Da, wo ich immer die Zwiebeln schnitt
von Leichtgewicht
Wir waren über den Berg und feierten bei einer bereits gut abgelagerten Flasche St. Emilion das Ende aller Sorgen. Der St. Emillion war nicht unbedingt mein Wein. Ich mochte es leichter und etwas süßer. Er war auch nicht der bevorzugte Wein von Horst, meinem Mann, mit dem ich nun fünf Jahre mehr oder weniger glücklich verheiratet war. Er mochte es etwas preiswerter. Stephen hatte den Wein mitgebracht. Guter Stephen. Horsts Freund seit Jugendtagen, ohne den wir das alles hier nicht geschafft hätten.
Stephen hatte eine IT-Firma aufgemacht, als das Internet zu boomen begann, die Firma rechtzeitig verkauft und sich dann ganz auf den Service konzentriert.
Horst hatte nicht so viel Glück. Er startete zu spät. Zwar lief alles gut an, aber dann platzte die Internetblase und kam die große Flaute. Rettung kündigte sich an in Gestalt eines Großauftrages. Doch dafür hätten wir investieren müssen, und keine Bank gab uns den benötigten Kredit. Der Auftrag allein war ihnen eine zu geringe Sicherheit.
„Aufträge lassen sich stornieren, wussten Sie das nicht?“
In seiner Not fragte Horst Stephen. Stephen zögerte zunächst, denn wir wussten alle, dass Freundschaft und Geschäft nicht zusammenpassen. Und geliehenes Geld ist immer böses Geld, wenn es um Gefühle geht.
Schließlich fanden die beiden Männer einen Kompromiss. Stephen stieg bei Horst als stiller Teilhaber mit vierzig Prozent ein und gab uns einen Kredit, der durch eine Zweithypothek auf unser Haus abgesichert wurde. Stephen war klar, dass dieses keine erstklassigen Sicherheiten waren. Aber wir alle taten so als ob. Mehr als vierzig Prozent wollte Stephen nicht, denn er hatte nicht die Absicht, sich mit Horst in der Geschäftsführung zu streiten.
Und heute Abend, wo nun alles in trockenen Tüchern war, der Großauftrag abgewickelt und abgerechnet war, da leisteten wir uns einen Zurücklehnabend. Den ersten seit fünf Jahren. Es hätte ein wirklich schöner Abend werden können, wenn mein Esel von Mann nicht auf die glorreiche Idee gekommen wäre, Stephen ausdrücklich zu danken.
„Ich weiß gar nicht, was wir ohne dich gemacht hätten, Stephen.“
„War doch nichts“, wiegelte Stephen ab.
„Doch, doch. Dein Risiko war nicht gerade gering, und Du hattest nicht viel zu gewinnen.“
„Dafür sind wir doch befreundet.“ Stephen war das Gespräch sichtlich unangenehm. Das konnte ich sehen. Aber mein Horst bekam mal wieder überhaupt nichts mit.
„Ich würde mich gern bei Dir revanchieren“, sagte Horst.
Gut, dachte ich, kauf ihm ein paar richtig gute und teure Flaschen Rotwein und halt endlich den Mund.
„Gibt es irgendeinen geheimen Wunsch, den wir dir erfüllen können?“
Hört, hört, auf einmal hieß es wir.
Stephen schüttelte den Kopf.
„Nein, ich meine es ganz ehrlich.“
Horst, du Idiot, sei still und lass es sein, dachte ich nur noch.
Stephen hob in seiner Verzweifelung die Hände, schaute mich an, zwinkerte mir zu und sagt dann ganz trocken:
„Na gut, ich würde gerne mal eine Nacht mir Doris verbringen.“
Wenn dieses Geständnis kein Stopper für jegliche Konversation war, dann wusste ich es auch nicht. Ich konnte sehen, wie Horst förmlich nach Luft schnappte. Und auch mir verschlug es den Atem.
Stephen hatte sich mir gegenüber immer korrekt verhalten. Ich wusste, dass er mich mochte, gelegentlich Komplimente über meine Beine machte, und mit Horst schimpfte: „Du solltest Deiner Frau auch mal, was Nettes sagen.“ Worauf Horst in bester Mannesmanier antwortete: „Warum denn, sie weiß doch, dass ich sie liebe.“ Das waren so Augenblicke, an denen ich ihm am liebsten eine gescheuert hätte.
Stephen sah unsere entsetzten Gesichter.
