Herrscher der Fantasy-Welt (Kapitel 10 bis 19)
von MarcLelky
Kapitel 10 – Die Kleinstadt
Hinter der kleinen Bergkuppe konnte ich etwas erahnen. Meine Schritte beschleunigten sich – und vor mir tat sich ein Bauwerk aus glatten Steinblöcken und Säulen auf. Es war nicht so groß wie die Burg und stand etwas abseits des zu erkennenden Weges. Hohe, üppig grüne Gräser und mehrere Bäumchen umgaben es. Ob es bereits zu dieser nicht so großen Stadt gehörte? Ich hätte es gespürt, wenn sich hier jemand aufhielt. Die Fronten aus dicken Säulen und kleinen Dächern sahen nicht eingeknickt aus, auch keines der Türmchen.
Was, wenn … das alles war, das noch von dieser Welt existierte? Wieder spürte ich diesen Schauer über meinen Rücken – doch meine Hände ballten sich zusammen. Ich würde … sehen, was hinter diesem Hügel vor mir lag. Wenn nichts, dann würde ich hier ein Quartier aufschlagen. Warten, ob eine dieser Visionen zurückkehrte. Der Regen war wieder aufgekommen, und ein Windstoß peitschte ihn mir ins Gesicht. Oh, schön, frisches Wasser.
Meine Finger wurden unruhig und meine Schritte wieder schneller. Der Weg verlor sich ein wenig auf der Steigung – und ich blieb stehen und schloss die Augen. Vor mir erstreckte sich eine Stadtmauer – und eine Stadt, die ich in einer halben Stunde zu Fuß durchqueren konnte. Wenn ich dabei auch zum höher gelegenen Teil wollte, dauerte es vielleicht länger. Dort war nicht wirklich eine Burg, aber ein größeres, mächtiges Bauwerk.
Wie die Stadt tatsächlich aussehen würde? Was, wenn diese Leute auch bereits hier waren? Mein Puls beschleunigte sich, als ich mich der höchsten Stelle näherte. Dort unten war … ein leuchtend roter Fluss. Und ein Bauwerk aus Steinblöcken drüben im Wald. Die Steinplatten verbanden eine Reihe von massiven Säulen, die sich nach links und rechts erstreckte und zwischen den Bäumen verlor. Direkt vor mir schienen sie jedoch einen Eingang zu markieren.
Als ich wieder genauer hinsah, bemerkte ich nochmals eine Bewegung! Da war … eine Frau mit schwarzem Umhang, Brustpanzer und links und rechts etwas in der Hand? Rote Strähnen in den Haaren erkannte ich bei ihr nicht. Aber Traian hatte doch auch keine! Wäre das nicht schwerer bewacht, wenn sie zu diesem anderen Volk gehörte? Ich sollte … sagen, dass ich mich verirrt hatte. Das hatte ich doch, oder?
Je mehr ich mich über den flachen Hang näherte, desto mehr … spürte ich wieder dieses Gefühl an meinen Fingerspitzen. Vielleicht noch eher an meinen Handflächen. Ich erreichte eine schmale Brücke wohl aus verwittertem Holz, die den zwischen gelben und roten Farbtönen leuchtenden Fluss überquerte. Hätte ich mir breiter vorgestellt – und heißer. Zumindest wirkte die Brücke auf mich stabil, obwohl sie über kein Geländer verfügte. Verdammt, ich würde diese Frau fragen, ob sie was über Traian oder dieses Biest wusste! Ganz einfach! Sie erstarrte in ihrer Bewegung – und richtete ihre … Schwerter auf mich? Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich rasch, und sie senkte diese langen, matt glänzenden Gegenstände ab.
„Seid Ihr es tatsächlich? Der neue Herrscher? Die Kunde eilte voraus, doch …“
„Guten Tag …“, unterbrach ich sie, als ich direkt vor der großen Stufe aus Stein war. „Ist hier vielleicht was … über einen gewissen Traian bekannt?“
„Dieser ist mir leider nicht bekannt, doch ich ersuche Euch, näherzutreten. Ist es mir erlaubt, Euch nur kurz einmal zu berühren? Welch aufdringliche Bitte, es ist mir bekannt, doch ich kann kaum glauben …“
„Äh, ja … warum nicht?“
Sie legte diese Gegenstände aus Metall auf den Steinboden und näherte sich. Ich erklomm die zwei Stufen und stand direkt vor ihr. Ob ich sie fragen sollte, ob … ich ihren Brustpanzer berühren durfte? Wirkte auf mich sehr stabil. Die Frau sah mir kurz direkt in die Augen, ließ ihren Blick schweifen und streifte mit zwei Fingern über meine Schulter. Über die eine, die gerade nicht von Stoff bedeckt war.
„Ja, und … wer seid Ihr? Traian hat was von einer kleinen Stadt erwähnt, er ist mein … Assistent, und …“
Etwas zuckte durch mich und alles krampfte sich zusammen, als die Bilder von dem Angriff wieder vor meinen Augen auftauchten. Warum nur hatte ich ihm nicht helfen können? Doch die Bilder passten nicht zum Gefühl tief in mir.
„Ich bin lediglich die Wächterin der Stadt“, riss sie mich aus meinen Gedanken.
„Aber das ist doch eine wichtige Aufgabe.“
„Dies mag sein, doch sicherlich nicht so wichtig wie Eure. Sicherlich wollt Ihr nun Rast halten.“
„Ja, das … wäre gut.“
„Erzählt, verlief die Vertreibung der Ungeheuer tatsächlich stets so von Erfolg gekrönt? Ich sollte nicht daran zweifeln, doch die Neugier plagt mich! Außerdem …“
„Ja, also das letzte … hat sich selbst vertrieben. Von der Burg dort draußen.“
„Oh, wir mussten diese bereits vor längerer Zeit der Angriffe wegen aufgeben. Könnte nun bereits das neue Zeitalter angebrochen sein?“
„Das … würde ich lieber noch nicht sagen.“
Verdammt, ich musste ihn finden! Hier musste doch jemand etwas wissen! Oder ich konnte wenigstens Kontakt mit jemand aufnehmen. Wo war nun überhaupt die Stadt? Die Wächterin drehte sich um, und ich folgte ihr. Die Reihe aus dicken Säulen endete, und die Steinplatten auf dem Boden verliefen sich im Waldboden. Um mich waren nur Bäume mit üppig grünen Kronen, und auf einer Seite wirkte der Untergrund sumpfig. Zumindest lag ein feuchter, erdiger Geruch in der Luft, der bald von einem warmen Luftzug abgelöst wurde. Einzelne helle Sonnenstrahlen schafften es nach unten.
Ich glaubte kleine, gemauerte Häuser zwischen dem üppigen Grünzeug zu erkennen. Eine Frau mit blauen Haaren spazierte uns auf dem breiter werdenden Weg entgegen. Und ein Tier mit weißem Kopf … und Flügeln? Wenigstens hatte es vier Beine. Ganz langsam ließ ich meinen Blick umherschweifen. Wir gelangten zu einer Art Gartenpavillon, wie ich ihn in einem alten Kurpark erwartet hätte. Vor uns schimmerte ein violetter Farbton durch die Bäume.
Noch ein paar Leute gingen vorbei, von denen sich einige nach mir umdrehten. Jemand war zur Hälfte in eine Art Ritterrüstung und zur Hälfte in Stoff gehüllt. Die Wächterin blieb stehen und zeigte zu etwas.
„Natürlich“, begann sie zu reden, „haben wir für Euch die beste Unterkunft in der Stadt bereitgehalten. Gleich dort drüben findet Ihr sie, und bitte lasst es mich wissen, falls etwas noch nicht bereit sein sollte.“
„Danke, ich werde es mir ansehen. Und … ich habe da von gewissen … Vergnügungen gehört. Gibt es die nur in der Hauptstadt oder auch hier?“
„Es war uns möglich, einige davon hier zu bewahren. Natürlich erwarten wir noch sehnsüchtig Eure Hilfe. Ist Euer Plan denn schon weit gediehen? Doch wagt vorerst gerne den Weg in die inneren Stadtteile, um Euch an Bier und unseren Speisen zu erfreuen. Falls Euch das beliebt.“
„Ja, ich … werde mir das auch ansehen. Und … gleich dort drüben ist die Unterkunft?“
„So ist es, mein Herr, und bitte mäßigt Euch auf keinen Fall, alles in Anspruch zu nehmen.“
„Oh, danke, also … ich gehe dann einmal!“
Langsam drehte ich mich die Richtung, die sie angedeutet hatte. Ich stand nur im Wald, konnte hinter den Bäumen größere Häuser erahnen – und vor mir Stufen. Sie verliefen neben einer von Grünzeug bewachsenen Mauer, führten um eine Ecke und weiter nach oben. Alles schien in einen Hang gebaut zu sein – und vor mir erstreckte sich nun die Stadt aus meiner Vision. Wenn das nur die Kleinstadt war, wie sah dann die Hauptstadt aus?
Die Säulen an den Fassaden wirkten feiner als die an der Stadtmauer. Das war jedoch bei jedem der Häuser etwas unterschiedlich. Viele erstreckten sich über mehrere Stockwerke entlang des gegenüber lang und flach ansteigenden Hanges. Das mit dem runden Turm auf der Anhöhe sah einer Burg oder einem sehr wichtigen Gebäude ähnlich. Neben mir bemerkte ich Fenster in der Wand – und eine Tür. Offen.
Der Raum war groß und dunkel, und ein frischer Luftzug empfing mich. Ob ich mich besser nach einer Ritterrüstung erkundigen oder die Stoffbahnen als neue Kleidung verwenden sollte? Einige hingen auch neben dem hohen Bett, das sich über eine ansehnliche Breite entlang der Wand erstreckte. Ein silbriges Glänzen schien vom Betttuch auszugehen.
Ein Blick in die angrenzenden Räume machte dieses Gasthaus mit der Wirtin, oder was ich bisher in dieser Welt gesehen hatte, zu einer billigen Absteige. Das fließende Wasser war entweder kühl und klar – oder warm. Oder prickelnd mit einem Geschmack zwischen bitter, sauer und süß. Das war doch trinkbar, oder? Ich bemerkte noch ganz anderes Obst als das vom Innenhof der Burg. Aber was machte ich hier so lange? Ich musste ihn finden! In die Stadt hinein und versuchen, etwas zu erfahren! Oder …
Ich hörte ein leises Klopfen, etwas wie ein Räuspern, und drehte mich um. Die Eingangstür stand noch offen – und dort … Talassia? Sie blickte mir in die Augen und vollführte nur einen kleinen Schritt in meine Richtung. Sah nicht anders aus als zuletzt in diesem Zwischenlager.
„Ist … die Dame wieder hier, um mir Vergnügen zu bereiten?“
„Falls Euch das möglich erscheint, mein Herr, ersuche ich den Begriff ‚Die Dame‘ zu vermeiden.“
„Ja, kann ich gern … sofern Sie ‚Mein Herr‘ unterlässt. Und das muss jetzt natürlich nicht sein mit …“
„Doch es hätte Euch beliebt … Marcellus?“
„An sich ja, aber das ist bei mir … eine leicht komplizierte Geschichte.“
Sie lächelte kurz und fast intensiv, um noch einige Schritte in meine Richtung zu gehen. Sofort änderte sich ihr Blick.
„Entspricht das Geschehen mit Traian der Wahrheit? Wurde er tatsächlich von dem Biest fortgerissen? Ist er …?“
„Ja“, unterbrach ich sie und stand nun direkt vor ihr, mit gesenktem Blick. „Aber ich habe dieses Gefühl … tief in mir, dass … es ihm gut geht.“
„Dann wird uns Euer Gefühl sicherlich baldigst zu ihm führen!“
„Ja, hoffentlich. Und … wie ist Sie … seid Ihr … überhaupt so schnell hier in die Stadt gekommen?“
„Es gelang, eine Verbindung zu öffnen. Direkt hier in die Stadt.“
„Also so ein … Portal innerhalb dieser Welt?“
„Das entspricht den Tatsachen, und … bitte begleitet mich, M…arcellus.“
„Äh, ja, gern. Aber … ich ziehe mir noch einen anderen Umhang an, ja?“
„Dieser hier würde Euch gut stehen“, erwähnte sie und reichte mir eine Stoffbahn fast im Farbton ihrer roten Haarsträhnen.
Sie warf mir ein knappes Lächeln zu, bevor sie sich langsam wieder zur Tür zu begab. Also gut, ein bisschen frisches Wasser, das hier umbinden – sah doch gleich besser aus. Ich warf noch einen Blick aus dem Fenster auf die Stadt unter mir, um mich dann zu Talassia zu begeben. Wortlos schritt sie die Stufen hinab, und ich folgte ihr.
* * *
„Der Abgesandte ist also jetzt allein in diesem Zwischenlager?“, erwähnte ich nach einer Weile des Gehens neben ihr. „Am anderen Ende der Welt?“
„Dies sollte so sein. Sowie mit einem Teil unseres Volkes und dem Mann mit den Heilkräutern.“
„Na dann ist er ja bestens versorgt.“
„Es wurde gesprochen über … Euch und den Abgesandten.“
„Ja … das ist auch eine leicht komplizierte Geschichte.“
Sie hetzte nicht gerade entlang der Häuser aus massiven Steinblöcken und Holzteilen. Dafür setzte sie ihre Schritte so, dass sie dem Rinnsal aus schmutzigem Wasser auswich. Schuhe trug auch hier anscheinend fast niemand. Aus den engen Seitengassen drangen immer wieder Geräusche oder Unterhaltungen, während die breite Straße wohl einem anderen Teil der Stadt zustrebte.
Nun tauchten diese glatten Fassaden und Säulen auf, die von meiner Unterkunft aus zu erahnen gewesen waren. Der Duft von Gewürzen oder doch von frischem Gebäck lag in der Luft, und die Straße weitete sich. Eine Art Brunnen oder irgendwie erhöhte Stelle nahm die Mitte des Platzes ein. Rundherum Geschäfte mit Vordächern aus grobem Stoff, bei denen ein stetiges ein und aus gehen zu beobachten war. Bei dem großen Gebäude auf dieser Seite war es stiller.
Manche Leute traten zur Seite, sahen mich an und drehten sich nochmals um, als Talassia mit mir auf den großen Eingang zustrebte. Klar, wahrscheinlich musste ich später noch auf der Bühne in der Mitte eine Ansprache halten. Doch nun durchschritten wir die große, rechteckige Öffnung in der Mauer und traten in das Halbdunkel. Der Boden unter meinen Füßen fühlte sich ein wenig kühler als draußen an. Das riesige Feuer vor uns, das kein Feuer war, änderte nichts daran.
Seine Farben schienen hier etwas anders zu sein, und es schwebte ungefähr einen Meter über dem fast glatten Steinboden. Niemand außer uns war hier – und ich glaubte ein sehr tiefes Summen zu spüren. Meine Begleiterin umrundete das Licht nicht einmal zur Hälfte. Sie blieb stehen, schloss die Augen und verschränkte ihre Finger ein wenig. Knapp neben ihr verstärkte sich dieses Geräusch, mehr ein Gefühl. Es war, als … baute sich zwischen meinen Händen und dem Licht eine Verbindung auf. Ein Nebelschleier war es nicht, der vor meinen Augen erschien. Ich konnte sogar klarer sehen, und ich sah … Traian?
Er lag im Freien, zwischen niedrigen, bröckeligen Mauern. Seine Hose war noch mehr zerrissen. Bewegte sich da etwas im Hintergrund? Ich konnte alles spüren, auch die kühlere Temperatur. Nur in dieser Ecke, in die er sich gekauert hatte, war es einen Hauch wärmer. Wenn ich ihm nur mein Stück Stoff umhängen könnte. Doch ich konnte ihn nicht erreichen.
„Traian?“, hörte ich die Stimme von Talassia neben mir. „Was geschah mit dir?“
„Talassia?“, reagierte er nach einigen Sekunden und flüsterte beinahe. Oder war seine Stimme heiser?„Das Biest … war zu mächtig. Ist zu mächtig. Lass Vorsicht walten.“
„Bist du … im Gebirge? Ich glaube zu erkennen …“
„Es sieht so aus. Und … ist Marcellus wohlbehalten?“
„Ja, dieser … ist neben mir. Bekommst du keine Verbindung?“
„Nein, und … es kehrt zurück!“
Alles verblasste, und unter meinen Füßen fühlte es sich wieder ein wenig wärmer an. Ich tastete mich herum und streifte Talassia. Sie zuckte zusammen, öffnete die Augen und drehte sich langsam zu mir. Bevor sie etwas sagen konnte, glaubte ich eine sehr tiefe Stimme zu hören. Nur verstand ich die Worte nicht. Meine Begleiterin konzentrierte sich, hielt den Mund leicht offen und drehte sich zu mir. Hatte sie gerade ihre Hände auf meine Schultern legen wollen?
„Lasst uns in Ruhe, und er wird zurückkehren. Ansonsten war dies erst der Anfang“, zitierte sie das Gehörte. Sie hatte es doch verstanden, oder?
„Das war … die Antwort … von denen?“
„Es scheint so. Doch … wir vertrauen auf Euch, M…arcellus, unsere Welt zu befreien.“
„Wie kann ich das machen?“, wurde ich lauter und hätte mich fast auf ihrer Schulter abgestützt. „Ich kann überhaupt nichts! Ich … bin viel zu schwach gegen die, und …“
Mein Kopf senkte sich, und es wurde beinahe still. Vernahm ich nun doch ein Knistern, obwohl das vor mir eine Lichterscheinung und kein Feuer war? Sehr zart strich Talassia mit einem Finger über meine Wange.
„Verzeiht, doch … vielleicht benötigt Ihr lediglich eine Stärkung.“
„Klar, vielleicht … sollte ich einmal das Bier hier probieren. Das vertrage ich doch sicher, wenn ich immer noch gegen alles immun bin.“
„Wenn Ihr das wünscht, so kann ich Euch gern begleiten.“
Warum machte sie statt mir nicht alles? Wahrscheinlich war sie hier dem magischen Licht entstiegen und hatte das Portal genau an der richtigen Stelle öffnen können. Nun bemerkte ich nur noch ein Lächeln bei ihr, das so zart wie ihre Berührung vorhin war. Ich konnte sie doch nicht an der Hand nehmen, auch wenn alles in ihr danach schrie. Sollte das an mir nun ein schottischer Rock ohne Muster oder ein großzügiges Lendentuch sein? Interessant, dass es nie verrutschte.
Sie trat ins Freie, lenkte ihre Schritte wieder in diesen anderen Teil der Stadt, und ich folgte ihr.
Kapitel 11 – Die Stärkung
Niemand nahm Notiz von uns, als sie die Tür dieses Ladens öffnete. Waren die letzten Minuten meines Ruhms nun vorüber? Sah ungefähr wie das Gasthaus irgendwo bei der Ersatzstadt aus, nur größer. Ein ständiges Stimmengewirr lag in der Luft, ohne mir jedoch in den Ohren zu dröhnen. Talassia blieb stehen und ließ ihren Blick umherschweifen. Sie war dabei ein wenig näher an mich getreten. Die hölzernen Tische sahen aus, als brächen sie jeden Moment zusammen. Sie ächzten aber höchstens ein bisschen unter der Last der riesigen Metallkrüge, die manchmal auf sie geknallt wurden.
Auch vor dem Nähertreten meiner Begleiterin war es mir hier ein wenig wärmer als draußen vorgekommen. Eine Mischung aus vielen Gewürzen schien in der Luft zu liegen, vielleicht mit etwas Bierschaum vermengt. Weiter hinten wurde gelacht, und ich bemerkte, wie zwei Leute in einen dunklen Gang verschwanden.
Sie steuerte auf einen freien Tisch zu, der knapp an der Wand aus groben Steinen stand. Nach einem hektischeren Umsehen und einer Geste mit ihren Fingern eilte jemand heran. Der Wirt oder ein Angestellter?
„Einen Wunsch?“
„Ja … bringe Er bitte von diesem vorzüglichen, schäumenden Bier. Zweifach. Oh, und vielleicht …“
Er vollführte nur eine kurze, zustimmende Kopfbewegung, von einem knappen Lächeln begleitetet. Talassia, die mir direkt gegenübersaß, wandte sich wieder mir zu. Hoffentlich musste ich sie nicht auf mein Zimmer tragen. Ganz langsam spielte sie mit ihrer Zungenspitze an ihren Lippen herum, während mich ihr tiefer Blick traf.
„Ach ja“, meldete ich mich, „dieser Fluss vor der Stadt in der leuchtenden Farbe … hat das was zu bedeuten?“
„Oh, dies wird von der Bevölkerung hier als Schutz gegen die … Drachen gesehen.“
„Ich habe geglaubt“, lachte ich, „das ist glühende Lava. Aber vielleicht funktioniert es ja.“
„Nur Ihr könnt uns am Ende schützen“, erhob sie ihre Stimme leicht.
Sie blickte in Richtung dessen, das wohl einen Schanktisch darstellte. Der Mann schien keine Probleme zu haben, zwei der riesigen Krüge und auch noch eine Metallplatte zu tragen. Mit einem kurzen Blick in ihre und meine Richtung stellte er alles ab und verschwand.
„Oh, und wer bezahlt das alles?“, meldete ich mich zu Wort und erhob meinen Metallkrug. Fühlte sich leichter an, als er aussah. „Ich habe ja nicht einmal Geld.“
„Darüber macht Euch bitte keine Sorgen.“
Mit einem weiteren Lächeln prostete sie mir zu und nahm zuerst einen kräftigen Schluck. Ich ertappte mich selbst beim Anstarren ihrer knappen Rüstung, die vielleicht doch eher silberner, dicker Stoff war. Das Bier schmeckte … kühl, wenig bitter, ziemlich süß und prickelnd und sehr schaumig.
„Es wurde einst geredet“, setzte sie fort, „ich sei die Herrscherin. Doch ich konnte die Prüfungen nicht bestehen, und das Universum führte uns zu Euch.“
Ich verschluckte mich beinahe, als ich gerade noch einen Schluck nahm. Die dunklen Brotstücke schmeckten fast wie dieses Gebäck, nur … würziger. Sehr würzig. Sie sollte die Herrscherin sein? Immerhin schien sie hier mehr zu erreichen als ich. Aber dieses Knistern ging nun entweder wieder von mir aus – oder von ihr. Es lag zwischen unseren Fingerspitzen, als wir uns ansahen. Ich verdrängte dieses Kribbeln nicht mehr und mir war, als fiele mir das Atmen schwerer.
Nur durch ihren Blick schien mir immer heißer zu werden. Sie überließ mir das letzte Stück Brot, oder was immer es war, und trank aus. Hatte sie gerade für uns beide bezahlt, oder was war das gewesen? Vielleicht war ich doch nicht so sehr immun gegen die Auswirkungen mancher Getränke hier. Aber Kopfschmerzen oder ein trockener Mund fehlten völlig, auch wenn sich ein neuer Nebelschleier über mich gelegt hatte. Ich sollte nicht mehr verdrängen, was sich unter meiner Stoffbahn abspielte. Wenn das nun der Lohn für die Strapazen des Tages werden sollte, auch schön.
„Oh, und … begleitet Ihr mich noch, meine D…Talassia?“, erwähnte ich und stand zur Hälfte auf.
„Aber gerne gedenke ich Eure Stärkung zum Abschluss zu bringen, wenn Ihr das wünscht.“
„Ja … wäre schön.“
Noch langsamer als ich erhob sie sich und warf mir dabei diesen Blick zu. Als wollte sie ein Lachen unterdrücken und mir gleichzeitig zeigen, wo alles hinführen würde. Erneut strich ihre Zungenspitze über ihre Lippen, und ich sah mich schon im zarten, unendlichen Stoff dieses Bettes versinken. Sie würde über mich klettern, ihre Hände an mich legen …
Es war fast ganz dunkel, als sie direkt neben mir ins Freie trat. Vielleicht erhellte nur noch der riesige Mond die Nacht, aber ich sah ihn nicht. Je näher wir meiner Unterkunft kamen, desto schneller schlug mein Herz. Sie erklomm die Stufen – und für einen Moment warf ich einen Blick auf die beleuchtete Stadt dort unten. Am Horizont lag ein farbiger Schimmer, der sich bis zu mir in den Innenraum fortzusetzen schien.
Als ich die Tür schloss, löste sich drinnen im Halbdunkel bereits ihr knapper Brustpanzer. Ganz zufällig rutschte die Verhüllung immer mehr in Richtung Boden. Nicht, dass sich ihre kurvige Fülle übermäßig aufdrängte, als sie sich sehr langsam herumdrehte. Es legte sich ohnehin zunehmend Dunkelheit über sie, je mehr sich davon zeigte. Hätte ich lieber Traian im grellen Sonnenlicht so gesehen? Was machte ich immer noch hier?
Aber dieses Gefühl in meinem Magen, wenn ich mitten in einer noch nicht abgeschlossenen Sache war, verblasste weiter. Und Talassia zog mich an. Es war gerade hell genug, um ihre Schritte in Richtung meines Bettes verfolgen zu können. Dieses Knistern zwischen uns war wieder voll da – und meine Anspannung.
