Meine Freundin in Kenia
von Toni
Kenia Oktober
Ich heiße Antonia (Toni) und bin 16 Jahre alt.
Seit dem ich denken kann, fahren wir im Herbst nach Kenia.
Papa und Maman haben dort seit 1983 eine Patenschaft über die AG Swiss ( das ist der Name der Gesellschaft) in einem Dorf Namens "Voi" für eine Schule und einen Kindergarten.
Wir schauen dort jedes Jahr, ob unsere Spenden und unsere Projekte auch richtig angelegt und eingesetzt werden.
Der Lehrer und ortsansässige Projektleiter heißt Boniface Mgave.
Er hat drei Ehefrauen und neun Kinder. Boniface ist Mohammedaner und darf deshalb mehr als eine Ehefrau haben. Eines der Kinder, Agatha ist fast so alt wie ich, einer der Söhne, Jonathan im Alter meines Bruders Anton, (wir rufen ihn Tonno).
In der Nähe des Dorfes zwei Gates, das sind Tore zu National-Wildparks.
Es sind die Reservate Qzavo-Ost und Qzavo-West.
Zwischen diesen Wildparks liegt das Dorf Voi und die Voi-Lodge, ein Hotel für Touristen, die in den Reservaten Tiere beobachten wollen.
Die beiden Wildparks werden durch die Hauptstrasse von Nairobi nach Mombasa und die dazu parallel verlaufende Eisenbahnlinie geteilt. Die Tiere stören sich an dieser Teilung überhaupt nicht und es gibt auch keine Zäune, die die Reservate begrenzen.
Deshalb kann es auch manchmal passieren, das nachts wilde Tiere ins Dorf kommen und die Abfälle nach Essbarem durchsuchen.
Es ist jetzt nicht mehr so häufig, seit dem die Swiss AG eine Müllabfuhr organisiert haben, die den Abfall einmal pro Tag zu einer Abfallgrube in der Nähe bringen. Es funktioniert aber erst, nachdem Papa den Dorfältesten klargemacht hat, das die Touristen wegbleiben, wenn überall im Dorf die Abfälle herumliegen und in der Sonne stinken.
"Für Geldargumente haben diese Ältesten immer ein offenes Ohr", sagte Papa, "für Hygiene sind die Ohren fast immer verstopft". Dabei ist mangelnde Hygiene eine der Hauptursachen für Krankheiten. Jedes Jahr sterben viele Menschen, vor allen Dingen Kinder, an Krankheiten. Aber wir kümmern uns hauptsächlich um den Kindergarten und die Schule. Wir sorgen dafür, das genügend Bücher angeschafft werden können und organisieren Spielzeugsammlungen für den Kindergarten. Maman hat früher einmal Erzieherin gelernt und bildet die einheimischen Kindergärtnerinnen aus und versucht sie dahin anzulernen, dass sie den Kindern schon früh beibringen, sich zu pflegen ( Waschen und Zähneputzen). Das ist nicht einfach hier, da die meisten Häuser keine Wasserleitung haben und das Wasser vom Brunnen im Dorf geholt werden muss. Deshalb ist hier Wasser ein kostbares Gut, das für so seltsame Dinge wie Waschen zu teuer ist.
Papa ist für die Organisation der Gelder zuständig ( schließlich ist er ja auch Bankier). Er klagt immer darüber, dass das Geld verschwindet, sobald man mit den Wimpern klimpert. "Hier herrscht unter der dünnen Decke der Zivilisation immer noch das alte Clan-Denken und nur der eigene Stamm ist etwas wert, die andern sind Fremde, auch wenn sie nur ein Dorf weiter wohnen. Deshalb ist es auch so schwer, größere Projekte, die für ein Dorf nicht tragbar sind, mit einer Gemeinschaft von Dörfern in Angriff zu nehmen," erzählte er letztens.
Aber für uns Kinder ist das alles nicht so wichtig.
Ich freue mich immer darauf, mit Agatha zusammen zu kommen und Tonno ist kurz nach der Ankunft meistens mit Jonny verschwunden. Agatha geht jetzt auf die Secondary Highschool in Voi. Die muss man sich nicht wie eine Schule in der Schweiz vorstellen. Sie besteht aus drei Klassenräumen, in denen jeweils zwei Jahrgänge unterrichtet werden. Aber der Lehrstoff ist ganz schön umfangreich, wir in der Schweiz haben auch nicht viel mehr Themen in unserem Lehrplan. In einem ist Agatha mir auf jeden Fall weit voraus, englisch, ein Fach, in dem ich mich sehr schwer tue. Aber wir können uns gut verständigen, Agatha spricht ein wenig Deutsch und ich wenig Englisch, so kommen wir gut miteinander zurecht.
