Family Affairs - Drei kurze Kurzgeschichten
von Helios53
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Nachstehende drei kurze Kurzgeschichten wurden für einen Wettbewerb unter der Vorgabe eines Wortlimits von 600 geschrieben. Ohne Toleranzzuschlag! Da muss man an Wörtern sparen, denn im Text soll nicht nur die ganze Geschichte Platz finden, sondern nach Möglichkeit auch noch eine Art Pointe zum Abschluss.
Die Leser mögen daher davon absehen, darauf hinzuweisen, dass die Geschichten schlicht zu kurz sind oder dies und das detaillierter ausgeführt hätte werden sollen. Dafür war leider kein Platz. Und daher eignen sich diese Kurzkurzgeschichten sicher nicht als Wichsvorlagen, es sei denn, der Leser kann die Anregungen in seinem Kopfkino zu Clips in passender Länge verarbeiten.
Und nun: Viel Spaß, denn nur darauf kommt es an!
Wieder kommen die Kurzstories in chronologischer Reihenfolge (alle aus dem Jahre 2011). Drei eher kuriose Geschichten des häuslichen Zusammenlebens. Wobei meine Sympathien sichtbar auf Seiten der weiblichen Protagonisten liegen.
THEMA zum ersten aufregenden Geschehen war schlicht „Überraschungen“ und Ideengeber ein alter Song.
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VATERFREUDEN
© Helios53, I/2011
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„Papiii?“ Ruth klingt ein wenig nervös.
„Hmmm?“ Papi drückt schnell die Paniktaste, Google erscheint unverdächtig auf dem Bildschirm und er lässt seinen Blick wohlgefällig auf seiner Kleinen ruhen. Groß war sie nicht geworden, aber sehr ansehnlich. „Was denn, Ruthi, mein Kind?“
„Was machst du denn da gerade, Papi?“
„Äh – mmh – ich wollte nur mal was nachsehen.“
„Und was?“ Hatte sie nun irgendwie der Mut verlassen, das zu fragen, weswegen sie gekommen war? Fast hat es den Anschein, denn sonst interessiert sie sich einen Dreck dafür, was ihr Alter nachsehen will.
„Ach, mich interessieren grad die Vererbungsgesetze von Mendel. Kreuzungen und so.“
„Aber da könntest du doch mich fragen. Schließlich habe ich in Bio maturiert.“
„Ach weißt du, ich wollte es schon genau wissen. Und was wolltest du mich fragen?“
"Na, fragen eigentlich nicht. Ich wollte was sagen. Irgendwie passt es eh zum Thema.“
„Was für Thema?“
„Mendel. Vererbung. Und so.“
„Du bist schwanger?“ Pure Panik in der Stimme.
Ruth läuft knallrot an. „Wo... woher weißt du das?“
„Was?! Du bist wirklich schwanger? Wwer wwar das? Wer hat dir das angetan? Sag mir, wer der Kerl ist und ich .. ich … ich …“ Papa Wagner stottert hilflos. „Ich bring ihn um“, hatte er schon sagen wollen, aber das scheint ihm dann doch zu drastisch, vor allem, weil ihm die Durchführung so einer Drohung niemand zutraut. Auf jeden Fall braucht er jetzt einen Cognac. Vierstöckig!
„He! Papi, reg dich wieder ab! Ich bin fast zwanzig, schon vergessen? Und ich will das Kind haben, das ist kein Unfall gewesen.“
„Trotzdem! Wer ist der – äh – glückliche Vater?“ Noch klingt er ein wenig drohend.
„Der Schreiner Christoph ist ein ganz, ganz Lieber. Wir wollen auch heiraten.“
Papa Wagner springt auf, mit bleichen Gesicht und blitzenden Augen. „Das kommt nicht in Frage! Unmöglich! Du darfst das Kind nicht bekommen. Das geht nicht!“
„Spinnst du? Was regst du dich so auf? Du magst doch den Christoph auch!“
Papa Wagner braucht noch einen Vierstöckigen und noch einen, druckst herum und rückt dann mit der bitteren Wahrheit raus. „Du kannst kein Kind mit dem Christoph haben und du kannst ihn nicht heiraten. Der Christoph ist nämlich dein Bruder oder besser Halbbruder. Ich muss dir das leider sagen, aber du darfst es niemand erzählen.“
„Was? Du und die Christa Schreiner? Du Schwein!“ Türenknallen, Heulen und Zähneknirschen.
