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Kommentare: 4 | Lesungen: 3580 | Bewertung: 7.47 | Kategorie: Sonstiges | veröffentlicht: 18.12.2006

Malizia - Teil 1

von

Prolog

Maria Olschewski lächelte still vor sich hin, als sie aus dem Fenster des Fliegers sah, denn in ihren Händen hielt sie den Liebesbrief.

Edward Baxter konnte die Stille in dem großen Haus nicht ertragen. Die fehlenden Geräusche erinnerten ihn schmerzhaft an die dauernde Abwesenheit seiner gesamten Familie. Unwillkürlich stöhnte er auf, als ihm die ganze Tragweite seiner Entscheidungen bewusst wurde. Aber andererseits hatte er einfach nicht gegen die Grundsätze seines Glauben handeln können. Sein Priester würde genauso wie er handeln, davon war er fest überzeugt.

Colleen Baxter blickte auf die Digitaluhr, deren Anzeige sich unerbittlich auf 4:30 pm hin bewegte. Dem Zeitpunkt, zu dem das Flugzeug abheben würde, das ihre erste große Liebe mit sich nahm. Wann würden sie sich wieder sehen ?

Thomas Baxter starrte düster vor sich hin, als das Flugzeug abhob. Statt belohnt zu werden, musste er sich nun damit abfinden, quasi eingesperrt zu werden. Womit hatte er das verdient ? Er verfluchte den religiösen Eifer seines Vaters, der ihn für die letzten Monate seiner Schulzeit in das Internat brachte. Noch an diesem Morgen hatte er sich am Ziel all seiner Wünsche gewähnt.

Cliff Baxter sah der Limousine hinterher, die das Mädchen an Bord auf den Weg in ihre Heimat brachte. Das weibliche Wesen, das für ihn für die letzten Monate zum Inbegriff seiner Träume von einer Frau geworden war. Sein Vater war dafür verantwortlich, dass sie so plötzlich abreisen musste. Wie plötzlich war ihr Glück verflogen ! Er konnte es immer noch nicht begreifen. Noch an diesem Morgen hatte er sich am Ziel all seiner Wünsche gewähnt. Wie hatte das nur passieren können ?

Kapitel 1

Maria Olschewski war mit 24 Jahren in dieses Land der unbegrenzten Möglichkeiten gegangen, um ihrer Karriere den perfekten Start zu ermöglichen. Als Kind von armen und streng katholischen Eltern in Polen war sie sehr ehrgeizig, denn sie wollte nicht wie ihre Eltern bereits mit fünfundvierzig Jahren vorzeitig gealtert sein. Ihr Vater hatte verschlissene Gelenke und konnte nur noch mit Krücken laufen. Er war auf die sehr kärgliche Sozialhilfe in Polen angewiesen sein. Wenn sie einen gut bezahlten Job bekäme, könnte sie auch ihre Eltern unterstützen, die sie liebte, obwohl diese sie sehr streng erzogen hatten.

Als Kind und Heranwachsende hatte sie bereits bei geringen Verstößen drakonische Strafen erhalten, denn insbesondere ihre Mutter war sehr strikt gewesen. Deren moralischen Maßstäbe waren stark von der katholischen Kirche geprägt, was einem katholischen Mädchen nur wenig Freiraum ermöglichte. Es war für ihre Eltern absolut selbstverständlich, dass sie als Jungfrau in die Ehe zu gehen hatte. Das Studium war für ihre Mutter und ihre zahlreichen Tanten in erster Linie eine Möglichkeit, einen reichen Mann zu finden. Ihr Vater war als Einzelkind toleranter gegenüber seiner geliebten Tochter, aber diese Einzelansicht ging nahezu unter im Meer der Stimmen ihrer zahlreichen weiblichen Verwandten. Gehorsam gegenüber diesen war absolut selbstverständlich.

