Julia und der Traumprinz, Teil 1
von EviAngel
Der Traumprinz ritt auf einem weißen Pferd durch den Morgennebel auf die Prinzessin zu. Sie saß auf einem Stück Wiese mitten im Moor, die Nebelfetzen wehten um sie herum. Der Prinz reichte ihr seine weiß behandschuhte Hand, um die Prinzessin hinter sich aufs Pferd zu setzen.
„Komm, Schatz!“, weckte mich die Stimme meiner Mutter, „Guten Morgen! Es ist Zeit!“
Der Prinz verschwand und mit ihm das Pferd, der Morgennebel und die Prinzessin.
Ich stand auf, schlüpfte in meine Sachen und machte mich im Bad frisch. In der Küche setzte ich Kaffee auf, eilte in den Melkraum, zog den Kittel und die Gummistiefel über und machte mich im Stall an die Arbeit.
Der Prinz sah aus wie Pascal und mit seinem Dreitagebart fand ich ihn wunderschön.
Hach was war der schön!
Die Prinzessin sah aus wie ich, mit kleinerer Nase und größerem Busen.
Den Traum kann ich manchmal über den ganzen Tag verteilt weiter träumen. Manchmal hat sie einen Schleier, Handschuhe, Strümpfe und Schuhe an, alles in weiß, sonst nichts.
Meine Tagträume, vor allem um die Tage meines Eisprunges herum, haben mittlerweile kaum noch vorstellbare Dimensionen angenommen, Dimensionen, die mir die Röte ins Gesicht treiben. So verderbt sie sein mögen, so sind sie für mich doch unwiderstehlich.
Zum Beispiel: Während einer Schulstunde, bei der es um die Hexenverfolgung ging, wurde uns eine Zeichnung gezeigt von einer als Hexe verdächtigten Frau, deren Handgelenke an die Fußfesseln gebunden waren. Die Frau war nackt und lag auf einer Matratze.
In einem der Tagträume, für die ich mich sehr schäme, die jedoch fast ohne mein Zutun meine Gedankenwelt beherrschen, lag ich auf diese Art gefesselt in einer Fernfahrerkneipe, ich konnte meine Knie nur kurze Zeit beieinander halten, bis die Anstrengung zu groß wurde. Dann klafften meine Beine auseinander, so dass jeder mein Innerstes sehen konnte und alle steckten ihre Glieder oder sonst etwas in mich hinein. Ich konnte mich nicht bewegen. Gut, ich hätte die Beine noch etwas länger zusammen kneifen können, jedoch nicht für lange. Außerdem wollte ich gar nicht zusammenpressen, ich wollte ausgeliefert sein.
Diese Träume verfolgten mich den gesamten Tag. Immer, wenn ich zur Ruhe kam, in der kleinsten Pause oder während eines langweiligen Unterrichtes träumte ich weiter.
Um am Abend nach einem solchen Tag überhaupt schlafen zu können, musste ich mir mit meinen Fingern Erleichterung verschaffen. (Ich hoffe, dass niemand diese Zeilen jemals liest.)
Während ich die Tiere fütterte ließ ich meine Gedanken schweifen. Das liebe ich an dieser Arbeit: sie ist sinnvoll und ich kann dabei träumen.
„Beeil dich, Schatz, denk an die Kleinen!“, mahnte die Stimme meiner Mutter nach einiger Zeit. Ich kippte den Rest des Futters aus der Schubkarre in den Trog für die Tiere, stellte die Karre ab, tauschte meine Arbeitskleidung mit meiner Straßenkleidung und eilte in die Küche.
Ich hörte meine kleinen Brüder hinten toben, deckte rasch den Tisch und machte mich daran, ihre Pausenbrote zu schmieren.
Bubi hupte.
„Tschau Mam!“, rief ich, schnappte meine Tasche und rannte über die Diele auf den Hof zu dem schwarzen Boxter, der dort auf mich wartete.