***
„Wo ist meine Tochter?“ Frau Wagner stürmt die gynäkologische Privatklinik des Dr. Gripo Sznap. „Sie will hier abtreiben und das wäre eine Katastrophe. Wo ist sie? Sofort, oder ich rufe die Polizei!“ Wütend funkelt sie die Empfangsschwester an, bereit zum ‚Schwestermord‘.
„Hier bin ich, Mami“, kommt ein dünnes Stimmchen aus der hintersten Ecke des Wartebereiches.
„Ruthilein, mein armes Kind! Komm mit mir, es ist alles in Ordnung!“
„Aber ...“
„Papperlapapp! Ich weiß alles und alles ist Blödsinn. Komm mit mir nach Hause!“
„Aber Papi …“
„Ach, der alte Dummkopf hat ja keine Ahnung! Von seiner Affäre mit Christa weiß ich seit 20 Jahren.“
„Du weißt das? Und du bist Papi deshalb gar nicht böse? Wie konnte er nur? Du bist doch viel hübscher als Christa. Und wieso hat die eigentlich ...? Ihr Mann, der Stefan, ist doch eigentlich ein viel tollerer Mann als Papi.“
„Ich weiß, ich weiß!“
"Aber ich find’ den Christoph toll und kann ihn nicht …"
„Aber natürlich kannst du. Er ist nämlich ganz sicher nicht dein Halbbruder.“
Ruthi stockt und kombiniert. Dann kommt ihr die Erleuchtung. „Aber wer ist denn dann mein …?“
„Na, was glaubst du wohl?“
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Der inspirierende Song war natürlich Trini Lopez‘ „Shame and scandal in the family“. Wer es nicht kennt: Unbedingt anhören. Gibt es natürlich bei youtube.
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Im Herbst darauf lautete das THEMA: „Aller guten Dinge sind …“ Man hätte die Anzahl beliebig wählen können, aber ich blieb ganz orthodox bei „drei“.
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FORTBILDUNG
©Helios53, X/2011
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Erst ließ er sich einen blasen, dann ‚missionierte‘ er sie, ehe er seine Frau mit hundertfach geübtem Schwung in die Bauchlage drehte, ihren prachtvollen Hintern nach oben zog und sein ‚Wunderhorn‘ zum Einlochen bereitcremte. „So, meine Liebste, aller guten Dinge sind …“
Überraschend wand sie sich geschickt aus seinen Händen, warf ihn kraftvoll auf den Rücken und kniete schon auf seinen Armen, ehe er noch „Hier kommt der Würstelmann!“ hätte sagen können.
„Aber …!“, versuchte er einen lahmen Protest, doch da erstickte sie effizient jede weitere Argumentation, indem sie sich knebelnd auf ihn senkte.
„Hör gut zu und halt einfach die Klappe!“, riet sie ihm nachdrücklich.
„Uuuummmmhhchch-rrr!“ Darauf ging sie gar nicht ein.
„Oral, vaginal, anal; jeden Abend dasselbe, wie in einem verstaubten Pornofilm, das …“
„Nn-nn-nn-nmh!“
„Unterbrich mich nicht und höre! Ich halte dir ja zugute, dass du offenbar sogar in diesem Punkt nicht up to date bist. Jetzt heißt das Minimalprogramm bei Billigpornos blasen, lecken, ficken. Wenn du willst, kannst du Punkt zwei gleich mal üben!
