Mit Dir reiten...
von Little Nell
Ich seh Deine braunen Augen noch vor mir...
Dein schmales, feines, fast jungenhaftes Gesicht.
Warum denke ich an Dich?
An Dein kurzes, dunkles, lockiges Haar, das immer zerrauft aussieht. Das kümmert Dich nicht.
Dein Lächeln, so hintergründig, so listig, Dein wacher Blick.
Du redest auch anders als andere, ein bisschen schnodderig sagst Du, was Du denkst.
So klein und schmal Dein Körper, so drahtig ist Deine Figur, nachlässig gekleidet – so anziehend.
Was für ein Mensch... ich will Dich kennen lernen... und mich als Dein Gegenüber.
Ich hielt inne und schüttelte meine rechte Hand, meinen Arm aus. Er war völlig verspannt, bis in die Schulter hinauf, aber ich hatte diese Zeilen aufs Papier bringen müssen ohne ein einziges Mal abzusetzen. Jetzt erst hatte ich die Ruhe, die hastig hingekritzelten Sätze zu lesen, auf mich wirken zu lassen, darüber nachzudenken.
Vor zwei Tagen hatte ich diese Frau kennen gelernt, hatte die ersten Worte mit ihr gewechselt, das erste Mal ihr Lachen gehört. Seitdem beschäftigte sie mich Tag und Nacht. Wie sehr, das bemerkte ich wieder einmal in diesen Minuten, in denen die Worte nur so aus mir herausflossen, in denen ich sie las und schon wieder ihren lockigen Strubbelkopf vor mir sah. Sie war anders als alle Menschen die ich jemals getroffen hatte, sie war in mein Leben eingeschlagen wie eine Bombe. Ich wollte mit ihr zusammen sein, mit ihr sprechen, sie kennen lernen, ihr nah sein, doch das Ende unserer gemeinsamen Zeit nahte bereits. Den dritten Tag war sie jetzt hier auf dem Hof auf dem ich arbeitete, in nur vier Tagen würde sie wieder abreisen und die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie dann je wiedersehen würde, war sehr gering. Zu weit lebte sie von mir entfernt, zu gewagt schien mir die Hoffnung sie zufällig irgendwo wiederzutreffen.
Mein Blick wanderte aus dem Fenster meines winzigen Zimmers hinaus in den blauen Sommerhimmel. Dort draußen musste sie sein, wahrscheinlich hinter dem Haus, bei ihrem Pony, beschäftigt mit irgendeiner Arbeit, nie schien sie stillsitzen zu können. Wahrscheinlich lachte sie mit den anderen, erzählte mit ihnen... Ich beneidete sie, wollte selber gern in ihrer Nähe sein, von ihr beachtet, bemerkt werden. Doch ich hatte mich bewusst von ihr zurückgezogen, gestern schon und heute auch wieder, um in diesen ein oder zwei Stunden ein wenig zur Ruhe zu kommen, mich zu erholen, zu mir selbst zurückzufinden. Ich widerstand dem Impuls sofort wieder von meinem Stuhl aufzuspringen und hinauszulaufen zu ihr, zwang mich noch ein Weilchen einfach ruhig dazusitzen und auf meinen Atem zu lauschen. Dann warf ich aber doch Stift und Schreibblock auf den kleinen Klapptisch, zog die Schuhe im Laufen an ohne die Schnürbänder zu knoten und war schon wieder atemlos auf dem Weg zu ihr.
-/-
Lang waren die Tage in dieser Woche, heiß und staubig und anstrengend. Du und die anderen aus Deinem Kurs schwitzten bei fast 30°C im Schatten auf den Pferden, ich bei der Hofarbeit, beim Fegen und Misten und Füttern. Beim Heu machen hast Du mir spontan geholfen, gemeinsam haben wir Ballen um Ballen vom Heuboden in die Scheune hinunter geworfen, gelacht, gehustet. Ich konnte meine Nervosität in Bewegung umsetzen, das machte es mir leichter Deine Nähe auszuhalten. Nebenbei haben wir uns ein bisschen unterhalten, über Deinen Beruf, über Dein Pony und mein Pony, übers Reiten. Und dann hast Du mich plötzlich gefragt ob ich mit Dir reiten möchte. Einfach so, ohne Vorwarnung... ich hätte beinah den Heuballen losgelassen, den ich gerade im Arm hielt. Mit Dir reiten, das war als würde John Travolta mir anbieten mit mir zu tanzen, als würde Freddy Mercury mit mir singen wollen. Mit Dir reiten... fast wäre ich Dir um den Hals gefallen, konnte dann aber doch nur mit leuchtenden Augen nicken und den Ballen Heu noch etwas fester an mich drücken. Mit Dir reiten...
