Die Zeit anhalten können
von Jason King
Die Zeit anhalten. Nur für eine Tag! Das war schon mein Kindheitstraum.
Alles würde stillstehen. Alle Menschen würden in der Stellung verharren, in der sie sich gerade befinden. Das müsste zu komisch aussehen. Auch alle Autos, Bahnen und Schiffe würden still stehen. Würden dann die Flugzeuge vom Himmel fallen?
Durch offene Türen könnte man gehen. In ein Kaufhaus. Sich mal so richtig in Ruhe einkleiden. Ein bisschen Geld aus einer offenen Kasse nehmen.
Oh Mann, das wäre es!
Eher durch Zufall fand ich beim surfen im Internet einen schrägen Typen in den USA, der behauptete durch einen Hackangriff beim Pentagon auf einen Code gestoßen zu sein, mit dem man die Zeit tatsächlich anhalten könnte.
Das Pentagon. Eigentlich war es klar, dass hier alle Fäden zusammen liefen. Das man sich hier auch damit beschäftigte, die Zeit anzuhalten. Um unbemerkt an die Ölreserven des Iraks oder an die Pläne zur Urananreicherung des Iran zu kommen.
10.000,00 $ wollte Bill G. überwiesen haben und er würde mir alle Codewörter nennen.
Nächte lang konnte ich nicht schlafen, tagsüber konnte ich mich kaum noch konzentrieren. Ich! Die Zeit anhalten. Wahnsinn! Von Tag zu Tag ergriff mich dieser Gedanke auf das Neue. Die Bewegungslosigkeit, der Menschheit ausnutzen. Die Wehrlosigkeit.
Ja, so könnte ich mit allen Menschen machen, was ich wollte. Ohne angerempelt zu werden durch die Stadt streifen. Den Frauen unbemerkt in den Ausschnitt oder unter den Rock gucken. Meinem Chef mal so richtig in den Arsch treten.
Das Geld war schnell überwiesen. Aber dann passierte tagelang nichts. Verdammt! War ich einem Scharlatan zum Opfer gefallen?
Längst hatte ich die Hoffnung aufgegeben. Vier Wochen später erhielt ich vormittags einen Brief aus den USA. Drei Seiten Anleitung. In Englisch.
Ohne groß nachzudenken saß ich am Rechner und tippte mich wie ein Wahnsinniger durch die Webseiten. Unzählige male mal kamen Warnungen und Fehlermeldungen, doch ich probierte es immer und immer wieder.
no amazed persons:
ich gab meinen Namen ein
und als Gag: Claudia Schiffer
Timestop: ... 24 Stunden wollte ich eingeben, doch als ich die Zwei schon eingeben hatte, blieb der Rechner stehen...
Auf einmal war es totenstill. Der Straßenlärm war verstummt. Das Gezwitscher meiner gefiederten Freunde ebenfalls. Gespenstige Ruhe. Ich erstarrte vor Schreck. Hatte ich den Ablauf aktiviert? Ich hatte den Befehl doch gar nicht bestätigt.
Ich wollte raus in den Garten, doch die Haustür blieb verschlossen. So eine Panne!
Das war ja völlig unüberlegt. Nicht ließ sich bewegen. Zum Glück war ein Fenster offen. Mit einem wahren Panthersprung, lautlos und geschmeidig gelang ich ins Freie.
Schon ein Blick über den Gartenzaun ließ mein Herz höher schlagen.
Frau Nachbarin lag regungslos auf dem Liegestuhl und blickte Gedankenversunken in ihr Buch. Jetzt könnte ich sie endlich mal küssen, ohne dafür eine schallende Backpfeife zu erhalten. Und ohne, dass mich ihr Schäferhund ankläfft. Denn auch der lag lang ausgestreckt und regungslos auf der Wiese und träumte von einem Knochen.
Das war ja irre und unglaublich zu gleich! Das funktionierte also tatsächlich. Das Pentagon konnte die Zeit anhalten. Wer weiß, wie oft das in der Vergangenheit schon passiert war.
Vor allem, wenn man im Büro saß, auf den Feierabend wartete und die Zeit überhaupt nicht vergehen wollte...
Nun wurde mir einiges klar.
