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Kommentare: 8 | Lesungen: 5706 | Bewertung: 7.05 | Kategorie: Sex Stories | veröffentlicht: 02.01.2011

Die Ohrfeige

von

Dass ich aber auch immer so ein Pech auf meinen Radtouren haben musste! Immerhin hatte ich mir nach etlichen Reifenpannen doch endlich Kevlarbänder zwischen Decken und Mäntel gelegt. Aber nun dies – etwa 15 km von meiner Heimatstadt entfernt eine gerissene Fahrradkette, mitten in der Pampa auf einer einsamen kleinen Waldstraße. Was Handyempfang anbetraf: ein Funkloch.

Ich war sauer. Schrieb ich gerade: „sauer“? Untertreibung des frisch angefangenen Jahrtausends! Ich war mehr als sauer! Schob dieses Möchtegernfahrrad den Hügel hinauf. Dieses … Ding hätte mich tragen sollen. Ich schob es. Verdammt, es hätte mich tragen sollen.

Ich wusste: Schimpfen kostet Kraft.


Ich hatte noch einen längeren Weg vor mir. Einen anstrengenden Weg. 15 Kilometer, zumeist bergauf. Noch einige solcher Hügel – und nur wenig Gelegenheiten, auch mal zu rollen.


Ich schimpfte.

„Dieses verfickte Drecksding, ich werde all seine Produzenten, Erzeuger, Händler und deren Kinder und Kindeskinder bis in die zehnte Generation mit Anklageschriften überziehen, vor Gerichte zerren und vor allerstrengsten Richtern auf härteste Bestrafungen plädieren! Ich werde ...“

Menschen im Staatsdienst wird allgemein mehr Contenance zugetraut. Und weniger Fantasie. Das letzte, was man mir jetzt gerade zugetraut hätte, wäre, eine Frau im Staatsdienst zu sein.

Auf einmal hörte ich eine Fahrradglocke hinter mir und fuhr zusammen. „So regt euch doch wieder ab, Madame“, hörte ich eine Stimme erst hinter, dann neben mir. „Vielleicht habe ich ja eine Lösung für Euer Malheur.“

Ich fühlte mich ertappt. Erschrocken blickte ich den Mann an, der mich während dieser Worte eingeholt hatte. Einen großen, sonnengebräunten, verschmitzt lächelnden Mann in Trikot und Fahrradhose auf einem mittelschwer bepackten chromblitzenden Sportrad.

„Keine Panik, alles unter Kontrolle“, zerstreute er meine erste Befürchtung, während er abstieg. „Ich werde Euer Rad reparieren. Ihr werdet Euch über eure wiedergewonnene Beweglichkeit freuen und mich anlächeln. Und nichts von dem Wenigen, was mich noch glücklicher machen könnte als Euer Lächeln, werde ich je von Euch fordern.“

Bei den letzten Worten wirkten die Pupillen seiner dunklen Augen etwas größer, und in sein Lächeln mischte sich Bewunderung. Mit seinen wenigen wohlüberlegten Worten hatte er mich nicht nur davon überzeugt, dass ich bei ihm in Sicherheit war. Sein Kompliment war nicht das erste, was ich gehört hatte, aber eingebettet in seine Versicherung lauterer Absichten hatte es auf eine etwas altmodische Art richtig Klasse. Ich fragte mich, wie lange er wohl gebraucht hatte, um sich diese Worte zurecht zu legen.

„Meine derben Flüche in den Ohren eines so poesiebegabten jungen Mannes – das muss ja schrecklich für Euch gewesen sein. Und das schon eine ganze Weile, nicht wahr?“, drehte ich den Spieß um.


„Je vous enprie, manchmal fluche ich doch auch. Ich hatte Gefallen an Euch gefunden, nicht an eurem Zorn. Ihr seht so bezaubernd aus, ich hätte vor Bewunderung erstmal nichts sagen können. Pascal Pionnat, zu Euren Diensten.“

Sein Name kam mir irgendwie bekannt vor. Wie dem auch sei, ich war beeindruckt. Mir gefiel, wie er mir mit seinem Charme meine Verlegenheit nahm.

„Denise Colvin, sehr erfreut. Und wenn es euch gelänge, diesen … Drahtesel wieder flottzumachen, dann wärt ihr wahrlich der … Meister aller Drahteseltreiber!“, erwiderte ich etwas unbeholfen.

