Ein Kuss und der Geschmack billiger Zigaretten
von Purtzelbaer
Der Februar in London war kalt - kalt und grau wie der Beton, der sie umgab.
Das war nichts für die Inspiration - Simon fühlte, wie die immer gleichen Tage ihn lähmten.
Er traf eine Entscheidung als er betrunken war. Sicherlich nicht der beste Zeitpunkt, aber es führte dennoch zu einer interessanten Idee.
„Lass uns einfach den nächsten Zug nehmen“ nuschelte er in Noahs Ohr. „In einer oder zwei Stunden wären wir am Meer.“
„Ja, eine Änderung der Landschaft könnte uns ganz gut tun“, erwiderte Noah. „Noch ein Bier?“
Das zweite Album zu schreiben war nicht einfach. Von dem starken Gitarrengetragenen Sound des ersten Albums waren sie nun in einen Prozess gekommen, in denen die Töne des Orchesters ihren Stil in eine wahre kitschige Indie-Oper verwandelt hatten. Dies nahm jegliche Inspiration von ihnen – es schien eine große Wunde zu klaffen, die sie zum Handeln unfähig machen lies.
Simon lächelte betrunken und schloss seine Augen, um seinen Kopf auf Noahs Schulter fallen zu lassen. Sein Nacken hatte beschlossen schlafen zu gehen und war nicht mehr bereit das Gewicht zu tragen.
Noah fühlte sich etwas unwohl. Erwartete Simon, dass er ihn umarmen sollte? Er biss sich auf die Lippe und strich seine Haare hinter seinen Ohren hervor, um sein Gesicht zu bedecken. Ungeschickt versuchte er dann Simon zu stützen und darauf zu achten, dass dessen Kopf nicht von seiner Schulter rutschte.
Sie waren immer noch betrunken, als sie sich auf dem Bahnhof auf der Suche nach dem richtigen Bahngleis wiederfanden. Sie erinnerten sich nicht mehr, wie sie hergekommen waren. Mit dem Bus, Taxi, U-Bahn?
Der Waggon war kalt und leer. Sie saßen sich am Fenster gegenüber und Noah war bemüht seine Füße so gut es ging nah an seinem Sitz zu pressen. Er wollte nicht in Bedrängnis geraten, plötzlich Simon zu berühren. Seitdem Simon gestern Nacht seinen Kopf - wie ein Bruder - auf seine Schulter gelegt hatte, fühlte er sich zunehmend verwirrt.
Doch das war nicht das, was ihn beunruhigte. Die Art wie er es getan hatte, ähnelte nicht der eines Bruders, sondern viel eher der eines Liebhabers.
Simon zwinkerte ihm zu, als der Zug aus dem Bahnhof fuhr und langsam Geschwindigkeit aufnahm. Noah lächelte zurück, bewusst darauf achtend sich hinter einer finsteren Maske zu verstecken. Er schaute Simons faszinierendes Gesicht an und beobachtete seine Augen, wie sie den vorbeirauschenden Straßen draußen hinterher jagten.
Je weiter sie sich von der Stadt entfernten, desto grüner wurde die Landschaft. Die Gärten wurden größer, man sah Schuppen und Wäscheleinen und hin und wieder auch Personen mit Spaten oder Körben voll Schmutzwäsche. Diese balancierten sie auf ihren Hüften, so dass sie wie eine Parodie von Kenianern wirkten, die Wasserkübel auf ihren Köpfen tragen.
Doch die Erinnerung von Simons Kopf auf seiner Schulter kehrte zurück und füllte ihn mit einer zarten Sehnsucht. Wenn Simon es doch nur wieder tun würde, er würde mit seinen Fingern durch Simons Haar streichen, diese Wangenknochen berühren, die einem Standbild glichen, die schmalen Lippen küssen, er würde alles tun was von ihm verlangt würde.
Doch er kämpfte gegen diese aufkeimenden Wünsche an. Er konnte Simon nicht - er würde ihn nicht - berühren. Wie konnte gerade er den Sänger bewundern? Es war falsch. Simon hatte doch alle diese Freundinnen, es bedeutete alles nichts, denn unter seiner Lederhose war Simon genauso hetero wie Hugh Heffner.
