Der Abspritzcontest Teil 1
von andrelmanja
© Autorenteam andrelmanja (Andrea, Elmar, Anja = andreashava, aweiawa, Mondstern)
Madonna und die starken Männer
„He, Andrea, komm' mal ganz schnell!“
„Was ist denn jetzt schon wieder?“
Manchmal konnte Anne echt nervig sein. Gönnte sie mir nicht mal diese entspannende Dusche nach unserer morgendlichen Joggingrunde?
Sie musste doch wissen, wie sehr ich in Eile war. In einer Stunde ging mein Zug nach Frankfurt, und ich hatte nicht einmal gefrühstückt, wollte mir gerade die Haare waschen, genoss den warmen Strahl, dieses entspannende Prickeln auf meiner verschwitzten Haut.
„He, Andrea! Jetzt mach doch mal voran ... Komm' endlich!“
Wenn Anne „schnell“ sagte, dann war es meist etwas Wichtiges, etwas sehr Wichtiges. Andererseits klang ihre Stimme nicht so, als hätte sie eine Katastrophe zu verkünden, sie wirkte eher amüsiert.
Ich hatte keinen Sinn für Scherze, massierte ungerührt das Shampoo in mein langes Haar, überhörte ihr Rufen, genoss das Prickeln des harten Brausestrahls auf meinen Wangen, meiner Kopfhaut, meinen Schultern, meinen Brüsten.
Ich schloss die Augen, ... Anne konnte warten.
Meist hüpfen wir gemeinsam unter die Dusche, zelebrieren das gegenseitige Einseifen unserer erhitzten Körper, dieses zärtliche Fest nach drei langen Runden um den Stadtpark-Weiher, genießen das Erfrischende des kühlenden Wasserfalls, unsere Erlösung nach sportlicher Höchstleistung, dieses Ritual unserer Liebe.
Aber heute war ich in Eile, und Anne hatte ihren freien Tag.
„Andrea! Wo bleibst du denn?“
Das Ganze kam mir reichlich paradox vor. Anne hatte doch Zeit ohne Ende. Warum also diese Ungeduld? Ich würde längst im Zug sitzen und mich auf das sicherlich nicht einfache Interview mit Madonna vorbereiten, die gerade das zwölfte Kind aus Afrika adoptiert hatte, während Anne sich in aller Ruhe ihrer Körperpflege widmen könnte. Das kam nicht oft vor, meist gingen wir gemeinsam aus dem Haus. So rechnete ich es ihr hoch an, dass sie heute Morgen mit mir gemeinsam unsere Runden gedreht hatte – sie hätte auch gemütlich ausschlafen können.
„Aaandreeeeeeeeeea!“
Was für eine Nervensäge ...
„Was ist denn, verdammt noch mal?!“
Ich hatte mich nicht einmal vollständig abgetrocknet. Stapfte missmutig, mit tropfendem Haar, zu meiner gemütlich am Frühstückstisch thronenden Liebsten. Das Anzeigenblatt, das wir nach dem Joggen aus dem Briefkasten gefischt hatten, lag ausgebreitet vor ihr auf dem Tisch, bedeckte Teller und Tassen, die frischen Brötchen und den Käse, nach denen mein Magen förmlich schrie.
„Das musst du lesen“, gluckste Anne, „sowas gibt’s nicht, da müssen wir hin!“
„Wie bitte?!“
Ich war bis ins Mark erschüttert. Ja, ich machte mir sogar Sorgen um meine Liebste. Sie schien völlig übergeschnappt zu sein.
„He, tropf' die Zeitung nicht voll, aber das musst du lesen ...“
„Du wiederholst dich“, reagierte ich leicht verärgert und zog meinen Kopf zurück, aber nur, weil ich befürchten musste, dass das durchnässte Zeitungspapier die Druckerschwärze auf meinen geliebten Käse übertragen könnte.
Abspritzcontest!“, kicherte Anne. „Women only!“
Kein Zweifel: Die Gute hatte ihren Verstand auf der Joggingstrecke gelassen, vermutlich in der dritten Runde. Nur einen von neun Kilometern hatten wir noch vor uns gehabt, sie wollte bereits aufgeben, hielt aber durch ...
„Ist das geil!“, zwitscherte Anne, die meine Sorge über ihren vermeintlich entrückten Geisteszustand nicht bemerkte oder gar ignorierte.
„Die s(t)ärksten Männer aus ganz Europa treten in der Arena gegeneinander an ...“
Für einen Moment musste ich schmunzeln. Ihr norddeutscher Akzent mit diesem S(t)olpers(t)ein klang aber auch zu niedlich. Was sind schon „s(t)arke Männer“ gegen „schtarke Kerle“? Anne sprach überwiegend lupenreines Hochdeutsch, keine Frage, doch mit dem „ST“ s(t)olperte meine Hols(t)einer Zicke doch immer wieder in die eine oder andere Zischlaut-Falle, die ihr das Rheinland, unsere gemeinsame Heimat, s(t)ellte.
„Na und!“ - Fast wäre mir der Kern unseres Gesprächs entfallen. „Sollen sie doch!“ Jetzt war ich richtig wütend. Hätte längst mein nasses Haar föhnen können, nein: müssen. Mir lief die Zeit davon.
„Es ist nicht so, wie du denkst“, kicherte Anne, „das hat nichts mit Boxen, Ringen oder Wrestling zu tun, sie messen sich in ihrer Manneskraft ...“
„Sollen sie sich doch prügeln!“
Ich war bereits auf dem Weg zurück ins Bad. Heute Abend, nach dem Gespräch mit Madonna, so mein Gedanke, würde ich mich auch um den mentalen Schaden meiner Liebsten kümmern, denn jetzt hatte ich keine Zeit für derartigen Blödsinn.
Anne aber hielt mich energisch zurück: „Es ist ein Wettbewerb. Acht Männer treten nackt gegeneinander an, wichsen ihre Schwänze, und am Ende gewinnt der, der sein Sperma am weitesten herausgeschleudert hat. Ein Abspritzcontest eben. Die größten Wichser Europas. Ein Sperma-Wettbewerb!“
Offensichtlich hielt es Anne in diesem Moment für angemessen, mir ganz ungefiltert den Inhalt der mit "WIXA - Weltverband Internationaler Xtra Athleten" überschriebenen Anzeige zu erläutern, denn mit ihrer Hand alleine konnte sie mich nicht vom Verschwinden ins Bad zurückhalten.
„Spinnst du jetzt völlig!“ - ich sah mich veranlasst, meinen für den Abend geplanten, therapeutischen Vortrag um zehn Stunden vorzuverlegen. „Was gehen uns spritzende Männer an?!“
„He, Andrea“, versuchte mich Anne zu überzeugen, „das ist doch voll lustig. Acht arme Wichte vor 14 500 johlenden Frauen! S(t)ell' dir das doch mal vor!!“
Ich mochte „es“ mir nicht vorstellen, konnte Annes Euphorie nicht teilen. In Gedanken war ich bereits im Zug, hatte allerdings nicht mal meine Haare geföhnt, und hungrig war ich auch ...
Doch meine übergeschnappte Freundin ließ sich nicht beirren: „Das Tollste aber ist, dass Frauen, die in Begleitung einer Freundin kommen, die kein Höschen trägt, freien Eintritt haben.“
„Und wenn zwei Frauen ohne Höschen kommen?“
„Davon s(t)eht hier nix!“
Anne und ich liebten es, uns ohne Slip in der Öffentlichkeit zu bewegen, besonders dann, wenn wir Minis trugen. Dieses Gefühl, entdeckt werden zu können, erregte uns beide ungemein. Aber auch der Hauch des Windes, dieses Sanfte, Schmeichelnde ...
Das schien bei diesem Event allerdings nicht gefragt zu sein.