(Anmerkung des Autors: Diese Geschichte spielt in einem Land, in dem die Menschen sich ihrzen, solange sie sich nicht besser kennen. Klingt irgendwie altmodisch, aber ich habe vorgezogen, diese Art der Anrede auch so zu übersetzen.)

„Nun übertreibt mal nicht. Lasst mich mal sehen. Ah, nicht weiter schlimm. Ist ein Klacks, das haben wir gleich.“

Gesagt, seiner Werkzeugtasche Gerät und Lappen entnommen, mein Fahrrad mit kräftigen Händen auf Sattel und Lenker gestellt, triumphierend lächelnd eben dies Werkzeug eingesetzt, um die losen Enden der Fahrradkette wieder zu verbinden, das Fahrrad wieder herumgedreht und mir in die Hand gedrückt. (Für Freunde eines kürzeren, schnörkelloseren Schreibstils: Gesagt, getan.).


„...Einen Moment noch, ja, ich bin gleich soweit. Et Voilŕ.“


„Danke vielmals. Das nenne ich ja mal Glück im Unglück“, strahlte ich ihn an. Den leichten Ölfilm auf seinen schlanken geschickten Fingern wischte er provisorisch an den Lappen ab.


„Die Kette an Eurem Fahrrad ist einfach nur alt. Sie könnte jederzeit wieder reißen. Erlaubt mir, Euch zu begleiten“, schlug er fürsorglich vor.


„Es Euch erlauben? Ich bitte euch darum. Wer weiß, was an dieser Rostmöhre noch alles reißt oder bricht – und mit welchen Zauberwerkzeugen Ihr ...“, rief ich aus, um den Rest des Satzes zu verschlucken, leicht zu erröten und mich dezent zu räuspern, denn dieser klang eindeutig zweideutiger, als ich beabsichtigte. „...für meine Beweglichkeit sorgt.“


„Sollte Eurem Fahrrad noch einfallen, irgendetwas an sich reißen oder brechen zu lassen, bin ich gerne bereit, seine Bestrafung persönlich in die Hand zu nehmen.“ Diese Drohung schien mein Drahtesel ernst zu nehmen. Auf den nächsten Kilometern gab es keine neuen Defekte zu beklagen.

„Sagt mal – arbeitet ihr beruflich mit Fahrrädern?“

Tat er. Als Fahrradmechaniker hatte er sogar schon für Tour-de-France-Favoriten gearbeitet. Vor ein paar Stunden hatte er gerade eine mehrtägige Tour über das Pfingstwochenende begonnen. Übernachten würde er bei anderen Mitgliedern seines Fahrradclubs. Allzu viel hatte er sich für heute nicht mehr vorgenommen, und sein Weg führte durch die Stadt, in der ich wohnte und arbeitete.

Es war fast Mittag. Der Tag schien halten zu wollen, was er versprochen hatte. Als wir die Stadt erreicht hatten, war es schon sehr warm, fast ein wenig drückend. Das Bewältigen der Steigungen war anstrengend gewesen, und eine Spur Fahrradkettenöl befand sich immer noch auf Pascals Fingern. Da ich fand, dass Pascal zumindest etwas mehr verdient hatte als mein Lächeln, lud ich ihn auf eine kleine erfrischende Rast in dem Freibad ein, das auf unserem Weg lag. Dort Badesachen zu leihen wäre kein Problem gewesen, aber wir hatten beide vorsorglich welche mit eingesteckt. Ein kühles Bad an diesem warmen Frühsommertag konnte ebenso wenig schaden wie ein Eis oder ein Kaffee im Anschluss, und so nahm Pascal die Einladung gerne an.

Wir zogen uns um und duschten. Dann drehten wir einige Runden im großen Becken, was zum Glück nicht allzu überfüllt war. Duschten erneut und legten uns eine Weile ins Gras. Wie gut er aussah mit seiner markanten Nase, seinen vollen Lippen, seinen dunklen Augen und seinen dunklen langen lockigen Haaren - ein richtiger Naturbursche. Muskulös, aber offenbar keiner von denen, die es für nötig hielten, ihre Muskeln zu definieren. Definitiv nicht.

Ich hatte nicht vor, unser Sonnenbad zeitlich allzu lange auszudehnen. Mehr aus Neugier denn aus Vorsorge bat ich ihn, mich einzucremen. Wie würden sich diese großen Hände auf meinem Rücken anfühlen?

