Im geheimen Hausmeisterdienst ihrer Majestät
von Tilmann Ströbele
Es war ein überaus friedlicher Tag im Münchner Stadtteil Schwabing. Die Frauen klopften Teppiche und Felle aus, die Männer fuhren pfeifend ihre Kehrmaschine an der Bordsteinkante entlang und die Kinder tobten fröhlich schulschwänzend auf dem Gleisbett der Stammstrecke. Die Spatzen pfiffen von den Holunderbäumen und ab und zu sah man sogar die ein oder andere Hornisse in den triefenden Blütenkelchen der Akazien, auf der Suche nach süßem Nektar.
Doch diese traumhafte Idylle sollte jäh gestört werden, denn heute war auch der Nächste Erste und Kazimir, der vollschlanke Hausmeister der Wohnanlage Kriegsopfer-Gilching-Südwest, ging an diesem Tag traditionell auf die Jagd nach Mietprellern. Sein aktueller Fall war äußert prekär, denn bei den säumigen Mietern handelte es sich um zwei Studentinnen, die im Gebäude 3, siebenter Stock, mit einer weiteren Freundin in einer wilden WG lebten.
Kazimir hatte sich bereits in Schale geworfen, seine 60’er-Aufstiegskutte angelegt, mit ein oder vier Exportbier gegen Mundgeruch vorgesorgt und seine Dauerwelle mit Schweineschmalz gestählt. So präpariert wagte er sich in die Höhle der Löwinnen.
Bereits unten an der Haustür zum Gebäude 3 kam ihm Frau Kistler entgegen und klapperte sogleich erfreut mit ihrem Gebiss, als sie sah wie „fesch“ der liebe Kazimir heute aussah. „Mei is sog’s da, Kazimir, des wird hechste Zeit, das’d die Bagage do o’m ausihaust! Imma des Gschroa und irgendsoa Negamusik, mei Melchior und I kenna nur im Voirausch mehr schlafa, und du woaßt ja, wos da Obstler heidzudog kost!“, quäkte sie verärgert und lief trippenden Schrittes weiter zu den Mülltonnen.
Kazimir freute sich, dass die Mieterschaft den Beschluss der Gesellschaft, den Mädchen zu kündigen mit trug und enterte zufrieden rülpsend den Eingangsbereich. Im Gang hallten die Schritte seiner Cowboystiefel so gewaltig, dass Udo, einer der Premiummieter im Untergeschoss, neugierig seinen grau gelockten Kopf aus der Einzimmerwohnung steckte. „Grias di, Kazimir. Is wos hi?“, fragte er etwas erstaunt. „Nein, nein, ich habe nur eine Kündigung zu vollstrecken!“, lallte Kazimir bemüht seriös. „Na dann, vui Spaß!“
Kazimir war schon ein gesegneter Bursche! Daheim zwei Dobermänner, die zähnefletschend seine Gartenzwergsammlung bewachten, 300 Euronen Anschreibelimit beim „Jagawirt Özgün“ und dann noch so einen erfüllenden Job in der Immobilienbranche, wos wuist mera?
Zur Feier des Tages beschloss Kazimir den Aufzug zu nehmen, da ihm das einen psychologisch wertvollen „Überraschungsmoment“ a la Batman ermöglichte, und ihm die Möglichkeit gab, den eventuell Flüchtenden galant, mit einem coolen „Jezad is‘ vorbei, mit da Übeltäterei“ auf den Lippen den Weg abzuschneiden. In diesem Moment der Überlegenheit drückte er wagemutig „7. OG“ und lauschte andächtig dem Rattern des Elevators bis dieser mit einem bräsigen „Pling“ zum Stehen kam.
Auf dem Gang im siebten Stock herrschte gespenstische Ruhe. Doch Kazimir hatte „Der Soldat James Ryan“ gesehen und wusste, dass die „Krauts“ gleich angreifen würden. Elegant wie ein Wiesel mit Dünnpfiff schob er sich in die Nische einer Eingangstür und sprach in seinen Hemdsärmel: Rotscha, Rotscha, oh mein Gott, sie haben MG’s, erbitte Artillerieangriff, Sir“ Doch niemand antwortete! Es hieß also Plan B zu befolgen.
Kazimir stürmte mit gezücktem Schwert und einem Kampfesschrei, der Attila den Hunnenkönig blass vor Neid hätte werden lassen, zur Tür besagter Wohnung. Dabei ereignete sich jedoch ein Malheur. Eine durchtriebene Falte im Laminat sorgte für einen kurzzeitigen Kontrollverlust seitens Kazimir über sein rechtes Bein. Um diesen – zugegeben tragischen – Verlust auszugleichen, hob Kazimir sein linkes Bein, knickte es auf der Höhe des Knies ab und warf es mit aller Kraft nach vorne. Doch es war vergebens. Untermalt von epischer Chormusik prallte Kazimirs Nasenbein unsanft gegen den Boden und sein gepeinigter Körper schlug unsanft auf dem Laminat auf.
