Barbara Sanders
von unbekannt
Barbara Sanders blickte durch ihre langen, halbgeschlossenen Wimpern auf Norberts muskulösen Oberkörper. Ihr Kopf ruhte etwas erhöht auf einem weichen Kissen. Norbert kniete breitbeinig auf dem französischen Bett und streichelte zart über die mattschimmernde Haut ihrer vollen Brüste. Barbara tastete mit den Augen Norberts Körper ab. Er war von der Sonne gebräunt. Sie sah auf seine schmalen Hüften und dann auf den Bauchnabel, um den sich dunkle Haare kringelten, die aus seinem knappen Slip nach oben wuchsen. Barbara schloss ihre Augen und entspannte sich. Sie hatte einen schweren Arbeitstag hinter sich und genoss jetzt doppelt Norberts Zärtlichkeiten. Seine Hände fuhren streichelnd über ihren Körper, lockerten einige verkrampfte Muskeln an ihrem Nacken, wanderten wieder hinunter zu den festen Brüsten, deren Spitzen rosig in die Höhe standen. Dann glitten seine Finger weiter zu ihren Schenkeln, strichen sanft über die zarte Haut an den Innenseiten, schoben sich höher, verhielten kurz an Barbaras dünnen Slip aus dunkelgrünem, fast durchsichtigem Nylon und streiften ihn hinunter. Zuerst hob er ihr das eine und dann das andere Bein an. Schließlich legten sich Norberts Hände besitzergreifend um ihre Hüften. Barbara öffnete ihre Schenkel und stellte verdutzt fest, dass sie die ganze Zeit über an etwas anderes gedacht hatte.
An diesem Nachmittag war sie auf der Heimfahrt zu ihrer Junggesellen-Wohnung bei einer am Vortag aus der Klinik entlassenen Patientin vorbeigefahren. Barbara wollte ihr den kostbaren Ring zurückbringen, den eine Schwester beim Aufräumen des Krankenzimmers unter dem Bett gefunden hatte. Sie musste in dem vornehmen Villenviertel, in dem die entlassene Patientin wohnte, erst einige Zeit nach der Hausnummer suchen. Dann aber hatte Barbara Sanders, Assistenzärztin in einer Schönheitsklinik, Glück. Endlich hatte sie doch die ihr bezeichnete Villa gefunden. Gerade wollte dort ihren kleinen Wagen in eine Parklücke steuern, als sie von einem anderen Auto abgedrängt wurde. Wütend kurbelte Barbara das Seitenfenster ihres Wagens herunter; der Fahrer des anderen Autos aber beachtete sie nicht einmal. Seelenruhig stellte er den Motor seines Sportwagens ab und hievte seine langen Beine aus dem niedrigen Gefährt. Anschliessend grinste er Barbara herausfordernd an, so, als ob er auch noch ein Lob für sein Verhalten verdient hätte. Verärgert trat Barbara auf das Gaspedal und suchte nach einem anderen Parkplatz. Sie drehte in dem vornehmen Viertel eine Runde und stellte ihren Wagen dann schliesslich in der nächsten Seitenstrasse ab. Wütend stapfte sie durch die von alten Kastanienbäumen gefallenen Blätter, die jetzt vom Nieselregen, der unaufhörlich niederging, schmutzig auf dem Gehweg klebten. Als sie endlich an der Eichenholztür, die die Wohlhabenheit der Wohnungsinhaberin verriet, stand und läutete, war sie selber klitschnass. Sie musste warten und begann zu frösteln. Sie sehnte sich nach einem warmen Bad in der Wanne daheim und verfluchte insgeheim die vergessliche Patientin, die den Verlust ihres Ringes wahrscheinlich noch garnicht bemerkt hatte. Barbara drückte noch einmal auf den bronzenen Klingelknopf, der drinnen ein dezentes Westminster Glocken- spiel auslöste. Es blieb weiter still. Sie hörte keine Schritte in der Diele und war daher überrascht, als plötzlich dennoch die Tür geöffnet wurde. "Na, Sie haben es ja trotzdem geschafft!" Es war der junge Sportwagenfahrer von vorhin, der jetzt grinsend in der Tür stand. Barbara war der Verdacht gekommen, er hätte schon die ganze Zeit dahinter gestanden und sie beobachtet. "Wir kaufen aber nichts an der Tür", meinte der junge Mann sehr von oben herab. Barbara biss die Zähne zusammen und rang nach Luft. "Dieser wiederliche, arrogante Kerl!" schrie es in ihr. "Ich möchte zu Frau Maquard", stiess sie hervor. Der Ring war in ein Papiertaschentuch eingewickelt. Es hätte nicht viel gefehlt und sie würde ihn aus der Handtasche geholt und dem jungen Mann in das frech grinsende Gesicht geworfen haben. Sie hatte richtig vermutet, dass der Junior vor ihr stand. "Zu meiner Muter wollen Sie?" Er öffnete die Tür weiter und machte eine einladende Bewegung mit der Hand. Barbara trat in die kostbar eingerichtete Diele. Dieser Raum glich fast schon einer Halle. Dicke Perserbrücken lagen auf dem Parkett und kündeten laut von dem Überfluss, in dem man hier lebte. "Von welcher Sekte kommen Sie denn?" Barbara musterte ihn jetzt von oben bis unten. Eine viel zu grosse Flanelljacke schlotterte um seine Schultern, die langen Beine steckten in speckigen Cordjeans. "Ich bin Doktor Sanders", erwiderte Barbara bestimmt, "wenn Sie jetzt die Freundlichkeit hätten und Ihre Frau Mutter rufen würden, wäre ich Ihnen dankbar." Aber die Bemühungen des jungen Herrn waren nicht mehr nötig. Die Dame des Hauses hatte die Stimmen in der Halle vernommen und erschien jetzt auf der Treppe. Als sie Barbara erkannte, erhellte sich ihr Gesicht, das seltsam unpersönlich wirkte. Offensichtlich war das durch häufige Korrekturen und Hautspannungen verursacht. "Sie könnte alles sein", dachte Barbara bei sich, "Teenager oder Greisin." Sie kramte in ihrer Handtasche und fand das kleine Päckchen. "Liebe Frau Doktor!" rief Madame noch auf der Treppe und schwebte herab, "ich freue mich ja so, dass Sie einmal vorbeischauen!" Jetzt war sie am Fuss der Treppe angelangt. Sie begrüssten sich. Barbara fragte, ob sie nichts vermisse. Madame überlegte. "Ich wüsste nicht. Das Mädchen hat die Sachen, die ich in der Klinik bei mir hatte, ausgepackt und fortgeräumt. Haben Sie denn noch etwas gefunden?" Barbara öffnete das Papiertaschentuch und hielt Frau Maquard den glitzernden Ring entgegen. "Ja", meinte Madame und griff nach dem goldenen Reif, "der gehört mir!" Sie machte eine Pause und schüttelet den Kopf. "Es ist aber wirklich kein Verlass mehr auf das Personal." Barbara räusperte sich. "Dann kann ich jetzt ja beruhigt gehen." Sie haben Ihren Ring wieder und somit hat sich alles aufgeklärt." Frau Maquard sah auf und besann sich. "Ach, bleiben sie doch noch wenigstens auf eine Tasse Tee, bevor Sie wieder gehen", meinte sie, "dabei können Sie mir auch sagen, womit ich Ihnen vielleicht eine kleine Freude machen kann." Barbara wusste nicht recht, ob sie bleiben sollte. Eine Tasse Tee allerdings würde ihr gut tun. "Das ist übrigens mein Sohn Michael!" "Ich hatte bereits das Vergnügen", entgegnete Barbara eisig. Dabei entschloss sie sich, nun doch so schnell wie möglich zu gehen. "Sie sind sehr liebenswürdig", lehnte sie Madames Angebot ab, "aber ich möchte Ihnen keine Mühe machen. Ausserdem steht mein Wagen dank der freundlichen Hilfe Ihres Herrn Sohnes im Parkverbot."
