Je später der Abend
von Mondstern
Nicht alle Jahre wieder, sondern mindestens einmal im Monat war „Großkampftag“. Familie Müller zog es aus ihrem ruhigen, idyllischen Dorf in die große Stadt, um den Vorrat an Mehl, Bohnen, Salz und Kohle aufzufüllen.
Die Mädchen freuten sich, mal etwas anderes zu sehen, auch in der Hoffnung, sich etwas ergattern zu können. Jürgen liebte es, mit seiner Familie zusammen zu sein und nach dem Einkauf noch gepflegt amerikanisch Essen zu gehen – sprich: zu Burger King, und für mich war es Stress pur.
Da es schon den ganzen Tag regnete, hielt Jürgen direkt vor dem Eingang des gewaltigen Einkaufszentrums und ließ uns aussteigen. Er suchte einen Parkplatz und wir Frauen klapperten im Eingangsbereich die Regale mit den neuesten Filmen und Musik CDs ab.
Als ich nach einigen Minuten zum Eingang schaute, und noch überlegte, ob ich wirklich 15,95 Euro für einen Film ausgeben sollte, der spätestens in zwei Monaten in Premiere laufen würde, sah ich meinen Mann. Geschickt steuerte er den Einkaufswagen um einige wartende Passanten herum, und kam langsam näher. Sein Blick ruhte auf einem Stand mit den neuesten Computergames. Langsam ging er weiter. Zwei hübsche Frauen, in engen Jeans und mit langen Haaren, schlenderten an ihm vorbei und unauffällig nahm er sie ins Visier. Ich grinste und verbarg mich ein wenig hinter dem Regal. Die beiden Frauen bogen vom Hauptweg ab, als einer von ihnen plötzlich etwas aus der Hand fiel. Während sie sich bückte, und dabei den Hintern herausstreckte, hatte sie Jürgens ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich schüttelte den Kopf und erahnte, was in wenigen Sekunden passieren würde.
„Urplötzlich“ stand ein Betonpfeiler in Jürgens Weg. Laut krachte der Einkaufswagen gegen den Pfosten. Als ob das nicht genug wäre, knallte er auch noch mit dem Unterleib gegen die Kante des Wagens.
„Autsch! Voll in die Glocken!“, murmelte ich vor mich hin. Der arme Kerl krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht, streckte sich dann und atmete einige Male tief durch.
Er schaute sich um, wohl um abzuchecken, ob jemand sein Malheur mitbekam. Ich winkte ihm zu und kurz darauf stand er neben mir und küsste meinen Hals.
„Ehh - das kitzelt!“
„Ich weiß.“
„Wo warst du denn so lange, Jürgen?“, fragte ich scheinheilig.
„Ich habe euch gesucht!“
Ich lächelte. ‚Ah ja, so nennt man das heutzutage!’
Wir zogen los und besorgten die Artikel, die auf unserem Einkaufszettel standen und eine etwa doppelt so große Menge an Sonderangeboten, die psychologisch hervorragend positioniert waren und das Unterbewusstsein manipulierten.
Im Gang mit den Hygieneartikeln suchte ich schnell das Nötige zusammen und legte es in den Wagen. Dann standen meine ältere Tochter Sarah und ich vor dem Make-up Regal und überflogen geschwind das Angebot. Als wir uns nach nicht einmal 15 Minuten schon entschieden hatten, stand Jürgen gelangweilt am Wagen und las das Kleingedruckte eines Kartons, den er aus dem Einkaufswagen gefischt hatte.
„Applikator? Was ist das denn?“
„Eine Einführhilfe!“, erklärte ich und wollte ihm den Karton aus der Hand nehmen. Er zog ihn aber weg und begann vorzulesen.
„Sechzehn o.b. ProComfort … SilkTouch Oberfläche … Mini – ach wie süß!“
„Du bist ein Volldepp, Jürgen!“
„Wieso … was ist jetzt schon wieder?“
„Du darfst dich gern mit deiner Tochter und dem Thema Menstruation auseinandersetzen.“
„Oh! Ähh … Tut mir leid. Da bin ich ja voll ins Fettnäpfchen getreten!“
„Deine Tochter kann jetzt Kinder bekommen! Sie wird erwachsen. Denkst du eigentlich, dass es einfach für sie ist? Ich bemühe mich, ihr die Angst davor zu nehmen und du machst saudumme Witze …?“
„Jetzt brems dich mal wieder ein. Ich dachte das Zeug wäre für dich, sonst hätte ich garantiert nichts gesagt.“
Ich atmete tief durch und nickte. Dabei hätte ich ihm jetzt gern noch einiges vorgehalten, aber das wäre dann eher ein persönlicher Stressabbau gewesen und so ließ ich es.
