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Kommentare: 8 | Lesungen: 4511 | Bewertung: 8.41 | Kategorie: Sex Stories | veröffentlicht: 10.06.2019

Endlich eine waschechte Nymphomanin

von

»Wenn Sie bitte noch einen Moment in der Kabine warten würden, ich komme in zwei Minuten.« Die junge Arzthelferin deutete auf zwei nebeneinanderliegende Kabinen, gleich neben dem Tresen, die mit einem schweren grünen Vorhang aus blickdichtem Stoff verhangen waren. Beide Vorhänge waren zur Hälfte zurückgezogen. Man konnte sehen, dass die Kabinen leer waren. Eine weitere Arzthelferin wuselte um Manuel Schäfer herum, der mit hängenden Schultern in die ihm zugewiesene Kabine schlurfte. Er fühlte sich elend. Die Aussicht auf die Tetanus Spritze verbesserte nicht gerade seinen Allgemeinzustand. Die Arzthelferin die seinen Weg gekreuzt hatte, kümmerte sich um eine ältere Dame, die zur Blutabnahme gekommen war. Das Labor befand sich direkt neben den Kabinen. Manuel schlüpfte hinter den Vorhang. Eine nüchtern eingerichtete, zwei mal zwei Meter große Kabine empfing ihn. Eine Liege dominierte die eine Hälfte. Das Papier, das von einer Endlosrolle am Kopfende abgewickelt, auf der gesamten Länge ausgebreitet war, war zwar zerknittert aber sauber. Trotzdem lehnte er sich nur mit dem Hintern an die Bank. Ein Stuhl an deren Fußende, sowie eine Apparatur deren Verwendungszweck Manuel nicht kannte, nahmen den restlichen freien Raum ein. Durch das Fenster, das mit einer Jalousie aus breiten Papierstreifen verhangen war, drang diffuses Licht in den kleinen Raum. Jemand war hinter ihm an den Vorhang getreten. Die Arzthelferin, die ihm die Kabine gewiesen hatte. Kommentarlos zog sie den schweren grünen Stoff zu, um sich mit quietschenden Sohlen wieder an ihren Computer hinter dem Tresen zu begeben.

Eine seltsame Beklemmung machte sich in Manuel breit. Der enge Raum suggerierte eine trügerische Privatsphäre. Nur ein paar Schatten drangen unter dem Vorhang, der nicht bis ganz auf den Boden reichte, zu ihm herein. Eine Weile war nur das Quietschen der Gummisohlen auf dem Linoleumboden zu vernehmen. Dann drang das Gemurmel der Arzthelferinnen gedämpft durch den dicken Stoff. Auch wenn die Kabine oben offen war, klangen sie, als wären sie viele Meter entfernt. Es war voll in der kleinen Hausarztpraxis. Manuel wappnete sich für einen längeren Aufenthalt. Sicher waren die angekündigten zwei Minuten nur eine rhetorische Floskel. Ein Windhauch der den Vorhang bauschte, strich ihm kühl um die nackten Knöchel. Er bestätigte seine Befürchtung. Ein neuer Patient würde die Arzthelferin hinter ihrem Tresen jeden Moment in Beschlag nehmen. Vielleicht sogar soweit ablenken, dass sie den Insassen in der engen Kabine wieder vergessen würde. Manuel konnte nur hoffen, dass sich irgendwann jemand an ihn erinnern würde.

Zielstrebige, drängende Schritte näherten sich der Anmeldung. Ein kurzes helles Klopfen untermalte sie. Absätze kamen Manuel in den Sinn. Sehr hohe, sehr dünne Absätze. Etwas plumpste nachlässig auf den Boden. Vielleicht eine Tasche. Mit leiser Stimme wurde ein Name genannt. Die anderen Stimmen waren trotz des Vorhangs besser zu verstehen. Die Stimme musste sehr zaghaft sprechen. Trotz des energischen Auftretens, das die Schrittfolge suggeriert hatte. Er hatte den Namen nicht verstanden, die Stimme gehörte aber zweifellos einer Frau. Ein zierliches Geschöpf tauchte vor Manuels geistigem Auge auf. Klein, schmal, mit tief zwischen die Schultern gezogenem Kopf. Verängstigt und Verunsichert. Vielleicht mit Schmerzen, die ihr deutlich im Gesicht abzulesen waren.


»Haben Sie einen Termin?« Die Stimme der Arzthelferin drang dumpf durch den Vorhang, aber sie war verständlich. Der unterschwellige Vorwurf, dass sie genau wusste, dass die angekommene Patientin keinen Termin haben würde, schwang in ihr mit. Offenbar gab die Patientin entweder keine Antwort, oder schüttelte nur den Kopf. Die entstehende Pause unterbrach die Arzthelferin selbst. »Es tut mir leid, Frau Berger, aber wir sind randvoll ausgebucht. Wenn es etwas sehr dringendes ist, müssen sie warten, bis ich sie dazwischenschieben kann.«

Manuel Schäfer vernahm nur ein unartikuliertes Nuscheln. Kurze, abgehackte Sätze, die eine gewisse Dringlichkeit transportierten, drangen durch den Vorhang. Er verstand keine einzige Silbe. Aber die Art und Weise wie die Patientin mit der Arzthelferin sprach, suggerierte eine sehr delikate Angelegenheit. Seine perfide Neugier war geweckt, als die Arzthelferin ein schockiertes »Oh mein Gott« raunte. Manuel sah sie geradezu bildhaft die Hand vor den Mund schlagen und die Patientin mit großen Augen anstarren. Warum regte sich plötzlich sein Schwanz in seiner Hose? Was für ein perverser Spanner bekam einen Steifen in einer Arztpraxis, nur weil eine Patientin einen Arzt brauchte und sich nicht traute, ihre Gründe laut und deutlich zu artikulieren?

»Warten Sie einen Moment, ich sehe nach ob sich der Doktor das schnell ansehen kann.« Vor Manuels geistigem Auge sah er die Arzthelferin auf den zweiten Vorhang, neben seiner Kabine deuten. Wie zur Bestätigung folgte die Aufforderung auf dem Fuß. »Wenn sie einen Moment in der Kabine warten wollen? Ich frage ihn sofort.«


Die klopfenden Schritte näherten sich seiner Nachbarkabine. Der schwere Vorhang wurde hinter der Patientin zugezogen. Ein leises Seufzen drang über die dünne Trennwand zu ihm herüber, kaum dass die Patientin sich in derselben, trügerischen Abgeschlossenheit ihrer Kabine alleine glaubte. Ihr Schatten breitete sich unter dem etwa fünf Zentimeter hohen Spalt zwischen der Wand und dem hellbraunen Linoleumboden aus. Das Licht, das bis eben noch hell auf dem Boden gespiegelt hatte, verschwand einen Moment lang. Es folgte ein Murmeln, das Manuel nicht verstand. Obwohl er jeden Moment damit rechnete, dass sein eigener Vorhang auf die Seite gezogen wurde, waren seine Ohren zur Gänze in der Nachbarkabine. Aber außer einem weiteren, resigniert klingenden Seufzer, mit der die Patientin ihren Unmut über die Umstände kundtat, blieb es ruhig nebenan. Kein Umhergehen, kein Rascheln, keine sonstigen Geräusche. Nur der Trubel hinter den Vorhängen dominierte die Geräuschkulisse.

Mit festen Schritten näherte sich jemand den Kabinen. „Die Spritze“ durchzuckte Manuel ein Gedanke, der ihn wieder in die Realität zurückholte. Schon sah er den Vorhang zur Seite geschoben, eine Schwester mit Haube auf dem Kopf und Mundschutz ihn aus großen, lüsternen Augen anstarren. Die Hand mit einer riesigen Spritze erhoben, von dessen Spitze ein kleiner, durchsichtiger Tropfen Flüssigkeit, die lange, matt schimmernde Nadel entlanglief.


»Die zwei«, sagte die Arzthelferin kurz und eindringlich. Manuel zuckte automatisch zusammen, als er den beiseitegeschobenen Vorhang vernahm. Tiefe Erleichterung durchströmte ihn, als er die Schrecksekunde überwunden und festgestellt hatte, dass jemand nebenan die Kabine betreten hatte. Sein eigener Vorhang hing schwer und träge herunter. Er schien ihn zu verspotten in seiner stoischen Ruhe, mit der er vor sich hin baumelte.

»Was tust du hier, verdammt?«


Die Stimme gehörte seinem Hausarzt. Dem Mann der die Praxis führte, in der sie sich befanden. Paul Kaber. Irgendwo zwischen fünfzig und sechzig Jahre alt. Halbglatze, Stiernacken, massige Gestalt. Vor seinem geistigen Auge sah er den Arzt, den er seit dreißig Jahren kannte, der schon sein Hausarzt wurde, gleich nachdem Manuel aus der Säuglings Station des Krankenhauses entlassen worden war. Offenbar war er über die Anwesenheit der Dame nicht sonderlich erfreut. Die sonst ausgeglichene, beinahe gelangweilt wirkende Art, die der Arzt sonst ausstrahlte, passte nicht zu dem Zischen, das mühsam unterdrückte Wut transportierte.


»Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du kannst doch hier nicht einfach rein spazieren.«


»Bitte, ich halte es nicht länger aus.« Die Stimme der Frau war ein Flehen, als hinge ihr Leben an der sofortigen Initiative des Doktors.


»Wir haben darüber gesprochen. Es geht hier nicht mehr.« Paul Kabers Stimme kippte. Das mühsame Flüstern hatte sich zu einem lauten Zischen gesteigert. Es folgte eine Pause in der er zu lauschen schien, ob jemand seinen Ausbruch gehört hatte. Als sich nichts besonderes ereignete, der Trubel hinter den Vorhängen ungehindert seinen Lauf nahm, weder die gesamte Praxis verstummte, noch jemand den Vorhang beiseiteschob um nach dem Rechten zu sehen, setzte er deutlich leiser hinzu:


»Wir haben unser Glück hier schon deutlich überstrapaziert. Du musst es bis heute Abend aushalten. Irgendwie. Hast du gehört?«


Manuel Schäfer stellte das Atmen ein, um nicht von seinen eigenen Geräuschen abgelenkt zu sein. Alles was hinter den Vorhängen passierte, hatte er vollständig ausgeblendet. Sein Gehirn filterte nur noch das, was seine Ohren über die dünne Trennwand aus der Nachbarkabine aufschnappten. Den letzten Satz hatte außer der Dame und ihm niemand sonst verstehen können. Aber wie lange würde das so bleiben?


Auch Dr. Kaber schien sich diese Frage zu stellen. Die Tatsache, dass ihn diese Frau hier aufsuchte, schien ihn schwer aus dem Gleichgewicht zu bringen.


