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Kommentare: 33 | Lesungen: 12487 | Bewertung: 8.41 | Kategorie: Wifesharing | veröffentlicht: 07.12.2011

Der Abschiedsschluck

von

Ich bin mit einer Frau verheiratet, die immer und überall erfolgreich ist. Sie besitzt eine blendende Figur, die sie aber meist unter streng geschnittenen „Business-Kostümen“ verbirgt, große graugrüne Augen, für die sie – ihr mögt es glauben oder nicht – sich extra eine Fensterglasbrille angeschafft hat, und einen analytischen Verstand, der durch fremde Argumente schneidet wie ein heißes Messer durch die Butter.

Marlene, so heißt meine Frau, führt ihr eigenes Unternehmen. Was für ein Unternehmen es ist, weiß ich selbst nicht so genau. So eine Art Beratung in Geschäftsdingen mit einem starken Bein in Import-Export. Alles etwas undurchsichtig für mich.

Und ich. Ich heiße Moritz. Über mich gibt es nichts zu bemerken. Ich denke mal, ich bin an diese Frau gekommen, wie Sterntaler an ihren Reichtum. Sie hat mich gesehen und behalten. „Ich mag deinen Witz“, hat sie mir mal gesagt, „und deinen Mund mit den Grübchen daneben.“ Ist ja nicht viel, was ich da zu bieten habe, aber ihr scheint es zu genügen. Bis zu unserer Hochzeit habe ich davon gelebt, anderen Leuten die Buchhaltung zu machen. Auf privater Basis versteht sich. Sonst rechnet sich das nicht. Reich wurde ich dadurch nicht, aber ich brauchte nicht mehr für meine Unabhängigkeit. Jetzt spiele ich den Hausmann und gelte auch außerhalb des Hauses überall als zweite Besetzung.

„Und das ist ihr Mann“, heißt es immer, wenn wir jemandem vorgestellt werden. Mir ist das Recht. Und glaubt jetzt bitte nicht, ich wäre ein Loser. Nichts wäre verkehrter als das. Ich habe nur zu wenig Ehrgeiz.

Warum ich euch das alles so erzähle? Ganz einfach. Weil es eine ganze Zeit funktioniert hat. Unser Leben plätscherte recht angenehm ohne große Störungen so vor sich hin. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem wir uns einen kurzen Sommerurlaub im tiefen Süden gönnten. Ist egal wo das war. Ihr kennt es eh nicht, und die Hotels sind ohnehin alle austauschbar. Hauptsache einmal raus aus der Routine, auch wenn es nur für eine Woche ist. Mehr Zeit hatte Marlene nicht. Aber dann lief alles etwas anders als geplant.

Wir kamen erst spätabends an und verbrauchten den nächsten Vormittag damit, das Hotel kennen zu lernen. Nach Lunch und Mittagsschlaf suchten wir die erste Erholung im Halbschatten auf einer der vielen Terrassen bei einem guten Kaffee. Die Bedienung in Form eines Kellners mit stark behaarten Unterarmen, drahtigem Körper und bereits etwas lichtem Haar fragte, was er uns bringen dürfe. Dabei übersah er mich völlig und starrte stattdessen meiner Frau in die Augen. Bei dieser Art von Duellen gibt es immer nur einen Verlierer. Ich wusste, was passieren würde und grinste in stiller Vorfreude in mich hinein. Marlene starrte erwartungsgemäß zurück, und nach einigen unhöflichen Sekunden senkte der Kellner den Blick.

„Unverschämter Kerl“, sagt sie zu mir, als er wieder gegangen war, um die Bestellung auszuführen. „Ich kann solche Typen nicht ausstehen.“

Ob sie den südländischen Typ mit den tief liegenden Augen nicht mochte oder ob es das unbotmäßige Benehmen war, ließ sie offen.

Der Kellner brachte zwei Cappuccino und fragte knapp: „Sonst noch etwas?“. Marlene antwortete höflich: „Nein, danke, Carlo.“ Sie sprach den Namen, der auf einem kleinen Metallschild prangte, etwas scharf aus, streute den Zucker über die Sahnehaube, rührte um und trank den ersten kleinen Schluck.


