Der Abspritzcontest Teil 2
von andrelmanja
© Autorenteam andrelmanja (Andrea, Elmar, Anja = andreashava, aweiawa, Mondstern)
Missgunst, Angst und Aufputschmittel
Immer noch in Hochstimmung über die Verbesserung vom siebten auf den vierten Platz begab ich mich zu meiner Kabine. Squirting Arrow mit seiner künstlichen Muschi, mit der er sich vor jedem Versuch selbst stimulierte, hatte im zweiten Versuch ziemlich versagt und mich an sich vorbeiziehen lassen müssen. Wie kam ein Mensch aber auch nur auf die Idee, einen Masturbator der Marke Jizzcollector zu benutzen, um sich auf Touren zu bringen. Wo doch so viele tolle Frauen herumsaßen und zuschauten. Das war letztlich ein ziemlicher Affront und es wunderte mich nicht, dass sie ihn ausgezischt hatten. Mal ganz abgesehen von den unflätigen Bemerkungen aus dem ersten Rang.
„Soll ich dir meine Muschi mal kurz ausleihen?“, war ganz deutlich zu hören gewesen. Das konnte ich nur zu gut verstehen, denn die blöde Gummimöse sah nicht nur bescheuert aus, sondern quietschte auch bei jedem festen Zug über seinen Schwanz. Geschah ihm recht, dass er vor lauter Irritation nur zwei null fünf im zweiten Versuch zustande gebracht hatte.
Gut, dass es eine Pause gab, ich musste mich wirklich erholen. Nicht so sehr von der körperlichen Anstrengung, als vielmehr von der psychischen. Immerhin waren fast 15 000 Zuschauerinnen kein Pappenstiel, und schon gar nicht bei dieser Art Beschäftigung,
„Ich hab's genau gesehen“, hörte ich eine Stimme vor mir im Gang zu den Kabinen.
„Was hast du denn gesehen? Dass ich auf dem zweiten Platz liege? Das haben 15 000 Frauen auch gesehen.“ Aha, das mussten Jager und sein eifersüchtiger Freund sein. Aus purer Neugierde blieb ich stehen und lauschte.
„Quatsch, ich meine, dass du dich wieder mal an Long Tall John aufgegeilt hast. Und an den anderen. Sogar an diesem Würstchen von halvem Hahn haben deine Augen geklebt.“
„Bist du doch selber schuld, Jonathan. Wie oft hab ich dich schon gebeten, als Anbläser mit auf die Bühne zu kommen. Doch der Herr ist sich ja zu fein dazu.“
„Und dabei bleibt es auch! Wenn ich dir einen blase, dann will ich es auch schlucken. Und nicht zusehen, wie du dein Bestes in die Gegend versprühst. Klaro?“
Oh je, da hing wohl der Haussegen etwas schief. Schnell drückte ich mich an den plötzlich verstummenden Kontrahenten vorbei in Richtung Kabinen.
Als ich um die Ecke bog, empfing mich lautes Stimmengewirr. Meine Güte, was war denn hier geboten?
„Deine Urgroßmutter von Anbläserin ist eine Frechheit!“ schrie Chief Checker gerade Big „The Boss“ Bull an. „Wenn ich die nur schon sehe, kostet mich das einen halben Meter. Kannst du dir nicht mal eine besorgen, der das Gebiss noch fest im Mund sitzt?“
Kein Wunder, dass Chief Checker eine Ausrede suchte, denn sein zweiter Versuch hatte nicht dazu beigetragen, ihn vom letzten Platz zu hieven. Im Gegenteil, sein achter Platz war ungefährdeter denn je.
„Pah, meine Vroni stinkt ja nicht mal aus dem Arsch, wie du aus dem Mund! Verzieh dich, du Hodenfresser!“, blieb ihm Bull nichts schuldig.
„Leute, Leute, nun reißt euch mal ein bisschen am Riemen“, versuchte Crazy Dick die Wogen zu glätten, doch seine Worte riefen bei mir einen Lachanfall hervor, sodass er mich ungnädig anfunkelte.
„Du musst gerade noch etwas sagen“, fuhr ihm der Jager von Soest, der eben zu uns gestoßen war, in die Parade. „Wenn ich sehe, wie du deiner Tussi von Anbläserin den Schwanz zwischen die Titten schiebst, kommt mir echt das Kotzen.“
„Halt du nur deine Fresse“, stürzte sich Captain „heavy“ Hunter auf ihn. „Wenn du noch einmal so unverschämt auf meinen Schwanz starrst, dann piss ich dir ins Maul, verstanden?“
„Hm, welch verlockendes Angebot. Ich werde darauf zurückkommen“, parierte Jager äußerst cool.
Eine illustre Gesellschaft, diese Helden der Onanierkunst.
Nur Long Tall John hielt sich raus und schaute blasiert über die Köpfe seiner Konkurrenten hinweg. Bisher stand er unangefochten an der Spitze und sein überheblicher Blick ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass es am Ende noch genauso sein würde. Ein ganz klein wenig beneidete ich ihn, denn seine Annie schien ein wahres Wundertalent zu sein, und sein Schwanz ... ein nimmermüder Erfolgsgarant.
„Und du mit deiner blöden Maske“, fuhr mich Squirting Arrow von rechts an, „was willst du überhaupt hier? Es sollte von Rechts wegen verboten sein, sich so zu verstecken. Zeig’ uns endlich deine echte Visage!“
Jetzt wurde es brenzlig und ich sah schleunigst zu, dass ich vom Acker kam. Dass ich nur als Spion an der Veranstaltung teilnahm, mussten sie nicht unbedingt wissen. Und die Gefahr, dass meine Teilnahme publik wurde, war nicht von der Hand zu weisen. Schnell rein in die Kabine und den Schlüssel umgedreht.
Erleichtert atmete ich auf. Puh, das war verdammt knapp. Squirting Arrow war ein drahtiger Heißsporn und mir körperlich bei weitem überlegen. Ich musste versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen.
Er hatte die Kabine neben mir, und ich hörte ihn unmittelbar nach mir seine Garderobe betreten. Gerade wollte ich es mir auf dem Sofa ein wenig bequem machen, als aus dem Nachbarzimmer ein unbeschreiblicher Lärm zu mir herüberdrang. Es klang, als sei eine vor dem Metzger flüchtende Sau durch einen bis in den hintersten Winkel vollgestopften Trödelladen getrieben worden. Es schepperte, klirrte, dröhnte und krachte ... das klang nach Totalschaden. Was um Gottes Willen war da passiert? Veranstaltete der spritzende Pfeil einen privaten Polterabend mit Teller zerdeppern und allem, was dazugehört?
Nein, das war wohl eine irrige Vermutung, denn ich hörte ihn lautstark schimpfen:
„Verdammte Scheiße! Oh verflucht! Heute geht doch alles schief. Erst der lausige Wettbewerb und jetzt auch noch diese Bescherung. Was wird Hermine sagen, wenn ich ihr das beichte?“
Neugierig geworden, öffnete ich vorsichtig die Türe und streckte meinen Kopf hindurch. Gerade wollte ich mich zu Squirting Arrows Tür schleichen, um daran zu lauschen, da wurde sie mit Gewalt von innen aufgerissen. Heraus stürmte der Gladiator höchstselbst, beladen mit den unmöglichsten Utensilien, die ich auf die Schnelle gar nicht alle erkennen konnte, denn er stürmte fort, als habe ihn eine Tarantel gestochen. Was trug er doch für eine seltsame Kluft? Dieser Kapuzenpulli, dessen Kopfteil er weit ins Gesicht gezogen hatte, musste aus dem vorvorletzten Jahrhundert stammen.
Fast war er schon um die Ecke verschwunden, da passierte ihm ein kleines aber verhängnisvolles Missgeschick. Irgendein Gummiteil, das fast bis auf den Boden reichte, geriet ihm zwischen die Beine und brachte ihn zum Straucheln. Um ein Haar hätte er sich noch gefangen, doch als er mit einer Hand zur Wand griff, um seinen Stand zu stabilisieren, entglitt ihm ein Utensil, das verdächtig nach einem Schnellkochtopf der Marke ‚Asbach uralt’ aussah, und krachte auf seinen linken Fuß, der gegen solche herabstürzenden Schwergewichte durch den ausgeleierten Badelatschen nur unzureichend geschützt war. Wer konnte es ihm verdenken, dass er laut aufjaulte wie ein geprügelter Hund und mit beiden Händen nach der auf solch heimtückische Weise misshandelten unteren Extremität griff?
Wodurch er natürlich seine missliche Lage nicht gerade verbesserte, sondern endgültig die Kontrolle über die restlichen mitgeführten Gegenstände verlor. Einen mit Blattgold belegten Bilderrahmen, mehrere Strapsgürtel in verschiedenen schreienden Farben und sogar einige Brillenetuis konnte ich ausmachen, die mit viel Getöse zu Boden stürzten.