»Du musst gehen. Sofort. Und komm nicht wieder hier her, hast du gehört?«


»Bitte Paul. Schick mich nicht einfach so weg. Ich brauche dich. Ich will dich.« Ein Rascheln drang über die Trennwand herüber. Die Absätze gaben zwei kurze Klopfer ab. Als wäre die Dame einen Schritt nach vorne gegangen. Gerangel entstand in der Nachbarkabine. Jemand stieß gegen die Trennwand und brachte das dünne Plastik, das mit drei Winkeleisen an den Boden und drei weiteren an die Wand geschraubt war, zum Vibrieren.


»Hör auf.« Die Stimme von Paul Kaber war wieder zu dem wütenden Zischen geworden. Sie schnitt wie ein Messer durch die stehende Luft. Das Gerangel ebbte trotzdem nicht ab. Stoff raschelte. Etwas metallisches stieß gegen die Trennwand. Unwillkürlich duckte Manuel sich, als würde die Gefahr von oben auf ihn herabfallen. Während er sich nach vorne beugte sah er einen Schatten sich der Wand nähern. Einen winzigen Augenblick wurde er durch die Spitze eines High-Heels ersetzt, der bis an die Kante der Trennwand heranreichte. Dann wurde das Bein wieder zurückgezogen. Diffuser Schatten waberte wieder hinter der Wand umher.

In Manuel Schäfers Gehirn aber, hatte sich das glänzend schwarze Leder wie ein Lichtblitz eingebrannt, der ihm vor den Augen zu tanzen schien. Als wäre der Schuh noch immer dort, sah er ihn vor seinem geistigen Auge. Die leicht abgerundete Spitze in der sich das Licht reflektiert hatte. Glänzend schwarz poliert. Die rote Sohle vom Abrollen keck ein wenig hochgebogen, die Ansätze ihrer Zehen, die so in das enge Leder gezwängt schienen, dass die Haut sich ein wenig gestaucht hatte.

Ein Flüstern, kaum mehr zu verstehen. »Gib mir deinen Schwanz.«


»Maja, ich bitte dich. Hör auf damit. Ich gehe jetzt wieder. Ich habe die Praxis voll.« Das Zischen als Antwort. »Und du verschwindest jetzt auch. Du bringst mich in Teufels Küche.«


Das Flüstern, fast noch leiser als eben. »Fick Mich. Jetzt und hier.«


Ein Schmatzen. Leise und irgendwie unvollständig. Wieder das Rascheln von Stoff.


»Verdammt, Maja.« Das Zischen jetzt so laut, dass es fast als Ausruf durchgehen konnte. Wieder Stille. Das Lauschen auf die Geräusche draußen. Jemand klapperte auf einer Computertastatur. Eine Arzthelferin sprach in ein Telefon. Im Labor nebenan geschäftiges Rumoren. Die ältere Dame, die zur Blutabnahme gekommen war, erzählte von ihrem Garten und den Paprika, die dieses Jahr so gar nicht wachsen wollten. Außerhalb der Blase in der sich die Kabinen zu befinden schienen, lief alles normal weiter. Scheinbar. Irgendwann würde jemand den Doktor vermissen. Ihn rufen. In die Kabine schauen. Das wusste auch Dr. Kaber. Vermutlich auch seine ungebetene Besucherin. Eine Entscheidung musste her. Sie zu ficken, so wie sie es sich wünschte, wäre sicher keine der möglichen Optionen.

Hier drüben, wollte Manuel rufen. Wenn der sexuelle Notstand nebenan so dramatisch war, dann wollte er gerne bereit sein einzuspringen. Der Doktor schien die Behandlung jedenfalls nicht fortführen zu wollen.


»Geh jetzt. Bitte Maja. Wir sehen uns später. Seit wann bist du so indiskret. Es hat doch die letzten Monate so gut geklappt mit uns. Du ruinierst alles, wenn du hier einfach so auftauchst.« Seine Stimme hatte einen flehenden, beinahe weinerlichen Unterton angenommen. Offenbar versuchte er an ihr Gewissen zu appellieren, nachdem der strenge Ton keinen Erfolg gebracht hatte. Maja gab keine Antwort. Einige kaum auszuhaltende Sekunden war es vollkommen still nebenan. Niemand dort schien sich zu bewegen. Scheinbar nicht mal zu atmen. Es war als wäre die Nachbarkabine überhaupt nicht mehr da. Dann bewegten sich die Schatten lautlos. Sie wankten hin und her. Wieder drang das Schmatzen zu Manuel herüber. Diesmal klang es ausgefüllt. Vollständig. Nebenan trafen sich zwei Lippenpaare. Atemloses Keuchen beendete das feuchte Geräusch. Dann nochmal die Kurzversion. Ein schneller Kuss. Die Schatten bewegten sich. Vielleicht drückte der Doktor seine Besucherin an den Schultern von sich weg. Ob sie es sich diesmal kommentarlos gefallen lassen würde? Die Geräusche deuteten darauf hin.

»Soll ich dir etwas mitgeben?« Die Stimme von Dr. Kaber klang jetzt gefasst. Fast professionell. Als wäre er wieder zum Doktor geworden, nachdem er die Phase des Liebhabers, oder Sugar Daddys oder was für eine Rolle er für Maja auch spielen mochte, abgeschlossen hatte. Haare raschelten auf Stoff. Offenbar schüttelte Maja den Kopf. »Bist du sicher?« Das Rascheln erklang erneut.


»Du gehst nicht raus und schnappst dir den erstbesten Kerl der dir über den Weg läuft. Versprich es mir.« Rascheln. »Du schaffst es zu warten bis heute Abend.« Rascheln. »Ich komme sobald ich hier fertig bin.« Rascheln. »In ein paar Minuten wird es wieder besser werden. Du musst diese Phasen aushalten.« Stille. Dann eine leise, zitternde Antwort.


»Du hast keine Ahnung wie das ist...« In die erneute Stille schrillte das Telefon. Die Arzthelferin meldete sich überlaut. Als wolle sie dem Doktor hinter dem Vorhang klarmachen, wo er sich befand und wie es in seiner Praxis zuging. Manuel hatte jedes Zeitgefühl verloren aber er glaubte, dass keine zwei Minuten vergangen waren, auch wenn sie sich wie zwanzig anfühlten. In die Kakophonie der Stimmen und Geräusche die hinter dem dicken grünen Stoff waberten, brannte sich ein Satz in sein Gehirn, der direkt durch die Plastikwand in seine Ohrmuschel zu dringen schien. Auf einer Wellenlänge die nur seine Ohren aufnehmen konnten: »…du bist nicht die Nymphomanin von uns beiden.«

Das Klackern der Absätze, das Rascheln des Vorhangs, das Schnaufen des Doktors nebenan, all diese Geräusche waren längst verklungen, da hielt Manuel Schäfer noch immer die Luft an. Als sich der Vorhang ruckartig zur Seite schob, erschrak er so heftig, dass die angestaute Luft mit einem lauten Schrei aus seinen Lungen fuhr. Die Arzthelferin, die mit einer in eine Vakuumhülle verpackten Spritze und einem kleinen Fläschchen, auf dem sich ein silberner Deckel befand, in die Kabine trat, erschrak bei dem Schrei nicht minder heftig. Sie zuckte zurück und hätte beinahe den Impfstoff fallen lassen. Mit riesigen Augen starrte sie Manuel an. In dessen Wangen schoss in sekundenbruchteilen so viel Blut, dass er eigentlich hätte ohnmächtig werden müssen. Andererseits befand sich zwischen seinen Beinen so viel angestautes Blut, dass genügend von dort abgezweigt werden konnte. Abwehrend hob er die Hände zu einer hilflosen Geste. Er murmelte ein unartikuliertes ‚Entschuldigung‘, wobei er sich sicher war, dass alles was er die letzten Minuten hier drinnen aufgeschnappt hatte, wie ein offenes Buch in seinem Gesicht abzulesen war.


Wenn die Arzthelferin auch nur ansatzweiße etwas von dem mitbekommen hatte, was nebenan vorgefallen war, dann wusste sie nun ohne Zweifel Bescheid, dass auch ihm die kleine Szene nicht verborgen geblieben war. Sollte dem so sein, ließ sie es sich jedoch nicht anmerken. Mit einem schmalen Lächeln, tat sie ihren Eintritt in die Kabine ab.

Wie in Trance ließ Manuel Schäfer die Prozedur über sich ergehen. In seinem Hintern steckten eine Million Ameisen. Er wollte raus aus der Praxis. Hinter dieser Maja her. Was er sich davon versprach wusste er nicht. Im Moment war es wohl vornehmlich Neugier, wie die Frau zu der Stimme aussah, die er eben noch belauscht hatte. Nein, eigentlich wollte er die Nymphomanin sehen, die eben den Doktor angefleht hatte, gefickt zu werden. Scheiß auf die Stimme. Die Arzthelferin schien sich anzustellen, als ob sie die erste Tetanusspritze ihrer Laufbahn setzte. Manuel zappelte herum als stände er auf glühenden Kohlen. Was die Prozedur nicht gerade vereinfachte. Spritze setzen, Abtupfen, Hose anziehen, Impfausweis stempeln. Alles schien wie Gummi gedehnt in die Länge gezogen. Die Zeit rann ihm wie feiner Sand zwischen den Fingern hindurch. Bis er endlich draußen vor der Praxis angelangen würde, wäre Maja sicher über alle Berge. Kaum anzunehmen, dass sie vor der Praxis herumstehen würde. Worauf sollte sie auch warten? Auf ihn?

‚Ja!‘ schrie eine Stimme in seinem Kopf. Wie sollte er sie ausfindig machen, wenn sie fortgegangen wäre? In welche Richtung sollte er suchen? Wie sollte er sie erkennen? Er hatte nur die Schuhe als Anhaltspunkt.


Gefühlt eine Stunde nachdem diese Maja die Praxis verlassen hatte, trat er durch die Eingangstür. Gleißendes Sonnenlicht empfing ihn. Die Hitze vor der Tür traf ihn wie ein Keulenschlag. Fast wäre er zurückgetaumelt. Erst hier draußen in der drückend schwülen Augusthitze wurde ihm bewusst, dass die Praxis seines Hausarztes klimatisiert gewesen war. Schon nach wenigen Sekunden brach ihm aus allen Poren der Schweiß aus.

