Das Vermächtnis von Cupido, Teil 1
von Eskobar
Marita und das Vermächtnis von Cupido
Teil 1 - Die Hure des Grafen
Der Sommer des Jahres 1637 war brennend heiß in Südeuropa und die Hitze senkte sich auch an diesem Tag wieder drückend auf die Stadt Napoli. Fünfunddreißig Grad im Schatten waren schon wochenlang keine Besonderheit mehr. Die Händler hatten oft schon vor Sonnenaufgang ihre Stände am Hafen aufgebaut und boten ihren frisch gefangenen Fisch und Meeresfrüchte feil, weil sie fürchteten, die Ware könnte bis zum Mittag verderben.
Die Menschen blieben lieber in ihren Häusern oder hielten sich an schattigen Plätzen auf, wenn sich ein Hinausgehen schon nicht vermeiden ließ. Nur die Kinder tollten auf den Straßen, bespritzten sich mit abgestandenem Wasser aus den dreckigen Brunnen und teilten nicht die Sorgen, die die Erwachsenen plagten.
Seit über zwei Wochen war jetzt schon kein Tropfen Regen mehr gefallen, die Olivenhaine und Orangenplantagen vor den Toren der Stadt drohten auszutrocknen. Bauern beklagten sich, dass ihr Vieh verging und an den kleinen Flussläufen außerhalb der Stadt war schon längst der zurückgegangene Wasserstand bemerkt worden. Häufiger als sonst waren in den letzten Nächten alte oder schwache Menschen in den Armenvierteln gefunden worden, die den Hungertod ereilt hatten. Die hübschen Boote aus hellem Holz waren im Hafen dutzendweise aneinander gereiht, die Segel hingen schlaff herunter, kein noch so kleines laues Lüftchen wehte.
Ein junges Mädchen in einem verdreckten Lumpen von Kleid saß am Rande eines Piers und sah den Möwen zu, die auf den Holzpfosten saßen oder den Boden nach Brotkrumen absuchten. Sie warteten darauf, dass die Fischer einen unachtsamen Moment hatten und sie einen Fisch stibitzen konnten. Das ganze Hafenviertel stank bereits und der Geruch lockte immer mehr Vögel an.
Das Mädchen hatte jedoch andere Pläne. Heute war der tumbe Fabrizio ihr Opfer: sie hatte beobachtet, dass sich der Knoten, mit dem das Boot an einen Pfeiler festgemacht war, immer wieder aufging und der Fischer sich diesem alle paar Minuten zuwenden musste, um den Knoten neu zu binden. Das kleine Mädchen lachte, als der Knoten wieder einmal aufging und das Boot schon einen Meter abgetrieben war, sodass Fabrizio den Pfeiler fast nicht mehr zu fassen bekam und beinahe ins Wasser fiel. Eine Kiste mit Fisch kippte dabei um und rief sofort die Möwen auf den Plan, die sich um die ins Hafenbecken gefallenen Fische stritten.
„Verflixtes Vogelpack“, pöbelte der Fischer, während das Mädchen seine Chance witterte und sich bis in die Nähe des Fischerbootes stahl. Sobald Fabrizio ihr den Rücken gekehrt hatte, um wieder einmal das Seil neu um den Pfeiler zu schwingen, rannte sie zu seinem Boot, schnappte sich die beiden dicksten Fische, die sie zu fassen bekam, und floh sofort in Richtung Stadtkern. Es dauerte fast zehn Sekunden, bis der Mann den Diebstahl bemerkte.
„Du kleine Rotznase, komm zurück“, fluchte er, doch sofort war er wieder abgelenkt, als er sich der vermehrt auftauchenden Möwen erwehren musste.
Das Mädchen sprintete durch die Straßen von Napoli. Sie kannte diese Stadt besser als jeder andere... zumindest jeder in ihrem Alter. Sie konnte selbst die engsten Gassen, in denen kaum zwei Männer nebeneinander stehen konnten, an ihren Häuserwänden erkennen, kannte jede Biegung, jede Nische, jeden Hinterhof. Mehr als einmal war sie bereits der Stadtwache entkommen, die sie bei einem Diebstahl ertappt hatten. Sie flitzte barfuß, schnell wie ein Hund, denn sie kannte jeden Stein und stolperte nie. Sie kletterte wie eine Katze auf jeden Baum und über jeden Zaun.