Ich zögerte keinen Moment, selbst wenn ich mich damit in Gefahr begab, verließ den sicheren Schutz meiner Kabine, um dem Manne beim Aufsammeln seiner Utensilien zu helfen. Eine tief in meinem Innersten verankerte Hilfsbereitschaft hatte mich herausgetrieben. Ich hatte keine Ahnung, was und wohin er damit wollte. Mit Befremden registrierte ich, dass eine Gummipuppe seinen Unfall verursacht hatte, denn das übelst geschminkte Gesicht mit dem grellrot geränderten o-förmigen Mund grinste mich furchterregend an, als ich eine Packung Wachskerzen zur Seite schob.
Vor lauter Schreck fuhr ich zurück und Squirting Arrow fühlte sich genötigt, mit einer Erklärung herauszurücken.
„Das ist nicht meine. Ich meine, ich benutze sie nicht. Ich will sie verkaufen. Genauso wie den ganzen anderen Krempel. Ohne Nebeneinkünfte kann man ja bei diesem Job nicht überleben.“
„Ja klar, das mach’ ich normalerweise auch so“, log ich ihn an, um der Peinlichkeit die Spitze zu brechen und seinen Zorn von vorhin ein wenig zu besänftigen.
„Danke noch mal fürs Helfen. Und das mit der Maske war eben nicht so gemeint. Aber an Wettkampftagen bin ich immer gereizt. Hermine kann so sauer sein, wenn ich nur mit dem Startgeld nach Hause komme.“
Die letzten Worte verstand ich schon fast nicht mehr, denn mit sozusagen fliegenden Schößen entschwand der völlig Überladene meinem Blickfeld. Erst als ich bereits wieder auf dem Weg zurück in mein Zimmer war, stellte ich mir die Frage: ‚Wem um Gottes Willen wollte er die Puppe andrehen?’ Genauso gut konnte er den Eingeborenen im Busch Schuhcreme verkaufen.
‚Viel Glück bei deinen Geschäften!’, murmelte ich vor mich hin.
Erst jetzt sah ich, dass die Tür zu Crazy Dicks Zimmer offen stand. Eben, als ich daran vorbeigestürmt war, hatte ich es glatt übersehen. Er lag auf dem Bett, hatte die Augen geschlossen und Kopfhörer übergestülpt. Genau wie eben während des Wettkampfes. Was er sich da nur anhörte? Waren es die Hintergrundgeräusche eines Pornofilms? Oder lauschte er voll innerer Zufriedenheit einer Lesung des Bestsellerautors Rainer Müll, der heute im Foyer auftrat, und von dem ich noch nie zuvor etwas gehört hatte? Oder ließ er sich durch die Klänge von Richard Strauss’ ‚Also sprach Zarathustra’ im Wettbewerb vorwärts peitschen? Obwohl, da hätte Queen mit ‚We are the champions’ besser gepasst.
Das allgemeine Rätselraten um sein akustisches Aufputschmittel würde sicherlich keine Auflösung finden, denn die Kopfhörer waren von allerbester Qualität und ließen keinen Ton durchdringen. Es sei denn, seine Anbläserin, das Busenwunder mit dem klangvollen Namen Quendolin-Chiara war bestechlich.
So sehr interessierte es mich dann aber doch nicht. Obwohl, wenn ich es mir recht überlegte ...
Eben kam Quendolin-Chiaras Busen um die Ecke geschossen, knapp gefolgt vom Rest ihres Körpers. Etwas befremdlich schaute sie mich an und knallte die Tür von Dicks Zimmer ins Schloss. Was konnte denn ich dafür, dass sie vergessen hatte, sie zu schließen? Wahrscheinlich hatte sie in typisch weiblicher Manier ganz plötzlich ganz dringend auf die Toilette gemusst ...
Als ich wieder in meinem Zimmer angelangt war, fläzte ich mich auf das einladend weiche und äußerst bequeme Sofa.
Ein großer Bildschirm, der mir vorher gar nicht aufgefallen war, tauchte den Raum in bläuliches Licht. Ah, eine Aufzeichnung der bisherigen Veranstaltung! Die geilen Spots und Großaufnahmen des Publikums sollten uns wohl für das Finale des Wettbewerbs zusätzlich anheizen. Überall wo ein besonders kurzer Rock Einblick in intime Bereiche versprach, verweilte das Objektiv der Kamera extrem lange. Besonders schöne Gesichter übertrug sie ebenfalls in Großaufnahme. Ich schaute eine Zeit lang zu und ergötzte mich an einer jungen Dame, die unten herum überhaupt nichts mehr trug. Weder Rock noch Slip. Wie wollte die nur nach Hause kommen?
Ich wollte mich gerade abwenden, um mir einen Becher Wasser zum Ölen meiner staubtrockenen Kehle einzuschenken, als ich SIE erkannte. Die Kamera hatte sie nur flüchtig gestreift und fuhr dann ein Stückchen zurück, um das Gesicht in Großaufnahme auf den Bildschirm zu bannen.
NEIN!!!! Nicht doch! Nicht sie!
Ein tödlicher Schreck fuhr mir in die Glieder.
Andrea!
Meine Kollegin und frühere Geliebte schaute mir via Bildschirm direkt in die Augen. Unwillkürlich zog ich den Kopf ein, obwohl das eine reichlich dumme Geste war. Sie unterhielt sich, heftig gestikulierend, mit der Frau zu ihrer Linken, und als die Kamera ein wenig zurückzoomte, erkannte ich ihre Geliebte Anne. Die war mir bis dato nur vom Sehen vertraut, doch sie war es, ohne Zweifel.
Ganz sicher hatte Andrea mich längst entlarvt! Jeden Quadratzentimeter meines Körpers hatte sie aus nächster Nähe gesehen, ihn erkundet mit Händen und Zunge.
Mir wurde schlagartig schlecht.
Mit zitternden Knien wankte ich zum Waschbecken, drehte den Wasserhahn auf und hielt den Kopf darunter. Trotz Maske kühlte das kalte Wasser meinen heißen Kopf. Wenn sie es nur für sich behielt!
Wir hatten uns damals im Guten getrennt, erkannt, dass wir uns zwar sehr mochten, doch es zu einem Zusammenleben nicht reichen würde. Sie hegte in ihrem Herzen vermutlich keine Rachegefühle gegen mich.
„Andrea, verrat’ mich nicht“, flüsterte ich in Richtung Bildschirm, von dem sie längst wieder verschwunden war, anderen Schönen Platz zu machen. Doch dafür hatte ich keinen Blick mehr, war zu verwirrt, um mich auf schöne Frauen und nackte Mösen zu konzentrieren.
Was suchten all diese Frauen überhaupt hier? Warum, um Gottes Willen, waren sie gekommen? Um ein paar Hanswürste beim Onanieren zu beobachten? War es Sensationslust? Neugierde, diese typisch weibliche Motivation? Oder doch nur pure Geilheit?
Letzteres bestimmt nicht. Da machen sich die Männer etwas vor. Es dürfte kaum eine Frau aufgeilen, einem Mann beim Onanieren zuzusehen. Diese hektischen und eintönigen Bewegungen einer Männerfaust, die letztlich nicht mehr als zehn Kubikzentimeter einer milchig weißen Flüssigkeit zu Tage förderte. Vermutlich eher lächerlich als erregend.
Und dennoch waren sie zu Tausenden gekommen. Veranstalteten ein Happening, zeigten, dass auch Frauen Spaß an Sex und sogar Pornografie haben. Ja, sie machten sich einen Jux daraus, und die vermeintlichen Helden der Veranstaltung waren in Wahrheit ... Hampelmänner am langen Faden. Auch wenn das den meisten Zuschauerinnen gar nicht bewusst war und sie noch so sehr kreischten und sich wild gebärdeten ... letztlich waren sie hier um zu feiern und dazu hätten sie uns Onanierhansel gar nicht gebraucht. Genau so wenig wie unsere im Grunde lächerliche Konkurrenz. Gerade eben das Geplänkel auf dem Flur ... wenn es nicht zum Lachen gewesen wäre ... dann zum Weinen.
Andrea hatte mich ganz bestimmt nicht erkannt. Ich sah schließlich nicht anders aus, als die übrigen Teilnehmer des Contests. Männer eben. Letztlich austauschbar, wenn man sie auf die rein sexuelle Ebene reduziert. Ich konnte beruhigt sein und den Job ohne Angst zu Ende bringen. Ich würde da draußen mein Bestes geben, denn etwas anderes kam ohnehin nicht in Frage. Doch identifizieren konnte ich mich mit meiner Rolle nicht. Ich war Journalist, mit Leib und Seele, doch in Zukunft würde ich die Grenzen sehen und vor allem respektieren. Sollte mich der Chef doch ... am Arsch lecken.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen nahm ich auf dem einladenden Sofa Platz. Ich konnte mir ein paar Minuten der Ruhe und Entspannung gönnen.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die Pause erst knapp zur Hälfte vorbei war.