Ich konnte mich nicht bewegen, als sie sich an den hohen Bettpfosten festhielt und sich langsam zurücksinken ließ. Nur das Geräusch meines Atems schien in der Luft zu liegen. Ich machte nur zwei Schritte auf sie zu, während sie dort auf dem Rücken lag und ihre Beine herumräkelte.
„Kommt doch näher, mein Herr“, hauchte sie.
„Wir … in meiner Welt … verwenden wir eher nicht mehr die höfliche Anrede, wenn … wir miteinander ins Bett gehen. Auch keine historischen Formen.“
„Aber … es erregt mich!“, wurde sie nur wenig lauter.
Lockte sie mich da mit ihrem Finger? Das Tuch, das gerade noch über beiden meiner Schultern gelegen war, rutschte einfach weg. Ich atmete schwerer und wurde immer mehr von diesem Prickeln erfasst, als ich das Tuch um meine Gürtellinie nur ein wenig lockerte. Um meiner großen Anspannung mehr Raum zu geben. Sehr viel mehr als meine Konturen konnte sie wohl auch nicht sehen, als ich direkt vor ihr stand. Aber …
„Habt keine Angst vor … Konsequenzen“, hauchte sie mir wieder leiser entgegen. „Nur wenn beide dies wollen, könnten diese … eintreten. Ich … erwarte Euch!“
Auch mein Lendentuch rutschte endgültig zu Boden, und mein Herz raste. Die Haare an meinen Armen und Beinen stellten sich auf. Noch einmal atmete ich sehr tief durch, als ich mich an den Bettpfosten festhielt und mich auf die Matratze kniete. Ein Schauer lief über mich, als ihre Zehen an meinen Beinen streiften. Ihr leises Stöhnen lag in meinen Ohren, vielleicht mit einem sehr zarten Lachen. Ich kam näher, meine Hände wurden von ihren gepackt. Nur um mich sofort wieder die Lage erkunden zu lassen. Wann war dieser Teil ihrer Kleidung auch verschwunden?
Talassia versank beinahe in der Bettwäsche. Jede kleine Berührung meiner Finger entlockte ihr ein zartes, langgezogenes Stöhnen. Ihre weibliche Erregung hatte sich hart und feucht manifestiert – und ich begann in ihr zu versinken. Es geschah einfach, begann nur mit der Spitze meiner harten Tatsachen. Mit offenem Mund war ich über ihr, hielt inne, brachte kaum einen Laut hervor.
Ihre Hände umfassten meinen Rücken, reizten jeden Nerv, den ich dort hatte. Zogen mich näher zu ihr – und in sie. Meine Hände zitterten, als ich nur noch ein zerhacktes Stöhnen ausstoßen konnte. Die Lösung meiner Verspannung schien schnell heranzurasen – bis alles nur noch wie in Zeitlupe verlief. Mein Gleiten durch ihr Inneres, die Berührung ihrer zweifach verhärteten Weiblichkeit. Alles jagte immer wieder einen Schauer über meinen Rücken. Bis in meine Zehenspitzen, wo das Gefühl zurück zu ihr wanderte.
Ihr tiefes Atmen wurde von etwas begleitet, das vielleicht nur ich hören konnte. Mein Mund näherte sich ihren Lippen – doch sie stöhnte auf und war viel zu sehr in Bewegung. Noch tiefer konnte ich mit ihr nicht vereint sein – und dieses Ziehen und Kribbeln tief in mir wurde stärker. Ein Gefühl an der Innenseite meiner Unterarme begann, das sich bis zu meinen Fingerspitzen fortsetzte. Talassia kreischte viel zu schrill, als ich mich noch enger an sie klammern wollte.
Auch mein Herz raste viel zu schnell, und ich konnte das Brodeln noch tiefer in mir nicht mehr aufhalten. Für einen Moment konnte ich ihr direkt in die Augen sehen, alles sehen. Mein Blick musste ihr alles gesagt haben. Meine Hände waren ohnehin längst zu verschwitzt, um mich an sie zu klammern. Nur ihre hielten mich noch fest, pressten sich warm und weich auf meinen Rücken. Ich spürte, wie das mächtige, warme Prickeln ganz nah war. Musste einfach schneller werden – und es geschah.
Alles durchflutete mich, setzte sich zu ihr fort. Ich stieß einen fast unhörbaren Laut aus, konnte den Mund nicht mehr schließen, musste irgendwie Halt finden. Etwas legte sich über mich, als mich die erste Welle erfasste. Ein plötzliches Zucken fuhr auch durch sie, ließ ihren Beinen keine Ruhe. Sie verschlangen sich weiter mit meinen, während mein Pulsieren nicht endete. Noch immer war ich tief mit ihr verbunden, und die feuchte Wärme hüllte mich endgültig ein.
Ich fand mich neben Talassia, strich mit einem Finger über ihre zarte, warme Haut. Als ich ihn nur knapp über ihr schweben ließ, hörten ihre Zuckungen beinahe auf. Sie atmete langsam und tief, schien die Augen irgendwie geschlossen zu haben und trotzdem nach oben zu starren. Dieser violette Schimmer, der in den Raum drang, kam mir nun stärker vor. An meinen Fingerspitzen tanzten grelle, fast weiße Funken, wenn ich genau hinsah. Doch dieser Schauer über meinen Rücken hatte sich längst beruhigt. Ich sollte aufstehen, ich sollte …
Kapitel 12 – Aufbruch ins Gebirge
Ich schreckte auf und sah mich sofort um. Neben mir lag … eine nackte Frau – Talassia. Sie atmete immer noch langsam und tief, ohne sonst eine Regung zu zeigen. Dieser violette Schimmer drang herein – und die leisen Geräusche aus der Stadt schienen endgültig verstummt zu sein. Wie spät es war, wusste ich nicht. Aber ich wusste, dass ich zu diesem Gebirge musste. Sofort!
Das Wasser auf meiner Haut war eher kühl wie Pfefferminze und nicht so, dass ich zitterte. Ich schnappte mir die beiden Tücher, die zuletzt meine Kleidung gewesen waren. Sah durch das Fenster hinaus auf die Stadt. Da und dort war noch ein Lichtschein zu vernehmen – und über allem schwebte der riesige Mond.
Wieder lief ein Schauer über mich, als ich mich zur Tür drehte – und doch noch einmal zu Talassia. Was passieren würde, wenn ich mit meinen Fingern über sie strich, wusste ich. Sollte ich ihr eine Nachricht hinterlassen? Konnten die das hier überhaupt lesen? Ich musste ihn endlich befreien. Konnte dieses Knistern und Sprühen von Funken an mir irgendwie hören.
„Bis später“, hauchte ich und öffnete langsam die Tür. Es war ein wenig kühl draußen, fühlte sich auf meiner Haut ungefähr wie das Wasser an. Ich hörte etwas, blickte zurück – aber sie hatte sich nur umgedreht und ihre Beine in die dünne Decke verwickelt. Ein Gefühl lag mir im Magen, nur ein leichtes, als ich die Stufen hinabschritt. Sie lagen nie ganz im Dunkeln, führten mich sicher nach unten – und nun?
Der schwache Lichtschein aus der Stadt drang durch die Blätter der mächtigen Bäume und ließ mich gerade so genug erkennen. Genau, sollte doch diese Wächterin Talassia alles erklären. Ob sie wieder bei den Säulen beim Lavastrom stand, der keiner war? Die Richtung musste stimmen, und außer mir war niemand hier. Obwohl …
Ich zuckte zusammen, als ich die Frau mit den zwei langen Gegenständen aus Metall erkannte. Hoffentlich war das diese Wächterin und nicht sonst jemand. Sie erstarrte in ihrer Bewegung, als sie mich wohl erkannt hatte, und senkte diese Dinger auf den Boden ab.
„Mein Herr“, sprach sie mich an, „wohin führt Euch denn Euer Weg?“
„Ich muss meinen … Assistenten befreien“, entgegnete ich sofort und sah sie nur zur Hälfte an. „Ich weiß jetzt, wo er ist!“
„Ist … Traian … wirklich Euer Assistent? Bitte verzeiht mir, wenn ich zweifle, aber …“
„Ich weiß es selber noch nicht ganz genau“, sprach ich sie nun direkt an und senkte sofort wieder den Kopf. „Ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich die Welt beherrschen sollte oder … Talassia.“
Hatte ich da gerade ein kurzes Lächeln bei dieser Frau bemerkt? Es verging ihr sofort, als sie sich für meine Hände zu interessieren begann und zwei Schritte zurücktrat.
„Ich spüre große Stärke bei Euch, und Ihr solltet sie zum Einsatz bringen.“
Zog ich gerade die Blätter neben mir mit elektrostatischer Aufladung an? Verschwand die leichte Kühle der Nacht? Und hieß das, dass sie mich einfach gehen ließ?
„Ja, das sollte ich. Und bitte sagt der Frau in meiner Unterkunft … Talassia … dass ich unterwegs bin. Ihn retten.“
Diesmal lächelte sie mich noch intensiver an und schwenkte ihren Blick langsam in Richtung der Stadt. Doch ihr Gesichtsausdruck wurde wieder ernst, als sie mich neuerlich ansah. Hob sie gerade ihre Schwerter an? Ich machte sehr langsam einige Schritte von ihr weg und drehte mich dabei zu ihr um.
„Möge Euch das Universum schützen!“, kam es noch von der Wächterin.
Ich drehte mich um und spürte, wie ein Gefühl durch meine Arme lief und verschwand. Oder dieses Knistern an meinen Fingerspitzen weiter verstärkte. Vor mir tauchte die Konstruktion mit den Säulen auf, und ich setzte meine Schritte noch schneller. Vom Fluss ging ein orangefarbener Schimmer aus. Etwas schien in meinen Ohren zu liegen, als ich den ersten Schritt auf die kleine Brücke setzte. Fast war mir, als zöge mich etwas nach unten. Mein Blick blieb starr geradeaus gerichtet, und ich ging einfach weiter.
Schemenhaft lagen die Umrisse der Hügel um mich, von denen her ich mich der Stadt genähert hatte. Ich folgte dem leuchtenden Fluss in jene Richtung, wo die fernen Umrisse höher zu werden schienen. Nur ein paar Meter weit wurde die Umgebung erhellt, dann verlief alles in fast völliger Dunkelheit. Ich hätte was zu essen einpacken oder die Wächterin nach einem Frühstück fragen sollen. Aber sofort schüttelte ich diesen Gedanken von mir. Verdammt, ich musste ihn endlich finden! Ob er dann …? Ach, nichts.
* * *
Sie legte ihre Schwerter ab und machte sich an das Erklimmen der Stufen. Dort oben wollte sie die Dinger erst recht nicht einsetzen. Der schwache Schimmer über der Stadt war bereits heller geworden. Einige Lichter waren noch in den Häusern zu erkennen. Sie spürte irgendetwas im Hals, als sie ihre Hand auf die Tür legte.
Ohne ein Geräusch öffnete sich diese langsam nach innen. Der Raum lag in fahlem Licht – und in dem ziemlich großen Bett eine schlafende Frau. Wenn es tatsächlich diese Talassia war. Offenbar befand sich hier nichts, das im Besitz des Herrschers sein sollte. Sonst wäre sie ihm natürlich damit nachgelaufen.
Dieses Gefühl im Hals kehrte zurück und verstärkte sich sogar, als sie sich dem Bett zwei weitere Schritte näherte. Es schien sogar noch eines dazuzukommen. War es ungefähr wie die Stärke des Herrschers oder doch anders? Sie sollte draußen warten, bis diese Frau erwachte, und wandte sich wieder dem Ausgang zu. Doch sie vernahm hinter sich ein Gähnen und sah das zugehörige Strecken bereits vor sich, bevor sie sich umdrehte.
„Marcellus?“, fragte die Stimme, und sie drehte sich um. Die Frau raffte sich auf und schlug schnell das Betttuch halb über sich. Ihre Anspannung schien sich jedoch sofort wieder zu lockern. So nannte sich doch der Herrscher, oder?
„Dieser ist bereits unterwegs, um … Traian zu befreien. Ich … wurde von ihm beauftragt, Euch dies mitzuteilen.“
„Ich war augenscheinlich zu schnell mit ihm. Doch wenn es den Tatsachen entspricht …“
„Womit wart Ihr denn zu schnell?“
Sie musste sich Mühe geben, diesen Ausdruck in ihrem Gesicht zu unterdrücken. Sollte besser wieder nach dem Stadttor sehen oder doch das Licht befragen. Der Blick von Talassia lastete weiterhin auf ihr.
* * *
Ich schreckte aus meinen Gedanken und merkte erst jetzt, dass es viel heller um mich war. Die ganze Zeit war ich dem Fluss gefolgt, und die Umrisse der Stadt lagen weit hinter mir. Das Bild gerade war wieder völlig klar gewesen, und nicht weit vor mir erstreckte sich ein hohes, schroffes Gebirge. Zumindest schien es zum Greifen nah zu sein. Der violette Farbton am Horizont war verschwunden. Doch jener der niedrigen Gewächse hier, die da und dort aus dem hohen Gras ragten, sah ähnlich aus.
Graublaue, zerrissene Wolken hingen am Himmel. Verdammt, ich hätte mit Talassia losziehen sollen. Aber hatte sie nicht gesagt, dass ich es allein schaffen musste? Traian war auf einmal so weit weg. Ich dachte daran, wie ich mit ihm allein auf der Burg gewesen war. Oder daran, wie er sich auf dem Boden gewunden hatte. Ein feines Kribbeln kam in mir auf – und ich wünschte mir, dass es stärker wurde.
Welche Zeit hätte eine Uhr angezeigt? Meine Beine fühlten sich an, als konnten sie mich bis auf den Gipfel vor mir tragen. Wo musste ich genau hin? Der ansteigende Pfad wirkte beinahe wie jener bei der Ersatzstadt. Nur dass er schmäler war und durch ein Grasland führte, das nicht weit vor mir endete. Dieses Wort „Falle“ schrie mich an, als ich meine Schritte weiter entlang der flachen Steine setzte. Würde dieser Drache auch bei hellem Tageslicht auftauchen?
Die Umgebung änderte sich in eine, die eher nur noch aus schroffen Felsen bestand. Vor mir und hinter mir. Auch war der Weg nicht mehr so gut erkennbar. Trotzdem fühlte sich der Boden aus kleinen Steinen unter meinen nackten Füßen ungefähr wie vorhin an. Etwas dämpfte den spitzen Schmerz, bevor er aufkommen konnte.
Ich blieb stehen und hielt mich am Gestein fest. Nicht sehr rau – und warm. In Sekunden wurde es heißer – und ich zog die Hänge weg. Die hatten es aufgewärmt! Dieses Gefühl in meinen Fingerspitzen kehrte wieder, konzentrierte sich dort. Ein weißer Blitz schoss gegen den Felsen und sprengte einige Kieselsteine ab.
Ich sprang zurück, atmete scharf ein. Meine Hände ballten sich zusammen. Einfach weiter, irgendwo da oben – und dann ging es gleich in die Hauptstadt! Die Richtung würde ich schon von Traian erfahren. Etwas, das ein Weg sein konnte, wandelte sich … zu Stufen? Sie schienen in den Felsen gehauen zu sein. Mein Atem wurde schneller, doch dieses Gefühl in meinem Magen verschwand sofort. Weil ich nicht zuließ, dass es mich aufhielt!
Die Umgebung … sah nach blühenden Kirschbäumen aus. In einem Farbton, der in dieses saftige Violett überging. Nur einer, was immer das war, erschien in sattem Grün. Eine Enge wollte in meinem Hals aufkommen, als ich das Ende der Treppe erreichte. Es war mehr wie ein zurückhaltend scharfer und ein bisschen süßer Geschmack in meinem Mund. Auf einem der Bäume wuchs womöglich dieses komische Obst. Ein leises Plätschern schien in der Luft zu liegen, wenn es nicht vom Geräusch des Windes überdeckt wurde.
Langsam setzte ich meine Schritte weiter über diese Fläche. Es war fast, als schwebte sie mitten im Hochgebirge, der Abgrund nur mit etwas Buschwerk begrenzt. Mir fiel eine weitere Treppe auf, die aber nur … kaum mehr als einen Meter hinauf auf eine Plattform führte. Wenn dort jemand ein Feuer machte, musste es ziemlich weit zu sehen sein. Falls jemand in dieser Gegend wäre. Bewegte sich hier etwas, außer den Ästen im Wind?
Eine Stelle neben der Plattform sah für mich nach einem guten Lagerplatz aus. Von Grünzeug umgeben, nicht direkt beim Abgrund, und es gab irgendwo frisches Wasser und was zu essen. Etwas zog mich zu dieser kleinen Treppe – und ich schloss die Augen und atmete tief ein. Die Luft war hier irgendwie anders. Verbrannt? Nein, vielleicht erdig und feucht. Ich musste … sehen, was an dieser Stelle war.
Mir fiel eine niedrige Mauer auf, aus der sich Steine gelöst hatten und die im Gebüsch verschwand. Vielleicht war dort einmal ein Gebäude gewesen. Ein Bild kehrte vor meine Augen zurück, und ich zuckte zusammen. Ein kühlerer Windstoß traf mich ins Gesicht. Was dort raschelte, klang nicht nach Blättern im Wind. Da war jemand … Traian? Ich konnte nicht mehr atmen, während dieser Schauer über meinen Rücken lief.
Außer dieser zerrissenen Hose hatte er nichts an und blickte zur Seite. Hatte sich vielleicht gerade aus seinem Schlaf aufgerafft. Kurz sah er fast in meine Richtung, wieder zurück – und länger zu mir.
„Oh!“, kam es halblaut von ihm.
Ich lief auf ihn zu und blieb fast an einem Stein hängen. Doch ich fing mich, auch wenn diesmal für vielleicht zwei Sekunden ein Schmerz zu spüren war. Ob Sandalen viel geholfen hätten? Er drehte sich langsam zu mir, hatte den Mund offen. Toll, und vielleicht hätte ich ihn fast mitgerissen, als ich meine Arme um ihn schloss. Seine Berührung auf meinem Rücken war etwas zarter. Bevor er versuchte, sich unter den Stoff zu graben, löste er sich von mir.
„Du gelangtest … zu diesem Ort?“, fand er Worte, während meine Atmung gerade so wieder einsetzte. Meine Hände zitterten.
„Ja, ich … ich erkläre es dir dann. Wir müssen hier weg, am besten wieder diesen Weg hinunter, und dann …“
„Doch …“, unterbrach er mich und trat zwei Schritte zurück, „… du gestattest meinen Austritt?“
Ich lächelte ihm zu, legte eine Hand auf seine Schulter und sah mich wieder in Richtung dieser kleinen Treppe um. Auf der anderen Seite der Plattform entdeckte ich nun sogar die Quelle, deren Wasser sich in das enge Tal vor mir ergoss. Es war links und rechts von schroffen, kaum bewachsenen Berghängen begrenzt und schien sich zwischen dichten Wolken zu verlieren.
Traian trat neben mich, und ich blickte in Richtung der Stelle, von der ich gekommen war. Ich sollte mit ihm in diese Stadt zurück. Vielleicht war Talassia noch dort, und … oh toll. Er und sie. Die Hose musste einmal jemand auswaschen, vielleicht ein paar Stellen flicken. Ich sollte das machen, auch wenn er das wohl zuerst ablehnen würde. Ach, wir mussten hier weg. Dieses Zittern in seinen Händen, die er nun an mich legte, war stärker als bei mir vorhin. So, ich würde jetzt einfach mit ihm dort hinuntergehen und …
„Doch lasse ein bisschen Vorsicht walten, denn …“, meldete er sich leise zu Wort.
„Weiß du was? Ich hole dich jetzt hier heraus und dann finden wir einen Weg in diese Hauptstadt! Ich habe dich nicht beschützen können, aber jetzt … und …“
„Oh … ja?“
„Du gestattest … auch meinen Austritt?“
Er sah nach oben und blieb am Beginn dieser Treppe stehen. Kurz sah er mich mit offenem Mund an, als ich mich nicht ganz an die Kante dieser Plattform stellte. Ich schob mein Lendentuch zur Seite … ging doch. Oh, das war gut! Still lag das Tal unter mir – bis ich etwas zu hören glaubte. Es war wie … ein tiefes Grollen, das sehr leise begann. Ich dachte an mächtige Felsbrocken, die sich gerade lösten. Oder die geballte Energie, die ich mitgenommen hatte. Klar, vielleicht verätzte ich gerade die steile Felswand.
„Deswegen“, hörte ich Traian etwas lauter hinter mir.
Ich erstarrte, als ich die langsame Bewegung dort vorne bemerkte. Es tauchte einfach auf, schien fast die ganze Breite des Tals aufzufüllen. Nur ein bisschen begann ich zu zittern. Atmete scharf ein – und die Luft war verbrannt. Wirkte die Farbe wie ein dunkles Grün und weniger wie ein Schwarz? Die Augen traten hervor – und sahen mich an. Das stetige Grollen wandelte sich mehr zu einem Fauchen.
„Du … wagst … es?“, glaubte ich zu vernehmen. Ich ballte meine Hände zusammen und trat einen Schritt näher zum Abgrund. Ein schneller Blick zurück bestätigte mir, dass Traian noch zitternd hinter mir stand und sich kaum von der Stelle bewegte. Wie hatte er nur hier schlafen können?
„Lass uns in Ruhe!“, fauchte ich leise und spürte dieses Zittern in mir immer mehr. Es wurde mehr zu einem … Beben. Ich spürte etwas in meinen Fingern. Aber nichts geschah, als ich sie wegstreckte. Weil alles tief in mir war. Der Blick des Biestes mit seinen zerfledderten Schwingen konnte mich nicht umwerfen. Obwohl ich eine Druckwelle zu spüren glaubte, als es mir die spitzen Zähne zeigte. Im gleichen Ausmaß schien sich das Beben in mir zu verstärken – und ich konzentrierte meinen Blick auf den Drachenkopf.
„Und die Hauptstadt auch!“, schrie ich – und drehte mich zu Traian um. Ich … streckte ihm eine Hand entgegen und lockte ihn zu mir. Er machte eher einen Schritt zurück, verzerrte das Gesicht und wandte es ab. Langsam fühlte es sich an, als würde eine riesige Gewalt meine Beine zum Einknicken bringen.
„Das ist ein Wunsch von deinem Herrscher“, versuchte ich weniger laut zu sein und bewegte die Finger der zu ihm gestreckten Hand. Erneut verzerrte sich sein Gesicht. Er blickte kurz zu Boden – und machte einen Schritt in meine Richtung. Noch einen. Der Druck vor mir nahm zu, begann in meinen Ohren zu dröhnen. Viel weiter als auf dieser Brücke bei der Stadt versuchte mich etwas zu Boden zu ziehen. Abwechselnd drehte ich mich nach vorne und zu Traian – bis ich endlich seine Finger umklammern konnte.
Das Biest stürzte ab! Gab einen Laut von sich und kam wieder hoch. Doch ich stand wieder völlig gerade. Je mehr sich Traian an mich klammerte, desto mehr baute sich dieses Gefühl in meiner freien Hand wieder auf. Als schaukelte sich mein Zittern zu etwas auf – und seines. Ich sah der Kreatur tief in die Augen – und scheuchte sie mit einer Handbewegung weg. Eine Kraft verließ meine Hand und wanderte in das Tal hinaus – und das Biest brüllte nochmals und sackte ab.
Die Schwingen streiften an den Felsen, es zog sich noch einmal hoch. Das Glühen in den großen Augen verlosch – und es stürzte ab! Raffte sich in die Höhe – und zog ab, als ich zu einer weiteren Handbewegung ansetzen wollte. Oder hatte das er gerade gemacht?
Meine verschwitzten Finger lösten sich von ihm, und wir sahen den Drachen irgendwo dort vorne zwischen den Wolken verschwinden. Erst jetzt realisierte ich, wie schwer ich atmete und wie sehr mein Herz raste. Mein Blick wanderte zu ihm, und sein Mund und seine Augen waren immer noch aufgerissen.
„Tut mir leid vorhin“, wandte ich mich an ihn. „Aber wenigstens habe ich ‚Wunsch‘ und nicht ‚Befehl‘ gesagt.“
„Aber … dies steht dir zu.“
„Ja, und … darf ich?“
Meine Handfläche schwebte knapp über seinem Oberkörper und ich merkte, wie sein Lächeln zurückkehrte. Sein Herz schlug ungefähr so schnell wie meines nach ein paar Längen in einem Schwimmbecken. Ich schloss meine Arme um ihn, wollte warten, bis sich alles halbwegs beruhigte. Wieder spürte ich auch seine Hand an mir, nicht sofort. Dafür griff er diesmal unter mein umgehängtes Tuch und ließ mich zittern, als er langsam über meinen Rücken strich.
