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Kommentare: 24 | Lesungen: 5269 | Bewertung: 8.56 | Kategorie: Sex Stories | veröffentlicht: 06.03.2009

DreamZone - Eine erotische Odyssee

von

„Jetzt mach endlich den Scheiß leiser!“


„Was?“


„Die Musik ist schon wieder so laut, man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr.“


„Entschuldigung.“


„Nix Entschuldigung! Das ist wirklich unglaublich! Ich habe dich schon zweimal gebeten, den Lärm leiser zu machen, da kann ja kein Mensch arbeiten!“


„Jetzt sei doch nicht so spießig.“


„Ha-ha-ha! Bin gespannt, ob Papa das heute Abend ebenso sieht.“


„Ist ja gut! Komm mal wieder runter …!“

Anstelle einer Antwort knallt sie die Zimmertüre zu, dass fast die Glasscheibe herausspringt. „Mein Gott! 14-jährige Töchter können ganz schön nerven.“ Kopfschüttelnd erhebe ich mich von der Wohnzimmercouch, mach den CD-Player aus und lass das Radio laufen. So eine Spaßbremse! Schmollend setze ich mich wieder aufs Sofa und sehe mir auf eBay weiterhin Schuhe an, die ich mir nie kaufen werde. Das Handy piepst. Eine SMS meiner Schwester: Ruf mich mal an!!!

„Hi, was gibt’s?“


„Was ist los? Ich habe schon zigmal durchgeklingelt.“


„Ähh, habe nichts gehört, die Musik war so laut …“


„Ach so … ja … was ich fragen wollt … hat das mit dem Termin geklappt?“


„Termin?“


„Mensch Anja! Du machst mich fertig. Wovon haben wir die letzten beiden Tagen geredet?“


„Ach so, DreamZone … ja … nachher halb fünf.“


„Schon?“


„Jemand hat abgesagt.“


„Ach so … wunderte mich gerade. Und … bist aufgeregt?“


„Hm … geht so, ich bin gar nicht in der Stimmung …“


„Jetzt komm, verdirb mir nicht den Spaß. Da schenke ich dir einen total scharfen Trip und du freust dich nicht einmal.“


„Sorry Claudia. Ich freu mich schon, aber ich bin noch etwas geschlaucht vom Büro.“


„Dann mach dir ein paar geile Gedanken, Anja. Dieses neue Programm ist schärfer als die Realität. Und denk dran, du musst mir unbedingt morgen davon erzählen.“


„Meinst du, ich kann mich noch an alles erinnern?“


„Absolut! Und das Beste – es ist jedes Mal anders. Ach noch was, hast du deinen Laptop grad in der Nähe?“


„Ja!“


„Geh mal auf die DreamZone Site, die haben was Neues …“


Ich öffne ein neues Fenster. „Habe ich … und jetzt?“


„Siehst du das UFO, das durch die Seite fliegt?“


„Klar.“


„Klick mal drauf.“

Eine grüne Schrift zieht über einen schwarzen Hintergrund:

Das Internet – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2009.


Dies sind die Abenteuer des (T)Raumschiffs »DreamZone«, das mit seiner 200 Mann starken Crew zehn Jahre lang unterwegs war, um neue Welten zu erforschen, neue Kicks zu erleben und neue Herausforderungen zu meistern.


Virtuelle Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt »DreamZone« in Illusionen vor, die nie ein Mensch zuvor erlebt hat …

„Und …?“, fragt meine Schwester. „Lustig, gell?“


„Originell. Hakt aber noch ein bisschen.“


„Das ist doch aus diesen »Star Wars«-Filmen, stimmt’s?“


„Star Trek.“


„Meine ich doch. Du, ich muss Schluss machen. Bis morgen.“


„Ciao Claudia.“

Ich federe von meiner Couch hoch, streck mich erst mal richtig aus und mache mich auf den Weg ins Badezimmer - das Radio plätschert im Hintergrund. Gerade im Begriff, mir die Zahnbürste in den Mund zu schieben, schnappe ich einen Gesprächsfetzen auf …

„Hallo bei Radio Schwabenland. Ich bin Gerry Gadgeteer und am Telefon habe ich den DreamZone-Erfinder – Dr. Justus Häberle. Einen wunderschönen Nachmittag, Herr Dr. Häberle. Schön, dass Sie etwas Zeit erübrigen können.“


„Zeit ist das, was man an der Uhr abliest. Schießen Sie los, mein Junge.“


„Sind Sie mit dem Start Ihres neuen Produkts »Dreamer« zufrieden?“


„Sehr zufrieden! Wieso? Wirke ich besorgt?“


„Die aktuellen Umfragen bei Radio Schwabenland ergaben, dass über 90 Prozent unserer Hörer weiterhin die Ausflüge in die Vergangenheit favorisieren.“


„Aber das ist doch wunderbar, mein Junge. Deswegen bieten wir mittlerweile über 500 ausgesuchte Szenarien des Mittelalters, der Antike und des Wilden Westens an. Dazu unsere individuell zusammenstellbaren Erlebnisreisen. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, eine Autorengemeinschaft namens »S-Team«, hat den von mir autorisierten Roman »DreamZone« geschrieben. Veröffentlicht im Internet bei »Sevac«.

„Die Story kenne ich doch. Könnte es aber trotzdem wieder mal lesen“, erkläre ich meinem Spiegelbild, gurgel kurz und spucke das Wasser ins Waschbecken.


So, jetzt aber los. Noch kurz Sarah Bescheid geben. Ich gehe zu ihrem Zimmer, klopfe und betrete den Raum.


„Warum klopfst du eigentlich, wenn du dann sowieso gleich reinkommst?“, fragt meine Tochter und schaut hinter einem Berg von Büchern hervor.


„Erstens stimmt das gar nicht und zweitens … na und!“


„Mama! Du machst mich heute echt fertig! Wenn das einer mitbekommt, der fragt sich, wer von uns beiden 14 und wer 34 ist.“


Ich gehe zum Schreibtisch und küsse sie auf die Wange. „Ich bin in zwei Stunden wieder da.“


„Lass dir Zeit. Vielleicht kann ich dann in Ruhe meine Hausaufgaben machen.“


„Okay. Zeigst du sie mir nachher?“


„Wenn du wieder normal bist, gern.“


„Ciao Schatz.“

Ich schließe ihre Tür, nehme meinen Schlüsselbund vom Haken, will gerade die Haustür öffnen, als ich eine bitterböse Idee habe. Schnell schleiche ich zum CD-Player, lege eine der silbernen Scheiben ein, drehe voll auf und hau ab. Black Sabbaths ‚Paranoid’ dröhnt aus den Boxen.

Ich eile die Treppe herunter, springe ins Auto, schalte das Radio ein und düse los.


„Hallo bei Radio Schwabenland. Das Motto des Nachmittags ist die virtuelle Zeitreise. Ich bin Gerry Gadgeteer und das ist Supertramp mit ihrem Megahit Dreamer …“

»Dreamer, you know you are a dreamer. Well can you put your hands in your head, oh no! …«

„Es ist zehn Minuten nach vier und mir liegen keine Staumeldungen vor. Filmfans wissen spätestens seit Schwarzeneggers »Total Recall«, was virtuelle Zeitreisen sind, und seit ich »Matrix« gesehen habe … wer weiß – sitzen wir vielleicht jetzt alle in einem Reagenzglas? Ich bin Gerry Gadgeteer und weiter geht’s im Interview. Herr Dr. Häberle, Sie sprachen auf der ersten Pressekonferenz von einem – ich zitiere: Zufallsprodukt.“


„Ja, richtig. Immer, wenn unsere Berechnungen versagen, nennen wir es Zufall. Jeder Erfinder braucht zudem ein Quantum Glück. Schauen Sie sich nur mal Thomas Edison an. Genialität besteht zu einem Prozent aus Inspiration und zu 99 Prozent aus Transpiration, sagte er. Wir arbeiteten daran, dass unsere Kunden sich länger und intensiver an ihre virtuellen Abenteuer erinnern können, und fanden – die Nadel im Heuhaufen.“


„Das Glück des Tüchtigen. Neu ist auch, dass das Szenario vorgegeben ist und in der heutigen Zeit spielt.“


„Richtig! »Dreamer« funktioniert auf einer anderen Basis. Wir brauchen keine kostenintensiven Programmierungen und keine Kosten für Recherchen. Jede Reise beginnt nach dem gleichen Muster – nämlich im Tempel, wie wir den Ort getauft haben. Von dort leitet Sie ein imaginärer Helfer genau an das Ziel Ihrer Wünsche oder Begierden – jeder kann sich damit identifizieren, oder im positiven Sinne – infizieren.“

„Pass doch auf, du Eumel!“ Gleichzeitig bremsend, hupend und schimpfend rege ich mich über den Audi-Fahrer auf, der, ohne zu blinken, einfach vor meiner Nase die Spur wechselt. Als er entschuldigend die Hand hebt, ist meine Wut auch schon wieder verraucht.

„Eine letzte Frage noch, Dr. Häberle. Sie sprachen bei »Dreamer« von einer revolutionären, bahnbrechenden Methode. Wie funktioniert dieses System?“


„Danke! Bestens!“


„Es gibt so viel Theorien und Vermutungen darüber, wollen Sie nicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen, Herr Doktor?“


„Nein! Aber ich gebe Ihnen ein Zitat mit auf den Weg: Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.“


„Vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview. Das komplette Interview können Sie auf unserer Internetseite nachlesen. Wenn Sie Fragen oder auch lustige Erlebnisse rund um die Welt der virtuellen Zeitreisen haben, rufen Sie uns kostenlos an. Ich bin Gerry Gadgeteer und das ist ein Klassiker von Helloween …“

»… Come and take a trip with me … to Future World. And if you're running through your life. And you don't know what the sense is. Come and look how it could be, in Future World.«


Ich dreh den Regler des Radios voll auf, ordne mich in die Rechtsabbiegespur ein und stehe vor einer roten Ampel.


„Cause we all live in Future World. A world that's full of love. Our future life will be glorious. Come with me – Future World”, singe ich den Text lauthals mit.


Dann erschrecke ich fast zu Tode, als der junge Mann in seiner grünen Lederkluft und dem weißen Helm direkt vor meiner Motorhaube steht. Kopfschüttelnd kommt er an die Fahrerseite. Ich kurble die Scheibe herunter und fummle am Radio herum.


„Die Musik ist so laut, man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr!“


„Entschuldigung.“


„Sie wissen schon, dass es verboten und auch sehr leichtsinnig ist!“


„Äh … ja …! Kommt nicht mehr vor.“


„Na immerhin!“, sagt er und lächelt. „Schönen Tag noch.“


„Gleichfalls“, sage ich und beobachte, wie der Polizist wieder zu seinem geparkten Motorrad geht, um den fließenden Verkehr zu kontrollieren.

»DreamZone« befindet sich am Friedrich-Schiller-Platz in der Innenstadt. Ich düse ins nächstgelegene Parkhaus und bin Minuten später an meinem Ziel.


Helle moderne Geschäftsräume, die einem Sonnenstudio ähneln. Dann stehe ich neben zwei Palmen und allerlei Grünzeug vor einer modernen Chrom-Glas-Theke und bin so aufgeregt, wie ein Teenager beim ersten Date.

„Hallo. Sie haben einen Termin?“


„Ja, klar!“, sage ich lächelnd. „Anja Müller. Ich bin sozusagen die Lückenbüßerin.“


„Ah ja, Sie haben heute Mittag angerufen. Sind Sie zum ersten Mal hier?“


„Ja, mein erstes Mal“, zwinkere ich ihr zu.