„Für mich ist es auch nicht so einfach, dass sie langsam eine Frau wird!“
Ich schmunzelte:
„Eine Frau ist sie ihr ganzes Leben lang. Von der Geburt bis zu Oma.“
„Du weißt doch ganz genau, was ich meine, Frau Anja Müller! Ich red’ mal mit ihr.“
Eigentlich hielt ich das für keine gute Idee, aber Jürgen war immer schon der Typ, der gleich über alles reden wollte.
„Mama?“
„Hm?“
„Bekomme ich das auch mal?“
„Sicher Schatz, alle Frauen bekommen das!“
Immer noch in Gedanken sah ich zu der 11-jährigen Svenja, die mich entgeistert ansah. Sie hielt einen Prospekt in der Hand und zeigte auf ein neues Super Mario Spiel für die PlayStation. Ich musste lachen, nahm ihr den Prospekt aus der Hand und drückte sie an mich.
„Ist das Spiel gut?“
„Das ist der Hammer, Mama. Ich habe es bei Julia schon mal gespielt, und …“
Den Arm um seine große Tochter gelegt und mit jeder Menge Süßigkeiten versehen, kamen Sarah und Jürgen zurück, und die Welt war wieder in Ordnung. Wir beendeten den Einkauf, futterten ohne schlechtes Gewissen ein paar Hamburger im Fastfood Restaurant und fuhren schließlich nach Hause.
***
Sarah grinste schon auf der Heimfahrt. Zu Hause angekommen lockte sie Jürgen unter einem Vorwand in ihr Zimmer und ich wollte mir das natürlich nicht entgehen lassen. Jürgen fiel sprichwörtlich die Kinnlade runter, als er die neu gestaltete Wand sah und ich schmunzelte darüber, wie er sich um Toleranz bemühte.
In Sarahs Zimmer hingen die Poster einer – sagen wir es so – doch recht seltsam aussehenden Boygroup namens »Cinema Bizarre«. Am japanischen Visual Kei orientiert, waren die Musiker natürlich das Thema in den großen deutschen Jugendzeitschriften.
„Keine Sorge – ich steh nicht auf die, will bloß Dad etwas schocken!“, klärte sie mich schon am Vortag auf, und ich wunderte mich, wie viel Engagement und Zeit meine ansonsten so viel beschäftigte Teenagertochter für solch eine Momentaufnahme opferte.
Aus Sarahs Kinderzimmer war längst ein Jugendzimmer geworden. Außer durch die individuellen Gegenstände in den Regalen, fiel das hauptsächlich durch Unmengen von Postern verschiedenster Musik- und Filmgrößen auf.
Über ihre Poster an der Wand sage ich ja nichts, die an den Schränken mag ich nicht, ignoriere sie jedoch, aber an der Außenseite ihrer Zimmertür, die meiner Ansicht nach zu Flur gehört – nach einem kurzen aber heftigen Mutter-Tochter Gespräch, sah es Sarah ein, und die Sache war erledigt. Während bei der 11-jährigen Svenja noch Bilder mit Tieren oder Harry Potter Poster hingen, wechselten die Stars bei der 13-jährigen Sarah wöchentlich. Abgesehen von den vier Magdeburger Jungs, die ihr ein und alles waren und denen eine ganze Wandseite zur Verfügung stand.
Jürgen schaffte gerade noch so ein „Äh – ja – äh - gut“ und verließ irritiert das Zimmer. Meine Große rieb sich die Hände und ich ließ einen Moment meinen Blick über die Kommode wandern, die durchaus an einen Heiligenschrein erinnerte. Ein kleiner Glasrahmen mit einer Eintrittskarte und einem Gekritzel, das mit viel Fantasie als Autogramm durchgehen konnte …
Erwachsene denken in Jahren, Teenies in Monaten – wer weiß schon, wie lange die Euphorie für die Band anhalten wird? Auf jeden Fall war es ihr sehr wichtig, und ich erinnerte mich daran, wie Jürgen vor ein paar Wochen über einen der Zwillinge lästerte und ich mich auch noch daran beteiligen musste.
