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Kommentare: 3 | Lesungen: 3890 | Bewertung: 7.62 | Kategorie: BDSM | veröffentlicht: 10.10.2008

Der Unbekannte - Teil 2

von

In den folgenden Stunden versuchte Natasha verzweifelt, die Karte – und damit den Fremden – zu vergessen. Sie nahm sich die komplizierte Budget-Planung des nächsten Quartals vor, die eigentlich ihre ganze Aufmerksamkeit hätte fesseln sollen. Sie sortierte ihr elektronisches Postfach, um sich mit stupider Routine abzulenken. Sie nahm – entgegen ihrer üblichen Attitüde – jeden Anruf persönlich entgegen, in der Hoffnung, ihr würde durch einen kurzfristigen wichtigen Termin die Entscheidung abgenommen.

Gegen sechs verabschiedete sich ihre Sekretärin ins Wochenende. Allmählich gingen in den umliegenden Büros die Lichter aus, auf den Fluren wurde es ruhig. Und Natasha Blicks flog immer wieder zu der untersten Schreibtischschublade – und huschte schnell wieder weg, als würde sie sich ertappt fühlen. Um der Versuchung zu widerstehen, drehte sie sich in ihrem Ledersessel um und starrte über die Lichter der Stadt, ohne etwas zu sehen. Ihre Lippen fühlten sich noch immer geschwollen an. Als sie sie vorsichtig mit den Fingerspitzen berührte, meinte sie, seinen letzten Kuss noch einmal zu spüren. Für diesen einen Moment hatte sie sich aufgehoben gefühlt – aufgehoben bei einem völlig fremden Mann mit einem schier unmessbaren Selbstvertrauen und gnadenloser Arroganz. Irritiert rieb sie sich die Schläfen.

Sie war nicht prüde, sie genoss ihre Sexualität und unter anderen Umständen hätte sie sicher nicht lange gezögert, mit dem Fremden ins Bett zu gehen. Sie lebte selten längere Zeit enthaltsam, doch ihre Affären begannen und endeten stets zu ihren Bedingungen – diskret, kontrolliert und vorhersehbar.

Hin und her gerissen schloss sie die Augen und ohne sie noch einmal aus der Schublade geholt zu haben, sah sie die Visitenkarte vor sich – und die Telefonnummer, die er in seiner schnörkellosen, männlichen Schrift darauf geworfen hatte. Kalkulierbares, lustvolles Risiko oder Riesendummheit? Natasha leugnete nicht, dass sie der Überfall am Nachmittag erregt hatte, dass sie fasziniert und neugierig war und mehr wollte von dem, was er nur angedeutet hatte. Mehr von der Hitze, der Lust. Mehr von der Unsicherheit und dem Bangen. Mehr Geborgenheit und Aufgehobensein. Doch das Risiko, ihren Ruf und ihre Karriere aufs Spiel zu setzen, war groß.

Nervös stand sie auf und zog die Nadeln aus dem Haar, während ihr Blick über die goldgerahmten Diplome an der Wand wanderte. Sie war 35, hatte eine Menge erreicht, aber auf einmal kam ihr der Erfolg leer vor. Ganz leise nagte die Unzufriedenheit schon lange an ihr. In der Firma kam sie nicht mehr weiter und ihr Privatleben bestand aus einer elitären Reihe leicht lenkbarer Männer und einem Schwarm Goldfische. Vielleicht wurde es Zeit, sich ein bisschen Aufregung zu gönnen?

Entschlossen öffnete sie die Schublade und nahm die Karte aus festem cremefarbenem Bütten heraus. Es würde ein Spiel mit dem Feuer werden. Eines, das nicht ihren, sondern allein seinen Spielregeln folgte. Selbst als sie deutlich spüren konnte, wie hart und erregt er war, hatte er die Kontrolle behalten. Und vielleicht war es gerade das, was sie selbst jetzt noch, Stunden später, leise aufstöhnen ließ. Resolut drängte Natasha alle Bedenken beiseite. Sie war sich sicher, von diesem Mann keine zweite Chance zu bekommen und wollte sich nicht morgen früh vorwerfen müssen, gekniffen zu haben. Bevor ihre Vernunft wieder die Oberhand gewinnen konnte, griff sie zum Telefonhörer und wählte.

Es klingte endlos und mit Schrecken fielen ihr seine letzten Worte ein: „...meine Assistentin wird dir sagen, wann du abgeholt wirst und was du anziehen sollst.“ Hatte sie zu lange gezögert, war seine Assistentin schon nach Hause gegangen, würde dieses Abenteuer enden, bevor es richtig begonnen hatte? Gerade als sie enttäuscht aufgeben wollte, knackte es in der Leitung, doch statt der erwarteten professionell freundlichen Frauenstimme, meldete sich ein Mann – ihr Fremder.