Die Menschen in den Straßen nannten sie 'Rapida'.
Nach knapp zehn Minuten kam sie in Fuorigrotta an, dem ärmsten von allen Armenvierteln am nordwestlichen Stadtrand Napolis. Die Menschen hier lebten nur noch in verlassenen Häuserruinen, übernachteten oft sogar unter freiem Himmel; sie ernährten sich von dem, was das Wäldchen vor den Toren der Stadt oder einer der dünnen Flussarme weiter draußen hergab. Oder eben von Diebesgut...
„Schaut mal, wer da kommt...“, sagte eine alte, zahnlose Frau, die lächelnd auf einem Schemel saß und strickte.
Rapida strahlte, als sie die beiden Fische in die Höhe hielt.
„Das gibt ein Festmahl“, jubelte Bernardo, ein Jüngling in zerrissenen Hosen, und lief ihr entgegen.
Festmahl war vielleicht übertrieben. Die gut fünfzig Leute, die sich wie immer auf dem 'Hauptplatz' von Fuorigrotta – eigentlich war es mehr ein größerer Hinterhof – versammelt hatten, würden von zwei Fischen sicher nicht satt werden, doch es war mal wieder etwas Abwechslung; die Fischer unter den Bettlern hatten nämlich schon lange nichts mehr im Fluss gefangen.
„Macht ein Feuer, damit wir bei Sonnenuntergang speisen können“, rief Bernardo über den Platz und einige der Männer setzten sich in Bewegung.
In einer großen Pfanne über dem offenen Feuer brutzelten schon bald die Fische und ein betörender Duft wehte über den Hauptplatz. Die Bettler von Fuorigrotta tummelten sich um die Quelle des Essens, während die Sonne langsam hinter der Stadtmauer verschwand. Marita saß auf einem Haufen von Gesteinsbrocken oberhalb einer Treppe und beobachtete das Treiben. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen; sie war immer froh, wenn die Leute etwas zu feiern hatten. Oft kam das in diesen Zeiten und besonders an diesem Ort nicht vor. Die Menschen hier waren für sie wie eine Familie und jeder war nett zu jedem. Die Bettler hielten zusammen. Sie beobachtete die kleine Rapida, die Streicheleinheiten und Lob für ihren guten Fang einsteckte und sie erfreute sich an dem Anblick der Kinder, die so selten so etwas Gutes zu essen bekamen. Tatsächlich reichte das Essen für fast alle, aber nur, weil die stärkeren Männer darauf verzichteten. Das Feuer tauchte das Armenviertel in ein unheimliches Licht und die ersten jungen Frauen fingen an zu tanzen, als Bernardo seine kaputte Mandoline schlug und Carlo sein Tamburin.
„Möchtest du nichts essen, Marita?“
Der junge Filippo kam mit einem Teller die Treppenstufen hinauf. Marita kannte ihn schon seit er hier war. Im Alter von sechs verlor er seine Eltern und beide Geschwister bei einem Hausbrand. Seitdem lebte er in Fuorigrotta und Marita hatte ihn sofort gemocht. Mittlerweile war er 16, hatte dichtes, schwarzes Haar und war hager wie ein kleines Mädchen. Aber er war beliebt; in der Runde erheiterte er die Leute mit seinen Witzen und in der Stadt sah er so manches, was selbst den Wachmännern verborgen blieb.
„Danke, Filippo, ich habe heute Nachmittag etwas gegessen“, entgegnete die junge Frau. „Sollen sich die Kinder und Alten satt essen. Einige hatten seit dem gestrigen Morgen nichts.“
Der dürre Junge nahm ein Stück Fisch von seinem Teller und stopfte ihn sich gierig in den Mund, bevor er undeutlich weiter sprach.
„Es war so heiß heute, wie schon das ganze Jahr nicht. Machst du dir deshalb Sorgen?“
„Wie kommst du darauf, dass ich mir Sorgen mache?“
Filippo wartete mit einer Antwort, bis er herunter geschluckt hatte. „Man müsste schon blind sein, um das nicht zu erkennen, so wie du hier herum sitzt. Ich kenne dich jetzt seit über zehn Jahren und ich merke, wann du besorgt bist und wann du besonders besorgt bist.“
Marita lächelte. „Dir entgeht wirklich wenig, junger Freund“, bemerkte sie. „Wenn ich ehrlich sein soll... ich sorge mich um die Geschehnisse von letzter Nacht. Man sagt, dass sie wieder einen in den Gassen gefunden haben.“
„An der Kapelle, ja“, entgegnete Filippo.