Er befand sich am Ende einer kurzen, etwa fünfzig Meter langen Galerie. Rechter Hand befand sie ein großer Platz, eine Art riesiger Innenhof, der als Parkplatz fungierte. Manuel hetzte in diese Richtung. Es waren nur wenige Schritte. Seine Augen huschten ziellos über die bunten Blechdächer der geparkten Autos. Einige Frauen waren zwischen den Autos unterwegs. Von keiner konnte er die Schuhe entdecken. Er trat planlos ein paar Schritte vom Gehsteig herunter. Dort hinten war eine Frau mit Einkaufstüten in der Hand. Negativ. Gleich in seiner Nähe eine Frau die einen Kinderwagen vor sich her schob. Negativ. Eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand. Negativ. Eine an der Seite eines älteren Herren. Er sah sie nur von hinten, konnte ihr Alter nicht abschätzen. Negativ, entschied er. Gerade als er sich auf den Weg in die andere Richtung aufmachen wollte, erinnerte er sich an das plumpsende Geräusch, mit dem Maja an den Tresen der Arztpraxis getreten war. Konnte das Geräusch von einer Einkaufstasche gestammt haben?


Er ruckte herum. Streckte den Hals nach der Frau mit den Tüten. Sie war verschwunden. Weiter hinten war die Heckklappe eines Autos aufgegangen. Ob Maja die Frau mit den Tüten war und gerade ihr Auto belud? Unwahrscheinlich. Sie hätte die Tüten auch erst ins Auto bringen und dann in die Praxis gehen können. Der Umweg wäre unerheblich gewesen. Zumal sie in der Verzweiflung in der sie war, keinen Einkaufsbummel gemacht hätte. Aber was wusste er schon über ihren Zustand. Alles pure Spekulation. Trotzdem entschied er sich die Frau mit den Tüten zu vergessen.

Er wandte sich in die andere Richtung. Kam erneut an der Eingangstür zur Praxis vorbei. Die Galerie endete auf der anderen Seite in der Fußgängerzone. Aussichtslos Maja dort zu finden. Er hetzte an den Schaufenstern vorbei. Eine Apotheke. Zwei Frauen darin. Sein Blick war nur auf die Beine gerichtet. Weiße Sneakers, blaue Halbschuhe. Negativ. Ein Damenbekleidungsgeschäft. Leer. Eine Postfiliale. Er riss die Tür auf. Eine Dame in.…seine Augen ruckten nach oben. Eine Oma. Der Rollator an der Seite gehörte ihr. Er stürmte wieder nach draußen. Seine Handlung hatte etwas Panisches. Wie ein Ertrinkender, der mit letzter Kraft auf einen vorbeitreibenden Baumstamm zu schwamm. Dabei wusste er nicht mal was sein Ziel war. Selbst wenn er Maja finden würde, was wollte er dann tun?

Eins nach dem anderen. Erstmal wollte er eine leibhaftige Nymphomanin in Natura sehen. Keine, von der andere Männer am Stammtisch berichteten. Mit den verrücktesten Geschichten dazu. Nein, eine die sich selbst als solche bezeichnet hatte. Ob ihr das im Gesicht abzulesen sein würde? Wenn, dann würde es ihm sicher die Suche erleichtern. Er musste unweigerlich Schmunzeln. Seine hektischen Aktionen hatten etwas von einem pubertierenden Spanner. Er wusste selbst nicht so recht, was plötzlich mit ihm los war. Er war knapp vierzig Jahre alt. Der letzte Sex lag keine 12 Stunden zurück. Gestern Abend mit seiner Frau. Der nächste Sex würde in weniger als acht Stunden stattfinden. Heute Abend mit seiner Frau. Und trotzdem hetzte er durch die Galerie, auf der Suche nach einer geheimnisvollen Unbekannten, als wäre er jahrelang auf einer einsamen Insel verbannt gewesen.

Am Rande seines Gesichtsfeldes tauchte etwas auf, das in Bruchteilen einer Sekunde seine volle Aufmerksamkeit auf sich zog. Er stoppte als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen. Ein Jugendlicher auf einem Skateboard, der – natürlich – verbotenerweise auf dem Board und in halsbrecherischem Tempo durch die Galerie jagte, konnte gerade noch ausweichen. Sein lautstarker Protest und seine wüsten Beschimpfungen prallten unbemerkt an Manuel ab. An dem Straßencafé direkt am Ende der Galerie, saß eine einzelne Frau alleine an einem der kleinen, runden Glastische. Gerade stellte eine Bedienung einen Eiskaffee vor ihr ab. Sie saß zurückgelehnt in dem hellen, schmalen Stuhl aus Korbflechten. Ein schwarzer, glänzender Schuh mit hohen, dünnen Absätzen an einer schlanken Fessel, wippte an einem übergeschlagenen Bein. Die rote Sohle zeigte wie ein Stopp-Schild direkt in seine Richtung. Neben ihr auf den staubigen Knochensteinen, ruhte eine schwarze Segeltuchtasche. Die weiten Henkel, die das Tragen der Tasche auf den Schultern erlaubten, lagen achtlos im Staub. Sie wirkte jung und drahtig. Ihr Gesicht war hinter einer riesigen, tiefschwarzen Sonnenbrille verdeckt. Ihre Haare, so schwarz wie scheinbar alles an ihr, schienen das Sonnenlicht zu verschlucken. Die dichten Locken waren am Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Der kurze schwarze Stretch Rock gab den Blick auf lange, sportliche Beine preis. Das dünne Top lag eng um ihren Oberkörper. Auch dieses war so schwarz wie eine mondlose Winternacht.

Manuel merkte erst als es schon zu spät war, dass er sie angestarrt hatte. Sie griff an den Bügel ihrer Sonnenbrille und hob sie von ihrer Nase. Aus zwei strahlend blauen Augen, die ihn unwillkürlich an einen Husky erinnerten, schaute sie ihn über die Nasenspitze an. Sie musste sein abruptes Stoppen bemerkt haben. Außerdem hatte er nachdem er stehen geblieben war, keinen Moment mehr woanders hingeschaut, als direkt auf sie. Es musste ihm im Gesicht abzulesen sein, dass er in ihr jemanden erkannt hatte. Wen, diese Frage schickte sie mit einer fragenden Miene stumm in seine Richtung. Manuel spürte sein Herz in seiner Brust pochen. Es dröhnte in seinen Ohren. Weil er den Blick immer noch nicht abgewandt hatte, kräuselte sich der fragende Ausdruck um ihre Nase noch ein wenig deutlicher.

Umdrehen und weggehen, schrie eine Stimme in Manuels Kopf. Seine Beine gehorchten nicht. Wie in Trance trat er einen Schritt nach dem anderen an den kleinen Tisch. Sein Puls raste. Was zur Hölle hatte er sich bei dieser Nummer gedacht? Was sollte er jetzt sagen? Hoch neben ihr aufragend, musste er einschüchternder wirken als er beabsichtigt hatte. Sein Mund war so trocken, dass er glaubte ihn nie wieder öffnen zu können. Wie ein dummer Schuljunge stand er vor ihr, unfähig auch nur ein Wort über seine Lippen zu bringen. Ihre Miene wurde immer ängstlicher und unsicherer. Als er sah wie sie sich Hilfe suchend mit einer schnellen Bewegung über die Schultern umblickte, hob er besänftigend die Hände. Die Geste hatte etwas so hilfloses, dass er beinahe über sich selbst lachen musste. Wäre die Situation nicht so bodenlos peinlich gewesen. Aber die kleine Regung in seinem Gesicht musste zumindest beruhigend auf sie gewirkt haben. Oder sie hatte mit ihrem schnellen Blick genügend kräftige Männer erkannt, die ihr im Notfall beistehen konnten. Manuel hatte keine Augen für ihr Umfeld. Seine Augen waren wie festgezurrt auf ihr Gesicht gebannt.

Was hast du geglaubt zu sehen? durchfuhr es ihn. Dass sie Nymphomanin auf die Stirn tätowiert hat?

»Kennen wir uns?« Ihre Stimme schreckte ihn auf. Sie holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Die Wirklichkeit, das war ein mäßig gefülltes Straßencafé, mitten in der Karlsruher Innenstadt. An einem heißen Augusttag. Mit ihm als dümmlich dreinblickenden Mann, der vor einer Frau stand, die ihn sichtlich irritiert fixierte und gerne eine Antwort auf ihre Frage haben wollte. Ehe sie vermutlich die Geduld mit seinem peinlichen Starren verlor und ihn lautstark zur Rede stellen würde. Ob diese Peinlichkeit noch zu überbieten wäre?

»Ja.« Seine Stimme klang als käme sie von woanders als aus seinem eigenen Mund. »Ich meine, nein.« Manuel schüttelte den Kopf. Das letzte Mal da er sich so hilflos gefühlt hatte, war vor zwanzig Jahren gewesen, als er seine Frau in der Disco angesprochen hatte. Damals hatte er Erfolg gehabt. Ein Jahr später hatte er sie geheiratet. Der Gedanke machte ihm Mut.


»Wir haben uns eben bei Dr. Kaber gesehen.« Er trat einen Schritt zur Seite, um nicht wie ein Riese vor ihr aufzuragen.


»Genauer gesagt haben wir uns nicht gesehen, sondern ich sie nur gehört.«


Sein Herz drohte ihm jeden Moment aus der Brust zu springen. Er war sich sicher, dass sie das pulsierende Ding unter seinem Shirt sehen musste. Seine Ohren rauschten als stünde er unmittelbar neben den Niagara Fällen. Es arbeitete sichtlich in ihrem Gesicht. Manuel wusste nicht mal ob er vor der richtigen Frau stand. Fast schon rechnete er mit einem Kopfschütteln und einer abweisenden Handbewegung. Ich kenne keinen Dr. Kaber, hörte er sie sagen. Aber dann regte sich eine Erkenntnis in ihrem Gesicht, die ihm die Gewissheit gab, dass er vor genau der richtigen Frau stand. Sie musste in Gedanken die Stationen durchgegangen sein, die sie in Kabers Praxis durchlaufen hatte. Der kurze Halt am Tresen. Das Warten in der Kabine. Die Diskussion mit dem Doktor. Das Verlassen der Praxis. Es gab nur eine Station in der jemand zugehört haben konnte und dies von Belang sein würde. Manuel sah es förmlich hinter ihrer Stirn arbeiten.

»Ich war in der Kabine nebenan.« Es klang entschuldigend. Bemitleidenswert und unterwürfig. Dabei hatte er doch garnichts falsch gemacht. Er war nur dort gewesen. Dass er hatte mithören können, war nicht seine Schuld gewesen.


Dass du sie gesucht hast, ihr nachgelaufen bist und jetzt vor ihr stehst aber schon, hallte es durch seinen Kopf. Sie musste wohl zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sein, denn sie fragte:


»Und was wollen sie von mir?« Ihre Stimme klang abweisend. Als fühlte sie sich von ihm in die Ecke gedrängt. Dich Ficken, schrie es in seinem Kopf. Er erschrak so sehr, dass er sich auf die Lippen beißen musste, um es nicht tatsächlich auszusprechen. Aber es stand ihm offenbar im Gesicht geschrieben. Sie zuckte die Schultern und ließ die Brille wieder auf die Nase rutschen.