"Ist das hier eine Flickschusterei oder eine Schönheitsklinik?" fuhr der Patient die Ärztin an, die am frühen Morgen bei ihm Visite machte. Dr. Barbara Sanders war auf diesen verbalen Überfall nicht vorbereitet. "Bei aller Liebe, bestes Fräulein Doktor", meinte Pit Lange, "aber so geht das nicht. Habe mich im Spiegel betrachtet. Sehe ja schlimmer aus als vorher." "Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil", dachte sich Barbara und gab zurück: "Schlimmer als vor Ihrem Unfall? Das ist ja kaum möglich!" "Machen Sie keine Witze, Doktor. Sagen Sie mir lieber, was diese zusammengeflickten Hautfetzen in meinem Gesicht sollen." "Sie sollen heilen." "Und ich trage dann dort, wo andere Leute ihr Gesicht haben, eine hochmoderne Flickenhose, was?" Pit Lange wirkte nervös. Er hatte sich in seinem Bett aufgerichtet. Nicht nur seine Stimme verriet, dass er wütend war. Barbara versuchte, ihn mit guten Worten zur Vernunft zu bringen. "Sie verstehen etwas von flotten Wagen und schnellen Pisten, Herr Lange", sagte sie, "ich verstehe etwas von dem Geschäft, das hier betrieben wird. Nicht nur mit Ihnen. Wir haben viele Patienten." "Dann scheint es mit Ihrem Geschäft nicht weit her zu sein." "Aber Herr Lange, ich muss doch schon bitten!" "Was soll das Gerede? Ich habe doch noch alle meine fünf Sinne beisammen. Es genügt ein Blick in den Spiegel, um vor sich selber das Grauen zu kriegen." "Es wird noch eine Weile dauern, bis Sie hier entlassen werden. Bis dahin ist dann die letzte Narbe verheilt, jede Rötung vergangen." "Wer's glaubt wird selig." "Dann werden Sie dieses Haus eben gesund und selig verlassen." "Schöne Aussichten." "Wirklich schöne Aussichten, wenn Sie sich vernünftig verhalten. Wenn Sie aber so einen Wirbel, wie eben, öftter machen, ziehen Sie Ihre völlige Wiederherstellung nur unnötig hinaus." "Dann kann ich ja gleich so'ne Fratze behalten und mein Leben in diesen vier Wänden beschliessen." "Herr Lange", versucht ihn Barbara nun an seinem beruflichen Ehrgeiz zu packen, "was hier nötig ist, kennen Sie doch alles von Ihrer Karriere als Rennfahrer her." "Dort ist Flickwerk unmöglich." "Setzen wir mal voraus, wir hätten ausnahmsweise bei Ihnen auf Flickwerk verzichtet." "Das fällt mir schwer", unterbrach er sie. "Versetzen Sie sich in Gedanken an die Piste. Sie starten und durchfahren das Ziel." "Quatsch! Wo bleibt denn da das Rennen?" "Welches Rennen?" "Sie haben ja wirklich von Tuten und Blasen keine Ahnung..." "Behaupten Sie nicht Dinge, die Sie nicht beurteilen können", unterbrach ihn Barbara. "Aber ich kann ein Motodrom beurteilen. Und da liegt zwischen Start und Ziel das Wichtigste. Das Rennen nämlich." "Sehen Sie", triumphierte die junge Ärztin, "das wollte ich Ihnen gerade mit diesem Beispiel beibringen. Was auf der Piste das Rennen ist zwischen Start und Ziel, das ist in diesem Hause die geduldige Genesung zwischen Operation und Entlassung." "Sie können das doch nicht miteinander vergleichen..." "Natürlich", fuhr ihm Barbara ins Wort, "kann ich das. Und genau so ist es. Kapieren Sie endlich?! Richten Sie sich nach den Rennregeln, die in diesem Hause gelten, dann kommen Sie ohne jeden weiteren Unfall ans Ziel!" Sprach's und verliess das Zimmer des Rennfahrers. Gesundheitlich war Pit Lange auf der Höhe; sonst hätte er sich diesen Eklat nicht leisten können. "Und was die Verheilung der Narben betrifft", überlegte Barbara draussen auf dem Flur, "ist die haut durch seine Gefühlsauf- wallungen zu sehr gereizt. Da muss ich warten, bis sich unser Titel- jäger wieder ganz abgekühlt hat." Dr. Schönfeld lief ihr über den Weg. Der Kollege blieb stehen und sah Barbara auffällig auf die Beine. "Jetzt arbeiten Sie schon in der Frauenabteilung und trotzdem stolpern Ihre Blicke noch immer über meine Waden", frotzelte sie. "Nicht nur über Ihre Waden", trugder junge Assistenzarzt etwas dick auf, "Ihre ganzen Beine haben es mir angetan, vom Scheitel bis zur Ferse, wenn man so sagen darf." Barbara hielt es für wenig erspriesslich, dieses Gespräch fortzusetzen. Darum fragte sie: "Sonst haben Sie mir nichts zu sagen?" und ging weiter. "Doch", kam Dr. Schönfeld hinter ihr her, "ich soll Ihnen ausrichten, dass der Chef Sie zu sprechen wünscht. Gleich." "Reichlich spät rücken Sie damit heraus", meinte Barbara. "Nun", meinte ihr Kollege, "das andere war mir eben wichtiger." Er folgte Barabara bis zum Chefzimmer. Nach einem deutlich zurückweisenden Blick der Ärztin blieb er aber draussen vor der Tür. "Sie haben mich rufen lassen?" meldete sich Barbara bei ihrem Chef. "Ja, Fräulein Sanders, gut, dass Sie so schnell gekommen sind. Dann können wir die Sache gleich erledigen." Mit der Hand machte er eine Bewegung, die Barbara aufforderte, im Sessel ihm gegenüber Platz zu nehmen. "Um welche Sache handelt es sich?" wollte die Ärztin wissen. Sie vermutete Beschwerden, die Pit Lange vorgebracht haben könnte. "Fräulein Sanders, Sie haben hier, solange Sie im Haus sind, eine recht gute Figur abgegeben. Ich meine das nicht nur im Hinblick auf Ihre körperlichen Reize, sondern auch wegen Ihrer hervorragenden Kenntnisse und ärztlichen Leistungen." Dabei tastete er sie mit seinen Blicken von oben bis unten ab. Barbara war es, als könnte sie dieses erforschen körperlich spüren. Sie machte sich aber nichts weiter daraus, denn ihr war die rüde Art, mit der sich Chirurgen zu geben pflegen, längst bekannt. Der Chefarzt starrte sie noch immer an und war ganz in ihren Anblick versunken. "Können wir zur Sache direkt kommen?" bat Barbara. "ich habe nämlich noch einige Patienten, die meine Visite erwarten." "Immer auf den Beinen, immer in Trab", lobte der Chef. "Das ist es ja gerade, was Sie so besonders auszeichnet." Er machte wieder eine Pause und kramte in Papieren, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. "Da wurde an mich die Bitte herangetragen, aus unserem Institut eine Dozentin für Schönheits-Chirurgie zu benennen. Ich habe Sie herbitten lassen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich Sie hierfür ausersehen habe." "Danke", sagte Barbara stolz, "das freut mich." Dabei wurde sie im Sessel richtig um einige Zentimeter grösser. "Wann und wo wird sich das alles abspielen?" "In unserem hause. Sie werden von den Visiten entbunden, da die Vorlesungen an den Vormittagen liegen. Für Nachmittags halten Sie sich weiterhin unserem Team zur Verfügung. Das ganze beginnt nächste Woche, mit Semesteranfang." "Danke", sagte Barbara und erhob sich. Auch der Chefarzt stand auf. Er reichte ihr die Hand und beglückwünschte sie. Als Barbara schon an der Tür war, rief er ihr nach: "Die Urkunde wird Ihnen direkt durch das Ministerium zugestellt." Draussen vor der Tür wurde Barbara von Dr. Schönfeld erwartet. Er stand dort an die Wand gelehnt und rauchte eine Zigarette. "Ihre Beine", fing er wieder an, "sind so aussergewöhnlich schön, dass man einfach nicht das Bedürfnis verdrängen kann, einmal seinen Unter- leib dazwischenzuschieben. "Ich bin zur Dozentin avanciert, Kollege Schönfeld", gab Barbara betont hochnäsig zurück, "nicht als Hospitalhure." "Herzlichen Glückwunsch auch", stotterte der Arzt, der offensichtlich ganz verwirrt war. "Für die Beine, ich weiss schon", sagte Barbara und ging den Flur hinauf zu den Patientenzimmern. "Na klar", rief ihr Dr. Schönfeld nach, "aber auch zu Ihrer Berufung. Werde an Ihren Vorlesungen teilnehmen." Barbara blieb stehen und wandte sich ihrem Kollegen zu. "Gern, wenn Sie's nötig haben." Sie freute sich, dass man gerade auf sie gekommen war, als es darum ging, die neugeschaffene Dozentur zu besetzen. Diese Berufung bestätigte sie als überdurchschnittliche Chirurgin, als Ärztin, die darüberhinaus befähigt war, ihre Kenntnisse an andere weiterzugeben. Und sie freute sich gleichzeitig darüber, dass nicht Pit Lange der Grund war, weswegen sie zum Chefarzt gerufen worden war. Eigentlich war ihr nämlich der Rennfahrer viel zu sympathisch, als dass sie mit Begeisterung in eine feindselige Konfrontation eingestimmt hätte.