Die Mitarbeiterin geht an ihren Computer, tippt etwas ein und nickt.


„Müller … Dreamer!“


„Genau!“


„Sie haben sich bestimmt schon auf unserer Website informiert, aber wenn Sie noch Fragen haben …?“


„Eigentlich Hunderte, aber ich denke, ich spring einfach ins kalte Wasser. Nur eins vielleicht. Wie verhindere ich, dass etwas geschieht, das ich nicht will?“


„Einfach durch Ihre Gedanken. Unsere Programme sind darauf ausgerichtet, nichts zuzulassen, das der Kunde nicht will.“


„Aber es ist doch Frauentaktik, sich erst einmal zu zieren, um es dem Mann nicht zu einfach zu machen.“


„Darin liegt der Reiz. Dreamer ist genau dafür ausgelegt. Ich weiß, es ist schwer vorstellbar, aber ich garantiere Ihnen, es funktioniert.“


„Na gut! Ich bin schon sehr gespannt.“


Sie lächelt und zusammen schlendern wir zu einer der Kabinen.


„Was muss ich sonst noch beachten?“, frage ich.


„Sie waren schon in einem Solarium?“


„Ja, sicher.“


„In der DreamZone läuft das ähnlich ab. Legen Sie sich auf die Liege, wie Sie es vom Sonnenbaden her kennen. Drücken sie den grünen Knopf und schließen Sie einfach die Augen. Die Sensoren in der Haube registrieren alles automatisch und die Reise beginnt.“


„Muss ich an etwas Bestimmtes denken oder …?“


„Überhaupt nicht. Freuen Sie sich einfach auf Ihr Abenteuer. Seien Sie einfach locker und neugierig.“


„Jetzt bin ich wirklich gespannt!“


„Erzählen Sie es mir nachher bei einer Tasse Kaffee“, blinzelt die Angestellte mir zu und verlässt die Kabine. Ich ziehe mich aus, lege mich nackt auf die bequeme Liege und tippe auf den Startknopf. „Wird bestimmt nix …!“, sind meine letzten Gedanken während sich der Deckel, wie bei einer konventionellen Sonnenbank, langsam senkt …

*** *** ***

Ich fühle angenehme Wärme und einen Zustand tiefster Geborgenheit. Das Dunkle um mich herum wird heller und ich liege nackt in einem runden Bett. Dunkelrote Samtbettwäsche, leise Musik und der Duft meines Lieblingsparfüms. Ich fühle mich ausgezeichnet und sehe etwas, das mich an Tausendundeine Nacht erinnert.


„Wer bist du denn?“, frage ich die spindeldürre, orientalisch gekleidete Person, die mir in einen flauschigen Bademantel hilft. Er erinnert mich an einen Dschinn, es fehlt eigentlich nur noch die Flasche.


„Phantasus. Willkommen im Tempel. Ich sorge für Eure Bedürfnisse. Er schnippt mit dem Finger und um uns herum erscheinen Regale mit Kleidern. Wie in einem überdimensionalen Kleiderschrank laufe ich umher und bekomme den Mund nicht mehr zu.


„Schließt die Augen, Euer Wille wird Euch leiten.“

„Ja klar. Ich bin im Bekleidungs-Märchenland und mach die Augen zu.“


„Wie bitte?“


„Nichts!“


Der Typ hat keine Ahnung von Frauen. Aber eine seltsame innere Macht lässt mich irrational handeln. Als ich meine Augen dann doch schließe, verspüre ich einen Luftzug und es kommt mir vor, als ob sich die Regale um mich herumdrehen.


Mit verschränkten Händen und einem teilnahmslosen Gesichtsausdruck steht Phantasus in einer Ecke eines riesigen Ankleidezimmers. Wie aus dem Nichts erscheinen zwei Frauen. Der Bademantel verschwindet und ich sitze nackt auf einem bequemen Stuhl. Ich sehe mich in einem riesigen Kristallspiegel. Ein glänzender Ölfilm bedeckt meinen Körper. Erschrocken frage ich mein Spiegelbild, auf was ich mich da wohl eingelassen habe?

Das vegetative Nervensystem erzeugt kleine Erhebungen auf meinem haarlosen Körper – Gänsehaut; wie der Volksmund sagt. Da ich weder vor Kälte zittere, noch gar Angst habe, bleibt nur eine Möglichkeit dafür offen. Steuern kann ich den Reflex nicht, aber ich kann dieses Gefühl genießen. Und genau das werde ich auch tun.

Das Ankleidezimmer ist größer als manche Wohnung und die Deckenhöhe lässt ohne Probleme ein Basketballspiel zu. Es ist wohl am ehesten mit einem Zimmer eines alten Barockschlosses vergleichbar. Sündhaft teure Lampenschirme brechen das Licht und funkeln in allen Farben. Die zur Auswahl stehenden Kleider kosten mehr als eine Eigentumswohnung in der Innenstadt. Aber sie sind auch wunderschön.

Die etwa 50-jährige Frau mit dem Dutt und dem Doppelkinn verzieht nicht einen Gesichtsmuskel. Was wohl auch in Anbetracht der dicken Make-up-Schichten nicht gerade empfehlenswert gewesen wäre. Aus dem Augenwinkel beobachte ich die Assistentin, für die ich wohl ein Routinefall bin. Indirekt ist sie auch der Auslöser für meine Gänsehaut. Als sie meine Brust und die Pobacken berührt, stehe ich stocksteif vor dem Spiegel. Ich wage kaum zu atmen. Madame zieht zufrieden die Einweghandschuhe aus und verschließt sorgfältig das unscheinbare Elixier mit der angenehm duftenden Flüssigkeit. Ich atme den lieblichen Duft von Rosen ein.

Sehr distanziert, aber durchaus höflich, geht sie mit mir peu ŕ peu die einzelnen Kleidungsstücke durch – in der Reihenfolge, wie sie anzuziehen sind. Nicht alles was sie favorisiert, entspricht meiner Vorstellung. Selbstbewusst wähle ich aus und Frau Dutt akzeptiert jede meiner Entscheidungen kommentarlos.

Ein schwarzer Body hat es mir angetan, und nachdem ich das erste Mal Latex auf dem Körper spüre, erledigen sich meine Vorurteile. Ich fühle mich irgendwie sexy und betrachte mich zufrieden im Spiegel. Der Body liegt hauteng auf meinem Körper, umschließt ihn gleich einer sanften Umarmung. Das immerwährende Gefühl „berührt“ zu werden, angezogen zu sein und sich doch nackt zu fühlen …

Die halterlosen Strümpfe, ebenfalls in Schwarz, vermitteln ein angenehmes Gefühl auf der Haut. Mit halb geöffnetem Mund sehe ich der Assistentin dabei zu, wie sie mir die Nylons geschickt überstreift und von der Fessel bis zur Mitte meiner Oberschenkel glatt zieht. Ich betrachte mich skeptisch im Spiegel. Meine Beine wirken noch eine Spur schlanker und ellenlang.

Zum ersten Mal sehe ich die Assistentin lächeln, und als sie mir mit den High Heels vor der Nase herumfuchtelt, muss auch ich grinsen. Ein wirklich atemberaubendes Design – sexy und absolut provokant. Stiletto-Plateau-Sandaletten in schwarzer Lackoptik, durchsichtiger Plateau-Sohle und Absätzen, die mir ein wenig Angst machen. Trotz deren Höhe von zwölf Zentimetern bieten die feinen Leder-Riemchen einen sicheren Halt. Vorausgesetzt, man ist schwindelfrei. Während ich die ersten Gehversuche vor dem Spiegel mache, bereitet Madam den nächsten Schritt vor.

Das pinkfarbene Kleid würde einer Prinzessin stehen, und da ich heute eine sein will … Es ist wunderschön, elegant und würde den Rahmen meiner Kreditkarte sprengen. Ohne Hilfe ist es praktisch nicht anzuziehen. Die geschickten Hände und die Erfahrung der beiden Frauen machen das Ankleiden allerdings zu einem Vergnügen. Das Oberteil des Kleides hat am Rücken einige Ösen und kann wie ein Korsett geschnürt werden. Als die Assistentin es zubindet, fühle ich mich nicht unangenehm eingeengt. Im Gegenteil – ich finde mein Dekolleté atemberaubend.

Wieder betrachte ich mich im Spiegel. Cinderella lässt grüßen. Wie im Märchen, in das ich einzutauchen gedenke, fühle ich mich auch. Der Oberkörper ist in den engen, aber dennoch bequemen Stoff gehüllt. Puffärmel lockern die Optik auf und der elastische Abschluss der Ärmel liegt direkt über meinen Ellenbogen. Der Hals, Nacken und ein tiefer Rückenausschnitt zeigen viel nackte Haut.

Die sechs übereinander fallenden Volanteinsätze enden knapp über dem Boden. Sie sehen aus wie unten angenähte Röcke, jeder etwas breiter werdend und zusätzliche senkrechte Falten werfend. Das Kleid ähnelt einem Festkleid aus vergangenen Epochen. Wie ein kegelförmiges Reifkleid – nur eben ohne Reif.

Das Aroma der Rosen dominiert noch meinen Geruchssinn, aber auch der Latex hat einen Eigenduft. Nicht wie Kondome, bei denen das Gleitmittel für den Geruch verantwortlich ist, nicht wie neue Luftballons aus der Tüte für einen Kindergeburtstag. Überhaupt ist dieses hochwertige Material schwer zu beschreiben. Es duftet süßlich, aber genau wie bei Parfüm nimmt man es nach ein paar Minuten kaum noch wahr.

Zu guter Letzt noch pinkfarbene Handschuhe. Sie bedecken meinen Handrücken, lassen aber die Finger frei. Mein Outfit ist fertig.


Die Assistentin nickt zufrieden, zupft hier und da noch ein wenig nach und läutet mit einer Glocke. Sofort erscheint ein junger Mann, dessen Gang und Styling nur einen Schluss zulässt.


„Hallo. Ich bin Emmett“, sagt der Visagist und sieht mich an. „Hach, Schätzchen, das ist der Wahnsinn! Ich würde so manchen Körperteil hergeben, um Eure Taille zu bekommen. Na ja, vielleicht klappt es ja im nächsten Leben. Aber jetzt werden wir erst mal aus Eurem niedlichen Gesicht eine wunderschöne Königin der Nacht zaubern.“

Er drückt mich sanft auf den Stuhl, sieht mich einen Moment mit gefalteten Händen vor dem Mund an und breitet den Inhalt seines Schminkkoffers in Windeseile auf einem in der Nähe stehenden Tisch aus.


„Schließt die Augen Prinzessin und lasst den lieben Emmett ein Kunstwerk vollenden.“


Jeden Versuch ein Auge zu öffnen, unterbindet er mit einem hellen, leicht kreischendem Murren: „Wenn ich fertig bin, Schätzchen! Wenn ich fertig bin!“


Nach einer gefühlten Ewigkeit darf ich endlich die Augen wieder öffnen und sehe im Spiegel das Gesicht einer anderen Frau. Meine dunkelblonden Haare sind zu einer Mähne auffrisiert. Haarfestiger und Volumenspray leisteten unter den Händen des erfahrenen Profis ganze Arbeit. Ich erschrecke, öffne erstaunt den Mund und bekomme ihn nicht mehr zu.


„Weniger ist mehr gilt hier nicht, Schätzchen! Auffallen ist das Motto, und das werdet Ihr.“


Gerade in Versuchung, ihn wenigstens für ein dezentes Make-up zu gewinnen, habe ich aber auch schon den Pinsel im Gesicht, und ähnlich einem durchgeknallten van Gogh, mischt er seine Farben auf der Palette. Mein sonnengebräuntes Gesicht erübrigt eine Grundierung und meine Wangen und Augenpartien sind mit verschiedenen Schattierungen von Pink bis Lila überzogen.