„Vorsicht“, sagte Carlo, „ist heiß“, und lehnte sich dabei etwas über den Tisch. Meine Frau zog nur gelangweilt eine Augenbraue hoch.


„Augenblick“, sagte Carlo, „Sie haben da was, darf ich?“ Und ohne auf Antwort zu warten, beugt er sich vor, flippte mit der Zeigefingerkuppe schnell über die Wange meiner Frau und gab ein kurzes, befriedigtes „So“ von sich. Aber den Finger ließ er, wo er meine Frau berührt hatte, stehen und zog ihn dann einen halben Zentimeter bis hin zum Mundwinkel. Meine Frau bog angewidert den Kopf zur Seite, aber der Finger folgte ihrem Mund und drückte sich dann in den weichen Spalt zwischen Ober- und Unterlippe. Marlene öffnete den Mund zu einem geharnischten Protest. Als wenn der Finger nur darauf gewartet hätte, schlüpfte er in die sich ihm anbietende Öffnung. Flink rutschte er zwischen die Lippen und wischte über die Zunge, verharrte dort für einen Lidschlag, glitt wieder halb hinaus, drang noch einmal vor, und das war’s.

„Ich freue mich immer, behilflich sein zu können“, sagte Carlo und leckte seinen Zeigefinger ab. „Darf ich später noch etwas bringen?“


Wieder nahm er Augenkontakt auf und bohrte sich mit seinem Blick in ihre Pupillen. Und wieder starrte Marlene zurück, doch dieses Mal, ich konnte es nicht glauben, war sie es, die den Blick senkte.


„Später vielleicht“, murmelte sie.


„Wie Sie es wünschen.“

„Was war das denn“, sagte ich, als ich aus meiner Erstarrung erwachte. Das Ganze war zwar nur in wenigen Augenblicken abgelaufen, aber nicht so schnell, dass ich nicht hätte reagieren können.

„Dieser Hurensohn“, presste Marlene zwischen zusammengepressten Lippen heraus, sprang auf, wobei ein Teil des Kaffees überschwappte und in die Untertasse floss, und stürmte davon. Ich eilte wie gewöhnlich hinterher.

Den Rest des Nachmittages war mit Marlene nicht viel anzufangen. Sie fauchte und schlug um sich wie eine Katze, der man den Fisch gestohlen hatte. Ich machte sicherheitshalber einen großen Bogen um sie und wartete auf Wetterbesserung. Marlene konnte sich nirgendwo ruhig hinsetzen, alle naselang sprang sie auf, rannte herum und machte mich nervös. Endlich sagte sie: „Ich muss hier raus. Ich brauche frische Luft. Ich ließ sie Dampf ablassen und hoffte, dass sie sich zum Dinner wieder eingekriegt hatte. Sie hatte. Jedenfalls so weit, dass wir ein ziviles Essen hinter uns brachten. Nach dem Dessert, die Weingläser waren noch gut gefüllt, stand sie auf.


„Du entschuldigst mich?“

Ich nickte ihr zu. Wenn sie sich ausgerechnet jetzt die Nase pudern wollte, von mir aus. Ich trank meinen Wein und passte auf ihre kleine Handtasche auf. Als die Zeit, die man für das Einpudern einer Nase braucht, so langsam verstrichen war, schnappte ich mir das Handtäschchen und bewegte mich in Richtung Terrasse. Es war alles still, ruhig und dunkel. Bis auf einen weißen Fleck unter den Palmen. Marlene! Marlene und ein schwarzer Schatten in weißem Oberhemd. Ich konnte nicht übermäßig viel erkennen, denn meine Augen brauchten Zeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Und außerdem standen zwischen mir und den beiden ein paar Büsche, deren Äste sich in der aufkommenden Abendbrise bewegten. Aber ich konnte immerhin erkennen, dass sie sich kaum bewegten und einen höflichen Konversationsabstand einhielten. Sah so aus, als würden sie nur miteinander reden. Oder besser gesagt, als würde der Mann reden. Er hatte seine Finger am Kinn meiner Frau. So viel konnte ich sehen. Wenn die beiden etwas miteinander hatten, was ich mir nicht vorstellen konnte, dann würde er sie gleich umarmen und küssen. Ich fühlte einen Stich der Eifersucht.