Zu einer anderen Konfrontation war es zu jener Zeit, als der Rennfahrer mit seinen Vorwürfen gegen Barbara Sanders anstürmte, im Hause der Maquards gekommen. Es war Frühstückszeit, der Kaffee war bereits aufgetragen, und Madame wunderte sich, warum ihr Sohn so lange auf sich warten liess. "Wo steckst du denn schon wieder?" fragte sie vorwurfsvoll, als er endlich zu ihr an den Tisch kam. "In meinem Zimmer, wo denn sonst wohl", fragte Michael zurück. "Sei nicht so schnippisch, Michi", gemahnte Madame und drohte mit dem Kaffeelöffel. "Wenn du so spät zum Frühstück kommst, hat das doch seinen Grund darin, dass du nicht rechtzeitig ins Bett gefunden hast. Und wenn du nicht rechtzeitig ins Bett gekommen bist, liegt das daran, dass du dich zu lange herumgetrieben hast. Und wenn du dich zu lange herumgetrieben hast, ist sicher wieder Detlef daran schuld. Er ist zwar ein lieber Junge, aber kannst du ihm nicht sagen, dass deine Mutter allergrössten Wert auf Pünktlichkeit legt." Michael hatte sich ein Brötchen geschmiert und kaute. Das war die einzige Reaktion, zu der er auf diesen Wortschwall fähig war. "Antworte mir!" gebot Madame. Michael zeigte mit dem Finger auf seinen vollen Mund. "Du sollst was sagen!" verlangte seine Mutter. Michael schluckte. Als er so weit war, dass er wieder sprechen konnte, sagte er: "Meine Mutter - habe ich gelernt - legt allergrössten Wert darauf, dass man nicht mit vollem Mund spricht." "Du hast dir ja nur so viel genommen, damit du eine Ausrede hast, um mir nicht antworten zu müssen." "Wenn ich schon zu spät nach Hause komme, denk ich, sollte ich auch die Zeit zum Frühstück nutzen und nicht mit Gerede vertun." "Du siehst also ein, dass du zu spät zu Tisch gekommen bist." "Ja", nickte Michael, "und ich bin der Meinung, dass da etwas geändert werden muss." "Das freut mich, von dir zu hören." Ihr Sohn hatte sich ein weiteres Brötchen zurecht gemacht. Bevor er es in den Mund schob, meinte er: "Wir sollten in Zukunft einfach später frühstücken." "Das könnte dir so passen, du Flegel", schimpfte seine Mutter. "Nichts wird verschoben, sondern du bist in Zukunft pünktlich, verstanden?" Wieder deutete Michael mit dem Finger auf die volle Backe. Von da an verebbte das Frühstücksgespräch für eine Weile in einen Monolog.
"Du musst verstehen, Michi", meinte Madame Maquard, "dass ich ja nur dein Bestes will, dein Allerbestes, mein Junge! Und wenn ich von dir verlange, dass du morgens rechtzeitig beim Frühstück bist, dann doch nur, um dich zur Pünktlichkeit zu erziehen. Da darfst du mir das Leben doch nicht so schwer machen. Seit Papa tot ist, liegt doch die ganze Verantwortung für dich auf mir. Du weisst doch, dass ich es in allen Dingen nur gut mit dir meine. Und ich habe doch nur dich. Du bist mein Einzigstes! Schon damals, als Papa noch lebte. Er war ja nur immer in seiner Anwaltspraxis. Wenn er zu Hause war - kannst du dich erinnern? - zog er sich immer in sein Arbeitszimmer zurück. Er sparte und sparte und kam nicht aus dem Haus. Da war ich ganz auf dich angewiesen. Und das ist halt so geblieben. Wusste ja nicht, dass Papa heimlich Brief- marken sammelte. Oder hatte er dir jemals davon erzählt? Nein, sicher nicht, denn du warst ja noch viel zu jung. Aber auch mir gegenüber hatte er's die ganze Zeit verschwiegen. Hatte mich immer furchtbar über sein Einsiedlerleben geärgert. Aber dann hat's sich ja schliesslich ausgezahlt. Wusste anfänglich gar nicht, dass seine Sammlung so wertvoll war. Konnte es auch nicht ahnen. Hab' dann diese kleinen Papierstücke zu Geld gemacht, hörst du, zu Geld! Damit ich jetzt zum Beispiel dein Studium finanzieren kann. Nun ja, ein paar Pelzmäntel für mich sind dabei auch herausgesprungen. Aber du hast immerhin auch dein Auto bekommen. Und was auf dem Konto ist, reicht noch eine ganze Weile. Mindestens so lange, bis du als Arzt viel Geld verdienst. Dann hast du Gelegenheit, deiner lieben Mutter alle Liebe zurückzuzahlen, Michi. Und ich ebne dir mit unserem Geld bis dahin auch schön alle Wege. So habe ich mir überlegt - ich hatte jetzt während der Gesichts- straffung ja Gelegenheit genug dazu - dass du am besten Schönheits- chirurg wirst. Das ist ein guter Job für dich, denn damit können wir noch einmal viel Geld verdienen. Schönheits-Chirurgie ist ganz gross im Kommen! Ich habe mich erkundigt. Es ist möglich, dass du gleich ab dem nächsten Semester Schönheits-Chirurgie belegst. Dort haben sie auch noch keinen numerus clausus." Michael horchte auf. Ihm blieb der Happen im Hals stecken. ,Barbaras Fach' fuhr es ihm durch den Kopf, ,das kann mir ja gerade recht sein.' Er nickte begeistert und brummte wohlwollend vor sich hin. Dann begann er von neuem zu kauen. Madame Maquard hatte sich wieder eine Kaffeetasse vollgegossen. Vornehm griff sie nach dem kleinen Henkel und führte langsam die Hand an den Mund. Den kleinen Finger hielt sie dabei weit abgewinkelt. "Olaf hatte doch angefangen, mit dir zusammen Medizin zu studieren, Michi. Vielleicht kannst du ihn überzeugen. Dann belegt ihr gemeinsam diese Vorlesungen. Und auch Detlef, glaube ich, wird diesem Plan zustimmen. Er ist ja ein vernünftiger Junge. Ach, Michi", seufzte sie und fuhr ihm mit ihren beringten Fingern über den Handrücken, "ich bin so froh, dass du im Grunde ein so guter Junge bist." Michael sah sie aus seinen grossen Augen an. "Bestimmt", meinte sie, "wenn ich dich