In der Klinik bei Nacht
von Tomas Remie
Belastungstest auf der Basis von Schlafentzug. Na das war mal ein Spaß. Wie dumm nur, dass ich noch zwei weitere Nächte zur Beobachtung bleiben musste. Ich hätte besseres zu tun gehabt, wirklich.
Das dachte ich zumindest, als ich die Nachricht erhielt. Da wusste ich allerdings noch nichts von Nina. Ich hatte sie bereits in der Raucherecke gesehen, klar, aber von kennen konnte noch keine Rede sein. Um mich für meinen unerwartet langen Aufenthalt zu wappnen, kaufte ich mir am Kiosk eine Musikzeitschrift, die ich bei einer Zigarette durchblätterte. Mit meiner Jogginghose und dem alten Bandshirt, das ich trug, wirkte ich sicher eher seltsam als anziehend. Mein Glück bei der Sache: Nina stand auf seltsam. Anders konnte ich es mir zumindest nicht erklären, als die ca. 1.70 m große junge Frau mich ansprach. Ihr rosa Jogginganzug war auch nicht gerade laufstegtauglich, ebenso wie ihre etwas unmotiviert ins Gesicht hängenden Haare. Als sie jedoch eine leicht gelockte Strähne zur Seite strich und mir so gleichzeitig ihre glänzenden Rehaugen und ihr süßes, etwas schüchternes Lächeln präsentierte, dachte ich keineswegs an Mode oder Frisuren. Das Mädchen, sie mochte zwar volljährig sein,wirkte aber noch recht jugendlich. Sie schielte auffällig auf das Titelblatt meiner Hardrock-Zeitschrift. Dann hob sie den Blick, blinzelte ins Licht der Sonne, die in meinem Rücken stand und deutete auf mein Heft.
»Interessanter Musikgeschmack«, sagte sie nicht gerade originell und steckte sich schnell eine Zigarette an. Ich betrachtete ihre schmale, recht kurze Nase, die gut zu ihren feinen Gesichtszügen passte und bewunderte kurz das natürliche Rot ihrer Lippen, bevor ich sie anlächelte.
»Bist wohl auch eine Freundin der härteren Gangart, was?«, fragte ich bewusst zweideutig und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass eine sanfte Röte sich auf ihren Wangen ausbreitete, während sie versuchte, sich ein Grinsen zu verkneifen. Um die Situation aufzulockern, denn sie schien ziemlich schüchtern, deutete ich auf ihren Oberkörper.
»Das Rosa hat dich verraten.«
Jetzt schmunzelte sie gelöst und schien dazu bereit, aktiv an einer Konversation teilzunehmen.
»Schön, dich kennenzulernen. Ich bin Nina.« Sie sagte es hastig und maß mich mit abwartendem, fast lauerndem Blick. Wenn ich sie kennenlernen wollte, musste ich ihr etwas dabei helfen, offener zu werden.
»Tomas mein Name und die Freude ist ganz auf meiner Seite.« Ich zögerte kurz, war nicht ganz sicher, ob ich weiter gehen sollte, entschied mich aber dafür und griff rasch und zielsicher ihre Hand. Diese drückte ich eher leicht, als dass ich sie schüttelte und strich sanft mit dem Daumen über ihren Handrücken. Nina neigte den Kopf ein wenig und sah zu meiner Hand hinab. Ich ließ ihre los und begann ein lockeres Gespräch über Musik. Nach einer halben Stunde wusste ich, dass sie 19 war, Schlagzeug spielte und im Verkauf arbeitete.
»Oh, da vorne kommt Patrick, mein Verlobter«, sagte sie ganz beiläufig und winkte selbigem. Nicht zwingend der Verlauf, den ich mir erhofft hatte, aber was brächte es nun, sich zu beschweren? Stattdessen begrüßte ich den Kerl freundlich und plauderte mit den beiden. Bei der nächsten günstigen Gelegenheit verabschiedete ich mich jedoch höflich und ging mit meiner Zeitschrift in mein Zimmer. Das fünfte Rad am Wagen wollte ich wirklich nicht sein. Der Abend sollte kommen und der hielt nicht nur ein bescheidenes Essen, sondern auch ein Wiedersehen mit Nina bereit. Bei der Zigarettenpause, die ich nach jeder Mahlzeit, so auch diesem Abendbrot, mache, kam sie gleich auf mich zu. »Sorry, dass ich dich vorhin so stehen ließ«, murmelte sie eher als dass sie es sagte.