„Kommt lasst gut sein“, sagte er, „war nur ein Scherz. Und noch nicht einmal ein guter.“
„Ne, ne lass man. Kam nur etwas unerwartet.“ Horst rang immer noch sichtbar um Fassung.
„War wirklich nicht ernst gemeint“, sagte Stephen.
„Du hast wirklich viel für uns getan.“, sagte Horst.
Herr im Himmel! Ich rief alle mir bekannten Gottheiten an, sie möchten doch bitte schön, meinem Mann eine Funken Verstand senden. Konnte er denn nicht sehen, wohin er uns trieb?
„Ich kann natürlich nicht für Doris entscheiden“, sagte Horst, „aber wenn sie einverstanden ist …“
Bin ich nicht schrie ich mit stummer Stimme auf. Ich mochte Stephen. Er war attraktiv, und sein etwas burschikoser Charme wirkte auch bei mir. Aber man bietet doch seine Ehefrau nicht einem Freund an, nur weil man glaubt, sich für etwas revanchieren zu müssen. Horst sah das wohl völlig anders. Er kam sich sogar richtig großartig vor, hatte ich den Eindruck.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, sagte ich etwas zögerlich.
Mein Fehler. Ich hätte in dieser Situation ganz klar sagen müssen, dass das für mich überhaupt nicht in Frage kommt, denn Horst hob mich mit seinen nächsten Sätzen völlig aus dem Sattel.
„Nun stell dich doch nicht so an. Das ist doch das Mindeste, was wir für Stephen tun können. Seinen geheimen Herzenswunsch erfüllen.“
Ich konnte es nicht fassen. Wollte er tatsächlich, dass ich mit Stephen ins Bett ging. Und am besten noch gleich und hier und vor seinen eigenen Augen? Das konnte doch wohl nicht wahr sein.
„Horst, es war ein dummer Scherz.“ Stephens letzter Versuch, aber Horst hatte sich bereits zu weit aus dem Fenster gelehnt.
„Wieso, magst du Doris nicht?“
„Aber sicher mag ich sie. Sie ist attraktiv. Ich fand sie schon immer begehrenswert, aber sie ist deine Frau und das bedeutete für mich immer „Hände weg“. Und daran hat sich bis jetzt nichts geändert.
Bis jetzt. „Bis jetzt“ hat immer zwei Bedeutungen. Unverändert auch in Zukunft, oder ab heute ist alles anders. Was ist nun, Stephen, bin ich ab jetzt Jagdwild für dich?
„Dann ist doch alles klar“, sagte Horst und machte eine generöse Geste, oder was er dafür hielt. „Meinen Segen habt ihr.“
Stephen setzte sich gerade hin. Das kannte ich an ihm. Jetzt wurde es ernst.
„Du willst aber jetzt nicht hier bei uns bleiben?“, fragte er.
„Äh, nein, natürlich nicht.“ Horst fing ein wenig an zu stottern, was mir ein riesiges Vergnügen bereitete.
„Gut“, sagte Stephen. „Dann schlage ich vor, dass du hoch gehst und dich in euer eheliches Schlafzimmer zurückziehst, denn ich glaube nicht, dass du uns auch noch die Ehebetten zur Verfügung stellen willst.“
Das saß. Treffer auf die Zwölf. Und jetzt blas’ alles ab, Horst dachte ich. Mach diesem Unsinn ein Ende. Außer einer kleinen Blamage ist noch nichts passiert. Und die geschieht dir nur zu Recht.
Aber entweder konnte Horst meinen Gesichtsausdruck nicht lesen oder die kleine Blamage war für ihn schlimmer als alles andere. Konnte dieser Idiot denn nicht sehen, dass er seine Ehe aufs Spiel setzte?
Nein konnte er nicht. Er zog ab wie ein begossener Pudel und ließ Stephen und mich alleine zurück.
Die Stille in unserem, eben noch so lebhaftem Wohnzimmer war bedrückend. Stephen sprach kein Wort und saß unbeweglich in seinem Sessel.
„Und nun? Was ist nun?“, fragte ich endlich mit einer kratzigen Stimme, die nicht zu mir zu gehören schien.
„Nichts“, sagte Stephen. „Ich muss nachdenken.“
Stephen dachte nach, während er redete. So als würden erst seine eigenen Worte ihm helfen, die Gedanken zu fassen.
„Nichts“, sagte er noch einmal. „Wir tun nichts, trinken noch ein Glas Rotwein, plaudern ein wenig, und dann schicke ich dich hoch ins Bett in euer eheliches Schlafgemach. Nur …“
„Nur?“, fragte ich nach.