„Mmm-aschlmm-nschu???“
„Ich versteh so schlecht. Aber du kommst schon drauf. Oh ja! Weiter so! Mmmh, ja, warum nicht gleich! Also weiter. Ich habe mich fortgebildet und …"
„WA-Mppff-nn???“
„... und die Mädels in meiner Yogagruppe ausgefragt. Und so weiter. Da sind mir so richtig die Augen aufgegangen. Nach ein paar praktischen Übungen – jetzt lieg endlich still! Es langt, wenn du die Zunge bewegst! – nach ein paar praktischen Übungen bin ich zu folgendem Schluss gekommen. Es ist endgültig aus!"
„NNn-ii-mmpf!“
„Ruhig Blut, lass mich doch ausreden! Es ist endgültig aus, mit dem langweiligen Standardprogramm. Gut, du bist ja mal gar nicht so schlecht, das will ich nicht bestreiten, aber es gibt einfach mehr und ich will mehr! Mehr für mich und mehr für dich.“ Geschmeidig bewegte sie ihren Unterleib, rieb ihren Kitzler sanft an seinem Nasenknorpel, bis ein euphorischer Hauch ihren yogagestählten, biegsamen Körper durchwehte.
Schön langsam fand auch er Gefallen an der grundsätzlich prekären Lage, in der er sich befand. Sein Wunderhorn stand nach wie vor wie eine Eins, was durchaus auch damit zu tun hatte, dass sein glubschender Blick ungehindert auf ihren zart wogenden, herrlichen Brüsten mit den prall vorstehenden Nippeln ruhen konnte.
„Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ich verlasse dich und suche mir einen, nein, drei Liebhaber, denn, wie sagst du immer? Aller guten Dinge sind drei? Und von denen lasse ich mich nach allen Regeln der Kunst vögeln, während ich an dich denke.
Oder du wachst endlich auf und schaust mal über den Tellerrand. In dem Fall sagst du diese Nacht kein einziges Widerwort und machst alles, wirklich alles, was ich dir sage. Du wirst erstaunt sein, aber es wird dir gefallen. Da bin ich mir hundertprozentig sicher.“
Die Neugier ist zwar ein Femininum, aber den Männern durchaus auch eigentümlich. Allein das wäre ein Grund gewesen, Option zwei zu wählen. Vor allem aber liebte er sie aufrichtig und wollte sie auf keinen Fall verlieren.
Den Rest der Nacht würde er sein Lebtag nicht vergessen. Glücklicherweise war Wochenende, denn die Nacht des Lernens und Genießens endete erst, als der Duft der nachbarlichen Sonntagsbraten durch das offene Fenster wehte. Erst da fielen beide in einen tiefen Erschöpfungsschlaf.
Als er erwachte, war er irgendwie ein anderer Mensch, lächelte nur milde und wissend, wenn gelegentlich mal jemand meinte, aller guten Dinge seien drei.
WUSSTEST DU, DASS MAN DIE MEISTEN BANANEN NICHT ROH ESSEN KANN?
© Helios53 XI/2011
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„Gib mir doch mal die Lupe! Das ist doch nie und nimmer Rindfleisch auf dem Bild!“
„Was? Rindfleisch? Wieso um Himmels willen? Und was hast du denn jetzt schon wieder Seltsames ausgegraben?“
„Na, hier doch! Da! Ich habe kürzlich gelesen und geglaubt, dass für ein echtes Tiroler Gröstl nur gekochtes Rindfleisch verwendet werden darf. Und so steht das ja auch in diesem Kochbuch. Man nehme in Scheiben geschnittene, gekochte Kartoffeln, fein geschnittenes, gekochtes Rindfleisch, dünn geschnittene Zwiebeln…“
„Ja, ja, ja! Und? Was weiter? Willst du jetzt kochen? Du hast doch noch nie gekocht, was interessiert dich also jetzt auf einmal ein Kochrezept?“
„Verstehst du denn nicht? Da steht eindeutig Rindfleisch und jetzt schau dir das Foto dazu an, das ist doch nie und nimmer Rindfleisch, das ist, das ist … verdammich, das ist überhaupt kein Fleisch, das ist irgendeine Wurst! Mit der Lupe sehe ich das deutlich.“
