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Kommentare: 6 | Lesungen: 3607 | Bewertung: 7.43 | Kategorie: BDSM | veröffentlicht: 14.05.2007

Gefangene Gefühle

von

‚ZEN – Oder die Kunst, ein Gefühl einzufangen’, war der Titel des Buches, in dem er aufmerksam blätterte. Gelegentlich huschte dabei ein Lächeln über sein Gesicht. Ohne hinzuschauen, griff er mit seiner rechten Hand nach hinten und ertastete ein einzelnes Rosenblatt, um es zu pflücken. Beim Weiterlesen zerrieb er das Blütenblatt langsam zwischen Daumen und Zeigefinger, während seine Hand etwa fünf Zentimeter von der Nase entfernt war. Er genoß den dezenten Duft der Rose, den sein empfindlicher Geruchssinn dabei aufnahm. Schließlich legte der das zerdrückte Blatt als Lesezeichen in sein Buch und klappte es langsam zu. Für einen Moment schloß er die Augen. Der Rest von Rosenduft, den er noch wahrnahm, vermischte sich mit dem frischen Modergeruch, den der Teich mit der feuchten Ufererde vor ihm verströmte. Es war ein friedlicher, gleichzeitig aber auch morbider Eindruck, zu dem sich die Mischung der Gerüche verband. Allmählich stahl sich eine unterschwellige Aufregung in seine Gefühle. Und ein Blick auf die Uhr bestätigte ihm, daß es soweit war. Mit einem Ruck stand er auf und verließ den Park. Dabei machte er einen großen Bogen um eine Parkbank, auf der sich zwei Raucher niedergelassen hatten. Wie zahllose Male zuvor beschäftigte ihn kurz der Gedanke, ob er sich über diese Luftverpester ärgern oder sie bedauern sollte. Bewußt wischte er den Gedanken zur Seite. Was jetzt bevorstand, würde seine ganze Aufmerksamkeit fordern.

Sie hatte Angst – richtige Angst. Nicht dieses Gefühl der bangen Vorfreude, das sich immer vor den Sessions mit ihm einstellte. Diesmal war es anders. Und das sollte es auch sein. Sie wußte, daß es für sie hart werden würde. Nur mühsam unterdrückte sie den Impuls, aufzuspringen und in ihr Zimmer zu rennen. Aber es war schließlich ihre eigene Idee gewesen, angeregt durch die unselige Werbung für eine Buchverfilmung. In Gedanken verfluchte sie diese Werbung. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück. Zumindest nicht, ohne vor sich selbst das Gesicht zu verlieren. Bis auf einige Stoffstreifen war sie nackt. Die unbehandelte Baumwolle an ihrem Hals, ihren Hand- und Fußgelenken und unter den Achseln kratzte. Auch das provisorische Stirnband war unangenehm. Was hatte sie sich da bloß eingebrockt?


Sie hörte die Haustür zuschlagen. Er war von seinem Spaziergang zurück. Jeden Moment würde er das Zimmer betreten. Ihr Herz raste. Dann öffnete sich die Tür.


„Bist du soweit?“


‚Nein!’, schrie alles in ihr. Natürlich war sie nicht soweit. Das würde sie nie sein.


„Ja“, kam es statt dessen mit brüchiger Stimme von ihr.


„Gut, dann gib mir die Baumwollstreifen.“


Sie entledigte sich der kratzenden Stoffstücke und reichte sie ihm. Er stopfte sie ohne zu zögern in eine der bereitstehenden Glasflaschen mit geschliffenem Deckel. Sie kannte diese Glasflaschen von früher, aus dem Chemie-Unterricht. Üblicherweise enthielten sie Säuren, die sie durch die eingeschliffenen, konischen Glasdeckel luftdicht verwahrten. Er reichte ihr neue Baumwollstreifen, die sie zügig anlegte. Mit etwas Bondage-Tape, das er über und unter ihrer Brust um die Arme legte, verhinderte er, daß sie die Oberarme vom Körper wegnehmen und damit den Stoff unter ihren Achseln verlieren konnte.