Plötzlich öffnete sich die Türe und herein spazierten zwei junge Damen, so dreist, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, das dichte Netz des Sicherheitspersonals zu überwinden und in die Kabine eines der Stars des Abends einzudringen. Waren die Herren der Security etwa blind geworden, als sie die Schönheit der beiden Sirenen erblickt hatten. Oder war es doch mehr die relative Nacktheit der beiden Grazien gewesen, die eine partielle Sehschwäche verursacht hatte. Mir konnte es egal sein, sie waren ein schöner Anblick, auch wenn er nicht hier hergehörte.
„Meine Damen, ich gratuliere Ihnen. Wenn Sie es geschafft haben, bis zu mir vorzudringen, gebührt Ihnen meine volle Aufmerksamkeit.“
„Hey, was redest du denn so geschwollen daher? Erkennst du uns denn nicht?“, kicherte die eine der beiden jungen Schönen.
„Er erkennt uns wirklich nicht“, wandte sie sich an ihre Freundin. „Eigentlich ist das ein Affront, oder was meinst du, Vera?“
„Sie müssen schon entschuldigen, ich bin ein wenig im Stress. Aber mich wundert, dass Sie mich zu kennen glauben. Ich bin nicht Gotthardo, auch wenn ich mich in seiner Garderobe aufhalte. Der Ärmste ist heute leider indisponiert.“
„Du meinst also, weil du eine Maske trägst, erkennen wir dich nicht?“, fragte mich die eben mit Vera Angesprochene. „Wir verdanken dir immerhin unser Leben, da sollten wir dich in- und auswendig kennen.“
„Jetzt blicke ich gar nicht mehr durch. Und was wollen Sie überhaupt hier?“
„Wir wollen dir helfen.“
„Helfen? Mir? Wobei denn und wie?“
„Na wir wollen, dass du den Contest gewinnst. Und übrigens, Martin hat uns geschickt“, gab diejenige zur Antwort, deren Namen ich noch nicht in Erfahrung gebracht hatte.
„Welcher Martin?“
„Na, der Martin, der dir ebenfalls sein Leben verdankt.“
„Jetzt hört aber mal auf mit diesem Leben verdanken. Niemand verdankt mir sein Leben.“
„Aber sicher doch, mein lieber Elmar. Oder willst du etwa die Erschaffung von Dominique, Vera und Martin leugnen?“
Das Kichern der beiden Gören war der einzige Laut, der in den nächsten Sekunden zu vernehmen war. Ich wusste nicht, was da gerade mit mir geschah. Weiße Mäuse und weiße Elefanten waren mir aus der Literatur durchaus geläufig als Folge exzessiven Alkoholkonsums. Doch dass einem Autor die Figuren seiner Storys plötzlich leibhaftig gegenüberstanden, hatte ich noch nie gehört.
„Aber ihr seid doch lebendig, steht wahrhaftig vor mir“, versuchte ich einen Einwand, „wie könnt ihr dann Dominique und Vera aus der WG ohne Tabus sein?“
„Sollen wir es dir beweisen?“
„Wie könnte das gehen?“
„Du hast uns als die größten Spritzmösen geschaffen, die dir jemals begegnet sind. Und den Beweis dafür anzutreten passt genau in unseren Plan, dir zum Sieg zu verhelfen.“
„Was? ... Wie?“, stotterte ich.
„Ja, wir geben dir eine kleine Vorführung, dann kannst du dir beim letzten Versuch vorstellen, wie wir beide es vor deinen Augen miteinander getrieben haben, und das wird dich bis ganz nach vorne katapultieren.“
So verrückt das alles auch war, die Aussicht, meinen eigenen Geschöpfen zusehen zu dürfen, wie sie das, was ich mir ausgedacht hatte, in die Tat umsetzten, war außerordentlich verlockend. Wie oft hatte ich von Dominique geträumt, lange bevor Vera auftauchte, und wie herrlich war es erst geworden, als die Zweierbeziehung mit Martin durch das Auftauchen von Vera bereichert wurde.
„Und Martin hat euch geschickt?“, wollte ich noch wissen.
„Ach Elmar, du weißt doch, wer Martin in Wirklichkeit ist, oder? Natürlich war es seine Idee, dass wir bei dir auftauchen. ‚Geht, helft ihm’, hat er gesagt, ‚er braucht euch in der neuen Geschichte. Sonst schafft er es nicht, den ultimativen Abspritzer zu landen.“
Sicherlich war es besser, diese merkwürdigen Vorgänge gar nicht tiefer ergründen zu wollen. Lieber sich auf das Wesentliche konzentrieren, und das war im Moment der Contest.
„Also los Mädels, zeigt, was ihr draufhabt.“
„Na das klingt schon eher danach, dass du endlich vernünftig geworden bist“, belehrte mich Dominique, wobei ich die absolute Gewissheit hatte, dass das Wort ‚vernünftig’ völlig deplatziert war.
„Natürlich haben wir keine Höschen an, denn wir wollten den Eintritt sparen, wie viele andere auch. Schau her, hier sind unsere Möschen.“
Mit diesen Worten lupften beide Mädels ihre Röckchen und präsentierten mir ihre kahlen Muschis. Herrlich sahen sie aus, genau, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Was ja letztlich kein Wunder war ... hatte ich sie doch selbst erschaffen.
„Und jetzt darfst du dir aus allernächster Nähe anschauen, wie deine Spritzmösen das Sofa versauen“, lachte mich Dominique an, und Vera fragte scheinheilig: „Es macht dir doch nichts aus, dass der Raum noch tagelang nach uns duften wird?“
Oh ja, sie waren wirklich so versaut, wie ich sei mir ausgemalt hatte. Gemütlich lehnte ich mich zurück, in froher Erwartung der angekündigten Show.
Die beiden nahmen am anderen Ende des Sofas Platz. Vera, die etwas größer als Dominique war, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Seitenlehne und Dominique setzte sich zwischen ihre Beine. Beide blickten mich an, denn Vera schaute über Dominiques rechte Schulter. Ich brauchte mich gar nicht zu bemühen, unter Dominiques Rock zu spicken, denn kaum dass sie Platz genommen hatte, lupfte sie den roten Stofffetzen und spreizte die Beine so weit, dass der rechte Fuß auf den Boden zu stehen kam, während sie den linken auf der Rücklehne des Sofas ablegte. Es bot sich mir ein optimaler Ein- und Anblick, von dem ich meine Augen nicht abwenden konnte. Aber warum auch? Diese Vorführung galt nur mir alleine. Hatten sie gesagt.
„Na, gefällt dir meine Muschi?“, fragte mich Dominique ganz ungeniert.
„Aber wie sollte sie dir auch nicht gefallen“, stellte sie fest. „du hast sie ja selber modelliert.“
Nicht nachdenken! Das schadete der geistigen Gesundheit. Einfach genießen, das fördert das Wohlbefinden. Wie war das noch mal? ... Werd’ ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! ... Ja, sie sollten verweilen, die beiden. Und nicht nur einen Augenblick!
Vera griff mit beiden Händen um Dominique herum und spielte mit deren Muschi. Zwar konnte sie sich selbst dabei nicht zusehen, da sie ja hinter ihrer Freundin saß, doch offensichtlich war das gar nicht nötig. Mit zwei Fingern spreizte sie die Labien und legte die empfindliche Liebesperle frei.
„Schau ihn dir genau an, Elmar“, forderte sie mich auf, „denn das ist der Knopf, mit dem man den Springbrunnen in Gang setzt. Der Mechanismus klemmt ein wenig, deshalb reicht es nicht, einmal drauf zu drücken, sondern man muss feste drüber rubbeln. Siehst du ... so!“
Wow, so ganz aus der Nähe hatte ich noch nie zugesehen, wenn eine Frau die Klitoris einer anderen bearbeitete. Diese zierlichen, zarten Finger, die dunkelrot lackierten Nägel!
Doch nicht nur mir gefiel Veras Handarbeit. Auch Dominique genoss, was ihre Busenfreundin mit ihr anstellte. Jedenfalls schloss ich das aus ihrem Stöhnen und dem verzückten Blick, mit dem sie mich ansah. Obwohl ich mich auf der Bühne bereits weit übers normale Maß hinaus verausgabt hatte, richtete sich mein Schwanz bei diesem Anblick auf.
Natürlich blieb das nicht unbemerkt und unkommentiert.
