Die Glückszahl
von Helios53
Im Alter von etwa fünfzehn Jahren hatte Cornelia Linke beschlossen, dass sechs ihre Glückszahl sein möge. Der Grund dafür war ein phonetischer, klang doch sechs sehr ähnlich wie Sex. Nicht, dass die fesche und kesse Conny sich damals mit Sex besonders auskannte, ja, man kann getrost sagen, dass die Kenntnis des Wortes an sich bereits das Intensivste war, das sie diesbezüglich vorzuweisen gehabt hätte, wenn ihr jemand auf den Zahn hätte fühlen wollen. Dafür hatte sie aber absolut das Bestreben, es für alle so aussehen zu lassen, als hätte sie. Und da war ihre ‚Glückszahl’ immer ein willkommener Aufhänger für zweideutige Erklärungen. So baute sie sich einen gewissen Ruf auf, was sie unheimlich geil fand.
Die Umstände änderten sich aber bald, und sechs Jahre später trug sie ihren Spitznamen ‚Connylingus’ durchaus zu Recht. Was ihre Glückszahl betraf, so richtete sie es immer irgendwie ein, dass ‚ihre’ Zahl in ihrem Leben eine Rolle spielte. Ihre kleine Eigentumswohnung wählte sie zum Beispiel, weil es Top 6 in einem Haus mit der Hausnummer 66 war. Dass die Bausparkasse genau sechs Prozent Zinsen verlangte, deutete sie natürlich als weiteres Zeichen und den netten Mann von der Telekom bezirzte sie derart, dass er ihr nach dem sechsten Schäferstündchen bereitwillig eine Rufnummer mit sage und schreibe sechs Sechsen zuwies. Die siebte Zahl war eine Neun und in Kombination ergab das ja auch wieder sechs. Oder besser gesagt: Sex!
Dumm war nur, dass eine gewisse Ähnlichkeit mit einem kostenpflichtigen Erotikangebot bestand, weshalb Conny viele seltsame Anrufe bekam. Allerdings auch mehrmals einen von einem schüchternen jungen Mann, der Sixtus hieß. Allein der Name elektrisierte Conny ungemein und sie plauderte angeregt mit ihm. Sechs Mal, um genau zu sein, dann verriet sie ihm ihre Adresse und erwartete seinen Besuch. Er kam tatsächlich und sechs Monate später erhörte sie ihn und sie schritten zum Traualtar. Selbstverständlich am sechsten Juni.
Ihre Ehe war prall gefüllt mit Liebe, Glück, Sex und Sechs. Drei Jahre oder sechs mal sechs Monate sparten sie, dann flogen sie nach Amerika, kauften zwei gebrauchte Motorräder und befuhren sechs Wochen lang die berühmte Route 66. Da diese offiziell gar nicht mehr als solche existierte, benötigten sie dazu nicht nur spezielle Karten und Reiseführer, sondern auch entsprechend viel Zeit. Sixtus ließ das ganze Theater eher kalt, aber seiner Conny zuliebe machte er bei dem Spektakel mit. Natürlich vögelten sie im Munger Moss Motel und in Roy’s Cafe, fotografierten all jene Sehenswürdigkeiten an der historischen Route, die je in irgendeinem Film aufgetaucht waren, Conny staunend und Sixtus verwundert, weil er von den meisten bisher noch nie etwas gehört hatte. Mit allen Abstechern fuhren sie fast sechstausend Kilometer, und weil noch etwas Zeit blieb, bretterten sie nach San Francisco und zurück. Mit ein paar Zusatzschleifen, Conny bestand darauf und legte den Taschenrechner, mit dem sie die gefahrenen Meilen in Kilometer umrechnete kaum mehr aus der Hand. Sie schaffte es tatsächlich, mit echt gefahrenen 4.142 Meilen bei einem Motorradhändler aufzuschlagen. „Sechstausendsechshundertundsechsundsechzig Kilometer!“, jubelte sie und war überglücklich. Dass sie für ihre Bikes nur einen Spottpreis erzielten, der kaum für eine Hotelübernachtung und die Taxifahrt zum Flughafen reichte, störte Conny nicht, Sixtus aber schon. Doch er sagte nichts, denn verloren war verloren.
Auch danach stand ihr Leben im Zeichen der Sechs. Immer wieder setzte Conny alles daran, Sixtus wenigstens einmal so weit zu bringen, dass er es ihr sechsmal in einer Nacht besorgte. Leider reichte seine Konstitution dazu nicht aus, und als er es endlich fast geschafft hatte, machte sein geschundenes Herz schlapp und Conny war Witwe. Immerhin hatte er ihr sechs glückliche Jahre beschert. Genau genommen waren es sogar einige mehr, aber mindestens - sechs waren es ja immer, egal, ob sie von vorne oder von hinten zählte. Bei sechs hörte sie einfach auf damit.
Mit dem Alter war es ähnlich. Als sie sechs mal sechs Jahre alt war, hörte sie ebenfalls auf, ihre Jahre zu zählen, feierte keine Geburtstage mehr und galt bald als älteste Sechsunddreißigjährige des ganzen Landstrichs. Zu ihrem Glück hatte sie sich eine jugendliche Figur und schöne Haut erhalten, sodass ihre Altersbehauptung gar nicht einmal lächerlich wirkte.
Eines Tages geschah etwas Wunderbares. In der Wohnung nebenan zog ein neuer Mieter ein, und als Conny ihn das erste Mal erblickte, wurde ihr eines klar: Den musste sie haben, der war ihre Goldene Sechs!
Zwar hieß der Kerl nicht wieder Sixtus, sondern Martin, was immerhin auch sechs Buchstaben lang war, gab aber genug Anhaltspunkte, die Cornelia zu seinen Gunsten deutete. Martin war ein Baum von einem Mann, fast zwei Meter groß, und Conny interpretierte das sofort als ‚sechs Fuß und sechs Zoll’. Seit der
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Kommentare
(AutorIn)
Kommentare: 404
Helios53
1 für Erotik (Warum ist das wohl unter "sonstiges" erschienen?)
1 für Inhalt
5 für Stil. Muss ein Germanist sein.
Die 7.0 von Goldmund sind sicher anders entstanden. Und sind in meinen Augen fair. Es ist sicher nicht mein bester Text, aber lustig, wenn man - vielleicht - ein bissel angeschickert ist.
@ Elmar: Du hast Recht. Wenn man bewerten will, steht da Kreativität, aber in der Autorstatistik stehen Erotik / Inhalt / Rechtschreibung- Stil.
Dabei kam ich mir aber sehr kreativ vor!
;)«
Kommentare: 214
aweiawa
Kommentare: 212
Habe schon vermutet, das Muskelpakete häufig eine kurze Zündschnur haben sollen! ;-)«