„Ich lass' mich doch nicht begrapschen!“, protestierte ich energisch, doch auch diesen Einwand wusste Anne zu zerstreuen.
„Mensch, Andrea, da sind nur Frauen zugelassen, women only! Nur Frauen, die das Sperma spritzen sehen wollen, da interessiert sich keine für unsere leckeren Pussys ...“
„Lecker“ war das Stichwort, das fürs Erste meinen Widerstand brach. Außerdem hatte ich Hunger, war noch nass, und in einer halben Stunde ging der Zug.
„O.K. Einverstanden ...“
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Die Hinterbänklerin
Der silbergraue Mercedes 230 SLK quälte sich durch den dichten Feierabendverkehr. Das war aber nichts im Vergleich zu Tinas nervigem Geplapper. Ihr alter Chef hatte am Nachmittag die Praxis an den jungen Nachfolger übergeben, man feierte bei Sekt und Lachshäppchen. Gelassen hörte ich mir die Highlights der offenbar äußerst spannenden Betriebsfeier nun schon zum dritten Mal an.
„Und weißt du, was er dann sagte … ich lachte mich kaputt und die alte Schulze … aber der Neue sagte trocken … und …oh, das hätte ich fast vergessen.“
Während ich Tinas Sportwagen konzentriert an einem liegen gebliebenen Fahrzeug vorbei steuerte, wühlte sie in ihrer im Fußraum stehenden Tasche, zog grinsend ein Fläschchen Piccolo heraus und riss das Handschuhfach auf.
Tina war cool - auf ihre Art. Sehr kontaktfreudig und offenherzig, aber auch ein bisschen irre.
Viele ihrer Taten wunderten mich nicht wirklich, aber jetzt war selbst ich für einen Moment sprachlos. Für ihre Verhältnisse war es sicherlich nichts Außergewöhnliches. Allerdings ... im Auto??
„Das fass' ich jetzt nicht. Du hast ein Sektglas im Auto?“
„Nicht nur ein Sektglas! Ein mundgeblasenes Kristallglas von WMF. Oder soll ich etwa ganz ordinär aus der Flasche saufen?“
„Mitnichten, meine Gutste. Eine Dame wie du …“
Ob Tina meinen ironischen Unterton absichtlich überhörte, oder ob sie es mal wieder nicht blickte? Wie auch immer. Das stilgerechte Einschenken des sprudelnden Getränks beschäftigte sie voll und ganz.
Ich drehte die Klimaanlage etwas zurück. Den Menschen im Freien schien die Hitze immer noch deutlich an die Wäsche zu gehen, doch mich, nur in einem dünnen Sommerkleidchen, fröstelte es. Denn ich hatte ein ganz anderes, nervendes Problem.
Beim Halt an der nächsten Ampel beschloss ich, des Übels Wurzel beim Schopf zu packen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Beide Hände auf meinen Busen gelegt, versuchte ich, den widerspenstigen BH in eine mir angenehmere Position zu bringen.
„Wenn du mich geil machen willst, nur weiter, Süße!“
„Das Scheißding nervt total.“
„Wer seine Titten in Szene setzen will, muss das in Kauf nehmen ... Schönheit muss halt leiden.“
„Gar nicht.“
„Natürlich nicht, Anja. Du ziehst den Wonderbra nur an, damit er auch mal getragen wird. Schon klar. Willst auch ein Schluck?“
Wie gut, dass uns niemand durch die Frontscheibe gefilmt hat, denn ein derartiger Clip würde mich in starke Erklärungsnot bringen: Im Fokus meine beiden Hände, diesmal aber unter dem Kleid und dann der entgeisterte Blick zu meiner grinsenden Freundin, die mir allen Ernstes Alkohol anbot. Dann der Schwenk nach links, wo der Fahrer eines Cabrios rhythmisch hupte und seine vier Kumpane stürmisch Beifall klatschten.
Ich legte den Hebel des Automatikgetriebes auf D und gab Gas. Die Räder drehten durch, und Tina fluchte.
Während sie in ihrer Tasche nach Tempos suchte, um die nassen Stellen an ihrer Bluse abzutupfen, regulierte ich erneut die Klimaautomatik, denn mittlerweile war es mir wieder deutlich wärmer geworden.
„Wie sieht’s aus?“, fragte ich beiläufig.
„Wie soll’s aussehen? Der verdammte Sekt ist jetzt in meiner Bluse ...“
„Nein, ich meinte wie sieht’s aus?“, sagte ich und zeigte mit dem Finger auf meinen Oberkörper.
„Hübsch! Wirklich hübsch. Was man alles so aus Körbchengröße B rausholen kann …“, lästerte meine Freundin.
„Ich spar' mir den Stoff halt weiter unten“, spielte ich auf den knappen Stringtanga an, mit dem ich mich im Kleid so richtig sexy fühlte. Meine Anspielung hatte allerdings einen ganz anderen Hintergrund, und es dauerte einige Sekunden, bis bei ihr der Groschen gefallen war.
„Na danke! Das war ein Bauchweg-Slip, und du weißt genau, dass ich den nur vorübergehend …“
„Kommt davon, wenn man im Urlaub zu viel isst.“
„Drei Wochen Urlaub mit All-Inclusive würden auch an dir nicht spurlos vorübergehen, Anja.“
„Doch! Ich habe Selbstbeherrschung und außerdem …“
„Rechts! Wir müssen abbiegen“, kreischte Tina urplötzlich vom Beifahrersitz.
„Sicher! Wenn du zwei Stunden im Stau stehen willst. Bei Radio Kölle habe sie’s grad durchg'sagt ...“
„Na klasse. Als ob du ein Wort von deren Slang verstehen würdest. Außerdem ist das ein 499 Euro teures, supermodernes Navigationssystem“, schmollte Tina und streichelte sanft über das Hightechgerät.
„ … datt woren de aktuellen Staumeldungen von Radio Kölle, ührem Sender der Region. Jetz kütt jet Werbung, ävver dann, von ohs für üch, uns leev kölsche BAP ... Verdamp lang her ...“
„Auch so ein Lied, wo kein Mensch was versteht!“, lästerte ich.
„Jo! Mir schwätze hald badisch, däs verstähe die Leit a nett …“
„Radio Kölle präsentiert: Samesohn Vibro 2000. Jetzt in neuer, anatomisch korrekter Form. Auch in XL erhältlich.
IHR Experte in allen Handy-Fragen. NEU: Schleck 2000. Ultraflach, dem Emblem der Rolling Stones nachempfundenes Gehäuse mit rauer Oberfläche und stufenlosem Vibrationsalarm.“
„Autsch!“
„Jepp. Wer will sich von seinem Handy lecken lassen?“, meinte Tina.
„Gibt’s bestimmt auch welche. Genauso wie manche – fressen – bis ihnen schlecht ist, nur weil es das Zeug umsonst gibt“, nahm ich meine All-Inclusive Urlaubslästerei wieder auf.
„Nicht nur das Essen, Süße, auch alle Getränke waren frei.“
Ich verdrehte die Augen. Eine sachliche Diskussion konnte ich mir abschminken. Weit mehr wunderte es mich, plötzlich Tinas Hände an mir zu spüren. An einer Stelle, die von einer besten Freundin normalerweise nicht berührt wird.
„Der BH ist ja viel zu eng! Kannst du eigentlich noch atmen?“
Bevor ich überhaupt reagieren konnte, wanderten Tinas Hände schon unters Kleid, über meine Schultern bis zu den Körbchen. „Das Ding lässt sich doch einstellen. Gib her, ich versuch’s mal.“
Wieder mein typischer Blick nach rechts. „Das ist jetzt ein Witz?“
„Siehst du mich lachen, Süße? Zier dich nicht, bekommt ja keiner mit. Oder willst du bis zur nächsten Ampel warten und eine kleine Tittenshow abziehen?“
„Wie viel Sekt hast du heute schon getrunken. Tina?“
„Drei, vier ... acht Gläser. Was weiß ich. Ein paar genehmige ich mir noch. Kann’s mir erlauben, habe ja eine Chauffeurin“, kicherte sie und fummelte weiter ungeniert an mir herum.