Trotz der intensiven Farben wirkt es nirgends dick aufgetragen. Als er die falschen Wimpern anbringen will, wehre ich mich verbissen. Letztendlich gibt Emmett murrend nach und begnügt sich damit, diese Partie mit konventionellen Mitteln hervorzuheben. Der Lipgloss verleiht mir einen optischen Schmollmund und in derselben Farbe lackiert er mir anschließend noch die Fingernägel.


„Die sind hübsch, Prinzessin! Eine gute Maniküre habt Ihr an der Hand!“


Über sein kleines Wortspielchen schmunzelnd, trägt Emmett sorgfältig die Farbe auf. Zufrieden betrachtet er eine Viertelstunde später sein Kunstwerk. „Ihr seid atemberaubend schön, Prinzessin. Euer Begleiter wird sicherlich dahinschmelzen.“


„Mein Begleiter?“

*** *** ***

Von einem Begleiter weiß ich nichts. Ich betrachte mich noch mal im Spiegel und weiß noch nicht, ob ich mir gefalle. Im Hintergrund öffnet der Visagist die hohe Flügeltür und ich höre seine piepsige Stimme. „Ach du meine Güte. Das ist aber jetzt ein schnuckeliges Outfit. Chic! Wirklich ganz bezaubernd.“


Der Mann im schwarzen Anzug macht fast einen Ausfallschritt und sieht ihn nur verwundert an.


„Ach du Gütige. Wieso müssen alle Schnuckelchen Heteros sein?“, schmollt Emmett seufzend und schließt die Tür.

„Ich bin Jack. Deine Begleitung. Ich werde dich in deine kühnsten Träume begleiten“, versichert mir ein Mann mit kräftiger Stimme. Sein schwarzer Smoking passt wie angegossen.


Ich lache kurz. „Ich weiß ja selbst nicht mal, was ich will.“


„Natürlich weißt du das. Du bist doch schon mitten in deinem Traum.“


Ich schaue ihn fragend an. Er antwortet nicht, aber ich fühle seine Gedanken. Er fasst mir an die Schulter, dreht mich ein wenig, sodass ich wieder in den Spiegel sehen kann.


„Es ist kein Zufall, dass du dieses Outfit gewählt hast. Das Kleid einer kleinen Prinzessin.“


„Es ist seltsam, aber von all den Kleidern, musste es dieses sein.“


„Alles hier ist seltsam, irrrational und dennoch irgendwie real.“


„Ich versteh kein Wort!“


„Wehre dich nicht. Lass dich einfach fallen und vertraue mir!“


Er legt sein Kinn sanft auf meine Schulter und blickt nun ebenfalls in den Spiegel. „Du siehst unglaublich gut aus."


„Vielen Dank. Ich fühle mich auch – irgendwie unglaublich. Wie in einem Märchen."


Seine Hand gleitet von meiner Taille über den Rücken, streichelt an der Wirbelsäule entlang. Ich spüre die Berührungen ungewohnt intensiv. Er lächelt verschlagen: „Nur dass dieses Märchen nicht jugendfrei enden wird."



Ich zucke etwas zusammen und drehe mich zu ihm um. „Noch weiß ich nicht einmal, wie dieses Märchen beginnt!" Ich öffne leicht die Lippen und sehe ihn mit laszivem Augenaufschlag an. Jack nimmt meine Hand, streichelt über die dünne Seide, die meinen Handrücken umschließt, und küsst sie. „Heute steigt ein Ball im großen Saal, gewähre mir die Gunst und begleite mich an meiner Seite."


„Nun denn, mein Prinz. Lasset uns zu Werke schreiten."

Mit einer Portion Vorfreude hake ich mich bei ihm ein und stolpere fast bei den ersten Gehversuchen mit den hohen Schuhen. Ich muss schmunzeln, als er blitzschnell reagiert, um mich auffangen zu wollen.


„Ist so ähnlich, wie mit Stelzen“, scherzte Jack. „Aber keine Sorge, das klappt schon. Ich warte auf der anderen Seite.“

Mit einem Schlag ist Jack verschwunden und mit ihm das ganze Zimmer. Ich bin in einem weiß gekachelten, sterilen Raum und Phantasus steht neben mir.


„Hier beginnt Eure Reise. Meine Aufgabe ist erledigt und ich wünsche Euch viel Spaß.“


„Wie geht es weiter? Wo ist Jack hin? Was erwartet mich auf der anderen Seite? Was ist die – andere Seite?“


„Geht einfach los. Schließt Eure Augen. Vertraut Eurer inneren Stimme.“


„Aber – wo ist hier eine Tür?“, frage ich und kann nirgendwo auch nur den Ansatz eines Durchgangs erkennen.


„Geht hindurch!“, sagt Phantasus, und löst sich in grün schimmerndem Rauch auf. Ich bin eine Weile irritiert. Vorsichtig gehe ich zu einer der vier Wände und fasse an die Fliesen. Sobald ich sie berühre, werden sie transparent. Je näher ich mit meinem Körper an die Wand komme, desto heller werden sie. Als ich mich völlig gegen die Fliesen lehne, vibrieren und zischen sie. Ich atme tief durch und lasse mich in die Wand fallen.

Ich bin mir sicher, dass die Mauer nur dünn ist, dass ich Sekunden später auf der anderen Seite sein werde. Aber ich befinde mich in einer neuen Dimension. Schwerfällig setze ich einen Fuß vor den anderen. Es geht nur zentimeterweise vorwärts – als würden meine Füße von irgendetwas festgehalten. Um mich herum eine transparente Masse. Wie farblose Gelatine, mit der Konsistenz von Wackelpudding. Aufsteigende Luftblasen zerplatzen und geben dabei betörende Laute von sich. Es zischt, brodelt und lässt mich geradezu schwerelos schweben. Die Konsistenz ändert sich und wird flüssig. Ein wunderschönes Gefühl. Als ob ich unter der Dusche stehen würde, aber ohne nass zu werden. Gleichzeitig erfasst mich ein gigantischer Föhn, wirbelt mich um meine eigene Achse. Ich reiße die Arme nach oben und greife ins – Nichts …

Leicht benommen atme ich durch und kneife meine Augen zusammen. Ich habe wieder festen Boden unter den Füßen. Die Geräuschkulisse hat sich verändert. Musik dringt an mein Ohr und ich sehe einen langen, weiß getünchten Gang. Ich rieche das Aftershave und spüre seinen Atem in meinem Nacken.


„Hallo Jack.“

*** *** ***

Mit stolz geschwellter Brust führt er mich den schier endlos langen Gang entlang zu den Fahrstühlen. Die Kabinen sind aus Glas und gleiten im Innenhof an dem riesigen Gebäude auf und ab. Zu zweit stehen wir auf der transparenten Plattform und gleiten langsam in die Tiefe. Die Lobby ist voller Menschen, die wie emsige Ameisen herumlaufen, aber langsam näher kommen – größer werden. Mir fällt auf, dass Jack mich immer wieder kurz ansieht.

Meine anfängliche Unsicherheit schwindet– ein Gefühl aus Neugier und seltsamen Verlangen nimmt ihren Platz ein. Ich lege meine Hand auf seine Handfläche und beobachte gebannt die verschiedenen Leute. Alles hier hat Niveau und Klasse. Die Farben schwarz und rot dominieren das Gesamtbild, und außer mir sehe ich keine Frau in einem rosa Kleid. Ich verspüre Lust, mich an ihn zu drücken. Wieso nur? Fragend schaue ich in seine blauen Augen.

Seine Antwort fällt völlig unerwartet aus. Er legt den Kopf leicht zur Seite, zeigt auf den gläsernen Boden und flüstert: „Du weißt, dass dir jetzt alle unter den Rock schauen können, aber glaub mir, hier macht das keinem etwas aus."


Ich muss lachen und boxe ihm leicht auf den Arm. „Vielleicht macht es mir aber was aus?“


Langsam nähert er sich meinem Mund, fast so weit, dass mich seine Lippen berühren: „Macht es dir etwas aus?"

Ich bin durch seine Offenheit irritiert. „Sollte es mir was ausmachen?"


„Ja, es soll dir etwas ausmachen, wenn zahllose Augenpaare zwischen deine Beine schauen“, hauchte Jack mir ins Ohr. „Fühlst du ihre Blicke auf deinem Schritt?"


Ich antworte nicht und schaue verlegen zur Seite. Mit der Fingerkuppe fährt Jack spielerisch über meinen Rücken, seine Stimme wird fester. „Spürst du die Blicke auf deinem Körper? Fühlst du das Verlangen, das du damit auslöst?"


Ich zucke zusammen. Es ist ein seltsames Gefühl, das ich empfinde. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Aber ich spüre, dass mein Begleiter eine Antwort erwartet. Er sieht mich fragend an. Fast schon fordernd. Ich schließe kurz die Augen. Bilder rasen durch meinen Sinn. Lassen mich aus Gedanken Worte formen.


„Es macht mich an. Ich spüre, wie die Blicke unter mein Kleid wandern, wie sich die Leute meinen Körper vorstellen. Wie sie mich anfassen wollen ... es macht mir Angst - und es macht mir Freude ..."


Verlegen öffne ich wieder die Augen. Jack lächelt, so, als ob er genau das hören wollte. Sein Arm schließt sich fest um meine Hüfte.


„Schade, dass wir schon unten sind."

Er bietet mir seinen Arm an, in den ich mich einhänge und wir schlendern gemütlich durch den glamourösen Ballsaal.


„Ich würde jetzt gern was trinken, Jack!“


Wir steuern eine der zahlreichen Theken an und Jack nickt dem Barkeeper zu:


„Ein Cosmopolitan für Anja und für mich bitte einen Kirschsaft."


„Woher kennst du meinen Namen?“


„Ich weiß mehr über dich, als du selbst, Prinzessin.“

Er schaut mich langsam und intensiv an, sein Blick wird nachdenklich.


„Bist du dir deiner Reize eigentlich bewusst? Ist dir klar, dass du bei fast allen hier die höchsten und zugleich niedersten Instinkte weckst?"


Ich stelle mein Glas auf der Theke ab und sehe ihn an. „Ich weiß, wie ich aussehe. Aber was denkst eigentlich du über mich?"


Wieder lässt er sich für die Antwort einen Moment Zeit, um dann mit süffisantem Unterton zu sagen: „Ich denke, dass ich heute mit dem schillerndsten Edelstein in dieser Schatzkiste zusammen sein kann. Ein Edelstein, der hell und klar im Licht erstrahlt, aber auch dunkle Facetten enthält – verborgene Seiten, die ich ebenfalls kennenlernen will."


Ich lächle. „Du machst mich verlegen, Jack. So gut sehe ich auch nicht aus. Aber ich finde dich echt süß."


„Ich weiß, Anja! Schließlich ist es kein Zufall, dass ich so aussehe!“


„Was soll das bedeuten?“


„Nichts! Es ist dein Abenteuer, deine Fantasie - und ich begleite dich dabei!“


„Wann fängt es denn an?“


Jack lachte; „Wir sind mittendrin, Anja! Schließe die Augen und sage mir, wo du mich fühlen willst“


„Dich fühlen?“, frage ich erstaunt und nippe an meinem Glas.


„Ja! Wo willst du meine Hände spüren? Auf deinen Brüsten? Am Po? An deiner Pussy? Soll ich dich zwischen den Beinen massieren? Dein Wunsch ist mir Befehl."