Wieder ärgerte ich mich, dass ich diesen Timestop zu hastig und unüberlegt eingegeben hatte.
Was fing ich nun in den 24 Stunden an. Oder hatte ich gar nur 2 Stunden Zeit?
Ziellos schlenderte ich Richtung City. Zu Fuß. Denn nicht fuhr mehr. Die Busse standen an den Kreuzungen, auch am Bahnhof bewegte sich nichts. Überall standen und saßen erstarrte Männer, Frauen und Kinder. Zu lustig einige ihrer Posen.
Was wünschte ich mir denn am meisten? Was ließ sich in dieser Zeit anfangen? Es hämmerte in meinem Kopf.
Doch dann fiel es mir ein. Welche Leidenschaft trieb mich immer wieder ins Internet? Klar!
Jetzt konnte ich mein Kopfkino endlich ausleben. Konnte das in die Tat umsetzen, was man in den einschlägigen Foren immer wieder las.
Eine Frau fesseln. Und sogar eine Frau meiner Wahl. Wie Schaufensterpuppen standen sie in den Shops, saßen in den Straßencafes oder in ihren Autos. Zum Anfassen nah. Endlich konnte ich sie ungestört betrachten. Und bewundern zum Teil.
Im Baumarkt griff ich mir ein paar Baumwollseile und ging nun hastig auf die Suche nach einem geeigneten Opfer für meine Fesselspiele. Denn sollte der Timestop nach 2 Stunden schon beendet sein, war nicht mehr viel Zeit.
Und ich wollte es ja genießen...
Die Auswahl, welche Frau mein Opfer sein sollte, fiel mir schwer, sehr schwer. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden.
Die eine sah zwar sehr hübsch aus, hatte aber Jeans an. Eine andere hatte zwar ein hübsches Sommerkleid an, aber ... na ja.
Und die Damen am Rand der Kurfürstenstraße kamen auch nicht unbedingt in die engere Auswahl. Obwohl. Einen prüfenden Blick konnte man ja man mal wagen.
Hmm... Nicht mal sie hatten Strümpfe mit Strapsen an. Das gab es wohl nur noch im Film. Ach, wie sehr hing ich doch noch an den Sechziger Jahren. Wie schön musste es diesbezüglich damals gewesen sein...
Ob man sich mit den Codewörtern vom Pentagon auch in die Vergangenheit beamen konnte? Das ging doch bestimmt auch. Ich beschloss also, diesbezüglich noch einmal mit Bill G. aus den USA Kontakt aufzunehmen. Vielleicht war das nicht ganz so teuer.
Zu sehr zermarterte ich mir den Kopf mit wenn und aber und könnte und damals. Ich musste nun irgendwann handeln.
Am Eingang zum U- Bahnhof das gewohnte Bild. Hier saßen wie immer die Herren, die es nicht geschafft hatten. Mit der Bierpulle in der Hand schauten sie gelangweilt in den Tag.
An einem Lotteriestand nahm ich mir die Schachtel mit den Losen und setze mich auf eine Parkbank. Hastig riss ich die Ränder ab. Immer zwei Lose auf einmal.
Niete. Niete.
Niete. Niete.
Niete. Niete.
Ach kieck mal an. Was für ein Beschiss!
Niete. Freilos.
Na endlich! Aber das hatte ich ja schon.
Nachdem ich den Kasten durch hatte, hatte ich doch tatsächlich 6 Freilose und insgesamt 15 € Gewinn. Der Platz um die Bank deutet aber daraufhin, dass es weit mehr als 100 Lose gewesen sein mussten.
Ich schlenderte weiter durch diese stille Welt. Diese Ruhe. Das hatte die Gedächtniskirche noch nicht erlebt. Das Szenario war unheimlich und faszinierend zu gleich.
Inzwischen war ich in unserer Uni. Ging durch Türen, durch die ich noch nie vorher gegangen war.
Im Referat Mathematik machte ich halt. Die Tür zu einem der vielen Hörsäle stand offen. Neugierig betrat ich die dort tagende Vorlesung.
Am Rednerpult stand eine attraktive Dame in Business Outfit und zeigte eine Powerpoint- Präsentation. Sie hatte ihre Haare streng nach hinten gekämmt, trug eine schlaue Brille, ein graues Kostüm mit kurzem engen Rock, zart schimmernde Strumpfhosen und schwarze hochhackige Pumps.