mit anderen vergleiche. Was man da so hört. Ständig haben diese jungen Leute Weibergeschichten im Kopf, sind dauernd von zuhause fort, kümmern sich nicht um ihre Eltern, lernen nichts, treiben nur Allotria. Und das einzige, das dabei herauskommt, ist, dass sie plötzlich heiraten müssen, weil sie's mit irgend so einem jungen Ding getrieben haben. Dabei wissen diese Mädchen dann häufig noch nicht einmal, wer nun der Vater ihres Kindes ist; sie haben's einfach mit zu vielen gleichzeitig getrieben." Obwohl Michael immer noch kaute, hielt er es an dieser Stelle für angebracht, aufzubegehren. Seine Mutter aber wehrte ab: "Nein, widersprich mir nicht. Ich kenne diese Sache, schliesslich habe ich Augen im Kopf und lesen kann ich auch. Was man da so manchmal erfährt! Gut, dass du so ganz anders bist. Viel häuslicher und so. Du kümmerst dich wenigstens noch etwas um deine Mutter. Und dann hast du so viel Character - den hast du von mir! -, dass du dich nicht gleich von den ersten besten Mädchenblicken einfangen lässt. Du hast deine Komilitonen, deine Freunde - nein, wenn ich es mir so recht überlege, kann ich mich eigentlich nicht beklagen über dich. Währen andere im Gruppensex versumpfen, bist du bei Detlef und bläst die Flöte..." Michael musste schlucken, gleich zweimal, dreimal. "Ja, ja, Mutter", prustete es aus ihm heraus, "du hast schon recht." Er war von der Naivität seiner Mutter überwältigt. "Und wie recht du hast! Willst du aber denn gar nicht, dass dein Sohn auch einmal ans Heiraten denkt? Ich meine, es muss ja nicht gleich sein. Nur dran denken, dass heisst, Erfahrungen sammeln. Sowas wird einem doch nicht in die Wiege gelegt." "Um Gottes Willen, Michi!" rief Madame Maquard aus, "tu mir das nicht an! Du willst doch nicht deine liebe Mutter im Stich lassen und dich an irgend so ein junges Flittchen hängen! Nein, Heiraten ist etwas, daran musst du noch garnicht denken. Es gibt viele erfolgreiche Leute, die haben nie geheiratet. Und bevor man sich um eine neue Familie kümmert, sollte man sich erst einmal an das halten, was schon besteht. Oh, nein, Michi, du wirst doch deine Mutter nicht verlassen! Nein, ich will meinen Sohn behalten. Denke du zunächst mal nur an dein Studium! Und wenn du unbedingt einmal Erfahrungen brauchst, du weisst, wie ich das meine", sie lächelte verlegen und fukr ihrem Sohn wieder zärtlich über den Handrücken, "dann sammle sie bei einer erwachsenen Frau. Söhne unseres Standes haben zu der Zeit, als ich jung war, sich ihre Erfahrungen auf diesem - na, auf diesem speziellen Gebiet immer bei reifen Witwen geholt. Da wussten dann beide Seiten von vornherein, dass an eine ernsthafte Verbindung nicht zu denken ist." Sie seufzte. "Aber schlag dir dieses Thema am beste wieder ganz aus dem Kopf. Schau, Detlef und Olaf hängen sicher auch nicht solch lächerlichen Gedanken nach..." "Ja, das stimmt schon", sagte Michael und dachte an Barbara. Er sah ihre vollen, reifen Brüste vor sich, die leichte Wölbung des Bauches um ihren Nabel, die breiten, fraulichen Hüften und das langgezogene Becken, das hinten mit den Backen leicht überhing, während es sich vorn, zwischen den Schenkeln, zur Spitze eines auf den Kopf gestellten Dreiecks verjüngte, das von kurzem, dunklem Kräuselhaar dicht bestanden war. Und er freute sich, dass sich bei diesen Gedanken seine Männlichkeit regte. "Schon recht", sagte Michael schliesslich, "ich werde mir Mühe geben, deinen Vorstellungen zu entsprechen." Er trank seinen Kaffee aus. "Irgendwelche Punkte wird es aber immer geben, in denen wir verschie- dener Meinung sind. Da müssen wir dann zusehen, wie wir jeweils das Beste aus der Situation machen. Einverstanden, Mutter?" "Hör nur auf mich", redete Frau Maquard auf ihren Sohn ein, "dann wird schon nichts schief gehen. Immerhin haben wir es bis heute gemeinsam ganz schön zu etwas gebracht. Und ich wüsste nicht, warum sich das ändern sollte." "Aber man will auch mal ausbrechen aus diesem immer gleichförmigen Trott." "Dich sticht wohl der Hafer!" begehrte die Mutter auf. "Wohin willst du denn ausbrechen? Und man kann doch nur ausbrechen aus etwas, was einen gefangen hält. Was hält dich denn gefangen? Hast du nicht alles, was du dir nur wünschen kannst? Ein gutes Zuhause, eine Mutter, die dich sehr gern hat und die dir dein Studium finanziert, ein Milieu, in dem du keine Sorgen zu haben brauchst... Ich habe den Verdacht, dir hat irgend so ein Mädchen den Kopf verdreht. Dann müssen wir ihn gleich wieder zurechtrücken. Das, was sich da heute so abspielt, ist garnicht nötig zum Glücklichsein. Wenn ihr mal auf die Pauke hauen wollt, gehst du mit Detlef und Olaf in euren Club. Was willst du mehr? Und dort sind doch auch Mädchen?" Michael nickte verlegen. "Das schon", sagte er, "aber die interessieren sich nicht für uns. Die sind genauso für sich wie wir." "Das freut mich aber: endlich einmal vernünftige Mädchen..." "Ach, Mutter", sagte Michael traurig, "es gibt so viele Dinge, die ich dir einfach nicht erklären kann. Schade." "Du kannst mir alles sagen, Michi", widersprach Madame Maquard, "nur von diesem Thema halte ich nicht viel. Darüber brauchen wir überhaupt keine Worte mehr zu verlieren." Sie erhob sich vom Frühstückstisch. "Und damit du auf andere Gedanken kommst: fahr gleich zum Markt und besorge mir ein paar grosse Tannenzweige. Wir wollen die Wohnung etwas winterlich dekorieren."