Verlegen schaue ich auf den Boden. Ein gut gebauter Kellner, in schwarzen Hosen, mit nacktem Oberkörper und einer gebundenen Fliege um den Hals geht vorbei. Ich sehe ihm nach.


„Soll ich ihn herrufen? Ist es das, was du willst?“


„Nein, ich weiß nicht, was ich will. Ich habe keine Ahnung!“


Sag mir, was dir jetzt gerade durch den Kopf geht. Welcher Gedanke lässt dich nicht mehr los?“


„Ich weiß nicht!“


„Doch – du weißt es!“


„Nein!“


„Oh, Anja, du bist eine hübsche und selbstbewusste Frau. Sag’s mir! Antworte mir mit nur einem Wort!“


„Hände.“


„Was sollen die Hände tun?“


„Ich will deine Hände an mir spüren."

Kaum ist es ausgesprochen durchflutet mich ein prickelndes Gefühl. Es ist mir peinlich und gleichzeitig auch wieder nicht. Mein soeben geäußerter Wunsch hallt in meinem Gedächtnis nach. Habe ich das tatsächlich gesagt? Jacks Fingerkuppen streichen über meinen Unterarm. Beherzt nehme ich seine Hand und führe sie an meine Taille.


„Ich will dich überall spüren! Nur nicht unbedingt direkt vor der Hotelbar."


„Nein, wir werden genau hier stehen bleiben und ein kleines Spiel spielen. Teile deine Fantasie mit mir, hier vor allen Leuten - und doch nur für uns."

Ich atme schwer aus. Greife nach meinem Cosmopolitan, leere das Glas und nicke dem Barkeeper zu. Jack übt eine fast schon magische Macht auf mich aus.


„Auf was lasse ich mich da nur ein?"


„Vielleicht auf eine deiner dunklen Facetten, mein kleiner … Edelstein?"


„Ich mag dunkle Farben.“


„Dann führe meine Hände in deiner Fantasie. Lass sie nicht länger warten, sie sehnen sich nach deinem heißen Körper."

Ich trinke ein Schluck des neuen Cosmopolitan und stelle das Glas zurück auf die edle Holzplatte der Bar. Sanft berühre ich Jacks Handrücken, streichle darüber und halte ihn fest.


„Ich will, dass du mir an der Taille entlang aufwärtsfährst. Ich möchte das Kribbeln spüren, ich will, dass deine Finger meinen Oberkörper ertasten."

Lässig an die Theke gelehnt, lauscht Jack meinen Worten, nippt an seinem Kirschsaft und lächelt. In der Tat verspüre ich eine sanfte Berührung an meiner Taille. Langsam streicht das Gefühl über meine Flanke, lässt meine Haut angenehm prickeln, verharrt und wartet.


„Erzähl weiter, Anja!“


„Das fühlt sich so schön an. Am liebsten würde ich jetzt deine Hände auf meinen Brüsten fühlen. Wie du sie sanft streichelst und mich dabei erregst."

Ich schließe die Augen und drücke mich fest an Jacks Körper. Von meinen Flanken steigt das Gefühl der Berührungen weiter hinauf zu meinen Brüsten, windet sich spiralförmig über die Wölbungen und trifft zielgenau auf meine empfindlichen Knospen, die sich nun erregt gegen den warmen Latexbody drücken. Wie das Prickeln einer nicht enden wollenden Gänsehaut sickern immer neue Gefühlsströme über meine Brüste. Jack sieht mir fasziniert ins Gesicht und fragt: „Erregt es dich so sehr?"


„Oh ja! Es ist herrlich. Wenn das lange Kleid nicht wäre, könntest du meine Beine streicheln, meine Innenschenkel berühren und dann langsam ..."

Gleich einem kühlen Luftzug gleiten streichelnde Empfindungen an meinen Beinen empor, verteilen sich auf der Innenseite meiner Oberschenkel in kreisende Bewegungen und nähern sich schließlich meinem Schoß. Ich atme schwer. Die Berührungen meiner Oberschenkel enden dort, wo die Strümpfe aufhören, und erscheinen wie aus dem Nichts wieder auf meinem Venushügel, der stramm von dem Latexbody umschlossen ist. Wie kleine Federstriche kreisen zärtliche Empfindungen an den Konturen meines Schambereichs entlang. Er stützt mich vorsichtshalber mit seinem Arm. Erregt kuschle ich mich an ihn, öffne die Augen und sehe ihn erwartungsvoll an. Er nippt an seinem Kirschsaft und hat die andere Hand lässig in der Hosentasche.


„Ich will, dass du weitermachst!", fordere ich.


„Besser nicht, Anja, sonst ist der Abend zu Ende, bevor er begonnen hat. Mit dieser Qual musst du noch einige Zeit zurechtkommen."

Er stellt sein leeres Glas ab. Verlangen und Lust leuchten in meinen Augen. Meine Lippen erwidern seinen sanften Kuss.


„Du solltest es nicht übertreiben, deine interaktive Kleidung hat keine Bremse, nur ein Gaspedal."


Ich sehe ihn aus einer Mischung von Unverständnis und Enttäuschung an.


„Kleidung? Interaktiv? Wie meinst du das?“


„Eigentlich nur der Body. Der Latex reagiert auf deine Erregung und reflektiert sie wieder, steigert sie dadurch sogar. Dein Körper reagiert darauf ebenfalls, deine Erregung steigt weiter. Ein Teufelskreis, der dich früher oder später in einen Orgasmus treibt. Lässt du dich jetzt einfach gehen, zappelst du in wenigen Minuten über den Fußboden der Bar – nicht gerade einer Prinzessin würdig, oder?"


Ich lächle wieder. „Ich kenne dieses Gefühl nicht, das Latex erzeugt. Aber ich denke, ich lerne es gerade kennen. Wieso erregt mich das so?"


„Nein, nein, normaler Latex vermag diese Gefühle nicht zu erzeugen. Du trägst da etwas ganz Besonderes auf deiner Haut. Tausende von winzigen Sensoren messen deine Erregung und geben sie in Form von Impulse an dich zurück. Ähnlich einer Lichtorgel, aber wesentlich effektiver. Du wirst noch erleben, was ich meine."


„Ein Zauberbody also?“


„Wenn du so willst.“

„Du weißt also, was ich will?“


„Ja!“


„Ja? Einfach ja? Ohne mich zu kennen, ohne auch nur das Geringste über mich zu wissen?“


„Ja! Soviel ich weiß, ist heute eine junge Frau zu DreamZone gegangen, um eine Welt zu erforschen, die sie noch nie zuvor gesehen hat.“


„So wie Captain James T. Kirk?”


Jack schmunzelte.


„Und wenn es mir nicht gefällt, was ich sehe?”, frage ich.


„Ich möchte dir ein paar Steine in den Weg legen, dich reizen, deine süßen Qualen mit wachem Geist beobachten, aber vor allem immer für dich da sein. Ganz egal was heute Abend passiert, ich bin bei dir und werde nicht zulassen, dass etwas geschieht, das du nicht genießt."


Ich sehe ihn an. Vertrauen ist die Basis. Und mein Bauchgefühl sagt ja.

*** *** ***

„Vertraue mir!“


Ich reiche Jack meine Hand, die er mit einer leichten Verbeugung entgegennimmt. Nun führt er mich durch den angrenzenden Bankettsaal. Erst jetzt werden mir die riesigen Dimensionen bewusst. Dutzende von Gängen führen vom Hauptweg ab und teilen sich wie ein Labyrinth weiter auf, bis sie im Nichts verschwinden.


„Jeder Mensch sucht etwas anderes, oder er will einfach etwas Neues ausprobieren.“


„Verstehe. Und wo gehen wir jetzt hin?“, frage ich und schaue mich neugierig um.


„Zu deinem Abenteuer.“

Wir durchqueren einen aus massivem Fels geschlagenen Rundbogen, dahinter wird es schlagartig dunkler. Ich warte einen Moment, bis sich meine Augen darauf eingestellt haben, und erkenne die Umrisse von weiteren Türen. Einige blitzen golden auf, in anderen spiegelt sich der Schein der Fackeln auf der silbermatten Oberfläche. Bronze, Kupfer, Eisen, Holz oder Stahl. Eine unglaubliche Vielfalt an Materialien, die nur noch von der unüberschaubaren Zahl der verschiedenen Türformen übertroffen wird. Überall sehe ich Menschen, die vor den Portalen warten oder noch unentschlossen umherlaufen.

Betrübt sehe ich zu meinem Begleiter. „Wie soll ich hier die richtige Tür finden?“


Jack greift in seine Hosentasche und holt einen massiven alten Schlüssel hervor. Er gibt ihn mir in die Hand, aber ich spüre kaum sein Gewicht. Er flimmert transparent und fühlt sich kalt an.


„Du wirst sie finden! Folge dem Schlüssel! Er wird dir die richtige Tür weisen!“

Ich verstehe nicht, laufe aber trotzdem langsam weiter. Es kommt mir vor, als ob der Schlüssel wirklich den Weg kennt. Aus den Augenwinkeln sehe ich neidische Blicke, Blicke die scheinbar nicht mir oder uns gelten, sondern dem Schlüssel. Instinktiv halte ich ihn fester und verberge ihn in einer Falte meines Rockes. Was ist los? Wieso löst er dieses Gefühl von Lust und Begierde, aber auch Neid und Missgunst aus. Sollte ich umkehren? Kann ich noch umkehren? Will ich überhaupt umkehren?

Wir erreichen eine Nische, in die nur noch wenig Licht fällt. Ein Pärchen nutzt die Dunkelheit für intime Berührungen. Sie bemerken uns nicht, als wir vor einer Tür aus kunstvoll geschmiedeten Gitterstäben stehen bleiben.


„Das ist ... unser Ziel?" Enttäuscht sehe ich meinen Begleiter an: „Ich hatte mir das jetzt irgendwie anders vorgestellt!"


Jack lacht mich herzlich an: „Nein, nein, es geht nicht um die Tür. Es geht um das, was dahinter ist – dafür brauchst du den Schlüssel."


Wohl, weil ich ihn verwundert ansehe, nimmt er mich herzlich in den Arm und drückt mich innig an sich.


„Lass dich überraschen. Schließ auf."

Ich zweifle einen Moment, doch die Neugier überwiegt wie so oft. Seltsamerweise genieße ich seine kurze Umarmung und zittere leicht, als ich den Schlüssel in den Zylinder stecke. Wider Erwarten dreht er sich fast von selbst und das kunstvoll geschmiedete Eisentor öffnet sich lautlos.

Ich erkenne in dem spärlichen Licht eine gewundene Treppe. Breit, aber steil führt sie in die Tiefe. Jack steht direkt hinter mir, legt seine Arme um mich und streichelt über meinen Bauch.


„Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt."


Ich atme tief durch. Die Ungewissheit macht mir Angst. Ich mag es nicht, die Kontrolle abzugeben, mich ins Unbekannte zu stürzen. Ich will immer die Fäden in der Hand haben – wenigstens im Hintergrund. Ich schaue Jack an. Ich vertraue ihm. Er versprach mir, dass nichts passiert, was ich unangenehm oder gar abstoßend finden würde. Was werde ich finden? Was suche ich? Welches ist das Ziel?

Doch plötzlich gefällt mir die Idee ... nein, mehr noch, es erregt mich, mit ihm zusammen ins Ungewisse zu wandeln. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen, gehe langsam die grob aus dem Fels geschlagenen Stufen hinunter, aber nicht, ohne dabei Jacks Hand festzuhalten. Geräusche, die ich nicht zuordnen kann und die wieder verschwinden. Schatten, oder auch nur Trugbilder huschen an mir vorbei. Mehrmals windet sich die Treppe um sich selbst, bis wir in einem dunklen Gang stehen. Hoch über uns sind Fackeln in Wandhalter gesteckt, die den Gang in ein flackerndes, warmes Licht tauchen. Die Luft ist heiß und feucht.

