Freie Zonen
von Dionysos
Bei Jean-Marie
Das Brandenburger ist eines der besten Restaurants der Stadt. Vielleicht ist es sogar das Beste. Auch wenn es nur einen Stern hat und der Chef de Cuisine keine Kochsendung unterhält sind die Tische dort über Monate ausgebucht. Die Spezialität von Jean-Marie Bougar ist das gebratene Rebhuhn aus dem Pays d’Auge mit Schmelzapfel und Schnepfenjus. Und wenn man dort einmal essen darf, sollte man sich diesen kulinarischen Genuss nicht entgehen lassen.
Ein wenig gestaunt hatte Marianne, als ihr Kollege Manuel dieses Lokal für ein Treffen vorgeschlagen hatte. Für sie hätte es auch der Grieche um die Ecke getan. Die Aussicht einmal dort zu essen, konnte sie dann doch nicht ablehnen. Zumal es keine Verpflichtung gab und sie ihn ja nur etwas fragen wollte. Friedrich, ihren Mann, musste sie anlügen. Das tat ihr weh, aber er hätte es nicht verstanden. Sie hätte ihm nicht erklären können weshalb sie mit einem Kollegen essen gehen würde und schon gar nicht in dieses Restaurant. Offiziell war sie mit ihrer Freundin Susanne im Kino. Dummerweise hatte sie sich gar nicht das Kinoprogramm angeschaut. Was wäre nun, wenn Friedrich sie morgen nach dem Film fragen würde?
Sie hatte die Straßenbahn genommen und war etwas zu früh. Sofort wurde sie von einem Kellner im weißem Jackett begrüßt, der ihr die Jacke abnahm und sie nach einer Reservierung fragte. „Bleckmann“ hatte sie gesagt, „Manuel Bleckmann“.
Der Kellner führte sie an einen Tisch im hinteren Bereich des Lokals. Auf dem Tisch stand ein Blumenbukett und ein silberner Kandelaber. Der Kellner rückte ihr den Stuhl zurecht, brachte ihr eine Flasche Wasser, schenkte ein und verabschiedete sich mit einer Verbeugung.
Sie dachte mit ein wenig Sorge an Susanne. Es war nicht so, dass sich Susanne wesentlich verändert hätte. Sie war immer ein wenig hedonistisch gewesen und gewiss auch etwas nymphoman. Aber wo sollte das hinführen, was sie in ihrem Schlafzimmer veranstaltete, während ihr Freund Tobias auf Geschäftsreise war. Marianne hatte sich die Internetseite noch einmal angeschaut. Die Angebote dort gingen weit über einen Strip vor der Kamera hinaus. Sie war auf das Impressum gestoßen, dort war eine GmbH angegeben mit der Adresse einer Straße im Hafen. Auch ohne die Andeutung von Susanne war Marianne klar, dass Manuel zumindest an der Firma beteiligt war.
„Guten Abend Marianne, schön dass du gekommen bist.“
Sie war so in ihren Gedanken versunken, dass sie Manuels Erscheinen gar nicht bemerkt hatte. Er setzte sich und strahlte sie an. „Ein Lächeln zum dahin schmelzen“, dachte sie. „Der Typ ist echt gefährlich.“
„Wenn du einverstanden bist, überlass mir die Bestellung, du wirst nicht enttäuscht sein.“
„Ich bin ganz in deiner Hand“, antwortete sie und lächelte. Im selben Augenblick bereute sie diesen unterwürfigen Satz.
Manuel winkte dem Kellner. „Friedrich, die Karte brauchen wir nicht. Wir nehmen die Jakobsmuscheln mit Trüffeln, die Cannelloni von Waldpilzen und Kalbsbries, das Rebhuhn und zum Dessert das Joghurtsorbet mit Campari-Granité. Und bringen Sie uns eine Flasche Bordeaux, sie wissen schon welche.“
„Sehr gerne, Herr Bleckmann.“
„Der fährt ja mächtig auf um mich zu beeindrucken und ausgerechnet Friedrich heißt der Kellner“, dachte Marianne. Als ob Manuel ihre Gedanken erraten hätte sagte er: „Keine Bange, es hört sich alles furchterregender an als es ist. Du brauchst dir keine Sorgen um deine schöne Figur zu machen. Die Portionen sind recht klein.“
Manuel hatte Recht. Es war wirklich nicht viel und sie konnte das gute Essen vollends genießen. Zwischen den Gängen unterhielten sie sich über die Kollegen aus der Versicherung und Manuel erzählte ein wenig aus seiner Jugend. Er war in der Vorstadt aufgewachsen, in einem sozialen Brennpunkt und musste sich dort von klein auf behaupten.