„Der Weg ist versperrt“, klang seine Stimme immer noch leise.
„Das mache ich schon. Wie hast du hier ruhig schlafen können? Und wie …?“
Wahrscheinlich hatten sich durch die Erschütterungen doch ein paar Felsbrocken gelöst. Wenn wir es auf diesen Burghügel geschafft hatten, dann sicher auch den Weg zurück. Ich hielt ihn noch etwas fest, löste mich von ihm und drehte mich um. Oh … toll!
„Das Biest warf mich einfach ab! Kehrte immer zurück und ließ mich nicht fort. Und mein Schlaf …“
„Ja?“
Sein Blick wandte sich ein bisschen von mir ab, und er spielte mit den Lippen herum.
„Ich …“, begann er und legte eine Hand auf mir ab, „… dachte dabei an … eine Begegnung mit dir.“
„An welche denn?“
Der Schauer über meinem Rücken war diesmal anders. Der Blick auf den riesigen Steinhaufen, der den Weg zurück blockierte, änderte nichts daran. Ich sog ein wenig von der nun ganz klaren Luft ein, die von den ersten grellen Sonnenstrahlen weiter gewärmt wurde. Er behielt irgendwie diesen Blick bei und wandte sich der Quelle zu. Beugte sich zu einem Schluck hinab, spülte kräftig den Mund aus und nahm noch einen. Sein Interesse sprang zu diesem Baum, wo er zwei der Früchte pflückte.
Ich betrachtete die kantigen Felsbrocken, die nun eine mehrere Meter hohe, senkrechte Wand bildeten. Wie hielt sich das, ohne umzukippen? Es musste doch … erst einmal ein Frühstück geben. Der erste Bissen ließ meine Zunge sprachlos zurück, während er bereits den nächsten nahm.
„Wie … vermochtest … du …?“, meldete er sich dazwischen zu Wort.
„Oh, das … möchtest du vielleicht nicht genau wissen.“
Er schluckte, stand still, und hielt das halb angebissene Stück Obst in der Hand.
„Ich war dann in dieser Stadt …“, setzte ich fort, „… und Talassia ist dort aufgetaucht. Sie hat doch eine Verbindung mit dir gehabt, oder? Ich war direkt daneben … aber es war blockiert.“
„Was machte sie denn, damit dem nicht mehr so war?“
„Na was denkst du?“
Traian sah mich von oben bis unten an, verzerrte das Gesicht – und lachte kurz. Sogar länger. Bis er mir einen ernsten Blick zuwarf.
„Besser ich als du“, meinte ich. „Vielleicht lässt sie dich dann eine Weile in Ruhe.“
„Und … vermagst du nun eine Verbindung aufzubauen?“
„Wie soll ich das machen? Wohin? Ich glaube, meine ganze Energie ist erst einmal … abgebaut.“
Warum hatte ich gerade „eine Weile“ sagen müssen? Wenn ihre Stärkung geklappt hatte, sollte ich mir dann für sie wünschen, dass sie ihre Wünsche ebenfalls erfüllen konnte? Es war seine Sache, und sein Blick schien sich sogar zu entspannen. Ob er die Geschichte genau kannte, dass sie womöglich die Herrscherin sein konnte? Sollte er der Herrscher sein? Ich hatte gerade zusammen mit ihm die Kräfte bündeln können. Doch nun …
„Wir sollten …“, begannen wir fast gleichzeitig.
„Ja, was sollten wir?“, redete nur ich nach einer kurzen Pause weiter.
„Diesen Ort hier bekam ich nie zuvor zu Gesicht“, holte er aus und drehte sich in einem Halbkreis. „Doch es heißt, am Ende des Tales führt der Weg zur Hauptstadt weiter.“
„Die halten dich nicht mehr auf, mich auch nicht – aber fliegen kann ich noch nicht.“
„Doch du vermochtest einen … Drachen zu besiegen!“
„Wir haben ihn gemeinsam besiegt … aber warte.“
Gleich neben der Quelle, hinter einem Bäumchen mit tiefroten Blättern, führte offenbar ein Weg hinab. Steil, felsig – aber ich trat zögernd dorthin. Er sah sich noch einmal um, verzerrte das Gesicht diesmal weniger und reichte mir seine Hand. Ich drückte ein weiteres Bäumchen zur Seite – und sah den ganzen Weg vor mir. Das alles ohne Schuhe, klar. Aber ich spürte nur den Erdboden, obwohl die Steine dazwischen spitz waren.
Kapitel 13 – Das Tal
Ich wollte ihn nicht mehr fragen, wie weit es bis zur Hauptstadt sein konnte. Gehen konnte ich noch lange, und die Aussicht auf seinen straffen, leicht verschwitzten Oberkörper raubte mir mehr den Atem als vielleicht ein bisschen Anstrengung. Trotzdem ließ ich meinen Blick wieder nach etwas umherschweifen, das als Lagerplatz dienen könnte. Zumindest für eine Weile. Es war wohl wieder Zeit für einen Schluck Wasser.
Traian beugte sich hinab und formte mit den Händen ein Trinkgefäß. Ich sollte immun gegen alles sein, aber er? Das plätschernde Wasser in dem schmalen, flachen Bach würde schon gut genug sein. Sehr klar sah es aus und war kühl, obwohl sich die Luft aufgeheizt hatte. Dabei schafften es die grellen Sonnenstrahlen nur an manchen Stellen in das Tal. Genau dort gedeihten auch die Obstbäume. Oder die Blüten in leuchtenden Farben, zu welchen Pflanzen sie auch gehörten.
„Ist es mir erlaubt …“, meldete er sich zu Wort, „… dich … zu Talassia zu befragen?“
„Äh … ja.“
„Wäre ich … mit einer Frau … wie würde ich mich mit ihr … ja …?“
Irgendwie rollte er mit den Augen und spielte wieder dieses Spiel mit seinen Lippen. Ich musste lächeln und legte meinen Arm um seine Schultern. Grelles Sonnenlicht traf uns.
„Du meinst, du weißt nicht, wie …?“
Er schien ein Lächeln zu versuchen und es doch zu unterdrücken.
„Überhaupt nicht?“, legte ich nach.
Sein Blick wanderte eher in Richtung des leicht feuchten Bodens.
„Ich schätze, das würde sie dir dann schon zeigen. Vielleicht“, musste ich ein bisschen lachen, „fängt sie mündlich an, und dann … ja.“
„Doch ich bin nun … mit dir“, änderte sich seine Stimme, „und …“
Meine Finger strichen über seinen nackten Rücken, und ich beugte mich zu ihm. Kurz sah er weg, als ich mich mit meinem Mund näherte. Doch als meine Lippen Kontakt mit seinen aufnahmen, begann er mein umgehängtes Tuch wegzuziehen. War das seine Zungenspitze, ganz zart? Nur ein bisschen drängte ich meine in seine Richtung – und begann meine Erektion zu spüren. Ich merkte, wie er den Kuss lösen wollte.
Etwas hätte mir gesagt, wenn das enge Tal eine Falle gewesen wäre. Aber wie lange zog es sich noch dahin, ohne Abzweigungen oder flachere Hänge? Wäre es besser, wenn wir …?
„Es stünde dir außerdem zu …“, holte er nach einem Atemzug wieder aus, „… überhaupt nach deinem Einschreiten …“
Sofort sah ich ihn vor mir, wie er sich an einer Felswand abstützte. Seinen nackten, straffen Hintern, meine Hände an seinen Schultern … und ein Zucken fuhr durch meine männliche Ausstattung. Zweimal.
„Aber das musst du nicht. Bitte sag das nicht! Ich meine, ich könnte sehr zart sein, aber … was hast du da einmal über die Heilkräuter gesagt?“
„Diese vermögen das Brennen zu lindern, wenn sie einmal zu finden sind.“
„Vielleicht finden wir sie ja.“
Meine Hand lag auf seinem Rücken und wanderte ein wenig tiefer. Ich merkte dieses leichte Zittern in ihm. Oder eher ein Beben, das sich auf meine Finger fortpflanzte. Diesmal war mir, als hätte er zuerst zu einem Kuss angesetzt. Was mein Lendentuch verbarg, drückte sich kurz gegen ihn. Sein Mund blieb geöffnet, als ich mich von ihm löste.
War das nun wieder sein lächelndes Gesicht, als er weiterging? Nur ein bisschen bemerkte ich ein Spiel seiner Lippen.
* * *
Das Tal weitete sich ein wenig. Zumindest wich das Buschwerk und Geröll am Rand nun einer Art kleinem Platz. Ein etwas größeres Rinnsal vereinigte sich mit dem Bach – und das Rauschen stellte sich tatsächlich als Wasserfall heraus. Nicht sehr breit, doch er stürzte sich umso länger über eine Reihe von Felsvorsprüngen zu Boden. Irgendwie waren die Hänge bis zu dieser Stelle flacher geworden. Bei jenem auf der anderen Seite bildete das dichte Blätterdach einiger kleinerer Bäume eine Stelle … bei der wir übernachten konnten?
Dieses Lächeln bei Traian schien stärker zu werden, als ich mich genauer umsah. Hoffentlich sagte er mir, dass die Beeren hier essbar waren. Obwohl mich ihr tiefes, leuchtendes Rot anzog, hätte ich sie allein wahrscheinlich nicht gepflückt. Vielleicht würden sie mir auch dann im Magen liegen, wenn ich gegen irgendein Gift ebenfalls immun war.
„Oh, die sind überaus gut!“, kommentierte er und stellte sich neben mich. Fast war mir, als wollte er seinen Arm um mich legen. Vielleicht glaubte er immer noch, er müsste mich zuerst fragen, weil ich der Herrscher war. Ich griff bei diesem Strauch zu – und meine Zunge erlebte einen Höhepunkt. Es zog sich bis in meine Fingerspitzen, als es zuerst sehr süß – und prickelnd – nach Himbeeren schmeckte. Dann nach etwas, das ich nicht kannte.
Obwohl das Tal ziemlich geradlinig verlief, verhinderte irgendetwas meistens eine größere Sichtweite. Fast schien es vor uns wieder schmäler zu werden. Die Farbe des Sonnenlichtes hatte sich verändert, mehr zu diesem tiefen Violett. Mein Blick war in Richtung des Wasserfalls gerichtet, und ich legte mein umgehängtes Tuch über einen Ast. Meine Hand fühlte sich unter dem Wasser wärmer als erwartet an. Passte gut zu den Ansätzen von Schwüle, die nach wie vor in der Luft hingen.
Nur leicht vollführte ich mit meinen Fingern eine lockende Bewegung in Richtung von Traian. Vielleicht war er gedanklich anderswo gewesen, denn er zuckte zusammen. Doch er warf mir ein Lächeln zu. Es erstarrte, als ich mein Lendentuch ablegte und in das Wasser trat. Im ersten Moment fühlte es sich zu kühl an. Innerhalb von Sekunden kam diese Wärme in mir auf, und ich stellte mich weiter darunter. Nur er stand noch in seiner Hose vor mir und sah mich nicht ganz direkt an. Eher den Wasserfall nach oben.
„Lass sie halt an“, drehte ich mich zu ihm, „dann wringe sie aus und lass sie in der Sonne trocknen, so lange sie noch da ist. Sollte ich dann mit diesen Tüchern auch einmal. Na?“
Er blickte immer noch nach oben, hielt einen Fuß in das Wasser. Eine Hand – und trat zurück. Schnell streifte er die Hose ab, legte sie neben sich auf den Boden und stellte sich neben mich. Die Breite des Wasserschwalls erfasste gerade so uns beide. Zufällig berührte ich seinen Rücken, drehte mich eher weg. Doch als sein Fuß ein weiteres Mal an meinem streifte, konnte es kein Zufall mehr sein.
Ich drehte mich zu ihm, stand hinter ihm, strich über seinen Rücken. Gelangte mehr nach vorne zu seinen straffen Bauchmuskeln – und fand mich eng an ihn gedrängt wieder. Meine Härte legte sich an seinen Rücken, wanderte etwas tiefer. Sein Atmen hatte sich verändert, und dieses Zucken in mir hatte er gerade deutlich spüren müssen. Mir war, als wurde das Wasser wärmer. Aber die Hitze konnte nur von uns kommen.
Er trat ein bisschen herum, als ich mich weiter an ihm hinabtastete. Als ich seine ganze Härte zu spüren begann, erfasste mich selbst auch ein Pulsieren. Zur Hälfte verließ er den Wasserschwall, als ich mich mit der anderen Hand noch enger zu ihm zog. Als er sich zu mir wandte, verband uns ein Kuss, und meine Hand setzte sich langsam in Bewegung.
Ich ging ein wenig in die Knie, rutschte tiefer – und fand mich zwischen seinen Rundungen gefangen. Immer wieder hörte ich sein zartes Stöhnen, und ich bewegte mich weiterhin langsam auf und ab. Bis ich bei ihm … hängenblieb. Er schien kurz zu erstarren. Ein bisschen rückte ich mich zurecht, erhöhte den Druck – und sein Stöhnen klang, als hätte er etwas mit mehr als vier Beinen gesehen. Sofort löste ich mich von ihm.
Erneut wandte er sich mir zu, und ich wollte schon etwas sagen. Doch seine Hand tastete sich zu mir – und zog mich wieder ein Stück zu ihm. Ich glaubte die Andeutung eines Nickens zu erkennen. Auch wenn sich sein Gesicht leicht verzerrte, bevor er wieder nach vorne blickte. Wieder erfasste mich dieses Pulsieren, als ich mich an ihn drängte. Einfach so, nur mit klarem Wasser, konnte ich wahrscheinlich sowieso nicht. Aber … meine pochende Lust verband sich ein Stückchen mit ihm! Er schrie auf, ich hielt sofort inne – und blieb so.
Mit beiden Händen streichelte ich über seinen Oberkörper, erkundete mit den Fingern jede Linie auf seiner glatten Haut. Ich würde nicht zulassen, dass er Schmerzen verspürte. Nein! Saugten es meine Finger gerade aus ihm heraus? Ich merkte ein Beben in ihm, wahrscheinlich auch in mir – und drang weiter in ihn vor. Sein zartes Stöhnen war zu einem tiefen Atmen geworden. Obwohl mich bis zu diesem Punkt kaum etwas aufgehalten hatte, konnte ich mich nicht vollständig mit ihm vereinen. Dieses Pochen und Spannen spürte ich bei ihm fast mehr als bei mir.
Nein, ich ließ nicht zu, dass uns etwas aufhielt! Wieder erhöhte ich den Druck – und wurde eins mit ihm. Er stöhnte auf – aber etwas wie ein Lachen mischte sich dazu. Das würde ihm schon vergehen! Was hatte ich gerade gedacht? Ich setzte mich schneller in Bewegung, klammerte mich wieder fest an ihn. Die andere Hand umschloss seine zuckende Härte.
Es trieb mich weiter dem Gipfel entgegen, als ich mich entlang seines muskulösen Oberarms tastete. Meine Finger schlossen sich um seine – und er drückte ein wenig fester zu. Manchmal ließ er locker, um sich dann wieder an mich zu klammern. Ich hätte auch so gespürt, wie es in jedem Moment um ihn stand. Ganz tief war ich mit ihm verbunden, sog immer wieder die mit feinen Wassertropfen getränkte Luft ein. Sie perlten auch an seinen Schultern ab und glänzten im Sonnenlicht, das es zu dieser Stelle schaffte. Irgendwie lag ein Schimmer über ihm.
Ich spürte die Reibung, die Hitze in mir. Seine pochende, heiße Enge, die mich umschloss. Sein schnelles Atmen klang zerhackter, und ich musste wieder aufstöhnen. Vielleicht war es durch das halbe Tal zu hören, sogar neben dem Rauschen des Wassers. Als ich mich wieder an seine straffen Bauchmuskeln tastete, schoss mein Höhepunkt heran. Ein Beben, durch meinen ganzen Körper und bis in meine Füße, erfasste mich. Er begann stärker zu zittern – und dieses warme Kribbeln überrollte mich.
Irgendwo an ihm versuchte ich Halt zu finden, während es losbrach. Die Flutwelle wurde heißer, riss ihn mit – und wollte mich zu Boden ziehen. Noch eine folgte, während sich meine Finger um seine krampften. Mit meiner anderen Hand spürte ich ein schnelles Zucken, gleichzeitig mit meinem. Seine Beine wurden weich.
Ich trennte mich von ihm, und nur langsam gab mich dieses Prickeln frei. Ein kleiner Regenbogen hatte sich im feinen Nebel gebildet, der sich nun lichtete. Traian hielt sich nur noch mit einer Hand am Gestein fest. Mit der anderen griff er an seinen Hintern und verzerrte das Gesicht.
„Das … brennt ganz schön!“
Etwas zuckte durch mich und ich stellte mich vor ihn.
„Tut mir leid, das wollte ich nicht … aber es war einfach …“
„Doch es war … auch mein Wunsch.“
„Warte, ich … finde diese Heilkräuter! Das habe ich schon einmal für dich, und …“
„Doch so schlimm … beliebt es nicht zu sein.“
„Ach, sag das nicht. Warte …“
Hatte ich da bei ihm noch ein verzerrtes Lächeln gemerkt? Ungefähr kannte ich das Gefühl, aber es verschwand meist so nach einer Minute. Klar, vielleicht war mein Liebesnektar hier für manche Leute zu potent. Warum hatte ich nicht vorher nach dem Zeug suchen können? Weil er mich so heiß gemacht hatte! Meine Beine waren immer noch weich, und dieses Kribbeln steckte dort und in meinen Armen. Es hatte sich angefühlt, als hätte sich ein riesiger Felsbrocken gelöst. Das Tageslicht schien ein wenig anders zu wirken, obwohl es noch nicht wirklich dunkler geworden war.
Wenn nur dieser Apotheker hier wäre und mir sagen könnte, welches Kraut es war. Oder doch eine der tiefroten Blüten? Noch ganz genau klangen seine wenigen Worte in meinen Ohren. Ich war der Herrscher und konnte alles finden, das ich wollte. Also würde ich das nun! Ich hetzte ein Stück weiter, in Richtung des unbekannten Endes des Tals. Irgendwie wurde der steinige Untergrund hier zusehends überwuchert. Bevor sich der zu erahnende Pfad zu sehr im üppigen Grün zwischen immer höheren Bäumen verlor, sah ich mich an dieser Stelle genauer um.
Die Blätter hatten unterschiedliche Schattierungen von Grün – oder Rot oder Violett. War dieses hier welk, oder sah die Farbe eben so aus? Es fiel mir beinahe entgegen, als ich es pflücken wollte. Also war es das richtige Kraut! Ich hetzte zurück, stolperte, kratzte mich wahrscheinlich an einem Ast auf und sah Traian noch beim Wasserfall stehen. Er stand auf einem Bein, und sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht wirklich verändert.
„Da, äh … verwende das.“
„Das ist jedoch …“
„Probiere es.“
Ich reichte ihm das Blatt und sah nur zur Hälfte hin. Sein leises Fauchen hörte sich für einen Moment anders an, und ich wollte schon meine Arme um ihn schließen. Aber es klang wieder, als wäre ihm ein Stein auf den Fuß gefallen.
„Dieses Kraut … beliebt nicht … zu funktionieren“, brachte er hervor.
„Warte, gib … mir deine Hand.“
Er zögerte etwas, bis sich seine Finger mit meinen verschränkten. Ich drückte ein wenig fester zu und er schloss die Augen. Auch so spürte ich das Pochen seines Herzens. Etwas zuckte durch mich – und ich konnte meine Hand nicht mehr wegziehen. Sie war völlig mit seiner verbunden, und er riss die Augen auf. Etwas floss durch meinen Unterarm, kribbelte in meinen Fingern. Der Krampf löste sich – und er gab ein zartes, langgezogenes Stöhnen von sich.
„Dies ist noch besser als die korrekten Kräuter“, kommentierte er. „Sowie, ist das nicht …?“
„Was?“
Auch ich drehte mich um und bemerkte das kleine, über dem Boden schwebende Licht in unserer Nähe. Als hätte ich bei unserer Begegnung die völlige Überflutung der Reize abgeleitet und es erschaffen. Sein Mund blieb noch etwas offen, bis er mir ein Lächeln zuwarf. Ich schloss meine Arme um ihn – und spürte seine an meinem Rücken. Erneut erfasste mich ein Kribbeln, als ich mit ihm unter das rauschende Wasser tänzelte.
* * *
Traian hantierte mit einem Holzstückchen und einem langen Faden. Musste von einem länglichen Blatt stammen. Die eingerissenen Stellen an seiner Hose sahen damit fast wieder wie neu aus. Sie war längst wieder trocken, so wie meine beiden Tücher. Ich trat unter dem Blätterdach hervor und blickte in die Richtung, in die wir wohl am nächsten Tag weitergehen würden. Längst war das Abend-Violett in Schwärze übergegangen, nur noch ein schwacher Schimmer lag über der Landschaft. Doch das kleine, schwebende Licht erhellte unser Lager.
Er schien zu überlegen, ob er die Hose wieder anziehen sollte. Mein Lendentuch hielt ich ebenfalls nur so in der Hand, während mein Umhang gefaltet war und meinem Kopf als Unterlage dienen sollte. Wenn im Hof der Burg keine Insekten über uns geklettert waren, dann hier ebenfalls nicht? Der Boden fühlte sich an dieser Stelle sogar weicher an, irgendwie.
Ich ließ zwei Finger über seinen Oberarm streifen und zitterte, als ich wieder die weiche und glatte Oberfläche spürte. Und ein bisschen das leichte Zucken in seinen Muskeln, die doch etwas mehr als bei mir ausgeprägt waren. Trotzdem fühlte ich mich gerade, als könnte ich die Felswand hinaufklettern. Wahrscheinlich würde der Ausblick immer noch nicht reichen, um bis zur Hauptstadt zu sehen.
Er legte seine Hose nur so über sich, als er sich hinlegte. Als Decke etwas wenig, doch kühl fühlte sich die Luft immer noch nicht an.
„Ist es zu hell?“, flüsterte ich beinahe, als ich das kleine, schwebende Licht mit zwei Händen ein Stück versetzte und eine darüberhielt. Die Helligkeit blieb auch dann geringer, als ich sie wegnahm.
„So lasse es doch so.“
Ich ließ meine Finger seitlich über ihn streichen, so wie er dort lag, und kuschelte mich von hinten an ihn. Mein Lendentuch war irgendwie zur Hälfte um uns gewickelt, und ein Gedanke tauchte in mir auf. Dass ich seine Hand vielleicht noch gerne anderswo spüren würde, als zart an meine gelegt. Würde er antworten, dass mir das natürlich zustünde? Aber ich konnte die Wärme seines Rückens spüren, ohne dass bei mir wirklich etwas spannte.
Kapitel 14 – Der Kampf und der Wunsch
Noch bevor ich die Augen öffnen wollte, mischte sich ein Duft in meinen Halbschlaf. Nach gerösteten Nüssen? Über mir war das grüne Blätterdach – und neben mir niemand. Das Bild erschien sofort klar und nicht verschwommen – und ich wusste, dass Traian ganz in der Nähe war. Was hatte ich da geträumt? Irgendwas vom alten Herrscher, der ebenfalls nicht so genannt werden wollte. Von einem alten Gemäuer, von Staub und feuchter Erde – aber es war zu verblasst.
Dort drüben, an der Stelle mit dem Wasserfall, sah es strahlend hell aus. Ich bemerkte Traian, wie er mit irgendetwas herumhantierte. Er trug wieder diese Hose, und ich … sollte mit meinem Lendentuch herumlaufen. Ich wickelte es von meinen Beinen, raffte mich auf, schüttelte es aus und band es mir um. Der Stoff ließ sich auch einfach so umschlagen, doch an diesem Tag sah der Knoten für mich besser aus.
„Guten Morgen!“, begrüßte ich ihn, und er lächelte mir nicht ganz direkt zu. Die sich an seinem Oberkörper abzeichnenden Muskeln glänzten im goldenen Licht. Was er in der Hand hielt, sah nach einer halbierten Kokosnuss aus. Als er sich zu mir beugte und es mir reichte, breitete sich dieser Duft zwischen heißem Kaffee und Nüssen direkt vor mir aus. Er blieb in dieser Haltung und sah sich um, als ob er etwas suchte.
„Darf ich …?“, setzte ich fort und stellte die Schale an einer Stelle ab, wo sie nicht umkippen konnte. Meine Hand schwebte über seinen Bauchmuskeln, und er schien es nun zu bemerken. Nach einem intensiveren Lächeln direkt in meine Richtung legte sich meine Handfläche auf ihn. Ein Schauer fuhr durch mich, als ich die Hand langsam nach unten bewegte. Ich zog sie weg, und er ließ sich neben mir auf dem Boden nieder. Nach einem Schluck setzte sich der Schauer fort, und seine Handfläche auf meinem Oberschenkel überraschte mich.