»Schon klar«, meinte sie. »Wenn sie zugehört haben, erübrigt sich die Frage ja eigentlich.« Sie deutete auf den freien Stuhl ihr gegenüber. »Wollen Sie vorher noch einen Kaffee trinken?«


Manuel konnte nur mit offenem Mund und entgeisterter Miene zurück starren. Offenbar hatte sie die erste Überraschung überwunden, dass sie bei ihrem Gespräch mit Dr. Kaber belauscht worden war. Um ihre Mundwinkel spielte ein schüchternes Lächeln. Manuel glaubte gesehen zu haben, dass sie ihm zugezwinkert hatte, aber hinter der großen, tiefschwarzen Sonnenbrille konnte er ihre Augen nicht mehr erkennen.

Manuel schüttelte den Kopf. Er hob die Hände zu einer weiteren abwehrenden Geste. Wenn das so weiterging, würde er heute noch Muskelkater in den Armen bekommen.


»Nein, ich sollte wohl besser gehen. Tut mir leid, dass ich Ihnen nachgelaufen bin. Ich weiß auch nicht was mich geritten hat.« Seine Stimme klang jetzt ein wenig fester, aber das täuschte nur darüber hinweg, wie er sich fühlte. Es war als wäre er aus einem feuchten Traum aufgewacht. Als hätte jemand einen Eimer kalten Wassers über ihm ausgeleert. Plötzlich kam er sich vor wie der vollkommene Idiot. Wenn sich ein Loch im Boden auftun würde, er würde keine Sekunde zögern und hineinspringen. Was um Himmels Willen, war in ihn gefahren, sich so aufzuführen? Wo waren seine Gedanken gewesen? Was hatte er sich nur dabei gedacht. Sie zu belauschen, ok, das war nicht zu vermeiden gewesen. Ihr nachzulaufen, um zu sehen wie sie in Natura aussah, ok, das war gerade noch akzeptabel. Aber sie dann auch noch anzusprechen und ihr direkt zu verstehen zu geben, dass er sie belauscht hatte? Belauscht bei etwas derart Intimen, in einer Arztpraxis, das er weder hätte hören dürfen, geschweige denn weiterverfolgen dürfen?


Ja, dachte er. Du bist tatsächlich der vollkommene Idiot.

»Ich weiß es sehr wohl.« Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Auf einmal klang sie unendlich traurig. Als würde sie die Szene zigmal am Tag durchleben. Vermutlich war das gar nicht so abwegig. Welcher Mann wollte nicht auch mal eine Nymphomanin kennen? Immerhin stand er aus genau diesem Grund auch hier. Plötzlich kam er sich schäbig vor. Dreckig. Nein, eigentlich kam er sich wie ein ausgemachtes Arschloch vor. Wieder schien seine Miene Bände zu sprechen. Wie deutlich sie in seinem Gesicht lesen konnte, machte ihn zunehmend unsicher. War er wirklich so durchschaubar?

»Keine Angst. Sie sind nicht der erste, der eine waschechte Nymphomanin kennen lernen möchte.« Sie hatte die Stimme keinen Deut gesenkt, als sie ausgesprochen hatte, was der Wahrheit entsprach. Manuels Augen zuckten zu den anderen Gästen. Zum ersten Mal, seit er vor sie getreten war, hatte er die Augen von ihr gelöst, wie er überrascht feststellen musste. Er konnte keine Reaktion in den Gesichtern der anderen Gäste feststellen. Wenn jemand Majas Satz verstanden hatte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. Dabei hatte Manuel vor wenigen Minuten selbst so seine Erfahrungen gemacht, was man alles aufschnappen konnte. Als er endlich in ihr Gesicht zurückblickte, war das Grinsen wieder zurückgekehrt. Es war ein offenes, schelmisches Lachen, dass ihn vollkommen entwaffnete. Er hatte das Gefühl so durchschaut worden zu sein, als wären seine Gedanken wie Untertitel über seinem Kopf mitgelaufen.


Das Gefühl verursachte trotz der Hitze eine Gänsehaut, die ihn erschauern ließ. Zu seinem Unmut, bemerkte sie auch das. Jetzt lachte sie ihn offen aus. Einer der Herren am Nebentisch drehte den Kopf zu ihnen herum. War das ein Grinsen in seinen Mundwinkeln?

Noch einmal deutete sie auf den Stuhl gegenüber. Jetzt ließ Manuel sich doch nieder. Ein leichtes Stöhnen entfuhr ihm, als seine Beine endlich sein Gewicht nicht mehr tragen mussten.


»Zittrige Knie, hm?« Verdammt wie machte sie das.


»Furchtbar«, entfuhr es ihm schneller als er nachdenken konnte. Aber jetzt musste auch er Grinsen. Er hatte sich hier vollkommen zum Trottel vor ihr gemacht. Was sollte er sich da noch um sein Ansehen bemühen. Sie las in ihm wie in einem offenen Buch. Wem sollte er etwas vormachen.

»Entspreche ich Ihren Vorstellungen?«


Reflexartig wollte er fragen, was sie meinte, konnte sich dann aber noch stoppen. Natürlich wusste er was sie meinte. Vermutlich stand ihm auch das schon wieder im Gesicht. Aber er hatte trotzdem keine Antwort parat. Unschlüssig zuckte er die Schultern.


»Ich habe keine Ahnung was ich mir vorgestellt hatte.«


»Pummelig. Einen Meter Fünfzig groß, pickeliges Gesicht, fettiges...«


»Ok, Ok, schon gut«, unterbrach er sie. Sie lachte ihr offenes, einnehmendes Lachen. Die Frau war so völlig anders als die verzweifelte Stimme, die den Doktor angefleht hatte, als ginge es um ihr Leben.


»Was ich vor Augen hatte, entspricht schon sehr nahe dem, was ich gerade sehe.« Er nickte und schaffte es diesmal nicht rot zu werden. Dafür glaubte er auf ihren Wangen einen leichten Schimmer zu erkennen. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein.


»Aber?« Verdammt. Schon wieder wurde die Frage von dem wissenden Grinsen begleitet, dass da noch mehr war. Er nahm allen Mut zusammen und sprach aus, was er dachte. Es hatte ja doch keinen Sinn.


»Sie wirken jetzt vollkommen anders.«


Nun war es an Manuel einen Punkt auf seiner Haben Seite zu verbuchen. Sie hatte offenbar nicht damit gerechnet, das zu hören. Aber im Gegensatz zu ihm, fasste sie sich sehr schnell und machte aus ihrer Antwort keinen Hehl. Dankbar nahm Manuel zur Kenntnis, dass sie ein wenig leiser weiter sprach als noch zuvor.


»Es kommt in Schüben. Wie bei Süchtigen auch. Ich bin süchtig nach Sex. Meist habe ich es unter Kontrolle. Manchmal nicht. Dann neige ich zu Kurzschlussreaktionen. Vorhin war so eine. Ich bin an der Praxis vorbeigekommen, ich war aufgedreht. Hatte nur den einen Gedanken. Ich habe nicht nachgedacht. Ich hätte nie zu ihm hineingehen dürfen.« Sie sprach über Doktor Kaber wie über einen gemeinsamen Freund. Sie blickte ihm hinter den dunklen Gläsern in die Augen. Jedenfalls nahm Manuel das an, denn er konnte ihre Augen ja nicht sehen. Ihre Miene war ernst geworden, aber ganz langsam, wie in Zeitlupe legte sich das spöttische Lachen wieder in ihre Mundwinkel.


»Keine Angst. Der nächste Schub kommt bald. Höchstens einen Kaffee entfernt.«

Wie rot konnte er noch werden? Seine Wangen mussten längst glühend rot leuchten. Sie brach in lautes Lachen aus. Mit einem schmalen Finger, an dem ein rot lackierter Fingernagel leuchtete, deutete sie über Manuels Schulter. Er ruckte herum und zuckte zusammen, als er die diskret wartende Bedienung hinter sich stehen sah. Wieviel hatte die jetzt wieder von dem Gespräch aufgeschnappt? Himmel, nicht noch roter werden, schalt er sich. Mit zitternder Stimme bestellte er einen Milchkaffee. Diese Frau machte ihm Angst. Waren seine Gedanken wirklich so einfach zu lesen?


Natürlich, dachte er. Er war ein Mann. Sie eine Frau. Eine ganz spezielle noch dazu. Was wollte er hier verbergen? Er hatte in der Kabine gelauscht. Hatte dieses eine sagenumwobene Wort aufgeschnappt. War ihr nachgelaufen wie ein Schuljunge seinem heimlichen Schwarm. Hatte sie ausfindig gemacht und saß nun hier bei ihr am Tisch. Sicher nicht um einen Kaffee mit ihr zu trinken. Seine Gedanken und seine Fantasien hatten sich schon während der Suche nach ihr verselbständigt. Warum sonst hätte er ihr nachhetzen sollen. Der Grund könnte ihm auch als Leuchtreklame, hell pulsierend auf der Stirn stehen. Es wäre nicht deutlicher abzulesen als jetzt schon.

»Ja, Sie haben Recht.« Er nickte und fühlte sich plötzlich seltsam gelöst. »Natürlich habe ich Sie aus diesem einen Gedanken gesucht.« Kaum ausgesprochen wurde ihm bewusst, dass sie die Frage nach dem Warum gar nicht gestellt hatte. Ok, indirekt vielleicht schon. Aber was soll’s. Seine Gedanken lagen sowieso offen hinter seiner Stirn. So brauchte sie nach seinen Gründen erst gar nicht fragen. Aber das hätte sie sowieso nicht getan. Waren sie doch so offensichtlich, wie die Hitze an diesem Augusttag. Es gab wohl niemanden hier am Tisch, der seine Gründe sie zu suchen in Frage stellte.

Die Bedienung brachte den Milchkaffee schneller als ihm lieb war. Gerade hatte Maja etwas sagen wollen. Als sie aus den Augenwinkeln die Kellnerin ankommen sah, hatte sie innegehalten. Jetzt war die Frau wieder verschwunden, aber Maja starrte gedankenverloren in ihren Eiskaffee. Sie spielte so konzentriert mit dem Strohhalm, rührte das schmelzende Vanilleeis mit der Sahne zusammen in die immer heller werdende Flüssigkeit, dass sie ihn überhaupt nicht mehr wahrzunehmen schien. Aber der Eindruck trübte. Ohne aufzusehen sagte sie unvermittelt.