„Jetzt hör mal auf. Tina. Ich muss mich konzentrieren!“
„Brauchst nur dem Navi vertrauen, mit einer Hand lenken und mit dem Füßchen Gas geben. Warte mal, ich schnall' mich ab und komm mal rüber …“
„Nein!!“
„Doch …“
„Höre jetzt auf, Tina. Wenn ich den Wagen zerleg' …“
„Scheißegal! Ist Vollkasko versichert.“
„Bleib sitzen, oder ich werf’ dich jetzt aus deinem eigenen Auto raus …!“
***
„Mahlzeit!“
Wir zuckten zusammen und drehten gleichzeitig die Köpfe zu der auf der Rückbank sitzenden Person.
„Was zum Henker bist du denn?“
„Nach was sieht’s denn aus?“, herrschte sie mich an.
„Two Face? Der Typ aus Batman?“
„Wua wua wua! Der war gut.“
„Wirklich?“, fragte Tina erstaunt.
„Nein! Sehe ich vielleicht aus wie ein Kerl?“
„Nun ja – so ganz ‚normal’ siehst du ja nicht grad aus“, stellte ich nüchtern fest, und selbst Tina nickte.
„Ha-ha-ha! Ich habe ein goldiges, symmetrisches Gesicht. Eine hübsche süße Nase, sinnliche Lippen, eine …“
„… saudumme Frisur! Den Prozess gegen deinen Friseur gewinnst du auf jeden Fall.“
Und das war nicht mal übertrieben. Die exakt mittig gescheitelten Haare waren auf der einen Kopfseite strohblond, lockig, in alle Richtungen abstehend und auf der anderen Seite schwarz, glatt und schulterlang
„Alle Menschen tragen zwei Seelen in ihrer Brust und versuchen ihr ganzes Leben lang, ihre dunkle Seite zu verbergen. Das sind armselige Wichte. Ich hingegen, ich bin cool. Ich bin blond, und ich bin schwarz! Gut und böse, keusch und leidenschaftlich, lieb und …“
„Ja … ist ja gut. Hab’s geschnallt. Und wieso hockst du bei uns im Auto?“
„Ich habe gehört, es gibt ein paar niedliche Tittchen zu sehen …“
„Und wer bist du überhaupt?“, wiederholte Tina meine anfängliche Frage.
„Namen sind Schall und Rauch. Aber bitte, wenn ihr drauf besteht …Tja, lass mich nachdenken. Ich bin ihr. Anja und Tina oder Tina und Anja. Erkennbar an meiner Frisur. Das zierliche blonde Lockenköpfchen und die frauliche Schwarze.“
„Ich bin aber brünett“, protestierte Tina.
„Egal.“ Das seltsame Wesen gähnte ordinär und schien sich zu langweilen. „Also, zum Mitschreiben für die geistig Armen: Wenn Tina mit mir redet, heiße ich Anti, bei Anja … dann Tinja … oder Jinia, Tani, Atina – nein da dominieren Tinas Buchstaben zu stark ...“
„Wie wäre es mit ... imaginäre, schizophrene Nervensäge?“
„Das ist ja toll, Blondie. Aber zu lang. Nennt mich doch einfach - das Gewissen."
„Wenn schon, dann machen wir’s ein bisschen intellektuell. Nomen est omen. Matrona Conscientia! Aber was willst du eig…“
„Wieso hat denn nicht jede von uns ihr eigenes Gewissen?“, fiel mir Tina ins Wort.
„Schon mal was von der Weltwirtschaftskrise gehört, Lady? In früheren Parodien konnte sich ein Protagonist noch zwei Gewissen leisten, heute reichen die Tantiemen nur noch für ein halbes. Wo geht’s überhaupt hin?“
„Ins Kino. Wir wollen einen alten Disneyfilm ansehen. Die Ritter des Rechts, mit A- und B-Hörnchen als Geheimagenten“, erklärte ich dem Gewissen.
„Ähh … Zeichentrickfilm?“, fragte Tina erstaunt.
„Ja, den gibt’s nicht als Realverfilmung. Die goldigen Backenhörnchen, Chip und Chap oder Chip 'n' Dale, wie sie im Original heißen, kommen nur als Comicfiguren richtig rüber.“
„Dann haben wir ein klitzekleines Problemchen … Das Navi suchte nach etwas anderem …“
„Das verstehe ich jetzt nicht“, sagte ich irritiert, ohne wirklich mit der Funktionsweise solcher Geräte vertraut zu sein. „Was hast du denn eingetippt?“
„Na Chippendales halt.“
„Oh Gott!”
„Oh ja, das sind Götter“, schwärmte Tina, und auch von der Rückbank kam ein laszives Seufzen.
„Tina! Du machst mich fertig! Aber die sind ja wohl kaum heute in der Stadt …“
„Das nicht gerade, aber das Gerät zeigt auch ähnliche Veranstaltungen an ...“, erklärte mir Tina stolz.
Ich verdrehte die Augen, konnte es nicht glauben. Und … seit wann gab es in einem SLK eine Rückbank?
Dieses Spezial-Navigationsgerät funktioniert ähnlich einer Internet-Suchmaschine und zeigt die wahrscheinlichsten Treffer an.
Nachdem ich eine Weile sprachlos gewesen war, wollte ich es doch genauer wissen. „Und wo fahren wir jetzt eigentlich hin?“
„In die größte deutsche Multifunktionshalle, die Kölnarena. Da findet ein sehr geiler Contest statt.“
„Radio Kölle präsentiert: Samesohn Vibro 2000 Magic. Extra hart und mit leistungsstarken und ausdauernden Lithium-Polymer-Akkus. Model XXL Black Hammer nur heute. Contest-Teilnehmerinnen bekommen 69 Prozent Rabatt!“
Ich schaltete das Radio aus und konnte es nicht wirklich fassen. „Ich würde aber lieber ins Kino gehen.“
„Den Film können wir doch nächste Woche ansehen, oder nicht?“
„Genau! Ich will auch lieber nackte Männer sehen!“, meldete sich eine süffisant klingende Stimme von hinten.
„Du hältst dich da raus, und überhaupt … was soll eigentlich der Schwachsinn mit einem imaginären Gewissen? Das ist doch völliger Blödsinn!“, reagierte ich verärgert.
„Wieso soll das blöd sein? Wir sind hier mitten in einer Geschichte, die befreundete Autoren gemeinsam kreieren. Wir lassen unsere wirren Gedanken kreisen, tauchen in eine kreative Welt ein, und die Fantasien treiben uns zu den absonderlichsten Gedankenspielen.“
„Ich finde das trotzdem Quatsch!“, sagte ich.
„Ganz ruhig, Blondie. Jetzt sei doch nicht so kleinkariert und akzeptier' einfach, dass ich mitspiele.“
„Oh Gott! Das kann ja heiter werden!“, grummelte ich in den
nicht vorhandenen Bart.
„Oh Gott, wie sollen wir hier einen Parklatz finden?“, fragte Tina, als wir uns unserem Ziel näherten.
„Oh Gott! Ich bin schon ganz kribbelig, wenn ich an all die geilen Typen denke!“, lechzte das Gewissen von der Rückbank und begann nervös auf dem Polster hin und her zu rutschen.