„Siehst du, es wirkt schon“, sah sich Vera bestätigt, und Dominique, die bei diesen Worten kurz aus ihrer Selbstversunkenheit auftauchte, stöhnte mehr, als dass sie artikulierte: „Nachher, wenn du dein Sperma raushaust, denk an uns. Und erinner’ dich daran, wie wir das Sofa versaut haben. Ohhh, mir kommt’s bald. Ein bisschen fester noch, Veramäuschen, ich bin gleich so weit.“
Das wollte ich mir aus der Nähe ansehen. Die Gelegenheit war so günstig wie nie zuvor. Weiter als Dominique kann eine Frau die Beine kaum spreizen, und Vera sorgte dafür, dass ich auch die Details gut erkennen konnte, indem sie mit der zweiten Hand die Liebeslippen weiterhin auseinandergedrückt hielt.
Als ich mit meinem Kopf nur noch wenige Zentimeter vom Zentrum des Geschehens entfernt war, wurde ich plötzlich von einem festen, heißen Strahl getroffen. Er traf meine Ledermaske und sprenzte von dort nach allen Seiten. Vor lauter Schreck schloss ich die Augen, damit nichts hineingeriet.
Der zweite Strahl traf mich direkt auf den Mund, und als ich die Augen wieder öffnete, sickerte es nur noch aus Dominiques Möse. Wieder hatte ich es verpasst, zu sehen, wo dieser heiße Geysir nun genau entsprang. Doch der Duft ihres Liebeswassers hüllte mich ein, und die paar Tropfen, die sich durch den Schlitz in meinen Mund verirrten, machten mich fast rasend vor Geilheit. Ja, jetzt war ich gerüstet für den Kampf Mann gegen Mann.
Der süße Glockenklang, als der mir das Kichern der beiden Gören erschien, wurde plötzlich schrill übertönt von einem lauten Gong, der das Ende der Pause verkündete.
Überrascht und wie vom Donner gerührt schlug ich die Augen auf. Niemand außer mir selbst lag auf diesem Sofa. Ich war derart verblüfft und verwirrt, dass ich mich im Raum umschaute und nach den beiden Mädchen suchte.
Das konnte doch kein Traum gewesen sein ...
Meine Geruchs- und Geschmacksnerven lehnten es schlichtweg ab, das eben Erlebte als puren Traum durchgehen zu lassen.
Und ich ... ich wollte das auch nicht ...
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Hungrige Mäuler
Die nächste La Ola riss uns aus unseren tiefsinnigen Gesprächen.
Meine Augen widmeten sich der leicht geistesabwesenden Anne, meine Ohren vernahmen, wie aus weiter Ferne, dass sich Elmar – Verzeihung – der „Halve Hahn“ gerade auf den vierten Platz vorgespritzt hatte.
Dieser Long Tall John, der Neandertaler aus dem schottischen Hochland, führte. Wie sollte es auch anders sein.
Dass zwei unserer Nachbarinnen wie von Sinnen aufsprangen und im Duett „Jaah, fick mich, John, mach mir ein Kind!“, grölten, ließ auch Anne aus ihrer Lethargie erwachen.
„Ihr habt 'se doch nicht mehr alle“, zischte sie den beiden giftig zu.
Außerdem hatten die ihre nackten Hinterteile wedelnd in Richtung Manege streckenden Weiber die Woge der Begeisterung für unseren wacker kämpfenden Lokalmatadoren jäh unterbrochen. Wir schafften es gerade eben noch, den durch unsere liebestollen Nachbarinnen unterbrochenen Fluss der Welle wieder herzustellen, als die grellen Deckenscheinwerfer die gesamte Szenerie in ein gespenstisch weißes, ja, groteskes Licht tauchten.
Mir fiel eine, ein paar Reihen vor uns breitbeinig auf dem Sitz stehende, dauergewellte Brünette auf, die den Schwung ihrer Schleuderbewegung angesichts der urplötzlich hereinbrechenden Helligkeit nicht mehr zurückhalten konnte und ... tatsächlich ... uah, wie eklig ... einen tief rot gefärbten Wattebausch in bester Hammerwerferinnenmanier in Richtung Bühne schleuderte.
Wozu Frauen doch alles fähig sind. Ich war fassungslos.
Hatte ich doch bis dahin uns Kölnerinnen für eine fröhliche, aber doch eher kultivierte Spezies gehalten. Hm, die Hammerwerferin kam sicher aus dem Erftkreis, das sind die mit den tiefergelegten Autos und BM-Kennzeichen. BM für ,Bereifte Mörder' ...
„Schon zu Ende? Alles vorbei? Wer hat denn gewonnen?“ Anne schien doch noch nicht so recht bei Sinnen zu sein, rieb sich, geblendet von der grellen Deckenbeleuchtung, die Augen.
„Nein, mein Schatz“, entgegnete ich, „nur Pause. Es ist noch nicht vorbei.“
„Ach ...“
Ich aber hatte im Moment kein Gespür für die zarten Befindlichkeiten meiner Liebsten, registrierte statt dessen, dass sich der Maskenmann beim Einschalten der Strahler wie vom Tampon getroffen rasch in einen der Bühnenausgänge verkrümelte. Für Bruchteile von Sekunden hatten wir Blickkontakt. Ach, nein. Das bildete ich mir wohl nur ein, auf diese Entfernung könnte er vermutlich nicht mal meine Nase erkennen.
„Ich habe Durst, und ich muss mal.“ Ich versuchte, Anne auf die sanfte Tour aus der Arena zu locken. Doch die fand zunehmend Gefallen an den halbnackten, eingeölten, brasilianischen Tänzern, die mit Salti, Flicflacs und im Halbspagat mündenden Sprüngen die Manege enterten.
„Willst du etwa Schlange s(t)ehen?“, entgegnete sie stattdessen. „Lass' uns doch, bis der gröbste Andrang vorbei ist, noch ein wenig den netten Tänzern zuschauen, die können wirklich was.“
Für einen Moment hatte ich den Eindruck, dass wir ausschließlich wegen
dieser muskulösen, ästhetischen Artisten in die Halle gekommen waren. Und angesichts der ungeduldig trippelnden, sich an den Ausgängen quetschenden Weiber, war mir der ohnehin nur vorgespielte Harndrang fürs Erste vergangen.
„He, Schatz. Seit wann stehst du auf Männer?“
„W... wie bitte?“ Anne machte nicht die geringsten Anstalten, das Opernglas abzusetzen, inspizierte jeden einzelnen der braungebrannten, öligen Gestalten ganz genau. „Du musst doch zugeben“, sinnierte sie, während sich ihre Wangen leicht rot färbten, „dass dies begnadete Körper sind, ... nichts anderes an ihnen interessiert mich, kapiert?“
Ups, ein leicht dominanter Unterton hatte sich in ihre sanfte Ansprache gelegt.
Dass sich die Copacabana-Schönlinge inzwischen völlig entblößt hatten, war mir natürlich nicht entgangen, ich hatte ja den Videowürfel, Anne nur das Opernglas.
Schöner als die Contesthelden waren die von der Natur recht
beachtlich ausgestatteten Tänzer vom Zuckerhut nun allemal. Und die Samba-Klänge, die aus den Boxen dröhnten, ließen selbst mein Becken vibrieren, das Annes zunächst noch etwas reserviert im Schalensitz verharrende Flanke fand, dort aber gleich das Feuer entfachte, das unsere bald im rhythmischen Gleichklang wiegenden, stoßenden und kreisenden Hüften auf so wunderbare Weise elektrisierte.
„Mmh, ich hätte jetzt ...“
„Jaah, ich auch ...“
„Aber doch nicht vor allen Leuten!“ Anne verstaute das Opernglas in ihrer Handtasche, setzte einen flüchtigen, aber feuchten Kuss auf meine Lippen, von denen ein an diesem Tag doch bislang arg vernachlässigter Nervenstrang bis tief in meinen Schoß reichte.
„Ich fürchte“, meinte sie, während sie sich von meiner eng an ihren Körper geschmiegten Seite löste, „dass ich noch mal wechseln muss.“
Hm, dass mir in diesem Moment das Bild der Hammerwerferin aus dem Erftkreis vor meinem geistigen Auge erschien, konnte Anne ja nicht wissen. Von dem ekligen Zwischenfall hatte sie nichts mitbekommen ...
„Andrea, du träumst.“ Breitbeinig und grinsend stand sie vor mir, straffte ihren Mini und reichte mir die Hand. „Komm' Liebste, du musst doch auch mal, und außerdem möchte ich nicht alleine zur Toilette gehen.“
Mir war, als ob zahllose bleierne Gewichte an meinen Gliedern hingen, doch da hatte mich Anne schon mit einem kräftigen Ruck aus dem Sitz gezogen und mit einem zärtlichen, innigen Kuss zurück ins Leben geholt.
„Auf geht’s, Schlafmütze“, zwitscherte sie mit einer Selbstverständlichkeit, die mir die Sprache verschlug, aber ohnehin keinen Widerspruch geduldet hätte.
Das Gedränge im Foyer war unbeschreiblich.