»Ich bin übrigens Maja.« Sie ließ den Strohhalm in den hellbraunen Kaffee sinken, griff sich an die Sonnenbrille und steckte sie in ihre Haare. Ihre hellblauen Augen waren so groß und klar, dass Manuel darin zu versinken schien. Sie starrte ihn so unvermittelt an, dass er eine neuerliche Gänsehaut bekam. Mit derselben konzentrierten Miene, mit der sie den Kaffee gerührt hatte, fixierte sie sein Gesicht. Dann, ganz langsam, legte sie die Handflächen auf den Tisch. Der Korbstuhl gab ein knarzendes Geräusch ab, als sie sich erhob. Ein wenig mehr als notwendig beugte sie sich nach vorne. Der Duft ihres Parfums strich Manuel um die Nase. Unwillkürlich atmete er ein, um es aufzusaugen. Sie sagte kein Wort, bis sie sich umdrehte und mit langsamen Schritten durch die weit offenstehenden Flügeltüren des Cafés trat.


Beim Aufstehen hatte sie ihre Tasche mitgenommen. Die Geste hatte etwas endgültiges und trotzdem unvollendetes. War sie gegangen ohne sich zu verabschieden?

Manuels Herz raste. Er blickte auf ihren achtlos zurück gelassenen, halb ausgetrunkenen Eiskaffee, als würde er dort die Antwort auf seine Frage finden. Was erwartete sie jetzt von ihm? Dass du ihr nachgehst, natürlich. Sie auf der Toilette fickst. Die Stimme in seinem Kopf war so euphorisch, sie schien sich die Hände zu reiben vor Vorfreude. Er schloss einen Moment die Augen. Das konnte niemals wahr sein. Was passierte hier? Wollte sie das wirklich? Sollte es wirklich wie im Traum eines jeden Mannes ablaufen? Mann trifft Nymphomanin. Nymphomanin ist sofort willig. Nymphomanin macht eindeutige Geste. Mann ergreift Initiative und fickt Nymphomanin, die sich willenlos nehmen lässt.


Natürlich ist es das. Steh auf du Depp und geh ihr nach. Sie wartet nicht ewig. Wenn sie auf dem Weg zum Klo einen anderen entdeckt, nimmt sie den statt dich. Auf geht’s. Steh endlich auf und gehe ihr nach.

Er öffnete die Augen. Das gleißend helle Licht blendete ihn einen Moment. Fast schien es, als wäre das Café im Nebel seiner Fantasie zurückgeblieben. Aber als sich seine Pupillen wieder zusammengezogen hatten, stand dort immer noch der Eiskaffee. Er fühlte sich einen Moment lang so weggetreten, dass er beinahe glauben konnte, er wäre durch ein Sternentor hierher teleportiert worden.

War die Geste mit den Augen, dem eindringlichen stummen Blick wirklich so eindeutig gewesen? War das die Aufforderung gewesen ihm zu folgen? Hätte sie es nicht einfach sagen können? Dann hätte er gewusst woran er war. Seine innere Stimme schien sich mit der Hand an die Stirn zu schlagen. Er blickte sich um. Einer der Männer am Nebentisch fing seinen Blick auf. Einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Augen. Lachte der Mann ihn aus? Manuel hatte einen Moment lang den Eindruck, der andere schüttelte amüsiert den Kopf. Was bist du für ein Trottel, schien sein Blick zu sagen. Da will eine geile Frau, dass du sie auf der Toilette fickst, und du sitzt hier immer noch rum. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen, während er sich zu seinen Freunden zurückwandte. Die anderen beiden am Tisch lachten laut auf. Die kümmern sich überhaupt nicht um dich, durchfuhr es ihn als er merkte, dass einer der beiden anderen sein Smartphone herum gehen ließ, auf dessen Display sich etwas befinden musste, dass die anderen amüsierte.

Was soll’s, dachte er. Die Situation kann peinlicher nicht mehr werden. Er stand auf. Einen Moment lang hatte er die Befürchtung, seine Beine würden ihn nicht tragen. Sie fühlten sich taub und wacklig zugleich an. Alles unterhalb seiner Hüfte schien sich in wabbeligen Brei verwandelt zu haben. Wie ferngesteuert bewegte er sich auf die Flügeltür zu. Das Dunkel dahinter schien ihn verschlucken zu wollen. Es zog ihn geradezu magisch an. Sein Blickfeld war so eingeschränkt, als bewege er sich im Vollrausch. Alles um ihn herum schien sich in einer hellen, nebligen Suppe zu befinden, während das Dunkel seine volle Aufmerksamkeit auf sich zog. Beinahe wäre er über die Schwelle gestolpert. Die kurze Ablenkung nicht der Länge nach in das Café hinein zu stürzen, löste seine Trance auf. Er stand vor den Türen zu den Toiletten, im Halbdunkel, weit hinten in dem leeren Raum, dessen Tische und Stühle alle unbenutzt waren. Es fehlte ihm die Erinnerung wie er hierhergekommen war.

Er konnte doch nicht einfach die Tür zur Damentoilette aufstoßen. Oder doch? Selbst seine eben noch so großspurige innere Stimme, hatte darauf keine Antwort parat. Das würde eindeutig zu weit gehen. Männer, die sich auf Frauentoiletten schleichen, die Tür hinter sich absperren und Nymphomaninnen durchficken, während wildfremde Frauen am Waschbecken stehen, sich den Lippenstift nachziehen und den Geräuschen hinter der Kabinentür lauschen. Sowas gibt es doch nur im Kino, oder in schlechten Pornofilmen.

»Feigling!« Er erschrak so sehr, dass es sich anfühlte, als wäre er ein paar Zentimeter vom Boden abgehoben. Nur mit Mühe konnte er einen Ausruf verhindern. Die Stimme war hinter einem halbhohen, altmodischen Zigarettenautomaten aufgetaucht, neben der eine mannshohe Yucca-Palme ihr schattiges Dasein fristete. Maja duckte sich unter den ausladenden Palmwedeln hindurch. Sie trat auf ihn zu. In den hohen Schuhen war sie nur unwesentlich kleiner als er selbst. Ihre nackten Beine schimmerten im bläulichen Licht der Pflanzenlampe, die den Bereich um die Toiletten herum künstlich aufzuhellen versuchte.


Das Grinsen in ihrem Gesicht legte nahe, dass sie seinen Konflikt den er mit sich vor der Tür ausgefochten hatte, beobachtet hatte.


»Das wäre zu klischeehaft, oder?« Sie trat bis auf Armlänge an ihn heran. Der Duft nach Parfum und erhitzter Haut umwehte sie wie eine Wolke. Ein ums andere Mal sprach sie aus, was er gedacht hatte. Diese Frau machte ihm zunehmend Angst mit ihren beinahe übersinnlichen Fähigkeiten.

Kommentarlos wie zuvor am Tisch, blickte sie ihn einen Moment mit ihren eisblauen Augen an, ehe sie sich umdrehte und auf eine Tür zusteuerte, über der ein grünes Notausgangsschild leuchtete. Sie stieß die Tür mit einer Gelassenheit auf, als wäre sie nicht zum ersten Mal hier. Gleißend helles Sonnenlicht umspülte sie. Sie hielt die Tür am langen Arm geöffnet, ohne sich umzudrehen. Die Einladung war offensichtlich. Diesmal zögerte Manuel nicht ihr zu folgen. Schon alleine deshalb nicht, weil er nicht wollte, dass man zusah, wie er durch Türen ging, die unter normalen Umständen nicht für die Gäste gedacht waren. Die Hitze und die Helligkeit hinter der Tür traf ihn gleichermaßen heftig. Sie befanden sich in einem Innenhof. Umrahmt von hoch aufragenden Häuserfronten. Der Boden war mit groben, unebenen Quadersteinen ausgelegt. An einer Ecke standen aufgereiht die Mülltonnen des Cafés. Der Boden war mit grünen, moosigen Flechten bedeckt. Es war schwül wie in einer Sauna. Ein überdachter Durchgang führte unter einer der Häuserzeilen hindurch, hinaus in die Seitenstraße, die parallel zur Fußgängerzone verlief. Ein Auto fuhr gerade langsam an der Durchfahrt vorbei. Manuel blickte sich um. Außer Maja und ihm war niemand zu sehen. Seine Augen glitten nach oben, an den steilen Häusern entlang, deren Rückseiten sich so nah an den Innenhof schmiegten, dass die gegenüberliegenden Mieter sich unterhalten konnten.


Winzige Balkons, übersäht mit Wäscheleinen, Wäscheständern und kleinen Tischen und Stühlen ragten wie Warzen aus den Betonfronten. Die meisten Fenster standen offen. Ein paar Gardinen bauschten sich träge nach draußen.

Das helle Klackern von Majas Absätzen hallte übernatürlich laut durch die enge Häuserschlucht. Sie steuerte den Durchgang zur Straße an. Als sie unter dem überbauten Hinterhof hindurchging, erzeugten ihre Schuhe ein Echo an den engen, mit schmutzigen Graffitis beschmierten Wänden. Zu Manuels Überraschung ging sie nicht nach draußen auf die Straße, sondern durch eine schmale Tür, die sich an der Seite des Durchgangs im Halbdunkel befand. Sie war unverschlossen. Manuel fand sich in einem typischen Altbau Treppenhaus wieder. Die Stufen aus grauem Beton ausgetreten und brüchig. Die Luft war stickig und trug die Gerüche unterschiedlichster Speisen mit sich. Maja steuerte die Treppe an, als wäre sie hier zuhause.

»Ich habe meinen Milchkaffee nicht bezahlt.«


Maja winkte ab. Sie machte sich nicht die Mühe das näher zu erklären. Aber Manuel konnte sich denken was das bedeutete. Vermutlich wohnte sie hier und war bekannt in dem Café. Vielleicht war das auch der Grund warum sie Doktor Kaber kannte. Seine Praxis war weniger als den berühmten Steinwurf entfernt.

Trotz der warmen abgestandenen Luft, den schmierigen, kaum Licht einlassenden winzigen Fenstern und den ausgetretenen Stufen, auf denen man sich bei jedem unachtsamen Schritt das Genick brechen konnte, wäre Manuel fünfzig Stockwerke hinter Maja hergelaufen. Die sehnigen, muskulösen Waden, die in den hohen Schuhen bei jeder Stufe arbeiteten, als wollten sich die Muskeln durch die sonnengebräunte Haut drängen, waren ein Anblick, den Manuel stundenlang ansehen konnte. Ihre Oberschenkel spannten sich bei jedem Schritt. Der enganliegende Rock war ein wenig hochgerutscht. Sie machte sich keinerlei Mühe ihn wieder an Ort und Stelle zu schieben. Oder dort zu halten. Absichtlich hatte er sich ein paar Stufen zurückfallen lassen, um einen besseren Blick unter den Rock zu erhaschen, hatte aber festgestellt, dass das Licht in dem dunklen Treppenhaus nicht ausreichte. Also hatte er mit zwei, drei schnellen Schritten wieder aufgeholt und folgte ihr dichtauf. Er hätte ihre Pobacken mit der Nasenspitze berühren können, wenn er sich noch weiter nach vorne gebeugt hätte.