Lederhosen. Schmerzhafte Gedanken erreichten Noah. Wie der Sänger seine schlangenartigen Hüften bewegte, wie er sich selber mit der Hand auf den Hintern schlug.
In diesem Moment fiel Noahs Maske. Natürlich wollte er Simon. Er verehrte ihn. Genau wie die ganzen schwitzenden 16 Jährigen, die bei ihren Auftritten den Sänger anschauten, als wäre er der personifizierte Sex.
Kein Sex auf seidiger Bettwäsche mit Kerzen im Hintergrund, nein Simon war diese andere Art von Sex, ein Blowjob auf dem Rücksitz eines Taxis, fummeln in einer Gasse, eine harte wilde Knutscherei auf dem Boden des Badezimmers, ein verkaterter Morgen auf Lippenstiftverschmierten Kopfkissen mit falschen Wimpern, ein Fick gegen die Wand des Fahrstuhls, ein Kuss und der Geschmack billiger Zigaretten.
Noah wusste all diese Dinge. Und er wollte, dass Simon sie ihm zeigte.
Als sie ausstiegen und den Bahnhof verließen, wurde Noah bewusst, dass sie nicht in Brighton waren. Es war eine dieser Städte am Meer, wo alles im Winter geschlossen hatte. Ein Regen, der sich anfühlte wie eine lustvolle Dusche prasselte auf sie nieder.
Sie waren ziellos. Die Straßen waren wie leergefegt, nirgendwo sah man Menschen. Ihre Haare wehten ihnen immer wieder ins Gesicht und sie mussten lachen, wenn sie hin und wieder ihre Unterhaltung unterbrechen mussten, weil wieder einmal das Möwengeschrei alles unterbrach.
Die Flut hatte sie vom Strand vertrieben und sie hatten eine Bank unter einem kleinen Vordach an der Promenade gefunden.
„Es ist wie in der 40ern“, sagte Noah „ein Schutz gegen die Bomben.“
Simon rutschte auf der hölzernen Bank näher zu Noah „Und wir sind die einzigen Überlebenden.“
Noah lächelte rüber, lenkte seinen Blick aber sofort wieder auf das Meer. Er hatte das deutliche Funkeln in Simons Augen nicht übersehen.
„Meine Güte ist es kalt hier, meine Hände scheinen zu erfrieren“, murmelte Noah und zog sie aus seiner Jackentasche, um sie schmerzhaft zu bewegen.
Simon griff nach ihnen und hielt sie fest in seinen. „Wir können ja nicht zulassen, dass unser Star-Gitarrist seine Finger wegen Frost verliert.“
Noah hoffte, dass er nicht so erschreckt aussah, wie er sich fühlte. Er schloss seine Augen, als Simon einen tiefen Atemzug nahm und warme Luft über seine Finger pustete und sie anschließend belebend rubbelte.
In diesem Augenblick zischte ein mächtige Windböe und schlug eine große Welle an den Strand. Die Möwen heulten und irgendwo knallte ein abhanden gekommenes Holzstück immer wieder vor zurück, bin der Wind und das Wasser es davon trugen.
Noah rutschte ein wenig über die Bank bis er direkt neben Simon saß und ließ seinen Kopf auf die Schulter des Sängers sinken.
Was war der Nutzen, um jetzt zu sprechen? Noah öffnete seine Augen und schaute Simon an, der immer noch Noahs Hände in seinen hielt. Simon lächelte ihn an und drehte sich zu ihm hin. Als Noah seinen Kopf hob, sah er Simon so nah vor sich, dass er spürte wie seine Stirn ihn berührte. Beide zogen stark die Luft des anderen ein. Ihre Nasen berührten sich, der Wind wehte ihre Haare wild durch die Luft, so dass sich ihre Haarsträhnen ineinander verloren.
Simon drehte seinen Kopf zur Seite und drückte seine Lippen auf Noahs. War das ein Test? Noah berührte sanft Simons Lippen und sie begannen sich zu küssen – mit offenen Mündern.