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Moderne Gladiatoren
Wie war mein Chef nur darauf gekommen, ausgerechnet mich für diese Veranstaltung heranzuziehen. Was dachte er sich nur dabei? Meinte er etwa, ich sei durch irgendetwas für diesen Job prädestiniert? Verdammter Auftrag! Ablehnen konnte ich ihn nicht, das war zu gewagt, das hätte meine Stellung bei der Zeitung gefährdet. Ja, ich durfte nicht einmal im Geringsten versagen, denn nach der letzten Abmahnung wegen mangelnden Einsatzes bei der Nuttengeschichte im Rotlichtviertel konnte ich mir das nicht leisten. Dabei hatte ich wirklich alles gegeben. Noch am nächsten Tag war er rot und tat bei jeder Berührung weh. Also biss ich in den sauren Apfel und machte mich auf den Weg.
Angeblich war die Veranstaltung bis auf den letzten Platz ausverkauft, und Männer hatten keinen Zutritt. Unter keinen Umständen hieß es. Selbst Journalisten wurde kein Eintritt gewährt, lediglich die acht dämlichen männlichen Protagonisten durften in die Arena. Wie sollte ich da einen ordentlichen Bericht zusammenschustern. Ich musste mir irgendetwas einfallen lassen. Am besten ließ ich es einfach auf mich zukommen, der Zufall hatte mir schon oft zur Seite gestanden.
Die Veranstaltung begann abends gegen 20 Uhr, sodass ich ohne weiteres am Nachmittag für Interviews zu den acht Helden vorgelassen wurde. Was mich hierbei erwartete, spottet jeder Beschreibung. In acht Kabinen bereiteten sich acht Contestteilnehmer auf den Wettbewerb vor. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, wie solch eine Vorbereitung aussehen könnte. Ließen sie ihren Schwanz Klimmzüge machen? Oder Liegestütze? Oder trainierten sie ihre Oberarme, indem sie Sektflaschen schüttelten, bis sie explodierten? Langsam begann mir der Auftrag zu gefallen, denn die komische Seite der Angelegenheit versprach einigen Spaß.
Die erste Tür trug in großen Lettern den Namen „Long Tall John“. Aus der Broschüre, die mir der Manager beim Antrittsbesuch in die Hand gedrückt hatte, wusste ich, dass er aus dem schottischen Hochland stammte. Er war einer der Kandidaten auf den Gesamtsieg, stand dort zu lesen. Gut, dann wollte ich ihn mir mal ansehen.
Ein Naturbursche von mindestens zwei Metern Höhe öffnete auf mein höfliches Klopfen hin. Mit stierem Blick schaute er mich an. Seine Augen standen eng zusammen und ein wenig vor dem Kopf. Das Gesicht erinnerte stark an die Visage einer Bulldogge. Natürlich unterhielten wir uns in Englisch, doch ich gebe hier die Übersetzung wieder.
„Hallo John, ich bin Elmar Awei von der hiesigen Zeitung. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“
„Schießen Sie los, guter Mann. Wenn Sie vom Gewinner ein Vorabinterview haben wollen, dann sind Sie hier genau richtig.“
„Was macht Sie so sicher, dass Sie diesen Wettbewerb gewinnen werden?“
„Mann, sind Sie blind? Sehen Sie nicht, wen Sie vor sich haben?“
„Doch, es steht ja auch an Ihrer Garderobe: Long Tall John.“
„Na also, und haben Sie schon mal von einem Wettbewerb gehört oder gelesen, an dem ich teilgenommen und nicht gewonnen hätte?“
„Stimmt, das habe ich wirklich noch nie gelesen. Sie denken also, dass Sie die weiteste Strecke abspritzen werden?“
„Selbstverständlich. Obwohl die letzte Modifikation der Veranstaltungsleitung eine echte Herausforderung ist, werde ich gewinnen. Das steht unumstößlich fest.“
„Welche Modifikation meinen Sie?“
„Na, dass nicht nur ein Orgasmus zählt, sondern deren drei. Die Strecken werden addiert, und wer insgesamt am weitesten gekommen ist, gewinnt. Das habe ich in der Form noch nie erlebt. Eigentlich eine Sauerei, diese Änderung der normalen Prozedur so kurzfristig ins Programm zu nehmen.“
Wow, davon stand bisher nichts in den Zeitungen, das war eine echte Neuheit, da musste ich dran bleiben. Genau genommen hatte ich keine Ahnung von der Materie, hatte nicht einmal gewusst, dass es derlei Veranstaltungen überhaupt gab.
„Wie viel Zeit wird Ihnen denn zugestanden, um diese drei Orgasmen vor der johlenden Weibermenge zu vollbringen?“
„Die Zeit ist reichlich, insgesamt mehrere Stunden. Doch es wird erheblich darauf ankommen, auch noch beim dritten Abspritzen große Weiten zu erzielen. Das habe ich bisher noch nie trainiert.“
„Wie trainieren Sie denn überhaupt, Herr Long Tall?“
„Am besten, ich zeige Ihnen, wie das geht“, erklärte er sich bereit, mir eine Vorführung zu geben.
„Annie, komm mal kurz rein!“, brüllte er in den Nebenraum hinüber.
Eine äußerst spärlich bekleidete, junge Dame schob den Vorhang zur Seite und fragte säuselnd:
„Ja John, was gibt’s?“
„Dieser Herr will eine kleine Kostprobe unserer üblichen Trainingseinheit sehen, bist du bereit?“
„Klar, John. Volles Programm?“
„Selbstverständlich, nur keine Änderung der Routine, das führt nur zu Irritationen.“
Ohne mich weiter zu beachten, vollführte die rassige Schönheit einen klitzekleinen Striptease, sodass sie alsbald nackt vor uns stand. Direkt über ihrer kahlen Pussy war in großen Lettern „LTJ“ eintätowiert. Eine eindeutige Zugehörigkeitsaussage. Mit einem einzigen Ruck riss sich John seine Hose recht publikumswirksam vom Leib, sodass auch er jetzt zumindest unten herum nackt vor uns stand.
Annie trat nun vor den Abspritzhelden, kniete sich hin und bearbeitete das riesige Gehänge des Mannes. Wow, das war wirklich beachtlich. Sein Schwanz stammte aus Brobdingnag, während meiner dagegen eher aus Liliput zu kommen scheint. Und unter meinen staunenden Augen wuchs das Ding, anders kann ich es nicht nennen, noch weiter an. Mannomann, wenn der so weit spritzte, wie er groß und dick war, hatten die anderen Teilnehmer wirklich keine Chance.
Als ich glaubte, noch größer könne er unmöglich werden, schob ihn sich die schöne Dame in den Mund. Genau genommen hatte nur die Eichel darin Platz, doch diese bearbeitete Annie mit Inbrunst und großer Zungenfertigkeit. Immer wieder leckte sie über die Eichel, schob die Zungenspitze in die Harnröhre, und versenkte dann den bläulichen Riesenschnuller wieder in ihrer Mundhöhle. Mit beiden Händen knetete sie den Sack des Hünen durch, dass mir schon vom bloßen Zusehen Angst und Bange wurde. Unglaublich, dass das über längere Zeit durchzuhalten war.
Annie war ein Prachtweib, ihre Titten rieben sich an Johns Beinen und zwischen den Oberschenkeln hindurch konnte ich ihre nackte Schnecke sehen. Das Wasser lief mir im Mund zusammen und mein eigener Schwanz schwoll in der Hose. Verdammt, das war keineswegs professionell. Doch was diese Annie mit der Prachtlatte anstellte, war extraordinär.
Plötzlich krähte Long Tall John mit hoher Fistelstimme:
„Outadaway!“, und schneller als es das Auge realisieren konnte, sprang Annie zur Seite. Mit ein, zwei Handgriffen half John nach, bog seinen Unterkörper erst nach hinten und im entscheidenden Moment wieder nach vorne. In hohem Bogen schoss eine Fontäne aus seinem Riesending und landete in etwa zweieinhalb Metern Entfernung knapp über dem Boden an der Wand. Wieder erfolgte die gleiche Rückwärts- und Vorwärtsbewegung, und der nächste Spritzer schaffte es an der Wand noch ein paar Zentimeter höher.