Mittlerweile mussten sie das dritte oder vierte Stockwerk erreicht haben. Maja machte keine Anstalten anzuhalten. Immer weiter ging es nach oben. Manuels Augen waren nur auf ihren Hintern gerichtet, der sich fest unter dem engen Rock abzeichnete. Das schwarze Top war wie der Rock ein wenig aus der Form gerückt. Auf der feucht glänzenden Haut die es preis gab, spiegelte sich das wenige Sonnenlicht das durch die blinden Fenster zu ihnen hereindrang.

Im fünften oder sechsten Stock, Manuel hatte die Orientierung verloren, hielt sie vor einer der ausgeblichenen Wohnungstüren an. Das ehemalige weiß der lackierten Holztür, war einem abblätternden Beige gewichen. Die eingelassene Milchglasscheibe hatte einen Sprung quer über die gesamte Breite. Unter einem bedauernswert dahinvegetierenden Kaktus, der auf einem schmalen Fenstersims sein Dasein fristete, holte Maja einen Wohnungsschlüssel hervor. Während sie den Schlüssel ins Schloss fummelte, knallte ein Stockwerk höher eine Tür. Trampelnde Schritte näherten sich in schnellem Tempo von oben. Ein Jugendlicher, vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahre alt, kam lautstark die Treppe herunter. Er verlangsamte sein Tempo nicht, während er an Manuel vorbei hetzte. Seine Augen flackerten einen Moment auf Majas Rückansicht, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Grinsen, das er Manuel zuwarf, ehe er den nächsten Absatz hinunter stürmte. Auch wenn der Blick nur einen Sekundenbruchteil gedauert hatte, war Manuel ohne Zweifel davon überzeugt, dass der Junge genau Bescheid wusste. Über alles.

Das gab seiner Euphorie, die während dem langen Aufstieg mit jedem Stockwerk angewachsen war, einen Dämpfer. Wie viele Männer hatten diese Schwelle schon überschritten? Mit denselben Erwartungen? Wenn sie wirklich einen solchen Männerverschleiß hatte, wie man Nymphomaninnen nachsagte, wie viele waren es dann diesen Monat schon? Diese Woche? Heute? Er zögerte den finalen Schritt hinaus, als gäbe es danach kein Zurück mehr. Worauf ließ er sich hier ein? Er war verheiratet. Was um Himmels willen hatte ihn angetrieben, dieser Frau nachzustellen? Warum war er nach der dämlichen Spritze nicht einfach nach Hause gegangen? Würde seine Frau herausfinden, dass er bei einer fremden Frau war? Es riechen? Es seinem Gesicht und seinem schlechten Gewissen ablesen? Maja konnte ihn lesen wie ein Buch. Seine Frau aber, wusste was er dachte, noch bevor er es überhaupt dachte. Konnte er ihr wirklich verheimlichen, was er im Begriff war zu tun?


Plötzlich kam ihm die Idee Maja zu folgen, wie die dümmste der Welt vor. Er hatte mit dem Schwanz gedacht. War einem Mythos gefolgt. Dieser Mythos hatte ihn so bereitwillig und mit einer Selbstverständlichkeit hierhergeführt, dass Manuel einfach davon ausgehen musste, dass er kein Einzelfall war. Er war austauschbar. Einer von vielen. In einer Stunde höchstens, wieder auf der Straße. Nur ein Lückenfüller von einem zum nächsten. Maja drehte sich herum. Ihre leuchtend blauen Augen strahlten aus dem Halbdunkel des Flurs, als wären sie das einzige Licht in einem dunklen Universum. Sie wirkten so voller Energie, dass sie ihn zu durchbohren schienen. Trotzdem bemerkte Manuel einen traurigen Glanz, der einen Sekundenbruchteil über sie hinweg wischte. Er verflog so schnell, dass er danach nicht mehr sicher war, ob er ihn sich vielleicht nur eingebildet hatte.

»Skrupel?« Sie hielt die Tür offen. War zur Seite getreten um ihn einzulassen. Die Selbstsicherheit mit der Maja mit der Situation umging, verunsicherte ihn im selben Maße. Manuel zuckte die Schultern.


»Keine Angst. In meinem Schlafzimmer liegen keine gebrauchten Kondome und im Bett liegt auch nicht der Lover von letzter Nacht noch herum. In der Küche stehen keine halb ausgetrunkenen Kaffeetassen und der Aschenbecher quillt auch nicht über von den Zigaretten danach.« Sie hätte all das mit einem Schmunzeln, oder einem Lächeln sagen sollen, doch ihr Gesicht zeigte keinerlei Regung. Etwas an diesem traurigen Gesichtsausdruck schreckte ihn so ab, dass er sich am liebsten umgedreht hätte. Aber dann war es eine kleine, beinahe unbedeutende Geste, die ihn veranlasste über die Schwelle zu treten. Ihre eisblauen Augen waren einen kurzen Moment an ihm entlang nach unten geglitten und während sie das taten, hatte ihre Zungenspitze sich für einen winzigen Augenblick zwischen ihren Lippen gezeigt. Nachdem er ihr die Tür aus der Hand genommen und sie hinter sich geschlossen hatte, standen sie sich so nahe gegenüber, dass ihr Atem seinen Arm streifte.

Er wusste nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Sie wussten beide weshalb sie hier waren. Daran war nun nichts mehr falsch zu deuten. Sollte er sie einfach in ihr Schlafzimmer drängen? Sein in seinen Shorts angeschwollener Schwanz signalisierte längst seine Bereitschaft. Nach zwanzig Ehejahren fehlte ihm wohl schlicht die Erfahrung in diesen Situationen. Ihr nicht. Sie trat noch ein wenig näher an ihn heran. Ihre Brüste berührten jetzt sein Shirt. Er spürte die harten Nippel durch den dünnen Stoff hindurch. Sie schienen Blitze direkt in sein Gehirn auszulösen. Für einen Moment schloss er die Augen, als wolle er sichergehen, dass das Gefühl keine Einbildung war. Die Hitze ihres Körpers schien auf ihn überzugehen. Es war nicht nur die Wärme in dem kleinen Flur, die ihm den Schweiß aus allen Poren drückte. Er spürte seinen Rücken feucht werden und das Shirt an seiner Haut kleben.


Wie in Trance stellte er fest, dass feingliedrige Finger sich an seinem Hosenbund eingefunden hatten. Wie ein Wirbelwind aus rot lackierten Fingernägeln sich an seiner Bermudahose zu schaffen machten. Er zuckte zusammen, als die Nägel seine Haut streiften. Die Hose glitt geräuschlos auf den Boden zwischen seinen Knöcheln. Sie hatte sie samt seinen Shorts nach unten fallen lassen. Sein Schwanz sprang pendelnd ins Freie. Ohne sich um ihn zu kümmern, griff sie nach dem Saum seines Shirts. Es wurde dunkel als es ihm über den Kopf gezogen wurde. Achtlos, wie die Hosen, landete es auf dem Boden. Um die hellen Segeltuchschuhe die er trug, kümmerte er sich selbst.

Noch bevor unten die Haustür knallend ins Schloss gefallen war, und der nach unten stürmende Junge das Treppenhaus verlassen hatte, war Manuel nackt. Wie zutreffend das wissende Grinsen des Kerls doch gewesen war. Der Luftzug den die zufallende Haustür verursachte, rüttelte an der gesprungenen Glasscheibe ihrer Eingangstür. Maja ging vor ihm in die Knie. Sie hockte sich auf seine Shorts. Die Fersen ihrer Füße glitten aus den Kappen ihrer High-Heels, während sie sich nach vorne beugte. Der Anblick erregte ihn. Schöne Füße und schöne Schuhe waren ein Anblick den er durchaus würdigen konnte. Maja hatte die Hände auf die Oberschenkel gestützt und war tief zwischen seine Beine abgetaucht. Ihre schwarzen Haare kitzelten an den Innenseiten seiner Schenkel. Ein paar Strähnen waren aus dem Haargummi gerutscht, mit denen sie den Pferdeschwanz an ihrem Hinterkopf zusammengefasst hatte. Ihre ausgestreckte Zunge näherte sich von unten seinen Eiern, die sich krampfend zusammenzogen. Sein Schwanz zuckte erregt. Langsam glitt sie mit der Zunge über seinen glattrasierten Sack, den Schaft entlang bis an die Spitze seiner Eichel. Sie züngelte an seinem Bändchen, ehe sein Schwanz erneut zuckte und von ihrer Zungenspitze hüpfte. Noch immer hatte sie die Hände auf ihre Oberschenkel gestützt.

Mit weit geöffneten Lippen angelte sie sich die Schwanzspitze aus der Luft, umschloss die Eichel mit ihrem warmen Mund und ließ ihn langsam hineingleiten, bis er gegen ihren Gaumen stieß. Er spürte wie seine Eichel an der rauen Oberseite entlang glitt. Wie er auf den Widerstand ihres Rachens stieß. Sie reckte den Hals um ihn tiefer aufnehmen zu können. Ein Beben durchlief ihren Körper als sie kurz über den Würgereiz hinweg arbeiten musste. Dann legte sie den Kopf noch weiter in den Nacken und er glitt in sie hinein bis ihre Nasenspitze seine Bauchdecke berührte. Das Gefühl in der Enge ihrer Kehle zu stecken war unbeschreiblich geil. Zu sehen wie sein Schwanz in voller Länge von ihr verschluckt wurde, ließ ihn zucken. Er sah die Zuckungen seines Schwanzes sich auf ihren Hals übertragen und stöhnte unkontrolliert auf. Niemals zuvor hatte er etwas vergleichbares an seinem Schwanz gespürt. Ihr Schlund vollführte melkende Bewegungen an seinem Schaft, wenn sie versuchte, den sich ansammelnden Speichel zu schlucken. Es war ein Reflex, der nicht funktionieren konnte, mit seinem Schwanz tief in ihrem Rachen. Also öffnete sie den Mund ein wenig weiter, bis ihr die Spucke aus den Mundwinkeln heraus auf den Boden tropfte.