„Er ist ein wunderbarer Unterhalter, sehr charmant und er hat so gar nichts von einem Typen aus der Halbwelt“, dachte Marianne.
Manuel bestellte nach dem Dessert noch eine zweite Flasche Wein.
„Marianne, du wolltest mich etwas fragen und das hat gewiss nichts mit meinen Jugenderlebnissen auf den Bolzplatz zu tun.“
„Mittlerweile ist aus der einen Frage eine ganze Reihe von Fragen geworden. ... Manuel, ich weiß nicht genau wie du solch einen Lebensstil führen kannst. Von dem Gehalt in unserer Versicherung sicher nicht und aus reichem Elternhaus scheinst du auch nicht zu kommen.“
„Ist das die Frage die du mir stellen wolltest?“, Manuel zeigte wieder sein schönstes Lächeln.
„Nein, das geht mich ja gar nichts an“, antwortete Marianne. „Also gut ... als du Susanne und mir vor einigen Wochen in der Mittagspause die Zettel zugesteckt hast, mit der Bitte dich gemeinsam zu besuchen, was hattest du vor?“
Manuel beugte sich ein wenig nach vor: „Ich werde dir ganz ehrlich antworten ... Ich wollte euch beide für mich gewinnen. Genauer gesagt, euch ein Geschäft vorschlagen. Ich wusste nicht viel über euch, aber dass ihr offene, dem Leben zu gewandte Frauen seit, ist jedem im Büro klar. Und da passen wir wunderbar zueinander.“
„Also ... du wolltest mit uns Sex?“
„In gewisser Weise hast du Recht, aber auch wieder nicht. ... Wenn du so direkt fragst. ... Mit dir möchte ich sehr gerne schlafen, du bist eine der schönsten Frauen die ich kenne und das meine ich wirklich ernst. Susanne ist klasse aber nicht ganz so mein Fall.“
„Was du gerade gesagt hast, kann ich, wenn ich naive wäre, als Kompliment auffassen, aber mit dem was ich weiß, halte ich es für verlogen.“ Marianne nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Weinglas bevor sie weiter sprach. „Ich weiß es nicht genau, aber ich bin fast sicher, dass du mit Susanne Sex hattest. Und ich weiß noch etwas anderes.“ Marianne hatte sich sehr erregt. „Warum sagst du mir nicht gerade heraus, dass ich für deine Internetseite strippen soll? Ich war gestern bei Susanne und habe ihr während ihrer Session zugesehen.“
„Und ... hat es dich erregt. Du klingst fast ein wenig eifersüchtig.“ Manuel lächelte sie an und legte seine Hand auf ihre.
„Du spinnst wohl.“ Sie rückte auf ihrem Stuhl etwas zu Seite.
„Marianne, lassen wir doch zwischen uns keinen Streit entstehen“, sagte Manuel besänftigend. „Ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass es dir und deinem Mann finanziell nicht gut geht und dass du Geld brauchen kannst. Du bist wunderschön, warum solltest du daraus nicht einen Gewinn ziehen. Die Männer mögen dich. Und ich mag dich und wärest du nicht verheiratet, ich würde dich umfliegen wie eine Motte.“
„Du Schmeichler!“ Marianne legte ihre Hand wieder auf den Tisch. „Kommen wir zum Geschäftlichen. Was kann ich verdienen?“
„Du weist was Susanne macht, da brauche ich dir also nichts zu erklären. Für jeden User der bei deiner Web-Session online ist erhältst du 10 amerikanische Cent. Darüber hinaus gibt es den Bonus. Lockt sich jemand auf den Ticker ein und schreibt eine Nachricht, zahlt er dafür 2 Dollar, davon erhältst du 20 Prozent. Dann können die Kunden Sonderwünsche äußern und bieten manchmal dafür erhebliche Summen. Kannst und willst du sie erfüllen erhältst du dafür 30 Prozent. Soweit klar?“ Manuel sprach nun ganz wie ein Geschäftsmann der sein Ertragsmodell anpreist. „In der Regel sind bei einer Session zwischen 5.000 und 10.000 User online. Bei Susanne sind es sogar oft noch mehr. So kannst du dir ungefähr einen Verdienst ausrechnen.“
„Das ist ja alles ganz schön und gut. Gesetzt den Fall ich wäre bereit es einmal zu versuchen. Ich kann mich schlecht im Wohnzimmer vor einer Webcam ausziehen während mein Mann auf dem Sofa sitzt“, bemerkte Marianne.