Und das, obwohl noch Tausende in der Arena geblieben waren, um das sicherlich anspruchsvolle Programm der akrobatischen Tänzer zu bewundern. Einige der Frauen im Foyer waren derart zerzaust, als hätten sie gerade eine Massenschlägerei hinter sich.
Und, mein Gott, die Pudelfeen aus Köln-Lindenthal waren auch wieder da. Reichlich angeschlagen, die Damen, die sich gegenseitig stützen mussten ...
„Na, immer noch Durst?“, zwitscherte Anne und drückte dabei meine in der ihren ruhende Hand etwas fester.
„Oh ja, aber auf 'nen Doppelten“, antwortete ich seufzend, „sonst ertrag' ich das nicht.“
Was ich sah, war geeignet, meinem bisherigen Weltbild vom „ehrbaren weiblichen Geschlecht“ tiefe Risse zuzufügen. Einige der betrunkenen Pudelfeen lupften umständlich ihre Faltenröcke, um sich dann irgendwelche halbzerknüllten Papierfetzen durch ihre sicherlich nicht nur vor Erregung glänzend feuchten Spalten zu ziehen.
„Dsschschsschonn ...“ Das war der einzige, halbwegs nach einem anständigen Wort klingende Laut, den ich aus dem Gestammel herausfiltern konnte.
Für Anne bot diese groteske Szene eher Anlass, tiefschürfende, philosophische Betrachtungen anzustellen. „Mich würde doch mal interessieren“, sinnierte sie, „wer den Begriff ,Scham' für die sekundären menschlichen Geschlechtsorgane erfunden hat ...“
„Das muss ein grobes Missverständnis gewesen sein“, pflichtete ich ihr grinsend bei.
Warum allerdings ein halbes Sondereinsatzkommando notwendig war, um die zappelnden, strampelnden, kreischenden und wüste Flüche ausstoßenden Pudelfeen doch recht rabiat aus der Halle zu tragen bzw. zu schleifen, erschloss sich weder mir noch meiner Freundin.
Die schaltete jedenfalls als Erste und griff mit spitzen Fingern einen der durchnässten Papierfetzen, die den Pudelfeen im Kampfgetümmel mit der Staatsmacht offensichtlich entglitten waren.
„Wow, Autogrammkarten von Long Tall John.“
„Das waren wohl mal Autogrammkarten“, belehrte ich sie. Schließlich wirkte das beste Stück des vermeintlichen Favoriten auf diesem Abbild doch schon reichlich abgenutzt.
Anne ließ die aufgeweichte Karte fallen und reinigte ihre Finger mit einem der Sagrotantüchlein, von denen sie bei Großveranstaltungen immer mindestens ein halbes Dutzend in der Handtasche hat. Frau kann ja nie wissen ...
„Kennt' ich da bitte auch eins von habe?“ Eine helle Frauenstimme mit leicht süddeutschem Akzent erklang unmittelbar hinter uns.
„Aber gerne doch.“ Anne zögerte keinen Augenblick, zog ein weiteres Päckchen aus ihrem Fundus, „gerne auch zwei, ich hab' noch genug davon.“
Anne schien nicht die einzige Frau gewesen zu sein, bei der die weibliche Neugier mal wieder stärker war, als das uns eigentlich von Natur aus gegebene, intuitive Gespür von Abscheu und Ekel, irgendeinen klebrigen, schmierigen Papierfetzen vom Boden aufzulesen.
Dass meiner Liebsten beim Anblick der beiden vor lauter Schreck der gesamte Inhalt ihrer Handtasche auf die Steinfliesen kullerte, und mir beim Wenden des Kopfes die Kinnlade auf's Schlüsselbein sank, amüsierte die beiden nun vis ŕ vis vor uns stehenden Frauen königlich.
„He, mir beißen doch net“, lachte die kleine Blonde, während ihre Begleiterin Anne half, die weit verstreuten Utensilien einzusammeln.
Nachdem meine Schrecksekunde überwunden war, zögerte ich keinen Moment: „Hallo Anja!“
Schüchtern bin ich eigentlich noch nie gewesen, doch jetzt fühlte ich einen Anflug von Hitze in meinen Kopf steigen. Hatte ich eben, wegen der Distanz noch leichte Zweifel gespürt, so war ich mir jetzt absolut sicher. „Hallo Anja, willkommen in Köln.“
Dass ich meine liebste Autoren-Kollegin bei unserer ersten Begegnung in Natura so sprachlos und perplex vor mir sehen würde, hätte ich mir freilich nie träumen lassen.
„An... Andrea??“
„Jepp, voll die Zehn!“
„Mindestens neun ...“
„Downvoting als Neidnebenbegleitung der Gesellschaft.“
„Und nur fünf Kommentare, da verliert man wirklich alle ...“
„ ...Lust“, vollendete ich ihren Satz und schloss sie in meine Arme. Was für ein schönes Gefühl. Wie oft hatten wir uns in Foren und mit Mails schon gegenseitig getröstet und – virtuell – geknuddelt, abgelästert und uns gegenseitig aufgebaut.
Anne und Tina hatten sich bereits bekannt gemacht, standen grinsend und sichtlich gerührt neben uns, wir begrüßten unsere jeweiligen Freundinnen mit Küsschen links und Küsschen rechts.
„Sabber, sabber, vier leckere Pussys ...“
Warum Anja und Tina fast zeitgleich einen spontanen, gekünstelten Hustenanfall bekamen, begriff ich zunächst nicht, und auch Anne wirkte äußerst irritiert.
„Sorry“, grinste Anja verlegen, „das waren wir nicht.“
„Ich vers(t)eh' überhaupt nicht, worum es hier geht“, sagte Anne leicht vorwurfsvoll und schaute dabei Anja und Tina mit großen Augen an. Offenbar hatte sie die fremde Stimme gar nicht gehört, und jetzt hielt sie meine Autorenfreundin und deren Begleiterin für völlig übergeschnappt. Auch wenn sie sich höflich zurückhielt, ihre wahren Gedanken konnte ich in ihren Augen lesen.
„Lass' nur“, wiegelte Anja ab, „das war nichts, nur so eine grenzgeniale Idee.“
„Sagt mal, seid ihr nicht eben noch zu dritt gewesen, ich meine, wir haben euch im Saal schon entdeckt ...“ Mit dieser Aussage hatte ich Annes Unmut auf mich gezogen, begriff selbst aber immer noch nichts.
„Ach nee, jetzt kommt das schon wieder“, platzte es aus ihr heraus, „Andrea bildet sich ein, vorhin neben euch eine schwarzblonde Ges(t)alt gesehen zu haben ...“ Und dann, zu mir gewandt: „Entschuldige, Schatz, ich wollte dich jetzt nicht bloßs(t)ellen.“
Innerlich musste ich erneut schmunzeln. Wie süß und kultiviert doch Annes norddeutscher Akzent angesichts unseres schlampigen badischen und rheinischen Umgangs mit der Sprache klang. Auch Anja und Tina mussten über das besonders betonte „t“ grinsen.
Dabei kam ich mir selbst reichlich paranoid vor. Sah mysteriöse Gestalten, deren Gesichtsausdruck ich als die personifizierte Geilheit gedeutet hatte, und jetzt hörte ich die Geilheit in Person, ohne die dazu passende Gestalt zu sehen. „Sabber, sabber, vier leckere Pussys ...“
Alles sehr merkwürdig.
Und zu allem Überfluss ließen uns Anja und Tina ohne Erklärung in unserer Agonie zurück. Sie wollten zu einer Lesung, irgendwas Neues von Rainer Müll, diesem Bestsellerautoren. Wir könnten doch mitkommen, sei bestimmt sehr interessant.
Nach einer Autorenlesung stand jedoch weder Anne noch mir der Sinn. Viel lieber hätte ich unser Treffen mit einem Gläschen Sekt gefeiert.
„Das können wir später noch“, tröstete mich Anja, „kommt doch einfach mit zu der Aftershowparty, da haben wir ein bisschen mehr Zeit und können was schwätze.“
„Süße, die beiden haben doch keine VIP-Karten“, fiel ihr Tina ins Wort. „Oder habt ihr welche?“
„Nö“, entgegnete ich, „aber das sollte kein Problem sein, da werde ich mir schon was einfallen lassen.“
Gedankenverloren schauten Anne und ich den beiden hinterher.
Den beiden?
Für einen Moment glaubte ich, die Schwarzblonde erneut zu sehen, die wie ein Harlekin hinter Anja und Tina hertrippelte.
Doch ... lassen wir das lieber.