Ich zog irritiert beide Brauen nach oben. »Du entschuldigst dich dafür, dass dein Verlobter dich besucht? Spinnst du?« Mit einem leichten Grinsen machte ich gleich klar, dass es nicht allzu ernst gemeint war. Sie bot mir eine Zigarette an, welche ich dankend annahm. Nina brauchte ein paar Minuten, um wirklich locker zu werden.
»Na ja, war eine blöde Situation. Genau genommen bin ich in meiner Beziehung sowieso ein bisschen unsicher und dann bist du noch dabei, verstehst du?«
»Hm, ehrlich gesagt nicht«, sagte ich und blies langsam den Rauch in die laue Abendluft.
Nina strich sich das Haar aus dem Gesicht und musterte mich nachdenklich.
»Wollen wir vielleicht ein bisschen spazieren gehen? Wir haben schon gegessen und eigentlich sollte niemand mehr etwas von uns wollen, oder?«
Es wäre eine glatte Lüge gewesen, hätte ich behauptet, dass mir dieser Vorschlag nicht absolut gelegen kam. Das Klinikgelände war sehr weitläufig und angelegte Wege mit Sitzbänken durchbrachen die großen Rasenflächen. Auf diesen Wegen machten wir uns also auf, das Gelände zu erkunden. Den leichtesten Einstieg in ein Gespräch bot unser Musikgeschmack. Dann schnitten wir jedoch auch andere Themen an und es dauerte nicht lange, bis wir bei Ninas Verlobtem landeten.
»Ich bin noch gar nicht bereit, mich an einen einzigen Mann zu binden«, gestand sie.
»Also willst du die Vorzüge dieser Beziehung, ohne dich um die Nachteile zu scheren?«
Meine Frage und sicher auch mein trockener Tonfall erschreckten sie offensichtlich ein wenig. Anscheinend befürchtete sie, sich mit diesem Geständnis ins moralische Abseits begeben zu haben.
So sah ich die Notwendigkeit, klärende Worte hinzuzufügen: »Damit kann ich leben.«
Ein erleichtertes Lächeln hellte Ninas Züge wieder auf.
»Da vorne ist eine schöne Bank, etwas abseits. Wollen wir uns da hinsetzen?«, schlug meine Begleiterin vor und ich nickte knapp. Die Idee hätte glatt von mir sein können. Kaum saßen wir, ging sie schon in die Offensive: »Was hier passiert, muss nie jemand erfahren. Wir werden uns hiernach wahrscheinlich nie wiedersehen.«
Ich blickte ihr tief in die Augen und dachte dabei über ihre Worte nach.
»Du hast Recht. Diese Gelegenheit sollten wir nicht verstreichen lassen.«
Ohne ein weiteres Wort legte sie die Arme um meinen Hals und die Lippen auf meine. Ich ließ mich auf den Kuss ein und brachte bereitwillig meine Zunge ins Spiel. Wir küssten uns lange, neckten uns gegenseitig. Meine Lippen erkundeten ihren Hals, ihre Ohrläppchen und den Nacken – hierauf reagierte sie besonders erregt – und fanden immer wieder ihren Mund, wo mich jedes Mal erneut diese roten, sinnlichen Lippen erwarteten. Während eines langen Zungenkusses sammelte ich meinen Mut und schob langsam eine Hand unter ihr Shirt. Dort erwarteten mich zwei nicht besonders große, jedoch feste und unverpackte Brüste. Nina stöhnte leise in meinen Mund, als ich Ihren linken Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und ihn mit sanftem Druck massierte.
Dann brach sie völlig unvermittelt den Kuss ab und fasste mir mit der rechten Hand in den Schritt. So viel zu der Schüchternheit, die ich ihr am frühen Abend noch unterstellt hatte. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als ihre Finger meinen bereits voll erigierten Penis ertasteten und dann sprach sie die magischsten Worte, die ich bis zu diesem Zeitpunkt von einer Frau hören durfte: »Scheiß auf
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