber, sie war kein Lämmchen mehr.

»Haben weibliche Schafe Hörner?«, fragte sie und brachte Leon sichtbar durcheinander. Er zückte sein Smartphone und erklärte nach kurzer Recherche, dass es Schafrassen gab, bei denen beide Geschlechter Hörner trugen.


»Sind bei den Weibchen aber stets kleiner als bei den Böcken«, schloss er den Exkurs ab und legte sein Smartphone zur Seite.


»Danke«, sagte Aurelie.

Leon musste ohne ersichtlichen Grund lachen und erklärte sich: »Du bist so erfrischend überraschend. Wir sitzen hier und quatschen und du fragst aus heiterem Himmel nach Schafhörnern. Wie kommst du auf so was?«


»Fantasie?«, sagte Aurelie und stütze ihren Kopf verträumt auf den Handballen. Leon streckte seinen Arm über den Tisch und nahm ihre andere Hand.


»Seit wir uns auf dem Rummel getroffen haben, gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf. So verliebt war ich noch nie.«

Aurelie hatte es geahnt und war dennoch sprachlos, von dieser vorbehaltlosen Offenheit. Er hatte sein schlagendes Herz auf den Tisch gelegt und sie musste mit der Situation klarkommen. Sein Daumen strich zart über ihren Handrücken. Sie spürte seine Anspannung in diesem sanften Streicheln, während sie nachdachte und ihn warten ließ.


»Das kommt sehr plötzlich«, sagte Aurelie, um sich diplomatisch heranzutasten.


»Du hast feine Antennen – hast bestimmt schon etwas geahnt und ich will kein falsches Spiel spielen. Ich lege die Karten lieber auf den Tisch, bevor Missverständnisse entstehen.«

»Hm«, brummte Aurelie und versuchte Ordnung in ihr Gedankenchaos zu bringen.


»Seit unserem Treffen, letzte Woche, konnte ich es nicht erwarten, dich wiederzusehen«, sagte Leon.


»Weißt du«, setzte Aurelie an, »ich glaube dir aufrichtig, dass du nicht mehr wie früher bist und es dir leidtut, was damals passiert ist, aber du verwechselst den Wunsch, etwas gutzumachen, mit Verliebtheit.«

»Ich habe die letzten Tage mit mir gerungen. Ich wollte es nicht wahrhaben, weil du eine spezielle Frau bist und ich nicht weiß wie das mit uns funktionieren soll, aber der Wunsch, in deiner Nähe zu sein, mit dir zu reden und zu lachen, hat alle Zweifel aus meinen Gedanken gewischt. Du bist fantasievoll, schlagfe

Login erforderlich!
Um weiterlesen zu können, musst Du Dich einloggen.
Passwort vergessen?
Du hast noch keinen Zugang zu sevac.com? Hier geht's zur Anmeldung.

Anmeldung und Nutzung sind kostenlos. Um die angezeigte Geschichte weiterlesen zu können, ist kein Altersnachweis notwendig, da es sich um eine erotische Geschichte handelt (nicht pornografisch!). Die Anmeldung dauert keine zwei Minuten.

Kommentare


DorisAnbetracht
dabei seit: Okt '13
Kommentare: 16
Doris Anbetracht
schrieb am 13.07.2020:
»Wunderbar geschrieben. Die Geschichte ist faszinierend.«

Malgretout
dabei seit: Jun '07
Kommentare: 109
schrieb am 14.07.2020:
»Donnerwetter, dieses nicht einfache ( oder ist es das doch?) Thema so überzeugend, gefühlvoll und faszinierend in eine solche Geschichte zu packen....meine Hochachtung.
Die 3x10 hat sich Faith redlich verdient.«

Martinle
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 51
schrieb am 16.07.2020:
»coole Geschichte - bin auf die Fortsetzung gespannt«

MichaLoenne
dabei seit: Mär '18
Kommentare: 5
schrieb am 17.07.2020:
»Wow, grandiose Geschichte«

PcRollo
dabei seit: Dez '17
Kommentare: 1
schrieb am 17.07.2020:
»Wunderbar geschrieben,die Geschichte ist faszinierend geschrieben und sehr einfühlsam.Für mich eine der Besten bei sevag«

pogotheclown
dabei seit: Jul '04
Kommentare: 8
schrieb am 26.08.2020:
»Grandios.«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 25.08.2021:
»Hallo Faith, jetzt bin ich seit Jahren mal wieder lesend unterwegs und musste mir doch auch eine Geschichte von dir heraussuchen. Sehr schön geschrieben, zart und einfühlsam, es ist kein leichtes Thema. Ich freue mich darauf, irgendwann den nächsten Teil zu lesen. Die Rechtschreibung könnte etwas besser sein, fällt aber nicht so sehr ins Gewicht.
Ganz liebe Grüße. yksi«



Autorinformationen Autorinfos
 Geschichte melden
Anzeige