Ich bin nicht sicher, was dann geschah. Zu viel Wind. Jedenfalls nahm der Kerl meine Frau nicht in den Arm. Sehr beruhigend. Auch wenn ich nicht verstand, warum und mit wem sie sich da getroffen hatte. Wir kannten ja noch keinen hier.

Aber dann half mir der Wind, in dem er für einige Sekunden ganz gleichmäßig blies und meinem Blick die Äste aus dem Weg bog. Der Mann hatte die eine Hand um den Nacken meiner Frau gelegt. Zwei Finger der anderen Hand steckten in ihrem Mund. Wenn der Vergleich nicht etwas zu obszön wäre, hätte ich gesagt, er fickte den Mund meiner Frau mit seinen Fingern. Einmal hörte ich sie husten. Leider konnte ich dem Geschehen nicht allzu lange folgen, denn der Wind schwächte sich wieder ab, und die Zweige nahmen ihren alten Platz wieder ein. Ich verfluchte alle Büsche und die gesamte Gärtnerschaft des Hotels.

Das letzte war ich erkennen konnte war, dass die Hand verschwunden war. Dann tauchte sie von unten her wieder auf. Er führte seine Hand zum Mund, nein zu seiner Nase führte er sie, als wolle er daran riechen, und dann schob er sie erneut meiner Frau in den Mund. Als die Äste sich erneut einen Kampf mit dem Wind lieferten, drehte er sich abrupt um und verschwand.

Mir reichte es. Ich ging auf unser Zimmer und wartete mit einem unguten Gefühl im Bauch auf meine Frau. Lange musste ich nicht warten.

„Ich hab’ mir schon gedacht, dass du ungeduldig werden könntest, Schatz. Entschuldige. Hast du an meine Handtasche gedacht?“


„Sie liegt da“, antwortete ich, ohne die Miene zu verziehen und wartete gespannt darauf, was für eine Lüge mir jetzt aufgetischt würde.


Marlene dachte aber gar nicht daran, irgendetwas zu erklären. Ihre schlechte Laune war zurückgekommen und brodelte unter höflichen, nichts sagenden Sätzen. Irgendwann erklärte sie mir, dass sie müde sei und jetzt ins Bett ginge.


Na gut.

Ich hatte mich noch nicht lange ausgestreckt und war gerade dabei die Stelle in meinem Taschenbuch wieder zu finden, an der ich aufgehört hatte zu lesen, als Marlene sich zu mir drehte, sich auf mich legte und mir das Oberteil meines Pyjamas aufknöpfte. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit so etwas. Ich will es kurz machen. Sie war sehr leidenschaftlich. Sie lag auf mir und bestimmte das Tempo. Ab und zu drehten wir uns herum, wenn mir die Luft knapp wurde. Es gab kein Vorspiel und wenig Zärtlichkeiten. Es war roher, harter Sex. Und das nach acht Ehejahren. Ich konnte es nicht fassen.

Erst als wir erschöpft nebeneinander lagen, küsste sie mich auf den Mund. Es war der einzige Kuss, den ich an diesem Abend bekam.

„Ich habe nicht vergessen, warum wir hierhin gefahren sind“, sagte sie zu mir. „Entschuldige bitte meine schlechte Laune von vorhin.“ Drehte sich um, knipste das Licht aus und schlief. Ich war wie vom Donner gerührt.

Am nächsten Morgen gab es eine der typischen, kleineren Debatten zwischen lang verheirateten Ehepaaren. Ich wollte an den Strand, Marlene an den Swimmingpool. Wir gingen natürlich an den Pool. Hinlegen, eincremen, ins Wasser, neu eincremen. Kurzum das volle Programm. Marlene zog irgendwann ihr Strandkleid über, oder wie man diese Dinger nennt. Sie sind nicht mehr als eine Art Sack, der über dem Busen, also unter den Armen zugeschnürt ist und bis zum halben Oberschenkel reicht. Einige der Damen hier im Hotel hatten halb durchsichtige Stoffe gewählt. Sie räkelten sich meist oben ohne am Pool und brauchten das Kleid für die Gänge zur Bar oder zum Buffet. Der Blick auf ihre nackten Brüste war ungefähr so aufregend wie der Blick auf den rohen Teig beim Bäcker, bevor er die Backmaschine öffnet. Aber unter dem Stoff, wenn unter der Bewegung nur zwei große Sonnenblumen über den Brüsten tanzten, dann war das eine ganz andere Sache. Das Geheimnis des Verborgenen brachte auch mich dazu, hin und wieder den Hals zu verbiegen. An Marlene war nichts halb durchsichtig. Sie hatte Frottee gewählt. Da erübrigte sich jeder zweite Blick.

