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Lesungen: 12194 | Bewertung: 7.43 | Kategorie: Teen | veröffentlicht: 08.05.2007

Das Internat - Folge 6

von

***Zwei alleine im Spital***

Was ist denn mit euch passiert?“, fragte Catherine entsetzt, als Josi, Eri und ich mit den Taschen ins Internat kamen.


Noch bevor ich antworten konnte ging eine Tür auf und Ramona trat auf den Flur hinaus.


„Komm, erst musst du dich hinsetzen“, sagte Catherine ehrlich besorgt und trug mich fast schon ins Zimmer. Ich gab den Girls einen Wink und sie verstanden. Die Gelegenheit war günstig, die Decken und die anderen Sachen reinzuschaffen. Mit Sicherheit würden die Betreuerinnen noch eine ganze Zeitlang mit mir beschäftigt sein.


Ich fühlte mich elend. Mein Kopf dröhnte und Lichtpunkte tanzten vor meinen Augen. Catherine setzte sich hinter mich um mich zu stützen, während Ramona meine Hosen hochkrempelte.


„Ich muss … mich übergeben“, stammelte ich und schon ergriff mich die erste Würgwelle.


Ramona liess mein Bein los und holte ein Becken. Nicht zu früh. Ich kotzte mir buchstäblich die Seele aus dem Leib. Zwar hatte ich danach keinen Brummschädel mehr, dafür war auch die restliche Kraft wie weggeblasen. Trotz den stützenden Händen taumelte ich und Catherine setzte sich hinter mich, so dass ich an ihr anlehnen konnte.


Währenddessen drückte Ramona an meinem Knie herum. Wie ich wusste, war sie ausgebildete Pflegefachfrau, worüber ich jetzt froh war. Oft zog ich die Luft scharf ein, weil ein stechender Schmerz mein Bein durchzog und einige Male schrie ich auf, als ein heisser Blitz mich traf.


„Das sieht übel aus“, sagte Ramona nachdenklich. „Am besten gehst du ins Spital zur Notaufnahme. In diesem Zustand können wir dich nicht hier behalten. Ich rufe einen Krankenwagen.“


Na super, dachte ich. Das hast du nun von deinem Wochenende, Alexander.


„Nicht nötig“, sagte Catherine schnell. „Ich arbeite ohnehin nur noch eine halbe Stunde und bin mit meinem Auto hier. Du kommst hier bestimmt auch alleine klar. Ich werde Alex ins Spital bringen. Es geht ihm schlecht und ist bestimmt froh, wenn er jemand Bekanntes bei sich hat.“


Zwischen den Lichtpunkten sah ich, wie mich Ramona besorgt musterte.


„Ja, ich denke es ist das Beste. Komm, wir bringen ihn zusammen zu deinem Auto.“


Der Weg zum Parkplatz war weiter, als ich in Erinnerung hatte. Oder lag es daran, dass ich die Umgebung wie durch einen Schleier sah und ich immer noch das Gefühl hatte, mich jeden Moment übergeben zu müssen? Der Einstieg in Catherines Wagen war das Schwierigste. Ich konnte die Beine nicht mehr heben, Ramona musste mir dabei helfen.


Während der Fahrt sah ich aus den Augenwinkeln, dass die junge Betreuerin immer wieder zu mir hinüber blickte. Ich hatte den Kopf auf die rechte Seite sinken lassen, zu schwach, ihn gerade zu halten.


Mit einem brüsken Bremsmanöver kamen wir vor dem riesigen Spital zum Stehen. Catherine wollte mir beim Aussteigen helfen. Fast hätte es geklappt, aber dann knickte mein gesundes Bein ein und Catherine konnte mich nicht stehend halten. Ich flog auf das lädierte Bein und ich dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen, so stark und bestimmt war der Schmerz.


„He, Sie“, hörte ich Catherine verzweifelt rufen, „wir benötigen eine Bahre. Machen Sie schnell!“


Ich hatte keine Ahnung wie lange ich auf dem kalten Asphalt lag, bis ich zwei leuchtend gelb gekleidete Schemen ausmachte. Ich wurde hochgehoben und die Welt drehte sich im Kreis. Dann wurde alles schwarz.

Ich erwachte, erkannte aber erst einmal nur Schwärze um mich herum. Das linke Bein schmerzte und ich wollte mich aufsetzen, aber mein Körper gehorchte nicht.


„Schön, bist du wieder wach“, hörte ich eine vertraute Stimme neben mir. Licht ging an.


Catherine sass neben meinem Bett und schaute mich gütig an.


„Was …?“


„Was ich hier tue? Zufälligerweise hatten sie auf einer Abteilung ein Zweierzimmer frei und erlaubten mir, hier zu schlafen. Bis jetzt habe ich aber kein Auge zugetan.“


„Wieviel Uhr ist es?“, fragte ich mühsam und gab den Versuch aufzusitzen endgültig auf.


„Es ist halb ein Uhr. Vor vier Stunden habe ich dich hierher gebracht.“


„Danke.“


Statt eine Antwort zu geben strich mir Catherine zärtlich über die Stirn und ich schlief wieder ein.


Das nächste Erwachen weit weniger angenehm. Eine Schwester rüttelte ziemlich heftig an mir. Ich schlug die Augen auf und erkannte, dass die Sonne erst gerade aufging. An meinem rechten Arm steckte eine Infusion.