"Du bist in den letzten Wochen sichtlich nervöser geworden, Barbara", stellte Norbert fest. "Ist das ein Wunder?" fragte die Ärztin zurück. "Es ist jetzt ja nicht mehr nur allein die Klinik. Die Vorlesungen sind es, die mich schlauchen." "Die Vorlesungen." Norbert räusperte sich. "Nennt man das neuerdings so?" "Was soll das heissen?" fragte Barbara. "Was willst du damit sagen, Norbert?" "Glaubst du, ich wüsste nicht, was los ist?" "Was soll denn schon los sein?" "Nun, einiges, was dein Seelenleben in letzter Zeit aus dem Gleichgewicht gebracht hat." "Darüber sprachen wir schon." "Nur nanntest du es ,Vorlesung'. Ich würde der sache an deiner Stelle einen männlichen Namen geben." "Aber Norbert!" "Nein, eben nicht Norbert. Das kommt freilich noch hinzu, dass mich es besonders trifft." "Von welchem Mann redest du?" "Du wirst sicher nicht lange überlegen müssen. Ich sage nur: schwarzes, schulterlanges Haar..." "Ach", sagte Barbara wegwerfend, "du meinst Michael." Ihr gelang es nicht, ihre Verlegenheit zu überspielen. "Ich denke, du sprichst von einem Mann. War schon ganz verwirrt. Nein, Norbert. Michael ist doch fast noch ein Kind." "Eben drum." "Was meinst du damit?" "Eben weil er fast noch ein Kind ist, wundert es mich, wieviel Zeit du ihm widmest." "Michael studiert bei mir." Norbert lachte laut auf. "Deine Ausdrucksweise, liebste Barbara, ist manchmal mehr als naiv. Er studiert bei dir. Macht er denn Fortschritte?" Jetzt war es an der Ärztin, aufzubrausen. "Ich mag mich zuweilen naiv ausdrücken. Für deine Begriffe. Du aber wirst jetzt unverschämt." "Für deine Begriffe. Ich sehe es anders. Ich bemühe mich um Sachlichkeit. Aber mit deiner Ausdrucksweise verführst du mich ja geradezu zu Emotionen. Der Junge hört deine Vorlesungen, das weiss ich. Aber ihr habt auch private Beziehungen..." Barbara wollte ihn unterbrechen. "Nein, lass mich ausreden. ich weiss genau, dass ihr auch private Beziehungen pflegt. Wenn ich aus dem Haus gehe, kommt er. Bevor ich ins Haus komme, geht er. Ich kenne sogar sein Parfüm. Komischerweise eine Marke, die man in bestimmten Männerkreisen bevorzugt. Nun das widerspräche meiner Theorie; die Tatsachen, die ich nicht beweisen kann, noch nicht, die ich aber stark vermute, sprechen eine andere Sprache." "Du musst die Sache nicht so aufbauschen, Norbert", meinete Barbara. "Aufbauschen? Früher war dein Bett ordentlich gemacht, wenn ich kam. Bist du plötzlich verschlampt, oder woher kommt es, - du sprachst von ,aufbauschen' - dass nun fast immer deine Kissen aufgebauscht sind?" "Eifersüchtig?" "Vielleicht kann man es so nennen. Mir geht es zunächst um eine Erklärung. Ich nannte dir alle diese Dinge nur, damit du dir keine besondere Mühe machen musst, um den Brei herumzureden. Ich will wissen, was ist; will wissen, was ich von diesem Techtelmechtel zu halten habe. Schliesslich haben wir mal von Verlobung gesprochen, haben miteinander Heiratspläne geschmiedet. Ich meine, von daher heb eich ein Recht darauf, dass du mir jetzt reinen Wein einschenkst." Das Gespräch fand in Barbaras Wohnung statt. Es war Abend, und trotz der laufenden Heizung flackerte ein kleines Feuer in dem offenen Kamin, den sich Barbara auf Michaels Wunsch hatte installieren lassen. Michael liebte das offene Feuer. Auf dem Couchtisch erhob sich aus einem Geflecht von grünen Tannenzweigen eine dicke gelbe Kerze. Ihre Flamme spendete warmes Licht. Um so schärfer wurde der Kontrast durch die Diskussion, in der sich Norbert und die Ärztin verfangen hatten. Barbara erhob sich und ging zur Standuhr. Dort, wo früher an starken Ketten schwere Gewichte hingen, hatte sie ihre Hausbar eingerichtet. Auch die war ein Rat gewesen, ein modischer Tip, den ihr Michael gegeben hatte. Wie symbolisch nahm Barbara zwei Rotweingläser und füllte sie. Eines davon reichte sie Norbert.
"Da hast du deinen ,reinen Wein'! Im Übrigen kannst du mir glauben, dass nichts ist. Jedenfalls nichts Besonderes." "Demnach also gehören zerwühllte Betten bei dir noch nicht zum Besonderen." "Genauso. Du hast ja selber vermutet, dass ich mich neuerdings etwas gehenlasse." Da sie bereits ihre Gläser geleert hatten, schenkte Barbara nach. "Und die häufigen Besuche deines Studenten?" "Zufall." "Und dies markant-süssliche Herren-Parfüm?" "Soll ich ihn überreden, deinetwegen künftig eine andere Herrenserie zu wählen?" "Barbara, warum bist du so verstockt? Warum können wir nicht vernünftig über alles reden? Du weisst doch, wie sehr ich an dir hänge. Mit ein paar klärenden Worten, kann ich mir vorstellen, ist doch die Atmosphäre zwischen uns wieder gereinigt." "Ich will dir mal was sagen, Norbert", begann jetzt Barbara. Bevor sie fortfuhr, füllte sie die Gläser von neuem mit dem schweren Rotwein. "Dass du an mir hängst, ist lieb und nett von dir. Es erfüllt mich sogar etwas mit Stolz. Aber das ist vor allem einmal deine Sache, ganz allein deine." Wieder genehmigte sie sich einen tiefen Schluck aus dem Glas. Dann nahm sie eine Zigarette und zündete sie am Kerzenlicht an. "Rechte kannst du daraus nicht ableiten. Gut, wir waren oft zusammen, wir sind es heute noch. Wir waren im Bett und haben Liebe gemacht oder besser: Sex. Hörst du? Sex! Das braucht der Körper, deiner, wie meiner. Ich will nicht leugnen, dass da ab und an auch das Herz mitgespielt hat oder was wir ,Herz' nennen. Man könnte also zuweilen sogar von Liebe sprechen. Aber die Wege der Liebe sind manchmal recht verworren." "Wieso?" "Muss ich das einem Mann erst noch erklären?" Barbara stand wieder auf. Sie merkte in ihren Beinen, dass der Alkohol langsam seine Wirkung tat. Sie ging zum Radio und wählte einen Sender, der Musik brachte. Dann kehrte sie zur Sesselgruppe zurück und setzte sich neben Norbert auf die Couch. "Ich weiss, ich bin dir als Freundin zu wenig. Aber mehr kann ich dir leider nicht geben. Mein Beruf geht mir über alles. Dir ist bekannt, dass ich mit Haut und Haar Ärztin bin. Dieser Beruf ist die Aufgabe, die mir das