„Warst du hier schon einmal?", flüstere ich in sein Ohr. Neugierig sehe ich mich um. Die Felsen strahlen eine mystische Kälte aus, aber zugleich auch Wärme und Geborgenheit.


„Nein“, haucht er zurück und legt mir ein weiches Seidentuch um die Augen. Ehe ich reagieren kann, macht er eine kleine Schleife auf meinem Hinterkopf und ich sehe nichts mehr. Erst will ich empört aufschreien. Davon war nie und nimmer die Rede. Aber irgendwas hindert mich und ich lasse es zu.


„Wir sehen uns dann auf der anderen Seite", haucht Jack in mein Ohr.

Ich spüre einen kühlenden Luftzug auf meinem zitternden Hals, dann ist es still um mich herum. Das Knistern der Fackeln verstummt langsam zu gespenstischer Stille. Obwohl ich regungslos dastehe, spüre ich, wie mir der Schweiß ausbricht. Es ist warm, sehr warm, aber der Großteil der Hitze kommt aus meinem Körper.

Jetzt erst wird mir bewusst, dass ich nicht mehr Jacks Hand halte. Er ist noch hier, ich spüre ihn, aber es ist noch etwas anderes hier. Etwas das ich nicht kenne – noch nicht kenne. Der Latex beginnt wieder meinen Körper zu stimulieren. Oder stimuliert er nur meinen Geist? Ich atme schwer ...


Ein warmer Lufthauch weht mir entgegen. Das leise Heulen des Windes scheint wie tausend Stimmen zu mir zu sprechen. Ist das ein lustvolles Stöhnen, ein erregter Seufzer der Leidenschaft, oder sind es doch nur die schlichten Geräusche der bewegten Luft?

Die Stimmen kommen näher, erdrücken mich. Ein Gemurmel, Wortfetzen oder nur der Schall, der an den Felswänden gebrochen wird? Stöhnt der Wind? Oder ist es ein Echo? Ich öffne den Mund, sauge die feuchte Luft ein und die totale Dunkelheit vor meinen Augen schwindet. Bilder entstehen ... Schemenhaft rufen sie meinen Namen.

„Wir sehen uns dann auf der anderen Seite", kommt mir Jacks letzter Satz wieder in den Sinn. Langsam gehe ich in das Dunkle. Ich weiß, dass ich nur immer einen Fuß vor den anderen setzen muss, um genau in der Mitte des Gangs zu bleiben. Irgendeine höhere Macht scheint mich zu führen.

Gesichter erscheinen. Sie lächeln mich an, lachen und beginnen lustvoll zu stöhnen. Ungehemmt und ungeniert. Ein Mund umschließt ein steifes Glied. Eine Zunge umspielt eine Perle der Lust, eines hingebungsvollen weiblichen Unterleibs. Körper winden sich vor Gier. Das Glied wird zu einem überdimensionalen Phallus, dessen glänzende Eichel von wollüstigen Zungen berührt wird. Schamlippen öffnen sich und geben den Blick auf ihr Innerstes preis. Der signifikante Duft erregter Körper mischt sich mit einer aufkommenden frischen Brise. Geschieht es wirklich, oder sind es Halluzinationen?

Der Windhauch entfernt sich wieder von mir, die Stimmen werden leiser und die Bilder verschwimmen. Dunkelheit umgibt mich. Das Lodern der Fackeln ist gegenwärtig wie zuvor. Behutsam gehe ich weiter. Obwohl ich nichts höre, weiß ich doch, dass mich irgendetwas lockt. Jack? Oder ich mich selbst? Meine tiefsten Gedanken? Aber ist das überhaupt wichtig?

Aus dem Dunkel lösen sich Schatten, eine Nuance heller als der Hintergrund. Schemenhafte, gesichtslose Wesen huschen an mir vorbei. Sie umkreisen mich. Die Gesichter nehmen Formen an. Aus einem Gemisch aus kaltem Rauch und hitzigem Feuer löst sich ein Schatten und schwebt auf mich zu. Ich erkenne weibliche Formen. Aus dem Schattenbild wird eine attraktive Frau. Ein schwarzer hautenger Catsuit unterstreicht ihre atemberaubende Schönheit. Vor meinem Gesicht schwebt sie in der Luft. Ihr Atem betört mich. Ihre kirschroten Lippen berühren meine Wangen. Ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken entlang, bis hinunter in die Fußspitzen ist er zu spüren, um dann als warmer, immer heißer werdender Impuls direkt zurück in mein Lustzentrum zu fahren. Ich stöhne laut auf, greife nach ihren Händen und lege sie auf meine Brust.

Ein Schauer erregender Gefühle durchdringt mich. Zärtlich massiert sie meinen Busen. Stumm rufe ich nach meinen Zofen, um mich vom Kleid befreien zu lassen. Das rosa Kleid und die gleichfarbigen Handschuhe werden langsam heller, dann transparent und verschwinden schließlich wie durch Geisterhand. Ich presse mich an die betörende Unbekannte, um diesen wunderschönen Händen meine intimste Stelle anzubieten. Lächelnd nimmt sie das Geschenk an und begierige Fingerkuppen legen sich auf das hauchdünne Material des Bodys.

Andere Schatten kommen herbei geschwebt, begrüßen mich freundlich und nehmen ebenfalls die Gestalt wunderschöner Frauen an. Sie lächeln mich an, fordern mich auf, die anerzogene Zurückhaltung aufzugeben. Hände berühren mich und ich stöhne auf.

Angezogen und dennoch aus seltsame Art nackt, fühle ich mich sehr begehrenswert. Die halterlosen Strümpfe lassen meine Beine länger wirken und der hautenge Body zeichnet jede Kontur meines Körpers exakt ab. Unendlich zärtlich steht die geheimnisvolle Frau vor mir und streichelt mich an genau der richtigen Stelle zwischen meinen Beinen. Die anderen Frauen stöhnen und winden sich. Ihre nackten makellosen Körper erregen mich. Mein leises Keuchen wird von einem sinnlichen Stöhnen abgelöst. Ich presse ihr meinen Unterleib entgegen.

Die Leidenschaft mischt sich mit Gier, und in der Hitze lodernder Flammen vereinigen sich nackte, schwitzende Frauenkörper miteinander. Alles ist schemenhaft und verschwommen. Immer mehr Körper erscheinen aus dem Nichts und steigern das Szenarium zu einer Orgie. Nahe und dennoch unglaublich weit entfernt spüre ich die Lust, die immer mehr von mir Besitz ergreift.


Schreie aus Lust und Leidenschaft dringen an mein Ohr, um langsam wieder zu verstummen. Ich taumle unter der Berührung der schwarz gekleideten Fremden und jede ihrer Berührungen wird durch meinen Latexbody verstärkt. Es kribbelt überall, und als sie mir wieder direkt zwischen die Beine greift – schreie ich meine Lust hinaus …


Während ich noch nach Luft schnappe und sich mein Herzschlag nur langsam verringert, lächelt sie mich süffisant an. Ihr Gesicht verschwimmt – für einen Moment scheint es mir, als ob Jack mir zuzwinkert – dann löst sich ihr Körper in Rauch auf, der wie ein Tornado um mich herumwirbelt.

Schlagartig wird es dunkel. Ein Sturm aus verblasster Lustschreie umgibt mich. Wie auf einer Drehscheibe wirbelt mein Körper um seine eigene Achse. Schneller, immer schneller, bis er abrupt anhält und ich wie ein Pfeil von der gespannten Bogensehne abgeschossen werde. Ich fliege in ein Meer aus – Nichts!

***

Fackeln erhellen den Raum. Doch es sind keine Trugbilder mehr. Erst jetzt registriere ich, dass die Augenbinde verschwunden ist. War sie das vorhin schon? Ich weiß es nicht. Die schwarz gekleidete Frau erscheint in meinen Gedanken und die Erinnerung an ihre Berührungen … Ich stöhne auf. Ein Impuls stimuliert meine Klitoris und ich sinke auf die Knie. Der Body vergisst nichts.

Ich kauere noch auf dem Boden, als ich eine Bewegung registriere. Ich schaue genauer auf den felsigen Untergrund. Krabbelt da etwas? Ein Haarriss mutiert zu einem Spalt, wird länger, größer … und entfaltet sich zu einem kreisförmigen Loch. Ich springe auf, gehe rückwärts, bis ich an die Felswand stoße.

Aus dem Stein pressen sich Wassertropfen, die zu kleinen Rinnsalen anwachsen und sich schließlich wie Wasserfälle in die Tiefe stürzen. Ich gerate in Panik, fühle Angst und höre ein Fauchen, das mich verschlingen will. Alles ist nass, nur um mich herum entsteht so etwas wie ein Vakuum, das mich stützt. Das Wasser steigt rasant an und stürzt sich mit lautem Grollen in das Loch im Boden. Aufkommende Gischt nimmt mir die Sicht. Eine unsichtbare Hand berührt meine Schulter. Streichelt über meine Wirbelsäule und der Latex verstärkt das Gefühl. Sofort kribbelt es überall und ich stöhne leicht auf. Die Hand greift an meinen Po, drückt zu und klatscht mir auf die Backen.

Ich erschrecke und rutsche auf etwas Glitschigem aus. Ich schaue auf den Boden und erkenne Hunderte, Tausende von ameisengroßen, nackten Menschen, die überdimensional große Tuben ausdrücken. Ich rudere mit den Armen, verliere das Gleichgewicht und falle auf den Po. „Gleitmittel“ lese ich auf den Tuben, bevor mich das Wasser in das Loch spült. Es riecht nach Erdbeeren.

Ich schreie auf und werde den abschüssigen Gang hinuntergespült. Immer lauter schreiend schliddere ich – mich um meine Achse drehend – eine schier endlos lange Rutschbahn hinunter. Jeder Versuch mich irgendwo festzuhalten scheitert. Aber jedes Mal, wenn ich gegen den Fels zu prallen drohe, erscheint eine Hand und leitet mich sanft weiter.

Eine scharfe Kurve, ein Ruck – die Fliehkraft drückt mich gegen die Felswand. Ein dickes Polster, das ich als Mischung aus nach Erdbeere duftendem Gleitgel, Lust und Leidenschaft wahrnehme, dämpft den Aufprall. Ich wirbele herum und rutsche auf dem Bauch liegend weiter. Die Reibung an meinen Brüsten lässt mich aufstöhnen. Gleichzeitig schreie ich hysterisch auf, weil die Angst ins Ungewisse zu stürzen allgegenwärtig ist.



Der enge tunnelartige Gang lässt jedes Geräusch hundertfach widerhallen. Das Gleitgel beschleunigt meine „Reise“ und stimuliert gleichzeitig meinen Körper, der in einem Chaos aus Angst und Leidenschaft hin und her pendelt. Ich drehe mich wieder auf den Rücken, rutsche immer schneller und schneller. Das anfangs warme Wasser wird kälter und Nebelschwaden nehmen mir die letzte Sicht.


Plötzlich reißt der Kontakt ab, ich werde in die Luft katapultiert, fliege nach oben, bleibe in der Luft schweben, um Sekunden später in die Tiefe zu stürzen. Panik macht sich in mir breit und ich presse meine Füße aneinander in der Hoffnung, nicht auf den Felsboden zu krachen.