Andererseits hatten sich ihre Eltern im wahrsten Sinne des Wortes krumm gearbeitet, um ihrem begabten Kind ein Studium zu ermöglichen, denn ein Stipendium hatte sie erst nach dem zweiten Semester bekommen. Ihre Eltern und Verwandten hatten sich verschuldet, um Maria ein Studium zu ermöglichen. Dementsprechend hatte sie sehr fleißig ihr Wirtschaftsstudium in Warschau betrieben und es samt Promotion mit Auszeichnung in relativ kurzer Zeit beendet. Sie war zwangsläufig sehr ehrgeizig und hatte sich neben dem Studium nur wenig Privatleben gegönnt. Als sie dann mit 24 Jahren für ein Post-doc-Jahr in die USA ging, hatte sie zum ersten Mal richtig freie Zeit, denn ihr Betreuer bestand darauf, dass sie den American Way of Life kennen lernen sollte. Er nahm sie zur Party des Dekans mit, der mit den Sponsoren des Fachbereiches einmal im Jahr eine Feier veran-staltete.

Als sie zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer amerikanischen Party war, hatte sie dort prompt am ersten Abend einen U-Boot-Offizier namens Cliff Baxter kennen gelernt, der die Navy als Sponsor repräsentierte.

Dieser athletische Mann in seiner eleganten Ausgangsuniform wurde ihr von ihrem Betreuer vorgestellt als Sohn der Angehöriger der bekannten Baxter-Familie, die auch zu den Sponsoren des Fachbereiches gehöre. Dieser nach ihren Maßstäben absolut reiche Mann war so lässig und ungezwungen, wie es einem polnischen Mann seines Standes nie eingefal-len wäre. Er kümmerte sich an diesem Abend so zuvorkommend um sie, dass sie sich ungemein geschmeichelt fühlte.

Umgekehrt war Cliff Baxter von dieser Frau fasziniert, sie war so ganz anders als die amerikanischen Frauen, die er bisher kennen gelernt hatte. Sie war sehr intelligent, sie gehörte ohne Zweifel zu den brilliantesten Köpfen in ihrer Fakultät und war trotzdem nicht so statusbewusst wie viele ihrer amerikanischen Kolleginnen auf der Elite-Universität, die sich ihrer garantierten Eintrittskarte ins Top-Management durchaus bewusst waren und sich dementsprechend selbstbewusst verhielten. Ihre aparten Wangenknochen machten ihre slawische Herkunft sichtbar und für ihn bekam das geflügelte Wort, dass die polnischen Frauen zu den schönsten der Welt gehörten, durchaus eine neue Bedeutung. Ihre volle Figur mit den eher kurzen Beinen und der dafür um so deutlicher ausgeprägten Beckenpartie entsprach zwar nicht der amerikanischen Idealvorstellung eines 'Models', dafür erschien sie ihm auf eine archaische Weise ausgesprochen weiblich und sexuell sehr attraktiv.

Sie trafen sich danach mehrmals und fühlten sich immer mehr zueinander hingezogen. Mit Bedauern ging er auf seine nächste Reise, die drei Monate dauern sollte. Sie beide wollten eigentlich sofort nach seiner Ernennung zum Flaggoffizier heiraten, d.h. nach Abschluss seines Navy-Stu­diums. Aber dieser Abschluss war vier Monate nach Ablauf ihres Visa, das nur für die Zeit ihres einjährigen Forschungsaufenthaltes galt. So ka­men sie auf die Idee, dass sie für diese Zeit als au-pair-Mädchen bei seiner Familie unter­kommen sollte und damit eine Fristverlängerung bekäme. So könnten sie sich zumindest an einigen Wochenenden sehen. Dies war schwierig, da sei­ne Familie nichts von ihrer Verbindung wissen durfte.