„Moin Tante Ju. Musstest du erst eine Kuh besamen oder warum lässt du mich hier stundenlang warten?“
Ich habe vielleicht 30 Sekunden gebraucht, von ihrem Hupen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich im Auto saß. Sie grinste mich mit ihrem entwaffnenden Lächeln unverschämt an. Auf Bubi kann ich nicht sauer sein, jedenfalls nicht lange. Wenn sie dich mit ihren strahlend weißen Zähnen unter den dunklen, blitzenden Augen anstrahlt, hast du keine Chance. Außerdem finde ich es nicht schlimm, wenn sie mich ein wenig vernatzt, Bubi darf das.
„Boah, siehst du heiß aus!“, bewunderte ich sie spontan. Sie hatte ein weißes Top und weißen Rock an, die auf ihrer braunen Haut super zur Geltung kamen. Ich fand sie sehr sexy. Allerdings würde man mich in dieser oder ähnlicher Kleidung auf der Straße nicht sehen, so war ich einfach nicht. Zu Bubi passte es, sich sexy zu geben, für mich passte es, unauffällig auszusehen. Wir sind unterschiedliche Typen.
„Du nicht!“, gab sie trocken zurück, „Du siehst wieder typisch Bohnenstange aus!“
Obwohl sie es oft sagte, traf es mich. Warum sagt sie das? Ich hatte meine ganz normalen Sachen an.
„Wir zwei müssen unbedingt mal zusammen einkaufen gehen!“, sinnierte sie, während sie den Wagen rasant über den geteerten Wirtschaftsweg lenkte, der von unserem Hof in die Stadt führte. Ich fasste das als eine Drohung auf, denn was ich dann einkaufen würde, konnte ich an dem ablesen, was sie uns immer vorführte. Ihr standen sexy-Sachen, die bei mir unvorstellbar waren.
Ein Trost blieb mir jedenfalls: ich könnte die Sachen wahrscheinlich umtauschen.
So dachte ich und lächelte vor mich hin.
„Was gibts denn da zu grinsen?“, fragte sie neugierig.
Ich wollte lieber das Thema wechseln, als eine ehrliche Antwort zu geben:
„Und, wie fühlst du dich?“, so sprach meine Mutter mit meinem Opa, mir fiel leider nichts besseres ein.
„Na, frisch gefickt am besten!“, Bubi schaute dabei auf die Straße.
Ich boxte ihr, halb im Ernst, auf den Arm und sagte lachend.
„Mensch, Bubi!“
Wie sie es sagte, war es auch noch wahr!
„Musst du denn so ordinär sein?“, fragte ich sie ernsthaft.
Sie antwortete mir in eifrigem Ton:
„Mensch, Schatz, du ahnst nicht, was du durch deine Prüderie alles verpasst!“
„Was?“, was hatte das jetzt mit mir zu tun? „Prüderie? Ich soll prüde sein?“, empört war ich, aber doch nicht prüde!
„Na, mit wie vielen Jungs hast du es denn getrieben, bisher? Wer ist dein Lover?“
Sie schaute mich so lange an, bis ich befürchtete, dass sie die nächste Kurve übersehen könnte.
Ängstlich wies ich auf die Straße.
„Die Liebe ist das Wundervollste auf der Welt!“, sie blickte wieder auf die Straße, “und du entziehst dich!“
„Ich entziehe mich?“, ich musste an mich halten.
„Son Quatsch! Ich entziehe mich! Wie viele Jungs muss ich denn gehabt haben, um nicht prüde zu sein?“
Statt einer Antwort stellte Bubi das Radio lauter und zündete sich eine ihrer unmöglichen Zigaretten an.
Gekränkt schaute ich aus dem Fenster. Ich prüde? Die hat leicht reden!
Meine Mutter sagte immer: „Wird schon kommen, nur nicht brummen!“, wegen dieses Versprechens übte ich mich in Geduld.
Sicher wollte ich einen Freund, sicher würde ich auch mit einem Jungen schlafen, sicher. Das war wahrscheinlich keine große Sache es zu tun, wenn es so ist, wie alle davon redeten. Aber doch nicht jetzt schon. Ich doch nicht. Eilt doch nicht!
Außerdem lag das ja wohl nicht an mir! Denn den Jungen brauchte ich auch schon dazu! Pascal war der Mann meiner Träume und der, den das Schicksal für mich vorgesehen hatte. Und der kam irgendwie nicht aus dem Quark.