„Du hast lange gebraucht, um dich zu entscheiden, Natasha.“ Überrumpelt hallten seine Worte in ihr nach. Später sollte sie erfahren, dass er ihre Verführung lange geplant und wie auf Kohlen auf ihren Anruf gewartet hatte. Als ihre Telefonnummer in seinem Display aufleuchtete, musste er sich selbst zur Ruhe zwingen, um nicht gleich nach dem ersten Klingeln abzunehmen. Doch seine scheinbare Gleichgültigkeit und Souveränität gehörten zum Spiel und deshalb klang seine Stimme jetzt nur mäßig interessiert. Er wartete keine Antwort ab. „In einer halben Stunde holt dich mein Fahrer vor deinem Büro ab und bringt dich zu mir. Ich will, dass du deine Haare offen trägst und deine Bluse ausziehst.“ Eine kleine Pause – für ihn voller Vorfreude, für sie voller prickelnder Ungewissheit – dann sprach er in einem Tonfall weiter, der Intimität vermittelte und kleine Wellen der Erregung unter ihre Haut schickte. „Unterwäsche und Strümpfe darfst du vorerst anbehalten, denn ich will dir in die Augen sehen, wenn ich sie dir ausziehe – kurz bevor du in meinen Armen zum ersten Mal kommst.“ Einen Augenblick konnte sie noch seinen Atem hören, dann zeigte ein leises Klicken an, dass er die Verbindung getrennt hatte.

Unruhig presste Natasha die Oberschenkel zusammen. Seine wenigen Worte hatten ihren Kern getroffen – und ihn zum schmelzen gebracht. Wie in warmen Honig getaucht – süß, klebrig und schwer – fühlte sich ihr Schoß an. Noch immer hielt sie den Telefonhörer in der Hand. Jetzt nur nicht nachdenken! Die Bedenken nur nicht wieder die Oberhand gewinnen lassen! Sie hatte jedes Gefühl für Zeit verloren und wusste nicht, wie lange sie schon so dastand und auf das Zittern ihres Körpers horchte, als ferne Kirchturmglocken sie aufschrecken ließen.

Draußen war es inzwischen richtig dunkel geworden. Sie konnte in der Fensterscheibe ihr Spiegelbild sehen. Das offene Haar, die leicht geöffneten Lippen – und ihr dezentes Kostüm. Langsam und sorgfältig legte sie den Telefonhörer auf die Gabel und ebenso langsam schälte sie sich aus ihrem Blazer. Keinen Augenblick ließ sie ihr Spiegelbild dabei aus den Augen. Als sie begann, ihre Bluse aufzuknöpfen, wurde ihr Atem schneller. Stück für Stück entblößte sie sich vor sich selbst und beobachtete wie ihr Busen sich immer heftiger hob und senkte. Die zarte Spitze ihres BHs verbarg die aufgerichteten Brustwarzen kaum, schien sie eher zu modellieren, sie hervorzuheben. Vorsichtig, als täte sie es zum ersten Mal, strich Natasha mit beiden Handflächen über ihre Brüste. Sie rieb über ihre Nippel, bis sie spürte, dass sie sich noch mehr zusammen zogen, noch fester wurden. Dann presste sie sie fest zwischen Daumen und Zeigefinger – so wie er das am Nachmittag getan hatte. Stöhnend legte sie den Kopf in den Nacken und stellte sich vor, es seien seine Finger, die sie so stimulierten.

Nur mühsam kämpfte sie sich zurück in die Gegenwart, zog den Blazer wieder an und schauderte als das kühle Innenfutter über ihre bloße Haut strich. Sorgfältig kontrollierte und erneuerte sie ihr Make-up – um ihm zu gefallen, aber auch, um sich mit einer weltmännischen, souveränen Fassade zu maskieren. Sie war kaum aus dem Fahrstuhl getreten und ging durch das gespenstisch anmutende menschenleere Foyer, als draußen ein unauffälliger dunkler Wagen hielt. Sie presste eine Hand auf ihren Bauch, um das nervöse Flattern unter Kontrolle zu kriegen und atmete ein letztes Mal tief durch, bevor sie dem Mann, der ihr höflich den hinteren Wagenschlag aufhielt, zunickte und einstieg. Viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, bemerkte Natasha nicht, dass der Fahrer einer komplizierten, langen Route folgte, nur um dann vor einem Bürogebäude zu halten, das von ihrem eigenen nur einen Steinwurf entfernt lag.

