Das Sonnenbad
von Kadiya
Sie lag in einer blickgeschützten Düne im Sand und ließ ihre Haut von den Strahlen der Sonne und einem sanften Windhauch streicheln. Ihre Augen waren vom Lesen müde geworden, und so hatte sie ihr Buch aus der Hand gelegt. Ihr Kopf ruhte nun auf ihren verschränkten Armen und eine Haarsträhne, die ihr der Wind ins Gesicht geblasen hatte, kitzelte ihre Wange und trieb ihr den vertrauten Geruch von Sonne, Wind, Sand und Salz in die Nase.
Sie schloß die Augen und genoß die friedvolle Stille, die niemand störte, bis auf die eine oder andere Ameise, die sich gelegentlich auf ihrer nackten Haut verlief.
Eine ganze Weile lag sie so da und ließ ihren Koerper von der herrlichen Ruhe, die sie umgab, langsam durchdringen, bis sie zuletzt auch ihren Kopf erreichte und dort jeden Gedanken, der sich vorwitzig bemerkbar machen wollte, lähmte.
Plötzlich spürte sie, wie sich ein Schatten über sie beugte und einige Tropfen einer kühlen, zähen Fluessigkeit auf ihre Schultern herabregneten, die kurz darauf von einer warmen Hand bedeckt und in kreisenden Bewegungen auf ihrer Haut verteilt wurden.
Trotz der anfänglichen Überraschung schien ihr diese Geste seltsam vertraut, so daß sie nicht einmal die Augen öffnete, sondern genüßlich der Erkundungsreise folgte, die diese Finger auf ihrem Körper unternahmen, unter dem Vorwand, ihn vor der brennenden Sonne schützen zu wollen.
Endlos lange Augenblicke massierten sie ihre Schultern, glitten hin und wieder ihre Arme hinab und legten überall auf ihrem Weg eine glänzende, ölige Fährte wie einen unverwechselbaren Fingerabdruck. Langsam setzten sie ihre Reise den Rücken entlang fort, wobei sie jeden ihrer Wirbel behutsam umkreisten, jeder Pore ihrer Haut einen zärtlichen Besuch abstatteten.
Neue Öltropfen rieselten auf die helle Wölbung ihres Gesäßes nieder und rannen wie ein Lavastrom, der sich einen Berg hinunterstürzt, in die dunkle Schlucht, die die beiden Hügel voneinander trennte. Furchtlos tauchten die Finger in diese Unterwelt ein, strichen dabei wie zufällig über den tiefgelegenen Grund, um sich, nachdem sie einige Tropfen der öligen Lava vor dem Versickern bewahrt hatten, wieder an die Oberfläche zu begeben und auf den beiden Gesäßhälften zu kreisen.
Jede Bewegung jagte wohlige Schauer durch ihren Körper, die vom Ursprung der Berührung aus wellenfoermig in ihr Inneres drangen, mit jedem Millimeter, den sie zurücklegten, an Intensität und Geschwindigkeit zunahmen und sich schließlich wie ein brennendes Messer in ihren Unterleib bohrten.
Nur zögernd gaben die Finger diese abenteuerliche Festung auf, um das noch unentdeckte Territorium ihrer Beine zu erobern. Immer mutiger werdend glitten sie ihre Schenkel hinab, durchquerten das Tal ihrer Kniekehlen, zeichneten die Anhöhe ihrer Waden auf der neuen Landkarte ihres Körpers ein. Spielerisch umstreiften sie ihre Knöchel, gelangten schließlich an die Grenze ihrer Zehenspitzen, wo sie kehrtmachten und die Wegstrecke in umgekehrter Reihenfolge auf dem anderen Bein wieder zurücklegten, bis sie unbeschadet zum Ausgangspunkt zurückgekehrt waren, wo sie für eine Weile innehielten, um sich auszuruhen.
Die Auswirkungen dieses, einem Feldzug ähnelnden Vorstoßes waren verheerend. Gnadenlos hatten die Finger überall auf ihrem Weg Feuer entfacht, wild tobende Brände gelegt, die, sich mit dem Öl vermischend, an besonders empfindlichen Stellen gewaltige Explosionen verursachten. Die Feuersbrunst versengte ihre Haut, mehr als es der Sonne jemals gelungen wäre, und ihr wurde erst Einhalt geboten, als sie an ihren Hüften anlangte, die, wie ein Löschzug, gewaltige Mengen einer warmen Flüssigkeit bereithielten, um das Feuer einzudämmen.
Die Atempause, die die Finger ihrem Körper gönnten, war nur kurz und schien doch eine Ewigkeit zu dauern. Jede Faser, jeder Nerv war zum Zerreissen gespannt.