Bubi erzählte mir früh, dass sie es gemacht hätten, sie und ihr Lover und das es ja so toll gewesen sei und vertiefte sich in alle Einzelheiten. Sie war so begeistert, dass man neidisch werden konnte.
Sie fand in mir eine interessierte Zuhörerin, dabei war ich nicht neidisch, jedoch hinterließen die Schilderungen ihre Spuren bei mir: ich wurde immer heißer auf mein erstes Mal.
Ich freute mich schon drauf, auf all die schönen Dinge, auf den geilen Sex und die vielen Handgreiflichkeiten, die bei mir immer noch unter 'unanständig' liefen, aber nach Bubis Aussage in einer Beziehung ganz normal waren und zum gegenseitigen Vergnügen ausgeführt wurden. Beispielsweise den Jungen an seinem Ding anfassen. Allein der Gedanke machte mich verrückt.
Wir erreichten den Hof mit Müh und Not ... Bubi parkte frech auf dem Lehrer-Parkplatz.
Wie immer waren wir fast zu spät. Für Bubi reichte es, knapp in der Zeit zu sein, ich bin lieber eher da. Lieber eine Viertelstunde zu früh, als eine Minute zu spät.
Unser Schulzentrum umfasste einen Innenhof, der von sämtlichen Schulen zu den Pausen genutzt wurde, auch von den Berufsschulen. Es gab jeden Tag eine Berufsschulklasse mit Maurern, aber diese 5 Jungs stachen durch ihre ordinäre Art besonders hervor und sie waren jeden Dienstag da. Sie liefen regelmäßig hinter mir her und gaben blöde Sprüche von sich.
„Hast du n Busen gesehen?“ fragte der eine laut hinter mir.
„En watt?“, gabs die doofe Gegenfrage.
„Titten!“, folgte die Erklärung
„Ach, Titten? Nee, gibts hier nicht!“
„Hast du n Arsch gesehn?“, folgte die nächste blöde Frage. Immer alles so laut, dass es der halbe Schulhof mitbekam.
„N Arsch?“, die doofe Antwort.
„Ja, so rund und geil!“
„Ach n richtigen Weiberarsch meinst du? Nee, den gibts hier nicht!“
„Was haben wir denn dann?“
„Weiß auch nicht. Vielleicht ne Bohnenstange?“
Sie lachten laut wiehernd.
„Sieht so aus, ja, ne Bohnenstange!“
Nochmals Riesengegröhle.
So ging es in einer Tour. Sie hörten schon deswegen nicht auf, weil ich mich wand wie eine Schlange, denn ich schämte mich wie verrückt. Meine Wangen brannten, sie mussten hell leuchten. Allerdings konnte ich nicht einfach weg gehen, ging nicht.
Manchmal begegnete ich ihnen auch. Der Rothaarige streckte seine Zunge heraus und spielte mit der Zungenspitze in rasender Geschwindigkeit. Der Junge hatte etwas von Obelix, er war groß und stark, allerdings ohne dick zu sein.
So einen könnten wir auf dem Hof gut gebrauchen. Wenn er nur nicht so ätzend wäre.
Die anderen riefen Unflätiges zu mir herüber:
„Äh, Bohnenstange! Was is mit Ficken?“
„Komm, Bohnenstange, blas mir einen!“
Dienstags sind die Pausen eine echte Qual, manchmal blieb ich im Klassenraum, aber dann fehlte mir ihre Aufmerksamkeit. Außerdem waren sie Teil eines zweiten Tagtraumes:
Was wäre denn, wenn ich mich mal auf ihre Unflätigkeiten einließ, schon um sie mundtot zu machen. Was würde geschehen, wenn ich sagte
„Ihr wollts wirklich? Ihr wollt mich ficken? Na, dann los, wo denn?“
Wir würden in den Physikraum gehen, sie würden mich auf den Versuchstisch legen mit den gespreizten Beinen in Richtung der Sitzbänke. Und sie würden alle in mich eindringen und meine gesamte Jahrgangsstufe würde zusehen.
Bei dem Gedanken daran wurde mir schwindelig vor Geilheit.
