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Kommentar: 1 | Lesungen: 1616 | Bewertung: 8.19 | Kategorie: Teen | veröffentlicht: 25.08.2019

Hanna IX - Der Zweimetermann

von

War echt der schönste Sonntag seit so langer Zeit. Wir haben Kaffee getrunken, Kai hat auf seinem Drucker-Fax-Kopierer den Grundriss von unserer Wohnung aus dem Vertrag kopiert und wir haben uns Einrichtungsideen ausgedacht. War nicht viel, weil ich ja kaum Möbel hab. Im meine kleine Bude passt ja nicht so viel rein. Wir haben Möbelkataloge auf dem Rechner durchgeblättert. Das sagte mir aber nicht viel. Wir haben rum gesponnen was wir alles machen wollten und sind bestimmt drei Mal hin gewandert und haben uns nochmal und nochmal alles angeguckt.


Er wollte lieber Laminat verlegen, auf den Linoleumboden. Der sah nicht mehr toll aus, das nicht, aber Laminat? Ist nichts für mich. Ich brauchte jetzt nicht auf den Cent zu gucken und wollte es so haben, wie ich es haben wollte. Son glattes, kaltes, steriles Laminat wie man es überall findet, das kam für mich nicht infrage. Ich wollte lieber einen hellen Teppichboden haben. Die Eingangstür ging direkt in den großen Raum, eigentlich ganz nett. Aber ich wollte einen Stop einbauen bevor man ins Wohnzimmer geht, damit nicht jeder mit den Straßenschuhen gleich auf dem hellen Teppich rumlatscht. Ich wollte einen Schreiner beauftragen, der mir da was hinbaut, einen Raumteiler oder so, etwas, wo man die Schuhe lagern konnte und wo auch für Besucher Hauslatschen untergebracht werden können. Latschen die von mir aus auch so groß waren, dass man mit den Straßenschuhen reinpasste. Ich wollte nicht jeden Besucher zwingen sich die Schuhe auszuziehen.


Nicht dass ich viel Besuch erwartete, aber die drei Freunde von Kai oder die Leute aus seinen Workshops würden bestimmt mal kommen. Wenn ich so eine schöne Wohnung hätte, dann würde ich auch ganz gerne mal nette Leute zu mir einladen, die Karin oder Frau Müller zum Beispiel.


Abends dann, es war schon nach neun am Sonntag, da rief die Geschminkte an.


„Morgen früh, neun Uhr!“, meinte sie ganz cool und wollte schon beenden. Ich kriegte sofort schlechte Laune. Was dachte die wer sie ist? Ich laut gerufen:


„Halt stop! Morgen kann ich erst ab 15:00 Uhr! Was denken Sie wer sie sind? Mein General oder was?“


Ich war echt sauer.


„Jetzt sag nicht du arbeitest immer noch in dem Drecks-Supermarkt?“


Das traute die sich zu sagen. Sie traute sich echt zu sagen, dass es ein Drecks-Supermarkt wäre. Mein Kai sah mich telefonieren und wie ich auf die Bemerkung reagierte. Er beobachtete mich streng und guckte dabei wie ein Auto. Weil er schlau ist und weil wir uns lieben kriegte er mit wie es mir ging. Bevor ich etwas erwidern konnte um die Olle mal so richtig zusammen zu stauchen, küsste der mich. Wenn der Liebste mich küsst, dann bimmeln bei mir die rosaroten Glöckchen, dann vergesse ich alles, dann ist er mein Hauptmann und sagt was Sache ist.


Ich hab die Olle weggedrückt und wir hatten unsere Ruhe. Ich vergaß sie sofort, wir zwei waren wieder unter uns und wir waren eins.