„Kein Problem. Ich habe ein Appartement angemietet, da ist alles vorhanden. Wenn du schnell entschlossen bist, kann ich es dir gleich zeigen. Außerdem habe ich für spezielle Produktionen eine komplette Etage in einen ehemaligen Hafenspeicher. Also, wenn du für andere Spiele zur Verfügung stehst, sehr gerne. Informationen findest du auf der Homepage.“
„Ne du, ich lass mich nicht von irgendwelchen Pornodarstellern in den Arsch ficken“, winkte Marianne ab.
Manuel grinste. „Also, willst du es sehen?“
„Was?“
Er legte einen Schlüssel auf den Tisch. „Das Appartement.“
„Ansehen kostet nichts, oder?“ grinste Marianne ihn an.
Manuel hob die Hand und winkte dem Kellner. „Friedrich, können Sie uns bitte ein Taxi rufen?“
Vor der Tür stieß Marianne Manuel in die Seite. „Aber ich werde nicht mit dir schlafen.“
Wildsite
Sie hatte sich ein Taxi genommen. Es war eine der vielen Annehmlichkeiten, die sie sich jetzt leisten konnte. Das Geld erhielt sie immer in Bar, steuerfrei. Einmal im Monat gab es die Abrechnung. Sie hatte sich extra ein Konto bei einer anderen Bank eingerichtet. So war es sicherer. Friedrich hätte sich gewiss gewundert, warum plötzlich so viele Geld auf ihrem Konto war.
Vor dem Backsteinhaus stand ein alter Ladekran auf Schienen. Es muss lange her sein, dass hier Güter auf Schiffe verladen wurden. Sie schaute in die zweite Etage. Die großen alten Sprossenfenster waren mit schwarzen Vorhängen abgedunkelt. Eine Eisentreppe führte zum Eingangportal. „2. Etage | Wildsite-Produktion“ . Das Schild schien recht neu zu sein. Sie drückte den Fahrstuhlknopf.
Die Tür des Lastenaufzugs öffnete sich und gab den Blick frei in einen nahezu leeren Empfangsraum. Nur an der Frontseite des großen Raumes stand ein alter Eichenschreibtisch davor zwei leere Stühle. Manuel erhob sich aus seinem Bürosessel und schritt auf sie zu.
„Hallo Geschäftspartnerin, schön dich hier begrüßen zu können“, Manuel drücke ihr einen Kuss auf Wange. „Komm, setz dich Marianne oder soll ich dich lieber Claire nennen?“ Er zeigte wieder sein unwiderstehliches Lächeln und bot ihr einen Stuhl an.
„Zwischen uns ist mir Marianne lieber“, antwortete sie. „Bevor ich es mir anders überlege, kannst du mir den Produktionsraum für die Live-Produktion zeigen?“
„Klar, komm mit. Ich gebe dir auch einen Einblick in die anderen Räume“, bot Manuel an.
Sie durchschritten den Empfangsraum. Manuel öffnete die Tür zu einem langen fensterlosen Flur.
„Hier vorne sind die Umkleiden, dort im Schrank findest du Dessous, original verpackte Strümpfe und jede Menge Schuhe, gewiss auch in deiner Größe. Hier der Maskenraum und der Aufenthaltsraum für die Pausen. Dort steht bei größeren Produktionen auch das Büffet. Am Kaffeeautomaten kannst du dich jederzeit bedienen und jede Art von Softdrinks und kleine Snacks findest du im Kühlschrank.“ Es schloss die Türen und führte Marianne ein Stück weiter.
„Hier ist das Lager.“ Er öffnete eine Schiebetür. Marianne schaute hinein. Sofas, Sessel, einige antike Möbel, ein Gynstuhl und einige obskure Liegen, sogar einige Fitnessgeräte waren vorhanden. Marianne überlegt wofür diese wohl zum Einsatz kamen. An der rechten Sei
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Kommentare
Kommentare: 279
Leichtgewicht
Und sonst noch? Ach ja, dreimal die zehn für Deine Geschichte.
Gratulation!«
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Weiter so!!!!!«
Kommentare: 109
Eigentlich müsste ich Dir einen Punkt abziehen, weil Du mir den Mund so wässerig gemacht hast, gebe aber natürlich einen Extrapunkt !!
Die Geschichte ist sehr gut geschrieben, nah am Leben und durchaus vorstellbar. Neben einer sicher guten Fortsetzung bin ich gespannt, ob erneut kulinarische Tips enthalten sein werden.«
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