„Na und? Hauptsache, es schmeckt. Und wenn du kochen könntest, würdest, ich betone, wenn, dann könntest du es ja halten wie du willst. Mit oder ohne!“
„Also, wenn schon, dann richtig! Wenn es nicht richtig gemacht wird, kann es ja gar nicht richtig schmecken, das ist doch logisch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du was verarbeitest, das nicht vorgesehen ist, oder? Hab ich Recht?“
„Banane!“
„Banane? Du nimmst Bananen? Gut, laut Exotisches Gemüse und was man damit kochen kannschmecken diverse afrikanische Kochbananen – hast du übrigens gewusst, dass man die meisten Bananensorten gar nicht roh essen kann? – so ähnlich wie Kartoffeln. Aber, ob man diese auch für ein Gröstl verwenden kann, darüber schweigt die Literatur. Aber das kann ich ja googeln. – Hm! – Über Kochbananen gibt es zwar 372 Rezepteinträge, aber wieder mal ohne Tiroler Gröstl. Naja, ist auch irgendwie logisch. Was wissen denn die Neger von Tirol? Nichts!“
„Banane!“
„Lass mal die Bananen gut sein! Das ist doch der helle Wahnsinn! Die können sich einfach nicht auf einen Standard einigen. Das musst du dir geben! Da habe ich ein Kochbuch von einer österreichischen Zeitung und die geben Schweinsschulter als Zutat an! Schweinsschulter! Und das ist überhaupt der Gipfel der Impertinenz! Am Ende steht da noch, man könne stattdessen andere Fleischsorten und ‚Bratenreste‘ verwenden. Abfall, einfach Abfall!“
„Aber Franz, du kochst doch eh nicht. Was regst du dich so auf?“
„Ich will es halt richtig haben, nicht so larifari wie diese Kochbuchschreiber! Sollte man nicht wenigstens gelernter Koch sein, wenn man ein Kochbuch schreibt? Und sollte man es nicht gelernt haben, wie es richtig gehört, wenn man ein gelernter Koch ist. Sonst ist man ja kein solcher! Hab ich nicht Recht?
„Ja, Schatz! Alles Bananen!“
„Also gut, dann mach halt mal was mit Bananen. Ich bin ja gespannt, wie das schmeckt. Aber sag’s mir vorher, sonst kann ich mich darauf nicht einstellen und womöglich merk ich gar nicht, dass ich ein exotisches Gemüse gegessen habe.“
„Ist schon Recht, mein kleiner Feinschmecker. Lass mich nur machen. Bisher bist du doch ganz gut gefahren damit. Ich koche, du isst und nebenher kannst du über die Rezepturen nachschmökern und deine Kochbücher vergleichen. Ich koch' nach Gefühl, brauch' keine Bücher und bis jetzt hab‘ ich keine Klagen gehört!“
"Von mir ganz sicher nicht. Ich bewundere dich ja so, wie du das machst. Kochen ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Da bin ich voll die Banause!“
„Sag ich doch die ganze Zeit!“
„Was?“
„Dass du 'ne Banause bist!“
„Banane! Du hast Banane gesagt!“
„Ist doch Jacke wie Hose!
„Ich werd' noch wahnsinnig!“
„Aber nicht doch! Bleib ganz cool! Hauptsache, ich hab' dich lieb, auch wenn du manchmal eine schreckliche Kanüle bist, Franz.“
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Vorgegebenes THEMA war „Bilder, Bücher und Banausen“. Fast alle Konkurrenten haben tiefgründige Betrachtungen über (moderne) Kunst abgeliefert. Dem wollte ich einen Kontrapunkt setzen. Und gerade hier bei Sevac erhielt ich früher oft Kritik, meine Geschichten seien (zu) dialoglastig. Darum – ätsch – habe ich hier ausschließlich Dialog verwendet.
FALLS sich ein lesender Autor (oder gar eine lesende Autorin) Interesse hat, sich auch einmal in dieser Disziplin zu versuchen, kann er/sie das gerne tun. In dem Fall entweder einfach teilnehmen oder bei mir melden (Feedback). Die Wettbewerbe finden in allen ungeraden Monaten statt.
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LG Mondstern«