Eines Freitags machte sich unsere Clique auf den Weg. Pascal hatte den alten Firmenbus aus dem Familienbetrieb zur Verfügung und wir fuhren zu sechst in die Waldhütte von Bubis Lover. Dessen Eltern waren aus irgendeinem Grund abwesend, so waren wir auf jeden Fall ungestört und hatten das gesamte Wochenende vor uns.
Ich war fest entschlossen, Alkohol zu probieren und auch fest entschlossen, meinen Erfahrungsschatz zu vergrößern. In welche Richtung sich meine Ausbildung bewegen sollte, wagte ich nicht einmal zu denken. Aber eins wusste ich: Ich wollte mich erwachsen benehmen und als Erwachsene akzeptiert werden.
Es war spannend zu sehen was sich ergab. Meine Neugier wurde nur noch von meiner Angst übertroffen, denn ich hatte ein festes Ziel.
Für meine Mutter waren Alkohol und Mädchen in einem Satz fast gleichbedeutend mit einem unehelichen Kind. ‚Fräulein Mama!’ nannte sie solche Mädchen mit ‚Fehltritt’ abschätzig.
Bei Jungs war das etwas ganz anderes, Jungs mussten Bier und Schnaps trinken und auch schon mal betrunken sein, das gab Haare auf der Brust. Und sie mussten Erfahrungen sammeln, wir Mädchen nicht, bloß die Jungs.
Im nächsten Leben komme ich als Junge zur Welt: die dürfen immer alles, können sich nehmen, was sie haben wollen, aber brauchen keine Hausarbeit zu machen und können nach Hause kommen wann sie wollen.
Ist doch wahr.
Unseren Freund Pascal fand ich schon lange süß: Groß und kräftig, ein Riese von fast 2 Metern. Er lernte in der Familienschreinerei, im Moment arbeitete er ein paar Monate im Krankenhaus der Kreisstadt und leistete dort seinen Zivildienst.
Ich war mir nicht sicher, ob er überhaupt etwas von mir wollte, auf jeden Fall war sich der große Junge mit seinen kurzen blonden Stoppelhaaren und vielen Pickeln im Gesicht nicht darüber schlüssig, was er mit mir anstellen sollte.
Ich weiß nicht, ob er sich nur nicht traute oder ob ich ihm nicht gut genug gefiel. Die Gelegenheit war jedenfalls günstig, um ihm mal auf den Zahn zu fühlen. Keine Beziehung hatten wir schon, da konnte nichts mehr schlechter werden. Wenn er nichts von mir wollte, konnte ich mich um jemand anderen kümmern. Obwohl ich die Bohnenstange war, gab es einige Interessenten.
Wobei, mit Pascal und mir, das wäre schon ideal! Ich hatte mir bereits eine Menge vorgestellt: wie wir Mann und Frau wären, bei seinen Eltern in dem großen Haus lebten, Kinder bekämen, wie ich auf alles aufpassen und alles schön machen würde und so weiter. Sex mit ihm hatte ich mir auch schon vorgestellt, heimlich, abends im Bett. Dafür schämte ich mich natürlich, aber schön war es auch.
Als ich klein war, da wollte ich einen Traumprinzen für mich haben. So, wie sich mein Leben gestaltete, würde es wohl ein einfacher Arbeiter oder Bauer werden, kein Traumprinz. Eventuell war Pascal sogar der Traumprinz, den ich nicht bekam.
An diesem Wochenende würde es vielleicht Klarheit geben.
Ich dachte sehr nüchtern über die Möglichkeiten dieses Wochenendes, jedoch meine Gefühle hielten sich nicht an nüchterne Überlegungen. Wenn ich an das dachte, was mir aller Wahrscheinlichkeit heute bevorstand, wurde es in meinem Unterleib warm und die Angst schnürte mir die Kehle zu.
-
In der Hütte angekommen, machte ich zuerst das Notwendige, wie immer. Tante Ju wird’s schon richten.
Die drohende Entscheidung beherrschte meine Gedanken und meine Gefühle. Außerdem hatte ich den Fehler gemacht, Bubi einzuweihen und die war begeistert, verfiel in Aktionismus und wollte nichts dem Zufall überlassen.