Es war ein Wunder sich gegenseitig zu schmecken, die Wärme im jeweils anderen zu verteilen. Sie legten ihre Arme umeinander und waren sich so nah, dass sie ihren immer schneller werdenden Herzschlag hören konnten. Sie waren langsam und zärtlich.
Ihre Lippen trennten sich und Noah legte sein Kinn gegen Simons Stirn. Ihr Atem war heftig.
„Ich will nur dich“ sagte Noah mit starker Stimme „Nur dich in der ganzen Welt. Es wäre mir egal, wenn ich alles andere verlieren würde – aber dich, nur dich ist alles was ich will.“
Sie küssten sich wieder. Wilder, heftiger jetzt. Simon drückte sich fester an Noah, so lange bis er flach mit dem Rücken auf der Bank lag. Sie zogen sich beide, ungeachtet der beißenden Kälte, ihre Lederjacken aus. Simon zog Noahs Hemd hoch, legte seinen vibrierenden Bauch frei und drückte seine Hand auf die heiße Haut.
Er zwickte zart in Noahs Nacken und wickelte seine Finger um den Haarbüschel, der von Noahs Nabel hinunter führte.
Noahs Arme waren immer noch um Simons Rücken geschlungen, doch seine Hände strichen langsam runter und fanden mit einem festen Griff Simons Po.
„Mach weiter“ flüsterte Simon.
Noah glitt mit seinen Händen unter Simons Jackett, schob das Shirt aus der Hose und berührte die Stelle, wo Simons Po begann.
„Tiefer“ zischte Simon, als er mit seinen Händen über die Ausbuchtung in Noahs Hose strich.
„Was willst du, was ich tue?“ fragte Noah mit einer Stimme, die all seine Wünsche preisgab.
„Du wirst es wissen.“
Noah schlüpfte mit einem Finger unter Simons Hosenbund und strich zart über die Spalte zwischen seinen Pobacken.
Simon keuchte und begann seine Hüften in Kreisen zu bewegen.
„Mach weiter“ trieb er Noah an.
Noah strich mit seinem Finger weiter hinab, in die warme Rille bis er die pulsierende Blüte fand. Er rubbelte zart mit seinem Finger in Kreisen über die faltige Haut.
Sie küssten sich und drängten ihre Zungen so tief in den Mund des anderen wie es nur ging.
Der Sturm heulte außerhalb ihres Schutzdaches auf und ein beharrliches Geprassel des Regens fiel von der Kante des Daches in eine riesige Pfütze, die ins Meer lief.
Die Wellen tobten und krachten, der Wind grollte und schrie durch die Bäume. Ein schwerer Nebel begann vom Meer aus in wehenden Spiralen immer näher an die Küste getragen zu werden.
Simon rubbelte seinen Schritt im gleichen Rhythmus an Noahs Bein, wie dessen Finger ihn berührten. Er öffnete den Knopf an Noahs Jeans und glitt mit seiner Hand hinein, tiefer über die Beule in seiner Unterhose. Sie stöhnten beide bei der Berührung auf, Noah weil er spürte, wie Simon in berührte und Simon, weil er die Erregung des festen, dicken Schwanzes spürte, der ungezähmt gegen den Stoff drückte.
In der Ferne war das Bellen eines Hundes zu vernehmen, was zunehmend näher kam. Sie wollten nicht erwischt werden. Noah zog seine Finger zwischen Simons Pobacken hervor und Simon nahm wiederwillig seine Hand aus Noahs Schritt. Sie setzten sich auf und rutschten auseinander – dabei versuchten sie sich so diskret wie möglich wieder zuzuknöpfen und zurechtzuziehen.
Als der Hundebesitzer, nur eine Gestalt im Nebel, sie dann endlich passierte stand eine sich aufkeimende Peinlichkeit zwischen ihnen. Sie strichen ihr Haar von der einen Seite zur anderen, um zu vermeiden den anderen anzuschauen.
„Komm“ unterbrach Simon das Schweigen endlich „ich habe Hunger.“
In dem kleinen Fish & Chips Lokal bestellten sie Dorsch und Pommes Frites, doch keiner von beiden hatte wirklich Appetit.