Mit Tränen in den Augen war Sarah vom Esstisch aufgestanden und in ihr Zimmer gerannt. Wir sahen uns entgeistert an, und erst meine jüngere Tochter öffnete uns die Augen.
„Ihr seid ziemlich fies zu Sarah. Sie macht sich doch auch nicht über Sachen lustig, die euch gefallen!“, musste uns eine 11-Jährige klarmachen.
Peng!! Das saß, das war deutlich. Um uns zu entschuldigen, besorgte Jürgen über einen Bekannten Konzertkarten, und ich erklärte mich bereit, sie abends in die City zu chauffieren. Sie freute sich riesig, traf sich vor der Halle mit Freundinnen, während ich wie ein aufgescheuchtes Huhn auf dem Vorplatz der Konzerthalle nervös auf und ab lief.
„Das Töchterchen zum ersten Mal auf einem Tokio Hotel Konzert?“
Ein weißhaariger Mann mit gepflegtem Vollbart sah mich durch eine runde Nickelbrille lächelnd an.
„Das Töchterchen zum ersten Mal überhaupt bei einem Konzert!“, meinte ich.
„Das habe ich Ihnen an der Nasenspitze angesehen. Wir haben drei erwachsene Söhne und noch eine Nachzüglerin. Ich dachte ich wäre ruhiger, aber ich sitz auch schon stundenlang im Auto und Sie fielen mir auf … Wollen wir da hinten im Bistro einen Kaffee trinken? Vor 22 Uhr kommt hier sowieso niemand raus.“
So verging die Zeit wie im Fluge, und ich unterhielt mich prächtig mit dem älteren Familienvater über die großen und kleinen Sorgen des Nachwuchses. Zuletzt musste ich sogar noch zum Auto spurten, wo Sarah schon wartete …
***
„Ich muss telefonieren!“, erklärte mir Sarah augenzwinkernd und fuchtelte mit ihrem Handy herum. Ein deutliches Indiz, dass ich ihr Reich verlassen sollte, und auch Svenja hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen.
So verstaute ich noch schnell die Lebensmittel und ließ das Badewasser einlaufen. Ich zündete ein paar Teelichter an, legte die Handtücher bereit, holte mir einen kalten Orangensaft aus dem Kühlschrank - und natürlich auch meine Lucky Strike, auf die ich mich schon freute.
Da Zeit kostbar war, und das Wasser von alleine einlief, nutzte ich die paar Minuten, um die Wäsche aus dem Trockner zu holen und zusammenzulegen. Dank dieses Geräts war das lästige Bügeln oft überflüssig geworden.
„Wow! Was seh’ ich denn da!“
Jürgen hatte inzwischen Getränke und Vorratspackungen im Keller verstaut und stand plötzlich neben mir. Er nahm etwas vom Stapel mit der zusammengelegten Wäsche und fuchtelte mir damit vor der Nase herum.
„Das ist ja der absolute Hammer. Die Bändel haben mehr Stoffanteil als das winzige Dreieckchen! Aber seit wann kaufst du dir rote Strings?“
Verwirrt sah ich ihn an, und just in dem Moment, als er im Begriff war, den Tanga vor sein Gesicht zu heben, um daran zu schnuppern … griff ich an seinen Arm.
„Schatz! Tu das nicht. Wenn ich auch nicht nachvollziehen kann, wieso ihr das überhaupt macht, aber …“
Er sah mich verwundert an. Ich zuckte mit der Schulter.
„Der gehört Sarah!“
Jürgen ließ vor Schreck beinahe das Höschen fallen und schnappte nach Luft.
„Meine Tochter trägt so was?“
Ich packte den Stapel und trug ihn in Sarahs Zimmer, die kichernd ihrer Freundin von der Posteraktion berichtete. Jürgen stand immer noch auf dem Flur und sah mich geschockt an.