„Ich hoffe“, meldete er sich zu Wort, „du bist mit meinem bescheidenen Gebräu zufrieden. Ich fand allerlei Zeug, und dein Licht erwies sich auch als nützlich.“
„Ja! Ich bin begeistert! Wie machst du das?“
„Stets wurde ich vom Abgesandten getrieben, Lager einzurichten und solche Sachen zu machen.“
„Ja, da bist du gut darin. Und … was macht er wahrscheinlich gerade?“
„Die Verbindung besteht von diesem Ort aus nur schwach. Doch die nähern sich sicherlich von der anderen Seite her der Hauptstadt.“
„Ja, wenn wir am anderen Ende der Welt sind … und wir sollten dann langsam zusammenpacken, schätze ich.“
Ich nahm einen weiteren Schluck – und er sprang mit einem Mal auf.
* * *
Das Tal war längst breiter geworden und die Hänge von dichtem Wald bedeckt. Auch ganz in unserer Nähe bahnte sich ein schmaler Wasserfall seinen Weg nach unten. Feine Wassertropfen lagen in der Luft und legten sich auf meine Haut. Stets schien das Ende des Tals in einem Nebel verhüllt zu sein, der mehr eine helle, luftige Wolke war. Aber diese Erhebung in der Mitte zeichnete sich nun genauer ab. Ich blieb stehen und stützte mich an der nackten Schulter von Traian ab. Wortlos legten sich seine Finger an meinen Rücken und bewegten sich ein wenig hin und her. Wo immer unser Nachtquartier sein würde – ich würde ihn bitten, mich genau so zu massieren. Sehr lange.
Ich glaubte manchmal das Kreischen von Vögeln zu hören, ohne welche sehen zu können. Er schien sich nicht nach etwas umzusehen, sondern setzte nur seine Schritte neben meinen. Immer deutlicher ragte die Formation vor uns auf. Beinahe wie dieser Hügel mit der Burg, aber nicht so groß. Womöglich fast rund – und die Wände ragten senkrecht in die Höhe. Wie hatte jemand die Häuser dort oben bauen können?
Ein paar kleinere Gebäude zeichneten sich ab. Eher deren Verstärkungen auf den schrägen Dächern. Die Spitzen glänzten, obwohl ein dünner Schleier das Tageslicht dämpfte.
„Hast du eine Ahnung, was das sein könnte?“, wandte ich mich an ihn und blieb neuerlich stehen.
„Es liegt im Möglichen, dass das eine Abspaltung des andern Volkes ist. Die sind in der ganzen Welt verstreut.“
„Oh, und die wissen, wie sie sich vor den Drachen schützen können?“
„Es erweckt den Anschein.“
Auch als wir uns weiter näherten, konnte ich an den Steilwänden keine Treppe oder sonst einen Aufstieg entdecken. Dafür spürte ich etwas tief in mir. Als würde ich mir Gedanken über eine große Sache machen. Aber diese Gedanken und Kräfte waren umgedreht. Andere würden vielleicht abgestoßen werden – ich fühlte mich angezogen.
Traian lenkte seine Schritte ein wenig zur Seite. Am Fuß der Erhebung gab es an manchen Stellen dichtes Gebüsch, aber auch dort schien kein Weg nach oben zu führen. Trotzdem zog mich das Glitzern auf den Dächern immer noch an. Ich musste da hinauf! Was wäre, wenn …?
Ein Traum kam mir in den Sinn, der vielleicht schon ein paar Jahre zurücklag. Ich hatte die Beine angespannt, mich konzentriert – und war durch die Luft geschwebt. Zuerst nur knapp über dem Boden, dann ganz leicht und auch höher. Warum sollte nur ein kleines, flackerndes Licht ein bisschen über dem Boden schweben können? Traian hatte es für mich eingepackt. Langsam drehte ich mich zu ihm und sah im tief in die Augen.
Mein Blick war nach oben gerichtet, wieder zu ihm – und ich öffnete meine Arme.
„Hab keine Angst“, sprach ich aus und atmete tief ein und aus.
Ich spürte, wie sich mein Puls erhöhte. Als würde sich alles in mir auf das vorbereiten, das nicht möglich sein sollte. Einzelne Schweißtropfen kamen dazu – und er trat Schritt für Schritt näher. Sein Blick wirkte auf mich beinahe eiskalt und seine Haut blass. Aber meine Hände erfassten die Wärme seines Rückens. Nochmals blickte ich nach oben und spannte die Muskeln in meinen Armen und Beinen an. Schloss die Augen – und das Gefühl unter meinen nackten Füßen änderte sich. Ich wollte nur nach oben sehen und nicht, ob ich bereits so hoch schwebte wie sonst das Licht. Aber … sonst geschah nichts.
Dieses Kreischen lag wieder in der Luft, auch dieser leichte und beinahe heiße Wind manchmal. Traian klammerte sich enger an mich, fester – und mein Puls raste weiter in die Höhe. Unter meinen Füßen wurde es leicht. Ein Schauer raste über meinen Rücken, als sich die ein bisschen überhängende Kante dort oben näherte. Schneller näherte, als ich meine Beine anwinkelte. Ich klammerte mich enger an ihn, was er in diesem Moment ebenso machte. Da war eine freie Stelle neben uns, festes Land – und ich wollte dorthin. Wollte ihn in Sicherheit bringen! Was machte ich hier? Meine Hände wollten von ihm abrutschen, waren viel zu verschwitzt. Aber ich bog meine Beine zurück – und setzte auf.
Schweiß floss von mir, mein Herz raste – und er taumelte umher. Fast direkt an der Kante! Mit beiden Händen schnappte ich nach ihm, zog ihn zu mir – und er lag über mir auf dem Boden. Stützte sich ab und lächelte mir zu. Als sich meine Starre löste, zog ich ihn eng an mich. Seine Lippen schmiegten sich an meine, und wir wälzten uns zur Seite. Doch ich musste wieder nach Luft schnappen.
„Herrscher ist hier? Sehr gut!“, hörte ich eine Stimme mit einem bestimmten Akzent sagen. Der Apotheker? Nein, klang für mich anders. Ich wollte mich zur Seite drehen und Traian verstand, dass er mir Luft lassen sollte. Nicht weit von uns stand … ein Asiate? Konnte von irgendwo sein, aber er sah für mich so aus.
Er stand ziemlich nah an der Kante, fast reglos. Ließ seinen Blick über die Landschaft und nicht zu uns schweifen. Sein Lendentuch hatte eine lange Schleife, eine andere hing über seiner Schulter. Und … er hielt eine Waffe in der Hand! Oder eher … einen Stab, mit dem er trainierte? Ich rollte mich von Traian, von dem ich keine Antwort auf meinen Blick erhielt. Ich raffte mich auf und rückte meine Kleidung zurecht. Oh, toll, ich war fast nackt.
Langsam wandte mir dieser Mann seinen Blick zu. Er hielt den Stab mit beiden Händen quer – und fixierte meine Augen! Mit einem zarten Lächeln legte er ihn zu Boden und näherte sich.
„Äh, hallo, guten Tag!“, begann ich, während Traian knapp hinter mir stand. „Ja, ich … bin der neue Herrscher … aber wo sind wir hier?“
„Kann mitkommen.“
Er winkte mich zu sich und setzte sich in Bewegung. Bis er nach zwei Schritten stehenblieb und sich wieder umdrehte. Zu Traian? Das kleine Licht schwebte gerade knapp über seinen Handflächen – und dieser Mann schien sich dafür zu interessieren. Er nahm es selbst in seine Hände – und lächelte intensiver, bis er es zurücklegte. Traian sah mich an, sagte nichts, und wir folgten diesem Mann.
Die Ansammlung von Gebäuden sah wie ein kleines Dorf aus. Viel Raum bis zum Abgrund ließen sie nicht, nur für etwas Gras und Grünzeug. Dieser Mann stellte sich neben eine Tür aus verwittertem Holz und schwenkte seinen Kopf zu ihr. Seine umgebundene Schleife wehte ein wenig im Wind.
„Kann hier bleiben“, kommentierte er, bevor er zu diesem abgelegten Stab eilte und sich zu einem anderen der dicht gedrängten Häuser aufmachte. Traian öffnete die Tür – und ein Raum mit Wänden aus Stroh mit Verstärkungen tat sich vor uns auf. Durch eine Fensteröffnung fiel ein wenig Licht auf den kahlen Boden. In einer Ecke erkannte ich eine leicht erhöhte Fläche, die womöglich als Bett gedacht war. Ich blickte hinaus auf die dicht bewaldeten Hänge des Tals – und ließ meinen Blick zu Traian schweifen. Er stellte das kleine Licht unter das Fenster, wo es schwach das Halbdunkel verdrängte.
„Und, bleiben wir hier?“, fragte ich.
„Oh, ich … habe kein Wissen über diesen Ort, tatsächlich. Doch es ist so, dass ich keine Bedrohung spüre.“
„Ja, außer, er will mit mir kämpfen – oder mir was zeigen.“
Er sah sich um, nach oben und unten, und entdeckte die weitere kleine Tür ebenfalls. Tastete sich heran, als wollte er für mich sicherstellen, dass es ungefährlich war. Meine Finger lagen halb auf seiner Schulter, als er sie mit einem Ruck öffnete. Wir standen in einem winzigen Innenhof. Die Dächer ragten ein wenig über die äußeren Wände, und über uns erstreckte sich sattblauer Himmel. War das in der Ecke, in die es ein paar Sonnenstrahlen schafften, ein Kräutergarten?
„Wegen gestern …“, begann ich halblaut und strich mit den Fingern seitlich über ihn, „… tut mir wirklich leid, dass das so plötzlich war. Ich weiß, dass du das nicht wirklich magst, und …“
„Doch ich …“
„Und sag nicht, dass mir das zusteht.“
„Du warst jedoch … zart.“
„Oh, wer war denn bis jetzt nicht so zart?“
Für einen Moment setzte er wieder diesen Blick auf, als hätte ich gerade vom Abgesandten geredet. Der konnte es eher nicht gewesen sein. Aber er schwenkte zu einem vorsichtigen Lächeln und einem leichten Spiel seiner Lippen über. Ich sah mich um, ob ich noch was entdeckte. Hier schien etwas gelagert zu sein, aber ich wollte nicht zu sehr herumkramen. Wohnte dieser Mann allein hier? Vielleicht besaß er ebenfalls ein magisches Licht, mit dem sich eine Verbindung herstellen ließ.
„Was ich sagen wollte …“, setzte ich fort, „… wenn du willst, kannst du auch …“
Ich stellte mich näher zu ihm, nahm seine Hand und führte sie zu meinem Hintern. Über dem Stoff. Er machte große Augen, öffnete den Mund langsam und ließ ihn so.
„Bitte verzeihe“, kam es langsam von ihm, „doch das kann ich dir schon gar nicht abverlangen.“
„Doch, das kannst du. Wenn du möchtest, dann …“
Sein Blick richtete sich zu diesem Kräutergarten, und er betrachtete diesen etwas näher.
„Wenn jedoch, dann solltest du … oder …“, kommentierte er sein Umsehen dort in einer leichten Hocke.
Irgendwie rollten seine Augen nur noch umher, und er trat auf der Stelle. Eine Vorbeugung gegen unangenehmes Brennen, als ob ich das hier nötig hätte. Ich trat wieder in diesen Raum, und Traian schloss die Tür hinter mir. Eine rechteckige Metallplatte stand nun auf dem kleinen Tisch, den es hier ebenfalls gab. Musste uns unser Gastgeber gerade gebracht haben. Natürlich, der wusste schließlich, was mir und meinem Begleiter zustand. Sah aus wie Obst, das ich nicht kannte.
„Diese hier sind äußerst gut!“, kommentierte er das Schweben meiner Hand über den Sachen dort. „Zumindest hörte ich davon.“
Hoffentlich konnte ich da einfach so abbeißen. Vielleicht noch einen Schluck Wasser aus diesem Metallbecher dazu. Schmeckte mehr … nach Himbeeren oder doch wie Tonic. Irgendwas dazwischen. Der Biss in die Frucht war zuerst etwas hart – dann breitete sich ein auch etwas bitterer Geschmack aus, bis es auf meiner Zunge süß prickelte.
„Ja, sind sie“, kommentierte ich und reichte ihm ein Stück davon.
War da nicht sogar irgendwo fließendes Wasser gewesen? Ich leerte den Becher und trat hinaus ins Freie. Sonnenstrahlen, die im ersten Moment ein wenig grell waren, wärmten meine Haut. Das Kreischen fiel mir wieder auf. Es musste von den Vögeln stammen, die hier in der Nähe am Himmel kreisten. Dort, wo das Tal vielleicht in eine flachere Landschaft überging. Doch das Bild erschien zu weichgezeichnet. Wie ein … Bereich in einem Spiel, der noch nicht freigeschaltet war. Weil hier meine letzte Prüfung anstand?
„Bereits viel Energie gesammelt“, hörte ich die Stimme unseres Gastgebers hinter mir und zuckte kurz zusammen. Wir drehten uns zu ihm und ich bemerkte wieder diesen langen Stock in seiner Hand.
„Habt Dank für das Essen und so, aber …“, entgegnete ich und stellte mich näher zu Traian. Ob der wusste, dass ich die Energie bei ihm gesammelt hatte? Eine Demonstration hatten wir hier schließlich geliefert. Ob es Gegenden oder Völker gab, wo das auf Frauen beschränkt war? Vielleicht in der besetzten Hauptstadt? Als ich eine Hand an meinem Rücken spürte, bemerkte ich von diesem Mann zumindest einen Ansatz eines Lächelns. Auch wenn er wieder mehr nach oben blickte.
„Doch noch nicht genug!“
Er nahm den Stab mit beiden Händen und hielt ihn quer. Drehte ihn ein wenig und schnellte damit auf mich zu. Traian trat vor, stellte sich vor mich – und ich bemerkte den Blick unseres Gastgebers in eine bestimmte Richtung. Auf dem Boden bei der Wand lag noch ein Stab. Wenn er mit mir spielen wollte, auch gut.
Ich nahm ihn auf und tat es dem Angreifer gleich. Unsere Stäbe krachten in einem flachen Winkel aufeinander, dann in einem größeren. Jedes Mal klang das Geräusch satt und voll. Ob ich seinen zerbrechen und dadurch gewinnen konnte? Traian war zurückgetreten, aber sein Gesichtsausdruck von einem Lächeln weit entfernt. Das Blau des Himmels schien sich verändert zu haben. Mit voller Wucht traf mich ein Schlag, dessen Herannahen ich zu spät bemerkt hatte. Wenn ich mich eben zu wenig konzentrierte. Ich spürte es in meinen Gelenken – bis sich dieses Kribbeln zu meinen Fingern fortpflanzte.
Mir war, als schlossen sie sich von selbst um den Stab. Es war ein Stück Holz, wie es oft irgendwo auf dem Boden lag. Aber er fühlte sich wie Metall an – nur wärmer. Mein Gegenüber wich zurück, drehte sich um – und musste erkennen, direkt vor der Wand zu stehen. Ein weiteres Mal drosch ich mit meinem Stab in seine Richtung – und seiner fiel zu Boden.
„Für Anfang nicht schlecht“, wurde ich mit einem Kommentar bedacht, bei dem er in den Himmel blickte. Verdunkelten sich gerade die Wolken? Ein Windstoß traf mich, der sich kühler als zuvor auf meiner nackten Haut anfühlte. Als wollte unser Gastgeber eine Übung vollführen, ging er in eine Hocke, griff mit einer Hand nach seinem Stab und schnellte nach oben. Meinen hatte ich gerade vorhin an die Wand gelehnt.
„Besser hinein“, kommentierte er seine Beobachtung. „Heute noch essen?“
„Ja“, sagte ich, „später dann. Vielleicht würzig … und scharf … aber ohne schreckliche Sachen drin.“
Bevor er uns verließ, warf er uns wieder dieses vorsichtige Lächeln zu. Diesmal etwas länger. Vielleicht sollte ich mein Tuch so binden wie seines. Oder Traian konnte mir das zeigen. Er blickte in die Landschaft. Egal, welche Frage ich ihn über diese stellte – ich erkannte, dass nur ein „Ich weiß das nicht“ zurückkommen würde. Und ich spürte – einen Regentropfen. Noch einen – und ein kalter Windstoß traf mich mitten im Gesicht. Schnell wurde der Regen stärker – und zu Schnee?
Er hielt mir die Tür auf, und die drinnen stehende Wärme vermischte sich mit dem kalten Kribbeln in meinen Beinen. Ich hatte so einen Gedanken, was beim echten Kampf mit den Stöcken geschehen würde. Dass ich dann ein Anrecht auf etwas hatte, das jemand nicht so sehr wollte. So wie bei Traian. Wäre ich erst recht der stolze Gewinner, wenn ich großzügig darauf verzichtete?
Dunkelheit war in den Raum gekrochen, und ich sollte einmal probieren, wie bequem diese Liegefläche war. Im ersten Moment vielleicht ein wenig kratzig. Aber das letzte Gefühl der Kälte in meinen Beinen war gerade verschwunden, und innere Wärme begann sich auszubreiten. Ich legte meinen Umhang ab und schob das andere Tuch so zurecht, dass es nicht mehr sehr viel bedeckte. Drehte mich in Bauchlage und suchte mir eine gute Lage für meinen Kopf in einer dunklen Ecke. Bilder begannen vor meinen Augen aufzutauchen – aber sie waren noch nicht sehr klar. Sie vermischten sich mit dem pfeifenden Wind draußen. Hörte sich an wie … ein Schneesturm?
„Ist es nun dein Wunsch …?“, hörte ich halblaut die Stimme von Traian.
„Nein“, lachte ich, „jetzt glaube ich nicht. Aber du könntest mich massieren. Das hast du heute schon … und das war wirklich gut.“
Ich glaubte von ihm etwas wie ein leises Lachen zu hören, als ich meine Beine zurechtrückte und ein wenig spreizte. Toll, ich hätte mich wegen eines Massageöls umsehen sollen. Aber bereits der Gedanke an seine Hände und Fingerspitzen an meinem Rücken ließ mich in dieses Bett versinken. Ließ weitere Bilder vor mir auftauchen, auch wenn sie noch zu dunkel waren. Ich bekam mit, wie er sich über meine Beine kniete. Bei der ersten Berührung seiner Finger jagte ein Schauer über meinen Rücken, der tief in mein Inneres drang. Wie wäre es erst …?
Aufhalten würde ich ihn nicht, ganz sicher nicht. Doch besser wäre es … nun gut. Seine Hände waren warm, strichen langsam und fast ohne Berührung über mich. Als er mit seinen Fingerspitzen an meinen Schultern begann, war es … sofort wie ein Höhepunkt. Der nicht so schnell endete. Das Gefühl zog sich bis in meine Fingerspitzen, und ich begann zu zittern.
„Ah, bitte …“, musste ich stöhnen, und seine Finger hörten nicht auf, langsam über mich zu streichen. Es drang kaum Licht zu meinen geöffneten Augen. Doch dessen Farbe veränderte sich – immer wieder. Auch zu allen möglichen Tönen zwischen Blau und Rot – und einem giftigen Grün? Machte er das absichtlich – oder zitterten seine Hände? Ein Donnergrollen rollte an, und ein Windstoß schlug gegen das Fenster. Woraus bestand es?
„Schön, dass wir hier und nicht da draußen sind“, meinte ich. „Obwohl, du hättest es sicher geschafft, auch bei einem schweren Gewitter ein Lager einzurichten.“
„Ich bin mir unsicher, ob auch bei einer Farbveränderung.“
„Eine Farbveränderung?“
Ein anderer Schauer als bei der Berührung seiner Finger lief bei meiner Rückfrage augenblicklich über mein Gesicht und bis in meine Fingerspitzen. Es war ein Traum gewesen, vor sehr langer Zeit. Regen gab es, Hagel, einen Gewittersturm – und es gab eine Farbveränderung. Vielleicht sah eine solche nur wie ein großes Flackern am Himmel aus. Aber es war ein Unwetter, bei dem alle nur noch Schutz suchen und hoffen konnten. Die ganze Zeit hatte ich davon gewusst. Meine Hand tastete sich nach seiner – und hielt sie fest.
„Ich habe Angst“, brachte ich hervor.
„Das ist auch bei mir so.“
„Dann halt mich bitte ganz fest.“
Seine Bewegungen wurden langsamer – und er legte seine Handflächen flach auf mich. Hielt sich an meinen Schultern fest, schmiegte seine Beine an meine. Zur Gänze lag er über mir, und ich hörte sein langsames Atmen. Ich umfasste auch seine andere Hand. Nur ein bisschen wollte ich die Augen schließen, das Licht von draußen nicht mehr sehen. Unser Atem verließ synchron – und er folgte meinem Wunsch immer mehr. Zumindest drückte er seine Finger manchmal etwas fester in meine.
Ein wenig bewegte er sich auf mir, als würde er schon einmal … üben. Mir war klar, dass er wahrscheinlich überhaupt noch nie jemand auf diese Weise nähergekommen war. Jedes Detail seiner Haut glaubte ich zu spüren, nahm seine Wärme in mich auf. Doch seine männliche Ausstattung übte Zurückhaltung, während meine mehr als nur ein bisschen spannte. Alles außer Müdigkeit legte sich über mich – und vielleicht sollte ich die Augen wieder öffnen.
Das Licht im Raum war heller – und hatte keine besondere Farbe mehr. Und langsam …
„Könntest du bitte …?“, erhob ich zögernd meine Stimme und rückte unter ihm herum. „Ich meine, es ist sehr angenehm, aber langsam bist du ein bisschen zu schwer.“
Er zuckte zusammen, als wären seine Gedanken gerade ganz woanders gewesen, um sich dann sofort neben mich zu rollen. Auf dieser Liegefläche blieb immer noch genug Platz für uns beide. Eine Hand ließ er über die Kante hängen, die andere legte sich lose in meine. Ich konnte nicht anders, als über seinen kräftigen Oberarm zu streichen.
„Oh, es scheint“, meldete sich Traian zu Wort, „du hast die Farbveränderung vertrieben.“
„Kann ich das? Aber vielleicht … sollten wir noch einmal in diesem Innenhof nachsehen.“
„Was gedenkst du denn nachzusehen?“
Ich stützte mich auf, kletterte über ihn und wandte mich dieser Tür zu. Nach einem leichten Ziehen an seiner Hand folgte er mir. Vielleicht hatte das Licht eine rötliche Farbe, wie ein Abendrot. Aber es blieb so. Ich streckte meine Fußspitze hinaus – und der Regen, stetig rauschend, war warm. Wieder musste ich Traian ein wenig ziehen. Er stand mir gegenüber und streckte den Kopf nach oben.
Das klare, warme Wasser hüllte mich ein – und ich öffnete mein Lendentuch. Fand eine geschützte Stelle dafür unter einem vorspringenden Dach. Er richtete seinen Blick nach unten, auf mich, weiter nach unten – und zuckte wieder zusammen. Ich legte meine Hände auf seine nackte Haut, von der das Wasser abperlte, und zog ihn zu mir. Fast automatisch legte sich mein Kopf ein wenig schräg, und ich kam näher.
Genauso automatisch begab sich meine andere Hand an seine Hose und schob sie nur ein wenig nach unten. Sehr zart schmiegten sich seine Lippen an meine – und er hantierte etwas herum. Irgendwie bekam ich mit, wie er sein Kleidungsstück zu meinem warf. Seine Arme schlossen sich enger um mich, und ich begann mich mit ihm zu drehen. Auch in Richtung des Kräutergartens. Mir war, als läge immer noch ein Rumpeln in der Luft. Wir erreichten die Tür, die offen stand – und er blickte hinein. Ich ebenfalls – und ich folgte ihm.
Mein Herz begann zu rasen, und ich warf mich auf das Bett. In Bauchlage. Wollte es nicht aussprechen, aber … spürte, wie er sich über mich legte. Wie sich seine Härte an mich drängte – aber seine Hände zitterten ein wenig. Ich griff nach einer Hand von ihm, streichelte langsam darüber, legte meine Finger um seine. Es schien, als entfernte sich das Gewitter eher, als dass es noch herumhing. Doch vor dem Fenster rauschte der Regen stetig weiter. Ob er wusste, dass … es zu trocken sein könnte?
Mein Herzrasen ließ nicht nach, als er sich wie vorhin an mir rieb und ständig heftiger atmete. Die Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen, schienen sich ganz aufgerichtet zu haben. Und das in die richtige Richtung. Ich wollte „Bitte mach es!“ sagen, vielleicht schreien – aber er musste es wollen. Bei jedem Mal, wo er sich eng an mich schmiegte und ich die Reibung spürte, atmete er heftig aus. War das noch das Regenwasser, das uns einhüllte, oder schon der Schweiß? Meine Finger klammerten sich wieder enger um seine – und Traian stützte sich auf, hob sich ein wenig an.
Ich rang nach Luft, als ich einen Finger an mir spürte. Heiß, feucht, rutschig – und leicht kreisend. Dieses Zittern war beinahe verschwunden – und ich musste die Luft anhalten, als er ein Stückchen eindrang. Nicht, weil es brannte, sondern weil meine Gedanken schon weiter waren. Er nahm die Hand weg, drückte dafür meine Handgelenke nach unten. Drängte sich wieder an mich – und ich spürte seine Härte.