Wie in Trance vollführte der Champion seine Schüsse. Der dritte Spritzer war der Weiteste, danach klatschte der Rest auf den Fußboden.
Ich wusste gar nicht, wie ich jetzt reagieren sollte. Aus purer Verlegenheit begann ich zu applaudieren. Mit geschlossenen Augen verbeugte sich der Muskelprotz, wie wenn er ein riesiges Publikum vor seinem inneren Auge sähe. Doch plötzlich riss er die Augen auf und brüllte:
„Verdammt! Verdammt und zugenäht! Wie konnte ich nur? Heute ist doch kein normaler Wettbewerb mit nur einem Versuch, sondern ich muss drei Mal abspritzen. Wie konnte ich das nur vergessen!?! Du Idiot“ wandte er sich jetzt an mich, „du bist schuld. Du mit deiner beschissenen Fragerei! Wenn ich heute Abend nicht gewinne, bist du schuld, und dann verarbeite ich dich zu Kleinholz. Haben dich am Ende die anderen engagiert? Raus hier, du elender Wichser!“
Obwohl ich, so schnell mich die Füße trugen, das Hasenpanier ergriff, musste ich über die letzte Beschimpfung innerlich grinsen. Johns Glashaus musste ganz schön was aushalten.
***
Schnell machte ich mir ein paar Notizen und klopfte bei „Jager von Soest“ an. Als ganz plötzlich die Türe aufgerissen wurde, stolperte ich in den Raum.
„Was wollen Sie hier? Die Entscheidung wieder umschmeißen? Kommt nicht infrage! Sonst könnt ihr die Veranstaltung ohne mich machen. Geht das endlich in eure Köpfe hinein?!“
Wow, da hatte ich einen Wüterich vor mir. Ein mittelgroßer Mann von ausgesuchter Schönheit stand mir gegenüber. Der Zorn in seinem Gesicht machte ihn noch attraktiver, als er ohnehin schon war. Wie gut, dass ich für schöne Männer nichts übrig hatte, sonst wäre ich in Gefahr gewesen, ihn anzuhimmeln. Ein Bild von einem Mann eben. Ein krasser Gegensatz zu John.
„Ich habe keine Ahnung, werter Herr, wovon Sie reden. Welche Entscheidung meinen Sie denn?“
„Sind Sie nicht vom Komitee? Gehören Sie nicht zu diesen Wichsern, die meinem Freund verbieten wollten, der Veranstaltung hinter der Bühne beizuwohnen?“
Noch so ein Fall von unzulässiger Verallgemeinerung. Doch darauf ging ich nicht näher ein, sondern stellte mich als Reporter vor, der von der Veranstaltung berichten sollte.
„Um welche Differenzen mit dem Komitee ging es denn“, fragte ich Jager aus, denn mir schien dieser Vorfall durchaus erwähnenswert. Jede Information konnte für den abschließenden Bericht wichtig sein. Wo es doch sowieso erheblich erschwert war, an brauchbare Informationen heranzukommen.
„Nicht nur, dass die Idioten kurzerhand das Reglement geändert und auf drei Orgasmen erhöht haben“, ereiferte sich auch dieser Kandidat, „sie wollten auch nicht zulassen, dass mein Jonathan hinter der Bühne der Veranstaltung beiwohnen kann. Ein Mann sei da nicht zugelassen, wollten sie mir weismachen. Dabei begleitet mich Jonathan seit Wochen auf der Tour und es wurde überall ohne Probleme akzeptiert, dass er in meiner Nähe bleibt. Nur wir acht Männer des Contests dürften auf und in der Umgebung der Bühne sein, sonst niemand, hieß es.“
„Ja, das hat man mir auch gesagt. Deshalb darf ich auch nicht live berichten, sondern muss die Interviews bereits jetzt führen und versuchen, mir ein Bild zu machen. Doch welche Probleme verursachte ihr Freund Jonathan? Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, wurde die Entscheidung bereits revidiert, oder?“
„Ja, doch der ganze Hickhack schlägt sich negativ auf meine Potenz nieder. Dabei war das alles Quatsch mit Soße! Im Vorprogramm treten jede Menge Männer auf. Es war also reine Willkür. Wenn Jonathan nicht zusehen darf, nicht in meiner Nähe ist, läuft gar nichts.“
Jagers Wut schien sich langsam zu legen, seit er wusste, dass ich auf seiner Seite stand. Er kam näher und musterte mich von oben bis unten.
„Weißt du“, ging er zu einer vertraulicheren Anrede über, „Jonathan ist ja so was von eifersüchtig. Schon der Gedanke, dass ich da oben mit sieben anderen nackten Männern stehe und wir gemeinsam unsere Nudeln bearbeiten, während er kein Auge auf mich haben kann, macht ihn wahnsinnig.“
Seine Gesten wurden zusehends weiblicher, jetzt, da seine Wut verraucht war. Die ausführliche Inspektion meiner Person schien zu seiner Zufriedenheit ausgefallen zu sein, denn er rückte mir noch näher auf die Pelle und fuhr fort:
„Dabei ist seine Eifersucht völlig fehl am Platz. Mit diesen Profiwichsern würde ich niemals etwas anfangen. Die haben nicht diesen unglaublichen Charme wie du. Und sind auch nicht so wahnsinnig animalisch.“
„Wie meinen Sie das jetzt?“, blieb ich bei der förmlichen Anrede, ihn gleichzeitig jedoch aus der Reserve lockend.
„Ich meine, Jonathan kommt erst in einer Stunde, denn er besucht seinen Bruder hier in Köln“, flötete mich der Jager von Soest an.
„Müssen Sie sich denn nicht schonen, so kurz vor dem Auftritt?“, versuchte ich aus der selbst gestellten Falle zu entkommen.
„Wieso, es schadet doch nicht, wenn ich ein bisschen an deinem Schwänzchen lutsche“, kam der Schönling endlich zur Sache, und da er mittlerweile dicht vor mir stand, genügte eine kleine Handbewegung, um mir ins Gemächt zu greifen.
„Ich glaube nicht, dass ich zwischen Ihnen und Ihrem Freund stehen will“, wehrte ich seine Hand ab und bewegte mich möglichst unauffällig in Richtung Tür. Mein Bedarf an homosexuellen Abenteuern war gerade äußerst gering, und nichts konnte ich weniger brauchen, als einen zum wütenden Stier mutierten eifersüchtigen Liebhaber.
„Dann verschwinde hier und störe mich nicht bei den Konzentrationsübungen!“, steigerte sich Jager schon wieder in einen Wutrausch hinein. Ein richtiger Heißsporn! So schnell ich konnte, machte ich mich vom Acker. Es gab ja um die Trophäe des besten Weitspritzers noch mehr Bewerber, die ich inspizieren konnte.
Von den nächsten Kandidaten gibt es allerdings nicht viel zu berichten, außer dass sie mir ziemlich blasiert vorkamen. Allesamt! Der eine schwor auf zweitägiges Fasten vor dem Wettkampf, der andere auf diverse Aphrodisiaka, in deren Rezeptur Hirschhornsalz und getrockneter Mösensaft eine große Rolle spielten. Ein eigenartiges Völkchen, diese Berufsspritzer.
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Kein schöner Land ...
Anne ließ sich kaum beruhigen.
„Dieses Schwein“, zeterte sie, immer noch völlig außer sich, „dieser eklige Kerl hätte mir fast seine schmierigen Wurstfinger in die Muschi gesteckt ...“
„Fast“, entgegnete ich, „fast, mein Schatz.“
Bei der Einlass-Höschenkontrolle hatte ich meine Freundin noch gerade so eben vor einer im Affekt ausgeführten Gewalttat bewahren können.