Die Familie von Cliff Baxter war nämlich nicht ganz gewöhnlich, sein sechzigjähriger Vater Edward hing seit dem tragischen Krebstod seiner ersten Frau vor rund zehn Jahren einer sehr strikten religiösen Sekte an. Aus dieser Ehe stammten Cliff selbst und sein jüngerer Bruder Thomas. Sein Vater hatte sich dann vor anderthalb Jahren wieder verheiratet und zwar mit einer jungen Frau von 25 Jahren, die er durch diese strikt puritanische Sekte kennen gelernt hatte. Damit war sie noch nicht einmal halb so alt wie ihr Ehemann und als Cliff's Stief­mutter sogar vier Jahre jünger als Cliff selbst. Wie er Maria erklärte, verstand er sich vielleicht auch deswegen mit ihr überhaupt nicht; Colleen hätte zwar ein Gesicht wie ein Engel und eine überaus sanfte Stimme, aber sie wäre ihm als sehr berechnend vorgekommen, was ihm nicht gepasst hätte. Sie hätte ihrem Mann prompt neun Monate nach der Hochzeitsnacht eine kleine Tochter geboren, die jetzt sechs Monate alt sei und nach Cliff's Worten der absolute Liebling seines Vaters war. Danach habe Colleen sofort getrennte Schlafzimmer sowie eine Babybetreuung gefordert und auch bekommen. Außerdem hätte sie nach der Geburt über Depressionen geklagt, die unbedingt mehr Außenkontakt erforderlich machen würden. Er habe den Eindruck, dass dieses Weib nur Vorteile suche und seinen Vater gar nicht liebe.

Kapitel 2

Hätte Colleen Baxter geborene Connor ihn hören können, dann hätte sie ihm nicht ganz unrecht gegeben, denn in der Tat war dies für sie keine Liebesheirat gewesen. Sie hatte als Tochter des Predigers, der diese Sekte sehr dogmatisch leitete, überhaupt keine Freiheiten genossen. Seit ihrem sechsten Lebensjahr war sie nur in Sektenschulen gewesen. Eine Highschool-Erziehung war dort nicht vorgesehen, sondern nur Unterricht in häuslichen Tätigkeiten wie Nähen, Stricken, Kochen und Krankenpflege. Liebend gerne hätte sie sich mehr mit Sprachen, naturwissenschaftlichen Fächern und mit Werkzeugen beschäftigt, denn sie war überaus intelligent, aber all das war tabu. Freunde waren ebenso strikt verboten, denn männliche Wesen durften sich ihr nur in Begleitung ihrer Brüder oder ihres Vaters nähern.

Seit sie einmal mit einer Freundin zusammen getanzt hatte, durfte sie auch nicht mehr mit Freundinnen alleine sein. Das tat besonders weh, denn das hatte ihr eine ausgesprochenes und sinnliches Vergnügen bereitet, ihre Freundin in ihren Armen zu halten und sich im Takt der Musik zu wiegen. Mit anderen Worten, das Leben in dieser Sekte war für eine so intelligente und sinnenfrohe Person einfach unerträglich. Sie konnte das nur mangelhaft kompensieren durch die Bibelkreise, in denen sie die Diskussion in den Frauengruppen durch ihre sprachliche und intellektuelle Brillanz dominierte. Sobald aber ein Mann anwesend war, war sie dazu verurteilt den Mund zu halten oder ihr Vater würde sie scharf zurechtweisen, denn eine Frau durfte in dieser Sekte einem Mann nicht widersprechen. Wie sie aus leidvoller Erfahrung wusste, zog eine mündliche Zurechtweisung mitunter eine körperliche nach sich. Sie hielt sich daher innerlich widerstrebend an all diese Regeln, immer auf der Suche nach einem Ausweg, wobei der fehlende Highschool-Abschluss ihr den Weg in die Unabhängigkeit versperrte, denn sie machte sich keinerlei Illusionen über die Möglichkeit, ohne Ausbildung und ohne einen Cent in der Tasche, in der ihr mehr oder minder unbekannten Außenwelt überleben zu können. Da sie außer mit den Sektenmitgliedern keinen Kontakt nach außen haben durfte, war Edward Baxter als männlicher Neuankömmling in der Gruppe eine der wenigen Möglichkeiten gewesen, diesem Leben zu entkommen.