„Die sind ja echt nett, die beiden“, sinnierte Anne, „aber auch ein bisschen schräg.“
„Wie meinst du das?“
„Na, dieser komische Hustenanfall ...“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Das weißt du genau!“ Ups, Anne wurde energisch, da musste ich auf der Hut sein. „Da gab es doch was zu verbergen, etwas, von dem ich nichts wissen darf ... Andrea, sieh mich an!“
„Schatz, bitte kein Eifersuchtsdrama, Anja ist glücklich verheiratet und hat zwei süße Kinder.“
„Und Tina hat eine mordsmäßige Alkoholfahne.“
„Das ist mir auch aufgefallen ...“
Genau, ... das war die Lösung!
„Vielleicht“, sagte ich, „hat Tina gerülpst oder gepupst, und das war dann beiden peinlich.“ Ich greife ja selten zu Notlügen, doch in dieser Situation hielt ich sie für absolut legitim. Ich konnte Anne doch nicht vermitteln, dass vielleicht drei Frauen eine imaginäre Stimme gehört hatten und sie nicht. Das Hüsteln hatte ganz sicher etwas mit diesem so mysteriös erscheinenden Ausruf zu tun. „Und deswegen, weil sie sich geschämt haben“, schloss ich ohne rot zu werden, „haben sie so künstlich gehüstelt.“
„Das wäre in der Tat denkbar.“ Wow, Anne legte ihr Misstrauen ab. „Ist ja auch wirklich peinlich, sich gleich bei der ersten Begegnung so gehen zu lassen.“
„Damit wäre Tina nicht die Einzige, wenn ich mich hier so umschaue ...“
„Aber süß“, so Annes Fazit, „sind die beiden schon, auch wenn Anjas Freundin ein Ferkel ist. Sie wird aber sicher ihre Qualitäten haben.“
„Ganz bestimmt.“
Noch ehe ich Anne zum Versöhnungskuss in meine Arme schließen konnte, hatte sie schon wieder etwas anderes entdeckt.
„Schau mal da vorne“, wisperte sie mir zu, „ist das nicht einer dieser Spritzenmänner?“
„Wie jetzt? Hier sind mehrere Feuerwehrleute.“
„Nein, keine Feuerwehr, echte Spritzenmänner, Wichser halt. Da, hinter dem S(t)and.“
Tatsächlich. Dieser hagere, drahtige Typ in Badeschlappen, baumwollener Trainingshose und etwas zu groß geratenem Kapuzenshirt sah tatsächlich „Squirting Arrow“ sehr ähnlich. Die Hakennase, das spitze Kinn – kein Zweifel. Der Wichsprofi mit dem klangvollen Namen, der mich, in Natura, eher an eine Reißzwecke erinnerte, als an einen spritzenden Pfeil.
„Na, der muss es aber nötig haben“, meinte Anne.
Soweit ich mich erinnern konnte, war er im Wettbewerb weit abgeschlagen, doch so richtig wusste ich es nicht. Anne ohnehin nicht, die hatte vom bisherigen Contest von allen 14 500 Zuschauerinnen sicherlich am wenigsten mitbekommen.
Dachte ich.
„Der liegt momentan auf Platz sechs. Der kann nix mehr reißen.“ Anne grinste mich frech an, als sie meinen weit offen stehenden Mund bemerkte. „Ich habe doch nicht umsonst Mathematik s(t)udiert.“
„Seit wann braucht frau für Zahlen zwischen eins und acht ein Mathematiks(t)udium?“, äffte ich ihren Akzent nach.
„Elende Klugscheißerin!“
„Zickenkrieg?“
„Nee“, lachte Anne, „lass' uns lieber mal schauen, was der anzubieten hat, sieht nach einem recht abenteuerlichen Sammelsurium aus. Vielleicht zeigt er uns sogar diese Plastik-Pussy, mit der er versucht hat, sich in Fahrt zu bringen ...“
Sieh an, meine süße kleine Anne. Die immer so tat, als würde sie nichts mitbekommen, und dann registrierte sie doch alles wesentlich aufmerksamer als ich selbst.
„Luder“, zischte ich ihr zu.
Doch wir wollten uns dem Sammelsurium widmen.
Und das sah nicht nur abenteuerlich aus, es war abenteuerlich: Ein Schnellkochtopf aus Edelstahl, leicht angelaufen und verkratzt, war das Erste, was mir ins Auge stach. Daneben ein paar Strapsgürtel in roter, blauer und schwarzer Kunstfaser, fein säuberlich um eine handgeschriebene Tafel „Ächte Seyde“ drapiert. Au, das tat weh, könnte aber wohl die mittelhochdeutsche Schreibweise gewesen sein ...
„S(t)rapse aus Seide“, empörte sich Anne, „der hat 'se ja wohl nicht mehr alle.“
Die original verpackten „Belinda 30 denier“ kamen mir angesichts des vergilbten Etiketts auch nicht so ganz frisch vor, und die beiden – nicht mehr original verpackten – Dildos aus der Kollektion „Wikinger“ und „Buschmann“ werden seit mindestens 20 Jahren nicht mehr hergestellt. Die Boticelli-Putten aus „echt Meißner Porzellan“ und der hölzerne Nussknacker aus dem Erzgebirge fielen schon gar nicht mehr ins Gewicht, letzterer wirkte zumindest originell, weil die „Original Geisha-Kugeln“ die Knack-Vorrichtung eingerissen hatten.
Kein Zweifel, der Kerl hatte seine Oma beklaut, vielleicht sogar umgebracht, denn der Verkaufstisch war übersät mit merkwürdigen Gegenständen, nicht zu vergessen die Kollektion aus Hirschhornknöpfen in zwölf verschiedenen Größen.
Lediglich Hannelore-Hildehart, eine vorsintflutliche, etwas rundlichere Version von Barbie, passte nicht so ganz ins Sortiment. Was sollte eine Frau mit einer aufblasbaren, stets willigen Dreilochstute anfangen? Dass es eine Schlauchbootpumpe als Gratisgeschenk dazu gab, war auch nicht wirklich überzeugend.
Anne interessierte sich für den Schnellkochtopf.
„Was soll der kosten?“
„Was möchtest du denn anlegen, Fräuleinchen?“
Oh weh! Das hätte er nicht sagen dürfen. Wenn Anne auf etwas allergisch reagiert, dann ist es die Titulierung „Fräulein“ - und „Fräuleinchen“ geht schon gar nicht.
Doch meine Liebste blieb ganz cool.
„Nichts, mein Herrleinchen, nichts“, entgegnete sie nach einer kurzen Atempause. „Dein schneller Brüter hat ja nicht mal 'nen Gummi, und das Ventil ist ganz sicher auch kaputt.“
Squirting Arrow blinzelte meine Freundin mit seinen kleinen, verschlagen wirkenden Äuglein an. Irgendwie hatte es ihm die Sprache verschlagen.
Mir aber auch.
Und Anne setzte noch eins drauf, indem sie sich mir zuwandte: „Du musst wissen, Liebste, wenn der Druck nicht entweichen kann, dann geht der Schuss nach hinten los, das Kesselchen explodiert und die ganze Sauerei spritzt in die Küche.“
Wow. Diese feine Art der Ironie hatte sie bislang noch nie – na ja, selten - an den Tag gelegt.
Da wirkte meine Replik auf Squirtings unverhohlen zur Schau gestellte Sprachlosigkeit eher plump: „Den Topf hast du doch bestimmt deiner Oma geklaut, oder etwa nicht?“
„Meine Oma ist längst tot.“
Hatte ich es mir doch gedacht! Diesem Kerl war wirklich alles zuzutrauen, so verschlagen, wie er dreinschaute, dieses spitzbübische Kinn, die weit in die schmale Stirn gezogene Kapuze seines, aus der Nähe betrachtet, schmuddelig wirkenden Pullis ...
„Jedenfalls“, ergriff wiederum Anne das Wort, „tut's das Kesselchen ohne Gummi nicht. Keinen Cent bekommst du dafür.“
„Wenn die Damen so feinfühlig sind, könnte ich ihnen vielleicht ein Paar dieser wunderbaren Geisha-Kugeln empfehlen. Ideal zur Stärkung der Beckenmuskulatur ...“
Na, der hatte Nerven.
Hatte doch selbst das Gebiss des Nussknackers aus dem Erzgebirge vor diesen bereits etwas stumpf aussehenden Plastikkugeln kapituliert. Wer weiß, wozu der Kerl sie benutzt hatte. Wer sich mit einer künstlichen Muschi stimulieren muss, dem ist doch alles zuzutrauen.
So ganz gesund schien er nicht zu sein. Warum hätte er sonst hastig zwei blaue, ovale Kapseln aus der Bauchtasche seines Kapuzenpullis fingern und umgehend im Mund verschwinden lassen sollen? Er schluckte ohne Wasser – igitt! War vermutlich was fürs Herz ...
Doch ehe Anne und ich ihm die passende Antwort zum Thema Beckenmuskulatur geben konnten, forderte eine weitere Kundin zunächst einmal meine Aufmerksamkeit.