Sie möchte einmal Sekretärin werden und schreibt auch schon ziemlich schnell auf der alten Schreibmaschine, die Maman ihr voriges Jahr mitgebracht hat. Ich weiß noch nicht, was ich werden will, vielleicht versuche ich mich als Schriftstellerin, ich muss aber vorher etwas studieren, sonst streikt Maman.
Im Augenblick näht Agatha mit ihrer Mutter an einem neuen Kleid. Es ist wie Zauberei, so schnell kann ihre Mutter die Nadel durch den Stoff stechen und die Nähte sehen aus, wie von einer Maschine genäht. Agatha muss jetzt das Kleid anprobieren und ich darf zusehen. Das ist nicht selbstverständlich, weil Fremde normalerweise nicht zusehen dürfen, wenn jemand sich auszieht. Aber ich bin schon fast ein Familienmitglied, solange kennen wir uns schon. Agatha ist etwas größer als ich und hat schon viel mehr Busen. Ich bin noch ziemlich unterentwickelt, sagt Agathas Mutter, ich muss mehr essen, sonst wird aus mir nichts. Ich lache mit allen zusammen, ich weiß doch, das ich auch noch weiterwachsen werde, Europäerinnen entwickeln sich erst später. Das Kleid sitzt gut, nur am Busen ist es noch ein wenig zu groß. Das ist Absicht, bedeutet Agathas Mutter mir, Agatha wird in den nächsten Monaten noch mehr Busen bekommen und dann würde sonst das Kleid zu klein werden. Wenn das stimmt, dann wird sie aber sehr viel Busen haben, soviel möchte ich nicht bekommen.
Ich habe Agatha einen Bikini von Tante Traudel mitgebracht, Maman meinte, der würde Agatha sicher passen. Der Bikini ist furchtbar bunt, aber Agatha gefällt er sehr. Sie probiert ihn an und poussiert damit vor mir. Sie ist nur ein wenig traurig, weil sie ihn nie am Strand anziehen kann. Mohammedanische Mädchen dürfen nach ihrer ersten Menstruation nie mehr so spärlich bekleidet am Strand herumlaufen. Schade, früher sind wir noch alle nur mit unseren Höschen im Wasser herumgetollt und niemand hat sich daran gestört. Ich habe Agatha aber versprochen, mit ihr in Mombasa auf dem Basar einen Badeanzug zu kaufen, sonst kann sie überhaupt nicht mit zum Baden. Ich habe beim Anziehen des Bikinis gesehen, das sie einen großen Haarbusch auf ihrer Pussy hat und frage sie, ob sie ihre Haare nicht wegmacht. Seit ich meine erste Periode bekam, entferne ich mir die Haare, so wie ich es bei Maman gesehen habe. Deshalb bin ich ein wenig erstaunt, so viele Haare bei Agatha zu sehen. Sie sagt, das dies in ihrer Familie nicht üblich wäre, sie aber weiß, das viele Frauen sich die Haare dort entfernen. Sie ist etwas verlegen und so lassen wir das Thema fallen.
Wir fahren auch regelmäßig zur Serengeti Hochebene, damit wir Kinder noch die Tiere zu sehen bekommen, die schon fast ausgestorben sind. Es gibt dort Nasshörner und viele Gnu's, Elephanten und bei unserer letzten Fahrt haben wir einen Leoparden gesehen, ganz nah, höchstens 50 Meter. Boniface meinte, so nahe kommt man sonst nie an die Leoparden heran. Er sah ein wenig arrogant aus, fand ich, so wie er guckte. Papa meinte, in ein paar Jahren wird es wahrscheinlich keine Leoparden mehr geben, das wäre sehr schade.
Es ist sehr heiß in Kenia, und wenn es regnet, dann fühlt man sich sofort wie in der Sauna. Ich bekomme dann kaum Luft, so stickig ist es dann. Die Wege verwandeln sich dann sehr schnell in Matsch und ohne unseren alten grünen Landrover würden wir nirgendwo mehr hinkommen.
Der schönste Strand ist der Südstrand, der im Süden von Mombasa liegt. Der Sand ist so fein wie Mehl und das Wasser so klar und blau, das man mindestens 3-4 Meter tief sehen kann. Hinter dem Riff gibt es viele bunte Fische, die sind sehr neugierig und kommen an uns heran und saugen an unserer Haut, es ist wie viele kleine Küsschen. Ich habe keine Angst, ich kann sehr gut schwimmen und die Fischer, mit denen wir hinausfahren, passen auf, ob Haie kommen.
Das Leben in Kenia ist anders als in der Schweiz, die Zeit geht hier geruhsamer um und die Menschen hetzten nicht so. Eine Arbeit
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