„Guten Morgen, Herr Berger, haben Sie eine angenehme Nacht hinter sich?“


Ich verneinte. Ich hatte schlecht geschlafen. Irgendwelche hässlichen Träume hatten mich heimgesucht, aber das war jetzt egal.


Mein linkes Bein machte sich wieder bemerkbar und ich spürte, dass etwas anders war als am Abend zuvor. Ich schlug die Decke zurück und sah, dass mein Bein während ich schlief eingeschient worden war.


„Schmerzt Ihr Bein? Es schwillt an und der provisorische Gips ist zu klein, um das zuzulassen“, erklärte die Schwester sachlich trocken, als müsse sie dies jeden Tag sagen.


Sie hielt mir eine Tasse mit dampfendem Tee hin. Ich wollte gerade einen Schluck nehmen, als ein Rascheln im anderen Bett des Zimmers meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Genau! Catherine sagte etwas von einem Zweierzimmer. Nun sah die Welt bereits wieder ein klein wenig besser aus.


Ich blickte mich um und erkannte ihre Kleider auf einem Stuhl neben ihrem Bett. Die junge Betreuerin setzte sich auf. Sie trug einen schwarzen BH. Verschlafen blickte sie mich an und versuchte ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern, was aber gründlich misslang.


„Ich lasse euch dann mal alleine“, sagte die Schwester und hörte sich an, als vermutete sie, dass Catherine meine Freundin sei.


Ich war froh, mit der hübschen Frau alleine zu sein und nicht die streng dreinblickende Schwester um mich zu haben. Während ich in kleinen Schlucken den Tee trank, schwang sich Catherine aus dem Bett. Neben dem BH trug sie nur noch einen lilafarbenen Slip. Barfuss trippelte sie zu mir hinüber und setzte sich auf die Bettkante. Ich wusste nicht genau, wohin ich schauen sollte. Unverhofft ergriff Catherine meine Hand.


„Gleich nachher rufe ich im Internat an, dass ich diese Woche nicht mehr arbeiten komme. Ich gehe heute kurz nach Hause um etwas zum Anziehen zu holen.“


„Das … ist wirklich sehr lieb von dir. Aber, du kannst doch nicht einfach bei mir bleiben. Dein F…“


Catherines Augen flackerten und ich beschloss nach etwas anderem zu suchen.


„Du wirst im Internat gebraucht.“


„Ach, das kommt auch eine Woche ohne mich aus. Ich sehe es dir doch an, wie froh du bist, dass jemand bei dir ist.“


Das war ich wirklich und ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn Catherine tatsächlich gegangen wäre.


Die hübsche Frau küsste mich auf die Wange, dann schwang sie sich von meinem Bett und bückte sich nach ihren Kleidern und präsentierte mir ihren prachtvollen Hintern.


Ich hörte das Wasser aus dem Bad rauschen. Ich stellte mir vor, wie sie ihren zierlichen Körper einseift, über die Hügelchen fuhr.


Die Tür zum Bad öffnete sich und im gleichen Moment hörte ich, wie die Zimmertür aufging. Da mein Bett hinter einer Ecke stand, sah ich nicht, wer in Zimmer gekommen war. Schnell erkannte ich die Stimme. Es war die der Schwester. Sie sprach mit Catherine.


„Wie stehen Sie zu Herrn Berger?“


„Ich … ähm … bin seine Freundin“, hörte ich Catherine antworten.


„Gut. Ihr seid bestimmt über die prekäre Situation in den Spitälern informiert. Zu wenig Personal, zu viel Patienten und so weiter. Jedenfalls sind wir froh, wenn sich Angehörige um die Patienten kümmern, das heisst Körperpflege, helfen beim Anziehen et cetera.“


„He“, protestierte ich, „ich habe ein kaputtes Bein aber ich kann mich immer noch um mich selber kümmern.“


Die Vorstellung von Catherine gepflegt zu werden … ich wollte es mir gar nicht vorstellen, sonst hätte sich womöglich etwas zwischen den Beinen bemerkbar gemacht.


Die beiden Frauen kamen um die Ecke. Während die Schwester mich eindringlich ansah, blickte Catherine zu Boden.


„Solange Sie nicht operiert sind, kann jegliche Bewegung Ihre Verletzung verschlimmern. Ich habe die Pflicht, Ihnen die Möglichkeit zu nehmen, sich weiteren Schaden anzutun. Haben Sie verstanden?“


Ich nickte. Die Weissgekleidete machte mich nervös.


„Lappen und Tücher befinden sich in der Dusche. Machen Sie sich frisch, Sie dürfen auch duschen, vorausgesetzt, ihre Freundin hilft Ihnen dabei. In zwei Stunden ist Arztvisite.“


Ohne sich zu verabschieden verschwand die Schwester. Wieder war ich froh, dass sie weg war. Wenn alle Schwestern so griesgrämig waren … Zum Glück hatte ich Catherine an meiner Seite.


„Warum hast du dich als meine Freundin ausgegeben?“


Jetzt war es Catherine, die nicht wusste, wohin sie schauen sollte.


„Es war ein Reflex. Ich wollte nicht, dass sie mich wegschicken und du alleine bist. Ich möchte mich um dich kümmern.“


Ich lächelte. Catherine war so süss in ihrer Sorge.