„Weißt du, ob es einer von uns war?“
Der Junge schwieg kurz und bekreuzigte sich.
„Es war Giuseppe. Er lag hinter einigen Kisten, in den Händen ein Stück verschimmeltes Brot.“
Marita machte ein ernstes Gesicht.
„Er war schon alt...“, schloss Filippo.
„Trotzdem, er hätte noch ein paar Jahre gehabt“, meinte Marita. „Der wievielte ist es schon diesen Monat? Der Zehnte? So kann es nicht weitergehen. Alte Leute werden schwach, weil sie nichts zu essen bekommen. Neugeborene Kinder überleben nicht einmal die erste Woche. Dicke Männer, die zehn Jahre älter sind als Giuseppe, sitzen in den Reichenvierteln in ihren Häusern und wissen nicht wohin mit ihrem Essen. Und die Randgebiete der Stadt bekommen täglich Zuwachs.“
Filippo starrte gedankenverloren auf seinen Teller. Er kaute nur noch halbherzig. Das bemerkte Marita.
„Mach du dir bloß keine Vorwürfe. Ihr habt alle verdient, heute etwas Tolles zu essen. Aber draußen in den Hügeln regt der Graf keinen Finger, und das, ob wohl er weiß, wie es um die gesamte Region steht. Trotzdem lässt er sich weiter Orangen aus Sizilien bringen und Kirschen aus Piemont.“
„Was können wir schon dagegen tun?“, sagte Filippo resignierend. „Wir müssen uns ja sogar verstecken, wenn die Steuereintreiber in die Stadt kommen.“
Marita antwortete nichts mehr. Ihr schwirrte schon seit ein paar Tagen etwas im Kopf herum. Bisher wusste sie selbst nicht, was sie von der Idee halten sollte. Doch in dieser Nacht sollte sie ihren Entschluss fassen.
Ein paar Stunden später, als das Feuer nur noch glimmende Asche war und die Bettler sich zurückgezogen hatten, lag auch Marita in ihren Quartier, einem kleinen Schuppen in einer Seitengasse, den sie mit Stroh und einigen Stofflaken ausgelegt hatte. Sie schlief schlecht und das lag nicht am Vollmond oder an Enzos unruhigem Atmen. Es lag einfach daran, dass sie nervös war.
Enzo hatte sich in dieser Nacht mal wieder zu ihr gelegt. Wenn es ihr sonst gefiel, so bereitete es ihr heute ein unbehagliches Gefühl. Der junge Mann war der einzige in ihrer 'Familie', den sie wirklich attraktiv und körperlich anziehend fand. Er war groß und gut gebaut und es hatte sie nicht allzu viel Mühe gekostet, ihn um den Finger zu wickeln. Niemand hier wusste von ihrem Verhältnis – jedenfalls sprach niemand davon – und für gewöhnlich verbrachte er höchstens einmal die Woche die Nacht hier. Meistens trafen sie sich des Nachts irgendwo außerhalb der Stadtmauern, oder in einer Gasse in den anderen entlegenen Vierteln. Dann gaben sie sich zusammen der Leidenschaft hin, verwöhnten sich gegenseitig, vergaßen für ein paar Stunden Ihr Leid und ihre Sorgen. Sie liebte es, ihn mit ihren schlanken Fingern oder ihren sinnlichen Lippen zu verwöhnen und sie liebte es ebenso, sich ihm einfach hinzugeben und ihren zarten Körper von ihm durchnehmen zu lassen.
War es Schicksal, dass er sie gerade diese Nacht hier besucht hatte? Es war anders mit ihm gewesen heute... sie wusste, dass es wieder gut gewesen war, für sie, für ihn... wie er sich auf ihr austobte, sie mit seinem starken Gemächt stieß und sie ihm mit ihren Lustbekundungen zu verstehen gab, dass sie ganz seine sei. Doch in ihrem Kopf war etwas anderes. Auch wenn sie die Hitze in ihren Lenden empfand, auch wenn ihre Blüte auslief vor Lust. Sie konnte nicht aufhören, sich Sorgen zu machen.