Leben gestellt hat. Alles andere ist zweitrangig." "Aber eine Frau braucht doch mehr..." "Kennst du die Frauen so schlecht, oder tust du nur so? ,Eine Frau braucht doch mehr!' - so, als ob Frauen prinzipiell anders wären als Männer, als ob sie gar keine echten Menschen wären, irgendwelche Dinger, die ,mehr brauchen', denen man - ein Mann natürlich - ,etwas geben muss', was sie von Natur aus nicht haben." Unwillig schlug Barbara mit der flachen Hand auf die Glasplatte des Couchtischs. "Ich pfeife auf die männliche Überheblichkeit! Ich bin selber gross! Faire Partnerschaft: ja. Aber keine Bevormundung, bitte!" Norbert sah die Ärztin verstört an. Auch bei ihm hatte der Alkohol gewirkt; er hatte ihn friedlich gestimmt. Darum legte er jetzt seinen Arm um Barbaras Schultern und zog sie an sich. Nicht ganz ohne Widerstreben liess sie es mit sich geschehen. "Liebling, ich wollte doch nicht mit dir streiten. Ich dachte nur, wir sollten uns mit dem Heiraten beschäftigen - und da kam mir dann dieser junge Mann in die Quere." "Ich will garnicht heiraten, Norbert. Ich kann doch keine Doppelehe führen. Ich bin schon mit meinem Beruf verheiratet. Lass uns doch nicht immer wieder neu davon anfangen!" "Woher kommt das nur, dass du so anders bist als andere Frauen?" "Anders? Mag sein. Vielleicht liegt der Fehler aber gar nicht bei mir, sondern an den anderen Frauen. Vielleicht sind sie durch ihre Erziehung, durch ihren Beruf ,Hausfrau' noch zu sehr Weibchen, einzig und allein darauf programmiert, von verehrten Gemahl begnadet und begattet zu werden. Freilich, da bin ich anders. Weiter, meine ich. Emanzipiert. Schon mal was davon gehört?" "Gelesen." "Siehst du. Und dazu hat auch mein Werdegang beigetragen, Schule und Studium. Meine Schwester wäre so eine ideale Hausfrau für dich gewesen. Aber sie ist schon verheiratet. Schon lange. Acht Kinder. Hausmütterchen, das sich redlich Mühe gibt, durch den Normalhorizont, der von schmutzigen Windeln und Haferschleim abgesteckt ist, durchzu- brechen. Sie ist nicht unglücklich dabei und sie würde auch von meinem Bedauern nichts halten. Sie hat nie anderes kennengelernt." Sie trank einen Schluck. "Ich habe nichts gegen Kinder. Eines würde ich mir sogar wünschen. Mehr nicht, denn ich würde nicht verantwortungslos zur Bevölkerungs- explosion beitragen. Aber ohne verheiratet zu sein, sieht das unsere Gesellschaft nicht gern. Hierzulande muss alles moralisch zugehen oder so wenigstens, wie sich Lieschen Müller die Moral vorstellt, wie sie ihr anerzogen wurde. Wie bei den Sabinerinnen: der Mann hascht sich eine Frau. Durch Heirat wird sie sein Eigentum. Sie gebärt ihm Kinder und stopft seine Socken. Wenn er Abwechslung braucht, geht er zu einer anderen Frau. Er ist ja schliesslich der Mann." "Aber Barbara..." "Ist es nicht so? Und um nicht selber in diesen Trott zu geraten, muss man aussteigen aus diesem Zug. So wie ich. Und du wirst es nicht glauben: ich fühle mich wohl dabei." Norbert zog Barbaras Gesicht ganz dicht an sich heran und fragte: "Auch mit Michael?" "Auch mit Michael! Ja, auch mit Michael." "Wo er noch so jung ist?" "Vielleicht ist es genau das an ihm, was mich so reizt. Zugegeben, ich hab mit ihm geschlafen. Ich wäre ja sogar dumm, das zu verheimlichen; denn das wäre ein Rückfall zu der Einstellung jenes Frauentyps, der überwunden werden muss. Nein, ich gebs zu, ich habe mit Michael geschlafen. Häufiger sogar und mit Genuss. Und das alles - ich füge es gleich hinzu - hat an meinem Verhältnis dir gegenüber nichts geändert." "Glaubst du nicht, dass du mir damit wehtust?" "Wenn du mich recht verstehst, kaum. Du sagst, du magst mich - und schläfst mit mir. Räume mir doch das gleiche Recht ein! Ich mag Michael und schlafe mit ihm. Das ist alles. Abgesehen davon, dass Michael ein wirklicher Engel ist. So süss, so zart! Er gehört zu der Rasse jener Männer, die sich das Knabenhafte bewahrt haben." Während Barbara von ihrem neuen Freund schwärmte, begann Norbert sie zu liebkosen. Offensichtlich wollte er dadurch bezwecken, nicht ganz aus ihren Gefühlen verdrängt zu werden. "Ein Körper, wie ihn nur die Kunst der alten Griechen aus Stein meisseln konnte. Unbehaart, mild und glatt. Ein Mann, an den man sich recht ankuscheln kann, nicht dieses überheblich Breitbeinige, dieses bärbeissige Plumpe, womit sonst Männer oder solche, die sich dafür halten, einer Frau gegenüber vertraulich werden. Eine Art Engel, wirklich, obwohl man die ja sonst nur mit blonden Haaren kennt. Ein himmlisches Wesen. Staksig irgendwie, rehkitzhaft. Ich mag das. Und - du wirst es nicht glauben - ich werde durch ihn wieder jung." Soweit Norbert noch in der Lage war, klare Gedanken zu fassen, beschloss er, gute Mine zu diesem Spiel zu machen, das ihm - zugegeben - nicht unbedingt wie ein allzu böses Spiel vorkam. Er hielt Barbaras Schwärmereien für eine Affäre, der nicht mehr Bedeutung beizumessen war als einem Zwischenspiel, dem vorübergehenden Aufwall von Gefühlen. Er zog die Ärztin an sich und gab ihr einen langen Kuss. Dann sah er sie liebevoll an. "Gut", meinte er, "soweit also die Geschichte von deinem Rehkitz. Wollen wir jetzt nicht aber die Geschichte von deinem Rehbock weiterschreiben? " "Ich wüsste nicht", sagte Barbara und strich ihm verspielt durchs Haar, "einen Rehbock zu kennen." "Er heisst Norbert." "Ach so", tat Barbara, "den meinst du. Nun, bei dem kannst du das ,Reh' weglassen!" "Reh hin, Bock her", lachte Norbert, "es ist Brunftzeitö. Er nahm die Ärztin in die Arme und röhrte. "Du übertönst ja mit deinem Liebesgeschrei die ganze schöne Radiomusik." "Davon werden wir sowieso nichts hören, wenn wir jetzt miteinander ins Bett gehen." "Ins Bett? Du akzeptierst also meine Bedingungen?" "Alle! Wie könnte man auch bei dir anders?!" Barbara mochte Norbert. Wie sonst wäre sie je mit ihm intim geworden. Nur wollte sie, dass er ihre Konditionen kannte, dass er sie anerkannte. Sie hoffte, dass ihre Aussprache nun dazu beigetragen hatte.