Sein Stöhnen klang anders als meines, als er zu mir fand. Er hantierte doch noch herum – und fand noch besser zu mir. Besonders dann, als ich mich ein wenig anders zurechtrückte. Wieder waren meine Gedanken etwas weiter, und meine Anspannung verschärfte sich. Gleich würde er … mich besuchen. Was würde geschehen, wenn sich alles entlud?
Er atmete schnell, sein Schweiß tropfe auf mich. Erhöhte den Druck, und ich wollte ihn haben. Wollte alles von ihm haben. Noch einmal atmete er heftig aus – und blieb auf mir liegen.
„Ich glaube …“, brachte er hervor, „… ich vermag jetzt nicht …“
„Na lass dir ruhig Zeit. Aber … was war mit diesen Kräutern?“
„Diese hier könnten hilfreich sein.“
„Na dann …“
Ich glaubte ein leises, fast böses Lachen zu hören, als er sich in die Höhe stemmte. Als er komplett nackt zu diesem Kräutergarten eilte, sah ich lieber nicht genau hin. Hoffentlich regte sich unser Gastgeber nicht auf, wenn wir seine Sachen verwendeten. Aber so, wie er uns begrüßt hatte, kaum. Hatte der Regen nachgelassen?
Schon war er wieder da, hatte irgendwas in der Hand. Einfach so drüberreiben, oder wie? Diesmal brannte es doch ein wenig – und fühlte sich feucht und geschmeidig an. Seine Hände krampften sich in meine. Sein Atmen war schnell und tief – aber sein Drängen irgendwie weniger zu spüren als vorhin. Wieder hantierte er herum, klammerte die Finger seiner anderen Hand stärker in meine – aber …
Er blieb auf mir liegen, und ich war mir für einen Moment nicht sicher, ob er lachte oder weinte. Sein Atmen wurde flacher, leiser – und ich streichelte über seine Hand.
„Danke … war schon sehr schön“, meldete ich mich zu Wort.
„Ja, aber ich … vermochte deinen Wunsch nicht zu erfüllen.“
„Ach … komm schon, lass dir Zeit, und dann … ja. Und nicht einmal mit den Wunder-Kräutern?“
„Diese sollten wirksam sein, wird gesagt.“
Ich hörte nicht auf, über ihn zu streicheln. Zog ihn enger zu mir, obwohl mir das Atmen langsam wieder schwerer fiel. Aber ich wollte nicht, dass sich seine warme, schwitzende Haut von meinem Rücken löste. Wollte sein langsames, tiefes Atmen ganz nah bei mir haben. Vielleicht sollten wir so bleiben, bis es dunkler wurde, und dann …
* * *
Unser Gastgeber stand draußen. Das wusste ich sofort, als ich aufschreckte. Wir mussten ein bisschen geschlafen haben. Das Licht draußen hatte sich wieder verändert – in einen violetten Schimmer. Eine Verspannung in meinen Gelenken fehlte völlig, obwohl Traian schwer auf mir lastete. Ich glaubte etwas wie ein Räuspern zu hören – und er rollte sich neben mich.
„Einen Moment“, meldete ich mich zu Wort, „ja?“
Ich sah mich um – da war mein Umhang. Aber das andere Tuch lag draußen. Schnell führten mich meine Schritte hinaus – und ich fand mein Lendentuch, völlig trocken. Seine Hose auch. Hastig schlang ich es um mich, warf ihm seine Hose zu und ging zur Eingangstür.
„Essen jetzt?“, fragte dieser Mann.
„Oh, ja, gerne.“
Traian folgte mir mit leicht fragendem Gesichtsausdruck und ich unserem Gastgeber in ein anderes Haus. Durch eine Fensteröffnung fiel genügend Licht in einen mehr länglichen Raum, wo in der Mitte eine Art niedriger Tisch aufgebaut war. Dieser Mann setzte sich auf etwas wie eine Matte auf den Boden, ich neben Traian. Das in der Schüssel sah aus wie Sojasprossen oder Kraut in einer leuchtend roten Sauce.
„Hoffe gut!“, verkündete unser Gastgeber und erhob etwas wie eine Gabel. Warum nur hatte ich mir Stäbchen erwartet? Das Gesicht von Traian verzerrte sich, als ich den ersten Bissen probieren wollte. Wir nahmen ihn gleichzeitig – und es schmeckte ein bisschen wie Knoblauch. Nein, stark nach Chili, ohne zu brennen. Oder mehr wie Sojasauce, ohne zu salzig zu sein. Vielleicht löschte auch ein Schluck aus diesem Metallbecher alles. Schmeckte wie ein leichtes Bier, klares Wasser mit Zitronensaft, oder doch etwas dazwischen.
Noch ein paar von diesen Stäben lehnten an der Wand. Wahrscheinlich als Reserve, falls welche bei den Übungen zerbrachen oder in den Abgrund fielen. Aber … warum brauchte ich das? Ich konnte alles erreichen, indem ich mich konzentrierte. Hatte nicht vor, mit einem Schwert jemand abzustechen oder mich zu prügeln. Wahrscheinlich ein harmloses Ritual. Aber ob es am Ende etwas brachte? So wie das Feuer, das keines war?
„Bereit für Nachspeise?“, horchten wir beide auf. Ein leichtes Brennen blieb in meinem Mund zurück. Es war, als setzte sich dieses Feuer weiter nach unten fort. Was an männlicher Kraft einfach zusammengefallen war, schien sich nun losreißen zu wollen. Vielleicht war Traian doch nicht so sehr ein Profi bei diesen Kräutern und hätte vorher diesen Mann fragen sollen. Oder sollte ich nun rot im Gesicht werden, als er den Blick zwischen uns beiden schweifen ließ? Und ein Lachen unterdrückte?
„Habt Dank für alles …“, meldete sich Traian zu Wort und erhob sich, „… und wir werden uns nun zurückziehen, ja?“
Das Lächeln unseres Gastgebers wurde stärker, und er prostete uns noch zu. Oder wollte er womöglich mitkommen? Ich spürte die Hand von Traian, wie sie sich zu mir tastete – und stand ebenfalls auf.
Draußen drangen gedämpfte Sonnenstrahlen hinter einer Wolke hervor. Dieser farbige Schimmer lag am Horizont, war nun irgendwie klarer. Doch ich spürte, dass er nicht lange die Aussicht bewundern wollte. Alles brannte zu sehr in mir, und bei seine Hose wollte ich nicht zu sehr hinsehen.
Drinnen riss ich sofort das Lendentuch von mir. Warf mich auf das Bett, streckte meinen Hintern in die Höhe, fühlte dieses Kribbeln. Wie machte er das nur, dass seine Finger so glitschig waren? Meine Verhärtung war steinhart und presste sich nach oben zeigend auf die Liegefläche. Verdammt, ich sollte ihn fragen, ob ich ihn … doch da drängte er sich schon an mich.
Sehr eng schmiegte sich seine Haut an mich – und seine volle Härte. Kam näher und schien fast von selbst zu mir zu finden. Mein Herz begann zu rasen, als sich seine Finger wieder um meine klammerten. Dieses Kribbeln in mir wurde viel stärker, und die Luft blieb mir weg. Ich … konnte mich nicht mehr halten, konnte nichts mehr aufhalten. Musste laut aufstöhnen, wollte seine Finger nicht zerdrücken – und spürte meine Säfte. Es zuckte durch mich, kam noch einmal, ein weiteres Mal.
Meine Finger lockerten sich – und ich bemerkte seine Weichheit. Seine recht trockene Weichheit. Er stöhnte leicht und rollte sich neben mich. Ich lachte kurz und schob ein halblautes, langgezogenes „Oh“ nach. Meine Hand tastete sich zu ihm, ohne dass er sie wegschieben wollte. Ja, da war alles trocken – und in den Boden gesunken.
„Vielleicht geht es nicht, weil er da ist?“, meldete ich mich zu Wort.
„Doch bei dir … war es von Erfolg gekrönt?“
„Ja“, lachte ich ein bisschen, „hast du das Beben gespürt? Wir sollten dann auch hier aufräumen.“
Meine andere Theorie wollte ich nicht aussprechen. Dass ich eben der Herrscher war und ihn immer noch etwas dabei blockierte, mir das abzuverlangen. Dann sollte es eben geschehen, wenn die Zeit reif und ihm immer noch danach war. Und wenn ich zuerst die Hauptstadt befreien musste. Aber ich konnte ihn wieder ein bisschen näher zu mir ziehen. Ganz von selbst fand sein Kopf an meine Schulter. Während von draußen immer weniger Licht hereindrang, spürte ich immer wieder seine Finger an mir. Je zarter mein Streicheln über ihn wurde, desto ruhiger wurde sein Atmen.
Kapitel 15 – Die Blockade
Hoffentlich würde dieser neue Herrscher bald hier sein, dachte er sich. Wenn der es wirklich sein wollte, auch gut. Der Abgesandte musste ihn längst gefunden haben. Aber wie lange war er hier nun von jedem Kontakt zum Universum abgeschnitten? Während dieser Anführer des anderen Volkes dort oben saß und sich wahrscheinlich täglich bedienen ließ?
Er betrachtete das dunkle Gewölbe und diese Stelle, wo ein wenig Licht in den Raum fiel. Sollte er es wieder probieren, ob die Steine doch irgendwie locker waren? Lieber nahm er einen Schluck von dem Wasser, das hier stetig herabtropfte und halbwegs frisch schmeckte. Am ersten Tag war es noch irgendwie prickelnd gewesen, einfach wild und spritzig. Nun floss die gesamte Energie wahrscheinlich in die Blockade. Als ob das den neuen Herrscher aufhalten würde. Aber nun hörte er Schritte.
* * *
Ich schreckte auf, aber da war niemand. Es war ein Traum gewesen – vom alten Herrscher, der nicht so genannt werden wollte. Ganz klar war das Verlies in der Hauptstadt vor mir gewesen. Aber nun sah ich Traian, wie er neben mir schlief. Ich glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen, während er ruhig atmete und irgendwie immer noch an meine Schulter gekuschelt war. Aber wir mussten hier aufbrechen und endlich weiter!
Ich stützte seinen Kopf mit einer Hand und erhob mich. Was war das dann noch mit der Blockade gewesen? Die Erinnerung an den Traum oder die Vision war zu verblasst. Die Blockade von Traian, klar. Der Regen hatte längst aufgehört, und grelle Sonnenstrahlen schafften es in den Raum. Das schwebende Licht, das ich fast vergessen hatte, stand immer noch unter dem Fenster. Wo war hier schnell noch einmal das fließende Wasser gewesen?
* * *
Unser Gastgeber begrüßte mich mit einem Stock in der Hand. Den in der anderen warf er mir ohne Ankündigung zu – und ich fing ihn gerade so. Der Ausblick schien an diesem Tag klarer zu sein. Die Landschaft war flach, vielleicht ein wenig hügelig, und verlor sich irgendwo am Horizont. Ich blinzelte mit den Augen und versuchte Einzelheiten auszumachen. Dieser Mann, der wieder eine große Schleife über einer Schulter trug, hatte sich direkt neben mich gestellt, wie ich bemerkte.
„Äh, ja, guten Morgen, Meister! In welcher Richtung liegt die Hauptstadt?“
„Universum wird Weg weisen.“
„Das heißt, ich sollte dieses Licht befragen, mich darauf konzentrieren?“
Sein Lächeln blieb zart – dafür erhob er seinen Stock. Nahm ihn in beide Hände und schärfte seine Gesichtszüge. Vielleicht sollte ich seine Bewegungen und Schritte nachmachen, statt ihn sofort anzugreifen. Ein Drücken in meiner Magengegend oder ein Kribbeln in den Beinen spürte ich nicht, obwohl wir uns nah an der Kante befanden. Ich stand nun eher neben ihm, kopierte sein Hantieren mit dem Stab – und Traian trat ins Freie.
Dieses Mal war sein Blick nicht ganz so wie beim Essen. Langsam kam er näher und hielt etwas Abstand zum Abgrund. Der Stab krachte auf meinen – und ich verdrehte ihn hektisch. Schlug sofort zurück, drängte ihn ab. Ständig beobachtete ich seine Gesichtszüge, während ich herumsprang. Beinahe geschah es von selbst, so wie … und ich rutschte mit einem Fuß ab!
Ein kalter Schauer zuckte durch mein Bein – aber es blieb einfach in der Luft. Als stände ich auf festem Erdboden, der vielleicht ein wenig schlammig war. Erneut traf sein Stock auf meinen, und auch mein anderer Fuß stand in der Luft. Was war mit Traian los? Hatte er noch nie einen Mann in der Luft schweben gesehen? Das Kribbeln in meinen Beinen und auch Armen verstärkte sich allmählich. Bevor meine Finger ihren Halt verloren, sprang ich auf den festen Boden zurück. Sofort konnte ich den Stab wieder eng umklammern.
Ich drängte unseren Gastgeber in Richtung der kleinen Häuser. Fauchte dabei, schlug schneller zu. Seine Bewegungen kamen nicht nach – und er stand an der Wand. Mehr von oben schlug ich mit meinem Stock auf seinen – und dieser fiel zu Boden. Als er sich danach bücken wollte, sperrte ihm mein Stock den Weg ab, um den sich meine Finger krampften.
„Herrscher gewonnen“, verkündete dieser Mann mit gesenktem Blick und ließ seine Arme nach unten hängen. „Kann über mich verfügen.“
Er setzte sich auf den Boden und spreizte die Beine ein wenig von sich. Sein Lendentuch bewahrte dabei immer noch seine Privatsphäre – und ich blickte zu Traian. War er nun böse oder war das ein Lächeln?
„Ich glaube, ich verzichte heute darauf. Oder wäre dies in Wahrheit Euer dringender Wunsch?“
„Bevorzuge nicht.“
„Na dann … aber vielleicht treffen wir uns wieder. Dann schon einmal … danke für alles.“
„Herrscher sehr kraftvoll.“
Ich wandte mich wieder Traian zu – und streckte eine Hand nach ihm aus. Blickte kurz zum Abgrund – und ein wenig kam nun doch ein Kribbeln auf. Es musste doch einen einfacheren Weg nach unten geben. Aber der Herrscher brauchte keine einfachen Wege! Seine Augen rollten irgendwie und sein Blick schwenkte zwischen mir und der Kante, als er sich näherte. Ich packte seine Hand – und er klammerte sich um mich.
Unser Gastgeber trat einen Schritt zurück, hob den Kopf leicht nach oben. Ich setzte einen Fuß über die Kante – noch einen – und das Kribbeln in meinen Beinen wurde stärker. Als ich kurz die Augen schloss und meine Muskeln anspannte, verschwand es fast. Und es ging ein wenig aufwärts. Ich riss die Augen auf, blickte nur geradeaus – und das Gefühl in meinen Beinen kehrte zurück. Hätte ich diesem Mann etwas zugemutet, wenn ich allein hier aufgetaucht wäre? Vielleicht ein bisschen.
Traian begann sich schwerer anzufühlen, und ich drehte mich in Richtung der weiten Landschaft. Mein Herz schlug schneller. Er hatte doch das Licht eingepackt, oder? Ja, ich glaubte es bei ihm zu erkennen. Toll, ich hatte nach unten gesehen – und der Erdboden zog mich nun an, so wie er sollte. Immer mehr. Ich setzte auf! Ein spitzer, stumpfer Schmerz zog sich durch meine Fußsohlen. Nur so lange, bis Traian absprang und sich gerade so fing.
Ich atmete schwer, tastete nach meinem klopfenden Herz – und spürte den Arm von Traian über meinen Schultern. Der Mann mit dem Stock stand nicht mehr dort, wie mir ein kurzes Umdrehen offenbarte. Wir befanden uns auf einem kleinen Hügel, vielleicht so ähnlich wie bei unserer Ankunft in den Fernen Landen. Gehörte diese Gegend immer noch dazu? Außer hohem Gras und Bäumen da und dort war nicht viel zu erkennen. Dass er sich hier nicht auskannte, war an seinem Gesicht abzulesen.
„Siehst du, ich kann fliegen, oder zumindest schweben“, holte ich aus, „ich kann Drachen bezwingen – was sollte uns dann noch aufhalten?“
„Das Wissen ist mir nicht vergönnt, wo es zur Hauptstadt geht.“
„Glaubst du, wir sollten … das Universum befragen?“
„Es verlangt erst Hingabe. Eine Blockade muss aufgelöst sein.“
„Jetzt habe ich aber nicht so sehr Lust darauf.“
„Wohin nur tragen dich deine Gedanken schon wieder?“
Seine Augen rollten umher, und er unterdrückte ein Lachen.
„Ich habe das Gefühl, wir sollten … in genau die Richtung gehen, wo jetzt unsere Blickrichtung ist. Wenn wir einen guten Platz finden, kannst du ein Lager einrichten, und dann …“
Seine Hand wanderte ein wenig tiefer – noch tiefer – und ich hielt ihn auf. Ich setzte mich in Bewegung, und er folgte mir.
* * *
Die Sonne brannte auf uns, aber ich spürte kein Spannen auf meiner Haut. Sicherlich war ich auch gegen Sonnenbrände immun. Obwohl sich ein wenig Öl auf meiner Haut vielleicht gut anfühlen würde. Einmassiert von den Händen von Traian – und dann … ja. Diesmal würde ich so lange an ihm arbeiten, bis es klappte. Ihn streicheln, ihn küssen, bis ich seine Härte tief in mir spüren durfte.
Laufend hielt ich nach Stellen Ausschau, die als Lagerplatz taugen könnten. Auf einzelne Wasserläufe waren wir schon gestoßen, aber ein Wäldchen daneben wäre besser. Vielleicht eine kleine Vertiefung, eine geschützte Mulde … aber er musste sich auskennen. So wie damit, was essbar war und nicht nur appetitlich aussah. Alles war … wie ein Landschaftsgemälde aus dem 17. Jahrhundert. Passte doch, wenn auch die Sprache ungefähr so war.
„Moment“, meldete ich mich zu Wort, „ist das nicht dieses Obst? Wo dieses Gebäck draus hergestellt wird?“
„In der Tat … gedenkt dies so zu sein.“
Er ließ seinen Blick auf den Baum gerichtet, der neben dem zu erahnenden Pfad wuchs. Schon einige dieser Wege waren mir aufgefallen, die sich gerade so vom Untergrund abgezeichnet hatten. Stets hatte mich etwas … geführt. Oder ich war einem Drang gefolgt. Vor dem Baum lag eine kleine Bergkuppe. Ich wollte schon weitergehen, als Traian die Früchte inspizierte.
„Damit vermag ich schon einen Versuch zu wagen“, meinte er. „Sofern sich hier Werkzeuge auftreiben lassen … und so.“
„Na dann … wage doch einen Versuch, und nur für den Versuch darfst du dann gern … ja. Und wenn er gelingt, umso lieber.“
Ich legte meinen Arm um ihn, zog ihn seitlich zu mir. Dieses Verlangen kam in mir auf … ihn zu küssen. Beinahe fiel die pralle Frucht aus seiner Hand, als ich mich ihm zuwandte. Er lächelte kurz – und meine Lippen schmiegten sich an seine. Alles verband sich mit dem grellen Sonnenlicht – und einem Duft, der von diesem Obst ausging.
Er löste sich von mir und wandte sich dem Hügel zu. Durch niedriges Gras ging es ein wenig bergauf – und unter uns begann sich ein Wald auszubreiten. Kleine Bäume bildeten ein dichtes, sattgrünes Blätterdach – und am Rand schien ein Bach vorbeizuplätschern. Hörte sich zumindest so an. Ja, ein schmales, dafür umso rasanter fließendes Gewässer schmiegte sich zwischen den kleinen Hügel und den Wald.
Traian interessierte sich für einige Sträucher und die Dornen und Beeren darauf. Einige hatten wir unterwegs gesehen, aber nicht so viele auf einmal wie hier. Ein Teil des Bachbettes schien aus großen, flachen Steinen zu bestehen. Dort floss eine Abzweigung einem kleinen Becken zu. Ich trat näher und hielt eine Hand hinein. Ob sich das flache Wasser durch die Sonneneinstrahlung so erwärmt hatte? Oder weil ich es so wollte?
„Ich könnte ein schönes Bad nehmen“, verkündete ich, „und du könntest sehen, ob du dieses Gebäck herstellen kannst.“
„Denn das steht dir zu.“
„Genau!“, lachte ich etwas.
Wie lange wir bereits unterwegs gewesen sein mochten? Die Strahlen der Sonne waren zwar deutlich, doch sie versteckte sich fast immer irgendwo. Nur der riesige Mond würde vielleicht wieder auftauchen. Und … die Drachen? Universum, halte sie bitte von mir fern, dachte ich. Nur an diesem Tag, ja? Ich würde die Blockade lösen, und dann brauchte ich nur die Richtung, in die wir gehen mussten. In Ordnung? Gut.
Ich öffnete mein Lendentuch, legte auch das andere ab, und setzte einen Fuß in dieses steinerne Becken. Es war gerade so tief, dass ich auf dem Grund liegen und den Kopf über Wasser halten konnte. Langsam schlossen sich meine Augen – und das Wasser schien noch einen Hauch wärmer zu werden. Vielleicht ließ auch ein minimales Zittern in meinen Muskeln nach, so dass es sich ideal anfühlte. Irgendwie verstärkte sich dieser Duft von vorhin. Meine Augen öffneten sich – und ich bemerkte Schritte.
„Tut mir leid, diese gelangen nicht so wohlgeformt“, verkündete Traian und hielt etwas in der Hand. Hatte zumindest Ähnlichkeit mit diesem Gebäck aus der Ersatzstadt. Er setzte einen Fuß in das Wasser, beugte sich zu mir nach unten und reichte mir eines. Schmeckte warm, wie knuspriger Teig – und ein volles, knackiges Geräusch lag in meinen Ohren. Sofort entwickelte sich ein süßer, prickelnder Geschmack in Richtung Himbeeren.
„Wahnsinn!“, schrie ich beinahe und verschluckte mich gerade nicht. „Wie machst du das? Komm, ich blase dir einen … wenn du möchtest.“
„Wie gedenkst du denn zu sprechen?“
„Ich meine, ich möchte dir mündliches Vergnügen bereiten … nein, nur Spaß. Obwohl …“
Er nahm ebenfalls einen Bissen von dem … wie nannte er es überhaupt? Stand vor mir, und ein Spiel aus Licht und Schatten lief über seine nackte Haut. Spannte sich da etwas in seiner Hose? Ja, das sollte es verdammt noch einmal.
„Komm doch zu mir“, hauchte ich und umfasste eines seiner Beine. Er schüttelte das andere, noch ein bisschen – und streifte seine Hose ab, nachdem er den letzten Bissen genommen hatte. Anscheinend gefiel ihm die Wassertemperatur ebenfalls, denn er stützte sich mit den Händen am Rand ab und ließ sich neben mir nieder. Er legte seine Beine über meine.
„Oh, sollte ich nicht …?“, wandte er sich mir zu.
„Doch, bitte mach das. Bleib so.“
Ich blickte nach oben, in den tiefblauen Himmel. Einige kleine Wolken zogen vorüber, wurden vom beinahe schon heißen Wind getrieben. Konnte es sein, dass es hier wärmer war als in anderen Gegenden? Manchmal zogen Vögel vorüber, wie jene am Ende des Tals. Seine Hand tastete sich zu mir. Ich sollte das ebenfalls machen, sehen, wie es um ihn stand. Erst einmal lag ich aber noch bequemer hier.
„Also die Hauptstadt liegt fast am Meer, oder wie?“, meldete ich mich zu Wort.
„Das entspricht der Wahrheit, sowie dass der Strand dort spektakulär ist – sehr.“
„Ja, und … wie seid ihr … dein Volk … bis zur diesem Standort für die Ersatzstadt gekommen?“
„Von einer ganz anderen Seite her gedachte das zu sein. Hier jedoch …“
„… sind wir am Ende der Welt, ich weiß.“
„Möglich ist jedoch, dass diese Landschaft hier in die Große Ebene vor der Stadt übergeht. Doch die raten allen ab, sie zu betreten.“
„Na sehr schön.“
Ich verdrängte einen Gedanken, wollte ihn nicht aussprechen. Weil dort die Drachen zuhause waren? Mit Verstärkung und nicht nur einzeln anrücken würden, wenn sie von unserer Wanderung erfuhren? Dieses Kribbeln in mir war viel zu stark – und meine Hand viel zu unruhig. Genauso wie meine Atmung, als ich seine Bauchmuskeln erkundete und seine flache Atmung spürte. Ich tastete mich weiter – und die Härte unterschied sich kaum von jener der Steine unter uns. Nur dass die Oberfläche zart und nicht rau war.