Am nächsten Morgen stand sie auf der anderen Seite der Mauer. In der Nähe des Hauptplatzes gab es ein kleines Tor in den Abwasserkanälen, das direkt in die weiten grünen Vorländer von Napoli führte. Die Stadtwache war so selten in Fuorigrotta, dass Marita sicher war, kaum einer von denen würde von diesem Geheimgang in die Freiheit wissen. Vielleicht wussten es die Stadtherren, doch wer scherte sich darum, ob die Bettler ihr Viertel über einen Abwasserkanal betraten und verließen...
Leises Platschen im Gang, aufgeregtes Keuchen, schnelle Schritte waren zu hören. Rapida kam durch den Gang und lächelte Marita an. „Ich habe es.“ Sie deutete auf einen Beutel, den sie wie eine Umhängetasche auf dem Rücken trug. Auf die Kleine konnte man sich verlassen: erst vor knapp zwei Stunden war die Sonne aufgegangen und Marita hatte das Mädchen aufgesucht und sie um diesen Gefallen gebeten. Rapida war gar nicht sauer, dass die junge Frau sie geweckt hatte. Vielmehr hatte sie sich gefreut, dass sie etwas für sie tun konnte.
„Ein ganz Tolles hab ich dir gebracht... das Schönste, das ich finden konnte, drüben in Posillipo...“ Sie nahm das Stoffbündel ab und gab es Marita, während sie sich die Füße im warmen Gras trocknete.
Marita öffnete die provisorische Tasche und hervor kam das schönste Kleid, das sie je gesehen hatte. Es war knallrot und mit kurzen Ärmeln, mit aufgebauschten Schultern und Rüschen am Saum. Die junge Frau war sprachlos und musste unwillkürlich lächeln. Sie hielt das Kleid an ihren Körper; es ging ihr ungefähr bis zu den Knien, war einigermaßen tief ausgeschnitten und am Rücken zum Schnüren.
„Es steht dir bestimmt“, trillerte Rapida. „Wofür brauchst du es?“
„Das erkläre ich dir später, meine Kleine.“ Marita war immer noch total verblüfft. Nie hätte sie gedacht, dass sie mal ein solch feines Kleidungsstück tragen dürfte. „Vielen Dank, dass du mir diesen Gefallen getan hast. Ich schulde dir etwas.“
„Ach, mach dir nichts draus, Marita. Das war mir eine Freude. Du bist doch mein Vorbild. Ich will mal werden wie du!“
Besser nicht, dachte Marita und streichelte das kleine Mädchen durch das blonde Haar. Sie gab ihr einen Kuss auf die Stirn und verabschiedete sie. Als Rapida wieder in dem Durchgang im Kanal verschwunden war und ihre Schritte sich entfernten, ging Marita nach Westen, in Richtung des kleinen Waldes.
Zwanzig Minuten später stand sie knöcheltief im Wasser des Lago Grande, dem See, in dem sich die armen Menschen der Stadt so oft wuschen, weil er so nah an der westlichen Grenzmauer lag. Zurzeit war glücklicherweise niemand da. Marita hatte ihre schmutzige Kleidung abgelegt und schritt nun nackt in Richtung Seemitte. Nur ihr beigefarbenes Strumpfband mit dem Kamm aus Elfenbein trug sie noch bei sich.
Der Kamm war ihr Ein und Alles, das einzige, was ihr aus ihrem früheren Leben geblieben war. Sie hütete ihn wie einen Schatz und auch wenn ihm inzwischen ein paar Zähne fehlten, leistete er ihr noch treue Dienste. Denn auch wenn Marita zur Bettlerfamilie gehörte, in den Armenvierteln hauste, mitunter von Abfällen leben und schmutzige Kleider tragen musste – sie liebte es, ihr Haar zu kämmen, wann immer sie Zeit dazu hatte. Das war ihr Tick und unter den Bettlern war sie bekannt als die 'Schöne Marita', weil ihre braune Haarmähne immer sauber und gestriegelt aussah, wie die einer Dame aus den Wohlstandsvierteln.