„Nur wüsste ich nichts, worüber ich im Augenblick plaudern könnte, und schlimmer noch, deutlicher könnte ich Horst nicht zeigen, was für ein Depp er ist und was ich von ihm halte.“
„Horst ist mehr als ein Depp. Er ist ein richtiger Idiot.“
„Um so wichtiger, dass ich es ihm nicht auch noch unter die Nase reibe. Aber egal. In seinen Augen hat er mir ein Riesengeschenk präsentiert. Wenn ich das ablehne, und er sich dadurch auch weiterhin in meiner Schuld sieht, dann war das das Ende unserer Freundschaft. Dieser Depp hätte wissen müssen, dass man Ehefrauen nicht so einfach verschenken kann.“
Stephen hatte es auf den Punkt gebracht und in mir kam der ganze Ärger wieder hoch, den ich verspürt hatte, als Horst sich so in Szene setzte.
Ich wollte etwas sagen, aber Stephen streckte seinen Arm in meine Richtung aus, klappte ihn einfach aus, so dass der Oberarm auf der Armlehne meines Sessels ruhte, die Handfläche nach oben zeigte und die Finger leicht gekrümmt aussahen, als wollten sie etwas einfangen. Mich sah er dabei nicht an.
„Wenn wir aber tatsächlich etwas anstellen sollten …“
Anstellen, was für ein Wort, dachte ich.
„… dann habe ich keine Ahnung, was das für Folgen haben wird. Horst wird wissen wollen, wie es war, du wirst es ihm nicht sagen können oder wollen, und ihr werdet auch später nie richtig drüber reden können. Ich werde immer zwischen euch stehen, und er wird es mir verübeln. Ich kann machen, was ich will. Ich denke, die Freundschaft zwischen Horst und mir hat heute ihr Ende gefunden. Eine schöne Scheiße ist das.“
„Du kannst nichts dafür“, sagte ich. Es war ein billiger Trost, und ich wusste es auch. Als wenn die Schuldfrage etwas mit Konsequenzen zu tun hätte. Ich begann mit Stephens Fingern zu spielen.
„Da bleibt nur die kleine Hoffnung, dass wir alle drei eine Menage á trois
führen könnten. Aber wer von uns Dreien will das schon.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Keiner der beiden Männer schien auch nur den kleinsten Gedanken daran zu verschwenden, was ich eigentlich dazu zu sagen hatte. Ich hatte diesen Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da sagte Stephen:
„Du siehst Doris, es ist ganz allein deine Entscheidung. Horst hat sich festgelegt, was ich denke, ist völlig belanglos. Du hast den schwarzen Peter. Das hätte ich dir gern erspart.“
Ja, was wollte ich. Ich wusste, was ich wollte. Ich wollte, dass alles so blieb, wie es war, aber das ging nun nicht mehr. Und richtig machen konnte ich auch nichts mehr. Ich griff etwas fester nach Stephens Fingern und suchte seinen Blick. Ich war genau so hilflos wie er.
Stephen drehte den Kopf, sah mich an und stand auf. In aller Gemütsruhe zog er sein Hemd aus. Ein Unterhemd trug er nicht. Sein Oberkörper war athletisch geformt. Ich wusste, dass er gern turnte. Man sah es seinen Muskeln an.
Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust.
„Hier, fass mich an. Was spürst du?“
Ich spürte seinen Herzschlag, seine warme Haut, ließ meine Hand über seine Muskeln gleiten, fühlte, wo es fester war und wo das Fleisch nachgab. Ich fühlte so viel, auch in mir selbst, dass ich staunen musste, was einem die eigene Hand alles erzählt.
„Und was spürst du jetzt?“, fragte Stephen und legte seine Hand auf meine Brust.
„Nacktheit“, wollte ich rufen, aber mein Mund blieb geschlossen. Ich trug nur ein blaues Hängerchen aus schwerer Seide ohne einen BH darunter und über dem Hängerchen und seinen Spaghettiträgern eine Art Capé. Das hatte ich den ganzen Abend geschlossen getragen, aber jetzt hatte es sich geöffnet und war mir sogar von der einen Schulter geglitten.
Wir standen uns wortlos gegenüber. Meine Hand glitt unruhig über Stephens Brust, seine Finger begannen ganz sanft in mein Fleisch zu drücken. Er wartete. Er wartete darauf, dass ich mich von ihm abwendete oder auf ihn zuging. Ich konnte beides nicht und stand wie gelähmt bis auf meine Finger, die nicht aufhören wollten ihre Kreise zu ziehen.