Genau genommen war es ihr Eau de Toilette, das mir bereits aus fünf Metern Abstand so unangenehm in die Nase gestiegen war, dass selbst mein Magen zu rebellieren begann.
Tosca!
Der Albtraum meiner Kindheit.
Das war der Duft, nein: Geruch, meiner eigenen Großmutter, die immer ein adrettes, niedliches Mädchen in mir sehen wollte, bei jeder Gelegenheit an mir rumzubbelte. „Ach, wie niedlich meine süße Andrea doch ist ...“ - Fürchterlich! Ich habe sie gehasst. - „Ach, haben dich die bösen Jungen wieder in den Schlamm geschubst, komm' her mein armes, kleines Zuckerpüppchen ...“ - Uuaah!!
Ist schon seltsam, welch' längst vergessen geglaubte Traumata gewisse Düfte, nein: Gerüche, einen noch nach Jahren und Jahrzehnten wieder einholen können. Doch diese Dame, bis über die Ohren zugespachtelt mit speckig wirkendem Make-up, stank um ein Vielfaches mehr, als meine Großmutter jemals gerochen hatte. Und dann verhüllte sie ihren verknöcherten Körper auch noch mit dem Fell dieses, offensichtlich an einer Tosca-Vergiftung verendeten Nagetiers.
„Wie viele Ratten dafür wohl s(t)erben mussten“, sinnierte Anne, und immer, wenn sie laut nachdenkt, bekommt das jeder im Umkreis von mindestens fünf Metern mit.
„Das ist Zobel, Sie ... Sie ... Sie dumme Person, Sie!“, ereiferte sich die Alte, „aber Sie, Sie mit Ihrem kurzen Röckchen, das vermutlich um ein Vielfaches länger ist als ihr Verstand, Sie haben wahrscheinlich nicht einmal die Grundschule ohne Sitzenbleiben überstanden ...“
Das war einer jener Momente, in denen ich meine sonst doch eher zurückhaltende Liebste nicht wiedererkenne. Sicher, sie wurde puterrot im Gesicht, war ihr das laute Nachdenken doch selbst aufgefallen.
„Sie irren sich, gnädige Frau“, setzte Anne an, holte kurz Luft, und dann wurde ihr Tonfall schärfer: „Meine Liebste und ich haben nicht einmal das erste Schuljahr übers(t)anden!“
„W...wie meinen Sie das?!“ Die Alte wirkte reichlich irritiert.
Ich auch, aber nur ein bisschen, denn den Gag kannte ich schon.
„Ich bin zwölf Mal sitzengeblieben“, zwitscherte Anne, „damit ich immer meiner liebsten Lehrerin nahe sein konnte, ja, und als ich dann endlich 18 war, hat sie mich geheiratet.“
Was für ein Humbug, aber gut.
Die Tosca-Lady schien endgültig genug von uns zu haben, fertigte uns mit einer verächtlichen Handbewegung ab, um sich dann dem für meine Begriffe schon viel zu lange überheblich grinsenden Squirting Arrow zu widmen.
Doch in diesem Moment fühlte ich sogar einen Hauch von Mitgefühl für diesen hochgewachsenen, aber ausgemergelten Wicht, dem offensichtlich die Gage seiner fragwürdigen Profession hinten und vorne nicht zum Überleben reichte.
Schon der Anblick dieser bereits zu Lebzeiten mumifizierten Alten, höchstens 50, gefühlte 150 Jahre alt, hatte in mir längst verdrängt geglaubte Aggressionen ausgelöst. Wie sie mit ihren knochigen, von billigem Modeschmuck beringten Fingern über diese Gummi-Hannelore tätschelte ... einfach ekelhaft.
Und dann, als hätte sie durch ihre bloße Anwesenheit nicht schon genug Abscheu erregt, ertönte auch noch ihre schrille, gekünstelt auf etepetete getrimmte Stimme: „Gibt's die auch als Ken?“
Ich hätt' kotzen können in diesem Moment, hatte aber das Glück, Annes starke Hand zu fühlen, ihren Daumen, der zärtlich und besänftigend zugleich über meine Knöchel strich. Und ich ertappte mich dabei, dass mein Mitgefühl
für diesen armseligen Abspritzhelden, dem das Grinsen gründlich vergangen war, sogar ein Stück weit Sympathie zuließ.
„Tut mir leid“, stammelte er, „Ken ist aus ... Aber ... ich hätte da noch einen Wikinger und einen Buschmann. Beide zusammen für nur 20 Euro ... immer da, selten gebraucht ...“
„Jetzt ist er wenigstens mal ehrlich“, flüsterte mir Anne zu, doch die aufgetakelte Tussie schien derlei Gefühlsregungen nicht zu kennen.
„Er wird Unser Ken sein! - 500 Euro werden ihm wohl genügen!“, herrschte sie das arme Kerlchen an, dessen Gesicht angesichts dieses unmoralischen Angebots noch tiefer in die ohnehin viel zu große Kapuze seines Pullovers geschlüpft war.
Das gierige Funkeln in seinen kleinen Augen entging mir freilich nicht, andererseits schien der Saum der Kapuze ungeeignet, all die Schweißtropfen aufzufangen, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten.
„500 Kröten soll er haben, und er wird Uns zu Willen sein!“ Jetzt hatte die Alte endgültig jede Hemmung über Bord geworfen.
„Spricht sie mit uns?“, flüsterte mir Anne zu.
„Nee, Pluralis majestatis ...“ - endlich hatte ich ihren hervorragenden Mathematikkenntnissen etwas Adäquates entgegen zu setzen.
Meine Liebste zwinkerte mir zu.
... sie? ... uns? ...
Wow, Anne!!
Warum die Zobel-Tosca „Kröten“ statt Taler gesagt hatte, überstieg allerdings selbst meinen Horizont. Doch auch den vermochte die Lady von Grusels Gnaden um ein Vielfaches zu erweitern. Dass wir ihre sich in geifernde Geilheit steigernde Rede unmittelbar miterlebten, schien sie nicht weiter zu interessieren.
„Sein spitzbübisches Kinn wird Unsere Furche pflügen, mit seiner starken, rauen Zunge wird er die wuchernden Lianen des Dschungels teilen, seine Nase wird vordringen zum Quell ewiger Jugend, Unsere güldenen Säfte werden seine Wangen umspülen wie ein heißer, erregender Wasserfall, Unsere Mastercard Gold sollen des Vasallen Sold sein, ihn reich entlohnen für seine treuen Dienste ...“
In mir wuchs ein Gefühl von ... ja, Mitleid für diese verschrobene Alte. Ganz gewiss hatte sie sich beim Betreten der Kölnarena in der Tür geirrt.
Anne dachte, wie immer, praktisch. „Sie will ihn mit Kreditkarte bezahlen“, zischte sie mir zu. „die ist vermutlich nicht gedeckt.“
Dieser Gedanke war auch mir gekommen. An seiner Stelle würde ich sicherlich auf Vorkasse bestehen.
Doch ich hatte noch nie zuvor einen Menschen gesehen, der mit seiner Mimik gleichzeitig Angst, Gier und Ekel derart glaubhaft vermitteln konnte, wie dieser vermeintliche Ken wider Willen.
War es überhaupt wider Willen?
Seltsam, dass mir gerade in diesem Moment die Ballade vom Fischer und der Nixe in den Sinn kam ... „Halb zog sie ihn, halb sank er hin ...“
Mit einer Nixe hatte diese Tosca-Mumie allerdings nichts gemein.
Seine blitzenden Äuglein und das unkontrollierte Zucken seiner Wangenmuskulatur verrieten mir, dass Squirting Arrow in seiner Geldgier allzu willig zum Sturzflug ansetzte.
„Das Monster lockt mit falschem Geld, kein Ehrgefühl, das ihn noch quält ...“ In mir wuchs die Überzeugung, dass die Fischer-Ballade einer gründlichen Neubearbeitung bedurfte.
„Tut mir leid, gnädige Frau“, mischte sich zu allem Unheil auch noch Anne ein: „Diesen Herrn haben wir bereits gebucht, und zwar für die ganze Nacht ...“
Ups. Ich fühlte urplötzlich meine Knie nicht mehr. Meine Beine schienen aus Schaumstoff geformt zu sein.
Hatte meine Liebste völlig den Verstand verloren?
Was sollten ausgerechnet wir mit einem derartigen Feigling ohne Stolz und Ehrgefühl anfangen?
Doch Anne grinste mich schelmisch an ... und ... ich verstand.
Irgendwie hatten wir beide, auf ganz unterschiedliche Art, einen Faible für verkrachte Existenzen. Hoffentlich hatte er das moralische Angebot meiner Freundin nicht gründlich missverstanden.
