Chef de Cuisine
von Doris Anbetracht
Er sah ihn. Hörte sein jungenhaftes Lachen. Blickte in seine strahlenden Augen, als er sich umdrehte.
Uwe verliebte sich augenblicklich in Sven. Dessen blonde, kurze Haare waren verwuschelt, wie frisch aus dem Bett aufgestanden. Nur dass jetzt Abend war und sie sich auf der Eröffnungsfeier eines neuen Restaurants befanden. Sven war der Inhaber dieses erlesenen Gourmettempels. Und gleichzeitig Chef de Cuisine.
Viele geladene Gäste standen um Sven herum. Uwe war Jennifers Begleiter. Seine kleine Jenny, seine Schwester, die gerade keinen Freund hatte, aber unbedingt der Einladung folgen wollte. Eigentlich war er nicht auf den Schicki-Micki-Kram erpicht gewesen, Jenny hatte ihn so lange mit flehenden Augen angeschaut, Drohungen ausgesprochen, dass sie nicht mehr seine Lieblingsschwester wäre und sich dann den nächsten Penner schnappen würde, um sich von dem vögeln zu lassen, dass er nach dem letzten Argument dann zustimmte. Wählerisch war sie noch nie gewesen. Also traute er ihr auch einen Penner zu. Und das war so mit eins der letzten Dinge, die Uwe bei seiner kleinen Schwester erleben wollte.
Nun stand er in dem Restaurant und schaute sich die Menschentraube um Sven an. Es schien, als wäre Sven ein neuer Gott am Kochhimmel. Und er lächelte alle an, erzählte und gestikulierte. Die Gäste hingen gebannt an seinen Lippen, beobachteten jede Bewegung. Uwe fand das lächerlich. Ein Mann wie andere auch. Was faszinierte die Menschen immer nur so an anderen, dass sie wie Groupies um einen herum waren? War es der Ruhm? Sein Können, Lebensmitteln eine extravagante Prägung zu geben? Oder fanden sie den Mensch an sich faszinierend?
Auch Uwe war sich bewusst, dass er an Svens Lippen hing. Aber ihn interessierte dabei nicht, was er sprach. Hörte nur seine Stimme, sein Lachen, welches so natürlich klang. Alles daran war authentisch, nichts gekünstelt, wie viele Leute es taten, die im Rampenlicht standen. In seinem Inneren kochte eine Leidenschaft hoch. Seine Leidenschaft. Uwe liebte authentische Personen. Und er verliebte sich nur in solche. Das Geschlecht war ihm dabei egal. Nur meistens waren es junge Männer. Ein gewisses Maß an Intelligenz setzte er voraus. Schließlich stellte er hohe Ansprüche an Konversationen und auch gutes Auftreten.
Alle klatschten Beifall und Uwe erwachte aus seinem Tagtraum. Das Buffet war eröffnet. Mit Tellern und Besteck bewaffnet, strömten die Massen an die Tische, auf denen Sven und seine Mitarbeiter die Speisen kunstvoll serviert hatten. Die Fressschlacht hatte begonnen. Uwe sah, dass Sven, ebenso wie er selbst, abseits stand. Sein Blick wirkte verklärt, wenn nicht sogar traurig. Als ob es ihn betrüben würde, dass seine kulinarischen Kunstwerke zerstört werden.
Uwe ging langsam zu Sven hinüber.
"Hallo, tolle Eröffnung. War noch nie bei einer solchen dabei." Schon während Uwe diese Worte aussprach, kam er sich vor wie ein Volltrottel. Damit outete er sich als Banause, der er eigentlich nicht war. Nur eben kein Partylöwe.
"Findest du wirklich? Ach, immer diese Reden. Ich mag das nicht. Lieber stehe ich in meiner Küche und zaubere. Dieses ganze Drumherum ist mir zuwider."
Paff, voll ins Fettnäpfchen getreten. Aber auch jetzt wieder, Authentizität auf der ganzen Linie. In seiner Stimme klang eine gewisse Wehmut mit.
"Du ziehst die Menschen förmlich in deinen Bann. Sie kleben an deinen Lippen wie Fliegen am Honig."
'Mensch Uwe, was laberst du dir für einen Mist zusammen?'
"Quatsch! Das ist denen doch egal. Sie wollten gar keine lange Rede. Das Buffet ist eröffnet, hätte ihnen schon gereicht. Schau dir das gefräßige Volk doch einmal an. Wie ein Heuschreckenschwarm sind sie über die Speisen hergefallen. Keine ehrfürchtige Bewunderung meiner Kreationen, nein, sie trieb nur das kostenlose Essen hierher. Warum bist du nicht dort drüben?" Sven schaute von dem Pulk zu Uwe. Seine Augen blitzten förmlich dabei.
Uwe bekam weiche Knie. Waren das klare Seen. Die Energie, die Sven ausstrahlte, ging auf ihn über. Als wäre er die zweite Hälfte eines Ganzen, so verbunden fühlte er sich in diesem Moment. Und dabei wusste er nicht einmal, ob Sven auf Männer oder Frauen stand. In seinem Inneren war Sven gerade das passende Puzzleteil zur Perfektion. So hatte er das noch nie gespürt. Schmetterlinge flatterten wie wild in seinem Bauch.