„Du hast gehört, was die Schwester gesagt hat. Wenn du willst, kannst du duschen.“


„Wie stellst dir das denn vor? Ich kann kaum gehen und überhaupt, was soll ich anziehen?“


„Für alles gibt es eine Lösung. Du hast gestern nicht mitbekommen, dass Ramona dir Kleider mitgegeben hat. Und was das Duschen betrifft …“ Catherine verschwand um die Ecke und kam einige Sekunden später mit einem Rollstuhl zurück.


Ein Rollstuhl! Ich sollte mich tatsächlich in einen Rollstuhl setzen! Mein verschwitzter Körper lechzte aber nach einer Erfrischung und so setzte ich mich widerwillig in das Gefährt.


Der Duschraum war hell und modern, wie das Zimmer auch. Weisse Plättchen wirkten zwar stier, aber gepflegt. Das Oberteil zog ich mir selber aus, dann zögerten wir beide, denn ich trug nur noch Boxershorts. Ich gab mir einen Ruck und zog sie runter, brachte sie aber nicht übers geschiente Bein. Catherine ging in die Hocke und half mir.


In jeder anderen Situation wäre ich lieber nackt vor ihr gewesen. Hier und jetzt war es mir einfach peinlich und Catherines hochrotem Kopf nach zu schliessen erging es ihr nicht besser.


Sie reichte mir die Brause und das Axe-Duschmittel.


„Würdest du mir das Wasser anmachen, ich komme nicht zum Hahn.“


Ich machte ein Satz im Rollstuhl, als mich das kalte Wasser traf. Gleichzeitig musste ich mein Bein angespannt haben, denn Schmerblitze durchfuhren es. Ich stöhnte auf.


„Scheisse, scheisse, Alex, geht’s? Oh Gott, das tut mir so leid. Sorry, Sorry.“ Ich spürte, wie Catherine mich umarmte. Ich biss die Zähne zusammen.


„Es geht schon wieder. Jetzt prüfe ich aber erst, ob das Wasser eine angenehme Temperatur hat.“


Ich wusch mir den Oberkörper. Catherine lehnte gegen das Lavabo und schaute zur Decke.


„Würdest du dich bitte umdrehen?“, forderte ich sie auf. Die Sache war mir ohnehin schon unangenehm genug, da musste sie mir nicht noch zuschauen, wie ich mein Teil pflegte.


Hektisch drehte Catherine sich um. Ich wusch Klein-Alexander und die Beine soweit es ging.


„Ich komme nicht an meine Füsse ran, kannst du mir bitte helfen?“


„Dafür muss ich mich aber umdrehen.“


„Es ist dir gestattet.“


Sie ging wie vorhin in die Hocke. Krampfhaft versuchte die Frau mir nicht zwischen die Beine zu blicken, aber einige Male konnte sie es nicht verhindern. Es war mir so unangenehm und doch …


„So, fertig!“, verkündete Catherine, bevor ich zu Ende denken konnte. Sie legte mir ein Tuch über die Beine und stiess mich aus dem Bad zum Bett. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal über eine Stunde benötigen würde um zu duschen. Ich trocknete mich im Liegen, die Betreuerin half mir bei den unerreichbaren Stellen. Das T-Shirt konnte ich ohne Unterstützung anziehen, aber bei den Boxershorts musste ich passen, auch hier legte sie Hand an.


Erst jetzt bekam ich Hunger und ich mampfte die zwei Stück Brot und die Konfitüre, welche mir die Schwester gebracht hatte.


Es klopfte ein Mal hart an der Tür, dann wurde sie aufgestossen. Catherine erhob sich.


„Mein Name ist Rolshoven. Ich bin der leitende Arzt auf dieser Abteilung“, sagte der eher kleine Mann in einem Mix aus Hoch- und Schweizerdeutsch.


Guten Tag Herr Doktor Rolshoven, Catherine Garachemani. Ich bin die Freundin von Herrn Berger.“


Der Arzt wandte sich mir zu.


„Herr Berger … ich habe schlechte Nachrichten. Wir haben Ihr Knie gestern Abend geröntgt, als Sie schliefen. Es ist gesplittert. Sie kommen um eine Operation nicht herum, wenn Sie je wieder einmal normal und ohne Schmerzen gehen wollen.“


Ich fühlte mich so, wie nach einer kräftigen Ohrfeige. Der Schmerz war da, aber tief unten wusste ich, dass ich es verdient hatte. War das der Preis fürs Wochenende?


Ich nickte. Catherine machte den Eindruck, als sei sie schon informiert worden.


„Morgen um halb sieben Uhr werden Sie geweckt und eine halbe Stunde später sind Sie bereits narkotisiert. Das letzte, was Sie zu sich nehmen dürfen, wird Ihnen heute Abend um sechs Uhr gebracht. Danach sollten Sie nichts mehr essen, wenn Sie das Risiko der Operation tief halten wollen.“


Ich nickte abermals und als ich nichts mehr sagte, verabschiedete sich Doktor Rolshoven.


„Du hast es gewusst?“, fragte ich scharf und es tat mir bereits wieder Leid. Ich wollte die hübsche Frau nicht dermassen anfahren.


Die Angesprochene zuckte erschrocken zusammen und auf ihrem Gesicht machte sich ein betroffener Ausdruck breit, als habe sie ein furchtbar schlechtes Gewissen.


„Ich … ich … wollte doch nur.“ Sie war den Tränen nahe.


„Ist schon gut“, versuchte ich sie zu beruhigen, aber der Schaden war bereits angerichtet und es blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu beschuldigen. Sicher hatte es Catherine nur gut gemeint, indem sie mir nichts von der schrecklichen Diagnose erzählt hatte.