Da nahm Stephen seinen freien Arm, griff mich um die Taille und zog mich ganz nah an sich heran. Ich wartete nur darauf, dass er mich nun küsste. Ich hätte keinen Widerstand geleistet, aber Stephen dachte gar nicht daran.
„Nein, Doris“, sagte er, „ich werde dich nicht verführen.“
Er nahm seine Hand von meiner Brust, öffnete seinen Gürtel und einen Knopf und ließ dann seine Hose einfach runter fallen.
„Ich möchte nicht, dass du später Verführung als Entschuldigung gebrauchen kannst. Nicht vor Horst und erst recht nicht vor dir selbst.“
Und dann zog er auch noch seine Boxershorts nach unten, hob die Füße und stieg aus seinem Kleiderbündel.
Ich senkte den Blick. Ich konnte nicht anders. So wie ich vor Stephen stand musste ich ihn mit Horst vergleichen. Stephen war klüger als Horst, und er sah auch besser aus. Wo Horst erfolgreich war, war Stephen noch erfolgreicher, und was meine Augen da vor mir sahen, war männlicher als alles, was ich bei Horst jemals finden konnte. Ich verglich und sagte mir, dass ich Horst liebte und nicht Stephen, und die Natur in mir erzählte mir etwas von einem Kind, was ich noch nicht hatte und forderte mich auf, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Und was ich dann in der Hand hielt war hart, warm und pulsierte voller Lebenskraft.
Stephen drückte mich sanft nach unten, und ohne zu zögern nahmen meine Lippen seine Eichel auf, spielte meine Zunge mit der glatten Oberfläche und eilte dann den Schaft hinunter und wieder hinauf.
„Ja, das ist es. Das ist es“, hörte ich Stephen sagen.
Als er mich endlich hochzog hatte ich in meinen Knien bereits kein Gefühl mehr. Er zog mir den Slip aus und legte mich einfach über den Esstisch, beugte sich über mich und drückte die Spitze, die ich gerade noch liebkost hatte, leicht gegen meine Klit. Er nahm die Hand zur Hilfe, pflügte mit seinem Stab durch meine Furche, drückte meine Schamlippen auseinander und nahm den Weg wieder zurück. Mit jedem Hin und Her schaffte er sich mehr Raum und drückte fester, bis er eine Position gefunden hatte, in der es nur noch eine Bewegungsrichtung gab. Vorwärts.
Ich hatte die Arme aufgestützt und sah voller Erstaunen auf das, was sich da zwischen meinen Beinen abspielte, sah ungläubig, wie Stephen seinen Stab in mir verschwinden ließ, als wäre es gar nichts. Momente zuvor hatte ich noch daran gezweifelt, ob ihn überhaupt würde aufnehmen können. Jetzt ging er in einer einzigen Bewegung in mich hinein, als hätte alles in mir nur auf ihn gewartet. Ein ganz kleiner Laut entfloh meinem Mund, da begann Stephen sich bereits wieder zurückzuziehen und auf den zweiten Stoß vorzubereiten. So langsam und mit so großen Bewegungen hatte mich noch kein Mann geliebt. Ich konnte mich gar nicht satt sehen an diesem seltsamen Anblick.
„Das ist erstaunlich“, hörte ich mich sagen. „Das ist … Das ist der Wahnsinn. Der absolute Wahnsinn.“
„Ja, es ist schon eine Art Wunder“, sagte Stephen und fuhr mit seinen langsamen Bewegungen fort. Meine Arme begannen unter der Last meines Oberkörpers zu zittern und gaben endlich nach. Ich lag nun auf dem Rücken und sah nur noch den Kristalllüster über mir, den Horst und ich einmal auf einem Flohmarkt gekauft hatten, sah einen Fleck an der Decke, wo mir bei der Renovierung der Pinsel abgerutscht war, drehte den Kopf auf die Seite und bewunderte die feine Maserung des Holzes, derweil Stephen in unverändert langsamem Tempo mich langsam einem Höhepunkt entgegenbrachte.
Ich vergaß das Holz des Tisches und spürte wie mein Körper flüssig wurde. Mein Blut pochte, immer mehr Feuchtigkeit strömte zwischen meinen Beinen und die ersten winzigen Schweißperlen versammelten sich zwischen meinen Brüsten unter dem blauen Seidenstoff.