Im Schlafzimmer begann Norbert damit, sie auszuziehen. Dies war ein Spiel, das er von Anfang an getrieben hatte. Er wollte die Frau, mit der er schlief, entkleiden. Er öffnete den Reissverschluss am Rücken ihres Minikleides, raffte den Rock und schob ihr den Stoff über den Kopf. Barbara half ihm dabei, indem sie ihr diesmal hochtoupiertes Haar mit beiden Händen hielt, damit die Frisur beim Überziehen des Kleides nicht zerstört wurde. Sie stand da in einem schwarzen BH und mit einem schmalen, schwarzen Strumpfhalter, der an elastischen Strapsen die fast hüfthohen Strümpfe hielt, deren dunkles Braun bei dem gedämpften Licht des Schlafzimmers auch in die schwarze Farbe überzugehen schien. Über den Strapsen trug sie einen knappen schwarzen Slip, der im Schritt mit dichten, fast undurchsichtigen Spitzen besetzt war. Norbert zog die Ärztin an sich und küsste sie auf die Schulter. Dabei drängte er sich mit dem Unterleib so fest gegen sie, dass sie seine Männlichkeit durch die Hose spüren konnte. Nach dieser stürmischen Umarmung beugte er sich vor und küsste sie auf den Nabel und auf den unteren Teil ihres Slips. Durch diese Berührung zuckte Barbara vor Erregung unwillkürlich auf. Norbert kniete vor sie hin, griff mit den Händen hintenherum fest in ihre Backen und liess seine feuchten Lippen sanft über die Innenseiten ihrer Schenkel gleiten. Während er dann mit der einen Hand zwischen Barbaras Schenkel glitt und sie dort, an der engsten Stelle, hin und her bewegte, öffnete er mit der anderen die Schuhe und zog sie ihr aus. Damm liebkoste er wieder langsam mit seinen Lippen an ihrem körper empor und küsste sie schliesslich auf den Mund. Nun war, so wollte es das Entkleidungsspiel, Barbara an der Reihe, Norbert auszuziehen. Seitdem sie Michael kennengelernt hatte, tat sie dies zwar willig, aber ohne jede Begeisterung. Verglichen mit Michael war Norbert langweilig angezogen. Das Sackhemd zeigte keinerlei Tendenz, seine Taille zu betonen. Aber dies war bei Norberts etwas fülliger Figur vielleicht auch gar nicht möglich oder wünschenswert. Seine Hose hatte einen Schnitt, wie man auch schon zu Grossvaters Zeiten eben Männerhosen schneiderte. Echte Beinkleider, die das Gesäss zu einem Gehänge machten, die Schenkel zu flatternden Rohren. Der Schlitz war nur zum Knöpfen da und ebenso uninteressant wie der Latz der viel zu weiten Unterhose, die er darunter trug. Barbara dachte an die fesche Art, mit der Michael seinen Körper zu kleiden verstand, drunter wie drüber. Diese Gedanken, bei denen sie Norbert auch schon völlig entkleidet hatte, und das aufgerichtete Glied, das dann vorstand und sich ihr lüstern engegenreckte, versöhnte sie mit der desillusionierenden Realität, die sie Norbert da gerade vom Leib gestreift hatte. "Mein Gott", dachte sie, "kann man denn nicht auch über vierzig sich als Mann etwas um seinen Körper kümmern? Weniger Essen und weniger Behäbigkeit - schon würden sie flotter aus der Wäsche gucken." Sie war Chirurgin und hatte sich die Denk- Und Redeweise ihrer männlichen Kollegen zugelegt. So stolperte sie auch nicht vor Scham über ihre eigenen Gedanken, als es ihr plötzlich durch den Kopf ging: "Weniger Bauch und dafür mehr darunter - dann könnten sich auch diese Leute wieder sehen lassen. Glatze und ergraute Kotletten allein Tun's nicht. Und dann die Verpackung! Die Kerle wollen doch auch was seh'n. Schauen uns auf die Beine, auf die Brüste. Als ob wir keine Phantasie hätten und Freude an engtaillierten Hemden, die eine breite, muskulöse Männerbrust verraten, an chicgeschnittene Hosen, die stramme Schenkel erahnen lassen, und an etwas weniger Textilien zwischen den Beinen, damit man sehen kann, wieviel ihnen dort überhaupt gewachsen ist. Die wollen sehen, was an uns hängt, wir wollen sehen, was an denen hängt." Norbert musste in ähnlicher Wellenlänge denken, denn unvermittelt sagte er: "In deinem BH gibst du heute wieder eine tolle Figur ab." Barbara frotzelte: "Mit meiner Unterwäsche kann man ja auch ins Bett gehen!" Doch das verstand Norbert nicht. Er war versessen darauf, dass Barbara ihre Unterwäsche im Bett anbehielt. Wenn sein steifes Glied gegen ihren Slip pochte, vermittelte ihm das das Gefühl, eine verschlossene Festung vor sich zu haben. Es reizte ihn, sie zu erobern. So auch jetzt wieder, als er Barbara in die Kissen gelegt hatte und den Spitzentüll ihres Büstenhalters liebkoste. Er blickte an ihrem Körper hinunter, sah die Strümpfe, die ihren schlanken, langen Beine wie eine zweite Haut umspannten, und musste unwillkürlich an den Strapsen ziehen, die sie mit dem Gürtel verbanden, den Barbara um die Taille trug. Das dumpfe Aufklatschen des Gummis auf Barbaras Haut versetzte Norbert in immer wildere Erregung. Er schob seine Hände in die Schalen ihres BHs und rieb mit den Fingern über ihre Brustwarzen. Dann drückte er den Stoff beiseite und legte ihre ganze Büste frei. Als er merkte, dass der BH jetzt in seiner ungewöhnlichen Lage Barbara unbequem war, langte er ihr auf den Rücken und öffnete den Verschluss. Rund und voll lagen jetzt die befreiten Brüste vor ihm. Er stürzte mit dem Mund darüber her, leckte in grossen Kreisen um sie herum, indem er an der Basis begann und so, immer enger werdend, schliesslich die Warzen erreichte, die er heftig mit den Lippen und vorsichtig mit den Zähnen traktierte. Barbara bäumte sich unter dieser Liebkosung vor Wollust auf.
Norbert war bei dem letzten Akt seines Entkleidungs-Ritus angekommmen. Der Slip musste rutschen, die Festung fallen. Buchstäblich in seine Hände. Mit denen griff er zu beiden Seiten in das zarte Textil hinein und schob es etwas nach unten, soweit, dass aus dem Gummiband nun der oberste, haarige Teil ihres Schamberges hervortrat. Vorsichtig tasteten sich dort sine Finger vor. Gleich hatten sie die Spalte erreicht und streichelten sie liebevoll. Barbara zuckte zusammen. Norbert hatte ihr innerstes Zentrum erreicht. Zunächst waren es nur seine Finger, die dort ihre Wollust kräftig schürten. Aber das blieb nicht lange so. Barbara hatte sich zur Seite gelegt und mit ihren weichen, schlanken Händen damit begonnen, sein pochendes Glied zu massieren. Während Norbert ihren Kitzler streichelte, musste sie auf diese Weise an ihm spielen; so glaubte sie, etwas von der ungeheuren Spannung, die sich in ihr staute, wieder abgeben, auf ihren Partner übertragen zu können. Norbert aber war auf diese zusätzliche Spannung gar nicht angewiesen. Das Blut schien in den Schwellkörpern seines steif aufgerichteten Phallus ohnehin zu kochen. Jedesmal, wenn es Barbara aus den Händen glitt, vibrierte es im Rhytmus seines Pulsschlags gegen den Unterleib. Als Barbara nun auch damit begann, ihn leidenschaftlich zu küssen, wurde Norbert die sexuelle Erregung schier unerträglich. Er zog der Ärztin den Slip vollends von den Hüften, schob ihn von den Beinen und wälzte sich selber auf sie. Barbara spürte den harten Druck seines Gliedes an ihrem Unterleib. Es war ein eindringliches Pressen, das ihr fast Schmerzen bereitete. Und dieses Gefühl war es, das ihr plötzlich den Schleier der Libido wieder von den Augen nahm. Sie empfand Norbert als klobig-ungestümes männliches Wesen, das sich eine Frau nahm. Und wie er jetzt seinen Pfeil mit einem ruck in ihren köcher stiess, war es ihr, als würde sie aufgespiesst. Sie wurde genommen. Und sie liess sich nehmen. Aber selbst dann, wenn sie sich zur Wehr setzen würde, wenn sie nicht bereit gewesen wäre zu diesem Akt - an dem Verhalten des Mannes hätte sich nichts verändert. Er war dabei, die Festung zu nehmen. Norbert pumpte auf sie ein. Er rammte mit seinem Speer gegen