Ich holte mir aus der Strandtasche mein Fernglas heraus. Der Grund, warum ich unbedingt zum Strand hatte gehen wollen, war, dass für heute Tümmler angesagt waren. Eine ganze Familie mit Jungtieren. Ich stieg auf eine kleine Mauer und suchte die Meeresoberfläche ab. Nichts zu sehen. Enttäuscht sagte ich zu Marlene:


„Ist wohl nichts heute. Wahrscheinlich zu viel Wind. Kleine Wellen überall, Kreuz und quer. Da bleiben selbst die Tümmler lieber unter Wasser.“

Ich bekam keine Antwort. Ich drehte den Kopf und sah, Marlene war weg. Wahrscheinlich etwas zu trinken holen. Ich hoffte sie würde mir einen Granatapfelshake mitbringen. Beunruhigt war ich nicht. Schließlich war es bei uns nicht Brauch, dass sich einer beim anderen abmeldete.

Als es aber dauerte, begann ich sie zu suchen. Erst schaute ich einfach umher. Dann benutzte ich mein Fernglas. Und nach einer ganzen Weile fand ich sie tatsächlich. Sie stand etwas oberhalb des Hotels an der Straße, auf der unser Bus uns vom Flughafen zum Hotel gebracht hatte. In einer der vielen Serpentinen hinter einem kleinen Mäuerchen, von wo man einen wunderbaren Ausblick auf die Bucht hat. Weniger wunderbar fand ich, dass sie dort zusammen mit zwei Männern stand. Selbst mit meinem Fernglas konnte ich niemanden mit Sicherheit identifizieren, denn alle drei drehten mir den Rücken zu. Immer wieder verschoben sich ihre Positionen ein wenig, aber nie so weit, dass ich einen Blick auf ihre Gesichter werfen konnte. Aber die Frau war meine Marlene. Da war ich mir sicher. Ich kannte ihre Körperhaltung, ihre Frisur, und nur sie trug weißen Frottee.

Endlich, nach Ewigkeiten drehte sich Marlene zu mir um. Nein, nicht zu mir, sie schaute aufs Meer. Wenn sie überhaupt schaute. Sie stand merkwürdig steif und unbeweglich, als hätte sie es im Kreuz. Dann schenkte mir auch der eine der beiden Männer sein Halbprofil. Carlo. Das hatte ich mir bereits gedacht. Der zweite Mann blieb verdeckt hinter den beiden stehen. Eine innere Stimme sagte mir, dass es Zeit war, etwas zu unternehmen. „Halt’s Maul“, fuhr ich meine innere Stimme an.

Ich redete mir ein, dass es nur fair sei, meiner Frau die Gelegenheit für das erste Wort geben. Der wahre Grund war allerdings, dass ich es nicht schaffte, mein Fernglas abzusetzen. Zu groß war die Angst, etwas zu verpassen.

Ich sah, wie Marlene den Mund öffnete, als würde sie mir etwas zurufen. Mehr als ein Ruf konnte es nicht sein, denn ein sprechender Mund sieht anders aus. Sie stützte sich mittlerweile mit einem Arm auf der Mauer ab und stand leicht vorgebeugt. Mehr passierte nicht. Marlene verlor weder ihre starre, unnatürliche Haltung, noch gaben die beiden Männer ihre Standbildposition auf. Mein erster, schrecklicher Verdacht erhärtete sich nicht. Das war nicht unbedingt der geeignete Platz für ein Liebespiel. Aber erkennen konnte ich auch nicht viel, denn die kleine weiße Mauer schirmte alles unterhalb der Taille ab. Was zum Teufel ging da oben vor?