Ich war froh, als die hübsche Frau sich wieder beruhigt hatte. In ihrer Gesellschaft verging der Nachmittag wie im Fluge und schon brachte mir eine Schwester ein karges Abendessen. Es war eine andere und im Gegensatz zur ersten stellte sich diese sogar vor. Sie hiess Sabrina und ich schätzte sie auf Anfang dreissig. Wir duzten uns sofort und wenn in diesem Moment nicht die Tür aufgegangen wäre und ich die Stimmen meiner engsten Freunde, Erica, Thomas und Josipa erkannt hätte, wären wir sicher ins Gespräch gekommen. Die lauteste Klappe hatte aber Anto. Catherine verdrehte die Augen und ging zu ihrem Bett. Mit einem Heft in der Hand setzte sie sich hin.


„Alex, wie geht’s dir?“ fragte Anto, viel zu laut und zu besorgt. Sie setzte sich aufs Bett, der rosarote String schaute ein gutes Stück aus der Hose.


Mein Blick fiel auf Catherine und für den Bruchteil einer Sekunde, so kurz, dass ich nicht einmal sicher war es gesehen zu haben, hatte ich das Gefühl, Eifersucht zu erblicken.


Erica fiel mir um den Hals und drückte mich auf die Matratze. Sie hielt mein Gesicht, als hätten wir uns seit Monaten nicht gesehen und überhäufte mich mit Küssen.


„Mein Schatz, wie geht es dir?“, fragte sie mit weinerlicher Stimme.


„Bereits morgen kann ich wieder einen Hundert-Meter-Sprint hinlegen. Nein, Spass beiseite. In ziemlich genau zwölf Stunden werde ich operiert.“


„Oh nein!“, rief Eri aus und drückte mich noch fester an sich.


„Ich habe das Wochenende nicht bereut, keine einzige Sekunde lang. Es war geil!“, flüsterte ich ihr ins Ohr


Meine Freundin gab ein verlegenes Kichern von sich.


„Alex, du kommst schon wieder auf die Beine“, versicherte mir Thomas mit einem Augenzwinkern und ich wusste sofort, dass er mir etwas mitzuteilen hatte.


„Was ist heute im Internat so abgegangen?“, fragte ich mässig interessiert.


„Es war Montag, was erwartest du das Grosses“, fragte mich Josi zurück.


„Heute war tatsächlich wieder einmal tote Hose“, stimmte Thomas zu. „Das spannendste heute war, als ein Vogel auf die Scheibe geschissen hat.“


Thomas tat kurz so, als denke er angestrengt nach.


„Ich muss mich verbessern. Das spannendste war unsere Dame von der Administration.“


„Du meinst Andrea? Hat es wieder einmal einen Zusammenschiss abgesetzt?“


„Nein, heute war’s hübscher. Wieder einmal hat sie sich in ihrer Liebespose gezeigt. Stehend aber den Oberkörper nach vorne gebeugt die Ellenbogen auf den Schreibtisch ihrer Vorgesetzten gestützt, dazu die Beine ein gutes Stück auseinander. Richtig zum…“


Erschrocken drehte sich Thomas um und warf Catherine ein Lächeln zu, welches diese nur matt erwiderte.


„Mach dir keine Sorgen, Thomas“, sagte Anto, Catherine ist selbst noch jung, und bestimmt noch nicht eingetrocknet. Wie auch immer.“


Die Betreuerin lief rot an. „Ich muss mir was Frisches anziehen und bei der Gelegenheit werde ich mich mit Kleidern für die nächste Woche eindecken. Ich bin zurück, wenn die Besuchszeit zu Ende ist.“ Ihre Stimme klang so fremd. Hatte ich etwas Falsches getan?


„Du spitzer Bock, nicht einmal vor der Administrationsleiterin machst du Halt“, sagte Josi und wollte nach Thomas treten, dieser wich aber geschickt aus und statt ihn zu treffen fiel die Blonde auf ihren Hintern.


„Autsch.“


Thomas hob abwehrend die Hände „Ich habe nichts getan.“


„Hey, in diesem Zimmer ist Turteln strengstens verboten“, ermahnte ich die zwei.“


„Wir und turteln? Bist du sicher, dass du aufs Knie und nicht auf den Kopf gefallen bist?“, fragte Josi.


„Nein, Turteln ist nicht so meine Spezialität. Ich bin in vielen Sachen gut, beispielsweise im F…“


„Ist schon gut, wir haben verstanden“, sagten Josi, Eri und ich im Chor.“


„Woher wusstet ihr, was ich sagen wollte?“


„Sagen wir’s mal so: Erfahrung“, gab Josi zur Antwort.


„Ihr schätzt mich völlig falsch ein. Ich kann nicht nur F…, sondern auch L…“


„Jaja, wir glauben dir aufs Wort!


Thomas unternahm einen weiteren Versuch, sich an Josi heranzumachen.


„In diesem Spital hat es bestimmt viele freie Betten“, sagte er geheimnisvoll.“


„Darf ich raten? Du bist müde.“


„So kann man’s auch nennen. Und ich benötige jemanden, der mir die Gutenachtgeschichte vorliest.“


„Du meinst wohl vortropft.“


Thomas zuckte mit den Schultern und schaute gespielt betreten zu Boden.