„Schatz! Mund zu! Sie wird 14!“
„In einem halben Jahr! Wo hat sie dieses Zeug her? Wusstest du das? Wieso weiß ich nichts davon?“
„Der Typ mit dem langen Mantel und den Original-Armbanduhren von Cartier und Rolex verkauft jetzt neuerdings auch Unterwäsche.“
„Sehr lustig! Ich kann’s gar nicht glauben, dass du ihr so etwas kaufst!“
„Sie hat ihn sich von ihrem Geld gekauft! Außerdem empfehle ich dir, mal ein paar Gänge runterzuschalten!“
Obwohl das eigentlich ein ernstes Thema war, und ich schon lange mal mit ihm darüber reden wollte, musste ich über seinen Gesichtsausdruck doch grinsen. Er suchte nach passenden Worten.
„Ja aber, … wozu? Für was …?“
„Mann, Jürgen. Mach doch keinen Aufstand! Wenn überhaupt, bin ich schuld. Du hättest das gar nicht erfahren dürfen!“
„Wieso darf ich das nicht erfahren?“
„Weil du dich blöd und kindisch verhältst!“
„Weil ich mir Gedanken über meine Kinder mache?“
„Tut mir leid! Ist meine Schuld, dass Sarah ihr Geld nicht für Alkohol und Drogen ausgibt.“
Die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass wir jetzt eine abendfüllende Grundsatzdiskussion über funktionelle Unterwäsche führen würden, war, es ins Lächerliche zu ziehen. Weil es das im Grunde ja auch war. Es reichte bei manchen Punkten, wenn die Mutter Bescheid wusste …
„Ich glaub ich brauch ein Bier!“
Während er sein Ritual – artgerechtes Einschenken des kalten Gebräus in ein Weizenbierglas - zelebrierte, zog ich mich schon mal aus und kletterte in die Badewanne. Auch wenn er erst mal Ruhe gab, das Thema wird mich noch einige Tage fordern, allerdings werde ich auf seine Einwände vorbereiten sein …
Ich streckte ich mich in der Wanne aus und ließ heißes Wasser nachlaufen, als der halb nackte Mann mit dem Bierglas vor mir stand.
„Heeyy! Wo ist dein Platz, Maus?“
„Wo steht, dass das dein Platz ist?“
Die meisten Wannen haben eine abgeflachte bequeme Seite und die gegenüberliegende mit dem Drehknopf für den Abfluss. Murrend machte ich mich daran, zu eben dieser fast senkrechten Seite zu wechseln, und der gnädige Herr frohlockte über seinen kleinen Sieg. Er zog sich aus - und kaum war sein Fuß in der Wanne …
„Arrrrgh! Soll ich mich verbrühen?“
„Weichei!“
„Nix Weichei! Wenn ich liege, kannst du heißes Wasser nachlaufen lassen, aber nicht schon vorher, das weißt du doch ganz genau … spreche ich eigentlich manchmal ägyptisch?“
Ich grinste vor mich hin, beobachtete, wie er unglaublich umständlich sein Glas abstellte und sich hinsetzte. Es dauerte immer eine Weile, bis wir unsere Beine richtig ausgerichtet hatten, und jeder bequem lag - fast jeder, da einer ja ständig den Stöpsel im Kreuz hatte …
„Das war ein Witz! Stimmt’s?“, meinte er plötzlich.
„Bitte?“
„Das mit den Postern! In Sarahs Zimmer!“
„Ich weiß nicht, was du meinst, Schatz.“
„Oh doch, ihr haltet doch immer zusammen, wenn es darum geht, mich zu verarschen“, zwinkerte Jürgen mir zu.
„Aber nein, so etwas würde ich nie mitmachen. Sarah ist halt dein Fleisch und Blut und …“
„Und ihren seltsamen Humor hat sie definitiv nicht von mir!“
***
Ich musste grinsen und erinnerte mich an den gestrigen Tag, als ich Jürgen in der Garage aufsuchte, um mich zu erkundigen, ob es zeitlich mit dem Essen hinkäme. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Die Werkbank war mit zerlegten Motorteilen geradezu übersät.
„Klappt´s?“, fragte ich dennoch.
Dann dieser Blick, als ob ich eine Außerirdische wäre, die sich im Universum verirrt hätte.