Es war bei ihm eher ein Schnappen nach Luft als ein unterdrücktes Lachen, als sich meine Finger um ihn schlossen. Mit der anderen Hand hörte ich nicht auf, seinen ganzen Körper zu erkunden. Wenn er sich nur ein wenig zurechtrückte … würde seine Verhärtung aus dem Wasser ragen. Mein Puls stieg an, als ich mich aufraffte und über seine Beine kniete. Fest und langsam massierte ich seine prallen Oberschenkel – und beugte mich nach unten.
Vielleicht tat er so, als würde er in den Himmel sehen. Würde nicht ahnen, wie sich meine Lippen gerade näherten. Er atmete scharf ein und stieß ein kurzes Stöhnen aus, als ich Kontakt mit ihm aufnahm. Immer weiter nahm ich ihn in mich auf und hielt auch meine Zunge nicht still. Seine Beine rückten hin und her – und seine Hände legten sich irgendwie auf meine Schultern. Warum nur dachte ich gerade daran, dass Talassia neben uns stehen könnte? Ob er dann ihrem Drängen nachgeben würde und …? Besser, ich machte das.
Ich glaubte manchmal ein Zucken zu spüren und verlangsamte das Tempo. Noch war der Geschmack nicht sehr verdächtig, aber … Traian drehte sich um und suchte herum. Ich entließ ihn aus meinem Mund und merkte, dass er noch etwas mitgebracht hatte. Sah wie zerriebene Blätter aus. Ich bemerkte seine Augenbewegungen, obwohl er mich nicht direkt ansah. Sein unterdrücktes Lachen dauerte nur so lange, bis ich das Zeug von ihm nahm.
Sein Mund blieb offen und er schien fast zu erstarren, als ich meine Hand langsam hinter mich bewegte. Es brannte ein wenig – doch das Gefühl ging in Wärme über. Meine Finger fühlten sich glitschig an. Als würde er vorsichtig von etwas wegrücken, das mehr als vier Beine hatte, bewegte er sich noch mehr aus dem Wasser. Sehr langsam strich ich mit den Resten seines Wundermittels über seinen steil aufragenden Liebesstab. Nahm die Hand sofort weg, als ihn ein Zittern durchschüttelte.
Ich sah mich um, aber da bewegten sich nur die Blätter der Bäume im leichten und heißen Wind. Meine Haut war jetzt schon fast mehr von Schweiß als von Wasser bedeckt. Er sah mir direkt ins Gesicht und stützte sich mit beiden Händen ab. Oder wollte sich doch eher an mir festhalten. Ich kletterte über ihn, strich mit einem Finger über seinen Oberkörper, beobachtete das Beben seiner Muskeln. Er stöhnte erneut auf, als mich die Spitze seiner Lust berührte.
Während ich ihn mit einer Hand im Griff hatte, konnte die andere nicht von seinen Brustmuskeln lassen. Ich konnte mein Stöhnen auch nicht unterdrücken, als sich seine Härte bei mir verhakte. Langsam senkte ich mich ab, führte ihn noch ein wenig. Sein Atmen wurde schneller. Er drängte sich nicht an mich, aber ein Zucken fuhr durch ihn. Aber alles wurde nicht feuchter als zuvor. Ganz ruhig, wollte ich beinahe sagen. Ich würde das schon machen. Wir gemeinsam.
Seine Lippen pressten sich zusammen, und ich bemerkte ein zaghaftes Stoßen von unten. Lächelte ihm zu und kam ihm weiter entgegen. Ich nahm die Hand weg, konnte mich endlich mit beiden an ihn klammern. Wir wurden eins, auch wenn ich noch die Reibung spürte. Ein Zucken fuhr durch meine eigene Verhärtung, als unsere Verbindung komplett wurde. Dieser spitze Schmerz, dieses Brennen – es verschwand sofort im warmen Prickeln.
Seine Bewegung in meine Richtung begann wieder, war kraftvoller. Ich kam ihm entgegen, musste mich noch fester an ihn klammern. Und wenn nun ein Drache auftauchen würde – Traian musste zuerst zu seiner Befreiung kommen! Ich riss den Kopf nach oben, und vielleicht hatte sich das Tageslicht bereits ein wenig verändert. Sofort blickte ich wieder in sein verzerrtes Gesicht und merkte, wie er nach Luft rang. Sein Pulsieren füllte mich immer mehr aus, immer tiefer, war außer Kontrolle geraten.
Ich fühlte den Schweiß von mir tropfen, kam ihm entgegen – und er war zu schnell. Wollte die Verbindung wieder herstellen, aber er fand nicht zu mir. Ich holte tief Luft – und trat aus dem Wasserbecken. Packte seine Hand und legte mich auf dem Trockenen auf den Rücken, als er vor mir stand. Schnell spreizte ich meine Beine – und er sah halb nach oben und hielt seine Faust vor seinem Mund.
Erneut ging ein Zucken durch ihn, und er beugte sich zu mir. Kniete sich zwischen meine Beine, und ich packte ihn an den Händen. Wieder flossen Schweißtropfen von mir, als er sein Männerspielzeug in die Hand nahm. Mit der anderen ein Bein von mir, bis ich es über seine Schulter legte. Er nahm auch das andere – und drängte sich an mich. Ein wenig lachte er, als er die Verbindung wieder aufnahm. Ich spürte den Druck, wie er sich an mich drängte – und mich ausfüllte.
Sein Zittern wurde stärker, und an jedem Punkt der tiefsten Vereinigung fuhr auch ein Zucken durch mich. Ich spürte, wie sich dieses Kribbeln in mir aufbaute, obwohl meine Lust frei in der Luft hing. Ich fixierte seine Augen, probierte eine Geste – und er erstarrte tief in mir, so weit es ging. Nur sein starkes Pulsieren konnte er nicht aufhalten.
Er stöhnte auf, setzte sich wieder in Bewegung. Schnell. Unsere Hände fanden sich irgendwie, krallen sich ineinander, fanden keinen Halt im Schweiß mehr. Auch ich konnte nichts mehr aufhalten, konnte nur noch laut stöhnen. Es klang bei ihm fast wie ein Jammern – und der Boden unter uns schien zu zittern. Vielleicht machte er das tatsächlich, und vielleicht landeten gerade drei Drachen neben uns. Dieses Ziehen in mir schnellte auf einen Höhepunkt zu – und ein Blitzschlag traf mich. Seine heiße, schwitzende Haut war eng an mich geschmiegt, und sein zerhacktes Gestöhne bekam ich noch irgendwie mit. Wie er sich an mich klammern wollte und abrutschte. Wie das Zucken tief in mir nicht aufhörte. Und mein eigenes. Bis ein Luftzug über uns strich und die Hitze ein wenig vertrieb.
Meine Hände zitterten, als ich mich langsam über ihn tastete. Sein Mund war weit aufgerissen, und seine Atmung schien sich zu verlangsamen. Noch langsamer richtete er den Blick auf mich. Ich raffte mich auf und trennte mich von ihm. Alles war völlig überschwemmt. Noch immer zitterte mein ganzer Körper und alles fühlte sich weich an. Traian blieb liegen, starrte in den Himmel und streckte die Beine ein wenig von sich.
„Gedankt sei … dem Universum“, gab er von sich. „Ich … kann nicht … ich …“
„War es so heftig? Ja, bei mir auch.“
„Ich danke dir … auf das Äußerste … dass ich dir das abverlangen konnte.“
Ich legte mich neben ihn und ließ einen Finger beinahe über ihm schweben. Sofort erfasste ihn wieder ein Zucken. Mir war, als konnte ich es kontrollieren, als ich die Finger seiner Hand umklammerte.
„Oh, und das Universum … vielleicht ist es jetzt zugänglicher. Ich kann schweben, ich kann Drachen besiegen – und ich habe deine Blockade gebrochen, schätze ich.“
„Ja, dies entspricht äußerst der Wahrheit.“
„Wir könnten dann ein schönes Bad nehmen … und bitte bring mir noch was zu essen.“
Fast war mir, als knickte sein Bein ein, als er aufstand.
* * *
Obwohl die Dämmerung höchstens erst am Anfang stand, strahlte das kleine, schwebende Licht sehr hell. Seine Farben schienen sich verändert zu haben. Was musste ich noch tun, damit es uns den weiteren Weg wies? Wir blickten auf eine Wiese, die sich auf der anderen Seite dieses Wasserlaufes auftat und von größeren Bäumen begrenzt war. Irgendwie waren mir die bisher kaum aufgefallen. Traian hatte mich zu sehr abgelenkt – und er hier in der Nähe alles gefunden.
Ich stellte mich direkt neben ihn, nahm ihn an der Hand. Versuchte eine Vision zu bekommen. Aber das Licht flackerte immer noch schüchtern und machte sonst nichts, als ich die Augen wieder öffnete. Meine Hände ballten sich zu Fäusten zusammen, ich wollte etwas schreien. Aber das schickte sich doch nicht für einen Herrscher. Der mit einem abgerissenen Lendentuch herumlief und sich von seinem Assistenten nehmen ließ. Bitte, ich wollte doch nur …
„Klettern wir wieder auf diesen Hügel und schauen wir, ob wir einen besseren Überblick bekommen“, unterbrach ich die Stille und ließ seine Hand los.
Wortlos folgte er mir – und etwas veränderte sich, als wir dort nach oben stiegen. Hinter uns schien alles in einem leichten Nebel zu liegen – und vor uns dunkler als zuvor zu sein. Nur das schwebende Licht bei unserem Lager dort unten flackerte vor sich hin – und flackerte schneller. Ein Schauer begann über meinen Rücken zu laufen, als sich die Farben veränderten. Wurde es ein wenig größer? Hatten wir es durch unsere Aktion genährt und mussten ihm nur noch gut zureden?
Ein Funke sprang in die Höhe und senkte sich langsam ab. Erzeugte dabei eine Linie. Sie schwebte in der Luft – und als sich Traian zu meiner Hand tastete, sank sie nach unten. Sie wurde länger, überspannte den Bach – und lief durch diese Wiese. Verschwand zwischen den hohen Bäumen. Ich drehte mich zu ihm – und er ließ seinen Blick zu diesem Lichtband schweifen.
Mir war, als läge das Zwitschern von Vögeln und weniger ein aufgescheuchtes Kreischen in der Luft. Ein blumiger Duft, der sich mit goldener werdenden Sonnenstrahlen vermischte. Ich atmete schneller, als ich meine Schritte voraus und auf die andere Seite des Wasserlaufes setzte. Eine leuchtende Linie lag in der Luft, schwebte ungefähr so hoch wie das Feuer, das keines war. In Regenbogenfarben, die sich ständig abwechselten.
Ein leichter Dunst lag über dem Wald aus höheren Bäumen, vor dem wir standen. Die Linie bahnte sich ihren Weg durch – und ich erkannte auch hier etwas wie einen Pfad durch das Gebüsch.
„Etwas sagt mir“, meldete ich mich zu Wort, „dass wir morgen dort weitergehen sollten. Genau diesen Weg.“
„Wenn du dies sagst, wird es der Wahrheit nahekommen. Ich meine …“
„Ja, was denn?“
„Meine Beine gedenken nach wie vor weich zu sein.“
Ich musste lachen und konnte es mir gut vorstellen. Auch wenn sich das Gefühl bei mir bald gelegt hatte. Vielleicht direkt in das Brechen der Blockade geflossen war. Ich drehte mich zu unserem Lagerplatz um und betrachtete das satte Grün rund um uns. Sehr spät konnte es noch nicht sein. Aber der Gedanke nahm mich gefangen, schon einmal unseren Schlafplatz auszuprobieren, den er vorbereitet hatte. Mich nur ein bisschen hinlegen – und mich an seine Beine klammern.
Kapitel 16 – Das Hindernis
Alles um uns zeigte sich in sattem Grün, und grelle Sonnenstrahlen schafften es bis zum Waldboden. Noch immer hielt ich nach kahlen, knorrigen Bäumen Ausschau, die mit Spinnweben überzogen waren. Aber ich fand keine. Vielleicht sollte Traian einen Umhang und nicht nur eine Hose tragen, wenn wir die Hauptstadt erreichten. Manchmal folgte ich ihm diesen Pfad entlang, meistens ging ich voraus.
Wir durchquerten eine kleine Lichtung, die jener bei unserem Lagerplatz ähnlich sah. Sehr lange waren wir dort noch herumgelegen. Ich hatte das Spiel genossen, meine Finger hauchdünn über seiner Haut schweben zu lassen. Es hatte sich irgendwie bis in meine Träume fortgesetzt. Die leuchtende Linie auf dem Boden hatte mich zurückgeholt. An diese Stelle war sie längst verblasst, mir aber auch keine Abzweigungen mehr aufgefallen.
Was, wenn wir wochenlang in diesem Wald unterwegs waren? Uns doch etwas in die Irre geführt hatte? Der Wald wurde wieder dichter – aber dort vorne war etwas. Traian schien seinen Blick zu schärfen, sah sich genauer um.
„Ja, fällt dir etwas ein?“, wandte ich mich ihm zu.
„Es liegt im Bereich der Möglichkeiten … wenn es tatsächlich der Wahrheit entspricht.“
„Was … entspricht? Du hast eine Idee, wo wir sein könnten?“
Er antwortete nur mit einem fast bleichen Gesicht und ging wieder voraus. War da schon wieder eine Lichtung? Auch schien es wärmer zu werden. Vor uns lichtete sich der Wald – und links und rechts neben uns ebenfalls. Ein heißer Wind traf mich – vom … Meer her? Es war kein Meer. Die Farbe kam mir bekannt vor, und diesmal … sah es nach kochender Lava aus. Eine kahle Fläche lag zwischen uns und dort, der Erdboden ging in graue und dann schwarze Steine über. Dort vorne … glühendes Rot, das weit draußen in einem leichten Nebel zu enden schien.
Da und dort blubberte die Masse, bewegte sich, als wäre sie ein zähes Öl. Nur eine Landzunge ragte hinein, an deren Spitze wir nun standen. Gegen die abgestrahlte Hitze war ich nicht immun, die schon einen Meter weiter eine Sauna übertraf. Ich drehte mich zu Traian, dessen Gesicht auf mich immer noch bleich wirkte. Besonders dann, als er seinen Blick über die Weite schweifen ließ.
„Und?“, fragte ich und hielt mich mit einer Hand an ihm fest.
„Dies entspricht in jedem Detail den Erzählungen, doch …“
„Ja? Du hast es nicht geglaubt? Vielleicht … gibt es doch noch eine Abzweigung im Wald?“
„… doch sollte sich an diesem Ort ein Damm befinden, eine Brücke, welche zur Großen Ebene führt … ja, sollte.“
„Vielleicht … ist da immer noch eine Blockade? Du … überlegst dir die ganze Zeit, wie das mit Talassia so wäre, oder?“
„Diese Frau gedenkt nie Ruhe zu geben!“
„Na zum Glück ist sie nicht hier. Aber vielleicht … sollten wir … sollte ich versuchen, eine Verbindung aufzubauen. Oder sollen wir einfach wieder zurück?“
Er kramte das kleine, schwebende Licht hervor, das er eingepackt hatte. Mir war, als lag ein Summen in der Luft, oder eher ein tiefer Ton. Der sich irgendwie mit der Lava verband oder aufschaukelte. Seine Hände zitterten ein wenig – und ich bemerkte eine leichte Vibration, als ich es nahm. Spürte wieder diese Energie in meinen Fingerspitzen, ein Knistern – und etwas zuckte durch mich! Der elektrische Schlag riss es mir aus den Händen! Es wurde knapp über dem Boden abgestoßen – und blieb dort. Beide sahen wir es an. Es fing zu pulsieren an, wurde dabei jedes Mal ein wenig größer. Ich begann etwas zu sehen.
„Vermagst du es zu schaffen?“, fragte er. „Sieht derart aus, jedenfalls.“
„Siehst du es auch?“
Er starrte auf die Lichterscheinung, die sich weiter ausbreitete, konnte wahrscheinlich so wie ich nichts sagen. Sie war fast so groß wie … jene in der Stadt, in der ich ohne ihn gewesen war. Blieb so – und ich konnte diesen Raum erkennen. Niemand war dort – und er war zum Greifen nah. Das Brummen und Surren lag mir in den Ohren, zog mich an. Hatte ich nicht schon einmal einen Durchgang geöffnet? Würde er offen bleiben? Würde sie noch da sein?
„Komm!“, rief ich und wollte ihn an der Hand nehmen. Ein Knistern fuhr durch mich, ohne mir einen Schlag zu versetzen. Er drückte fester zu und machte den ersten Schritt. Noch einen. Ein Feuer lief über meine Haut – und wir standen vor einer Wand. Ich erkannte diesen Platz in der Stadt, wo uns anscheinend niemand bemerkt hatte.
„Oh, die Stadt!“, kommentierte er.
„Ja, und ich zeige dir, wo ich gewohnt habe. Oder vielleicht …“
Wo war schnell noch einmal das Gasthaus gewesen? Wenn mir dort niemand etwas sagen konnte, dann die Wächterin vom Stadttor. Jemand drehte sich nach uns um, als wir von dem halboffenen Raum mit der Lichterscheinung auf die Straße traten. Mir fiel der Weg zu diesem anderen Stadtteil wieder ein. Dort, wo die Straßen enger und krummer wurden. Er ließ seinen Blick umherschweifen, kannte sich womöglich besser als ich aus. Das raue Pflaster fühlte sich anders unter meinen Füßen an.
„Oh, dies ist kein guter Ort“, meinte er zu meinem Griff an die Tür des Gasthauses.
„Kennst du dich hier gut aus?“
„Meine Ahnung gedenkt es zu sagen.“
Ich trat ein, er folgte mir – und ich sah nur an wenigen der Tische jemand sitzen. Immerhin fiel mir vorne beim Schanktisch dieser Wirt auf, und ich schritt auf ihn zu. Langsam blickte er von seiner Tätigkeit her auf.
„Wünscht Ihr zu trinken? Oder zu residieren?“
„Noch nicht, aber … war Talassia vielleicht wieder einmal hier? Die Frau, mit der ich vor ein paar Tagen hier war?“
„Oh, diese. Kommt für gewöhnlich bald.“
Vielleicht sollten wir wirklich einmal was trinken. Wenn es etwas gab, das er mochte und vertrug. Aber … kein Geld. Oder sollte ich nochmals verdeutlichen, dass ich der Herrscher war? Die Wächterin konnte es sicher erklären. Oder …
Ein leichtes Quietschen sagte mir, dass jemand eingetreten war. Wir drehten uns um – nein, diese Frau war nicht Talassia. Aber die hinter ihr.
„M…arcellus!“, erhob sie ihre Stimme und beschleunigte ihre Schritte. „Traian!“
Er machte einen Schritt seitwärts, hinter mich, und sah sie nicht ganz direkt an.
„Tut mir leid, dass ich so plötzlich aufgebrochen bin … aber wie Ihr seht, meine Dame, war es von Erfolg gekrönt.“
„Tatsächlich ist dem also so! Ihr habt ihn zurückgebracht! Ich muss Euch herzlichst gratulieren! Ich muss …“
„Ja, aber wir haben noch ein Problem … er kann es vielleicht erklären.“
„Oh, vermag Er das?“, sprach sie ihn nun direkt an.
„Wenn Sie dann Ihr Drängen zurücknimmt“, kam es ein wenig scharf von ihm, und er trat neben mich.
Ich konnte spüren, wie er ins Schwitzen kam. Und sie hatte vollen Einblick auf seinen Oberkörper, während sie selbst in ihrer kompletten Rüstung herumlief. Ich hätte ihm einen Umhang besorgen sollen, woher auch immer.
„Es wäre doch schön, wenn Er hier mit mir einen Trunk nimmt. Und vielleicht …“
„Dieses Mal ist es tatsächlich im möglichen Bereich … wenn ich das zu leisten vermag“, wurde er ruhiger.
Ihr Mund öffnete sich und blieb so. Gleichzeitig stellte ich mir ein riesiges Fragezeichen vor, das über ihr schwebte. Ich platzierte mich halb vor ihn.
„Äh“, sprach ich sie an, eher beide, „warum geht ihr nicht in meine Unterkunft hier und … macht euch das aus? Ich kann … hier warten.“
Vielleicht überlegte sie, ob sie mir oder ihm um den Hals fallen sollte. Und er, ob er lachen oder weinen sollte. So gut glaubte ich seine Gesichtsausdrücke schon zu kennen … aber sie vielleicht noch besser.
„Oh, in der Tat wohne ich noch dort … und wenn Traian viel zu erzählen hat …“
„Ja, dies habe ich, Talassia.“
Sein Blick war fast mehr zum knarrigen Boden als zu ihr gerichtet – bis ich doch etwas wie ein Lächeln zu erkennen glaubte. Sie blickte in Richtung der Tür – und er ging voraus.
„Vielleicht doch einen Trunk?“, fragte mich der Wirt.
„Ja, wenn sie es bezahlt.“
Wortlos griff er nach einem Metallkrug und füllte ihn.
* * *
Diesmal beachtete ich das Knarren der Tür nicht mehr. Viele Leute gingen hier ein und aus, und auch mehr der Tische waren nun besetzt. Was immer die beiden zu … besprechen hatten, konnte seine Zeit dauern. Aber die Schritte kamen mir bekannt vor. Traian! Er trug ein großes Tuch als Umhang, das sich in Dunkelrot zeigte. Obwohl, je nach Bewegung schillerte es auch in Grüntönen. Ohne den Kopf sehr zu heben, setzte er sich an meinen Tisch.
„Und?“
„Wenn einen das weibliche Geschlecht nicht zu erregen vermag …“
„Musst du auch nicht! Tut mir leid, wirklich eine ganz blöde Idee. Dann … finden wir halt einen anderen Weg in die Hauptstadt. Muss doch möglich sein.“
„Doch es gedachte mein Wunsch zu sein. Talassia hat …“
Erst jetzt bemerkte ich, dass sie in der Nähe der Tür an der Wand lehnte. Ihr Blick war eher gesenkt. Wenigstens war dann geklärt, dass sie sich nicht mehr viel von ihm zu erhoffen brauchte. Auch wenn seine Zugeständnisse einmal weiter gingen, als sie es bereits getan hatten. Warum nur verschwand dieses Bild zwischen der Wächterin und Talassia nicht aus meinen Gedanken? Es war nicht direkt eine Vision, aber … wer würde da wohl wen überreden?
Sie blickte auf, in unsere Richtung – und unsere Blicke trafen sich. Ob er ihr auch erzählt hatte, was zwischen ihm und mir gewesen war? Aber vielleicht … musste ich nur ein wenig nachhelfen. Falls er immer noch wollte.
„Auch noch einen Trunk?“, wurde sie vom Wirt gefragt, als sie sich näherte.
„Nein, aber vielleicht … einen Schlüssel“, antwortete ich für sie. „Wegen residieren und so. Also …“
„Verstehe!“, erhob er die Stimme und begann unter dem Schanktisch herumzukramen.
Etwas stand auf dem großen Anhänger, das ich nicht lesen konnte. Sie zögerte, legte im Vorbeigehen etwas auf den Schanktisch und wartete auf Traian – und mich. Ich folgte ihm knapp. Das fahle Licht in diesem Gang erlaubte es uns gerade so, die Symbole auf den Türen aus grobem Holz zu lesen. Ach, wären wir doch in mein bequemes Quartier hier in der Stadt gegangen, in ihres. Aber wenn wir schon hier waren …
Sie blieb vor einer der Türen stehen, öffnete sie – und in den Raum fiel ein wenig mehr Licht. Das Bett war größer als erwartet, und mehr brauchten wir nicht. Er setzte sich auf das Bett, lehnte sich zurück – doch das letzte Feuer war erloschen. Auch, als sich sein Umhang weiter öffnete und für mich wieder den Blick auf seinen Oberkörper freigab. Aber da war nur ein langsames, flaches Atmen und keine bebenden Bauchmuskeln.
Auch mein Blick war eher gesenkt, als ich mich Talassia zuwandte. Sie lehnte an einem Durchgang, wo es vielleicht sogar fließendes Wasser in einem Nebenraum gab. Ich holte Luft, wollte etwas sagen. Doch sie kam mir zuvor.
„Bitte, mein Herr … entschuldigt nochmals mein nicht beherrschtes Temperament. Auch du, Traian. Ich danke dir für deine Hingabe, mein Unterkiefer schmerzt jetzt noch … doch ich sollte dann gehen.“
Ein „Aber!“ musste ich nicht mehr aussprechen, als sie sich zum Ausgang aufmachte. Ihre Rüstung, die mehr aus Stoff bestand, war ein wenig verrutscht, wie mir nun auffiel. Sofort sah ich alles vor mir, als die Tür zufiel. Ich atmete durch und ließ mich neben ihn auf das Bett fallen. Seine Hand griff nach meiner, spielte herum – und ich lachte.
„Wie hat sie denn genau …?“, beendete ich die Stille.
Er lachte nur und drückte seine Finger fester in meine.