Ich lande in Watte. Millionen von blauen Wattebäuschen dämpfen den Fall. Sekunden später verwandeln sie sich in riesige Wassertropfen, die miteinander verschmelzen. Ich schreie, aber meine Atemluft sprudelt nur wirkungslos in die Höhe. Immer weiter zieht mich eine unsichtbare Kraft in die Tiefe und ich bekomme Todesangst zu ertrinken. Wild entschlossen rudere ich mit den Armen. Wehre mich mit aller Kraft und der Zug lässt nach. Ich schwebe im Wasser. Atme ganz ruhig ein, ohne Wasser zu schlucken oder Kiemen zu haben. Ich hebe meine Hände über den Kopf und schwimme nach oben. Ein letzter kräftiger Stoß und ich durchdringe die Wasseroberfläche.

Es ist stockdunkel und Stimmen lachen gehässig. Im gleichen Moment wird mir die Kälte bewusst. Eiskaltes Wasser lähmt meine Beine. Ich strample und zapple. Adrenalin heizt mich auf und warmes Blut rast durch meine Adern. Ich versuche mich zu orientieren, kann aber nichts erkennen. Ich bin gefangen wie in einer antiken Zisterne.


Der Adrenalinstoß wird schwächer und wieder ist die Kälte gegenwärtig. Meine Muskeln verkrampfen, ich tauche unter und schlucke etwas Wasser. Der Selbsterhaltungstrieb setzt neue Energien frei. Ich tauche wieder auf, schnappe nach Luft und schreie laut. Das Echo verstärkt meinen Ruf hundertfach. Ich zittere wie Espenlaub, meine Zähne klappern. Kräftesparend versuche ich, mich über Wasser zu halten.


„Halt … fest … du … nicht … lassen!", dröhnt eine vom Echo geleitete Stimme an mein Ohr. Ich schaue nach oben, schöpfe Hoffnung und versuche, den Ursprung der Stimme zu lokalisieren. Ein peitschenartiger Knall ertönt und ich ziehe instinktiv meinen Kopf ein.

„Halte dich gut fest – du darfst nicht loslassen!", höre ich nun ganz deutlich. Eine vertraute Stimme flüstert in mein Ohr. Inmitten tiefster Dunkelheit, die Zähne klappern, greife ich nach oben, fühle etwas Metallisches. Fest umklammere ich das rundliche Etwas und ein Seil zieht mich langsam nach oben … Meine Beine baumeln frei in der Luft und ich halte mich verkrampft fest. Das Wasser perlt ab und tropft nach unten. Ist es Einbildung, oder wird mir tatsächlich warm? Schweißtropfen bilden sich auf meiner Stirn und ich fühle Wärme, Hitze und ein seltsames Gefühl von Geborgenheit, aber auch Angst vor dem Unbekannten.

Völlig unerwartet spüre ich eine Berührung auf meiner Schulter. Eine Hand streicht die nassen Haare zärtlich aus meinem Gesicht. Warme Lippen küssen meinen Hals. Ich erkenne ein Aftershave. Es duftet super, aber es ist definitiv nicht das von Jack.


„Bist du das, Jack?", frage ich dennoch, obwohl ich die Antwort längst kenne.


„Ist es wichtig, wer ich bin?“, fragt mich eine angenehm klingende männliche Stimme. Ohne eine Antwort abzuwarten, umarmt er mich von hinten und massiert meine Brüste. Ich weiß nicht, ob meine Nippel wegen des kalten Wassers oder der neuen Erregung so hart abstehen. Als er sie leicht kneift, entfährt mir ein spitzer Schrei. Er haucht mir ins Ohr: „Schhh …, du bist sehr tapfer, aber vergiss nicht, dich festzuhalten, sonst fällst du sehr, sehr tief ..."


Seine Hände fahren zärtlich über die Arme, streichen einige Wassertropfen über meine nackten Achseln und gleiten an den Flanken bis zu meinem Becken. Die Berührungen bescheren mir eine Gänsehaut. Ich muss mich krampfhaft darauf konzentrieren nicht loszulassen.

Die Dunkelheit macht mich unsicher. Ich rieche das Aftershave und alle Geräusche lassen vermuten, dass ich in einem hallenartigen Raum bin. Angst, mich nicht länger festhalten zu können, löst langsam eine Panik in mir aus. Gierig fasst er mir plötzlich an den Po. In diesem Moment wird mir erst bewusst, dass ich mein rosarotes Kleid nicht mehr anhabe. Ich spüre nur noch den hautengen Body. Er zieht den Latex zwischen meinen Po und knetet die freigelegten Backen. Seine flache Hand klatscht fest auf meinen Hintern. Während das Echo mehrfach durch den großen dunklen Raum hallt, streichelt er den Schmerz mit kreisenden Bewegungen fort und flüstert:


„Stelle dich deiner Angst! Verspürst du Lust?"

Ein Schaudern durchfährt mich – obwohl ich ihm am liebsten die Augen auskratzen würde, kommen nun lustvolle Gedanken in meinen Sinn. Das Adrenalin jagt durch meinen Körper und unbewusst stöhne ich auf, als er erneut meinen Busen berührt. Daumen und Zeigefinger umfassen meinen aufgerichteten Nippel und rollen ihn mal fest, mal sanft. Gleichzeitig streicht er mit der anderen Hand zärtlich über meinen Hals. Seine Hand wandert langsam über meine Flanke zu meinem Bauch. Ich spüre die Streicheleinheiten und höre gleichzeitig das dezente Quietschen des Gummis. Kurz vor meiner Bikinizone stoppt die Hand:


„Wie lange hältst du das aus? Kannst du dich fallen lassen – ohne zu fallen?"



Irgendwas in mir sagt, dass mir nichts passieren wird. Es ist nur ein Gefühl, das aber immer stärker wird. Ich lächle und weiß nicht einmal, ob es jemand sehen kann ... Ein Klaps zwischen meine Beine lässt mich aufstöhnen. Der Schlag ist nicht fest und auch nicht schmerzhaft, aber völlig unerwartet. Der Latex verstärkt die Empfindung.

Schlagartig wird mir klar, dass ich ihm völlig hilflos ausgeliefert bin. Ein Schauder durchfährt mich und meine Hände rutschen langsam von dem Ring ab. Eine beunruhigende Stille erfasst mich und angestrengt versuche ich, in der Dunkelheit etwas zu erkennen.


„Belaste dich nicht mit Bildern. Konzentriere dich auf das Fühlen!"


Bevor ich meinen Unmut über die prekäre Situation äußern kann, spüre ich wieder seine Finger. Er kitzelt mich an der Leiste, genau da, wo der Latexbody endet. Die Gefühle werden von dem Material aufgenommen und branden gleich einer Welle durch meinen Körper. Ich winde mich unter dem Kribbeln und der Druckschmerz in meinen Händen wird immer größer. Erst als seine flache Hand über meinen Leib streichelt, sind die Empfindungen wieder erträglich.

„Wie geht es dir?", fragt er gespielt besorgt.


„Ich kann mich nicht länger festhalten, ich rutsche ab – ich habe Angst.", wimmere ich leise.


Wieder klatscht seine flache Hand auf meinen nackten Hintern. Er massiert meinen Po und quält wieder eine meiner harten Brustwarzen.


„Bitte … nicht …!“


Tränen fließen aus meinen Augen und ich rutsche vom Haltegriff ab. Nur noch die vorderen Fingerglieder klammern sich um das Metall.

Ich kann nicht mehr, der Schmerz wird zu groß. Wo ist Jack? Ich fühle ihn nicht mehr, spüre seine Anwesenheit nicht, ich rutsche weiter ab … ich verliere den Halt und stürze schreiend in die Tiefe. Der Gedanke, jede Sekunde in das eiskalte Wasser einzutauchen und letztendlich dort jämmerlich zu ertrinken, lähmt meinen Körper. Noch bevor ich die Schreckensvision zu Ende denken kann, fängt mich ein federweicher Ruck ab. Ich brauche einige Sekunden, um mich zu sammeln. Mir wird schlagartig bewusst, dass ich nur wenige Zentimeter gefallen bin und auf angenehm weichem, elastischem Boden stehe.

Schwebte ich die ganze Zeit nur knapp über festem Boden? Wo ist das Wasser abgeblieben? Was ist hier los …? Irritiert massiere ich meine Hände, aber es ist mehr ein Reflex. Ich verspüre keinerlei Druckschmerzen mehr. Das Dunkle macht mir wieder Angst, aber bevor das Gefühl übermächtig wird, flackern einige Fackeln um mich herum auf.

Aus dem Nichts ertönen Schritte und ein Mann steht vor mir. Ich erkenne das Rasierwasser. Es ist der dritte Duft, den ich wahrnehme, aber er ist mir am vertrautesten.


„Jürgen? Das kann nicht sein!“


„Und wieso nicht?“, fragt mich mein Mann, dessen schemenhafte Umrisse langsam Gestalt annehmen und den ich hier am allerwenigsten erwartet hätte.


„Weil … weil du gar nicht hier sein kannst!“


„Weil du es nicht willst? Oder weil es dir peinlich ist?“


Verschämt senke ich den Kopf, Tausende von Gedanken rasen durch meinen Sinn.


„Gefällt es dir, Anja?“


„Wenn ich ehrlich bin, … nicht besonders.“


Kaum habe ich es ausgesprochen, umfährt mich eine Brise, die heftig anschwillt und sich wie ein Kissen um mich legt. Über dem Raum schwebend sehe ich zu, wie mich Tausende von Fäden in den Kokon einer Spinne verwandeln. Es wird stockdunkel und ich rase mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit durch ein Raum-Zeit-Kontinuum.


Schlagartig wird es wieder ruhig. Ich bin verwirrt und orientierungslos. Langsam merke ich, dass ich unverändert am selben Platz stehe, nur meine Umgebung ist jetzt eine völlig andere.

Ein heller, angenehm klimatisierter Raum mit übermannshohen Fenstern. Sie gewähren einen Ausblick auf eine unwirkliche, zerklüftete Mondlandschaft. Weit unten in den Schluchten schimmert ein chromfarbener See aus flüssigem Metall. Trotz aller Widrigkeiten, die dieser extrem heiße Himmelskörper mit sich bringt, hat er einen Vorteil: Die fast hundertprozentige Stickstoffatmosphäre verhindert jede Form der Oxidation. Eine bizarre, und doch wunderschöne Landschaft.


„Ich hatte mir jetzt eigentlich was anderes vorgestellt, aber …“


Ich bin überrascht. Irgendetwas hat meine Äußerung mit der Umgebung assoziiert. Aber das war nicht richtig. Wieso in meinem Trip ausgerechnet mein Mann auftaucht …? Er wäre der Letzte, dem ich meine Fantasien offenbaren würde. Anderseits – er wäre der Einzige, mit dem ich es wirklich machen würde. Träume ich noch?

Plötzlich durchzuckt mich ein gewaltiger Impuls. Ich schleudere von einer Traumfrequenz in eine neue. In eine Parallelwelt. Irgendwas hat mir die Entscheidung wohl abgenommen und die Zweifel aus meinem Sinn verjagt.


Die Raumtemperatur sinkt deutlich ab und dennoch wird mir immer wärmer.


„Weil du erregt bist! Weil du endlich bereit bist, dich fallen zu lassen.“


„Jack?“


„Wer sonst? Ich werde dich jetzt von einem Höhepunkt zum nächsten jagen und du wirst mich anflehen, dass ich dir den Body abnehme und dich endlich erlöse!“


Seine Stimme klingt selbstbewusst und sein Blick verrät, dass er es ernst meint.


„Strecke deine Arme aus!“, befiehlt er mir.