Dann sah ich, wie meine Frau den Kopf in den Nacken warf. Als ich wieder zu den Männern schwenkte, waren die verschwunden. Marlene blieb noch einige Zeit da oben stehen und schaute aufs Meer hinaus. Sie hielt ihre Arme vor der Brust verschränkt.

Ich sah meine Frau erst zum Lunch wieder. Wir aßen schweigend. Doch es war nicht die feindselige Stille vor einem Kampf. Marlene hatte sich in sich selbst zurückgezogen und dachte nach. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Und ich? Ich wusste nicht, woran ich war und hatte Angst vor dem ersten Schritt. Nach dem Essen zogen wir uns wie gewöhnlich zu einer kurzen Siesta zurück. Es wurde Zeit, dass wir redeten.

Ich legte mein Buch beiseite und drehte mich auf die Seite. Marlene drehte sich zu mir und, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, schob sie sich auf mich, begann mich zu streicheln und zu küssen. Beinahe wie zu Hause, aber mit unvergleichlich mehr Leidenschaft. Als Marlene kam, biss sie ins Kopfkissen, und ich explodierte genau im richtigen Moment. Alles war gut, und doch hatte ich den Eindruck, Marlenes einziger Wunsch war es, mich zufrieden zu stellen. Zumindest hatte sie sich jede Mühe gegeben. Als sie sich dann in meinen Arm kuschelte, streichelte ich sie noch ein wenig. Ich war gerade dabei einzuschlafen, als ich ihre Stimme hörte.

„Du, ich muss dir etwas sagen. Du wirst es nicht verstehen, aber ich muss es dir trotzdem sagen. Ich möchte nicht, dass du einen verkehrten Eindruck von mir bekommst.“

Ich war sofort hellwach, denn ich konnte mir denken, was jetzt kam.


„Du hast was mit diesem Carlo angefangen“, platzte ich heraus.


Marlene schluckte. „Ja“, sagte sie, „oder besser Nein.“

„Ja, was denn nun? Schläfst du mit ihm oder nicht?“

„Nicht“, sagte sie ganz trocken. „Nein. Ich will das auch nicht, und Carlo hat auch nicht versucht, mich ins Bett zu kriegen. Bis jetzt zumindest nicht. Vielleicht, weil er genau weiß, dass er sich eine Abfuhr geholt hätte. Aber ich weiß nicht, wohin das alles führt.“

„Was führt? Wohin führt?“ Was kann ein Mann denn sonst wollen, der eine Frau anmacht und sich mit ihr trifft. Doch nur sie in sein Bett zu kriegen. Ich wurde langsam ungeduldig, obwohl ich wusste, dass es das Klügste wäre, die Klappe zu halten. Marlene wollte ja reden und mir etwas sagen. Aber ich konnte mich nicht bremsen.

„Was wollte er denn überhaupt von Dir? Erst gestern Abend und dann heute Morgen?“

„Ach, du hast es mitbekommen? Na ja, wir haben uns ja nicht unbedingt versteckt, und du hast ja dein Fernglas dabei. Hat es dir Spaß gemacht, uns zuzuschauen?“


Da war ein böses Lächeln in ihrem Gesicht.

„Was macht dieser Carlo mit dir?“ Ich hatte keinen Sinn mehr für Rätselspiele.

„Er fasst mich an. Wie am ersten Tag, als wir den Kaffee trinken wollten. Da nur am Mund. Abends etwas mehr. Und da oben an der Straße, da …“


Marlene brach ab.


„Was war an der Straße?“


„Da haben sie mich begrapscht. Zu zweit. Carlo und ein Kollege.“


„Begrapscht? Einfach nur ein bisschen begrapscht?“, fragte ich ungläubig.


„Ob es ein bisschen war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall haben sie sich Zeit genommen und erst aufgehört, als ich kam.“

Ich erinnerte mich schmerzhaft an den offenen Mund. Wie musste sie gestöhnt haben da oben. Und keiner konnte etwas sehen, denn die Körper der Männer schirmten die Sicht zur Straße hin ab und vorn war die kleine weiße Mauer.