„Ich glaube, ich muss das wiedergutmachen.“
Ich schob seinen neuen Umhang ein wenig mehr zur Seite und machte mich an seine Hose. Versuchte zu tasten, wie viel Arbeit ich vor mir hatte. Nur ein bisschen schob ich sein Kleidungsstück nach unten. Nicht, dass er mir irgendwie half. Er blieb einfach liegen, als stünde ihm das jetzt zu. Und dem war so. Ich achtete auf die Geräusche, die aus dem Gastraum drangen. Hier klangen sie dumpf und entfernt, hielten gerade so die Stille fern.
„Ich finde“, setzte ich fort, „du könntest auch einmal ein Lendentuch tragen. Würde dir gut stehen. Vielleicht sandfarben, ein bisschen schmutzig, leicht abgerissen, nicht ganz bis zu den Knien …“
„Oh, wenn dies dein Wunsch ist, kann ich die Läden in der Stadt begutachten.“
„Aber pass auf, wenn ich dich so sehe, dann komme ich gleich.“
Mein leichtes Lachen blieb mir im Hals stecken, als ich die Erhebung in seiner Hose bemerkte. Er hob sich nun doch ein bisschen an, als ich wieder daran zerrte. Als mir seine freigelegte Lust entgegensprang, blieb mein Mund offen. Das konnte ich doch gleich ausnutzten. Meine Handflächen strichen über ihn – und meine Lippen nahmen Kontakt auf. Gleichzeitig mit seinem leisen Stöhnen suchte seine freie Hand nach meiner. Ich drückte fester zu – oder doch zuerst er? Als das Pulsieren stärker wurde, entließ ich ihn aus meinem Mund.
Er richtete den Kopf auf, sah mir tief in die Augen, ließ den Blick an sich herab schweifen.
„Bitte …“, jammerte er mir entgegen, „… ich möchte … dir das nun abverlangen …“
„Darfst du, sehr gern. Aber ich möchte ein bisschen böse sein. Nur ein bisschen.“
Mir war, als würde er das Universum anrufen, nur um mich zum Weitermachen zu bewegen. Aber ich spürte diese etwas andere Art von Kribbeln, als ich das Herumwinden seiner Beine und sein verzerrtes Gesicht mitbekam. Nur mit zwei Fingern strich ich, fast ohne Berührung, seitlich über ihn. Streckte meine Zunge hervor und näherte mich seiner pochenden Spitze. Auch fast ohne Berührung.
Sofort ließ er ein Stöhnen los, das immer noch zart und nie sehr tief klang. Wahrscheinlich war es dennoch bis nach draußen zu hören. Wieder ließ ich ihn zappeln, konnte sein Zucken auch ohne jede Berührung beobachten. Vielleicht brauchte er meine Hilfe bald nicht mehr. Oder …
Ich rückte meine in Form gekommene Ausstattung zurecht, ohne dieses Stück Stoff um mich abzulegen. Aber mein Umhang war irgendwie längst verschwunden. Legte mich über Traian, klammerte mich fest. Seine Fingerspitzen fanden genau zu jenen Stellen auf meinem nackten Rücken, wo ich am meisten spürte. Meine Lippen nahmen Kontakt mit seinen auf, die sanft und warm waren.
Immer enger klammerte ich mich um ihn, begann mich an ihm zu reiben. Ich sollte das Tuch ablegen, aber ich konnte es ja auswaschen. Er schnappte nach Luft – und ich raffte mich wieder auf. Bedachte seine zuckende Verhärtung mit einem darüberstreichenden Finger. Nahm ihn nur für einen Moment in den Mund, hörte auf sein Aufstöhnen, wiederholte es. Ich lachte böse, länger als sein kurzes Stöhnen.
Wir würden später wieder in diesen Raum mit dem großen, schwebenden Licht gehen – und weiter? Würde es uns den richtigen Weg weisen? Ich fühlte mich, als … sollte ich mich an seine prallen Oberschenkel klammern und mich wieder hinabbeugen. Gleich doppelt wiedergutmachen, was ich angerichtet hatte. Aber … war da jemand an der Tür? Das Geräusch klang nicht so weit entfernt wie das Lachen aus dem Gastraum. Oder vielleicht Gestöhne und Gequietsche aus Nebenräumen.
Ich sprang auf und schlich mich auf den Zehenspitzen umso langsamer zur Tür. Mit einem Mal riss ich sie auf – und da stand Talassia! Sie zuckte zusammen und ließ fast fallen, was sie in der Hand hielt. Ein großes Stück Stoff?
„Sie hat … Ihr habt … du hast …?“, sprach ich sie an und hob die Stimme an.
„Nun ist dies kein Geheimnis mehr“, meinte sie mit gesenktem Kopf, den sie aber rasch anhob. „Und ich habe …“
Sie zeigte mir den Stoff, der wie etwas aussah, das er sich umbinden konnte. Und ein bisschen schmutzig würde es bald werden. Traian hatte sich aufgestützt, wie ich beim Zurückblicken bemerkte, und ließ sich bei ihrem Anblick schnell wieder zurückfallen. Trotzdem spürte ich immer noch dieses Knistern, das in der Luft lag. Vielleicht, weil ein anderer Teil von ihm nicht zurückgefallen war. Noch mehr, als ich mich neben ihn auf das Bett setzte und seine Hand hielt.
Talassia kam näher, Schritt für Schritt, obwohl sie die Schärfe meines Blickes traf. Sie stand direkt vor dem Bett, wollte sich nach unten beugen. Traian raffte sich erneut auf, wollte etwas sagen.
„Ich erbitte es von dir …“, jammerte sie nun in seine Richtung, „… wenn sich schon die Gelegenheit so günstig zeigt. Nur dieses eine Mal.“
„Es ist … dir gewährt“, stöhnte er ihr entgegen. „Wenn du das diesmal vermagst. Doch bitte mache es schnell.“
Ich bemerkte ihr Lächeln und hielt weiterhin seine Hand. So fest ich konnte. Dieses schwarze, hinten um sie gebundene Tuch musste sie gar nicht öffnen. Aber dieses metallisch aussehende Kleidungsstück, das ihre Weiblichkeit beschützte, glitt zu Boden. Zum Glück für ihn nicht auch das obere. Sie ließ ihre Zunge über ihre Lippen streichen und kletterte über seine Beine. Meine Hand begann zu schwitzen und mein Puls zu rasen. Wahrscheinlich synchronisierte er sich mit seinem.
Er presste seine Finger so fest in meine Hand, wie er konnte. Ihr Lächeln in meine Richtung fiel knapp aus. Sie schüttelte ihre Haare, strich mit einer Hand durch – und bemächtigte sich mit der anderen seiner Härte. Traian stieß nur noch kurze, zerhackte Laute aus. Nur noch ein leichtes Zittern lief durch seine Beine. Und Talassia stützte sich an seinem Oberkörper ab und kam in Fahrt.
Schweißtropfen lösten sich bei mir, obwohl ich nicht genau hinsah. Fast eher seine Gesichtszüge im Auge behielt. Ein neuerliches Zucken erfasste seinen ganzen Körper, als er wieder fester zudrückte. Ich strich mit den Fingern meiner anderen Hand über ihn. Ganz langsam, auch durch seine Haare und fast über seine Lippen. Dieses Knistern begann wieder über meine Haut zu laufen – vielleicht über uns alle.
Ein schwacher, bläulicher Schimmer legte sich über seine Haut – und ihre. Er spielte mit seinen Lippen herum, schien dazwischen kurz zu lächeln. Die entfernten Geräusche waren verschwunden – dafür lag ein leises Summen in der Luft.
„Bitte … Marcellus … gib mir …“, brachte Talassia hervor und tastete sich zu mir. Ihre Hand fühlte sich nicht viel zarter als die von Traian an. Aber sie drückte sich sanfter in jene, die ich gerade von ihm weggenommen hatte. Ein elektrischer Schlag erfasste mich – und dieser schwache, blaue Schimmer, so wie auch sie.
Sie atmete schneller, schien sich an seinen Wunsch halten zu wollen. Wollte nicht mehr aufhören, ihm alles abzuverlangen. Ich spürte … bei mir selbst einen Höhepunkt heranrasen, obwohl sich niemand direkt um mich kümmerte. Vielleicht reichten Gedanken. Beide Hände krampften sich in meine, männliches und weibliches Stöhnen lag in meinen Ohren – und mein eigenes. Eine Druckwelle erfasste mich – und nichts hielt mich mehr zurück.
Ich bekam die schnellen Zuckungen irgendwie mit, das Ringen nach Luft. Meine Hände rutschten ab, waren viel zu verschwitzt. Neben ihm liegend lief das mächtige Prickeln immer noch durch mich. Langsam beruhigte sich mein Herz, und der Nebel lichtete sich ein wenig. Ich spürte die heiße, feuchte Haut von Traian und blickte auf. Da stand absolut nichts mehr bei ihm – und er war völlig ausgelaugt.
Talassia war schon von ihm geklettert und stand mit den Händen an ihren Oberschenkeln vor uns. Ihr Oberteil war verrutscht, ihr Umhang auch, und sie versuchte ihre Haare in Ordnung zu bringen. Unsere Blicke trafen sie, sie lächelte mir zu und unterdrückte ein Lachen. Nochmals beugte sie sich nach unten, um ihre Kleidung einzusammeln.
„Ich … bedaure nochmals …“, brachte sie gerade so hervor.
„Oh …“, meldete sich Traian, „… beliebte nicht … so schlimm zu sein.“
„Ich … gedenke dir … zukünftig deine Ruhe zu gönnen.“
„Ja, verlang … mir das bitte … nicht mehr ab. Doch …“
„Ja, Traian?“
„… ich hoffe, nicht bald wieder Neugier zu verspüren.“
Sie lächelte ihm kurz zu, bevor sie sich in Richtung des Nebenraumes verzog. Traian atmete noch schwer, aber gleichmäßiger. Wieder umfasste ich seine Finger, beugte mich zu ihm, und wir fanden uns zu einem Kuss. Und sogar seine Zungenspitze meine. Ich hörte ein Plätschern von nebenan und sah mich schon mit ihm unter dem fließenden Wasser stehen.
„Schau, was sie dir mitgebracht hat“, meinte ich mit Blick auf den Boden neben dem Bett.
Ich hob das sandfarbene Tuch aus grobem Stoff auf und legte es zwischen uns. Er warf einen Blick darauf und ließ sich gleich wieder zurückfallen. Erst, als das Plätschern aufhörte, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder in Richtung des Nebenraumes. Talassia war bereits komplett angezogen und wartete, bis sie Traian anblickte.
„Ich gedachte die Läden der Stadt schon für dich zu besuchen, wie du siehst.“
„Oh, ich danke dir für deine Belauschung. Und so schnell?“
„Einer fand sich direkt hier.“
„Und wie …?“
„Wir gedenken der Hauptstadt von der anderen Seite heranzutreten. Doch alles …“
Sie blickte wieder mich an.
„… liegt nun an dir, Marcellus.“
Erneut spürte ich dieses Knistern, eher nur noch an meinen Fingerspitzen. Glaubte fast, das Blut durch meine Adern pumpen zu spüren. Einfach so drehte sie sich um – und verschwand nach draußen.
* * *
Der Nebel verschwand – und vor uns brodelte die Lava. Gerade noch war ich mit Traian unter einem lauwarmen Wasserschwall gestanden, den der Nebenraum im Gasthaus zu bieten gehabt hatte. Sogar dieses neue Lendentuch hatte er sich umgeschlagen und die Hose eingepackt, ohne dass ich etwas gesagt hätte. Wir waren zu diesem Raum mit dem Licht in der Stadt gehetzt, hatten uns an den Händen gehalten. Und jetzt – nichts.
„Tut mir leid, dass es nichts gebracht hat“, meinte ich und sah auf das heiße Meer hinaus.
Nebelschwaden zogen darüber, Wolken, und noch mehr rötliche Wolken lagen am Horizont. Der riesige Mond schien bereits aufgegangen zu sein und lugte zwischen ihnen hervor. Ich trat einen Schritt weiter – und die Hitze schlug mir ins Gesicht.
„Doch ich konnte meine Neugier befriedigen …“, meldete er sich zu Wort, „… mit deiner Hilfe. Sowie ihre Wünsche.“
„Na wenigstens etwas. Aber … was hat es gebracht, wenn wir wieder hier herausgekommen sind? Obwohl … warte.“
Ich trat doch wieder einen Schritt nach vorne, auch wenn es sich auf meiner Haut wie tausende Nadelstiche anfühlte. Traian verzog das Gesicht, als er mir folgte. Als wäre ich ihm auf den Fuß getreten. Ich betrachtete die Adern an meinen Unterarmen und wusste, wie sie manchmal an einem heißen Sommertag herauskamen. Nun noch etwas mehr. Er … verschränkte die Finger beider Hände und schloss die Augen, als würde er das Universum anrufen. Es war wie während eines Aufgusses in der Sauna. Natürlich konnte ich gehen, bevor mir übel wurde. Aber ich war der Herrscher! So wie das Blut nun durch mich pumpte.
Dieses Knistern erfasste wieder meine Fingerspitzen und ich merkte, wie seine Hände zitterten. Musste nicht einmal genau hinsehen. Er atmete aus, drehte sich zu mir – und ich nahm ihn an der Hand. Der Schweiß floss von mir – und ich drückte zu. Fester – und da war wieder dieses Beben. Das Prickeln auf meiner Haut floss zu ihm, seine Finger krallten sich noch fester um meine. Die Erde begann zu beben.
Meine Hand zitterte – und der Boden unter meinen nackten Füßen vibrierte. Irgendwie wehte ein kühlerer Wind in mein Gesicht. Vielleicht vom Wald hinter uns her, aber die Richtung änderte sich ständig. Die rote Lava brodelte – und wurde dunkler. Etwas hob sich aus dem kochenden Meer, rüttelte sich den Weg frei. Die Spitze dieser Landzunge setzte sich immer weiter fort, bildete einen flachen, breiten Damm. Traian sah mich an, ballte die Hände zusammen und setzte sich in Bewegung.
* * *
Die Lichtwand hielt, aber Arran verspürte ein ungutes Gefühl im Magen. Höher musste die Wand nicht mehr werden, nur sich weiter vorwärts schieben. Die Mauern der Stadt waren immer noch vom roten Nebel eingehüllt, während sie sich zuvor noch schwach abgezeichnet hatten. Obwohl der Apotheker alle nötigen Mittel zu haben schien, ächzte die Wand immer wieder unter den Angriffen. Sie waren einfach zu mächtig! Hoffentlich gewährte es das Universum, dass alles bis zum Eintreffen des neuen Herrschers standhielt.
Arran zuckte zusammen, als ein mächtiges Fauchen die Umgebung erschütterte und ein Feuerstrahl auf die Lichtwand schoss. Die Visionen, wann der neue Herrscher eintreffen könnte, waren von etwas blockiert gewesen. Ob er neuerlich das Universum anrufen sollte?
* * *
Meine Gedanken waren abgeschweift, während ich mit Traian entlang des langen Dammes gewandert war. Aber die Vision war wieder völlig klar gewesen. An seinem Gesicht konnte ich ablesen, dass er es auch gerade gesehen haben musste. Wie weit sich der rote Nebel erstrecken mochte? Bedeutete das, dass wir nicht mehr weit von dieser Ebene vor der Stadt entfernt waren? Oder waren wir bereits dort?
Ein dürrer Baum tauchte vor uns auf. Sogar mehrere. Dafür konnte ich die Lava nicht mehr entdecken. Heiß war es ohnehin schon längst nicht mehr, sogar fast ein wenig kühl. Aber ob es an dieser Stelle irgendwas gab, das wir brauchen konnten? Traian blieb stehen.
„Glaubst du, wir kommen von hier aus zur Stadt?“, sagte ich nach langer Zeit wieder etwas.
„Dies könnte in der Tat die Große Ebene sein. Aber die ist sehr groß!“
Vielleicht wäre es auch ohne den dichten Nebel schon dunkel gewesen. Vor uns erschien die Farbe eher grau, nur weiter vorne schimmerte ein tiefes Rot. Ich hatte das Gefühl, direkt in die Hauptstadt gehen zu können. Und wenn sie noch ein paar Tage zu Fuß entfernt lag. Aber ich dachte daran, neben Traian zu liegen. Meinen Kopf auf seiner nackten Haut abzulegen und ihm zu geben, was nur ich ihm geben konnte. Nach dieser Sache.
„Glaubst du, wir sollten hierbleiben?“, setzte ich fort. „Nur ein bisschen ausruhen.“
„Wie stellt sich denn deine Vorstellung von Ausruhen dar?“
„Ungefähr so.“
Ich stellte mich ihm direkt gegenüber und griff unter seinem Umhang auf seine Schultern. Ein Schauer lief durch mich, als ich seine Hände auf meinem Rücken spürte. Beinahe etwas kalt. Er zog mich näher zu sich – und verwickelte mich in einen Kuss. Ich setzte diesen fort, als er sich löste.
Kapitel 17 – Der Einmarsch
Noch immer war dieser Nebel und das fahle Licht um uns, als ich erwachte. Müde fühlte ich mich nicht mehr, aber Traian lag in dieser kleinen Mulde neben dem Baum und schlief. Mein Hals fühlte sich etwas rau an. Zu trinken gab es hier nichts, nur ein Stück entfernt einen Platz für das Gegenteil. Dieses Tuch, in das er nun gewickelt war, sah bereits ein wenig schmutzig aus. So wie meines.
Als ich mich umdrehte, war er halb aufgestanden und sah sich um. Schnell verstaute ich alles und überlegte, was ich überhaupt geträumt hatte. Wie lange hatten wir geschlafen? Gab es an diesem Ort einen Unterschied zwischen Tag und Nacht? Ich hatte die riesige Mauer der Stadt irgendwie vor mir gesehen, mir einen Plan überlegt. Doch alles war zu verblasst gewesen und hatte sich ständig wiederholt.
* * *
Der Nebel hatte sich noch mehr gelichtet und die Sicht war weiter geworden. Nur diesen roten Schimmer sah ich nach wie vor dort vorne. Oder war das … Feuer? Dort vorne bewegte sich etwas. Ich war mir nicht sicher, wann ich zuletzt ein müdes Gefühl in den Beinen gespürt hatte. Da war nur noch ein Kribbeln, das mich antrieb. Viel zu schnell pumpte das Blut in mir, hatte mich vielleicht auch kaum schlafen lassen.
Es war einfach eine große, erdige Fläche, wo ich keinen Weg erkennen konnte. Ob die Richtung noch stimmte? Neben uns tat sich eine kleine Erhebung mit ein paar Büschen auf – und Traian erstarrte. Langsam erhob er seine Hand und zeigte nach vorne. Ich sah es nun auch – und mein Mund blieb offen. Ein Drache hatte Traian entführt und mich bedroht. Dort vorne waren viele davon, und sie schienen größer zu sein.
Als befänden sie sich in einem Wettstreit, stieß immer ein anderer einen langen Feuerstrahl aus. Warum nur spürte ich keinen kalten Schauer über meinen Rücken laufen? Weil ich der Herrscher war und mich hier noch kein Hindernis aufgehalten hatte! Ich ballte meine Hände zusammen und sah Traian an, der sich ein Versteck auf dem Hügel gesucht hatte. Würde ich mich aufhalten lassen? Nein! Wir beide nicht.
Das Prickeln lief über meine ganze Haut. Ich drehte mich zu ihm und er zuckte zusammen, als meine Finger seine Haut berührten. Doch sein Aufschrei hörte auf, bevor er begonnen hatte. Eng schloss ich meine Arme um ihn – und eine dumpfe Druckwelle breitete sich um uns herum aus. Aber die Drachen waren noch dort.
Sein Blick richtete sich mehr zum Boden – meiner schweifte nach vorne. „Na gut“, sagte sein Gesichtsausdruck aus, und er klammerte seine Finger um meine. Alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen, obwohl sich die Drachen schnell näherten. Oder wir uns ihnen. War das eine Stadtmauer? Sie bestand aus groben Steinblöcken und übertraf die Höhe der Biester um das Vierfache. Alle wandten sich uns zu und bewegten ihren langen, schuppigen Hals nach hinten. Um zu einem Flammenstoß auszuholen?
Die Augen begannen zu leuchten – und dieses Prickeln auf meiner Haut verstärkte sich wieder. Traian suchte nach meiner Hand – und ich drückte zu. Noch fester als zuvor. Meine Arme schlossen sich um ihn, ich spürte seine Lippen – und eine Bombe explodierte. Die Druckwelle fegte die Biester auf allen Seiten weg, ließ sie kreischend wegflattern. Nur wir beide standen noch fest auf dem beinahe schwarzen Boden – und die riesige Mauer vor uns. Ein frischer Wind ersetzte den Brandgeruch, und es schien ein wenig heller zu werden. Eine Vision wollte sich mir zeigen, aber ich spürte auf einmal diese Müdigkeit. In meinen Beinen, überall. Zu wenig Energie für irgendetwas.
Das Licht war ein wenig zurückgekehrt, nicht aber die Drachen. Und … war das ein Torbogen? Noch konnten mich meine Beine tragen, aber wir mussten bald einen Ort finden, wo ich mich sammeln konnte. Traian ließ seinen Blick umherschweifen, und er schien es ebenfalls entdeckt zu haben.
„Von hier aus …“, holte er mit etwas zitternder Stimme aus, „… fand unser Auszug statt. Das letzte Tor, welches noch frei war.“
Wortlos näherte ich mich weiter und zog ihn nach. Das Tor war von einem gemauerten Bogen umfasst, dessen Steine ein wenig hervorstanden. Es nahm die halbe Höhe der Mauer ein – und einer der Flügel war ein Stück nach innen gedrückt. Oder die Druckwelle hatte das erledigt. Ich schloss die Augen – und spürte tief in mir, dass mich auch hier nichts aufhalten würde.
Er hielt sich hinter mir, als ich mich näherte. Direkt vor dem riesigen Torflügel blieb ich stehen und blickte nach oben. Der Spalt war gerade so groß, dass ich … mich nicht durchzwängen konnte. Ich drehte mich zu Traian um. Der musste doch einen anderen Eingang kennen. Oder einen Mechanismus. Doch er sah mich nur halb an – und ein schnelles Zucken fuhr durch ihn.
„Glaubst du, wir können da irgendwie durch?“
Er antwortete nicht – aber er näherte sich dem Tor. Stelle sich davor, blickte wie ich nach oben – und stemmte sich mit dem Rücken dagegen. Was zum …? Wahrscheinlich biss er die Zähne zusammen – und der Torflügel bewegte sich mit einem Knacksen und Rumpeln ein Stück nach innen. Gerade so, dass er sich hineinzwängen konnte. Hätte ich das ebenfalls geschafft, bevor ich mit den Drachen fertiggeworden war? Besaß er nun ein wenig von der Kraft, die mir im Moment fehlte?
Er warf mir ein kurzes Lächeln zu und reichte mir seine Hand. Wir standen am Anfang einer langen Brücke, die sich wahrscheinlich auf zahlreichen Bögen oder Stützen ein wenig über dem Untergrund erhob. Der zeigte sich von hohem Gras, Büschen und ein paar größeren Bäumen bedeckt. Die Luft hier drinnen war anders. Mehr wie ein frischer Wind und Grünzeug. Vielleicht mit ein wenig Ziegelstaub. Ein schönes Stück vor uns erstreckte sich eine ebenfalls sehr lange, aber niedrigere Mauer. Sie war zackig oder mit irgendwelchen Verzierungen versehen. Mehrere Türme überragten sie, von denen manche außen aus Säulen bestanden.
Es war still, zu still. Wenn wir uns in der Hauptstadt befanden, wo waren alle? Langsam schien diese Müdigkeit in mir zu verschwinden, aber wir sollten uns einen unauffälligeren Zugang suchen. Vielleicht dort unten irgendwie. Aber Traian setzte seinen Weg fort. Wenn der sich nicht auskannte, wer dann? Irgendwie würde sein Lendentuch nur wirklich zur Geltung kommen, wenn er mit nacktem Oberkörper herumlief. Aber der je nach Lichteinfall schillernde Umhang stand ihm ebenfalls gut.
Wir näherten uns dem kleineren Torbogen – und eine breite Straße tat sich auf. Sie war mit großen Steinplatten belegt, so wie Teile der Brücke. Weit vorne schien ein viel größeres Gebäude zu liegen, und hier erstreckte sich auf einer Seite ein langer Säulengang. Noch immer war niemand hier und es herrschte Stille. Bis eine große Truppe mit metallischen Kampfgeräten auf mich zustürmte. Sofort spannten sich meine Muskeln an, krampften sich meine Finger in meine Handflächen. Aber … nichts. Die Spitzen zeigten auf mich – und Traian stand wortlos an der Wand auf der anderen Seite.
„Was?“, wollte ich aussprechen, aber da wurde ich schon weggezerrt. Er nicht. Noch immer stand er dort, als ich zurückblickte. Stellte sich da jemand neben ihn und klopfte ihm auf die Schulter? Dieser kalte Schauer über meinen Rücken kam wieder auf. Ich wurde weitergeschleift, um eine Ecke, irgendwohin. Es ging abwärts, über abgetretene Treppen aus Stein. Wasser tropfte von oben herab – und ein Schleier legte sich über mich.