Der nächste Tag war Dein vorletzter Tag auf dem Hof. Ich hatte kaum geschlafen vor Aufregung, war mitten in der Nacht noch im Schlafanzug und barfuss auf die Weide gestapft und hatte hilflos weinend am Hals meines Ponys gehangen. So überfordert war ich mit der gesamten Situation, so bis oben hin voll mit Gefühlen und Fragen von denen ich niemandem erzählen konnte, so schwankend unsicher auf den Beinen, die letzte Woche noch so vermeintlich feste Stützen waren. Ich konnte meine Gefühle nicht fassen, nicht sortieren, ja nicht einmal richtig in Worte kleiden. Die Gefühle für Dich waren so völlig neu, so ganz anders als alle Gefühle die ich kannte, Du warst so ganz anders! Ich fühlte mich zu Dir hingezogen, nicht nur intellektuell, auch... körperlich.
Diese Erkenntnis hatte mich in der Nacht dazu gebracht mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, mich an einen der Apfelbäume auf der Weide zu lehnen und meinem Erstaunen nachzuspüren. Ich sah im schwachen Mondlicht auf meine Hände hinab, auf meine Handflächen, die rau waren von der täglichen körperlichen Arbeit. Ich stellte mir vor wie meine Hände sich für Dich anfühlen würden, an Deinen Händen, die sicher ähnlich von der Arbeit draußen gezeichnet waren, an Deinem Gesicht, Deinem Hals, Deinen nackten Schultern... Ich erschrak über meine eigenen Phantasien, versuchte die Bilder zu verscheuchen, aber sie waren zu mächtig. Zu sehr faszinierte mich diese neue Erfahrung, dieses wilde rastlose Verlangen nach dieser so besonderen Frau.
Irpa die dunkelbraune Stute legte mir zärtlich ihr schwarzes Maul auf die Schulter und blies mir ins Ohr. Sie war es nicht gewohnt, dass ich nachts im Schlafanzug bei ihr auftauchte und weinte. Sie schien mich regelrecht trösten zu wollen als ich wieder leise zu schluchzen begann, doch dann rieb ich mir abermals die Tränen aus den Augen - schon fast trotzig dieses Mal – und holte tief Luft und traf eine Entscheidung. „Wenn es so sein soll, dann soll es so sein...“, sagte ich mit nur noch ganz leicht unsicherer Stimme zu meiner Braunen und klopfte ihr zärtlich den Hals, „Und morgen reiten wir mit ihr!“ Dann konnte ich endlich schlafen.
Als am Morgen um sechs Uhr der Wecker klingelte lag ich zuerst noch wie erschlagen auf der Matratze. Eine kurze unruhige Nacht lag hinter mir. Dann aber war sofort dieser eine Satz wieder da: Mit Dir reiten... Die Morgenarbeit erledigte ich wie im Rausch, das Frühstück schenkte ich mir und um Punkt acht Uhr startete ich den Frontlader, um damit den Mist von den Gastpferdepaddocks abzuholen – Du kamst immer so gegen acht! Schon durch die übermannshohen Büsche konnte ich Dich arbeiten sehen. Wie immer warst Du die erste bei den Pferden. Ich saugte Deinen Anblick in mich auf, streichelte mit meinen Blicken Deinen schmalen Körper. Du trugst Arbeitsklamotten, eine fleckige Cordhose, Deinen uralten kaputten Islandpullover – die Morgenluft war kühler, als es die brütend heißen Tage vermuten ließen.