Der braunhaarige Typ war wirklich ein Original! Er und Josi … Wie hatten Eri und ich darauf kommen können, sie zu verkuppeln? Spätestens nach einer Woche hätte jemand ein blaues Auge.


„Du bist bestimmt froh, hast du jemanden bei dir“, vermutete Eri


„Nun, ähm. Ja, was soll ich sagen. Es macht die Sache schon einfacher.“


„Oh, mein armer Schatz.“


Eri drückte mir einen saftigen Schmatz auf die Wange.


„Ich würde ja auch hier bleiben“, sagte Anto, ohne Zweifel mit der Absicht, als besonders hilfsbereit dazustehen.


„Das würde wohl jeder hier tun“, meinte Eri bloss. Anto warf ihr einen scharfen Blick zu. Bevor die Situation eskalieren konnte, schritt ich ein.


„Hast du schon einmal ein Déjŕ-vu erlebt, Anto?“


Sie schaute mich fragend an. „Nicht dass ich wüsste.“


Sie schrie auf, sprang vom Bett und hüpfte mit der Hand auf dem Hintern durchs Zimmer.


„Jetzt schon.“


Nicht nur sie war aufgesprungen, sondern auch Erica. Aufgesprungen und umgefallen, denn sie sass auf dem Boden. Mein Herz schlug höher, als ich den String sah, der hervorblitzte. Thomas klopfte sich auf die Schenkel, während er lachte.


„Du Ratte, weißt du, wie das weh tut? Das Arschloch brennt und der ganze Stoff klemmt in meiner Fotze.“


„Ist bestimmt unangenehm“, meinte ich nur.


Anto verschwand in die Toilette.


„Hast du bereits hübsche Krankenschwestern entdeckt?“, fragte Thomas.


„Ja und als ich erzählte, dass du heute kommen würdest, versteckten sie sich in der Besenkammer und warten immer noch darauf, dass du sie befreist. Alle sind schlank und haben Brüste, gegen die Melonen wie kleine Glasmurmeln aussehen.“


„Das ist aber lieb von dir. Und ich darf sie alle für mich haben?“


„Ja, klar, bedien dich. Ich bin sowieso nicht einsatzfähig.“


Hey, und was ist mit mir?“, protestierte Josi.


„Du hast mich verschmäht. Warum soll ich jetzt dich nehmen?“ Thomas verschränkte die Arme und blickte prüfend auf Josi hinunter.


„Weil … weil … weil ich … ach, ich weiss auch nicht. Schnapp dir doch deine Melonenträgerinnen.“


„Wenigstens ist er noch ganz!“, verkündete Anto lauthals, als sie aus der Toilette kam.


Thomas stand auf. „Nicht mehr lange.“


Anto drehte sich um, hastete zur Tür, riss sie auf und rannte los, Thomas hinterher. Es vergingen einige Minuten, dann kam er zurück, den String siegreich in die Luft gestreckt. Anto ging gebückt hinter ihm. Er wandte sich wieder an Josi.


„Tschuldigung. Ich dachte nur etwas Abwechslung könne nicht schaden. Im Internat haben wir nicht den vollen Hammer an geilen Schnitten. Aber ich muss sagen, Andrea gefällt mir, obwohl sie mich mindestens ein Mal pro Woche zusammenstaucht.“


„Vor allem wie sie herumsteht?“, fragte Josi.


„Nein, nein, ich schaue nicht nur auf das. Ihr schätzt mich völlig falsch ein. Auch ihre Möpse können sich sehen lassen.“


Ich brüllte einfach los. Wie Thomas völlig ruhig und trocken seine Beobachtungen aufzählte, war zu viel für mich. Eri erschrak derart, dass sie erneut einen Satz vom Bett machte.


„Sag mal, bist du zum Küssen da?“, fragte Thomas an Josi gewandt, die ihn mit offenem Mund anstarrte und nicht wusste, was sagen.


Ein neuerlicher Lachkrampf überkam mich und ich benötigte fünf Minuten, um mich davon zu erholen.


Als ich wieder klaren Blick hatte, stellte ich fest, dass Catherine zurückgekehrt war. Sie hatte nun einen schwarzen Knierock an und ein gelbes ärmelloses Top.


Zum Anbeissen dachte ich.


„Was?“


Oh Schreck, ich hatte die Worte nicht nur gedacht, sondern unbewusst ausgesprochen.


„Du“, ich zeigte auf Eri, „siehst zum Anbeissen aus.“


„Was, ich?“ Eri blickte an sich herab. „Ich bin doch gar nicht speziell angezogen.“


Nicht ganz. Blaue, enge Jeans, ein weisses enges T-Shirt, darunter, wie ich erkennen konnte, einen weissen BH waren zwar normal, der schwarzen String jedoch nicht..


„Er hat bestimmt mich gemeint“, mischte sich Josi protestierend ein und strich ihr ohnehin schon enges Oberteil glatt.


„Jetzt machst du ihm wieder schöne Augen“, sagte Thomas vorwurfsvoll.


„Wen stört’s? Du achtest sowieso nicht auf meine Augen.“


„Immer diese Vorurteile“, grollte Thomas und er schaffte es sogar, einigermassen natürlich zu klingen. „Dabei mag ich Augen, besonders wenn sie schön steif sind.“


„Dabei könnte wohl auch ich gemeint sein. Darum hat er auch an meinem String gezogen.“


„Auch nur, weil du neben ihm sitzt und nicht ich.“


„Du willst also sagen, Alexander würde dich mir vorziehen?“, fragte Anto und ihre Augen verengten sich.