Ich selbst musste lediglich meinen Mini lupfen, um dem Gorilla zu beweisen, dass ich keine Unterwäsche trug, doch bei Anne hatte er richtig zugelangt.
„Wer weiß“, schimpfte sie weiter, „was ich mir da eingefangen habe, gerade jetzt, wo ich so empfindlich bin.“
„Vermutlich hat er das blaue Bändchen für einen versteckten String gehalten“, erwiderte ich. „Aber beruhige dich, er hatte doch Latexhandschuhe übergestreift.“
„Na und“, wies mich Anne zurecht, „hast du gesehen, wie die geglänzt haben, wer weiß, wo der überall seine widerlichen Griffel drin hatte?“
„Mmh“, schnalzte ich mit der Zunge, „Saft von 500 oder 1000 Muschis, das ist doch lecker. Oder 5000?“ - Ein kurzer Blick ins weite Rund der Arena verriet mir, dass die Halle etwa anderthalb Stunden vor Beginn der Veranstaltung bereits gut besetzt war.
Anne verschwand noch einmal kurz in Richtung Toilette, während ich die anderen Zuschauerinnen im Foyer musterte. Ein gutes Dutzend draller Frauen undefinierbaren Alters ließ sich anhand des weißen Schriftzuges auf den roten T-Shirts zweifelsfrei als Kegelclub „Bütz de Klötz“ aus Köln-Nippes identifizieren. Sie leerten eine Flasche Sekt nach der anderen, während die schon etwas betagteren Damen des Frauenchors „Immerfroh“ aus Wenden im Sauerland „Kein schöner Land“ anstimmten. Die Kegelschwestern der „Pudelfeen“ aus Lindenthal schienen schon bei der Anfahrt kräftig gebechert zu haben, zumindest wirkten sie reichlich zerzaust und erstürmten, alles andere als elfengleich, im Rudel die Toiletten.
Arme Anne.
Doch die hatte sich mir bereits auf leisen Sohlen von hinten genähert und ihre Arme um mich geschlungen. „Meine Güte, was für ein Panoptikum“, säuselte sie mir ins Ohr, „wo sind wir da hineingeraten?“
„Dagegen ist Malle 'ne Klosterschule“, pflichtete ich ihr bei, „aber immerhin senken wir beide hier den Altersdurchschnitt um mindestens zehn Jahre.“
„Gefühlte zehn Jahre“, korrigierte Anne, „der tatsächliche Durchschnitt errechnet sich aus der Summe ...“ Sie brach ihren mathematischen Vortrag lachend ab, denn in der Zwischenzeit hatten sich die komplettierten Pudelfeen nach einem „Zickezacke, zickezacke – hoi, hoi, hoi“ dazu entschlossen, ihre mehr oder wenig sorgfältig rasierten Muschis zu entblößen und nach der Melodie von „Wir haben Hunger ...“ „Wir wollen Long Tall John, Long Tall John, Long Tall John“ zu grölen, unterstützt von relativ eindeutigen Hüftschwüngen, wenn man das angesichts des doch reichlich angesäuselten Zustands der Damen noch so bezeichnen konnte.
Das war für uns das Signal, schleunigst unsere Plätze im Oberrang aufzusuchen, in gerader Blickrichtung zu dem riesigen Videowürfel, der über der Manege schwebte.
„Hier riecht's aber merkwürdig“, stellte jetzt auch Anne fest. Meine sensible Römernase hatte den beleidigenden Geruch bereits bemerkt, als ich einen kurzen Blick in die Halle gewagt hatte.
„Männerschweiß und Sperma“, belehrte ich meine Liebste, „vermutlich künstlich erzeugt, um die Stimmung anzuheizen.“
„Na“, meinte Anne naserümpfend, „das bewirkt bei mir aber eher das Gegenteil.“
„Wir beide sind ja auch gegen plumpe Werbetricks gefeit.“
Schlag 19 Uhr wurde es stockdunkel in der Arena, künstliche Blitze zuckten durch das Rund, während dumpfer Glockenklang aus den riesigen Lautsprechern dröhnte.
„I'm a rolling thunder, a pouring rain ... I'm comin' on like a hurricane ...“ - Oh, Gott, der alte AC/DC-Klassiker. „Hells Bells“.
Das Kreischen in der Halle übertönte die alte Rock-Nummer jedoch um ein Vielfaches, als Szenen eines Hardcore-Gangbang-Pornos über die Mattscheiben des Videowürfels flimmerten. Eine doch recht zierliche Frau ritt den unmenschlich riesigen Schwanz eines unter ihr liegenden, muskelbepackten Glatzkopfes, ein zweiter penetrierte derweil ihren Anus. Mindestens ein halbes Dutzend weiterer Männer stand masturbierend um sie herum, zwei der Schwänze rieb und versenkte sie abwechseln in ihrem Mund.
Die Ärmste.
Ihr Gesichtsausdruck wirkte alles andere als glücklich.
Anne war etwas ganz anderes aufgefallen: „Sag' mal, warum behalten die in den Pornos immer ihre Schuhe an?“
„Wie?“
„Ja, guck doch mal, der eine Typ mit den schwarzen Halbschuhen und den Tennissocken ...“
Mir war das noch nie aufgefallen, aber meine Freundin achtet auch für gewöhnlich viel mehr auf die Details.
„Keine Ahnung“, erwiderte ich, „vielleicht haben die Kerle Schweißfüße, und der Regisseur will nicht, dass es der Hauptdars(t)ellerin übel wird.“
Meine Güte, jetzt war ich schon selbst in diesen norddeutschen Akzent gewechselt, dabei wollte ich Anne doch gerade das Rheinland ein Stück weit näher bringen.
„Hells Bells!“
Eigentlich immer noch ein richtig geiles Lied.
Synchron zu den zuckenden Blitzen versprühten die Darsteller des Gangbang-Pornos ihr Sperma auf Haaren, Stirn, Augen, Wangen und Mund der doch recht verzweifelt dreinschauenden Blondine. Jedes Tröpfchen, das in ihren Mund sickerte, rann gleich in mindestens doppelter Konzentration wieder aus ihrem Mundwinkel.
Diesmal hatte ich gut aufgepasst, doch Anne wusste meine Beobachtung nicht zu erklären.
Endlich war der Spuk vorbei.
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Der halve Hahn
Die letzte Türe, die zu „Gotthardo, dem Göttlichen“ aus der Schweiz führte, war für mich die Schicksalstüre, obwohl ich in diesem Moment noch keine Ahnung davon hatte. Denn Gotthardo war es, der mir die einmalige Chance verschaffte, aus allernächster Nähe über den Wettbewerb berichten zu können.
Als ich auf seine ziemlich genervt klingende Aufforderung hin die Kabine betrat, stand ich einem Wrack von Mann gegenüber. Seine Augen waren weit aufgerissen, die Haare standen in Strähnen vom Kopf ab und er schien völlig verzweifelt. Ein Berg von Mann und doch nur ein Häufchen Elend.
„Ah, gut, dass Sie gekommen sind. Ich muss Ihnen ein peinliches Geständnis machen“, keuchte er.
„Wieso das? Gibt es etwas, das ich wissen sollte?“, fragte ich recht unverbindlich, denn als guter Journalist soll man redseligen Menschen auf keinen Fall das Wort abschneiden.
„Seit Stunden versuche ich, einen annehmbaren Ständer hinzubekommen“, klärte mich das bedauernswerte Häuflein Mensch auf, „doch es klappt einfach nicht. Ich habe keine Ahnung, was los ist. Gestern war das da noch ein perfektes Präzisionsinstrument“, zeigte er auf sein jämmerlich herabhängendes Schwänzchen, „und heute taugt es nicht einmal mehr dazu, eine Nonne zu erschrecken.“
Die Tränen stiegen ihm in die Augen, als er diese Sätze von sich gab. Offensichtlich hielt auch er mich für einen Offiziellen. Ganz sicher verdankte ich diesem Umstand die Informationen, die garantiert nicht für meine Journalistenohren bestimmt waren.