„Wenn ich für eine Arbeit mit 8 Zeitwerten gerade bei 20 angekommen bin, was sagt dir das?“, antworte Jürgen gereizt.
„Nix! Tschüss Schatz!“
Beim Abendessen, das Jürgen dann „leicht“ zeitversetzt alleine einnahm, saßen seine drei Frauen mit am Tisch und unterhielten sich über alltägliche Dinge. Sarah erklärte uns eine ihrer merkwürdigen Theorien zum Thema »die Rechte einer 13-Jährigen«, und Jürgen hörte gespannt zu. Dass der arme Kerl sich beim Arbeiten auch noch den Finger eingequetscht hatte, tat seiner guten Laune keinen Abbruch. Bis er dann doch, sichtlich gereizt, eine Zwischenfrage an Sarah stellte.
„Sag mal, bist du eigentlich jetzt völlig verblödet?“
„Höchstens zu 50 Prozent, weil die Hälfte meiner Gene von Mama sind!“, antwortete sie schlagfertig, und ich musste laut lachen. Dann war eisige Stille, und Jürgen sah mich vorwurfsvoll an.
„Sorry Schatz, aber du musst zugeben – der Spruch war cool!“
„Danke Mom!“, meinte Sarah, die nicht eine Miene verzog, und reichte mir ihre Hand, um abzuklatschen. Jürgen schüttelte nur den Kopf, stammelte was von „Weiber“ in seinen Bart und hielt sich aus weiteren Gesprächen raus.
***
„Woran denkst du, Anja?“
„An gestern. Mir gefällt ihr Humor“, meinte ich grinsend, steckte die Lucky Strike an und trank einen Schluck von meinem Orangensaft.
„Sportlerin und rauchen!“
Ich überhörte es einfach. Schließlich war das Badezimmer der einzige Ort in der Wohnung, wo ich überhaupt noch rauchte, vom Balkon abgesehen, der aber bekanntlich außerhalb liegt.
„Wenn man aufhören will, muss man das schlagartig machen! Von heut auf morgen!“, erklärte mir mein Mann, bestimmt zum 284. Mal.
Da ich aber gar nicht aufhören wollte, gern rauche und mein Pensum auf fünf Zigaretten am Tag deutlich heruntergeschraubt hatte, antwortete ich einfach mit einer Geste.
Ich schnippte mit dem Finger über die Wasseroberfläche und Jürgen rieb sich den Wassertropfen aus dem Auge.
„Auch ein Argument, Maus! Wer nicht diskutieren kann, greift halt zu gewaltsamen Mitteln.“
„Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“
„Sagte Clausewitz, ich weiß, aber … und außerdem … und überhaupt …“
Da ich aber mit keinem Wimpernschlag auf sein Gerede einging, wurde es ihm dann wohl auch zu blöd und er wechselte das Thema.
„Übrigens, Maus. Geile Titten!“
Ich verschluckte mich fast am Saft, schmunzelte und wunderte mich immer wieder, wie schnell Männer zu ihrem Lieblingsthema übergehen konnten.
„Die kleinen Dinger?“
„Niedliche, schnuckelige Tittchen sind das! Da würde ich jetzt gern dran nuckeln!
„Nuckel an deinem Bier!“
„Das Bier kommt erst an dritter Stelle, Maus“
„Und was kommt vorher …?“
Das Telefon läutete. Jürgen zuckte zusammen.
„Lass klingeln!“
„Könnte was Wichtiges sein!“, erwiderte ich, und begann mich aufzurichten.
„Dann sollen die später anrufen. Ich bin doch nicht der Sklave des Telefons!“
„Es ist ja auch nicht für dich, sondern für mich!“
Das Aussteigen aus einer mit zwei Personen belegten Wanne ist gar nicht so einfach. Ich legte mein linkes Bein über den Rand und stemmte mich mit den Händen hoch. Dabei war es nicht zu vermeiden, dass die Beine gespreizt waren, mein Mann seinen Kommentar dazu gab, und der obligatorische Klaps auf den Hintern durfte auch nicht fehlen.
Ich erwartete einen Anruf meiner Schwester und war erfreut, mal wieder etwas von einer Freundin zu hören. Nach fünf Minuten vertröstete ich sie auf später und hüpfte schnatternd in die Wanne zurück.