Montag Morgen fing gleich mit der Frühschicht an, sechs Uhr Arbeitsbeginn. Frau Müller hat mich in den Konservengang geschickt um das MHD zu überprüfen. War noch eine Kollegin dabei, Billy, wie sie genannt werden wollte. Wir haben gut gearbeitet, aber die und ich wir können ganz gut miteinander. Die kann irgendwie nicht mit Zahlen umgehen, weiß auch nicht was das ist. Aber deswegen hat sie keinen Kassenschein machen können. Aber wenn wir uns treffen dann ist immer Lacherei angesagt. Was haben wir einen Spaß zusammen. So locker wie ich an dem Montag drauf war, da haben wir nur gelacht und gekichert. Natürlich immer feste gearbeitet, versteht sich von selbst.


So um Neun rum hat mich Frau Müller geholt, ich sollte mitkommen. Sie hat nicht gesagt wohin es ging und warum ich mitkommen sollte. Sie machte ein total ernstes Gesicht und rannte vor mir her, ich musste folgen.


Ich dachte, jetzt ist es aus, jetzt schmeißen sie mich raus. Sie werden irgendwas Kleingedrucktes gefunden haben, dass ich keine Eigentumswohnung kaufen darf oder keine vermietete Wohnung oder keine Filme drehen oder nicht in der Kasse furzen, was weiß ich, die finden ja immer was wenn sie wollen. Was sollte ich da mit einer vermieteten Eigentumswohnung? Obwohl die Miete von der zweiten Wohnung, die kriegte ich ja. Jo, damit könnte ich schon fast über die Runden kommen. Ob sie mir die Wohnung lassen wenn ich hartzen muss?


Hörmal, mir ging voll der Arsch auf Grundeis, als ich mit Frau Müller in Richtung Chefetage unterwegs war. Mein Herz klopfte bis in den Hals rein, ungelogen. Dann bog sie vor den Büros der Chefs ab und ging mit mir in die Buchhaltung rein. Ich dachte, jetzt lassen sie mich von einem Buchhalter rausschmeißen. Kleine Kassiererinnen haben kein Recht auf Chefbehandlung. So langsam kriegte ich die Wut, echt. Sie mit mir im Gefolge in ein Büro rein, das war nicht richtig abgeteilt, überall hin Glasfenster, zum Nachbarbüro, zum Gang durch den wir gekommen waren und nach draußen. Da drin saß sone junge, die war noch keine fünfundzwanzig hab ich geschätzt.


'Jetzt wirft mich ne Auszubildende raus, ich werd nicht mehr!', so dachte ich noch, da stellte uns die Müller vor.


„Das ist Alina, meine Schwiegertochter. Sie ist gelernte Bilanzbuchhalterin, sie will dir mit deinen Steuerangelegenheiten helfen. Alina, das ist Hanna, ich habe dir von ihr erzählt.“


Du kannst dir keine Vorstellung davon machen, wie erleichtert ich war. Mir ist so die Muffe gegangen und dabei wollte die Frau Müller bloß helfen, so wie sie es versprochen hatte. Ich musste meinen Hintern erst mal auf einem Schreibtisch parken, so fertig war ich.


„Hi, Hanna“, meinte Alina, „setz dich hier auf den Stuhl. Worum geht es?“


Frau Müller ging einfach und wir beide waren alleine. Der Herzschlag dröhnte mir noch in den Ohren, das ging aber schnell vorbei. Ich war so mega erleichtert, das kann sich kein Mensch vorstellen.


Ja gut, oder?


Ich hab ihr erzählt dass ich Filme dreh und alles und sie hat versprochen, sich um meine Finanzen zu kümmern. Ich musste ihr alle Belege bringen, alles, und ich musste ihr jeden Monat etwas Geld geben. Wir waren schnell einig, das Studio konnte ihr online alle Unterlagen zusenden, das war schnell geklärt. Die erklärte mir dann, dass ich auch Steuern zahlen müsste, auch wenn das Geld bereits weg wär, würde keine Rolle spielen. Das Finanzamt wäre da gnadenlos. Ja gut, ich sie gefragt wie viele Steuern ich bezahlen müsste. Da meinte sie, bei der Höhe der Einkünfte müsste ich etwa die Hälfte ans Finanzamt abdrücken. Da war ich platt, das kannst du glauben. Dann meinte sie noch, dass der Kauf der vermieteten zweiten Wohnung genial gewesen wäre, weil ich dann was zum Absetzen hätte. Was immer das heißt. Bei der war ich aber wohl in guten Händen.