Ansonsten waren nur Männer im Hörsaal. Wie mussten die gucken, wenn die Zeit wieder weiter lief und ihre Referentin gefesselt vor ihnen auf dem Tisch lag? Hämisch grinste ich in mich hinein. Schadenfreude mischte sich mit Neugier und Erregung. Noch ein wenig unsicher schritt ich auf die Dame zu und musterte sie von allen Seiten. Starr, aber bestimmend hing ihr Blick in der Runde. Die Hände hatte sie wie zufällig hinter dem Rücken verschränkt.
Das lud ja förmlich zum fesseln ein. Symbolisierte das Weibchen des Menschen eigentlich so ihre Bereitschaft, von ihrem Partner gefesselt zu werden?
Mit einigem Kraftaufwand brachte ich die Dame vorsichtig in die Waagerechte. Steif und regungslos ließ sie sich auf den Tisch legen und verharrte dort weiter in ihrer stolzen Pose. Nun musste ich aber feststellen, dass man ihre Gelenke überhaupt nicht bewegen konnte. Nur auf den Bauch rollen konnte ich sie. Das Grinsen verging mir.
So ein Mist aber auch! Waren alle Menschen wirklich nur wie Schaufensterpuppen?
Neugierig wollte ich einem anderen Anwesenden die Hand heben. Kein Erfolg!
Was nun? Eine starre Frau wollte ich nun doch nicht fesseln. Zum ersten Mal merkte ich, dass es doch gar nicht so unglaublich erstrebenswert war, die Zeit anzuhalten.
Ziellos ging ich durch das tote Gebäude. Auch hier, wo sonst die Studenten pausenlos für ausreichend Dezibel sorgten, herrschte eine himmlische Ruhe.
An der Informationstafel mit den Klausurterminen kam mir dann der Gedankenblitz. Die Prüfungsfragen! Die mussten doch hier jetzt aufzutreiben sein.
Damit wäre ich ja der absolute King! Denn mit den Klausurfragen ließe sich so einiges erpressen. Ich wusste zum Beispiel, wie scharf Sonja und Sandra auf die Fragen waren. Beide waren bestimmt bereit, dafür auch mal ihre Hüllen fallen zu lassen. Oder auch mehr...
Schon stolperte ich durch das Zimmer des Referatsleiters und stöberte in den Schränken.
Klausuren 2000... Klausuren 2003... Klausuren 2004... da!
Klausuren 2006! Ich hatte sie! Eine Gänsehaut überzog meinen Körper.
Auf einmal waren mir Raum und Zeit völlig egal. Mit diesen Fragen in der Hand stand ich endlich im Mittelpunkt meiner Kommilitoninnen.
Und konnte mir vielleicht was wünschen.
Geld?
Nein! Kein Geld...
***
Das Klappern von Absätzen und das Klingeln an der Haustür rissen mich aus meinen Gedanken. War ich etwa am PC eingenickt?
Die Uhr zeigte Punkt 16.00 Uhr!
Das konnten nur Sandra, Sonja und Jörn sein. Wir hatten eine Lerngruppe gebildet und wollten uns auf die nächsten Prüfungen vorbereiten.
Noch ein wenig verstört öffnete ich dir Haustür. Sandra und Sonja strahlten mich an.
“Das sind wir! Jörn kann heute leider nicht. Muss wohl Rasen mähen“ plapperte Sandra auf mich ein, während sich beide an mir vorbei in den Flur schoben.
“Soso. Jörn kann heute nicht. Das tut mir aber leid“ log ich in den Raum und musterte meine beiden Gäste.
Erst jetzt fiel mir auf, wie adrett sich die beiden Mädels gekleidet hatten. Beide hatten ein schwarzes Top an und trugen keinen BH darunter. Beide trugen einen kurzen Jeansrock und ihre durchaus ansehnlichen Beine endeten in schwarzen hochhackigen Sandaletten. Sonja hatte dazu sogar eine hauchdünne schimmernde Strumpfhose an.
Warum zogen sich beide so provozierend an? Der Anblick allein ließ meinen Puls schon ansteigen. Und das wussten sie anscheinend. Ich dachte ja
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