Das Wasser war angenehm warm, nachdem es sich über Wochen hinweg aufgehitzt hatte und Marita paddelte ein paar Mal im Kreis, bevor sie sich den Dreck der vergangenen Tage abrieb. Sie achtete penibel darauf, dass sie nichts übersah, bevor sie sich speziell ihren Brüsten und ihrem Lustzentrum zuwendete. Zum Schluss tauchte sie unter und wusch ihre Haare. Sie kämmte sie sich fast eine Viertelstunde, danach sogar die zarte Behaarung ihres Schamdreiecks, bis sie sich sauber genug für ihr Vorhaben fühlte. Sie legte sich für einige Minuten in die pralle Sonne, um sich zu trocknen. Dann zog sie sich das Kleid an.
Maritas Körper war eine wahre Freude für die Augen. Durch das jahrelange Hungern war sie zwar sehr schlank, doch von Natur aus hatte sie ein eher gebärfreudiges Becken. Die junge Frau konnte stolz auf ihre Brüste sein, die fest und rund waren, ebenso wie auf ihre makellosen Füße. Das Kleid schmeichelte ihr. Es war ein bisschen zu eng, vielleicht eine Nummer zu klein, doch es passte noch. Marita fand, dass ihr die rote Farbe besonders stand. Der Saum endete kurz unter den Knien und der tiefe Ausschnitt richtete die Aufmerksamkeit auf ihre prächtigen Äpfel. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie das Kleid hinter ihrem Rücken schnüren konnte, doch als sie es schlussendlich geschafft hatte, betrachtete sie stolz ihr Spiegelbild in der Wasseroberfläche; nichts erinnerte noch an die Bettlerin, die sie noch vor einer Stunde war.
Doch sie wusste es natürlich besser...
Auf der anderen Seite des Waldes lag das Hügelland, in dem viele der Bauern von Napoli und dem Umland ihre Plantagen hatten. Schon von Weitem erkannte man, dass viele Pflanzen verdorrt waren und nur noch die wenigsten Bäume Früchte trugen. Auf dem höchsten Hügel stand eine Villa – das Landhaus von Conte Alfredo.
Maritas Ziel.
Die Brünette war kein Kind von Traurigkeit. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt und lebte fast seit siebzehn Jahren auf den Straßen von Napoli. Sie hatte Menschen kommen und gehen sehen, sie lernte die Grausamkeit der Bürger der Stadt kennen, ebenso wie ihre Barmherzigkeit. Doch eines hatte sie früh gelernt: nichts ist umsonst. Und wer kein Geld verdienen kann, der muss sich sein Essen verdienen, seine Kleidung, sein Werkzeug, seinen Wein.
Und Frauen verdienten sich ihre Wünsche am besten mit ihrem Körper.
Marita achtete darauf, selten denselben Händler zu besuchen, und wenn, dann in einem Abstand von geraumer Zeit. Doch wenn sie merkte, dass sich einer nur zu gerne auf sie einließ, dann behielt sie das im Hinterkopf. Oft schon hatte sie sich eine Keule Fleisch oder eine Unterkunft bei Regen durch ihre sexuellen Künste verdient. Sie fühlte sich selten gut dabei, besonders nicht, wenn ein hässlicher Kaufmann oder grobschlächtiger Handwerker sie hemmungslos nahm und wild ächzend in ihr kam, während sie keinerlei Lust verspürte und einfach nur die paar erniedrigenden Minuten abwartete.
Manchmal jedoch, allerdings äußerst selten, machte ihr das Ganze auch etwas Spaß... etwa wenn sie am frühen Morgen, noch vor Sonnenaufgang, für einen kleinen Korb voll frischem Brot einem Bäckerlehrling in die Kunst der Liebe einführte und dann geheimnisvoll in den Gassen verschwand. Oder wenn sie von einem fähigen und starken Tischler für ein paar Bohlen Holz die ganze Nacht genommen und von einem Höhepunkt zum nächsten getrieben wurde.
So etwas geschah selten, aber es geschah...
Auch die anderen Frauen in der 'Bettlerfamilie' verdienten sich oft ihr Essen auf dieselbe Weise. Marita wusste das, aber es redete niemand drüber. Mit niemandem. Dieses Thema existierte nicht.