Stephen küsste mich lange. Es war der erste Kuss heute Abend. Mir kam er etwas spät, Stephen hatte die korrekte Reihenfolge nicht eingehalten. Man sollte eine Frau küssen, bevor man mit ihr schläft. Oder überhaupt nicht küssen. Dann weiß die Frau wenigsten, woran sie ist. Aber so? Stephen unterbrach meine Gedanken, indem er einfach aus mir heraus glitt. Er half mir auf die Füße und sagte nur:
„Komm.“
Ich wusste nun überhaupt nicht mehr, woran ich war. Er führte mich vom Wohnzimmer in die Küche, wo ich das schmutzige Geschirr vom Abendessen auf der Insel neben dem Abguss gestapelt hatte, drehte mich zu Arbeitsfläche und drückte meine Beine auseinander. Dann drang er von hinten in mich ein. Ich musste aufschluchzen, so intensiv war das Gefühl. Ich beugte mich nach vorn und legte mein Gesicht auf die Arbeitsfläche. Sie roch ganz leicht nach den Zwiebeln, die ich am Nachmittag noch hier geschnitten hatte. Ein winziger Schnipsel war meinem gründlichen Auge entkommen. Ich pickte ihn auf, steckte ihn in meinen Mund und biss darauf. Sein scharfer Geschmack biss mir in die Zunge. Von hinten durchbohrte mich Stephen mit seiner Lanze.
Ich konnte mich nun völlig gehen lassen. Aber als mein Atem begann schneller zu werden, ließ Stephen wieder von mir ab.
„Komm“, sagte er und führte mich in den kleinen Raum zwischen Ess- und Wohnzimmer, wo unser Fernsehapparat stand. Er ließ sich in den Liegesessel fallen zog mich mit sich und bat:
„Setz dich auf mich. Nein, anders herum. Mit dem Rücken zu mir.“
Es wurde mehr ein Liegen als ein Sitzen. Ich hoffte, ich würde Stephen nicht zu schwer, aber endlich konnte ich einmal das Tempo der Bewegung bestimmen.
Stephen griff nach der Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Programme. Das ärgerte mich enorm, und ich erhöhte das Tempo.
Stephen fand eine Talkshow, in denen sich irgendwelche unbekannte Landesminister gegenseitig das Wort abschnitten, senkte den Lautpegel so weit, dass nur noch ein Flüstern, aber keine Worte mehr zu verstehen waren, und legte die Fernbedienung wieder beiseite.
Wurde auch Zeit giftete ich.
Stephen konzentrierte sich nun ganz auf mich. Er hielt sich an meinen Brüsten fest und kam meinem Tempo entgegen. Er biss mich in die Schulter, nippte an meinem Ohrläppchen und spielte mit meinen Brustwarzen. Vor mir hatte ich die wechselnden Gesichter älter Herren, die von Alkohol, Alter und Selbstüberschätzung aufgedunsen waren. Ich hätte mir ein schöneres Bild gewünscht. Warum hast du den Fernseher eingeschaltet, Stephen, fragte ich mich.
Viel zu schnell hob Stephen mich von seinem Schoß, zog mich hinter sich her, griff unterwegs mit der freien Hand nach Schuhe, Hemd und Hose, die auf der Erde lagen und ging zur Haustür.
„Komm, bring mich zu Tür“, sagte er, ließ seine Sachen neben der Garderobe wieder fallen, drückte mir auf die Schulter und schob mir sein Glied wieder in den Mund. Ganz wie am Anfang. Dieses Mal ging es schneller. Bereits nach wenigen Augenblicken hörte ich ihn keuche.
„Ah jetzt“, stieß er aus und entlud sich ich meinem Mund. Bevor ich entscheiden konnte, was sich eigentlich wollte, war alles vorbei. Ich behielt das gute Stück noch einen Moment zwischen meinen Lippen, überlegte, ob ich alles ausspucken oder schlucken sollte und entschied mich fürs Schlucken.
Stephen zog seinen Hosen wieder, dann das Hemd, ohne es in die Hosen zu stecken, stieg in seine Schuhe und stopfte die Socken in die Hosentasche. Dann küsste er mich auf die Wange, bot mir seine Wange zum Kuss an und sagte zum Abschied nur noch:
„Vertrau mir.“
Ich blieb zurück wie vom Donner gerührt. Was meinte er damit. Und was glaubte er, sich erlauben zu können. Ich war noch nicht einmal gekommen.