Edward Baxter hatte ihr als einziger der möglichen Heiratskandidaten tatsächlich eine Hoffnung auf Freiheit bieten können, alle anderen waren genauso tyrannisch wie ihr Vater. Sein Alter und sein abstoßend dicker Bauch waren dagegen nur sekundäre Fehler. Er war sehr belesen und vom Charakter her eher tolerant. Der tragische Tod seiner relativ jungen Frau, die mit 35 Jahren gestorben war, hatte ihn jedoch vor zehn Jahren aus dem Gleis geworfen. Er hatte sie sehr geliebt und bekam starke Schuldgefühle überlebt zu haben. Er empfand ihren Tod als Strafe Gottes für sein zu weltliches Leben.

Als er nach der Beerdigung durch den Prediger Matthew Connor mit diesem sprach, bestärkte dieser sofort seine Auffassung. Nur ein Leben strikt nach der Bibel sei als gottesfürchtig zu betrachten. Und die Bibel war nach Matthew Connor wörtlich zu nehmen. Die Erde sei damit vor sechstausend Jahren geschaffen worden, dieser Glaubenssatz machte Edward als Universitätsabsolventen etwas zu schaffen, aber er konnte damit leben. Viel stärker sprach ihn an, dass die Frau dem Manne untertan sein sollte, denn er hatte die unklare Empfindung, dass seine Frau auch deshalb gestorben war, weil sie in ihren letzten Jahren sehr eigenständig und sexuell fordernd geworden war. Er hatte sie als 31-jähriger geheiratet, als sie erst sechzehn Jahre alt war. Damals war sie sehr lenkbar gewesen, als ihr jüngster Sohn Thomas jedoch in die Grundschule kam, änderte sich das sehr stark, denn sie begann vor zwölf Jahren mit den Hochschulkursen und damit verbundenen neuen Ansichten.

Als Colleen klar wurde, dass nur Edward Baxter ihr einen Ausweg aus ihrer hoffnungslosen Situation bot, ließ sie keinen Bibelkreis mehr aus, in dem Edward Baxter anwesend war. Ihr Einsatz wurde durch die Heirat mit Edward Baxter belohnt, der in ihr die im Sinne seiner neuen Religiosität ideale Frau sah. Bereits in den Flitterwochen ließ sie sich zielstrebig von ihm in der Missionarsstellung mit geschlossenen Augen schwängern, um nach sicherer Schwangerschaft jeden weiteren sexuellen Kontakt mit dem ihr körperlich unsympathischen, ungeliebten Mann abzulehnen. Geschickt nutzte sie die puritanische und sinnenfeindliche Grundstimmung in der Sekte, um ihrem Mann dieses Ansinnen zu vermitteln und sich nach der Geburt mit ihrem eigenen Schlafzimmertrakt auch endlich ihr eigenes Reich zu verschaffen, in dem sie ungestört schalten und walten konnte.

Auch Thomas erfreute sich seit zwei Jahren nicht mehr der üblichen Freiheiten der amerikanischen Jugend. Er ging seitdem auf eine sekteneigenen „Prep-School“, wo es nur männliche Schüler gab und geben durf­te. Auf Parties zu gehen, war ihm verboten, und das mit beinahe achtzehn Jahren. Obwohl er einen Führerschein hatte, durfte er nicht fahren, denn sein Aufenthaltsort wurde absolut von seinen Eltern bestimmt. In sei­nem

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Kommentare


bre
dabei seit: Okt '01
Kommentare: 24
schrieb am 18.12.2006:
»Dieser erste Teil der Geschichte ist sehr gut geschrieben. Wirklich gut. Die Handlung ist spannend und man kann Sie in den Fortsetzungen weiter ausbauen.
Hoffentlich dauert es nicht so lange mit einer Fortsetzung. «

johelm
dabei seit: Apr '04
Kommentare: 66
schrieb am 04.03.2010:
»...ein "Dankeschön" an die Facharbeit der Einleser...weiter so....«

loger
dabei seit: Nov '01
Kommentare: 38
schrieb am 04.07.2010:
»So darf eine ausbaufähige Stori ntcht enden.«

H55
dabei seit: Feb '11
Kommentare: 1
schrieb am 21.02.2011:
»hoffentlich gibt es eine Fortsetzung«



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