„Hat er bereits. Mit mir hat er bereits zwei Mal geschlafen.“


„Pah“, sagte Anto abschätzig, „ich schlafe eben nicht mit jedem, darum hat er mich noch nicht gekriegt.“


Thomas kicherte und auch ich musste mir ein Lachen verkneifen. Dass mein Kollege lachte, fand Anto nicht so zum Lachen. Breitbeinig und die Hände bedrohlich in die Hüfte gestützt, stand sie vor ihn hin.


„Nimm dich vor den rosaroten Tussie-Ninjas in Acht“, warnte ich Thomas.


„Warum lachst du? Findest du mich billig?“


Als Antwort griff Thomas ihr zwischen die Beine.


„He, was tust du da, spinnst du?“, beschwerte sich Anto, tat aber sonst nichts dergleichen. „Das macht mich im Fall nicht geil.“


Als ob das Thomas stören würde.


„Genau, nimm deine Hand weg, schliesslich hast du das bei mir auch nicht getan“, mischte sich Josi ein.


Der Zickenkrieg zwischen den Beiden nahm groteske Formen. Eri drückte sich an meine Brust, wohl um nicht loszulachen. Thomas zog seine Hand zurück und machte das Gesicht eines Degustierenden, der den Geschmack eines Weines im Mund entfalten lässt.


„Ein wenig nur. Aber für mich machst du sicher die Beine breit.“


„Wäre eine Überlegung wert.“


Josi sah aus, als beginne sie vor Wut nächstens zu kochen.“


Die Tür ging auf und nach wenigen Sekunden trat Sabrina um die Ecke.


„Die Besuchszeit ist leider zu Ende. Ich muss euch bitten zu gehen.“


Tatsächlich war es bereits neun Uhr gewesen. Eilig verabschiedeten wir uns, aber Thomas, Eri und Josi versprachen mir, morgen bestimmt wieder zu kommen.


Bumm. Die Tür ging zu und es war still. Unangenehm still. Catherine schaute ins Leere. Beinahe schämte ich mich für das, was sie gehört hatte. Zu allem Übel nahmen die Schmerzen im Bein zu. Ein Wimmern weckte die Betreuerin.


„Was ist?“


„Mein Bein … es schmerzt.“


„Warte, ich rufe die Schwester.“


Catherine rannte aus dem Zimmer und kam nach wenigen Sekunden mit Sabrina im Schlepptau zurück. Die blonde Schwester zückte eine Nadel und verpasste mir das Schmerzmittel.


„Es wirkt schnell und ist sehr stark, aber du wirst müde davon“, informierte mich Sabrina.


Keine unangenehme Nebenwirkung, dachte ich. Unter normalen Umständen hätte ich mich gerne mit Catherine unterhalten, aber irgendetwas hielt mich davon ab. Mir schien, als sei eine unsichtbare Barriere zwischen uns.


Sabrina verabschiedete sich. Sie hatte Feierabend, würde mich aber in etwas mehr als neun Stunden wecken kommen.


Catherine gähnte herzhaft. Für sie war es bestimmt auch ein anstrengender Tag gewesen. Sie nickte schwach, aber bestimmt und wankte zu ihrem Bett, wo sie mir nichts, dir nichts ihr Top und den Rock auszog. Ein gelber BH und ein blasrosa Slip kamen zum Vorschein.


Als wir beide das Licht gelöscht hatten, fragte Catherine plötzlich:


„Wie hast du den heutigen Nachmittag und Abend gefunden?“


Was sollte ich sagen? Den Nachmittag mit Catherine hatte ich genossen, aber ebenso hatte ich mich über den Besuch meiner besten Leute gefreut.


„Es … war schön“, sagte ich bloss.

Das erste, was ich nach meinem Aufwachen aus der Narkose erblickte, war Catherines wunderschönes Gesicht.


„Herr Berger?“, sagte eine Stimme, „Sie sind im Aufwachraum, es ist alles gut verlaufen. In einer Stunde sind Sie zurück in Ihrem Zimmer.“


Ich schloss die Augen und schlief augenblicklich wieder ein.


Als ich zum zweiten Mal zu mir kam, sass Catherine neben meinem Bett.


„Schön, dass du wieder wach bist“, sagte sie mit einem ehrlichen Lächeln.


„Ich … könnte kotzen.“


„Ich bin bei dir.“


Ich bin bei dir. Wie viel mochte dies bedeuten?


Ich verschlief fast den ganzen Tag. Erst gegen Abend konnte ich die Augen für längere Zeit offen halten. Catherine fütterte mich mit einem Joghurt und einer Banane.


Ich fragte mich gerade, wann die drei aus dem Internat kommen würden, da ging auch schon die Tür auf und ich hörte Thomas lachen.


„Alter Krieger, wieder auf den Beinen?“


„Nein, nicht so richtig. Ich benötige noch zwei oder drei Minuten.“


„Du siehst ja schrecklich aus“, sagte Eri.


„Ja, meine Coiffeuse war noch nicht hier.“


„Hey, Catherine, wie geht’s dir im Spital? Passt du gut auf meinen Freund auf?“


„Sie tut es hervorragend“, antwortete ich für sie.


„Dann ist ja gut. Ich möchte dich nämlich wieder so, wie du vorhin warst.“


Sie strich mir über die Haare.