Als die eisblauen Augen sich von unten zu ihm nach oben wandten, ihre Augen sich fanden und er ein Verlangen in diesen Augen lesen konnte, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte, pumpte er sein Sperma in harten Schüben direkt in ihren Hals. Es geschah so plötzlich, dass er selbst davon überrascht wurde. Die Ränder seiner Augen schrumpften zu schwarzen Höhlen zusammen, bis am Ende nur noch ein Stecknadelkopf großes Blickfeld übrigblieb, das gänzlich von ihren blauen Augen ausgefüllt schien. Seine Knie gaben nach, zitterten unkontrolliert. Instinktiv griff er nach hinten, ertastete aber nur leeren Raum. Er ruckte eine Hand nach vorne, fand die Stelle an ihrem Hinterkopf, wo das straff zusammen gefasste Haar von ihrem Haargummi gehalten wurde und hielt sich wie an einem Griff daran fest. Ihr Kopf zuckte mit seiner Bewegung mit. Er spürte wie sie schluckte. Wie das Pumpen seines Schwanzes ihren Hals weitete. Wie er Schub um Schub heißes Sperma in ihren Hals drückte. Während dieser ganzen Zeit fixierten ihn die eisblauen Augen. Das weiß um die Iriden strahlte hell wie frischer Schnee. Er versank regelrecht darin.

Sie dachte gar nicht daran ihn aus ihrer feuchten Umklammerung zu entlassen. Längst hatte er ausgezuckt. Seinen Atem stoßweise versucht unter Kontrolle zu bringen. Erst als sein Schwanz langsam in ihrer Kehle erschlaffte, ließ sie ihn langsam über ihre Lippen herausgleiten. Ein Tropfen Sperma, der sich an ihrer Oberlippe verfangen hatte, war das einzige Zeugnis, dass er überhaupt abgespritzt hatte. Sie leckte mit der Zunge darüber, bis sie ihn als erbsengroßen Klecks auf der Spitze balancierte. Die Spitze wölbte sich nach oben als wolle sie verhindern ihn wieder zu verlieren, während sie sich langsam aufrichtete und seinen Körper entlang nach oben glitt. Ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss, der ihm den Atem raubte. Ihre Zungen umspielten sich gierig. Er schmeckte sich selbst. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er den Geschmack seines eigenen Spermas im Mund. An den Rand seines Bewusstseins drängte sich die Frage, warum man vierzig Jahre alt werden musste, um zu erfahren, wie Sperma schmeckte. Etwas an der Art wie Maja ihn ansah, legte den Schluss nahe, dass es nicht die einzige neue Erfahrung bleiben würde, die er in nächster Zeit machen sollte.

Sie löste sich von seinen Lippen, drehte sich in seinen Armen, die er um sie geschlungen hatte und lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust. Ihre Haare kitzelten an seinen Wangen. Sie griff nach seinen Händen, legte ihre auf seine Handrücken und führte sie an ihrer Seite entlang nach unten, als traue sie ihm nicht zu, den Weg unter ihr Top selbst zu finden. Als seine Fingerspitzen die nackte, heiße Haut an ihrem Bauch berührten, führte sie seine Hände wieder nach oben. Das Top glitt unter seinen Fingern nach oben, bis es über ihre Brüste rutschte. Es klebte an ihrer feuchten Haut. Seine Handflächen legten sich auf ihre Brüste. Die Nippel waren hart und steif, die Brüste straff und doch unglaublich weich. Ihre Hände glitten auf seine Unterarme, jetzt wo sie seine Hände dort spürte, wo sie sie haben wollte. Im Spiegel gegenüber konnte Manuel sehen, dass sie die Augen geschlossen hatte. Feine Staubpartikel waberten im Gegenlicht der einstrahlenden Sonne. Es war warm in dem kleinen Flur. Daran änderte auch nichts, dass er keine Kleider mehr am Leib trug.

Langsam zog Manuel das Top über ihren Kopf. Ihre Haut war braungebrannt. Ein heller Bikinistreifen zeichnete sich auf ihren Schultern ab. Am Rücken wurden die Abdrücke breiter. Im Spiegel konnte Manuel die Stellen sehen, die ihr Bikini auf ihre Brüste gezeichnet hatte. Es musste ein äußerst kleiner Bikini gewesen sein. In Gedanken ersetzte Manuel die hellen Stellen durch einen feuerroten Bikini. Er kam zu dem Ergebnis, dass klein die falsche Bezeichnung sein musste. Winzig bis kaum vorhanden, musste eher zutreffen. Beim Gedanken daran sie in diesem Outfit im Gras liegen zu sehen, den Körper kaum verhüllt der brennenden Sonne ausgeliefert, die Haut von einem Film aus Sonnencreme überzogen, der im hellen Licht glänzte, regte sich sein Schwanz bereits wieder. Er wollte den passenden Abdruck des Bikinihöschens sehen und machte sich daran, ihr den Stretch Rock über die Schenkel zu schieben. Mit kreisenden Hüftbewegungen unterstützte sie ihn bei seinem Vorhaben. Wie schon das Top verschwand auch der Rock, ohne störende Unterwäsche zu hinterlassen. Der Abdruck des Bikinihöschens stand dem Oberteil in nichts nach, wie Manuel im Spiegel eingehend betrachten konnte. Sie war blank rasiert. Auf den hellen Fleck, den der Bikini der Sonne abgetrotzt hatte, hätte eine Zwei Euro Münze gepasst um ihn gänzlich zu verdecken.

Ein Zittern hatte Majas Körper erfasst. An seine Brust gelehnt übertrug sich das Vibrieren auf seinen Körper. Ihre Atmung ging stoßweise. Langsam fanden seine Hände den Weg nach unten. Ganz ohne fremde Hilfe. Seine Fingerspitzen glitten über ihren Venushügel. Als sie ihren Kitzler fanden zuckte Majas Unterleib. Ihre Pobacken wackelten an seiner Hüfte. Sein Schwanz presste sich hart in ihren Rücken. Er konnte nicht glauben, dass er schon wieder steif war. Als er die Nässe ihrer Muschi spürte stöhnte er auf. Sofort steckte er einen Finger hinein, ließ schnell einen zweiten folgen, nachdem die Muskeln ihrer Vagina sich entspannt hatten und krümmte die Finger in ihrem Innern, auf der Suche nach dem geheimen Punkt. Keuchend wand sich Maja unter seinen Fingern, bemüht ihren Kitzler an seiner Hand zu reiben. Schon wieder begannen seine Beine zu zittern. Er hätte sich gerne irgendwo mit ihr hingelegt, aber er traute sich nicht sich zu bewegen. Vielleicht würde er dann aus diesem feuchten Traum aufwachen.


Draußen schlug die Eingangstür zu. Wieder war der Windstoß, der sich durch das Treppenhaus ausgebreitet hatte, in der Glasscheibe zu spüren. Sie erzitterte knirschend.

Als wäre das ein Signal gewesen, löste Maja sich von seiner Brust, zog die oberste Schublade einer kleinen Kommode auf, die direkt vor ihr stand und fischte ein Kondom heraus. So wie sie das tat hatte es den Anschein, als befände sich nichts anderes in der Schublade. Beiläufig reichte sie es Manuel nach hinten, bückte sich ein wenig, stützte sich an der Kommode ab und streckte verführerisch ihren Hintern in seine Richtung. Im schummrigen Licht glitzerte die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen. Schnell hatte Manuel das Kondom auf seinen schon wieder steifen Schwanz gerollt. Er teilte ihre Schamlippen mit seiner Eichel und drückte sich langsam in sie hinein. Sie wackelte mit den Hüften. Die Muskulatur in ihrer Muschi umklammerte seinen Schwanz. Langsam löste sie sich, nahm ihn noch tiefer auf. Mit einem schmatzenden Geräusch drang er bis zum Anschlag in sie ein. Sofort streckte sie die Arme aus, als wolle sie ihn wegschieben. Er hielt dem Druck stand bis sie sich wieder nach vorne fallen ließ, und das Spiel immer schneller werdend wiederholte. Sie fickte sich in ihrem eigenen Tempo selbst an seinem Schwanz. Manuel musste nur dastehen und dem Druck standhalten. Zur Sicherheit hielt er sich an ihrer Hüfte fest.

Schnell klatschten ihre Leiber lautstark in dem engen Flur aufeinander. Das Atmen wurde zu einem Keuchen. Maja legte ein gehöriges Tempo vor. Der Schweiß begann auf ihren Schultern zu glitzern. Der Haaransatz klebte an ihrem Rücken. Manuel reckte ihr immer härter die Hüfte entgegen, um die Stöße zu verstärken. Es klang als würde eine unsichtbare Menge ihnen applaudieren. Maja zuckte und hüpfte auf den Zehenspitzen. Ihre Knie zitterten, die Muskulatur an ihren Oberschenkeln flatterte. Unter einem langgezogenen Stöhnen nahm sie eine Hand von der Kommode und klopfte sich mit den Fingerkuppen auf den Kitzler. Zuerst sachte, dann immer schneller und immer härter. Manuel spürte die Fingernägel, die sich in seine Schwanzwurzel bohrten, wenn er tief in sie eindrang. Sie zappelte und strampelte auf dem alten Holzboden in ihrer Diele. Manuel spürte ihre Nässe trotz des Kondoms. Die Reibung an seinem Schwanz hatte deutlich nachgelassen.

Als hätte ein Stromschlag sie erfasst, kam Maja grunzend und keuchend. Ihr ganzer Körper vibrierte und ihre Knie versagten kurzzeitig den Dienst. Mit den Händen an ihrer Hüfte hielt Manuel sie aufrecht. Als ihr das langgezogene, kehlige Geräusch entfuhr war es, als hätte Manuels Herz eine eiserne Faust umklammert. Seine Frau kam still. Beinahe lautlos. Er konnte ihren Orgasmus in ihren Augen lesen, an ihren körperlichen Reaktionen erkennen, aber sie kam immer ohne nennenswerte Geräusche zu machen.

Von einer Sekunde auf die andere fühlte er sich so elend, dass ihm schlecht wurde. Sterne tanzten vor seinen Augen. Sein Sichtfeld schränkte sich dramatisch ein. Er schnappte nach Luft, saugte die stickige, warme Luft in seine Lungen und hatte doch das Gefühl zu ersticken. Eine panische Sekunde lang dauerte das Gefühl, dann blähten sich seine Lungenflügel und er sog keuchend die Luft ein. Was tat er hier eigentlich? Er hatte sein Hirn ausgeschaltet und fickte gerade eine vollkommen fremde Frau. War er von Sinnen? War er gerade dabei eine zwanzig jährige Ehe wegzuwerfen? Er betrog gerade seine Frau.

In dem kleinen Flur war es ruhig geworden. Majas Atmung beruhigte sich gerade wieder und Manuel stand unter einem Schock, der ihn beinahe zur Salzsäule hatte erstarren lassen.