Als sie den Wagen verlassen hatte und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch an der Fassade nach oben sah, hörte sie das Auto erneut starten. Erschrocken drehte sie sich um, doch sie sah nur noch, wie sich der Fahrer geschickt in den laufenden Verkehr einfädelte und um die nächste Ecke verschwand. Irgendwie hatte sie angenommen, dass er sie bis zum Treffpunkt begleiten würde. Und auch wenn sie ihn noch viel weniger kannte als ihren Fremden, hatte es sie beruhigt, eben jenem im ersten Moment nicht alleine begegnen zu müssen. Unschlüssig blickte sie sich um, sah noch einmal am Gebäude hinauf, in dem alle Fenster dunkel waren. Als in der Eingangshalle das Licht anging und sie ihn durch die Glastüren auf sich zukommen sah, hätte sie die Uhr am liebsten zurück gedreht. Plötzlich kam es ihr schier wahnsinnig vor, auf was sie sich da eingelassen hatte. Sie traf sich allein mit einem Mann, der ebenso gut ein psychopatischer Frauenmörder sein konnte. Sie waren allein und kein Mensch auf der Welt außer dem ominösen Fahrer wusste von ihrem Treffen. Sie war zwar weder wehrlos, noch dummer, aber ihm körperlich weit unterlegen. Wenn er wollte, konnte er mit ihr machen, was er wollte und sie dann einfach irgendwo verscharren. Natasha spürte, wie die Panik ihr von der Magengrube in den Nacken stieg. Flach und hektisch kam ihr Atem, doch obwohl sie sich im Geiste drängte, zu fließen, blieb sie stocksteif stehen und beobachtete mit aufgerissenen Augen, wie er die Eingangstür öffnete und mit ausholenden Schritten auf sie zu kam.

Erst als er vor ihr stand und sie ansah, als wollte er in ihren Gedanken lesen, bemerkte sie, dass sie direkt unter einer Straßenlaterne stand. Vermutlich war ihr nicht bewusst, wie stark sich ihre Gefühle auf ihrem Gesicht spiegelten. Ihm jedenfalls waren die Panik und die Angst nicht entgangen. Doch sie sollte keine Angst vor ihm haben. Sie sollte zittern und gegen ihn ankämpfen, aber nur, weil sie damit zugleich gegen sich selbst und ihre Lust ankämpfte. Ihr Körper sollte starr werden, weil sie sich im Orgasmus verkrampfte, nicht weil sie in Panik erstarrte. Deshalb umfasste er ihr Gesicht jetzt zärtlich mit beiden Händen, küsste sie sanft auf die Stirn und trat noch einen Schritt näher, um sie zu halten. Einige Minuten strich er nur beruhigend über ihr Haar und ihren Rücken und sprach kein Wort.

Natasha spürte, wie seine Körperwärme in ihre Glieder kroch, wie das Gefühl der Geborgenheit zurückkehrte. Es mochte eine trügerische Sicherheit sein, aber sich brachte nicht die Kraft auf, sich aus dem Kokon aus Wärme und Schutz zu lösen, der sich um sie gelegt hatte. Mit geschlossenen Augen lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter und atmete seinen Geruch ein. Erst als er eine Hand unter ihr Kinn legte und ihr mit sanftem Druck bedeutet, ihn anzusehen, wurde ihr bewusst, dass sie immer noch auf dem Bürgersteig standen und dass er immer noch kein Wort gesagt hatte. Nervös schaute sie zu ihm auf, während er seinen Blick prüfend über ihr Gesicht wandern ließ. Dann, als sei das Ergebnis zufriedenstellend, nickte er, löste sich von ihr und hielt ihr die Hand hin. „Komm!“

Auf wackeligen Beinen und nur zögerlich ergriff Natasha seine Hand und folgte dem Fremden in das dunkle Bürogebäude. Er führte sie zu einem Aufzug, über einen langen, unauffälligen Flur bis zu einer schweren Holztür. Ein kleines Messingschild verkündete, dass sie nun die Räume einer renommierten Anwaltskanzlei betraten, doch Natasha hatte dafür keinen Blick. Mit jedem Meter, den sie stumm zurück legten, stieg ihre Nervosität. Inzwischen befürchtete sie nicht mehr, einem Verrückten begegnet zu sein. Vielmehr spürte sie überdeutlich die Wärme seiner Hand, d

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Kommentare


xenja-hex
dabei seit: Nov '07
Kommentare: 71
xenja-hex
schrieb am 10.10.2008:
»wow

klasse geschichte, sehr geil, genau mein geschmack

freue mich auf deine fortsetzungen *lächel*


gruß

xenja«

tali
dabei seit: Okt '01
Kommentare: 72
schrieb am 13.10.2008:
»ganz wunderbar unerhört langsam steigende spannung.
sehr schön erzählt. freue mich auf viele fortsetzungen.«

catsoul
dabei seit: Jan '04
Kommentare: 105
catsoul
schrieb am 18.10.2008:
»Hallo Jacquenetta,

eine gute und gelunge Fortsetzung ist dir gelungen, der hoffentlich noch weitere folgen werden. Danke dafür.

Liebe Grüße

cat«



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