Wir beide sahen den dicken Kloß, der sich durch seinen langen, sehnigen Hals nach unten zwängte. Sahen, wie er das Monster von oben bis unten mit einem zunehmenden Ausdruck des Entsetzens musterte, ehe er sich uns widmete, wesentlich entspannter zwar, aber mit diesem unterwürfigen, bettelnden Hundeblick, der Männern so zu eigen ist, wenn sie ein Leckerli gewittert haben.
Oh weh, was hatte Anne da nur angerichtet?
Meine Befürchtung bestätigte sich, als sich dieser armselige Wicht erneut an das Tosca-Ungeheuer wandte, dreist und triumphierend: „Sie haben's ja gehört, die Fräuleinchen haben mich bereits gebucht.“
Uah, jetzt war ich mir ganz sicher, dass er uns gründlich missverstanden hatte.
Vielleicht waren die blauen Kapseln, die er eben ohne Wasser geschluckt hatte, gar keine Herztabletten sondern irgendwelche Drogen.
Dass mir Anne, die in diesem Moment wohl ähnlich dachte, fast die Hand zerquetschte, war der Situation allerdings auch nicht angemessen.
Erst nachdem Tosca mit einem hochnäsigen „Sie impertinenter Perversling, Sie!“ davongerauscht war, gönnte Anne meiner Hand ein wenig Entspannung.
„Danke, Mädels, ihr habt mir das Leben gerettet“, schlug Squirting Arrow jedoch ganz andere Töne an, als wir er
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Kommentare
Kommentare: 67
goreaner
Herrlich wie neben der ganzen Story, noch die Feinheiten der Sprache (die Dialekte) hervorgehoben werden.
Und Voice ist schlicht zum Brüllen.
Das Kollektiv hat meinen absoluten Respekt.
Tal
goreaner
PS
So gute Geschichte und nur so wenige Kommentare! *Kopfschüttel*«
Kommentare: 18
edge
Dann bleibt es wohl an den anderen Autoren, das zu machen.
Toll ausgearbeitet, sehr selbstironisch und Rainer Müll als Höhepunkt dieses Kapitels - Gratulation an Mondstern! Selten etwas so gutes schlechtes gelesen!
Bin ja mal gespannt, wie der Halve Hahn in der nächsten Folge seinen Mann stehen, Voice sich daneben benehmen wird und die vier "Girls" den Abend weiter verbringen werden. Und wenn sich jemand nervt, dass es zu wenig Sex drin hat... pffff... ist doch Wurst!«
Kommentare: 166
Adlerswald
Lächel - Eigenlob duftet manchmal höchst seltsam. Ich fand die Geschichte weniger zum Schmunzeln. Grins- Vielleicht geht mir diese Art von Humor ab. Aber wie heißt es so schön ? Jedem Tierchen sein Plaisierchen.
Da Mondstern70 inzwischen ihren Kommentar, der Anlass für meine Bemerkung war, leider gelöscht hat, hängt die Bemerkung über "Eigenlob" unglücklicherweise in der Luft. Für den weiteren Verlauf des Disputs verweise ich auf das Autorenforum.«
Kommentare: 66
HG1
Sry, mein Kommentar tut nichts zur Geschichte, wollte dies aber gesagt haben«
Kommentare: 94
andreashava
Allerdings kann ich den Kollegen hg1 in seiner Replik auf das Thema "Eigenlob" nur unterstützen. Der Abspritzcontest ist EINE Geschichte EINES Autorenteams, das nicht nur kollegial sondern freundschaftlich miteinander verbunden ist. Sonst wären beispielsweise all die akribisch ausgearbeiteten Verzahnungen der einzelnen Kapitel gar nicht möglich gewesen, ohne gegenseitige Unterstützung und wechselseitiges "Feilen" funktioniert das nicht. Ist das dann Eigenlob, zu sagen, dass es unglaublich viel Freude gemacht hat, ein derartiges Gemeinschaftswerk auf die Beine zu stellen? - Das mag jeder selbst beurteilen. Als AutorInnen freuen wir uns natürlich, wenn die Geschichte ankommt und gefällt, wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, weil die Geschmäcker halt verschieden sind. Wer bis zu Ende liest und nicht nur hastig bis zu den Bewertungsbuttons scrollt, sollte doch eine Meinung zu der Story, zum Inhalt oder Stil haben, und dies auch mit ein paar Worten äußern.
LG Andrea«
Kommentare: 214
aweiawa
Kommentare: 16
Dass der Ferkel-Faktor nicht sehr hoch ist, dürfte dem Autorenteam bekannt sein. Vielleicht kommt ja da auch noch etwas.
Schauen wir mal, wer den Wettkampf gewinnt. ;-)
PS: Die Kommentar-Funktion ist dazu da, seine Meinung zur Geschichte zu äußern und soll so dem noch unentschlossenen Leser eine (weitere) Hilfe sein, ob sich die Lektüre des Textes lohnt.«
Kommentare: 105
catsoul
ich bin schon sehr auf den nächsten Teil gespannt und hoffe, er wird wieder so unterhaltsam. Hab mich köstlich amüsiert und einige Mal (herzhaft) laut gelacht. :-D
Liebe Grüße und *Daumen hoch*
cat«
Kommentare: 3
eine super Idee. Das alles dann auch noch im Team, alle Achtung <Verbeug>.
Nun die subjektive Meinung *G* Der erste Teil hat mir besser gefallen (keine Ahnung warum, weil es neu war weil es ganz anders war, weil ????, und einzeln seit ihr mir ganz ehrlich lieber. Eben eine subjektive Meinung.
Gruß
Knuddel«
Kommentare: 136
Der XXX-Zine
Hat eigentlich schon jemand das Rätsel gelöst, dass der Protagonistenautor Reiner Müll in seiner Geschichte mitgegeben hat?
"Wie alt der Wasserinstallateur von Mandy ist", oder wie war die ungestellte Frage nochmal?
PS zum PS von Aramis: Dem stimme ich zu!«
Kommentare: 40
skipp20
Und dann hab ich eine Bitte an die Autoren: bitte, bitte noch mehr von dieser Art! Ich lach doch so gern.... und in Kombination mit "sevac-Geschichten" am liebsten!! Nur leider haben die meisten Autoren mittlerweile wohl vergessen, dass Sex und Erotik was schönes ist - und durchaus auch mal "lachende" Seiten hat!
Also weiter so bitte!
Skipp«
Kommentare: 32
Gratulation an Euch Drei !«
Kommentare: 441
Mondstern
Aber was habe ich schlimmes gesagt? Nun, ich habe mich gefreut, das die Story online ist, noch mal gelesen, und mich spontan dazu hinreisen lassen, zu schreiben, das ich trotz zigmaligem Lesen immer noch Schmunzeln musste.
Des Weiteren erwähnte ich, das die Story um "Rainer Müll", die etwa die Hälfte meines Parts ausmacht, für mich persönlich das Schwierigste war, das ich je verfasst habe.
Dazu stehe ich selbstverständlich weiterhin.
Bedanken möchte ich mich bei den vielen Kollegen, die mir E-Mails geschickt haben und insbesonders vom gezielten Nachtreten eines Einzelnen ebenso empört waren. Dieser Einzelne hat nun auch genug Aufmerksamkeit bekommen, und für mich ist das Thema durch.
Wem die Geschichte gefallen hat, der darf sich auf Teil 3 freuen, und ich verrate bestimmt nicht zuviel, wenn ich sage - wir haben noch so manche "irre" Idee in petto
Liebe Grüße Mondstern«
Kommentare: 258
ich bin aber zugegebenermaßen auch ein bisschen zwiegespalten: so toll die schreibe im gesamten ist, und man vor der gruppenleistung nur reihenweise hüte ziehen kann: nach meiner ganz persönlichen meinung gibt's auch gelegentlich stellen, die sich etwas hinziehen...
sei es durch die teambedingten wiederholungen einzelner szenen, vielleicht auch, dass ein roter faden einer handlung (evt. absichtlich?) gelegentlich etwas aufgeribbelt wirkt, möglicherweise, weil der satire auch ein klares feindbild fehlt: kommerz (werbung) - frauen (klogänge) - männer (...) - massenveranstaltungen (kegeldamen)- freiberufler (nebenverdienstpflichtig): da sind gelegentlich ziemlich viele fronten, wo ich denke: das schreiben hat vielleicht *noch* ein bisschen mehr spaß gemacht als das lesen... ohne jeder einzelnen szene ihren charme absprechen zu wollen.
jetzt war ich ganz schön streng. nicht böse sein, liebes trio und schnell weiterschreiben: ich bin ja trotz allens sehr gespannt auf den dritten teil! hab ja jetzt auch einen persönlichen favoriten auf den gesamtsieg (auch ganz ohne lokal-)!
magic«
Kommentare: 66
Kommentare: 152
TetraPack
Kommentare: 9
Eigentlich mag ich ja reine Erotik Geschichten eher ..
aber hier hab ich an einigen Stellen sehr laut grinsen muessen ;) Schoen !«
Kommentare: 21