Aber konnte sie so auch beim Grafen landen? Marita kamen Zweifel, als sie den steinigen Weg zu der Villa Conte Alfredos hinauf ging und die beiden weiß gekleideten Männer sah, die den Haupteingang flankierten.
„Wohin des Weges, junge Frau?“, rief der eine.
„Ich habe eine Verabredung mit Conte Alfredo di Napoli e Marano“, log Marita.
„Natürlich...“, sagte der andere skeptisch. „Warum habe ich Euch noch nie gesehen? Wie lautet Euer Name?“
Marita zögerte kurz. Lieber einen Decknamen erfinden. „Savina. Savina Princitto. Ich bin eine Handelspartnerin aus Foggia.“
„So jung und schon im Großhandel, so so“, argwöhnte der erste Wächter wieder. „Ich werde Meldung machen.“
Der andere blickte weiter misstrauisch, aber selbst wenn er den Schwindel durchschaute, wirkte er nicht so, als würde er einer schönen Frau eine Audienz beim Grafen abschlagen, ganz gleich aus welchem Grund sie hier war. Sie jedoch vermied es, ihm in die Augen zu sehen, betrachtete stattdessen die Fassade der Villa, so als würde sie die Architektur bewundern, in Wirklichkeit jedoch, weil sie einfach beeindruckt von diesem schönen Haus war. Dann wieder blickte sie in die Ferne, genoss den Ausblick bis nach Lucrino, bis zum Vesuv und bis nach Napoli und aufs Meer hinaus; noch nie hat sie so viel von diesem Land gleichzeitig gesehen.
Dann kam Alfredo.
Marita hatte ihn noch nie gesehen, aber ihn sich immer so oder so ähnlich vorgestellt. Er wirkte sehr gepflegt, sein Duftwasser roch man schon aus zehn Metern Entfernung und seine Kleidung war aus feinster Seide, grün und dunkelrot wölbte sie sich über seinen dicken Bauch. Sein Lächeln wirkte aufgesetzt und seine dunkelblonden Haare wallten über seine Schultern. Er mochte vielleicht etwas über vierzig Jahre alt sein… und wenn er nicht so unverschämt dick gewesen wäre, hätte man ihn auch durchaus attraktiv nennen können. Marita schluckte. Von den nächsten Augenblicken hing alles ab.
„Man sagte mir, Ihr kommt aus Foggia zu mir“, sagte er mit überheblicher Stimme. „Was könnte mir aus dieser Gegend am Herzen liegen, was Ihr bereit wäret, mir anzubieten.“
„Seid gegrüßt, Conte.“ Marita machte höflich einen Knicks, der allerdings erbärmlich ausgesehen haben musste. „Ich habe Euch in der Tat ein lukratives Angebot zu machen. Mir wäre es allerdings lieber, wenn wir dies nicht auf dem Hof besprechen müssten.“
„Natürlich nicht, edle Dame, kommt herein.“
Marita entging der spöttische Unterton nicht, mit dem Alfredo das Wort „Dame“ ausgesprochen hatte, ebenso wenig wie das Flüstern der Wachen, als Marita mit dem Grafen hinter der Eingangstür verschwand.
Von innen wirkte die Villa fast wie ein Palast. Der Eingangsbereich war groß wie eine Halle, mit Säulen und Palmengewächsen, einem karmesinroten Teppich und Öllampen an der Wand. Schwerfällig wankte der Graf vorneweg, sprach kein Wort und führte seinen Gast eine breite Marmortreppe hinauf. Dahinter lag ein Raum, der offensichtlich ein Arbeitszimmer darstellte. Ein riesiger Tisch aus poliertem Schiefer war mit Papierrollen und Karten bedeckt, alle Regale und Anrichten im Raum waren vollgestopft mit Schriftstücken. Man hatte durch ein hohes Fenster eine wunderbare Aussicht über die Hügellandschaft. Conte Alfredo ließ sich geräuschvoll in einem gepolsterten Stuhl nieder und faltete die Hände.
„Nun, meine Liebe. Was ist Euer Begehr?“
Marita machte eine kurze Pause, schritt ein wenig im Zimmer auf und ab, gab dem Graf die Gelegenheit, sie ganz genau in Augenschein zu nehmen.
„Ich habe eine Bitte an Euch!“
Conte Alfredo rührte keinen Finger und blickte die Besucherin nur starr an.