Ich war aufgewühlt und frustriert zugleich. Ich ging nach oben zu Horst in unser Schlafzimmer, putzte mir noch nicht einmal die Zähne, weil ich den Geschmack von Stephen mitnehmen wollte, aber machte immerhin auf dem Weg nach oben den verdammten Fernseher aus. Auch wenn ich wusste, dass Horst noch nicht schlief, bemühte ich mich so leise wie möglich zu sein, damit er wenigstens die Möglichkeit hatte, so zu tun, als ob er schliefe. Aber nein, kaum war ich unter meine Bettdecke geschlüpft, da fragte er mich auch schon:
„Na, wie war’s.“
Ich fluchte in mich hinein. War es nicht genau das, was Stephen mir prophezeit hatte? Ich murmelte ein paar Sätze vor mich hin, in denen er die Worte müde und morgen heraushören konnte, wenn er wollte. Wenn er jetzt nicht den Mund hielt, dann würde unweigerlich irgendwann auch die Frage kommen, ob Stephen besser war als er, der Horst. Ich hatte wirklich keinen Geist mehr, mich auf so etwas einzulassen.
Ich legte mich auf den Rücken und versuchte einzuschlafen, aber konnte nicht. Neben mir lag Horst und war wahrscheinlich auch hellwach. Ich ließ mir den ganzen Abend noch einmal durch den Kopf gehen, wollte verstehen, was passiert war, was da unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatte. Weit kam ich nicht. Als ich mich in meinen Gedanken noch einmal auf dem Esstisch liegen sah, wurde ich bereits wieder feucht. Es dauerte nicht lange und mein Finger verschaffte mir endlich den lang ersehnten Orgasmus. Das muss man sich mal vorstellen. Da hast du die halbe Nacht einen unglaublichen Sex, und dann musst du es dir auch noch selbst machen. Mit rabenschwarzen Gedanken über die Welt im Allgemeinen und die Männer im Besonderen schlief ich dann endlich ein.
Horst musste am nächsten Morgen früh raus und ich stand aus Solidarität mit ihm auf, kochte den Kaffee und backte die Brötchen auf, während er noch im Bad herumtrödelte. Das Frühstück verlief einsilbig. Ich hatte keine Lust zum Reden. Horst schien das für schlechte Laune zu halten, aber das war es nicht. Er versuchte sogar mich aufzumuntern mit so Sprüchen wie „Einmal ist keinmal“ oder „mach dir keinen Kopf“, und hatte überhaupt kein Gespür, wie es in mir aussah. Wie sollte er auch. Ich wusste es ja selber nicht.
Wie jeden Morgen brachte ich Horst zu Tür und verabschiedete ihn mit einem Kuss auf die Wange. Genau in diesem Augenblick waren alle Bilder wieder da. Stephen lehnte an der Türklinke. Ich küsste ihn zum Abschied auf die Wange und schmeckte ihn immer noch so, wie er in meinem Mund gekommen war. Ich riss mich von Horst los und rannte zurück in die Wohnung.
Der lange Rest des Tages war ein einziger Albtraum. Ich lag auf der Couch und blätterte in ein paar Modejournale, und immer wenn ich den Blick hob, sah ich den Esstisch, auf dem ich gestern Nacht gelegen hatte. Ich fand einen Fleck und versuchte hektisch mit Möbelpolitur die Spuren der Nacht zu tilgen.
Im Laufe des Tages rief Horst mich an, aber nur um mir mitzuteilen, dass es etwas später würde. Wusste er denn nicht, dass er mir etwas Persönliches hätte sagen müssen?
Am Nachmittag begann ich das Abendessen fertig zu machen. Eine Kleinigkeit für mich. Horsts Portion würde ich in den Eisschrank stellen. Ich holte eine Gemüsezwiebel aus dem Kühlschrank und begann sie zu schälen und dann in kleine Stücke zu schneiden. Als mir klar wurde, was ich da tat, musste ich lachen, beschloss sehr unartig zu sein und zerstückelte das restliche Gemüse in einer sehr breitbeinigen Stellung.
Den Abend verbrachte ich vor dem Fernseher, konnte mich auf keine Sendung konzentrieren und zappte ziellos durch die Programme. Als das Türschloss knackte und Horst rein kam, schaute ich gerade ein Expertengespräch.
„Seit wann interessierst du dich denn für Politik?“, wollte Horst wissen.
„Wenn man den Ton wegdreht, kann es ganz amüsant werden.“ Ich bereute sofort meinen etwas schnippischen Ton, aber Horst zuckte nur mit den Achseln, holte sich sein Essen aus dem Kühlschrank und vernichtete es im Stehen. Er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich und keine Lust auf eheliche Nickelichkeiten.