„Damit wir wieder solche Wochenenden verbringen können“, fügte sie flüsternd hinzu. „Weiss es Catherine?“


„Nein. Das letzte Wochenende bleibt ein Geheimnis. Je weniger Leute davon wissen, desto sicherer ist es.“


„Das ist gut so. Aber bitte mach schnell. Im Internat ist es so langweilig ohne dich. Ich halte es kaum noch aus.“ Dann beugte sich Eri über mich und hielt ihren Mund an mein Ohr. „Ich hoffe, du hast kein Problem, dass ich es gestern mit Josi … du weisst schon.“


„Oh, nein, das stört mich nicht im Geringsten. Solange ich daneben nicht leer ausgehe.“


„Das kann ich nicht versprechen“, sagte Eri zweideutig.


Mir fiel auf, dass Thomas und Josipa heute so still waren.


„Seid ihr über Nacht stumm geworden?“, fragte ich.


„Nein, mir ist nur nicht nach Scherzen zumute. Irgendetwas passiert im Internat“, sagte Thomas und ich erkannte sofort, dass er es absolut ernst meinte.


„Was ist denn?“


„Lukas … Ich vermutete, er führt etwas im Schild. Er hat heute in der Klasse gesagt, jetzt wo du nicht da wärst, würde das Internat aufatmen und fügte hinzu, dass es schön wäre, wenn du gar nicht mehr zurückkehrtest.“


„Dieses Schwein“, stiess ich hervor.


„All seine Anhänger haben sich aussergewöhnlich aufgeführt. Bei uns in der Klasse hat zwar niemand etwas gesagt, aber es war ihnen anzusehen, dass sie mit Lukas sympathisierten. Ohne deine Unterstützung kann ich sie nicht auf unsere Seite ziehen.“


„Dieser Lukas. Bis jetzt hatte ich ihn nur als lästig empfunden, aber langsam habe ich das Gefühl, dass er richtig unangenehm wird.“


„Ach was! Was hat er gegen dich in der Hand? Ausserdem hast du immer noch uns und sogar unter der Betreuung hast du Freunde“, sagte Thomas und meinte damit sicher Catherine und Ramona.


„Du hast wohl Recht. Er hat nicht die Waffe, um mir weh zu tun.“


„Hast du gehört, dass ins Internat eingebrochen wurde?“, fragte Josi.


„Nein, woher auch? Wann dann? Ist etwas geklaut worden?“


„Es ist übers Wochenende passiert. Als Christine am Sonntag für ihre Wohngruppe etwas vorbereiten wollte, fand sie die Tür offen vor. Komischerweise wird nichts vermisst.“


Josi trieb ein glühend heisses Spiel und ich hoffte, dass meine Schauspielkünste ausreichten, um bei Catherine keinen Verdacht zu erregen.


Diese schien wirklich nicht aufmerksam geworden zu sein, denn plötzlich stand sie auf und sagte, sie gehe in die Cafeteria. Wir warteten, bis sie draussen war.


„Es geht bereits das Gerücht um, es habe sich nicht um einen Einbruch gehandelt“, klärte mich Josi auf, als Catherine gegangen war.


„Wenn herauskommt, dass ihr an einem geschlossenen Wochenende im Internat wart, kann das sehr unangenehm werden für euch. Ich zweifelte von Anfang an an der Sicherheit eures Vorhabens“, sagte Thomas.


„Es hat sich jedenfalls gelohnt“, sagte Eri bestimmt.


„Jetzt müssen wir darauf schauen, dass niemand von unseren Taten übers Wochenende Wind kriegt“, schloss Josi das Thema ab


Wir nickten alle.


„Wie ist es für dich, in Catherines Gegenwart zu sein“, fragte Eri plötzlich.


Was sollte diese Frage? War meine Freundin eifersüchtig?


„Nun … sie kümmert sich hervorragend um mich. Aber das habe ich doch schon einmal gesagt.“


„Ich meine nicht das, du Dummerchen. Gefällt sie dir?“


„Ja, klar. Sie ist eine hübsche Frau. Und hat den schönsten Po von ganz Westeuropa.“


„Er ist himmlisch. Daran sieht man, dass Gott existiert“, stärkte Thomas meine Aussage.


„Würdest du mit ihr schlafen?“


Allmählich hatte ich das Gefühl, dass es Eri wirklich nur wundernahm.


„Ich weiss nicht“, gab ich wahrheitsgetreu zur Antwort. „Sicher, sie ist mega hübsch … aber sie wirkt so zerbrechlich … da ist etwas. Etwas stimmt nicht mit ihr. Sie ist anders als sonst, nichts Greifbares, aber ich fühle es.“


„Sie ist spitz auf dich“, meinte Thomas.


„Nein, sicher nicht. Sie hat einen Freund.“


„Das ist ein Grund, aber kein Hindernis.“ Ausgerechnet Eri, die eigentlich am ehesten hätte dafür sorgen müssen, dass ich mich nicht auf Catherine einliess, sagte dies.


„Wie gesagt: Ich weiss nicht, ob ich mit ihr schlafen würde.“


„Was machst du überhaupt nächste Woche?“


Daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht. Nach Hause gehen? Meine Eltern arbeiteten die ganze Zeit und es konnte sein, dass ich mal Hilfe benötigte.