„Ihr müsst den Leuten in Napoli helfen.“
„Das war mir doch gleich klar, dass Ihr keine Händlerin seid.“ Seine Augen funkelten böse, auch wenn seine Stimme ruhig blieb. „Ein so schönes Weib in den Handelshäusern dieser Region wäre mir nicht entgangen. Ich gebe Euch zwei Minuten, zu sagen, was Ihr von mir erwartet. Danach hole ich die Wachen.“
Marita verlor keine Zeit. „Hört mich an! Die Menschen in den Straßen der Stadt sterben. Es sind arme Leute, die sich das ganze Jahr über nur vom Abfall der Bevölkerung ernähren können. Aber auch Handwerker und Händler leiden. Sie können ihrer Arbeit nicht vernünftig nachgehen. Das Essen wird knapp und das Wasser sowieso. Männer können ihre Familien fast gar nicht mehr ernähren. In den Straßen stinkt es nach verfaultem Fisch, in manchen Gegenden sogar noch schlimmer. Bürger erheben sich gegen die Stadtherren, doch diese unternehmen nichts, weil es ihnen an nichts fehlt. Es ist höchste Zeit, dass Ihr als Herr über Napoli und Marano etwas unternehmt. Senkt die Steuern. Verstärkt die Einfuhren von Essen aus dem Norden. Lasst Unterkünfte bauen, damit die Menschen auf den Straßen wenigstens Schatten haben.“
„Ihr habt ein ganz schönes Temperament, junge Frau. Und mehr Mut, als es vielleicht gesund wäre. Sagt mir, wie ich das bewerkstelligen soll. Ich zahle bereits fast das Doppelte, als in gewöhnlichen Sommern, damit die Stadt die Ware bekommt, die sie jetzt hat. Das Geld wächst nicht auf Bäumen. Wir sind eine arme Stadt, auch wenn es nicht so scheinen mag. Wir sind nicht Firenze oder Milano. Die Reichen haben hart gearbeitet und klug gewirtschaftet, damit sie dort stehen, wo sie sind und jetzt sollen sie die Steuern senken, damit die Menschen in den Straßen, die das ganze Jahr über bereits rechtschaffene Bürger belästigen, genug zu essen haben?“
„Ich habe erwartet, dass Ihr so reagiert. Ich kann nicht von Euch verlangen, dass Euch oder den Stadtherren die Bettler am Herzen liegen sollen, aber das sind auch Menschen. Und sie wollen nicht viel. Sie haben sich an ihr Leben gewöhnt, aber sie brauchen genießbares Essen. Außerdem müsst Ihr an die Unterschicht denken, Conte. Ich appelliere an Eure Menschlichkeit und Vernunft. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird nur noch größer werden und ein einziger Sommer, in dem Ihr Euch verschuldet, kann binnen eines Jahres wieder wett gemacht werden.“
„Ich weiß nicht, ob Ihr wirklich was von der Wirtschaft versteht, aber was Ihr verlangt, ist unmöglich. Ich kann nicht auf Eure Forderungen eingehen.“
Marita schritt auf den Tisch zu und stemmte ihre Hände ab. Sie blickte Alfredo tief in die Augen… und er blickte tief in ihren Ausschnitt.
„Glaubt Ihr nicht, dass ich Euch wenigstens umstimmen kann, die Wareneinfuhr zu erhöhen?“
Er überlegte kurz. Jedenfalls tat er so. „Das könnte passieren. Allerdings müsstet Ihr da noch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten.“
Das war der Punkt, an den Marita gehofft hatte, nie zu kommen, obwohl sie immer gewusst hatte, dass sie es würde. Ihre Hand nestelte bereits an der Öffnung ihres Kleides und wenige Augenblicke später rutschte es bereits einige Zentimeter runter. Die Bettlerin blickte durch einen Türspalt an der Seite des Raumes und machte ein Bett aus. ‚Jetzt oder nie‘, dachte sie sich, ‚bevor ich es mir noch anders überlege.‘
Sie ging zur Tür, stieß sie auf und schwang sich ins Bett. Aus dem Nebenraum hörte sie ein Stuhlrücken und langsame Schritte. Als Alfredo im Türrahmen stand, räkelte Marita sich lustvoll auf den Bettlaken. Ihr rotes Kleid hing nur noch über ihrer Hüfte. Sie strich über ihre Brüste und verwinkelte ihre Beine, damit der Graf einen Blick auf ihre intimste Stelle erhaschen konnte. Dabei sah sie ihn mit gierigem Blick an und hauchte: „Ist es so ungefähr das, was Ihr als Denkanstoß braucht?“
„Oh ja“, brachte Conte Alfredo nur noch hervor, während er an seiner weiten Seidenhose herum rückte, an der bereits eine beachtliche Beule entstanden war. Er grinste lüstern, als er sich hastig seiner Kleidung entledigte und auf das Bett zu schritt. Marita sah sein Gemächt, das halbsteif und dick zwischen seinen Beinen hing und konzentrierte sich darauf, sich möglichst lasziv zu geben… sie musste dem Grafen etwas bieten, das ihm gefallen würde.