Sie fühlten sich gut an. Sagte ich gut? Untertreibung eines soeben begonnenen Pfingstwochenendes, das noch sehr schön zu werden versprach. Das Ergebnis war nicht nur hinsichtlich der ökonomischen Verteilung meiner Sonnencreme zufriedenstellend. Seine Handflächen, Fingerkuppen und Handballen waren immer genau da, wo sie hingehörten, mit genau dem Druck, der am angenehmsten war, und sie verirrten sich nicht ein einziges Mal zu Stellen, die ich selber noch bequem mit eigenen Händen hätte erreichen können. Er hätte ruhig fordernder werden können – er wurde es nicht. Ging während der knappen Viertelstunde, in der ich mich aalte, zum Sprungbecken, in dessen Nähe wir lagen, um einige mutige Kopfsprünge auch von höheren Türmen zu wagen.

Abschließend duschten wir und kleideten uns um. Vor dem Freibad lud ich ihn zu einem Eis in einem netten Straßencafé nur wenige hundert Meter weiter in unsere Richtung an. Ein leider nur sehr kurzer Weg, dann noch ein Eis oder Kaffee zusammen. Und eine süße, leicht quälende Ungewissheit, was dann kommen würde.

Erste Wolken zogen auf. Wir plauderten über alles mögliche. Als wir auf meinen Beruf zu sprechen kamen, sagte ich, dass ich Beamte wäre. Ausführlicher wurde ich nicht, da die meisten Menschen nun mal beruflich eher ungern mit mir zu tun haben würden. Ich überlegte weiterhin, woher ich seinen Namen schon kannte. Und ich kannte ihn. Woher kannte ich ihn nur. Verdammt, ich kannte ihn. Aber woher?!

Es wurde etwas windig. Ich spielte mit dem Gedanken, diesem tapferen Pedalritter Unterschlupf zu gewähren, falls sich diese ersten Anzeichen eines aufkommenden Gewitters verdichten würden. In meinem Hinterkopf hatte ich Stellen im Sinn, an denen ich diesen Schutz vor Nässe vernachlässigen würde, allerdings nicht, um ihm oder mir dadurch Unannehmlichkeiten zu bereiten.

Dumm nur, dass dieser Mann, dessen Fürsorge und Schutz ich so gerne auf meine Art erwidert hätte, auch meinen Namen kannte. Und dass es ihm zuerst einfiel, in welchem Zusammenhang...

„Sagt mal – seid Ihr nicht ...? Ja, jetzt weiß ich wieder! Die Unterschrift unter dem Schrieb letzte Woche war doch die Eure?!“


Erst vorgestern hatte ich ihm die Anklageschrift zustellen lassen – wegen unerlaubtem Drogenbesitz. Ein paar läppische Gramm Marihuana – und mein spießiger Vorgesetzter bestand auf strenger Strafverfolgung. Ich hatte das Zeug selber schon einige Male probiert – allerdings immer nur in geringer Dosierung in Keksen. Meiner Ansicht nach war der Besitz weit weniger verwerflich als das In-Umlauf-Bringen von Falschgeld und die Wirkung weit weniger gefährlich selbst als der von Wein. Meine Unterschrift unter einem so bösen Brief, den er gestern oder vielleicht erst heute erhalten haben musste. Merde, merde, merde! (Zu deutsch: Scheiße, Scheiße, Scheiße!) Auch wenn ich nichts dafür konnte, ich fühlte mich, wie eine Staatsanwältin sich einem Deliquenten gegenüber nie fühlen sollte (eher umgekehrt!): schuldig. Lief wieder rötlich an und schluckte.

„Wolltet Ihr mich aushorchen?“ fuhr er fort. „Eure Einladung muss ich nun doch ausschlagen. Wir sehen uns schon noch früh genug wieder – leider.“ änderte er sein Vorhaben für die nächste halbe Stunde so abrupt, dass es mir fast physisch weh tat. Um sich auf das zu schwingen, was in diesem Moment am sportlichsten an ihm war: sein Sportrad.

Ich war sauer! Schrieb ich gerade „sauer“? Diesmal war ich richtig stinkwütend, um es noch stark untertrieben auszudrücken! Und jetzt war es sein Velo, dem ich – wenn auch ungerechterweise – Risse und Brüche an den wichtigsten Stellen wünschte,damit sich ganze Ozeane, zu Wolken verdampft, unter Donnern und Blitzen in Hagelschauern über seinem paranoiden Kifferschädel ergießen konnten!