Schritte waren auf den Steinstufen draußen zu hören. Langsam. Aber doch schwer und laut. Sie näherten sich ihrem Stockwerk. Manuel sah den Schatten hinter der Glasscheibe auftauchen. Er sah im Spiegel, dass Maja die Augen geschlossen hatte und sich mit den Fingern langsam den Kitzler streichelte.

Die Schritte erstarben direkt vor Majas Tür. Der Schatten legte sich dunkel auf die gesprungene Scheibe. Schemenhaft tauchte ein Gesicht dahinter auf. Manuel sah wie es sich der Scheibe näherte. Erkannte das Gesicht eines Mannes. Dunkelhaarig, mit einer Brille und einem Kinnbart. Der quer über die Scheibe verlaufende Sprung, verlieh den Zügen des Mannes etwas grotesk unsymmetrisches. Er hatte bislang weder geklingelt, noch geklopft. Maja musste die Schritte ebenfalls gehört haben. Und auch, dass sie vor ihrer Tür verstummt waren. Doch sie hatte weiterhin die Augen geschlossen, als ginge der Mann vor der Tür sie nichts an.


»Da steht jemand«, raunte Manuel. Sie nickte nur. Das Gesicht war jetzt so nahe, dass die Nasenspitze das Glas berührte. Draußen war es hell, hier drinnen war es schummrig. Ob man sie hier stehen sah? Nackt, hintereinander, in mehr als eindeutiger Haltung.


»Er schaut durch die Scheibe«, sagte Manuel. Jetzt schon etwas lauter. Der Mann draußen musste es hören. Noch hatte der sich mit keiner Silbe oder einem Klopfzeichen bemerkbar gemacht. Die Art wie er durch die Scheibe starrte, hatte etwas furchteinflößendes. Fehlte nur, dass er das Gesicht zu einer Fratze verzerrte und das Szenario hätte aus einem beliebigen Horrorfilm stammen können. Wieder nickte Maja.

»Das ist Paul«, sagte sie. Laut genug, dass sie draußen zu hören war. Ihre Augen waren immer noch geschlossen. »Er ist zu früh.« Beim letzten Wort erhob sie die Stimme so, dass das Signal eindeutig als Vorwurf zu verstehen war. Das Gesicht hinter der Scheibe zog sich langsam zurück. Aus den Zügen des Mannes wurde nur noch ein verschwommener Schemen, dann ein Schatten ohne jede Kontur. Schritte erklangen auf dem Podest vor der Tür. Einer, dann zwei, dann drei. Langsam und irgendwie unentschlossen. Dann stoppten sie abrupt. Stoff raschelte. Manuel konnte es nicht sehen, aber sein Gefühl sagte ihm, dass der Typ draußen sich auf die Treppe gesetzt hatte. Er wartete. Wartete, dass Manuel fertig wurde und Maja ihn einlassen würde. Er war zu früh. Also war er bestellt.

Dass sein Körper sich versteift hatte, dass die Bewegungen in ihrer Muschi eingefroren waren, dass er die Luft angehalten hatte, all das wurde ihm erst bewusst, als Maja in die Knie ging und sein Schwanz aus ihr herausrutschte. Manuels Erektion fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Auf einmal wollte er nur noch weg. Raus aus dem Flur, raus aus dem Haus. Raus aus dieser Situation.

»Entspricht nicht ganz deinen romantischen Vorstellungen?« Ihre Stimme war so eisig, dass ihm der Schweiß auf dem Rücken zu gefrieren schien. Ein kalter Schauer rieselte durch ihn hindurch. Die Gänsehaut schien sich überall gleichzeitig auszubreiten. Er schüttelte den Kopf. Vorhin hatte er ein Loch gesucht in das er verschwinden konnte. Ein riesiger Krater würde jetzt auch ganz gut passen. Einen in den er sich mit dem Kopf voraus in nichts als tiefe Dunkelheit stürzten konnte.


»Weißt du«, sagte sie, »in euren biergeschwängerten Phantasien vergesst ihr immer eine Kleinigkeit.« Ihre Stimme klang fast wieder normal, wäre da nicht der erzieherische Unterton, als spräche sie mit einem kleinen Kind. »Angeblich brauchen wir Nymphomaninnen den ganzen Tag über Sex. Rund um die Uhr. In euren Phantasien seid immer ihr es, der ihn liefert. Den Sex. Rund um die Uhr. Immer der, der die Geschichte erzählt. Oder den Traum träumt.« Sie machte einen Schritt zurück, deutete auf seinen erschlafften Schwanz, während sie die Tür zum Treppenhaus öffnete.


»Aber ist das realistisch? Kannst du mich 10-mal am Tag oder noch öfter befriedigen? Jeden Tag. Jede Woche, jeden Monat? 10-mal täglich?«

Manuel sagte nichts. Er war vollkommen vor den Kopf gestoßen. Maja drehte sich zu der offenen Tür. Nackt wie sie war stand sie unter ihrer Eingangstür. Manuel sah nur die Beine des anderen Mannes, der auf der dritten oder vierten Stufe zum nächsten Stockwerk hockte.


»Komm rein«, sagte Maja. Ihre Stimme klang müde und emotionslos. Sie trat zur Seite und ließ den Mann eintreten. Seine Miene zeigte keine Regung als er Manuel nackt im Flur stehen sah. Seine Kleider waren rings um ihn verstreut. Sein Schwanz hing schlaff zwischen seinen Beinen. Das runzlig an seinem Schaft hängende Kondom sah erbärmlich aus. So erbärmlich wie er sich fühlte. Die Augen des anderen brannten auf seinem Körper. Er fühlte sich schutzlos und gedemütigt. Wo war der verdammte Krater, wenn man ihn brauchte?

Maja deutete auf das Ende des Flurs. »Geh schon vor.« Es galt dem Anderen. Er ging an Manuel vorbei, nickte ihm stumm zu. Seine Miene noch immer wie eingefroren. Maja folgte ihm dicht auf dem Fuß. Sie war schon an Manuel vorbei als sie, ohne sich umzudrehen sagte:


»Zieh die Tür hinter dir zu, wenn du gehst.« Dann war sie in dem Zimmer verschwunden, in das der Andere vorausgegangen war. Stoff raschelte. Eine Gürtelschnalle schlug auf Holzboden auf. Schuhe wurden abgestreift. Manuel stand da wie versteinert. Er fühlte sich erbärmlich. Hinten knarzte ein Bett. Es dauerte nur Sekunden, dann war das rhythmische Klatschen aufeinanderprallender Haut zu hören. Majas Stöhnen hallte durch den kurzen Flur. Das angestrengte Keuchen des Mannes überlagerte schnell ihre Stimme. Manuel hatte keine Ahnung wie lange er so dagestanden hatte, bis er in der Lage war sich zu bewegen. Seine Kleider zusammen zu suchen und sich anzuziehen. Seine Hände zitterten. Obwohl er am liebsten aus dem Haus gestürmt wäre, brauchte er ewig bis er alles angezogen hatte. Daran war nicht nur das gebrauchte Kondom schuld, das er sich vom Schwanz gezogen und um den Zeigefinger gewickelt hatte, damit es nicht auslief. Er hätte es achtlos auf dem Boden liegen lassen können, aber das brachte er nicht fertig. Das Zeugnis seiner Idiotie auch noch zurückzulassen schien ihm unmöglich. Saure Galle stieg in seinem Hals auf, als er sich bückte um seine Schuhe anzuziehen.

In dem Moment in dem er die Tür hinter sich zuzog, gellte Majas Orgasmus durch ihre Wohnung. Es klang wie ein Schmerzensschrei. Er brauchte frische Luft. Ganz schnell. Stürmte die Treppen nach unten wie der junge Bursche es vor ein paar Minuten vorgemacht hatte. Erst als er den untersten Absatz erreicht hatte, das helle Rechteck der Eingangstür vor Augen, konnte er langsamer gehen. Sein Atem rasselte, sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er riss an der Tür wie ein Ertrinkender. Fast wäre der Typ der vor der Tür stand in ihn hineingefallen. Manuel hatte ihm die Tür regelrecht aus der Hand gerissen. Ein untersetzter Mann, Anfang Sechzig, mit ausgeprägter Stirnglatze stand vor ihm und starrte ihn an. Eine lange Sekunde schauten die beiden Männer sich in die Augen. Der Andere nickte ihm zu und drängte an ihm vorbei. Manuel musste nicht warten in welches Stockwerk er gehen würde. Es stand ihm in den Augen.

Doktor Kaber kam ihm in den Sinn. Ob er wusste, mit wievielen er sich Maja teilte, während er fleissig seine Patienten versorgte? Sie hatte ihm versprechen müssen, sich nicht den erstbesten Kerl zu schnappen, der ihr über den Weg lief. Sie hatte bis heute Abend aushalten sollen, bis er sie besuchen kam.


So genommen hatte sie auf ganzer Linie versagt. Der erstbeste Kerl war letztlich er gewesen. Und bis heute Abend würde sie Doktor Kaber mit noch vielen anderen geteilt haben. Wie viele würden es heute werden? Wie viele waren es heute schon gewesen? Sein Magen rumorte lautstark. Es wurde Zeit endlich an frische Luft zu kommen.

Kommentare


GhostWriter
(AutorIn)
dabei seit: Feb '04
Kommentare: 29
GhostWriter
schrieb am 30.06.2019:
»Lieben Dank an alle für das Feedback.«

tralalo
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 96
schrieb am 10.06.2019:
»Sehr eindrucksvoll.«

kiramaus
dabei seit: Okt '02
Kommentare: 29
schrieb am 11.06.2019:
»Sehr, sehr gut geschrieben und das Erlebnis beeindruckt mich...und erregt mich...wie gut kann ich Manuels Empfinden 'danach' nachvollziehen...am besten fand ich ihre Emotionslosigkeit und die Betonung der Notwendigkeit...hat mir sehr gut gefallen die Geschichte!«

kater074
dabei seit: Feb '08
Kommentare: 305
schrieb am 12.06.2019:
»Sehr schöne, detailreiche, gefühlvolle Geschichte.«

suggi1
dabei seit: Aug '02
Kommentare: 104
schrieb am 19.06.2019:
»Wahnsinnig geil und doch erschreckend! Geile Geschichte«

krebskrebs
dabei seit: Jul '15
Kommentare: 98
schrieb am 27.09.2019:
»... super, sexy und geil.«

stafford
dabei seit: Mai '04
Kommentare: 26
schrieb am 03.05.2022:
»Es bleibt einem im Halse stecken...«

Pirat
dabei seit: Nov '00
Kommentare: 484
schrieb am 18.02.2023:
»Sehr eindrucksvolle Geschichte. Perfekt erzählt. Ich hätte in der Situation kaum anders gehandelt und mich am Ende nicht weniger geschämt.«


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