„Und warum das alles?“, fragte ich. „Wer zwang dich, da oben rauf zu gehen.“


„Das muss für dich schwer zu verstehen sein. Aber du weißt, wie ich meinen Job mache. Da gibt es jede Menge Männer, die versuchen mich reinzulegen, über den Tisch zu ziehen oder einfach nur ausprobieren wollen, wie weit sie bei einer Frau gehen können. Da hilft nur eines. Härte und Konsequenz. Sonst gehst du in dem Geschäft kaputt.“

„Ja, das kenne ich besser, als du denkst. Ich bin dein Mann, der manchmal abends dein Seelenleben hinter dir aufräumen muss.“

„Aber kannst du dir nicht vorstellen, dass auch ich manchmal den Wunsch habe, nachgeben zu dürfen, jemanden zu haben der für mich das Kommando übernimmt. Für ein paar Tage vielleicht oder sogar nur für ein paar Stunden? Aber so etwas darf ich mir nie erlauben. Es würde mir sofort als Schwäche ausgelegt.“

„Und dieser Carlo macht das jetzt für dich? Übernimmt das Kommando? Warum ausgerechnet dieser Carlo? Du hättest dir einen besseren Liebhaber aussuchen können. Hier laufen genug herum, mit denen du mich betrügen könntest. Welche mit Niveau. Keine Kellner.“

„Ich suche keinen Liebhaber.“ Jetzt wurde sie böse. „Ich sagte doch, du würdest es nicht verstehen. Und warum Carlo? Weil dieser Bastard mich sofort durchschaut hat. Er wusste genau, was für ein Typ ich war. Er wusste es, bevor ich auch nur die geringste Chance hatte, das selber zu verstehen. Er hat einfach auf den richtigen Knopf gedrückt. Ich glaube, ich brauche jetzt deine Hilfe.“

„Du meinst, ich sollte ab jetzt besser auf dich aufpassen.“


„Das wäre zumindest keine schlechte Idee.“


„Und wann habt ihr die nächste Verabredung?“


„Es gibt keine. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat. Aber ich denke nicht, dass er von seinem Spiel bereits genug hat.“


Ich beschloss, die Augen aufzuhalten.

Nach dem Dinner zogen wir uns in den hoteleigenen Showroom zurück. Eine kleine runde Fläche mit Bühne, vielen kleinen Tischen drum herum und einem direkten Zugang zur Bar. Wenn keine besondere Veranstaltung geplant war, spielte hier eine kleine Zwei-Mann Gruppe mit einer nicht mehr ganz taufrischen Sängerin. Sie spielten meist lateinamerikanische Rhythmen, dazwischen gelegentlich einen Walzer und dann diese undefinierbaren Musikstücke, auf die man alles tanzen kann. Ich bin ein Tanzmuffel, aber es macht mir immer sehr viel Spaß, anderen beim Tanzen zuzuschauen.

„Sie erlauben?“ Diese höfliche Frage war an mich gerichtet. Und dann:


„Möchten Sie tanzen?“


Als ich endlich mit meinem Kopf in die richtige Richtung schaute, hatte Marlene bereits die ausgestreckte Hand angenommen. Kurz darauf sah ich Carlo und Marlene mitten im Gewühl etwas Foxartiges versuchen.

Wenn du jetzt anfängst zu klammern, gehe ich dazwischen, sagte ich mir. Ich hätte den Tanz nicht erlauben sollen. Aber dann hätte ich als der eifersüchtige Idiot da gestanden. Marlene hätte „Nein“ sagen müssen. Frauen nimmt man das ab. Sie haben die Wahl. Aber sie ist mitgegangen.W was hatte der Kerl jetzt vor?

Nichts Unanständiges in der Öffentlichkeit, so weit ich sah. Es war eng auf der Tanzfläche. Sie tanzten eng, aber nicht zu eng. Carlo zeigte eine etwas nachlässige, aber klassische Tanzhaltung, so weit ich das beurteilen konnte. Sie sprachen auch nicht miteinander. Es war mehr ein stummes Ringen.

Dem ersten Tanz folgte ein zweiter, dem zweiten ein dritter, und dann waren die beiden plötzlich nicht mehr zu sehen.

Na prima, dachte ich mir, sprang auf, schaute über die Tische, eilte zu Bar, von der Bar auf die angrenzende Terrasse, zurück zur Tanzfläche, wo unsere beiden Plätze bereits wieder besetzt waren. Aber das war jetzt meine geringste Sorge. Ungefähr zehn Minuten durchsuchte ich alle Räume, die in der Nähe waren. Nichts.