Ich stellte den Ton ab und machte es mir selbst. Das hatte er jetzt davon.
Im Verlauf der Woche beruhigte sich die Situation wieder, und ich war nicht mehr ganz so gereizt. Aber Horst und ich umkreisten uns wie zwei Tiger, deren Reviere sich kreuzten. Am Mittwoch der folgenden Woche, es war früher Nachmittag, klingelte es, und Stephen stand in der Tür.
„Kann ich hereinkommen?“
Was hätte ich anderes sagen können als ja.
„Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.“
Oh je, dachte ich. Jetzt kommt das großzügige Geschenk eines schlechten Gewissens. Ein teurer Ring, eine schmale Goldkette oder vielleicht ein Paar Ohrringe. Stephen würde sich nicht lumpen lassen. Da war ich mir sicher.
„Gehen wir nach oben“, sagte er.
Was sollte das? Wollte er jetzt tatsächlich unser Schlafzimmer besuchen? Das konnte ich mir nur schwer vorstellen. Stephen ging ohne zu zögern die Treppen hinauf, so dass ich nur noch hinterherlaufen konnte. Oben bog er rechts ab. Ich war erleichtert. Nicht das Schlafzimmer. Stephen öffnete die Tür zu meinem Arbeitszimmer, drückte sich an meinem Schreibtisch vorbei und trat an meinen PC.
„Ist aus“, sagte ich. Stephen hörte nicht hin. Sein Blick ging in die Höhe, musterte alle Wände und schien endlich zufrieden.
„Hier, dein Geschenk. Ich war auf einer Geschäftsreise in Griechenland und habe noch einen Stopp auf Rhodos gemacht.“
Damit riss er die Verpackung von der Schachtel und nahm eine unterarmlange Bronzestatue aus einem Holzkasten. Ich trat neugierig näher.
Ein bärtiger Kopf in hellenistischer Tradition, aber mit wild verzerrten Zügen. Der Körper eines Modellathleten bis auf die Ziegenfüße und den Schweif. Und vorne ein Phallus, krumm gebogen wie eine Banane und lang bis beinahe zur halben Brust.
„Ein Satyr“, sagte Stephen. „Zweites Viertel des fünften Jahrhunderts vor Christus. Schätzen die Gelehrten. Ich habe gedacht, ich bringe ihn dir mit.“
Ich hatte keine Ahnung, warum eine Frau die Statue eines Satyr braucht, aber Stephen ließ sich nicht beirren. Er verließ den Platz vor dem Computer, ging zum Regal, schob dort ein paar Bücher zur Seite und stellte die Figur auf ein Brett. Dann trat er einen Schritt zurück und drehte die Figur nach links.
„Ich möchte nicht, dass er dich anschaut.“
„Du meinst der Blick des Satyrs ist gefährlich?“, spottete ich.
„Wir sollten ihn einweihen. Was meinst du?“
Noch bevor ich etwas sagen konnte, hatte er mich auf meinen Schreibtisch gesetzt. Ein paar Formulare flatterten entsetzt davon. Und bevor ich mich von meiner Überraschung erholen konnte, hatte er mir den Rock hochgezogen, die Beine auseinandergedrückt, den Steg meines Höschens zur Seite geschoben und begonnen, mich auszulutschen. Meine Gegenwehr war nur kurz und kraftlos.
Ohne weiteres Getue zog er mir mein Höschen aus und nahm mich auf meinem eigenen Schreibtisch. Ich lag halb auf dem Rücken und das Einzige, was ich sah war der Satyr in Seitenansicht. Mit erigiertem Phallus oben in meinem Regal.
Dieses Mal war Stephen leidenschaftlicher. Er küsste mich, wieder einmal erst nachdem er bereits in mich eingedrungen war, aber dafür lange und liebevoll. Und es gab keine Spielereien mehr. Es dauerte nicht lange und ich kam. Der Raum um mich zerplatzte in Lichtkaskaden und mir fehlte für einen Moment die Luft. Stephen war noch lange nicht so weit. Er wartete, bis ich wieder zu mir kam, und begann von vorn.
Von wegen: „Einmal ist keinmal“, dachte ich. Stephen hatte nie die Absicht gehabt, es bei einem Mal bewenden zu lassen. Ich schaute zu dem Satyr hinauf und so langsam verstand ich, was Stephen die ganze Zeit tat. Ich konnte nicht anders als ihn zu bewundern.