„Mit den aufgerichteten Nippeln sind deine Tittchen noch süßer, Maus!“
Ich verdrehte die Augen und ließ heißes Wasser nachlaufen. Der ganze Raum war vernebelt, und durch das Kerzenlicht sah es irgendwie – gespenstisch aus.
„Mir ist heute etwas Superpeinliches im Büro passiert!“
Jürgen sah mich an - und ich ihn auch mit diesem »Na, jetzt frag halt nach«- Blick. Endlich bemühte er sich.
„Und was?“
„Kann ich dir nicht sagen! Zu krass.“
Er richtete sich leicht auf.
„Jetzt sag schon!“
„Besser nicht, du lachst mich aus!“
„Anja! Du hast es super drauf, mich wahnsinnig zu machen.“
„Okay, aber nicht lachen. Ich war auf dem Klo und – so irgendwie – ich weiß auch nicht, wie das passiert ist, aber ich war wohl etwas zu schnell und …“
„Häää?“
„Männer! Ich war pinkeln und dabei ist etwas in meine Unterhose gegangen!“
„Wie geht das denn?“
„Das sagte ich doch eben – ich weiß selbst nicht so genau!“
„Du hast dir in dein Höschen gepisst?“
„Nein. Ja. Ich bin wohl aufgestanden und war noch nicht fertig!“
Nachdem er sich von seinem Lachanfall wieder etwas beruhigt hatte …
„Ja und dann?“
„Hab’ sie ausgezogen und weggeworfen!“
„Du hast deinen Slip weggeworfen?“
„Meinst du, ich zieh das nasse Ding noch mal an?“
„Wieso hast ihn nicht mit heimgenommen …“
„Weil ich in den seltensten Fällen mit meiner Unterwäsche in der Hand durchs Büro laufe.“
Ich konnte förmlich hören, wie die Zahnräder in Jürgens Gehirn ineinandergriffen und sich zu drehen begannen.
„Du bist dann ohne Höschen …?“
Ich zuckte mit der Schulter.
„Wow! Geil! Und wie war’s?“, war seine Neugierde geweckt.
„Blöd! Laufend ist mir der Zwickel der Naht in den Schritt gerutscht und …“, erklärte ich ihm sachlich, hielt dann aber inne. „Was gibt’s da eigentlich so blöd zu grinsen?“
„Nichts. Ich stelle es mir nur grad bildlich vor. Hat es jemand mitbekommen?“
„Sicher! Ich habe sofort eine Rundmail an alle Kollegen geschrieben.“
„Was für ein Höschen war’s denn? Hoffentlich keines von meinen Lieblingen!“
„Nein, so ein älteres. Schon leicht ausgeleiert!“
„Du ziehst so was ins Büro an?“
„Das sieht doch niemand!“
„Das ist ja gruselig. Du hast es dann einfach so weggeworfen?“
„Hätte ich es ins eBay setzen sollen?“
„Na hoffentlich fand es niemand.“
„Wer sollte es finden? Meinst du, Frauen durchsuchen den Mülleimer nach getragenen Slips? Und wenn, der Bund war so ausgeleiert, da kommt niemand drauf, dass der der Frau Müller gehörte. Könnte vom Umfang her meiner Mutter passen.“
Jürgen schüttelte sich.
„Was haste gegen meine Mama?“
„Nichts Schatz. Nur, dass ich jedes Mal Angst habe, dass sie unseren Kühlschrank leer frisst …“
„Sie macht Diät, trinkt nur Tee und …“
„Die Wievielte ist das gleich wieder?“
„Erst die 428ste. Und jetzt Schluss mit Witzen über die Figur meiner Mutter, sonst raucht’s!“
„Ja, Madam!“, meinte er grinsend und salutierte albern wie Männer, die das eben lustig finden.
Eine Zeit lang sahen wir uns nur in die Augen. Ich spürte förmlich, wie er sich über das vorherige Gespräch Gedanken machte.
„Das war ein Witz!“
„Nee! Ist mir echt passiert!“
„Ja klar, das glaube ich schon, aber das mit dem ausgeleierten Höschen. Das glaub ich nicht.“
„Guten Morgen, Schatz! Bist aber ruckzuck drauf gekommen“, grinste ich ihn an.