"Ich habe nicht wirklich Hunger", was gerade der Wahrheit entsprach. "Außerdem begleite ich meine kleine Schwester, die dein Event auf gar keinen Fall verpassen wollte. Allein hingehen aber auch nicht." 'So, jetzt bin ich unten durch. Kommt heute nur Schwachsinn aus meinem Mund? Das kommt doch als totales Desinteresse und Ignoranz an seiner Kochkunst rüber. Was ist nur los mit mir?'
Uwe verdrehte innerlich die Augen.
Sven strahlte ihn an: "Danke, das ist wenigstens ehrlich. Warte, ich habe eine Idee. Komm mit in die Küche. Ich möchte den Gästen nicht beim Essen zuschauen. Hauptsache, die Presse schreibt morgen eine positive Bewertung und ich kann danach wieder in meiner kleinen Welt arbeiten. Unbehelligt von irgendwelchen Schmarotzern, die sich auf meine Kosten den Bauch vollschlagen."
Er wartete gar nicht erst auf die Zustimmung von Uwe, sondern umfasste seine Hand und zog ihn einfach hinter sich her. Kleine Stromschläge durchfuhren die Schmetterlinge im Bauch. Svens Hände waren fest zugreifend und doch sanft und geschmeidig. Lange Finger umgriffen die Knöchel seines Handgelenkes. Finger, die auch einem Pianisten gehören könnten. Er verschmolz regelrecht mit ihm. Eine Einheit. Leider währte sie nur kurz. In der Küche angekommen, ließ Sven los.
"Komm her und probiere bitte einmal dies hier. Wie heißt du eigentlich? Es kommt mir vor, als kennen wir uns schon ewig."
"Uwe, mein Name ist Uwe. Ich bin mit Jenny hier."
"Uwe. Hmmm, da fällt mir sofort eine Idee ein. Warte kurz."
Sven fuhrwerkte in einigen Töpfen herum. Probierte hier, würzte dort nach. Mit einem Teller voller kleiner Köstlichkeiten kam er zu Uwe zurück. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit in der Küche umgeschaut. Die einzelnen Speisen verströmten unterschiedliche Aromen.
"Jenny? Die kleine Schwarzhaarige mit den grünen Augen und dem geilen Körper?"
"Ja, das ist meine Schwester."
'Mist, er steht auf Mädchen. Aber warum fühle ich mich ihm so nah? So wie ein Ganzes, das nur darauf wartet, nach langer Zeit wieder zusammen zu kommen?'
"Hier probiere das mal."
Erneut riss Svens Enthusiasmus Uwe einfach mit und aus dem Grübeln. Er öffnete dem entgegenkommenden Löffel seinen Mund und schmeckte die Kreation schon, bevor sie auch nur auf seiner Zunge gelandet war. Köstlich. Minzsorbet mit einem Hauch Zitrone. Eigenwillig und doch ... stimmig. Uwe schaute Sven tief in die Augen und packte dabei dessen Hand. Eine Erkenntnis kam in Svens Augen zum Vorschein. Streichelte mit einem Finger über dessen Handrücken. Verlangen erschien nun in Svens Augen. Er stellte den Teller auf die Ablage neben sich und fuhr danach damit durch Uwe braune Haare, verwuschelte sie. Dass seine Mitarbeiter in diesem Moment alle auf die beiden jungen Männer schauten, bekamen diese gar nicht mit. Uwe zog den Löffel mit Svens Arm aus seinem Mund und drückte ihn stattdessen auf Svens Lippen. Der Geschmack des Sorbets ging in Svens Mund über. Es klirrte und der Löffel fiel zu Boden. Beide küssten sich innig und liebevoll. Ihre Hände streichelten sich gegenseitig.
“Uwe, ach hier bist du!” Jennys Stimme riss die beiden aus ihrer kurzen Umarmung. Erst jetzt wurde Uwe und Sven bewusst, wo sie sich befanden und dass sie nicht allein waren. Svens Gesicht überzog eine leichte Röte.
"Jenny. Was ist denn?" Uwe war selbstbewusst und ihn störten die Zuschauer nicht. Seine Bisexualität war kein Geheimnis.
"Du, ich habe einen süßen Typen kennen gelernt. Der fährt mich nachher zurück. Vielleicht nicht auf dem direkten Weg, aber der ist echt zum Fressen süß." Mit zwinkernden Augen verkündete Jenny das als Tatsache, die unumstößlich und unumstritten war.
Eifersucht kochte in Uwe hoch. Seine kleine Jenny und schon wieder so ein Kerl, der garantiert nur ihren Körper wollte. Und nachher heulte sie ihm, ihrem großen Bruder und liebsten Schwarm, die Ohren voll. Die beiden pflegten eine sehr innige Geschwisterbeziehung. Aber Uwe hatte gerade besseres zu tun, als seine Schwester zu bemuttern. Seine Eifersu
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Obwohl, man sollte letzlich die direkte Geilheit nicht vergessen, zur wirklichen Liebe gehört wohl doch etwas mehr als nur ein romantischer Sonnnenuntergang. Aber schön war's trotzdem-...«
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