„Wieso?“


„Weil ich dich fesseln werde. Ich will, dass du mir ausgeliefert bist, und du willst es auch! Es ist einer deiner Wünsche, lebe ihn aus. Genieße es – es ist dein Tag, Prinzessin.“

Ich nicke ihm zu und schließe meine Augen. Fast schon willenlos folge ich seiner Aufforderung. Alles in mir giert regelrecht danach, den augenblicklichen Zustand bis zur Ekstase auszuleben. Ich spüre breite, bequeme Ledermanschetten um meine Handgelenke. Ein metallenes Klicken erreicht mein Ohr. Ich sehe eine Kette, seltsamerweise in der gleichen Farbe wie der bizarre Mondsee. Metall klirrt und der Widerhall des Echos schwingt durch den Raum. Meine Arme werden leicht nach oben gezogen. Tief atme ich durch und lausche auf das nachhallende Echo.

In der Erwartung, dass Jack langsam und zärtlich vorgehen werde, erschrecke ich, als ich seine Hand plötzlich zwischen meinen Beinen spüre. Grob und fordernd greift er zu und seine Finger massieren meinen empfindlichsten Punkt. Der Latexbody erwacht wie aus einem Winterschlaf und ruckartig durchdringen mich geile Impulse. Jack reibt immer stärker, greift fest zu und ich beginne lustvoll zu stöhnen. Unkontrolliert keuche ich, stöhne auf und winde mich vor Lust.

Ohne Unterbrechung greift er mir fest zwischen die Beine und seine andere Hand knetet meine Pobacken. Ob ich es will oder nicht – ich stöhne immer lauter. Das Zünglein an der Waage, das zuvor von Unbehagen und Angst dominiert wurde, pendelt nun deutlich in den Bereich - Erregung. Wenn mich auch die Berührungen selbst schon aufwühlten, so ist es doch hauptsächlich die unverschämte, besitzergreifende Art, die mich in seinen Bann zieht. Ohne mich dagegen wehren zu können, reibt Jack grob zwischen meinen Beinen, und anstatt empört zu widersprechen – presse ich meinen Unterleib gegen die fordernden Finger. Als eine seiner Fingerkuppen unter den Latex schlüpft, werfe ich meinen Kopf in den Nacken und zerre an den Fesseln. Meinen Zustand muss er mir im Gesicht ablesen können …

Meinen Zustand fühlt er aber auch mit seinen Fingern. Der Mann im schwarzen Smoking presst seinen Körper dicht an meinen und küsst mich leidenschaftlich auf den Hals. Der Latexbody verstärkt das Gefühl tausendfach – ich bekomme fast keine Luft mehr. Die Leidenschaft wird zur Qual. Jede Berührung lässt mein Herz wild schlagen, Tränen kullern an meinen Wangen herunter … Ein kühlender Wind umgibt mich und die Sauerstoffmoleküle neutralisieren die des Latex. Als ich einigermaßen erholt wieder die Augen öffne und an mir herunter sehe – bin ich nackt. Ich schaue auf und Jack steht vor mir. Auch er trägt keine Kleidung mehr und sein Glied zeigt wie ein Pfeil auf mich. Er kommt näher, fasst mich am Haarschopf und zieht meinen Kopf in den Nacken. Ich stöhne auf, als er zwei Finger in meinen Körper schiebt. Ich stöhne noch heftiger, als er vor mir in die Hocke geht und seine Zunge in meinen Schoß eintaucht.

Sie bringt mich unaufhaltsam zum Höhepunkt und ich spüre sein heftiges Verlangen nach mir. Er steht langsam auf, seine Eichel reibt dabei über mein Knie, meine Schenkel - und presst sich schließlich gegen meinen Bauch. Er nimmt seine Arme hoch und greift nach meinen ausgestreckten Händen. Die verchromte Kette umschließt seine Handgelenke und bindet uns aneinander. Sein Glied gleitet über meine Schamlippen und ich drücke meinen Unterleib dagegen. Unendlich langsam dirigiert Jack sein Glied an die richtige Stelle – wir zucken gleichzeitig zusammen, als er in mich eindringt. Minutenlang stehen wir uns regungslos gegenüber und genießen die leichten Zuckungen, die wir durch unser Muskelspiel hervorrufen - bis Jack beginnt, sein Becken gleichmäßig zu bewegen und ich ihm meines im Einklang dazu anbiete. Wir sehen uns tief in die Augen, spüren den Moment, nach dem wir uns sehnen, und halten uns fest an den Händen, als uns gleichzeitig der Orgasmus überkommt. Die Fesseln lösen sich auf und wir schweben langsam zu Boden. Der kalte Marmor kühlt unsere erhitzten Körper, unsere Zungen spielen miteinander und unsere Lippen küssen sich leidenschaftlich.

Ein Wind kommt auf, erfasst uns und trägt uns durch ein Meer von Licht und Farben. „Folge dem Weg“, höre ich Jack flüstern - dann ist er weg und ich stehe alleine neben dem See aus flüssigem Metall, den ich zuvor aus dem Zimmer bewundert habe.

Der zerklüftete Mondkrater erweist sich als wunderschöner bizarrer Garten.


Ein schmaler Kieselsteinweg windet sich wie eine Schlange durch die Landschaft. Zutiefst befriedigt schlendere ich splitternackt durch den Garten. Die Steinchen sind eine Nuance heller als das graue Gras. Der Himmel glänzt in dunkelblauen Farbtönen, und der silberne Mond strahlt ein beruhigendes Licht aus. Auch die Bäume sind nicht so, wie ich sie kenne. Eine unglaubliche Vielfalt ist zwar vorhanden, aber sie sind alle – aus Chrom. Immer zwei Dutzend Bäume bilden eine Gruppe, und alles scheint System zu haben. Direkt auf dem Kieselsteinweg beugt sich ein Ast zu mir. Deutlicher kann ein Wink mit der Sünde nicht mehr gezeigt werden. Ich überlege. Eigentlich habe ich für heute genug erlebt, aber der wunderschöne rote Apfel bezirzt meine Sinne. Das Verlangen in ihn zu beißen wird übermächtig. Als ich nach der Frucht greifen will, zieht sich der Ast zurück. Enttäuscht nehme ich meinen Arm herunter und der Ast kommt mir wieder entgegen. Nach einigen Versuchen habe ich von dem Spiel genug und gehe weiter. Tannenbäume und tropische Palmen, allesamt aus Chrom, begleiten mich. Ich sehe bereits das Tor, das mich wieder in die reale Welt bringt, als der Boden vor mir zu flimmern anfängt. Wassertropfen blubbern aus der Erde, vereinigen sich zu einer kleinen Pfütze. Es bildet sich eine glatte silbermatte Oberfläche.

Langsam nähere ich mich dem Spiegel und eine zierliche Frauenhand reicht mir daraus einen roten Apfel. Der süßliche Duft … ich schließe die Augen, greife zu, als ein schriller Knall den Spiegel in tausend Einzelteile zerreißt …

Es ist stockdunkel und gespenstisch ruhig. Die pechschwarze Finsternis hilft mir, meinen Sinn abzukühlen. Mein Körper glüht vor Verlangen. Ich sehe ein Licht, und es zieht mich magisch an. Sündhaft teure Kristallspiegel erscheinen wie aus dem Nichts. Ich bleibe stehen und schaue hinein.

Ich trage wieder das rosa Cinderella-Kleid. Leichtfüßig wandle ich mit den High Heels über den Steinboden. Ich erreiche das Licht und bleibe stehen. Eine unscheinbare Höhle. Enttäuscht rümpfe ich die Nase. Schon im Begriff umzukehren, höre ich Geräusche. Die Felswände verschieben sich und bilden eine kreisrunde Nische. Der graue Fels wird weiß. Die Struktur glättet sich. Ein Raum wie aus einem Märchenschloss entsteht. Ich stehe vor einem blütenweißen Himmelbett, das einige Zentimeter über dem italienischen Marmorboden schwebt. Transparente Punkte erscheinen und materialisieren sich langsam. Sieben kichernde Zwerge mit knallroten Latexzipfelmützen sehen mich erwartungsvoll an.

Mein Sinn sträubt sich gegen die Vorstellung, und aus den Zwergen werden normalwüchsige Männer. Die langen Bärte bilden sich zurück und glatt rasierte Gesichter lächeln mich an. Ihre Zipfelmützen verschwinden, und um die Lenden tragen sie knappe Latexstreifen, die erahnen lassen, worauf es jetzt ankommen wird. Ihr lüsterner Blick weckt in mir Begierden. Einem inneren Zwang folgend, lasse ich jeden Zweifel und alle Gewissensfragen fallen und wehre mich nicht gegen die frivolen Gedanken, die längst in meinem Kopf gegenwärtig sind. Auch wenn das Szenarium nicht ganz dem Original entspricht, so bin ich doch – ihr Schneewittchen.

Ich stolziere aufreizend langsam an ihnen vorbei. Sieben Augenpaare mustern jede meiner Bewegungen und das weiße Himmelbett wird zum Zentrum. Ich schwebe einfach über die transparent schimmernde Dornenhecke auf das weiße Laken und liege inmitten tausender blütenweißer Rosenblüten, die einen betörenden Duft aussenden. Einhundert Jahre vergehen im Zeitraffer. Die Rosen ziehen die Farbpigmente aus meinem Kleid. Der Latex wird weiß. Winzige Risse bilden sich. Wie ausgetrockneter Lehmboden im Hochsommer ziehen sie sich über meine Kleidung. Tausende kleine Zellen bilden sich und das spröde gewordene Naturprodukt löst sich auf. Es verschwindet wie einzelne Teile, die eine Geisterhand aus einem zusammengebauten Puzzlespiel nimmt. Immer mehr meiner Haut wird sichtbar, bis ich schließlich splitternackt bin. Nur die Stiletto-Plateau-High Heels bleiben unverändert. Ich rekele mich auf dem Bett und die sieben Männer kommen näher. Von allen Seiten strecken sich mir Hände entgegen, und wie auf ein Kommando fassen sie mich gleichzeitig an.

Wie durch einen Stromschlag elektrisiert, zucke ich auf, und ungehemmt fordere ich mein vermeintliches Recht. Schlaft mit mir – poppt mich – nehmt mich – fickt mich!

Unendlich langsam und doch rasend schnell folgen sie den unausgesprochenen Worten. Warme, athletische Körper auf mir, unser Schweiß vermischt sich, ebenso wie der Speichel unserer Münder. Leidenschaftliche Küsse, begierige Berührungen und immer ein anderer Mann, der sich ganz auf seine eigenen Bedürfnisse konzentrieren kann, lösen Wellen der Extase in mir aus. Mal sanft und zärtlich, dann wieder wild und leidenschaftlich penetriert mich ein Glied nach dem anderen, und ich winde mich hemmungslos unter den sich abwechselnden Männern. Zärtlich küsst er mich auf den Hals, unaufhaltsam senden seine sanften Stöße Impulse an mein Nervensystem. Ich zucke zusammen, als der Orgasmus mich durchflutet und ich komme schon wieder, als der Nächste sich auf mich wirft, meine Handgelenke grob festhält und heftig in mich eindringt.

Ich bin der Mittelpunkt und alle sieben Männer nur dazu da, mir Lust zu bereiten. Ungeniert schreie ich meine Leidenschaft heraus, um danach wieder meine Lippen um einen weiteren Phallus zu legen. Zuckende Körper, ejakulierende Glieder, die mir das warme Sperma über Bauch und Brust verteilen. Flinke Finger, die es verreiben und Männer, denen die Gier im Gesicht steht, die sie jetzt mit mir teilen wollen. Liebevolle Hände befriedigter Männer, die mich sanft streicheln und geschickte Zungen, die mich abwechselnd immer intensiver liebkosen.