„Ich find das supergeil, wenn du deine dünnen Sommerhosen trägst und man darunter die Konturen des Strings sehen kann.“
„Nicht nur du! Meinen Kollegen gefällt das auch. Übrigens, ich muss dir noch was erzählen … ich war heut Nachmittag kurz bei Andrea. Im Hintergrund lief natürlich wieder die Glotze. So ne Talk-Show, Oliver Geissen oder wie der heißt. Da war eine, die ihrem Verlobten einen Heiratsantrag gemacht hat. Nur ein Schleier auf dem Kopf und in Dessous – live im Fernsehen!“
„Hmm, lecker.“
„Sie wog 160 Kilogramm!“
„Hmm, geil. Sah bestimmt supergut aus.“
„Dann kann ich ja beruhigt noch 110 Kilo zunehmen!“
„Gern! Würde mich interessieren, wie du mit etwas mehr Körperfülle aussiehst! Wie viel hast du eigentlich gewogen du, als du schwanger warst?“
„Geheim!“
„Jetzt komm, Maus. Oder soll ich schätzen?“
„Das Gewicht seiner Frau zu schätzen, hat schon mittlere Ehekrisen ausgelöst.“
„Jetzt hilf mir halt. Wie viel hast du zugenommen?“
„Bei beiden gleich viel!“
„Anja!!!“
„Sechzehn Kilo.“
Jürgen begann die neue Information in seine Rechnung einzubringen und sah mich dann freudig an.
„66 Kilogramm.“
„Fast. Eins weniger.“
„Ich bin gut, gell Maus?“
„D
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Kommentare
(AutorIn)
Kommentare: 441
Mondstern
Vielen Dank für die netten Kommentare. Bedenkt bitte - sie steht absichtlich in der Rubrik "Partner" und erfordert schon ein wenig Geduld beim lesen - eben gemäß dem Titel :-)
Den Zeilenabstand machte ich, damit das Lesen am Monitor übersichtlicher wird. Eine "Druckversion" würde etwas anders aussehen. Nachdem ihr jetzt auch wisst, dass ich mich bei "Games" gar nicht auskenne ...
Die Frage mit den Kids liegt mir noch am Herzen. Natürlich bekommen die Kinder nichts mit !!! Während der "Badeszene" waren sie in ihren Zimmer ... das die Eltern sich lieb haben, das gehört dazu, das sollen, müssen sie auch wissen und vor allem auch respektieren. Die andere Szene spielt ja nach 23 Uhr - definitiv Schlafenszeit in dem Alter - Versäumt habe ich zu erwähnen, das die Kinderzimmer auf einer anderen Etage liegen - und man Türen auch abschließen kann ;-)
LG Mondstern«
Kommentare: 136
Der XXX-Zine
Und wieder eine schöne Geschichte, mit viel drumherum und nicht dem profanen 'Reinundraus'.
Herrliche Dialoge, von denen sich viele andere 8'er Geschichten eine gehörige Scheibe abschneiden könnten.
«
Kommentare: 88
Frech, direkt und doch alltäglich.
Immer wieder eine Freude, Deine Stories zu lesen.
helli61«
Kommentare: 66
HG1
Meiner Meinung nach könnte es etwas weniger leere Zeilen haben, stören etwas den Lesefluss. Würde sie nur einsetzen, wenn die Szene wechselt. Sonst sehr schön geschrieben. Was ich mich allerdings frage: Bekommen die Kinder nichts davon mit? Oder ist es egal?
mfg, HG1 (der sehnlichst auf das Einlesen von Söldnerleben 2 wartet)
PS: Sind die Mario-Spiele nicht mehr Nintendo-only?«
Kommentare: 178
KLASSE«
Kommentare: 9
nur noch ein bischen direkter und frecher
aber ansonsten Gut
Pinki15@gmx.de«
Kommentare: 35
nach langer Zeit bin ich heute mal wieder dazu gekommen eine Gesichte von dir zu lesen. Ich muss sagen sie war so super gut wie immer. einfach so wie ich dich kenne. Ich finde es klasse wie du so ausführlich alles beschreiben kannst. Die Steigerung in der Geschichte war einfach klasse. Du bist und bleibst einfach super.