Wenn ich mir selbst gegenüber ehrlich war, dann war es Bubis Begeisterung und ihre Entschlossenheit, die mir im Moment die meisten Kopfschmerzen bereitete.
Von zu Hause her bin ich es gewohnt, einzukaufen und die Einkäufe auch gleich zu verstauen und das mache ich auch, wenn wir von der Clique her etwas unternehmen, Tante Ju eben. Für mich ist es wichtig, dass alles gut klappt und alle ihr Vergnügen haben und die paar Handgriffe, die dazu notwendig sind, die mache ich gerne. Ich hab sogar mal das Erbrochene von Börgers aufgewischt, weil der Hausmeister nicht da war und der Unterricht weiter gehen sollte. Tja, helfen ist mein Wesen, deswegen nannten sie mich eben 'Tante Ju', nach einer Kneipe am Segelflughafen der Kreisstadt.
Der Kühlschrank in der Küche der Jagdhütte war ausgeschaltet und stand offen. Er müffelte nicht sondern war sofort zu benutzen. Ich räumte und ackerte, da kam Bubi rein mit einer H&M-Einkaufstüte, die sie mir mit den Worten:
„Hier, hab ich dir mitgebracht, zieh das an!“ in die Hand drückte.
Sie schaute mich mit ihren braunen Augen ernst an:
„Wir haben drüber gesprochen!“, sie bohrte mir ihren Zeigefinger fast in die Nase, „Du erinnerst dich? Es gibt keinen Rückzieher, verstanden?“
Na logo!
Ich musste trocken schlucken. Wie gut Bubi mich kennt!
Es dauerte einige Zeit, bis ich den Kühlschrank eingeschaltet und alle Lebensmittel und Getränke verstaut hatte.
Bubi kam wieder, ein Schnapsglas mit einer klaren Flüssigkeit darin.
„Trink!“, befahl sie mir.
Ich roch daran. Alkohol, Schnaps.
„Los trink, das macht locker!“
Ich kippte das Glas in einem Schwung hinunter. Das Zeug biss mir in den Hals und reizte mich zum Husten.
„Braves Mädchen!“, meinte Bubi, „Jetzt mach hinne, wir warten!“
Mit Bubis Tüte schlich ich ohne meinen typischen Schwung in das winzige Duschbad neben der Küche und schloss mich dort ein.
Die Tüte enthielt einen knallgelben Rock und ein pinkfarbenes, winziges Top.
Schon beim Anblick wurde mir anders. Sowas kann ich unmöglich tragen, für die Farben braucht man eine Sonnenbrille und diese winzigen Stofffetzen würden kaum etwas der männlichen Fantasie überlassen!
Ich zog den Rock an. Ahje, ist der kurz!
Das Top war zu eng und viel zu klein, als dass ich mein Hemdchen drunter anlassen konnte, so zog ich es auf die blanke Haut.
Ich kam mir nackt vor, komplett nackt.
An den Beinen spürte ich jeden Lufthauch, der Bauch lag frei, die Arme und Schultern unbedeckt. Nur ein dünnes Stück Tuch bedeckte meine Brüste, deren Form und Größe darunter gut zu erkennen waren.
Für mich war der Gedanke beklemmend, dass mich jemand so sah. Ich fand die Vorstellung, in diesem Outfit gleich vor meine Freunde zu treten, beängstigend und kaum umsetzbar. Ich schaffte das nicht, das war mir klar. Zurück in meine alten Klamotten konnte ich auch nicht, die Möglichkeit schloss sich selbst aus, denn Bubi würde damit nicht einverstanden sein und einem Wortgefecht in dieser Sache fühlte ich mich nicht gewachsen.
Oh, shit!
Was war das Richtige? Ich stand in dem kleinen Bad und traute mich nicht raus.
Was für eine Bedrouille! Aber ich muss raus hier!
Vorsichtig schlich ich in die Küche. Nebenan hörte ich die anderen lachen und sprechen. Die Spüle strahlte mich blitzblank an, trotzdem wienerte ich noch ein paar mal drüber. Meine Güte, was sollte ich tun, falls jemand rein käme?
Uaah! Hoffentlich kommt niemand! Heiliger Bimbam!