ihren Körper an, als gälte es, ein schweres Portal aus Eichenholz aufzustossen. Es war nicht das liebevolle Ineinandergleiten, das sie durch den unerfahrenen Michael kennengelernt hatte. Bei ihm blieb immer die Frage offen, wer nun eigentlich wen nahm. Bei ihm war es ein ständiges Hin und Her, ein beidseitiges Geben und Nehmen. Jetzt, da Norbert mit brutaler Männlichkeit sein Glied in sie trieb, spürte sie ganz deutlich den Unterschied zu dem neuen Beischlafstil, dem die junge Generation huldigte. Und sie beglückwünschte heimlich alle jungen Mädchen, die in den Genuss dieser neuen, ausgewogeneren, ja fast femininen Männlichkeit kommen würden. Michael war für sie der leibhaftige, der körperlich spürbara Vertreter dieses neuen sexuellen Glücks, das sie als das bessere empfand. Mit Michael war das Zubettgehen immer eine runde Sache. Norbert hob die Hüften und kreiste mit der Basis seines Penis um den Rand ihrer feuchten Scheide. Dann stiess er wieder vor, zog sich langsam zurück, vor, zurück, vor - dann legte er sich wieder ganz auf sie und machte langsame, gleichmässige Bewegungen. "Ich will, dass du lange etwas von mir hast", sate er. "Ist das denn schön für dich?" "Ja", gab er zurück, und Barbara wusste, dass er die Wahrheit gesprochen hatte. Ja, mehr noch, er hatte seinen Egoismus entlarvt. "Da versprach der Mann der Frau Genuss", durchfuhr es sie, "um in Wahrheit doch selber nur geniessen zu können. Und selbst die Worte noch sind ihm Steigerung dieses Genusses: er ergötzt sich an seiner geheuchelten Fürsorge, verschafft sich damit die Illusion de Gebrauchtwerdens, ,eine Frau braucht doch mehr' und so. Das ist die männliche Überheblichkeit, zu glauben, eine Frau sei von diesen zwanzig Gramm Fleisch abhängig." "Spürst du mich?" wollte Norbert wissen. Barbara war klar, dass ein Lob ihn nur dazu beflügeln würde, sich noch mehr zu vergessen; dass ein Ja nicht das Beste, sondern die Bestie in ihm entfesseln würde. Sie beschloss, ihn abzukühlen. Zudem hatte sich bei ihren Gedanken irgendetwas in ihr verkrampft; Norberts Stossen empfand sie deshalb nicht mehr als angenehm. "Ja, ich spüre dich", sagte sie, "leider allzusehr." Norbert musste sie nicht recht verstanden haben, denn er pumpte weiter. "Kannst du nicht eine Pause machen?" fragte sie. "Aha, du willst also lange etwas von mir haben!" Dabei bewegte e wieder seinen Phallus unrhytmisch und aufwühlend-stechend in ihrer Scheide hin und her. "Nein!" entgegnete sie. "Du tust mir im Moment sogar weh!" "Schmerzen könne die Lust im Bett steigern", meinte er. "Bei mir nicht", stellte sie fest, "jetzt nicht. Bitte hör auf!" Norberts Pumpen wurde langsamer. "Was ist mit dir?" "Ich kann nicht." Er stützte sich auf seine Hände. Immer noch war er damit in einer Hlatung, die ganz den Mann verriet, der sich zur Befriedigung seiner Wollust eine Frau nahm. "Wieso kannst du plötzlich nicht mehr?" "Irgendetwas hat sich in mir verkrampft." "Das kriege ich schon wieder hin", behauptete Norbert, "das wäre ja gelacht!" "Nein", bat Barbara, "lass sein! Zieh ihn 'raus." Norbert hatte versucht, ihre Brüste zu liebkosen und somit neue Erregung in ihr anzustacheln. Barbara aber langte sich zwischen die Schenkel und erfasste den unteren Teil seines halbsteifen Gliedes. "Zieh ihn 'raus und leg dich neben mich!" bat sie wieder. Norbert sah sie verwirrt an. "Aber du brauchst mich doch. Du brauchst doch das, was ich hier mit deinem Körper mache." Barbara lachte laut auf. Diese Reaktion nahm Norbert jede Illusion. Sein Penis glitt abgeschlafft aus der feuchten Scheide. Mit einem Brummen wälzte er sich neben seine Partnerin. "Das ich nicht lache!" sagte Barbara. "Du tust es ja." "Wie seid ihr Männer doch komisch." "Komisch? Anders, total anders als Frauen!" "Überhaupt nicht anders. Das ist ja gerade eure Einbildung. Aber ihr lernt, geht eurem Beruf nach, seid manchmal sogar erfolgreich, bildet euch - nur mit eurer Gefühls-Bildung mangelt es an allen Ecken und Enden." "Barbara, was ist mit dir?" "Du meinst, es genüge bei einer Frau, einfach die Beine auseinander- zumachen. Weit gefehlt!" Da gibt es auch Momente, wo ein Riegel vorgeschoben ist. Wie bei einem sensiblen Mann: irgendetwas läuft ihm beim Akt zuwider, schon schlafft er ab und kann nicht mehr. Ist das so ungewöhnlich?" "Für mich schon. Ich kann immer." "Ich sprach auch von sensiblen Naturen. Aber du bist nur Natur." "Alkso doch dein Rehbock?" fragte Norbert, griff zum Nachttisch und nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel. "Meinetwegen Rehbock", gab Barbara zurück. Für sie stand fest, dass dies das letzte Mal war, dass sie mit Norbert geschlafen hatte. "Er wollte ja, dass ich ihm reinen Wein einschenke", dachte sie. "Wenn ich's jetzt tue, werde ich ihn damit abstossen. Aber, was soll's? Vielleicht bringe ich ihn dadurch dahin, dass er sich über die Spezies Frau künftig etwas mehr Gedanken macht. Und über den Sex, den er uns glaubt, schenken zu müssen. "Du brauchst doch einen Rehbock!" bettelte Norbert. "Da irrst du. Es ist anders. Wenn man Sex machen will, ist das intime Zusammensein von Mann und Frau sehr zweckmässig. Nötig ist es nur zum Kinderkriegen. Wenn es einem aber wirklich um Sex geht - und glücklicherweise ist man dabei in den letzten Jahren ja etwas toleranter geworden - dann sollte man sich aber auch gefühlsmässig ganz auf seinen Partner einstellen. Da nimmt der Mann nicht die Frau, um sie zwecks Nachwuchs zu begatten - ein schönes Wort, nicht wahr? - da ist es ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Ich weiss nicht, wie ich dir das erklären soll." "Der Mann war schon immer der aktive Teil", begehrte Norbert auf. "Das ist eine biologische Tatsache. Du als Ärztin solltest das doch eigentlich wissen." "Genau da befindest du dich auf dem Holzweg, Norbert. Wenn du so redest, muss ich ja fast beleidigt sein, da du offenbar meine Aktivität noch gar nicht bemerkt hast. Vielleicht aber hast du sie einfach übersehen, weil sie sie nicht in dein Schema passt. Bei Michael, den du so beargwöhnst, ist das anders. Der versteht, auf meine Aktivität zu reagieren. Das ist das, was ich ,Geben und Nehmen' nannte." "Dieser verflixte Bengel hat dir ganz schön den Kopf verdreht." "Den Kopf? Ich denke, wir sprechen vom Sex? Kann ich dafür, wenn ein rehkitz einen rehbock an Qualitäten, wie sie eine moderne, emanzipierte Frau heute im Bett verlangt und erwartet, weit überragt? Wir hatten uns vorher darüber ausgesprochen. Du konntest ja nicht anders, als den Beweis deiner Überlegenheit an Ort und Stelle anzutreten. Das Ergebnis kennst du jetzt." "Barbara..." "Und wenn du mich schon als Ärztin ansprichst, da kann ich dir viel mehr erzählen. Leider verwechseln viele Rohheit, Gefühllosigkeit mit Männlichkeit. Du siehst also: es kommt demnach nicht so sehr darauf an, was man als Mann zwischen den Beinen hat, sondern was man damit macht. Toll, wenn einem dort ordentlich etwas gewachsen ist und wenn man damit umzugehen versteht. Das geht dann aber schon vom Sex in Liebe über, zumindest in Eros. Schade, dass die meisten Männer nicht wissen, was Eros ist. Die Jungen lernen es erst wieder." "Du verstehst einen ganz schön fertigzumachen!" ",Fertigmachen' ist gut." "Ja, leider nicht sexuell.
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Ansonsten auch ein paar Absätze hätten der Geschichte gut getan.«
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Helios53
Dann noch lieber Rosamunde P.«
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"Und damit ist wieder eine Geschichte zum Ende gekommen."«
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