„Leg dich jetzt über den Strafbock.“


Seine Stimme war leise und entschlossen. Allerdings glaubte sie, auch Mitgefühl darin zu entnehmen. Während er das schwere Gummi-Paddle in die Hand nahm, kam sie seiner Aufforderung nach. Kaum hatte sie ihre Position eingenommen, traf sie bereits der erste Schlag auf ihren Hintern. Laut schrie sie auf. Normalerweise führte er sie langsam in ihre schmerzvolle Lust hinein. Diesmal ließen ihr seine Schläge keine Zeit, ihren lustvollen Zugang zum Schmerz zu finden. Immer wieder traf das brutale Gummi-Paddle erbarmungslos ihren Hintern. Sie schrie den Schmerz unter Tränen heraus. In jeder anderen Situation wäre bei solch brutaler Behandlung bereits das Safewort gefallen. Aber es war ja schließlich ihre Entscheidung gewesen. Sie hatten lange darüber geredet, was ihre Idee wirklich bedeuten würde. Und sie hatte sich entschieden, diese Idee umzusetzen.


So plötzlich, wie er mit den Schlägen angefangen hatte, beendete er sie auch wieder. Er half ihr vom Strafbock und löste das Bondage-Tape von ihrem Oberkörper.


„Die Stoffstreifen“, forderte er sie auf.


Sie gab ihm alle kratzigen Stücke, die er in eine weitere Glasflasche stopfte. Dann half er ihr auf eine lederne Liege, auf der er sie mit gespreizten Beinen fixierte. Diesmal legte er ihr die neuen Baumwollstücke selbst an. Anschließend begann er, ihr mit einem Taschentuch die Tränen abzutupfen.


„Du warst sehr tapfer. Ich bin stolz auf dich. Und das Schlimmste hast du jetzt ohnehin hinter dir.“


Zärtlich fuhren seine Hände über ihren gefesselten Körper. Zunächst wirkten sie beruhigend auf sie. Dann begannen seine Hände immer öfter, ihre erogenen Zonen zu berühren. Auch eine große Feder nahm er dabei zu Hilfe. Von einem Moment auf den anderen entfachte die Kombination aus seinen zärtlichen Händen und ihrem brennenden Hintern ihre Lust. Ihre Nippel richteten sich steil auf und sie streckte ihren Körper seinen Händen entgegen, soweit das bei der strengen Fesselung überhaupt möglich war. War es vorhin noch schmerzhaftes Schreien, was das Zimmer erfüllte, hallte jetzt hemmungsloses Stöhnen von den Wänden wider. Der Gedankenblitz, daß in einem Mietshaus sicher längst jemand die Polizei gerufen hätte, lenkte sie nur für einen Moment von ihrer Lust ab. Dann gab sie sich ganz der Erregung hin. Sie riß an den Fesseln, bäumte sich auf und keuchte sich allmählich heiser.


Kurz vor ihrem Höhepunkt hörte er auf. Sie spürte, wie er ihr einen Knebel in den Mund schob. Und plötzlich wußte sie, warum er eine vierte Flasche bereitgestellt hatte.


„Mistkerl“, schimpfte sie in den Knebel, der ihre Wortwahl allerdings nur erahnen ließ.


Wieder tauschte er die Baumwollstreifen bei ihr aus und stopfte die benutzten in die dritte Flasche. Dann setzte er sich neben sie und streichelte sie mit einem frechen Grinsen nur noch ganz dezent mit der Feder. Erneut riß sie an ihren Fesseln. Diesmal allerdings nicht aus Erregung, sondern aus Frustration. Wie konnte er so gemein sein, sie kurz vor dem Höhepunkt in die Frustration zu schicken. Denn genau das war es, was er ganz offensichtlich mit voller Absicht tat. Es dauerte mindestens eine Viertelstunde, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Dann nahm er ihr zum letzten Mal die Stoffstreifen ab und verstaute sie in der vierten und letzten Flasche. Er drehte ihr jetzt auch die Schilder mit der Beschriftung zu. ‚Angst’, ‚Schmerz’, ‚Lust’ und ‚Frust’ stand darauf.