„Ist denn Ihre Anbläserin heute verhindert? Oder ist sie am Ende unfähig?“, drang ich weiter in ihn.
„Aber Sie müssen doch wissen, dass ich immer solo arbeite. Ich empfinde diese Anbläserei als Wettbewerbsverzerrung und lehne sie vollkommen ab.“
„Ach ja, das war mir entfallen“, wiegelte ich ab.
„Aber irgendeinen Grund muss es doch für Ihre Unpässlichkeit geben“, versuchte ich ihn zur Ursachenforschung zu motivieren.
„Was weiß ich? Jedenfalls hab’ ich schon alles versucht, um ihn zum Stehen zu bekommen. Doch ich kann ihn schlagen und würgen, ihn rubbeln und pressen, nichts nützt etwas. Am liebsten würde ich ihn mir abschneiden! Diese Schande! Du elendes Miststück!“, beschimpfte er am Ende seiner Tirade lautstark den kläglichen Versager.
„Aber es braucht ja niemand davon erfahren“, beschwichtige ich ihn. Trotz der ausgeprägt grotesken Seite der Angelegenheit tat er mir ein bisschen leid.
„Wir können ja eine plötzliche Sehnenscheidenentzündung oder eine Verletzung ihrer Schlaghand vortäuschen.“
„Würden Sie das wirklich tun?“ So etwas wie Hoffnung keimte in ihm auf. „Die Blamage wäre sonst aber auch zu furchtbar.“
„Selbstverständlich. Ich muss lediglich noch den Direktor informieren, er wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen“, verabschiedete ich mich und machte mich wirklich auf die Suche nach dem Chef der Truppe. Zu gerne wollte ich sehen, wie der auf diese Hiobsbotschaft reagieren werde.
Als ich auf seine Aufforderung hin eintrat, saß er entspannt am Tisch und trank ein Glas Rotwein.
„Das hab’ ich mir jetzt verdient. Es ist alles paletti, und das bereits eine Stunde vor der Show. Das gelingt fast nie, es ist ein guter Tag heute.“
„Kennen sie den Spruch von dem Tag und dem Abend?“, fragte ich ihn hinterhältig, voller Vorfreude auf sein blödes Gesicht, das meine Mitteilung hervorzaubern würde.
„Was soll das Gewäsch, und wer sind Sie überhaupt?“
„Sie selbst haben mir vor zwei Stunden die Erlaubnis erteilt, ihre Athleten zu interviewen. Und ich glaube, das mit dem guten Tag stimmt nicht so ganz“, belehrte ich ihn eines Besseren und machte ihn mit den neuen Gegebenheiten vertraut. Natürlich vergaß ich nicht, ihn auf das Gotthardo gegebene Versprechen bezüglich der Ausrede hinzuweisen, doch das interessierte den Impresario im Moment am allerwenigsten.
„Eine Katastrophe!“, schrie er auf, kaum dass ich geendet hatte. „Wo um Himmels willen soll ich denn in der Kürze der Zeit einen Ersatzmann auftreiben? Und mit sieben Männern antreten, nachdem ich acht angekündigt habe, wäre das Ende meiner Karriere als Wichspromoter. Das geht auf keinen Fall!“
„Schwieriges Problem“, bestätigte ich seine Sorgen.
„Sie sind doch von hier, kennen Gott und die Welt. Wissen Sie denn nicht jemanden, der einspringen könnte? Egal wer, es muss auch kein Profi sein, nur einen ordentlichen Ständer muss er hinbekommen. Und wenigstens einmal abspritzen, auch wenn er es nur auf seine eigenen Füße schafft.“
Genau in diesem Augenblick kam mir der verhängnisvolle und idiotische Gedanke, den ich damals für die Idee des Jahrhunderts hielt. Langsam tastete ich mich an die Lösung heran, die sowohl dem Impresario als auch mir alle Probleme vom Hals schaffen sollte.
„Kein Mensch, den ich kenne, wird sich da auf die Bühne stellen und loswichsen, was das Zeug hält. Er müsste doch damit rechnen, erkannt zu werden. Nee, so geht es jedenfalls nicht.“
„Ach was, die Regeln erlauben das Tragen einer Maske, auch wenn es äußerst selten praktiziert wird, weil die Starwichser zu stolz auf ihre Leistung sind. Wer sich bereit erklärt, mir aus der Patsche zu helfen, kann sich fünfhundert Eier verdienen und ein Preisgeld, das sich gewaschen hat. Wenn er unter die ersten drei kommt, natürlich nur.“
„Hmm, mit einer Maske sagen Sie? Unter der einen niemand erkennt?“
„Ganz sicher, hier schauen Sie, da im Schrank habe ich so ein Ding.“
Warum auch immer der Mann diese Maske mit sich herumschleppte, war mir egal. Vielleicht benutzte er sie ja gelegentlich für abartige Spiele. Doch sie entsprach genau den Anforderungen, die ich mir zurechtgelegt hatte.
„Darf ich sie mal anprobieren?“, wollte ich wissen, und als er sie mir reichte, zog ich sie über den Kopf. Sie saß wie angegossen, und als ich durch die engen Augenschlitze in den Spiegel sah, war ich sicher, dass selbst meine Mutter mich nicht erkennen würde. Schwarzes Leder bedeckte jeden Quadratzentimeter des Gesichts, nur für die Augen und den Mund gab es Öffnungen.
Gut reden konnte ich damit nicht, doch ich fragte: „Steht mir gut, oder?“
„Mann, wie wäre es, wenn Sie das machen? Ich lege sogar noch einen Hunderter drauf, das ist mir mein Seelenheil wert“, kam er meinen eigenen geheimen Wünschen und Vorstellungen entgegen.
„Mein Gott, was denken Sie sich? Ich bin doch kein Profiwichser wie ihre anderen Kandidaten“, zierte ich mich.
„Nun kommen Sie mir bloß nicht damit, dass Sie noch niemals Ihren Schniedel selbst geschüttelt haben.“
„Ich bin doch kein Eremit, natürlich onaniere ich ab und zu. Doch niemals vor Publikum. Und schon gar nicht vor über 10.000 Weibern außer Rand und Band.“
„Die Maske, mein Lieber, die macht den Unterschied. Sie sind darin so anonym wie nur irgendeiner. Geben Sie doch zu, dass diese Vorstellung sie anmacht. Ich kenne meine Pappenheimer.“
Verdammt, er hatte recht. Irgendwie war es eine geile Vorstellung, vollkommen unerkannt die Sau rauslassen zu können. Selbst wenn ich mit Abstand Letzter des Contest werden sollte, würde niemals jemand davon erfahren.
„Und besser als dieser Versager Gotthardo werden Sie allemal abschneiden. Seien Sie keine Memme!“, drängte mich mein Gegenüber weiter.
„Ich kann Ihrem Charme nicht länger widerstehen“, gab ich mich geschlagen, wohl wissend, dass das gelogen war. Neugierde, latent vorhandener Exhibitionismus und pure Geilheit hatten den Ausschlag gegeben, nicht die Verlegenheit, aus der ich ihm half. Und schon gar nicht die Möglichkeit, quasi aus erster Hand zu berichten, obwohl ich das selbst glauben wollte.
„Jetzt müssen wir nur noch einen Künstlernamen für Sie finden“, informierte mich der Impresario.
„Der halve Hahn“, entgegnete ich ganz spontan. Die Kölner Zuschauerinnen würden diesen Gag zu würdigen wissen und alle anderen konnten mir sowieso gestohlen bleiben.