Wolfgang
«
Kommentare: 105
catsoul
ich kann nur eins sagen: Danke!
Danke für die Erwähnung meines, nein unseres, Forums Buchstabeninsel.de ... danke für die vergnügliche Zeit, die ich beim Lesen deiner Geschichte verbracht habe und danke für deine Freundschaft!
Liebe Grüße
cat
P.S.: Ein paar Mal hast du die Zeit gewechselt und ab und zu fehlte ein Buchstaben, fällt aber kaum auf. ;-)
«
Kommentare: 40
skipp20
Skipp«
Kommentare: 246
Kommentare: 38
Jeremy Kottan
Sehr schööönn!!!
Hat Spaß gemacht, deine Story zu lesen. :-)
JeKo
«
Kommentare: 34
einfach herrlich deine Einblicke ins Familienleben und lehrreich deine Details über die Pubertät von Mädchen (oder jungen Frauen?)...
Du hast ferner eine unglaubliche Ausdauer die Vorgeschichte ausführlich zu gestalten, bevor Du zum erotischen Teil kommst...Lächel
Dieser ist dann für sich ein echtes Leseerlebnis weil er offensichtlich nicht nur auf das Eine zielt, sondern mit viel Liebe zum Detail ein Gesamtkunstwerk darstellt, welches eben auch die Sinne anderer in Wallung bringt.
Bussi und weiter so.
Tom«
Kommentare: 12
Kommentare: 52
Kommentare: 88
«
Kommentare: 32
wie immer eine tolle Geschichte.
Liebe Grüße
Georg«
Kommentare: 14
wie immer gefällt mir die sehr realistisch gezeichnete Beziehung der beiden Hauptpersonen besonders gut. Und schön erzählt!«
Kommentare: 27
Kommentare: 13
Gruß Final«
Kommentare: 18
liebe Grüße und weiter so!
Heinz«
Kommentare: 152
TetraPack
Da wäre mir beinahe wirklich ein großer Lesegenuss entgangen. Die Story ist frisch, flüssig und erotisch. Weiter so.
Gruß
astweg«
Kommentare: 38
Danke > eine perfekte Kurz Story !
Beim Lesen bekamen wir schon Lust auf mehr !!! ;o)
MEHR DAVON !«
Kommentare: 7
LG SaschaG«
Kommentare: 57
Wie gewohnt von Dir, einfach wieder eine tolle Geschichte.
Das Highlight war jedoch für mich das chatten, grins.
Du weißt ja , das ich das mag.
Gruß Stef«
Kommentare: 11
sehr gut zu lesen und auch nachzuvollziehen !!
gefällt mir wirklich sehr !!«
Kommentare: 18
desto überraschender der Morgen!"
Endlich komme ich mal dazu auch ein paar Geschichten von dir zu kommentieren!
Wieder einmal sehr Detailverliebt,
wie gewohnt, unerwartet, frech, dabei so nachvollziehbar das man nach dem lesen der Meinung ist,
es doch erwartet zu haben!
Sehr frei raus, jedoch brav umschrieben!
Du lässt den Leser sehr viel in seinem Kopf ausmalen und gibst an anderer Stelle doch sehr viel Details Preis,
was mich als Leser dann völlig erregt,
nur du es scheinbar geniest,
die Oberhand zu haben,
es so weit hinaus zu zögern,
um das Augenmerk im Moment voller Erwartung doch eine andere Fügung zu geben!
Obwohl diese Geschichte diesesmal nicht ganz so Sprunghaft ist wie manch andere.
Hat Sie mich gefesselt,
und bei jedem erneutem Lesen mehr von sich offenbart!
Bitte mehr davon!
LG J«
Kommentare: 31
das war wieder mal eine anregende geschichte und du weißt wie du die Männer um den Verstand bringst;-) lg«
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Kommentare: 27
Kommentare: 19
Wir bekommen Einblicke in den Alltag der Autorin,
begleiten sie und ihren Mann beim Entspannen und dann
steigt der sexuelle Anteil. Anja überrascht mich mit ihren
Wünschen und Fantasien und läßt uns sogar ihrem Besuch am
Hintertürchen teilhaben. Hat mir sehr viel Lust bereitet und
mich nach dem Lesen in ähnlicher Stimmung zurückgelassen.
Danke dafür.«