Mein tapferes Fahrrad! Wenn ich auf den letzten Metern zu meiner Wohnung nicht einen Teil meiner Wut durch kraftvolles Treten in die Pedalen hätte abreagieren können – nie wäre meine Ähnlichkeit mit einer Frau im Staatsdienst geringer gewesen!

Zu Hause angekommen,schaltete ich einen Gang zurück. Meine Fantasien waren unrealistisch gewesen, ein Gewitter noch nicht ausgebrochen, und das tadellos gewartete Rad meines zuletzt so abweisenden Begleiters höchstwahrscheinlich immer noch heil und ganz. Und wenn nicht – er würde sich schon zu helfen wissen. Wenn ich ihn vor der Verhandlung noch wiedersehen wollte, würde ich zu anderen Mitteln greifen müssen – vielleicht zu … .

Nein, das kam überhaupt nicht in Frage. Zu Rechtsmitteln? Rechtsbeugung, Amtsanmaßung wäre das gewesen. Ich konnte schon wieder etwas klarer denken, aber wie ich auch überlegte, ich kam auf keine andere Lösung. Und wie ich ihn vor der Verhandlung noch einmal wiedersehen wollte, wenn auch nur, um ihm gehörig die Meinung zu sagen!

Ich griff zum Hörer und wählte die Nummer der Polizeidienststelle. Zum Glück hob Pierre ab, ein guter Bekannter von mir. Wir waren sogar in der gleichen Dorfschulklasse gewesen. Ich gab ihm die Beschreibung meiner Pfingstausflugsbekanntschaft mit der Bitte, ihn unverzüglich festnehmen zu lassen und mir gleich nach der Festnahme Bescheid zu geben.

„Was hat er denn getan?“ fragte Pierre zurück. „Er hat … er ist ...“ Ich biss mir auf die Lippen. Ich würde es bereuen, wenn bei Pascal weiteres belastendes Material gefunden würde. Mein Zorn war schon etwas verraucht, und ich wollte ihm nichts antun, was er mir nie verzeihen würde. “Es ist etwas persönliches, Pierre. Ich weiß, dass das … nicht legitim ist. Aber ich fühle mich so hilflos. Bitte, tu es. Und ich möchte, dass seine Privats

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Kommentare


Crazy Diamond
(AutorIn)
dabei seit: Dez '10
Kommentare: 53
Crazy Diamond
schrieb am 26.08.2011:
»"Übersetzt" Wurde nur die Anrede. Die Geschichte ist von mir.«

tralalo
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 96
schrieb am 02.01.2011:
»Gefällt mir sehr gut. Die Erläuterung des Ihrzens hätte ich an den Anfang gestellt, solche Unterbrechungen stören immer, aber alles andere war sehr schön.«

Kormoran
dabei seit: Nov '00
Kommentare: 59
schrieb am 03.01.2011:
»Schöne Geschichte, nur ein klein wenig zu geschwollener Schreibstil. Trotzdem gut.«

Xaver10
dabei seit: Mär '03
Kommentare: 541
schrieb am 03.01.2011:
»Gut geschriebene Geschichte«

Freshgirl_18
dabei seit: Dez '02
Kommentare: 144
schrieb am 07.01.2011:
»Den Anfang fand ich spitze, auch die Sprache des charmanten Pascals, allerdings stört mich dieses Bewährungs-Auflagen-Gefasel zum Schluss... wirkt auf mich sehr unerotisch..«

Chevalier
dabei seit: Mär '01
Kommentare: 24
Laurent Chevalier
schrieb am 13.01.2011:
»Erst dachte ich, das ist aber übertrieben, dann fand ich es witzig. Chapeau.«

cobschwab
dabei seit: Jul '03
Kommentare: 33
schrieb am 15.01.2011:
»Klasse«

helios53
dabei seit: Aug '11
Kommentare: 404
Helios53
schrieb am 24.08.2011:
»Schon ein wenig an den Haaren herbeigezogene Wendungen, aber eine interessante, gewöhnungsbedürftige Stilvariante.

Da es sich offenbar um eine Übersetzung ("...ch habe vorgezogen, diese Art der Anrede auch so zu übersetzen.") aus dem Französischen bzw. Provencalischen handelt: Wer ist denn der ursprüngliche Autor?«



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