„Du bist grausam Stephen, weißt du das?“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Du nimmst Horst nicht nur die Frau weg. Du nimmst ihm unser Haus weg. Jeden Raum einzeln. Egal, wo ich bin, ich sehe überall nur dich. Und jetzt auch noch mein Arbeitszimmer. Und weil du ihm die Zimmer wegnimmst bekommst du auch seine Frau. War das so gedacht?“
„Ich habe ihm das eheliche Schlafzimmer gelassen. Und er sieht dich jeden Tag. Er hat seine Chance. Auch jetzt noch.“
„Er ist dir nicht gewachsen Stephen. Horst ist ein lieber Mann, aber er ist dir nicht gewachsen. Nicht den Hauch einer Chance hat er.“
Was soll ich noch groß erzählen. Horst und ich ließen uns scheiden. Im beiderseitigen Einvernehmen. Ein halbes Jahr später heiratete ich Stephen. Für Horst war es anfangs nicht ganz einfach, aber dann fand er eine Frau, die besser zu ihm passte als ich, und die beiden Männer schafften durchaus den einen oder anderen „weißt du noch“ Abend.
Ich stehe jetzt hier am Fenster und schaue in den Garten auf die bunte Kinderschaukel. Lilo geht in den Kindergarten und nächstes Jahr schon in die Schule. Ich habe eben Stephen angerufen. Er solle doch bitte in der Mittagspause auf einen Sprung nach Hause kommen. Er würde mich dort in der Küche finden. Bei Zwiebelschneiden!
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(AutorIn)
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Das hier war meine Weihnachtsgeschichte 2011, eine die über den Jahreswechsel auch etwas zum Nachdenken mitgeben sollte. Sie ist in ihrer Art das Gegenstück zu Weekendfeeling.
Für mich ist es meine beste Geschichte bei sevac, auch wenn die Bewertungen in eine etwas andere Richtung weisen. Das nehme ich sportlich, und so falsch ist es ja auch nicht. Der Sexteil ist ja tatsächlich unterkühlt.
"Soll sich das Leichtgewicht also nicht aufregen. Er hätte es ja unter Sonstiges einordnen können."
Ich habe tatsächlich daran gedacht, denn die Geschichte hätte auch funktioniert, wenn es der ganz besondere Wunsch gewesen wäre, in jedem Raum des Hauses eine andere Tasse Tee zu trinken. Aber die Variante, die hier steht gefiel mir besser ;).
Wenn einige der Leser Tiefe und sogar Gänsehaut gespürt haben, macht mich das sehr zufrieden. Und wenn die anderen sich gut unterthalten gefühlt haben, dann habe ich alles erreicht, was ich wollte.
Ich mag dieses Leserpublikum hier. Oder weniger distanziert: Ich mag euch.
Euer Leichtgewicht«
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Es ist die Tiefe dessen....«
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Dafür hätte der Sex WESENTLICH EXPLIZITER sein müssen. So aber ist "nur" eine sehr erotische Geschichte draus geworden.
Und das ist gut so! Sehr gut sogar.«
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Der Gag mit den Zwiebeln ist sehr gelungen, und die Geschichte auch, wenn ich eine Männerfantasie als Frauenperspektive zu akzeptieren willens bin. Bin ich ein bisschen, weil - wie gesagt - dein exzellenter Schreibstil die inhaltlichen Mängel aus sprachästhetischer Sicht zu Marginalien macht.
Die nüchterne Betrachtungsweise ist jedenfalls von vorne bis hinten sehr stringent durchgehalten, auch von daher ist die Geschichte technisch gut aufgebaut.
Erwärmen kann sie mich trotzdem nicht, es ist eine schwarz-weiß-Zeichnung, dabei denkt und fühlt eine Frau auf dem Absprung in ganz vielen Grau-Facetten, die ich in deinem Text vermisse. Hättest du eine andere Perspektive gewählt - und eben nicht die für einen Mann wohl schwierigste - wär's eine richtig gute Geschichte geworden.
LG Andrea«
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LG
Elmar«
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LG Mondstern«
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1. Korrekturlesen ist keine Zeitverschwendung.
2. Mir fehlt ein wenig die zwingende Logik, um diese Geschichte in die gewünschte Richtung zu treiben. Mit der zunehmenden "Dämonisierung" Stephens wird ihre Faszination verständlich und greifbar, aber der Anfang ist eher Erotik für Bilanzbuchhalter.«
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