Nach einem Moment des Verharrens verwandelte sich der Schatten, der sich bislang schützend zwischen ihre Umrisse und das Sonnenlicht geworfen hatte, in einen Körper aus Fleisch und Blut, der sich langsam auf sie herabsenkte. Die Finger nahmen ihre Tätigkeit wieder auf. Als wären sie nur ein Spähtrupp gewesen, der einen unbekannten Pfad erkundet hatte, schoben sie die beiden Gesäßhälften ein wenig auseinander, um einem grossen, kräftigen Reisenden den Weg in die vorab erforschte dunkle Schlucht zu ermöglichen, der bald darauf den Zugang zu der Grotte gefunden hatte, die die unterirdische Quelle beherbergte. Ohne zu zögern passierte er die schmale Öffnung und begab sich entdeckungsfreudig auf die Suche nach dem Ursprung der Flüssigkeit, die ihren Hüften entströmte.
Ein atemberaubendes, undefinierbares Gewirr von Empfindungen bahnte sich seinen Weg durch das Labyrinth ihres Körpers, verteilte sich in zahlreichen, immer feineren Nervennetzen, durchflutete ihre Adern, sandte verzweifelte Signale an alle noch so entlegenen Winkel, bis selbst ihre Fingerspitzen in helle Aufregung versetzt waren.
Im Inneren der Grotte tastete sich die glatte, runde Spitze des Eindringlings lansam, aber unbeirrt vorwärts. Die zunehmende Hitze wies ihr den Weg zu dem ersehnten Ziel dieser Entdeckungsreise. Eine Flut fast siedender Flüssigkeit warf sich ihr verzweifelt entgegen, drohte sie in diesem Meer zu ertränken und spülte sie wie einen Schiffbrüchigen zum Höhleneingang zurück, wo sie für einen Augenblick nach Atem rang, um sich dann erneut dem Kampf gegen die Gezeiten zu stellen.
Von neuem versuchte der Eindringling, sich seinen Weg in die geheimnisvolle Unterwelt zu bahnen und erneut wurde er von der Flut aufgehalten. Je hartnäckiger die Vorstöße seiner Spitze wurden, desto entschlossener strebten immer größere Wellen kochender Flüssigkeit danach, ihn zurückzudrängen. Die Reise glich einem Tauziehen, bei dem sich mal die eine, mal die andere Seite als die stärkere erwies.
Eifrig machten ihre Nerven jeden Teil ihres Körpers zum Zeugen dieses wilden Kampfes, der in ihrem Inneren entbrannt war, setzten ihn in Flammen, durchströmten ihn mit einem süßen Schmerz und machten ihn unfähig, die leidenschaftlichen Qualen noch länger zu ertragen.
Sofort bemerkte der Besucher die schwächer werdende Gegenwehr, die er sich sogleich zunutze machte. Die Gewißheit, daß das Ziel der Reise nur noch wenige aufregende Augenblicke entfernt lag, ließ ihn erzittern und mit wilder Entschlossenheit, sich nun durch nichts mehr aufhalten zu lassen, setzte er zu einem letzten kraftvollen Ansturm an.
Bittersüße Augenblicke später hatte er endlich die geheimnisvolle Quelle erreicht. Einen atemlosen Moment noch besann er sich all der Gefahren, die während der Reise auf ihn gelauert hatten, all der Hindernisse, die er schadlos überstanden hatte. Schließlich stieß er mit letzter Energie eine riesige weiße Flagge als Zeichen seiner Eroberung in die Mitte der Quelle.
Dies war der Augenblick der bedingungslosen Kapitulation. Als sich die Flagge in ihren Leib bohrte, nahmen ihre Nerven den brennenden Schmerz, den ihr Körper so lange herbeigesehnt hatte, begierig auf. Jede Faser ihres Fleisches, jede Pore ihrer Haut, jeder Tropfen ihres Blutes wurde von den Wellen des Schmerzes erfasst.
* * *
Obwohl sie sie verzweifelt festzuhalten suchte, nahmen die Wellen, die ihren Körper erschütterten, langsam ab. Der Eroberer hatte sich schon längst zurückgezogen und ihr Körper kam langsam wieder zur Ruhe.
Bedächtig wandte sie sich dem Schatten zu, der nun neben ihr lag, und ihr Blick traf auf zwei Augen, in deren Abgründen sie das Feuer langsam verebbender Explosionen erkannte.
Begierig saugten ihre Augen diese letzten Funken auf und schlossen sie in ihre Seele ein, wo sie sie, zusammen mit der Erinnerung, für immer gefangenhalten würde.
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