Doch wer dachte, dass Kazimir nach diesem Waterloo gebrochen liegen bleiben würde, der hatte sich getäuscht! Schon damals in den verlustreichen Derbys des SC Geltendorf gegen die SpVg Aubing hatte er in Personalunion von Torwart und Libero schon so manche Blutgrätsche weggesteckt und war anschließend mit zwei Stimmen Mehrheit zum Keeper der Saison gewählt worden.
Nasenblutend aber umso wilder entschlossen erhob sich Kazimir. „An grantigen Stier daschreckt ma ned!“, brüllte er und fuhr seine Hörner aus. Jetzt gab's kein Halten mehr, mit moralisch erhobenen Zeigefinger drückte er den Klingelknopf durch und grölte: „Kemmt's außa, es gspinnaden Weiba! Sonst sehe ich mich gezwungen verschärfte Maßnahmen zu ergreifen und wer schon mal Senf auf seiner Leberkassemmel hatte, der woaß wos des hoaßt!“
Doch nichts rührte sich. Jetzt sah er sich gezwungen Trick 17 anzuwenden. „Krüssigott, Hans Ungerer mein Name, ich komme vom Blumenservice Harlaching und hätte zwei Bund Pfingstrosen abzugeben!“, flötete er süß durch das Schlüsselloch. Plötzlich hörte er leises Geklimper aus dem Inneren der Wohnung. Langsam und unglaublich laut knarzend öffnete sich die Tür. Jetzt hieß es effizient wie eloquent zu sein: „Sehr geehrte Damen und Damen, im Namen der Wohngenossenschaft Kriegsopfer Gilching-Südwest überreiche ich ihnen hiermit feierlichst den Räumungsbescheid!“
Was er dann aber sah, als er seine im Eifer des Gefechts geschlossenen Batzlaugen öffnete, war unglaublich! Vor ihm stand, umspielt von einer Aura des Unberührbaren, von geheimnisvollen Winden verweht, aus dem Schaum geboren wie die Venus, eine Mitvierzigerin mit Lockenwicklern und Frotteebademantel, die sogleich mit sonorer Stimme ausführte: „Woin's zu meiner Dochta und ihre Freindina? Die san heid beim Chakra-Kurs!“
Kazimir wusste nicht was er sagen sollte. Solch anmutige Erscheinung in seinem Wohnblock! Die Jagdinstinkte waren geweckt. Schnell und unauffällig scannte er mit seinen Laseraugen die Umgebung. Die Luft war rein, für ein Stelldichein! Stahlhart und unnahbar sagte er: „Bäbä, I woaß du wuist'as a! Come on, let's fasten my lederhosen!“ Er war nun absolut hemmungslos und legte seine Ohren an, um der Windgeschwindigkeit zu trotzen, als er mit Lichtgeschwindigkeit seine Lippen auf die der mittelalten Dame presste.
Diese schmeckten nach kaltem Rauch, Kazimirs Lieblingsgeruch. Sie begannen nun hemmungslos rumzuschlecken und Kazimir legte behutsam den Kündigungsbescheid auf den Flurtisch und die Frau auf den Boden. Wie ein betrunkener Jiu-Jitsu-Kämpfer machte er sogleich einen Spagat, bei dem seine original bayerische Stoffh
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Kommentare
(AutorIn)
Kommentare: 7
Tilmann Ströbele
@aweiawa:
Mir war nicht bewusst, dass es ein Verbrechen ist, seine eigenen Geschichten auf mehreren Plattformen zu veröffentlichen.
Edit: War auch nicht ernst gemeint ;)
@helios53: Nicht jeder Kommentar ist auch nützlich.«
Kommentare: 2
By esterhazy
bei literotica zu finden!«
Kommentare: 214
aweiawa
Hey Ströbele, ich wollte damit sagen, dass du durchaus der Autor sein kannst, und nicht das Gegenteil davon. Ich wollte dich unterstützen und fiete klarmachen, dass du höchstwahrscheinlich der Autor bist. Also nur ruhig Blut. :-)«
Kommentare: 25
Kommentare: 8
Kommentare: 404
Helios53
Kommentare: 12
Kommentare: 441
Mondstern
Natürlich scheiden sich da die Geister, und ebenso natürlich muss man Lust auf den Text haben.
Mir gefällts und ich freu mich auf die Fortsetzung.
Nur eins - Dobermänner? Wären hier nicht 2 Kampfdackel angebrachter?
LG Mondstern :-)«
Kommentare: 212
Ich gestehe aber, ich freue mich auf die Fortsetzung!«