„Ich will Ihnen da nicht dreinreden, obwohl ich den Namen eher für kontraproduktiv halte. Aber Sie werden sich gut schlagen, das habe ich im Urin.“
Also, da sprach sein Urin entschieden eine andere Sprache als mein eigener. Denn schon war ich so weit, meine vorschnelle Entscheidung zu bereuen. Doch ein gegebenes Wort zurücknehmen? Kam nicht infrage.
Schnell waren wir uns handelseinig, und ich zog mich in die inzwischen frei gewordene Kabine von Gotthardo zurück. Ein wenig wollte ich noch üben, denn mit einer über den Kopf gestülpten Maske hatte ich mir noch niemals einen von der Palme geschüttelt. Long Tall Johns Fehler wollte ich allerdings nicht begehen, sondern begnügte mich mit Trockenübungen. Wie verrückt ich war, kam mir gar nicht in den Sinn. Sicher konnte ich auf diese Art und Weise einen Exklusivbericht zusammenzaubern, von dem mein Chef begeistert sein würde. Doch ob dieser Vorteil das Risiko, erwischt zu werden, wert war?
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Flönz und andere Spezialitäten
In diesem Moment wurde mir wieder einmal schlagartig bewusst, dass ich meine Liebste noch nicht in sämtliche Besonderheiten der uns Kölschen ureigenen Lebensfreude und all ihrer verbalen Feinheiten eingeweiht hatte.
Als hols(t)einer Zicke, deren „s(t)-Schwäche“ auf mich – je nach Gemütslage – manchmal nervig und manchmal niedlich wirkte, hatte sie es aber auch nicht leicht, all den sprachlichen S(t)olpers(t)einen mit der nötigen Nonchalance auszuweichen. Erst neulich hatte sie einem Fahrgast in der Straßenbahn eine schallende Ohrfeige verpasst, weil der sich anerkennend über ihr „lecker Föttchen“ geäußert hatte. Ich konnte gerade noch schlichtend vermitteln und Anne deutlich machen, dass „Fott“ lediglich ein rheinisches Synonym für ihren – mmh, wirklich süßen – Po war.
Und jetzt saßen wir mittendrin im rheinischen Frohsinn.
Doch für einen Moment war der Videowürfel, der eben noch so schillernde Bilder ausgestrahlt hatte, pechschwarz.
Schlagartig herrschte Totenstille in der gesamten Arena.
Ein vereinzeltes Räuspern und Hüsteln, als die Monitore „No Signal“ zeigten - weiße Schrift auf blauem Grund. Zunächst verhaltene, sich in der Lautstärke aber steigernde, ins Gellende ausufernde Pfiffe, als zu allem Überfluss auch noch die Windows-Startfanfare ertönte.
„Meine sehr verehrten Damen, bitte behalten Sie Ruhe“, dröhnte eine verzerrt klingende Stimme aus den Lautsprechern, „werfen Sie jetzt einen heimlichen Blick in die Kabinen der stärksten Männer, der größten Abspritzer Europas, die Sie im Laufe des heutigen Abends gleich mehrfach beglücken werden ...“
„Blöder S(p)inner!“, zischte Anne.
Was die drei Palmen auf der einsamen Karibikinsel mit „Abspritzern“ zu tun haben könnten, begriff ich allerdings auch nicht.
Ein bisschen schämte ich mich wegen dieser Pannen sogar für meine Heimatstadt ... doch das urplötzlich aufbrandende Johlen der Menge riss mich ganz unvermittelt aus meinen trüben Gedanken.
14 500 raderdolle Weiber skandierten „Dreimol Kölle Alaaf“, als der Ansager als Ersten den Lokalmatador präsentierte – zunächst noch ohne Bild - und Anne machte sogar bei der unmittelbar der Ansage folgenden Lupf-das-Röckchen La-Ola mit. Ein Hauch von Lokalpatriotismus ergriff meine Freundin, deren Liebe zu Köln allerdings beim Absingen der Kölner Nationalhymne ihre Grenzen erreichte. Dafür stimmte ich um so lauter ins „Da simmer dabei! Dat es prima! VIVA COLONIA! Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust ...“, ein.
Ach ja, die Webcams in den Kabinen lieferten ungewöhnlich scharfe Bilder.
„Sag' mal“, sinnierte Anne nachdem wir alle wieder Platz genommen hatten, „warum nennt sich dieser Typ mit der Sado-Maske, dieser Lokalmatador, denn ,halver Hahn'? So lächerlich sieht der doch gar nicht aus, ich meine, würdest du mich als halbes Huhn bezeichnen?“
„Er gefällt dir wohl?“, erwiderte ich, versuchte dabei angestrengt eifersüchtig zu wirken, musste aber innerlich lachen.
„Nun, ja“, meinte Anne in tiefer Ernsthaftigkeit, „wie ein halbes Hähnchen sieht er ja nicht gerade aus.“
„Nein, meine Liebste“, musste ich jetzt wirklich lachen, „der halve Hahn hat mit Brathähnchen nun wirklich nichts zu tun, halver Hahn ist in Köln ein Roggenbrötchen mit altem Gouda.“
„Ach?!“
Mir war durchaus bewusst, dass sie diese Erklärung nicht wirklich zufrieden stellen konnte. Doch meine Freundin ersparte sich und mir weitere Diskussionen über die Sinnhaftigkeit kölscher Mundart, denn gerade wurden die acht Kontrahenten mit ihren Posen in Großaufnahme auf dem Videowürfel gezeigt.
„Guck' mal, der hat 'ne Riesen-Flönz zwischen den Beinen baumeln“, kicherte Anne, als gerade Big „the Boss“ Bull seine ganze Pracht zu entfalten versuchte. Mit kindlich-stolzem Gesichtsausdruck strahlte mich meine Liebs
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Kommentare
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Adlerswald
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Ich würde die Geschichte gern noch fundiert loben oder kritisieren. Aber wenn ich das könnte, würde ich Geschichten schreiben und nicht lesen.«
Kommentare: 44
Lady Allista
Vielen Dank für die herzhaften Lacher (die meinen Nachbarn um die Uhrzeit bestimmt ganz besonders gut gefallen haben...).
Da kriegt man direkt Lust aufs ... Mitschreiben!
Liebe Grüße
Die Lady«
Kommentare: 34
LG Tom«
Kommentare: 67
goreaner
Ich verneige mich tief vor dem Autorenkollektiv!
Bitte unbedingt weiterschreiben.
Respekt!
goreaner«
Kommentare: 40
skipp20
Unbedingt lesen, aber am besten allein und unbeobachtet!
Skipp«
Kommentare: 94
andreashava
Bin mal gespannt, wie der noch im Pool schwimmende Teil 2 bei euch ankommt, und ich freue mich schon jetzt auf eure Reaktionen.
LG Andrea «
Kommentare: 18
edge
Bin ja mal gespannt auf das Finale!«
Kommentare: 66
HG1
Meine Favoriten waren die Werbedurchsagen«
Kommentare: 32
Wow, mal ein ganz anderer Stil. Ich finds super amüsant (besonders als geborener Kölner) und bin schon ganz gespannt auf den zweiten Teil.
Liebe Andrea, lieber Elmar
ich kenne die Geschichten von Anja schon relativ lange. Euch auch ein riesiges Lob. Die Kombination von Euch Dreien hat wirklich eine tolle Story erzeugt.
Ich freuen mich auf die nächsten Werke.
Liebe Grüße
Georg«
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TetraPack
Kommentare: 279
Leichtgewicht
Nur die Blotwosch, die is för die Immis und dat hät nix mit dä Pell zu dun«
Kommentare: 404
Helios53
Irgendwie traurig ...«
Kommentare: 214
aweiawa
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