Conte Alfredo zog der jungen Frau ungestüm das störende Kleidungsstück herunter und ergriff sogleich ihre Brüste. Er knetete sie hart und keckerte dabei frech. „Ein paar hübsche Tittchen hast du da, mein Täubchen. Ich wusste ja gar nicht, dass es auf den Straßen solche Rasseweiber gibt.“
Marita entschied, darauf nicht zu entgegnen und breitete stattdessen ihre Beine aus. Er verstand das Zeichen und strich über ihre weichen Schamhaare. Etwas ungeschickt stieß er einen Finger in sie und als er merkte, dass sie feucht wurde, noch einen weiteren. Sie stöhnte auf und wand sich unter seinem Griff. An ihrem Oberschenkel spürte sie, wie er weiter versteifte und sich zu voller Größe aufrichtete.
„Nehmt mich, mein Graf, und lasst uns eins werden, auf dass unser Pakt besiegelt sei“, bettelte sie.
„Mit dem größten Vergnügen…“
Er setzte sich auf, packte Marita grob bei ihrer Hüfte und drehte sie um.
‚Immerhin‘, dachte sie, ‚muss ich nicht den Anblick seines fetten Bauches ertragen.‘
Sie kniete sich hin und ergriff das goldene Bettgestell vor sich. Aufreizend wackelte sie mit ihrem Hintern und schon einen Moment später spürte sie ihn an ihrer Spalte. Er war groß, das musste sie zugestehen. Marita keuchte laut auf, als er komplett in ihr drin war. Alfredo stieß sie heftig, sodass ihre Brüste hin und her wackelten, ebenso wie das Bett, das schon bald laut gegen die Steinwand knallte. Sie spürte seinen dicken Bauch gegen ihre Pobacken stoßen und seine kräftigen, behaarten Schenkel, die an ihre klatschten. Seine klobigen Hände hatten ihren Griff fest um ihre Taille geschlossen und schoben ihren schlanken Körper vor und zurück, sodass er auch wirklich bis zum Anschlag in ihr verschwinden konnte. Marita ächzte und stöhnte, ließ kehlige, abgehackte Laute über ihre Lippen kommen und warf ihre braune Haarmähne hin und her.
„Ja, besorgt’s mir richtig, mein starker Hengst“, feuerte sie ihn an. Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht; der dicke Patriarch griff sie bei den Schultern und drückte sie noch fester auf seinen Schwanz. Sie richtete sich leicht auf und bog ihren Rücken durch. Dann, nach kurzer Zeit, warf er sie zurück auf die Laken, drückte ihren Kopf herunter und stieß weiter in ihre vor Lust tropfende Grotte. Sie schrie in ein Kissen hinein, während er sein großes Glied mit aller Kraft ein letztes Mal vollständig in ihr versenkte und innehielt. Sie spürte, wie es in ihm brodelte und der Vulkan in ihrem Schoß ausbrach. Einige warme, lange Schübe, dann war es vorbei. Der massige Graf keuchte schwer und ließ sich neben Marita auf das Bett fallen. Die Bettlerin regte sich nicht, schnaufte nur erschöpft in das Kissen, fühlte, wie der Samen langsam aus ihrer Spalte rann.
Conte Alfredo wälzte sich aus dem Bett und stieg wieder in seine Hose. „Ein zartes Schätzchen bist du“, tönte er. „Ich werde mir dein Angebot durch den Kopf gehen lassen. Du kannst gehen.“
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