Mit einem schelmischen Lächeln begann er von neuem, ihre Lust anzuheizen. Einen Moment wehrte sie sich gegen die aufkommende Erregung. Was, wenn er sie wieder kurz vor dem Gipfel abstürzen lassen wollte? Lange konnte sie seinen geschickten Händen allerdings nicht widerstehen. Und so wand sie sich kurz darauf ein weiteres Mal lustvoll in ihren Fesseln. Diesmal beendete er allerdings sein ‚Werk’ und führte sie in einen grandiosen Orgasmus. Ermattet spürte sie , wie er ihr d

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Kommentare


rabahano
dabei seit: Mai '01
Kommentare: 3
schrieb am 21.05.2007:
»danke, wieder mal ein klasse beitrag!!«

Maduschka
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 56
Maduschka
schrieb am 31.12.2007:
»Eine kleine Hommage an "Das Parfüm"?
Schwieriges Unterfangen recht gut gelungen - würde ich meinen. «

Vaginamonologe
dabei seit: Apr '04
Kommentare: 2
schrieb am 27.09.2010:
»Herrlich geile Geschichte. vielen Dank.. Genau mein Geschmack..«

Auden_James
dabei seit: Aug '10
Kommentare: 87
Auden James
schrieb am 21.05.2012:
»Eine angenehm zu lesende BDSM-Hommage an "Das Parfum", finde ich. Allein damit hebt sich die vorliegende Kurzgeschichte bereits positiv von der Masse der Amateurtexte auf Sevac und vergleichbaren Seiten ab. Auch ist ein Quantum Tiefe und Komplexität zu spüren, was die Sprache und die Beziehung der Figuren zueinander betrifft.

Das ist nett. Ehrlich. Aber leider auch nicht mehr. Und das hat seine Gründe.

Aufgrund der Kürze des Texts ist der Hauptgrund in der sprachlichen Gestaltung zu finden, denn je kürzer ein Text, umso weniger kann der Autor mit einem raffinierten Plot oder dergleichen Mängel in den Elementarteilchen seiner Geschichte kaschieren, Elementarteilchen, die natürlich die Sätze sind.

Und laut Schreiblabor finden sich im vorliegenden Text 7,41 Prozent Füllwörter. Die beliebtesten: "dann" (9), "auch" (8), "wieder" (6) und "allerdings" (6). Das ist, finde ich, bei einem Text, der keine 1400 Wörter umfasst, zu viel Füllmaterial! Dieser Eindruck wird mittels überflüssiger Adjektive ("gelegentlich", "langsam" etc.) verschärft, die dazu beitragen, den Text unnötig aufzublähen bzw. zu verwässern, was ob der stringenten Handlung direkt ins Auge sticht.

Und am Ende fehlt den Sätzen so ihre Schärfe und Finesse.

Außerdem findet sich, zumindest in meinen Augen, unfreiwillige Komik im Text, wenn es heißt: "Immer wieder traf das brutale Gummi-Paddle erbarmungslos ihren Hintern." Das liest sich wie eine BDSM-Parodie, finde ich. Hilfe, das "brutale Gummi-Paddle" kommt! Ich zittere schon.

Und schließlich vergeht sich auch der Autor des vorliegenden Texts leider an der indirekten Wahrnehmung (z.B.: "Sie spürte, wie er ihr einen Knebel in den Mund schob."), für die, glaube ich, er bessere Alternativen hätte finden können!

Das sprachlich schönste an der vorliegenden Geschichte ist ihr Titel. Der Alliteration sei Dank. Warum ging es nicht weiter in diese Richtung, frage ich mich, Why-Not?

-AJ«

Pitoe
dabei seit: Feb '05
Kommentare: 211
schrieb am 04.07.2012:
»Gute Idee. Endet aber ein wenig wie eine Satiregeschichte. Mit so einem fulminanten Schlußgag.
Nur dass dieser Gag nicht so richtig zur Geschichte und zur aufgebauten Spannung passt.«

Hackie
dabei seit: Mai '03
Kommentare: 73
schrieb am 04.07.2012:
»In die Fussstapfen eines so aussergewöhnlichen Buchs wie "Das Parfüm" zu treten, kann gefährlich sein. Aber sie ist dir gelungen. Nicht perfekt, wenn man vergleicht. Aber wer muss das denn schon?
Gute Umsetzung einer ungewöhnlichen Idee.«



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