Ich druckste in der Küche herum und konnte nicht raus, obwohl ich gerne zu den anderen gegangen wäre, die sich nebenan offenbar gut amüsierten.
Es kam jemand, Gottseidank war es Bubi:
„Wo bleibst du denn?“
Sie schaute mich an. Mein Herz klopfte wie verrückt.
„Cool! Hab ich doch gewusst! Von wegen Bohnenstange.“
Sie hielt mich mit beiden Armen auf Distanz und schaute mich kritisch an.
„Arme und Beine könnten etwas brauner sein, aber Blässe ist ja vornehm. Jetzt komm, zeig dich den Anderen!“
Mein Herz klopfte noch stärker.
„Moment, setz dich!“, sie zwängte mich auf einen Stuhl, quetschte meine Wangen zusammen und schmierte mir einen süßlich schmeckenden Lippenstift auf.
„Mach mal so!“ wies sie mich an und rieb ihre Lippen aneinander, betrachtete mich noch einmal kritisch, schnappte meine Hand und zerrte mich in den Wohnraum. Mir wurde total schwummrig im Bauch, als ich den Raum betrat. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und meine Wangen brannten. Ich wollte sehen, wie sie mich empfangen, wie sie reagieren, aber ich musste die Augen senken. Ich riss mich zusammen, hob den Kopf und stellte mich dem was passierte.
Pascal und Bubis Lover prosteten sich mit Bier zu, Sven und Manuel schauten mich an. Sven stieß Pascal an, solange, bis der auch her schaute.
Ich hatte die gesamte Aufmerksamkeit für mich.
Himmel hilf!
Meine Hände waren mir im Weg, der Rock zu kurz, man konnte meine Nippel sehen und alle schauten drauf, meine Haare waren doof, meine Nase blöd.
Ich wurde langsam verrückt.
Ich senkte den Blick wieder.
Bubi raunte mir zu:
„Du siehst toll aus!“
Mh?
Verblüfft blickte ich ihr ins Gesicht. Es schien ihr damit ernst zu sein.
Sah gut aus? Wer, ich? Die Möglichkeit hatte ich noch nicht in Betracht gezogen.
Langsam lockerte sich meine ängstliche Verkrampfung.
Ich sah gut aus.
Was ist, wenn sie es nicht so sehen, meine Freunde hier, vor allem Pascal?
Jedoch, wenn Bubi es sagte! Ich stemmte eine Hand in die nackte Hüfte und lächelte die Jungs an.
Ich sah gut aus. Der Schnaps tat seine Wirkung, ich fühlte mich leicht.
Wenn ich ihnen nicht gefiel: Scheißdrauf!
Ich musste kichern, denn zu Hause bei uns waren Ausdrücke verpönt. 'Scheiße' durften wir nicht sagen, nicht mal denken! Selbst dem Jüngsten bereiteten meine Eltern Stress, wenn er sich im Ton vergriff.
Und ich dachte einfach: Scheißdrauf!
Der Gebrauch dieses Ausdruckes brachte mir etwas, Unabhängigkeit oder was weiß ich.
Ich fand die Einstellung zu dem passend, was ich darstellen wollte.
Ich spitzte meinen Mund und zog das Gesicht, das ich für cool fand.
Ihre Blicke fühlten sich sehr gut an.
Sehr, sehr gut!
Denn die Blicke, mit denen sie mich betrachteten, waren begehrlich. Sie begehrten mich, mich, die Tante Ju, die Bohnenstangentante. Es hatte mich bisher noch niemand begehrt und jetzt taten das alle meine Freunde hier.
Meine Verwandlung weg von dem Landei-Image nahm Formen an. Ich hatte nicht damit gerechnet, mich von der guten alten Bohnenstange zu verabschieden, aber wieso nicht?
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Kommentare
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Hyperman
was soll ich sage? Ich bin fasziniert. Klingt alles ein wenig autobiographisch, kann das sein? ;-)
Echt eine superschöne Geschichte, die mich extrem gefesselt hat. Klingt irgendwie realistisch und deswegen "glaube" ich die Geschichte.
Danke dafür und gerne mehr davon«
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HG1
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Sinige
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