Ich bäume mich auf, drücke der geschickten Zunge meinen Unterleib entgegen. Der neben mir kniende Mann reagiert genauso auf die Stimulation durch meinen Mund und wir stürzen gleichzeitig in ein Meer aus Licht und Farben.

Eine frische Brise kühlt unsere erhitzten Leiber. Je drei nackte Männer zu meiner Seite sehen mich lächelnd an. Die Rosenblüten schmelzen unter der Last der ausgehenden Hitze und werden gelblich. Es duftet süßlich und ich wälze mich in einem Meer aus Honig, der nach und nach meinen Körper umgibt. Der Siebte, der mir den wunderbaren letzten Höhepunkt beschert hatte, fordert seinen verdienten Lohn. Er sieht mir tief in die Augen, stöhnt auf und ich spüre, wie sich sein Sperma in mir ausbreitet. Die klaren Bilder verschwimmen und die sieben Liebhaber schrumpfen. Aus ihren Gesichtern sprießen Haare, die rasend schnell zu wallenden Bärten anwachsen, und auf dem Kopf tragen sie wieder ihre roten Latexzipfelmützen. Sie kichern, werden transparent und lösen sich schließlich auf.

Der Honig kühlt ab und umschließt fest meinen Körper. Aus der gelblich zähflüssigen Masse formen sich halterlose Strümpfe, der Body, und letztendlich das wunderschöne Kleid. Es wird weiß und geht dann in ein zartes Rosa über. Mein Körper schwebt nach oben. Das Bett zerfällt zu Staub. Eine Windböe erfasst mich und zieht mich in einen Spiegel …

***

Ich stehe wieder auf dem Kiesweg im Garten. Die zerbrochenen Spiegelscherben verflüssigen sich und fließen ineinander. Die Oberfläche wird trüb und ich sehe eine knochige Hand, die mir einen verdorrten Apfel reicht … Ich lache und gehe einfach weiter …


Eine massive Eisentür ohne Griff deutet das Ende der fantastischen Reise an. Als ich die Tür berühre, blendet mich ein gleißend helles Licht. Müdigkeit überkommt mich, meine Augenlider werden schwer und ich sinke zu Boden.

***

Minutenlang liege ich einfach nur da und sortiere meine Eindrücke. Mein nackter Körper ist von einem durchgehenden Schweißfilm überzogen und beruhigende Musik dudelt aus einem Lautsprecher. Neben mir blinkt ein Licht. Ich erinnere mich an die Einweisung und drücke den Knopf. Die »DreamZone«-Mitarbeiterin weiß nun, dass alles in Ordnung ist. Ich erhebe mich langsam und schlüpfe in den bereitgelegten Bademantel. Immer noch leicht schwankend gehe ich zur Rezeption.

„Uiii. Da hat aber jemand wackelige Beine“, meint die Angestellte und lächelt.


„Wie spät ist es?“, fragte ich gähnend.


„Ich weiß was Sie meinen, Frau Müller. Man denkt es sei ein Tag vergangen, aber wie schon gesagt – der Trip dauert nur 60 Minuten!“


„Hey Anja“, begrüßt mich ein Mann, der Kaffee trinkend an der Theke steht.


„Hallo, Faith. Was machst du denn hier? Willst du auch mal Urlaub von der Realität machen?"


„Was für eine Realität?“, meint er schmunzelnd und nippt an seiner Tasse. „Nö, ich habe nur ein paar meiner Fantasien an DreamZone verkauft.“ Faith wendet sich an die Dame hinter dem Empfangsschalter. „Sind die Updates schon im Einsatz?"


Die Mitarbeiterin blickt auf meine wackeligen Knie und lacht. „Ich glaube schon."

© Mondstern

Kommentare


Mondstern
(AutorIn)
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 441
Mondstern
schrieb am 06.03.2009:
»Hallo :-) Mit dieser Geschichte will ich euch auch mit auf eine wundersame Reise nehmen. Sie bietet viel Freiraum für eigene Gedanken. Wenn ihr auf subtile Erotik steht ... oder euer "Kopfkino" gern zwischen den Zeilen kreist ... dann viel Vergnügen.

Als ich diese Story einstellte, war ich sehr gespannt ob sie ankommt, jetzt weiß ich es ... Freu mich aber, dass sie einigen doch gefallen hat :-)

LG Mondstern «

tali
dabei seit: Okt '01
Kommentare: 72
schrieb am 06.03.2009:
»wunderbar - deine geschichte hat mich regelrecht eingesogen.
herrlich üppig, diese reise. und ein wunderbar augenzwinkender schluss.

mein dank für die kurzweil!«

catsoul
dabei seit: Jan '04
Kommentare: 105
catsoul
schrieb am 07.03.2009:
»Hi Anja,

super! Gefällt mir SEHR! Also von mir hast du die volle Punktzahl bekommen ... ;-)

Liebe Grüße

cat
P.S. Du hast Post. ;-)«

klaun
dabei seit: Feb '01
Kommentare: 22
lucky
schrieb am 08.03.2009:
»Ich lese deine Geschichte und auch Minuten später verliere ich nicht das Gefühl zu schweben. Wie ich Phantasien liebe!
Danke, dass du uns in deiner einzigartigen Geschichte einfach mitnimmst.

Mit nem netten Gruß Lucky (mein Autorenname)«

XXX-Zine
dabei seit: Apr '01
Kommentare: 136
Der XXX-Zine
schrieb am 08.03.2009:
»Eigentlich mag ich keine Geschichten die im Präsens geschrieben sind!
Eigentlich!
Dieser Mondstern ist eine seltene Ausnahme!
Hab ihn schon wieder genossen :-).«

Strangerboy
dabei seit: Nov '04
Kommentare: 34
schrieb am 08.03.2009:
»Simply great!!!

Gratuliere Anja. Eine wunderbare detailreiche Fantasie, in der doch dein eigener Stil zu erkennen ist. Liebevoll, weiblich und doch auch wild und leidenschaftlich.

LG Tom«

Hankx
dabei seit: Jul '02
Kommentare: 48
schrieb am 15.03.2009:
»Tolle Story. Sehr sehr phantasievoll und trotzdem wieder ganz nah am Leben, witzige Dialoge, aber natürlich voll mit wirklicher, satter, lebendiger Erotik - ein echter Mondstern. Mehr!«

Erasmus_L
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 199
schrieb am 06.04.2009:
»Danke, gut zu lesen!«

mclord
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 12
schrieb am 08.04.2009:
»Dies ist mal etwas ganz anderes und ebenso toll geschrieben ;-)«

Silvia1973
dabei seit: Mär '02
Kommentare: 88
schrieb am 20.04.2009:
»Hallo Anja,

es ist immer wieder schön, wenn man nach längerer Zeit wieder einmal auf die Seite "vorbeischneit" und einen neuen Mondstern vorfindet! Ja, ja, die Sevac-Queen hat wieder ein kleines Meisterwerk abgeliefert, voller Fantasie und Sehnsüchten ...

liebe Grüße
Silvia«

lefuet
dabei seit: Jun '01
Kommentare: 49
schrieb am 28.04.2009:
»Eine wunderbare Geschichte. Ich habe sie genossen, verschlungen, bewundert. Danke, Mondstern, dass Du Deine tollen Ideen und Deine Wunderbaren Texte hier veröffentlichst.

Lefuet«

magicflute
dabei seit: Sep '07
Kommentare: 258
schrieb am 09.02.2010:
»Suuper! Was für ne liebevolle und schöne Traumgeschichte; mal Märchen, mal Fantasy, etwas Satiere, etwas Collage - ein "Gedicht": ich habe mich tatsächlich eher selten so ertappt gefühlt wie bei dieser Story - vielen herzlichen Dank dafür!
Grüße, magic«

wobi
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 8
schrieb am 21.03.2010:
»Eigentlich sind alle Deine Geschichten großartig,
diese gefällt mir, wahrscheinlich wegen der (noch)
Fantasy-Grundlage besonders gut.
Danke für das bei Deinen Geschichten immer vorhandene
Lesevergnügen
wobi«

aweiawa
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 214
aweiawa
schrieb am 21.03.2010:
»Anja Müller, die Lückenbüßerin. Wie gut, dass sie den Job angenommen hat, denn sonst wäre diese wunderbare Geschichte nicht geschrieben worden.
Wie sehr mir diese Story gefallen hat, hab ich dir längst gesagt, Mondsternchen, doch jetzt nehme ich die GDT zum Anlass, es auch schriftlich hier zu bekennen. Immer dachte ich, die fantastischen Storys seien nicht dein Ding, doch du hast mich mit Glanz und Gloria widerlegt. Diese Geschichte hat alles, was in diesem Genre gefordert ist. Und doch erkenne ich dich wieder, und das ... finde ich ganz besonders gut.

Alles Liebe
Elmar«

Leichtgewicht
dabei seit: Mär '10
Kommentare: 279
Leichtgewicht
schrieb am 11.06.2010:
»Eine sehr schöne Geschichte.
Stilistisch gut geschrieben.
Überraschende Pointe.
Was will man mehr.«

tralalo
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 96
schrieb am 18.10.2010:
»10 Punkte - weil es keine 12 gibt.
Unglaubliche dichte und komplexe Fantasie!«

anjaahorst
dabei seit: Nov '10
Kommentare: 5
schrieb am 09.02.2012:
»einfach nur traumhaft«

Ontario10
dabei seit: Aug '13
Kommentare: 17
schrieb am 03.12.2013:
»Hallo Mondstern,
die Geschichte ist sehr gut detaillgetreu von dir geschrieben worden.Hut ab.Sehr schöne Formulierungen.Mir persönlich gefallen Fantasiegeschichten nicht so sehr,was nichts daran ändert,dass sie sehr gut geschrieben ist.
liebe grüße Ontario10«

stef1954
dabei seit: Sep '15
Kommentare: 57
schrieb am 02.01.2016:
»Hi Anja,

die Geschichte ist einfach nur fantastisch, das beste was ich von Dir gelesen habe.

Gruß Stef«

Barilla1977
dabei seit: Jan '17
Kommentare: 9
schrieb am 18.01.2017:
»Hi Anja. ..

Semplicemente bellissimo :-) um es auf meiner Muttersprache zu sagen.

Ich bin ein großer fan deiner Geschichten.

Lg Fabio«

haifisch54
dabei seit: Aug '18
Kommentare: 19
schrieb am 20.09.2018:
»toll du hast mir schöne Gedanken bereitet«

Jayone
dabei seit: Okt '18
Kommentare: 18
schrieb am 22.10.2018:
»Hi,ich mal wieder!
Was fürn Trip der sehr schön anfing!Dahat sich die Protagonistin ziemlich jeglicher Vernunft entzogen
und damit den Flash noch eher zellebriert!
Ganz ehrlich,wäre ich dabei gewesenHigh oder nicht,ich hätte bestimmtdie anstandsdame für dich gespielt!

Gruß und Kuss J«

zauberer50
dabei seit: Jul '18
Kommentare: 31
schrieb am 05.11.2018:
»immer wieder schön etwas von dir zu lesen aber das ist eine ganz besondere geschichte, hat mir super gefallen«

ElHardo
dabei seit: Aug '04
Kommentare: 19
schrieb am 12.03.2021:
»Obwohl mir erotische Science-Fiction Geschichten nicht so zusagen, habe ich diese ausgesprochen genossen. Der typische Mondstern Erzählstil, die detailreiche Beschreibung der Umgebung und der Handlungen, sowie die sich langsam immer weiter steigernde Erotik, haben mich mitgerissen.
Ich konnte Anjas Lust quasi spüren und vor meinem inneren Auge sehen.
Danke dafür.«


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