„Zu mir kommen ist nicht drin“, sagte Eri. „Meine Eltern sind da.“


„Mist. Ich muss schauen, ich weiss noch nicht.“


Catherine kam zurück und urplötzlich hatte ich das Bedürfnis alleine mit ihr zu sein. Ich musste mich etwas gedulden, die Besuchszeit war erst in dreiviertel Stunden zu Ende und ich wollte Thomas, Eri und Josi nicht wegschicken. Catherine sah … ich konnte nicht sagen, was es war. Ein paar Mal kreuzten sich unserer Blicke und ich versuchte sie mit einem Lächeln aufzumuntern.


Endlich, meine Besucher gingen. Thomas versprach, auch morgen wieder vorbeizukommen und einige Bücher mitzubringen.


„Du siehst aus, als bedrücke dich etwas. Sprich dich aus.“


Catherine tat sich sichtlich schwer damit.


„Bitte. Für mich. Du sorgst so gut für mich. Ich möchte dir etwas zurückgeben.“


„Es ist nichts.“


Die Antwort überzeugte mich in etwa so, als hätte ein Blinder gesagt, er habe eine Bank überfallen.


Mit hängendem Kopf schlurfte Catherine auf mein Bett zu und setzte sich auf die Kante.


„Ich wollte, ich weiss, was mit mir los ist. Ich möchte dir damit nicht zur Last fallen.“


„Das tust du nicht“, versicherte ich und versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen.


„Doch, das täte ich. Du musst dich erholen.“


Catherine wollte aufstehen, da packte ich ihre Hand und hielt die Frau zurück.


„Lass dich umarmen.“


Für einige Sekunden widerstand Catherine meiner Aufforderung, doch dann fiel sie mir um denn Hals. Ihr schlanker Körper bebte und ich drückte ihn fest an mich. Als sie sich löste, rollte eine dicke Träne ihre Wange hinunter. Ich wischte sie weg.


„Es ist nichts. Ich komme schon klar.“


Ich nickte, denn ich hatte Verständnis, dass Catherine nicht darüber reden wollte.


Dafür kreiste ich immer noch an der gleichen Stelle. Alles, was ich wusste, war, dass es Catherine schlecht ging. Aber warum, das war mir unbekannt und ich hätte es so gerne gewusst! Und die Sache mit Lukas beschäftigte mich auch. Gottlob schlief ich dank den Schmerzmitteln, die ich über die Infusion bekam, schnell ein.

Der Mittwoch verlief komplett anders. Ich erwachte, als Catherine den schwarzen Rock über den gleichfarbenen Slip zog. Ein Blick genügte mir um festzustellen, dass es ihr besser ging als am Abend davor. Sie lächelte mich an und gab mir einen Gutenmorgenkuss auf die Stirn. Das Frühstück stand bereits parat.


„Ich habe bereits mit Doktor Rolshoven gesprochen. Er erlaubte es uns, nach draussen in den Park zu gehen. Was hältst du davon?“


„Das ist eine hervorragende Idee. Die Luft hier drinnen ist zum Schneiden.“


„Das finde ich eben auch. Lass uns schnell vorwärts machen und dann ab an die frische Luft.“


„Ist es erlaubt zu duschen? Also ich meine, hilfst du mir, oder soll ich der Schwester klingeln?“


„Für was bin ich denn da? Klar helfe ich dir.“


Wie am Montag half mir Catherine überall, wo ich nicht mehr weiter kam und das war an mehr Orten der Fall, als dass ich mir jemals hätte denken können. Jetzt konnte ich mir ein Bild machen, wie es sein musste, wenn man ständig im Rollstuhl sass und ich nahm mir vor, ab sofort diesen Menschen eine Menge Respekt zu zollen.


Es tat gut, die frische Luft auf dem Körper zu spüren. Ich atmete einige Male tief ein.


Ich sass im Rollstuhl und liess mich von Catherine an einen Platz fahren, der ihr gefiel. Die schlechte Stimmung der jungen Frau war wie weggeblasen, nichts deutete mehr darauf hin, dass sie am Vorabend beinahe geweint hatte.


Vielleicht lag es am schönen Wetter. Plötzlich nahm Catherine meine Hand und als ich ihr in die Augen schaute zuckte sie mit den Schultern.


„Schliesslich habe ich mich als deine Freundin ausgegeben, da müssen wir schon dafür sorgen, dass wir auch glaubwürdig wirken."


Ich lachte herzhaft und Catherine fiel mit ein.


„Das ist eine gute Ausrede“, lobte ich sie.


„Danke. Irgendwie muss man sein Herz ja erfreuen.“


Das stimmte und ich genoss es, die Hand der schönen Frau zu halten.


„Weißt du … ich bin dir unglaublich dankbar, dass du bei mir bist. Ich würde mich verdammt einsam fühlen.“


„Sieh an, hinter dem Macho verbirgt sich eine weiche Seele.“ Ich wusste nicht, was darauf zu antworten. „Das muss dir nicht unangenehm sein. Wer dich kennt, weiss das.“


„Du meinst also, dass du mich kennst?“


„Nicht gut, aber genug um das festzustellen. Ich vermute, dass du eine interessante Person bist, die mehr zu bieten hat, als die meisten vermuten.“


„Ich bin nicht perfekt, sonst wäre ich nicht mit Josi fremdgegangen. Ich war schwach.“


„Das macht uns Menschen doch aus.“


„So möchte ich nicht sein. Ich möchte nicht wie die anderen sein. Ich möchte wie alle etwas Spezielles sein und bin somit wieder ganz normal.“


„Und dennoch bist du besonders, weil du

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