Kapitel 18 – Das Angebot
Der Boden war staubig und feucht zugleich, als ich dort erwachte. Nur wenig Licht drang in den Raum, dessen Wände aus grob behauenen oder von Natur aus so geformten Steinen bestanden. Das Gewölbe über mir war beinahe schwarz – und es kam mir bekannt vor. Dieser Nebel hatte sich irgendwie von mir gelichtet. Doch alles fühlte sich an wie ein Aufwachen mitten in der Nacht, nach dem ich kaum noch einschlafen konnte. Weil mich eine Sache zu sehr beschäftigte. Traian!
Ich sammelte einige der Wassertropfen ein, die mich vielleicht aufgeweckt hatten. Schmeckte abgestanden. Oder eher wie mit Staub vermischt. Aber ich war doch immer noch gegen alles immun, oder? Nein, ich war … hinter Gitterstäben. Unweit von mir formten sie eine Wand. Entfernte Geräusche, wie das Schlagen von Steinen auf Metall, durchbrachen manchmal die Stille. Ich musste sie doch aufbiegen können! Oder … verätzen. Oder eine Vision bekommen. Konnte ich nicht – aber das hier war aus einer.
Nur noch mein Lendentuch war mir geblieben. Ich raffte mich auf und spürte ein Ziehen in den Oberschenkeln. Aber es verschwand irgendwie, halbwegs. Niemand war hier. Ich sah mich nochmals um – und öffnete das Tuch und schüttelte es aus. Meine Hände ballten sich zusammen, und ich atmete tief ein. Eine Schärfte lag in der Luft, die mich husten ließ. Ich stampfte mit einem Fuß auf und ging auf diesen Durchgang in der Mauer zu. Das war doch einer, oder?
Beinahe war dieser Raum noch dunkler. Aber Farben existierten hier ohnehin kaum. Es war das Gegenteil einer Farbveränderung. Nur an einer Stelle drang ein wenig Licht in den Raum. Da … war jemand. Wahrscheinlich schon länger hier, in ein großes, abgerissenes und schmutziges Tuch gehüllt. Fast wie der Apotheker aus der Ersatzstadt, der mir Immunität gegen alles bescheinigt hatte. Aber das hier war …
„Ihr seid nun also hier“, erhob sich die Stimme aus dem Dunkeln.
„Äh, Ihr seid … der frühere Herrscher? Dann entschuldigt bitte … meine Erscheinung.“
„So ist es, doch verwendet diesen Begriff bitte nicht, ja? Und ich gedenke nun ebenso nicht besser auszusehen.“
„Mein Herr?“
Ich vernahm ein Räuspern und Grummeln. Zum Glück hatte ich nicht mit „Eure Majestät“ oder so begonnen. Langsam erhob er sich vom Boden und trat in den Lichtschein. Ob ich auch so einen Bart bekäme, wenn ich länger hier festgehalten würde? Sein Gesicht lag halb im Dunkeln.
„Vardan“, erwähnte er und streckte mir seine Hand entgegen. „Ihr seid Marcellus, ich weiß. Hat Euch mein Abgesandter wohl behandelt? Befinden sich die Biester noch vor der Stadt?“
„Ja, hat er. Sehr gut. Und … jetzt nicht mehr.“
„Ihr konntet sie also aus der Großen Ebene vertreiben?“
„Ja … ich und … Traian. Nur … hat er dann die Seite gewechselt.“
Mein Blick senkte sich, und ich atmete tief durch, als dieses Gefühl in meinem Magen erneut aufkommen wollte. Auch wenn sich die Luft noch schärfer als zuvor in meinem Hals anfühlte. Und … ich hörte Schritte.
„Kommen sie wieder?“, fragte ich in den Raum.
„Sie kommen immer wieder. Doch nun kommen sie Euretwegen, wie es den Anschein hat.“
„Ja, also … ich sollte der neue Herrscher sein, und ich habe versagt. Und überhaupt … diese Talassia hat erzählt, sie wäre fast die neue Herrscherin geworden.“
„Dies ist mir zu Ohren gekommen. Doch Ihr habt die Blockade der Hauptstadt durchbrochen, nicht? Den Weg bis hierher gemacht. Also ich ersuche Euch, wenn Ihr es Euch vorstellen könnt … denn ich bin es zu sehr leid.“
Die Schritte näherten sich – und Metall traf auf Metall. Schwerter auf die Gitter des Verlieses? Ich drehte mich um und erkannte die Kampftruppe wieder. Ein Prickeln sollte an meinen Fingerspitzen liegen, aber das geschah nicht. Dafür legte sich diesmal kein Nebel über mich, als ich an beiden Handgelenken gepackt wurde. Was wollten die nun von mir? Wussten die überhaupt, wer ich war? Von Vardan wussten sie es.
Als ich mich laut räusperte, ließen mich die Typen los. Vor mir und hinter mir marschierten welche, und ich konnte kaum ein Gesicht erkennen. Immer wieder drang ein wenig Licht in den Gang, und wir hatten bereits zweimal eine Abzweigung genommen. An manchen Stellen gab es sogar drei oder vier Möglichkeiten. Waren wir bereits weiter aufwärts oder mehr abwärts gegangen?
Es wurde heller – und meine nackten Füße standen auf hellen, eckigen Steinplatten. Zwei kalte Hände stießen mich von hinten ein Stück weiter. „Hey“, wollte ich sagen und versuchen, meine Kräfte zu sammeln. Doch hinter mir war nur noch ein Nebel. Eher warmer Wasserdampf. Die Steinwände sahen glatter aus und zeigten sich mehr in einem Hellgrau als in verbranntem Schwarz. Ich fühlte die Feinheiten der Steinplatten unter mir. Glatt, aber noch griffig und nicht rutschig.
Meine eigenen Füße konnte ich gerade noch sehen, viel mehr nicht. Es lag keine Schärfe mehr in meinem Hals, als ich tief durchatmete. Fast, als wäre ein feines, zurückhaltend würziges und frisches Duftöl im Wasserdampf. Mein Lendentuch begann sich aufzuweichen – und vielleicht sollte ich es mir über die Schulter hängen. Schritt für Schritt folgte ich dem Gang, indem ich mich entlang der Wand tastete.
„Gefällt es dem Herren?“, hörte ich eine halblaute, tiefe Stimme und zuckte zusammen. „Marcellus? Oder wie wollt Ihr nun genannt werden?“
„Wer ist da?“
Ich wollte mir das Tuch wieder umbinden, fummelte daran herum. Aber wer immer dort war, schien sich weiter genähert zu haben.
„So tut Euch doch keinen Zwang an. Die Farbe ist sowieso schrecklich. Alle grellen Farben sind schrecklich.“
„Moment … seid Ihr womöglich …?“
„Ich wurde bereits vieler Namen genannt – und ich bin nun der Herrscher hier, ja. Wenn Vardan Euch derart genannt hat, oder sein unmöglicher Abgesandter, dann verbannt das bitte aus Eurem Kopf. Doch …“
Dieses Kribbeln wollte sich wieder in mir aufbauen. Besonders, seit sich diese Stimme beim letzten Wort angehoben und verändert hatte. Der Nebel schien ein wenig lichter zu werden – und vor mir stand ein Mann mit deutlich ausgeprägten Bauchmuskeln. Seine Brustmuskeln, Oberarme und Oberschenkel standen dem in nichts nach. Alles an ihm. Auch wenn sein Blick kühl war, wurde mir heiß. Das Kribbeln wurde noch stärker – und ein Blutfluss in gewisse Regionen setzte ein.
„Wie ich bereits sagte“, setzte er fort und näherte sich, „tu dir keinen Zwang an. Wir können so privat werden, wie du möchtest. Überspringen wir doch alles, ja? Dir gefällt doch schon, was du siehst, oder?“
Ich glaubte mein Herz rasen zu hören – und wollte nicht nachsehen, wie sehr sich bei mir alles aufgerichtet hatte. Wann war das dermaßen schnell und hart passiert? Vielleicht … bei Traian.
„Was … hast du mit ihm gemacht?“
„Du gedenkst Traian zu meinen? Du warst gut, wirklich gut. Bis zu deinem Scheitern. Schwierig zu kontrollieren. Doch er im letzten Moment …“
Etwas tauchte in seiner Hand auf, das an mein kleines, schwebendes Licht erinnerte. Es schien zu pulsieren … so wie seine … Ausstattung nun.
„Oh!“, änderte sich seine Stimmlage wieder, und er blickte an sich selbst nach unten. „Ich kümmere mich gern persönlich um deine Beglückung. Ich, der Herrscher dieser Welt, stell dir das vor! Oder …“
Mein Puls raste weiter, als er sich noch einen Schritt näherte – und meine Hand packte. Sie … an seinen Hintern führte. Der sich prall und straff anfühlte. Ein weiteres Zucken fuhr durch mich, und ich sog wieder diese Luft ein.
„Es ist mir bekannt, dass deine Präferenzen manchmal schwierig sind. Doch ich kann dir so oder so Vergnügen bereiten, versprochen. Viel besser als dieser Traian. Was ich jedoch sagen möchte … du hast nicht versagt. Doch deine Kräfte müssen endlich in die Sicherung der Hauptstadt fließen. Das ist nämlich unsere und gedachte es auch stets zu sein.“
„Nein, ist sie nicht!“
„Befreie dich von allem, was sie dir erzählt haben, ja? Das ist hier erst der Anfang der Vergnügungen, welche die Hauptstadt zu bieten hat. Schließen wir doch Frieden, und als mein Beweis kannst du gleich …“
Eine helle, leicht erhöhte Fläche tauchte auf. Wenn noch etwas über mir lag, war es ein feines, warmes Prickeln. Kein Brennen in den Augen, kein Drücken im Magen oder sonst wo. Sein Blick schob mich direkt auf diese Fläche, die sehr breit war. Und sehr weich, ohne dass ich darin versank oder sie sich feucht anfühlte. Er legte sich neben mich und zuckte ein wenig mit seinen Muskeln herum.
„So greife ruhig hin auf das, was dir gefällt? Das möchtest du doch. Und dann …“
Vielleicht zog mich auch der Klang seiner Stimme an. Meine Hand sollte zittern, aber dem war nicht so. Erst, als ich die Konturen seiner Muskeln erkundete und sein leichtes Zucken und Beben spürte. Wenn sich meine Finger weiter nach unten tasteten, würde dann alles für meine spannende, zuckende Härte bereit sein? Verdammt, ich wollte seine prallen, glatten Oberschenkel packen, seine Beine spreizen und …
Ich spürte, wie sich diese Blitzentladung an meinen Fingern entwickelte. Aber etwas saugte sie sofort auf. Dieser Mann blieb neben mir liegen, rückte nur ein wenig seine Beine herum. Ich ballte meine Hände zusammen.
„Ich brauche einen Stock!“, ergriff ich das Wort und setzte mich auf.
„Oh!“, lachte er kurz. „Derartige Spielchen! Doch wenn das dein Wunsch ist …“
Ich blickte zur Seite und bemerkte einen Stab, der an die Liegefläche gelehnt war und den ich mit zwei Händen packen konnte. Schnell sprang ich damit auf – und sah ihn vor mir, ebenfalls bewaffnet. Sein Blick wirkte wie zu Beginn – und er sprang ein wenig hin und her. Da kannte ich doch schon mehr Schritte. Ich schnellte auf ihn zu und ließ meinen Stab auf seinen krachen. Er rutschte aus einer seiner Hände, und gerade so konnte er ihn mit der anderen wieder fangen. Diese feinen, hellen Funken an meinen Fingern kamen wieder auf.
Der Dampf wurde langsam zu heiß, aber gleichzeitig legte sich kühler Schweiß auf meine Haut. Aus Angst? Nein! Diesmal konnte er seinen Stock fester halten, doch ich drängte ihn stetig zurück. Und meine Bewegungen waren schneller.
„Oh!“, entkam es ihm, als er seine Bewaffnung nach einem Schlag von mir nur noch mit einer Hand halten konnte. Meine Finger krampften sich zusammen – und ich schlug ihm den Stab ganz aus der Hand. Schnell wollte er in eine Hocke gehen und danach greifen – aber ich erwischte seine Hand. Wir befanden uns in einer Ecke des Raumes. Oder ging es da noch weiter?
Ich glaubte ein Fauchen zu hören – ein tiefes Fauchen. „Du wagst es?“, vernahm ich, und der Schauer über meinen Rücken war nun eiskalt. Auch, als es dunkler wurde und seine Augen im Halbdunkel … zu leuchten begannen. Meine elektrische Entladung verstärkte sich – doch er saugte sie auf, als er weiter aufstehen wollte.
Ein hellweiß leuchtender Strahl durchzuckte den ganzen Raum! Ich drehte mich um. Traian? Und Talassia? Sie standen nebeneinander, zeigten beide mit zwei Fingern auf diesen Mann – und dessen Fauchen wurde lauter. Sein Gesicht verzerrte sich – und er wurde weiter zu Boden gezwungen. Ich probierte meine andere Hand. Jene, die Vardan, der frühere Herrscher, geschüttelt hatte. Es war, als … verwandelte sich der Mann auf dem Boden.
Ich wich zurück – und der Raum schien sich zu öffnen. Die Hauptstadt lag unter mir – und die Schwingen des … Drachen breiteten sich aus. Er richtete den Kopf in meine Richtung – und eine Druckwelle erfasste mich. Erschütterte den Boden. Doch ich stand fest auf den Steinplatten. Bevor Traian und Talassia ihre Fingerspitzen wieder auf ihn gerichtet hätten, breitete er seine mächtigen dunklen Schwingen aus und machte sich davon. Erhob sich über die Türme der Stadt, das Meer – nur, wohin?
Als hätte mich jemand losgelassen, sackte ich zusammen. Ich glaube Traian etwas sagen zu hören, aber diese Schwärze legte sich zu sehr über mich.
Kapitel 19 – Die Herrschenden
Vielleicht hatte mich der frische Wind aufgeweckt. Oder doch die grellen Sonnenstrahlen? Sie fielen eher auf meine nackten Beine und wärmten den Stoff weiter oben. Das verschwommene Bild wurde bald klar, auch ohne dass ich in meinen Augen herumrieb. Traian stand auf einer Seite des Bettes! Und auf der anderen Talassia.
„Und … was ist jetzt mit dir?“, fuhr ich ihn beinahe an. „Oder hat er dich wirklich manipuliert?“
Sein Blick blieb eher nach oben gerichtet, aber ich erkannte sein Lächeln. Und er war in nichts außer dieses leicht abgerissen wirkende, sandfarbene Lendentuch gewickelt. Bei den muskulösen Konturen an seinem Oberkörper dachte ich zuerst an … und ein Zucken erfasste mich. Aber es war Traian.
„Das entspricht der Wahrheit“, hörte ich endlich seine vertraute Stimme. „Zu sehr zog er unsere Energie ab und schwächte uns“, meinte er mit Blick auf Talassia. Er ging zu ihr hinüber und blieb knapp neben ihr stehen.
„Moment …“, meldete ich mich, „… eure?“
„Oh, und es schickt sich nicht so sehr für einen Herrscher. Doch ich zog es gerne für dein … Vergnügen an.“
„Für einen Herrscher?“
Ich dachte, dass mir der Schauer über meinen Rücken bereits vertraut war. Aber diesmal war er kalt und ließ mich erzittern. Nur um von den warmen Sonnenstrahlen wieder verdrängt zu werden.
„Wie es scheint“ setzte Traian fort und blickte wieder zu Talassia, „sind wir zusammen die Herrschenden. Hätten dies stets sein sollen, jedoch …“
Sein Gesicht verzerrte sich, als sie ihren Arm über seine Schultern legen wollte. Sie machte es doch nicht und lächelte mir zu.
„Aber das ist ja … schrecklich! Ich meine, wenn ihr zwei nicht …“
„Dies ist auch keine dringliche Voraussetzung“, vernahm ich eine weibliche Stimme und überlegte.
Die Wächterin aus dieser kleineren Stadt betrat den Raum. Ich raffte mich endgültig auf und spürte ohnehin keine Müdigkeit mehr. Wir mussten in einem der Türme sein, an dessen Fassade sich mehrere Säulen befanden. Entweder war das Glas in den Fenstern nicht zu sehen, oder oberhalb der Begrenzungsmauer war keines. Ich hielt kurz den Atem an, als ich meinen Blick über das Häusermeer schweifen ließ. Es endete noch vor dem Meer, das ein Stück weiter entfernt lag. Dafür glitzerte dort der Strand in mehreren Farben.
Sie lächelte Talassia zu, näherte sich – und legte sehr wohl den Arm über ihre Schultern. Ich beobachtete einen langsam beginnenden Kuss zwischen den beiden Frauen. Traian trat einen Schritt zur Seite, sah nur halb hin und spielte sich mit seinen Lippen. Er holte tief Luft – und kam auf mich zu. Die Berührung seiner Zungenspitze an meiner verursachte ein Kribbeln, das ich bis in meine Zehenspitzen spürte. Noch mehr, als er seine Arme um mich legte und ich mich enger an ihn drückte. Was längst in den Boden gesunken war, meldete sich zurück.
„Darf ich das überhaupt?“, gab ich etwas außer Atem von mir. „Ich meine jetzt, wo du der Herrscher bist?“
„Ich zusammen mit ihr. Des Weiteren möchte ich ein gütiger Herrscher sein. Du darfst mir das abverlangen.“
Unterdrückte er da ein Lachen? Wahnsinn, so wie er da stand, wollte ich ihm noch viel abverlangen. Und ich merkte, wie sich noch jemand näherte. Arran? Er kam von diesem Durchgang her – und hatte meinen Rucksack in der Hand. Sogar meine Sandalen, und die restlichen Sachen waren wohl drinnen. Wessen Abgesandter war er nun?
„Oh, gut, dass Er seine Anwesenheit zeigt“, sprach ihn Traian an und erhob den Kopf dabei wieder.
„Verzeiht nochmals meine falsche Annahme. Wie lautet Euer Wunsch?“
„Bereite Er die heutigen Feierlichkeiten vor, wie bereits besprochen, ja?“
„Natürlich, und ich werde aus diesem Grund nun den Rückzug antreten.“
Sprach Traian nun für Talassia, oder war die gerade zu beschäftigt? Es lag mir auf der Zunge, sie zu fragen. Ob ich dabei sein durfte, wenn sie der Wächterin privat näherkam? Schließlich hatte sie auch mich und Traian gesehen. Ob das bei ihr auch ohne zusätzliche Hilfe klappte? Talassia richtete ihren Blick auf mich – und ich meinen schnell zu Boden.
* * *
Bunte Lichter erstrahlten von den Säulengängen, als sich die Dunkelheit langsam über das Land legen wollte. Sie schaffte es wohl nie ganz. Zu hell strahlten der riesige Mond und die Lichter der Hauptstadt. Ich prostete Traian und Vardan mit diesem Gebräu zu, von dem angeblich niemand übel wurde. Auch wenn es so schmeckte, als wäre dem am nächsten Morgen so. Ob uns Arran später mit frischem Gebäck überraschen würde? Es sollte schließlich in der Hauptstadt am besten sein.
Der frühere Herrscher war komplett in eine lange Stoffbahn gehüllt aufgetaucht. Ob er ebenfalls niemals wirklich der Herrscher gewesen war? Er zog sich wieder in die hinteren Sitzreihen auf dieser erhöhten Plattform zurück. Vielleicht war er jetzt schon genervt und wollte möglichst bald wieder seine Ruhe haben. Oder vielleicht eine Massage genießen, von wem auch immer.
In der Mitte des riesigen Platzes würde sich das Feuer, das kein Feuer war, gut machen. Ich hatte das Lächeln in Traians Gesicht genau ablesen können. Trotzdem würde ich ihn bitten, dass er nun Arran nicht so sehr kommandieren sollte. Es stand ihm nun auch zu, mich zu kommandieren. Nur … gehörte ich nicht in diese Welt. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich in meine zurückkehren sollte. Er war ein … toller Mann, aber dieses große Feuer zwischen uns hatte ohnehin immer gefehlt. Hatte es das?
Arran konnte ihm sicher auch helfen, falls er wieder Lust auf Experimente mit Talassia hatte. Auch wenn die beiden ihre Energie nicht voneinander schöpfen mussten. Sogar einige von den Kampftruppen des anderen Volkes standen dort unten in der Menge. Sie mussten wissen, gegen die Macht der neuen Herrschenden keine Chance zu haben. Oder fühlten sich unter ihnen ohnehin wohler? Aber wo lag nun das wahre Land der Drachen? Woher sollte ich wissen, wer die Form verändern konnte? Traian sollte es wissen, wenn er einer der Herrschenden war. Er erhob sich und stellte sich an die Begrenzungsmauer, als wollte er eine Ansprache halten.
Ich hielt den Atem an, als ein Blitz die Mitte des Platzes traf. Dort begann es zu glühen – und sich ein schwebendes Feuer zu erheben. Es sah irgendwie anders aus als jene magischen Lichter, die ich bisher in dieser Welt gesehen hatte.
„Wow!“, kommentierte ich.
Talassia stand auf – und ihr Blick sah verzerrt aus. Dieses Gefühl in meinem Magen kehrte zurück – und Traian sah mich an.
„Dies ist nicht durch meine Macht geschehen.“
„Und durch wen …?“
Die Blicke der Anwesenden schweiften nach oben, auch meiner. Der Himmel hatte sich schnell komplett verdunkelt, und die leuchtenden Augen sollten mich nicht mehr schrecken können. Doch sie ließen ein Ziehen in mir zurück, das nicht wieder verschwand. Besonders dann, als sich weitere Augenpaare näherten. Riefen alle dort unten nun das Universum an?
Der Blick von Traian schien sich auf das Licht in der Mitte des städtischen Platzes zu konzentrieren. Vielleicht auch alle Blicke aus den Türmen rund um uns. Nun erkannte ich die großen Schwingen, wie sie sich näherten. Sie waren zu mächtig! Doch das Licht schien sich weiter zu vergrößern. Eine Vision wollte sich vor mir aufbauen. Immer deutlicher sah ich diesen athletischen Mann vor mir. Wie er aus dem Dampf erschien und mich mit einem Finger zu sich lockte. Nein!
„Nein!“, schrie ich und lehnte mich direkt an die Begrenzungsmauer. Spannte alle Muskeln an und glaubte ein wenig zu schweben. Doch das Licht wurde immer heller. Bis es alles einnahm. Ich musste die Augen schließen, es war zu hell. Bis ich das Zwitschern von Vögeln hörte.
* * *
Ich erkannte die Straße wieder. Nicht sehr weit vom westlichen Stadtrand entfernt – und von meinem Zuhause. Dort drüben war der Waldrand. Aber …?
Auf meinem Rücken bemerkte ich meinen Rucksack, und ich trug eine kurze Hose und ein T-Shirt. Grelle Sonnenstrahlen trafen mich – und ich war allein. Sollte das alles …? Aber dieses Gefühl in meinem Magen wollte nicht aufkommen. Oder eine Enge in meinem Hals.
Aber da war jemand. Wahrscheinlich ein Mann, und er kam vom Waldrand her. Seine Kleidung … schimmerte in der Sonne. Es war ein Umhang. Traian! Aber …?
Ich konnte mich nicht bewegen, als er sich weiter näherte. Immer deutlicher erkannte ich, dass er es war. Er war fast da – und sah mich nicht an. Spazierte einfach die Straße entlang, ein Stück weiter. Er blieb stehen, sah sich um, und sein Mund war offen. Nun drehte er sich doch zu mir.
„Wo sind wir hier?“, hörte ich seine Stimme, und ein warmes Prickeln lief über meinen Rücken. „Vermag das … die Fantasiewelt aus den Legenden zu sein?“
„Nein … das ist meine Welt, und deine ist …“
Sein Mund schloss sich langsam und er trat einen Schritt näher. Noch einen. Er legte nur eine Hand auf mich und sah sich weiter um. Betrachtete die niedrigen Häuser mit ihren Gärten, die Stromleitungen, blickte wieder in Richtung Wald.
„Du vermagst vielleicht nicht der Herrscher zu sein … doch du kannst die Grenze zwischen den Welten überwinden. Sieht so aus.“
„Und die Drachen sind jetzt in ihrer eigenen zurück, oder wie?“
„Ich verspüre, dass dies der Wahrheit entspricht. Wenn wir, die Herrschenden, für das Gleichgewicht des Universums sorgen können. Doch …“
„Ja?“
„Ich muss dir etwas abverlangen.“
„Was wäre das denn?“
„Sicherlich ist dir erst das Sammeln von Energie nötig, um neuerlich den Übergang in meine Welt herzustellen.“
„Oh … da gehen wir aber besser dort drüben in den Wald.“
Traian lächelte, spielte mit seinen Lippen und setzte sich in Bewegung.
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