Ich war ein großartiger Leibwächter. Es gab nur noch zwei Möglichkeiten, wo sie waren. Irgendwo draußen. Dort zu suchen war sinnlos. Alles dunkel, und es war unwahrscheinlich, dass sie sich genau unter eine Lampe stellten. Oder in irgendeinem der vielen Räume im Hotel. Carlo würde sie alle kennen. Ich nicht. Ich fluchte leise vor mich hin, stellte mir das Schlimmste vor und gestand ich mir meine Niederlage ein. Es bleib mir nichts anderes übrig als nach oben zu gehen und dort auf

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Kommentare


Leichtgewicht
(AutorIn)
dabei seit: Mär '10
Kommentare: 279
Leichtgewicht
schrieb am 09.12.2011:
»Freut mich, dass meine letzte Geschichte in diesem Jahr so gut gefällt.
Mal schauen, ob mir nächstes Jahr auch noch was einfällt ;)


Liebe Grüße und vielen Dank
das Leichtgewicht«

Xaver10
dabei seit: Mär '03
Kommentare: 541
schrieb am 07.12.2011:
»So eine Frau ist schwierig einzureiten.Aber es ist gelungen.«

globetrotter35
dabei seit: Mai '08
Kommentare: 38
schrieb am 07.12.2011:
»Sehr guute geschichte und toller Schreibstil Gerne mehr davon! Wie wäre es, wenn Carlo und der Bär nach Deutschland kommen und Marlene in ihrem Alltag, im Büro der Öffentlichkeit oder vor ihren Angestellten, mit ihren Kunden usw....«

g0d0wner
dabei seit: Okt '02
Kommentare: 34
schrieb am 07.12.2011:
»Gefällt mir sehr gut, stimmt einfach alles dran«

stephi99
dabei seit: Dez '04
Kommentare: 104
schrieb am 08.12.2011:
»Gefällt mir, locker, leicht und gefällig geschrieben«

B737
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 15
schrieb am 08.12.2011:
»Das ist ein Kurzurlaub, der mir auch gefallen könnte: meine Frau in der Hauptrolle ... kommt eine Fortsetzung?«

rs_addicted
dabei seit: Jul '04
Kommentare: 7
schrieb am 08.12.2011:
»verdammt guter stil, eine fantastische geschichte!«

voba
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 26
schrieb am 09.12.2011:
»super ,mehr«

HermX
dabei seit: Dez '00
Kommentare: 208
schrieb am 09.12.2011:
»Das ist eine Geschichte mit gutem Schreibstil, der so subtil ist, wie die Beschreibung der Handlungen. Spannend ist die außerdem noch. Hab selten eine schönere Geschichte hier gelesen. Perfekt! Danke!«

totos48
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 6
schrieb am 09.12.2011:
»Mach weiter geile geschichte«

Volker1110
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 20
schrieb am 09.12.2011:
»Wow, gut 30 Minuten ein Hochgenuss, oder waren es mehr oder weniger? Einfach Klasse - weiter so«

gandalf5
dabei seit: Mai '04
Kommentare: 46
schrieb am 10.12.2011:
»Tolle Geschichte!«

mondstern70
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 441
Mondstern
schrieb am 12.12.2011:
»Auch die Geschichte hat "Hand und Fuß", ist gut ausgearbeitet und ja - seiner Frau sollte man(n) nicht widersprechen :-)
Das letzte drittel ist aber doch eher für deinen männlichen Fans ;-)
LG Mondstern«

olty10
dabei seit: Mär '02
Kommentare: 198
schrieb am 16.12.2011:
»Keine langen Formulierungen, einfach Kurzkritik:

"superb"«

max_68
dabei seit: Jan '12
Kommentare: 6
schrieb am 02.02.2012:
»Prächtige Geschichte mit einem tollen Ende«

martin690
dabei seit: Jun '02
Kommentare: 41
schrieb am 07.03.2012:
»Bombe, bis auf ein paar kleinigkeiten wirklich fast execelent. an Pint no retourn kommst du zwar nicht dran aber mann erkennt deutlich deine handschrift. Hätte mir den Ehemann halt (wie im richtigen Leben noch viel Emotionaler , und ein wenig verletzter vorgestellt) ich weis diese geschichte sollte ein anderer styl werden aber na ja nen ganz kleinen tick zu krass. bekommst aber von mir trotzdem3 mal eine 1 . Würde mir wirklich wünschen wenn du mal ganz ganz behutsam und bedächtig und mit extremsten fingerspitzengefühl point of no return weiter schreiben würdest. MFG«

Journey
dabei seit: Mai '11
Kommentare: 136
schrieb am 24.06.2012:
»...tolle Geschichte...sehr schön geschrieben.....weiter so.....«

Dressurreiter20
dabei seit: Feb '11
Kommentare: 292
schrieb am 20.07.2012:
»Eine echt geile Begebenheit. Dieses Hotel sollte ich mit meiner Partnerin auch mal buchen.
:-)«

Nobbyx
dabei seit: Mär '02
Kommentare: 11
schrieb am 04.09.2012:
»Dieser zum Teil sachlich klingende Tonfall in Verbindung mit der heilen Handlung.... Großartig und anregend!
Danke!«

kamadeva
dabei seit: Jun '12
Kommentare: 2
schrieb am 05.10.2012:
»perfekt«

balzac
dabei seit: Nov '00
Kommentare: 2
schrieb am 01.01.2013:
»eine sehr schöne, sehr aufregende geschichte!«

peter11
dabei seit: Aug '01
Kommentare: 7
schrieb am 30.03.2013:
»Schön zu lesen dass der point of no return auch von Fremden so leicht gefunden werden kann und niemand wirklich verletzt wird.
Ein schönes Spiel.
Gerne mehr!«

PeterPan1956
dabei seit: Jul '13
Kommentare: 1
schrieb am 22.07.2013:
»Damit hast Du meine Geschmack ziemlich genau getroffen!«

Keimling
dabei seit: Apr '12
Kommentare: 9
schrieb am 17.09.2013:
»Na ja, sex kommt vor, aber sehr abgedroschen bis langweili.«

adlerauge
dabei seit: Jul '12
Kommentare: 3
schrieb am 26.12.2014:
»Tolle Geschichte!«

LGE1946
dabei seit: Mai '15
Kommentare: 26
schrieb am 22.07.2015:
»Nicht immer kann man die Frau gleich verstehen. Aber tolle Geschichte«

Softmohn
dabei seit: Jul '15
Kommentare: 63
schrieb am 14.10.2015:
»sehr gute Geschichte. Insbesondere die Frau, die gerade ihre devote Seite so deutlich entdecken muss, wird sehr gut geschildert. Und der Stil ist wie bei den anderen Geschichten exzellent. Sehr gut. Weiter solche Geschichten.«

dusel
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 168
schrieb am 23.05.2016:
»So etwas zu erleben , ist wohl der geile Gedanke jeden Ehemannes mit Cuckoldgedanken !!! Wenn er diese geilen Gedanken hat,braucht er auch die Erfüllung um seine und wahrscheinlich auch ihre Geilheit auszuleben !«

easylike1959
dabei seit: Sep '16
Kommentare: 54
schrieb am 21.09.2016:
»Sehr geile, gute Geschichte bitte mehr davon, super geschreiben, Danke«

kred
dabei seit: Jun '02
Kommentare: 22
schrieb am 26.10.2016:
»super«

stef1954
dabei seit: Sep '15
Kommentare: 57
schrieb am 22.06.2017:
»Tolle Geschichte.
So eine Frau wie Marlene ist der Wahnsinn.«

jorgegarcia3089
dabei seit: Okt '13
Kommentare: 159
schrieb am 28.08.2018:
»Klasse Geschichte, da darf gern mehr kommen !

Gruß,
Jorge Garcia«

Pirat
dabei seit: Nov '00
Kommentare: 451
schrieb am 15.11.2021:
»Die stets leicht mitschwingende Ironie hat mir besonders gut gefallen. Obwohl in der Geschichte dick aufgetragen wurde, ist es dem Autor aus meiner Sicht gelungen, erotisches Kopfkino zu erzeugen. Vielen Dank dafür und gern mehr davon.«



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