Ich war schon erleichtert, kann ich dir sagen, und wieder ran an die Arbeit.


Die Geschminkte rief nochmal an, halbzehn so rum. Sie meinte, sie würden mich Punkt drei Uhr nachmittags erwarten. Die kann mich mal, aber echt.


Um drei Uhr ich hin zum Studio, der Fotograf war sauer, weil ich nicht morgens erschienen wäre. Da kann ich aber nichts dran machen. Er schien zu glauben dass ich ausschlafen wollte und deswegen nicht gekommen wäre. An seinem Glauben kann ich aber auch nichts dran ändern, soll er doch glauben was er will.


Es mussten ein paar kleinere Szenen nachgedreht werden, für eine war das gesamte Ensemble nötig. Ist klar dass es ihm gestunken hat, dass ich nicht konnte. Aber ich kann mir im Supermarkt nicht einfach frei nehmen wann ich will, geht einfach nicht.


Die Szenen zu drehen war ganz schön mühsam, kann ich dir sagen und hat lange gedauert. Zum Ficken sind wir nicht gekommen, ich musste nur in fest vorgeschriebenen Bekleidungszuständen ein bestimmtes Gefühl rüberbringen, bestimmte Gesten aufführen und vorgeschriebene Geräusche absondern. Sei du mal geil, ohne dass du gefickt wirst, das möchte ich sehen! Hat aber ganz gut geklappt, ich bin ja seit dem Krimi selbst überzeugt davon eine gute Schauspielerin zu sein. Da musste ich ja sogar die kalte Mörderin spielen, da war es leichter so zu tun als wenn ich geil wär.


Der Fotograf wollte mich am nächsten Morgen wieder um neun da haben, ich hab aber die ganze Woche Frühschicht, da kann ich nicht.


„Entweder morgen fünfzehn Uhr oder erst nächste Woche“, meinte ich.


Er wollte mich auf seinem Schreibtisch durchziehen, aber die Sache von Letztens war noch nicht vergessen, als er mit dem Produzenten einfach in die Garderobe reingestürmt war und sich benommen hatte wie ne offene Hose, du erinnerst dich. Und viel schlimmer war ja, dass er da unsere Ideen als seine verkauft hat, sowas vergesse ich nicht. Der Blödmann der!


„Gut, dann morgen fünfzehn Uhr!“, meinte er sauer und schickte mich raus. Wird wohl nicht mehr lange gut gehen mit uns Zweien. Unsere Umsätze, ich mein, die mit meinen Filmen, gingen nach wie vor bei jedem Film in Rekordhöhen. Ich nahm aber an, dass Geld nicht seine einzige Triebfeder ist. Der muss auch immer der Boss sein und wenn er nicht kriegt was er will, dann geht er auch über Scherben oder wie das heißt. Das merkst du einfach als Frau.


Ich kam völlig ungefickt nach Hause, bissel aufgeheizt war ich schon, ist klar. Nackt im Studio rumspringen weckt Erwartungen, ist ja klar. Mein Süßer war nicht da, eine Nachricht von ihm auch nicht. Den ganzen Abend kriegte ich ihn nicht ans Telefon. Um zwei Uhr in der Nacht rief er an, ob ich ihn abholen könnte. Er war total besoffen und ich konnte ihn kaum verstehen. Aus lauter Sorge konnte ich sowieso nicht schlafen, da habe ich mir ein Taxi bestellt und bin zu der Kneipe gefahren, in der er versackt

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Kommentare


dryver
dabei seit: Apr '05
Kommentare: 254
schrieb am 29.08.2019:
»Wieder super geschrieben - schreib bitte weiter«



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