Sie saßen nebeneinander an einem Tisch, der direkt vor einem Fenster stand und schauten auf den leeren Strand und auf das vom Nebel verhüllte Meer.
„Reich mir mal das Essig“ sagte Noah.
„Du weißt, ich könnte hier leben“ sinnierte Simon „es ist hier so friedlich.“
„Friedlich und zum Aussterben verurteilt“ antwortete Noah und schaute dabei auf seinen Dorsch auf dem Teller.
„Ich will jetzt noch nicht zurück nach London,“ sagte Simon sehnsuchtsvoll „Lass uns bleiben. Lass uns ein Bed & Breakfast suchen.“
„Okay“ murmelte Noah.
„Dort drüben auf der anderen Straßenseite ist eine Drogerie, ich werde uns mal Zahnbürsten besorgen.“
„Ja, das solltest du tun“, sagte Noah und quetschte dabei noch mehr Soße aus der Ketchupflasche.
Aber er wusste, dass Zahnbürsten jetzt der letzte Gedanke in ihren Köpfen war.
Während Simon in der Drogerie war, lungerte Noah draußen auf der Straße und war vom Nebel fasziniert, der die ganze Stadt zu verschlucken schien. Die Art von Nebel gab es in London nicht, dies war ein Nebel, der nur am Meer existierte. Schweres Wasser, das in der Luft hängt und ein sprenkelnder Regen dazu. Diese Erkenntnis interessierte ihn eigentlich nicht, doch es hielt seinen Kopf davon ab sich dem drückenden Gedanken zu stellen ein Bed & Breakfast zu finden, das im Februar geöffnet hatte.
In seinen Gedanken sah er ein Bett mit zwei Personen, doch er konnte nicht ausmachen, was sie genau miteinander taten.
Er hoffte, es würde alles irgendwie natürlich auf ihn zukommen.
Simon kehrte mit einer Papiertüte zurück. Er griff hinein und zog eine Kinder Zahnpasta heraus.
„Ich musste sie kaufen – schau, da ist Glitzer drin.“
„Drag-Queen Zahnpasta.“
„Auf jeden Fall“, blinzelte Simon.
In einer schnellen Bewegung lehnte er sich zu Noah hinüber und küsste ihn hart auf die Lippen. Noah zuckte zurück und legte sich peinlich berührt die Hand auf den Mund.
„Du solltest das nicht tun.“
„Niemand ist hier“, sagte Simon. Als sie begannen die Hauptstraße hinunterzugehen, griff Simon nach Noahs Hand „wer soll das schon mitbekommen?“
Noah zog seine Hand zurück und steckte sie in seine Jackentasche.
„Mach es einfach nicht, okay?“
Simon rollte theatralisch mit seinen Augen, entschied sich aber nicht weiter darauf einzugehen.
Sie kamen in eine Straße, in der ein Bed & Breakfast ans Nächste gereiht war. Alle hatten niedliche, behagliche Namen wie „Ruhiger Morgen“, „Meeresbrise“, „Meerblick“, „Meer & Sand“, „Sand Schloss“ - doch alle hatten auch Schilder hinter den kleinen Vorhängen stehen, die ihnen „keine freien Zimmer“ entgegenriefen.
„Wir werden noch unter der Brücke enden“ maulte Noah.
„Halt einfach dieses Mal deine Klappe, okay?“
Noah machte eine böses Gesicht.
Endlich fanden sie doch noch eins. Aus irgendeinem Grund, der nicht relevant erschien hieß es „Nussschale“.
Es lag am Ende der Straße und wirkte wesentlich vergammelter als all die anderen. Die depressive blaue Farbe löste sich bereits von den Holzplanken ab. Es gab kein hübsches, einladendes Schild, doch ein mit Klebeband schief aufgehängtes Schild im Fenster sagte „Zimmer frei.“
„Das sieht aus wie ein Bordell“, meckerte Noah.
„Wunderbar“ erwiderte Simon.
Sie läuteten die Klingel und es schien Jahre zu dauern, bis die Bes
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