-/-
Als sie den Trecker näherkommen hörte, drehte die junge Frau in der nachlässigen Kleidung den Kopf, lächelte, hob grüßend eine Hand. Ich hielt neben ihr an, stellte den dröhnenden Motor ab. Sofort kippte sie die erste Karre Pferdeäpfel in den Frontlader, lief los und holte auch noch die, die am Vortag nicht mehr mit drauf gepasst hatte. Ich war noch damit beschäftigt aus dem Führerhaus zu klettern, kam mir wie immer so ungeschickt und linkisch vor in ihrer Nähe. Sie aber war wie immer, lachte mich an, wünschte mir einen guten Morgen. „Bleibt’s dabei, dass wir heut reiten?“ Mit Dir reiten... „Natürlich! Ich hab heut Abend frei, Lilli und Sonja machen die Abendarbeit ausnahmsweise allein haben sie versprochen!“ Sie nickte, lächelte. „Um fünf in der Scheune?! Ich freu mich!“ und strich mit einer Hand leicht über meinen Arm. Ich war wie elektrisiert von dieser - nur freundschaftlichen? - Geste, zuckte fast ein wenig zusammen bei ihrer Berührung. Ich war mir beinah sicher, dass sie bemerkte, wie ich um meine Fassung rang, aber sie ließ sich nichts anmerken, lächelte weiter, plauderte.
Ich weiß nicht mehr worüber wir sprachen, bin nicht mal sicher, ob ich überhaupt noch antwortete. Ich erinnere mich nur noch an das Leuchten ihrer braunen Augen, an ihre typische, leicht vornüber gebeugte Körperhaltung und ihre Sicherheit. Sie schien das Gefühl nicht zu kennen, nicht zu wissen, wohin mit ihren Händen. Sie schien keine Unsicherheit zu kennen, keine Sprachlosigkeit... ich bewunderte sie maßlos. Sie war so hübsch, so anziehend, auf ihre ganz besondere, ganz eigene Art und Weise. So erotisch ich sie schon angezogen fand, mochte ich sie mir kaum unbekleidet vorstellen. Sie war sehr hellhäutig trotz der Sommerbräune, ihre kleinen Brüste mussten schneeweiß sein...
Das Hupen eines Autos hinter mir riss mich aus meinen Gedanken. Die anderen Kursteilnehmer waren angekommen, riefen zu uns herüber, grüßten, griffen nach Harken und Schubkarren. Ich rieb mir die Augen, um die letzten Bilder zu vertreiben und machte mich wieder an die Arbeit.
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Die Zeit dehnte sich an diesem schwül-heißen Donnerstag wie Kaugummi. Wo ich sonst froh war über Pausen im hektischen Tagesgeschäft, konnte ich diese nun kaum ertragen, putzte noch am Vormittag das Sattelzeug meiner Braunen, machte in der Mittagspause einen langen Spaziergang mit Bodo dem Hofhund und auch am Nachmittag konnte ich meinen Bewegungsdrang nicht im Zaum halten und strampelte mehrere Kilometer mit dem Fahrrad über einsame Feldwege bis mir der Schweiß über das Gesicht lief. Es wurde immer heißer und immer schwüler, die Pferde waren unruhig und genervt von den ewigen Attacken der penetranten Bremsen. Ich duschte mich noch schnell und zog ein sauberes Hemd zu meiner alten Jeans an, die ich zum Reiten trug. Dann schlenderte ich möglichst langsam und gemütlich mit Irpas Halfter in Richtung Weide. Das Herz schlug mir bis zum Hals! Ich lehnte die Unterarme auf das Gatter, stützte das Kinn darauf ab, versuchte mich zu sammeln. Ich war fasziniert von der Mischung aus physischer Erschöpfung und absoluter psychischer Aufruhr in meinem Körper. Ich war auf Hundertachtzig und Stand-By gleichzeitig. Mein Gesicht glühte – sicher war ich wieder krebsrot – und in meinen Wangen pochte das Blut. Mein Haar hatte ich feucht wie es war zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengefasst, die ersten widerspenstigen Strähnen ringelten sich schon jetzt wieder in mein Gesicht. Es war beinah völlig windstill, der Himmel war grau wie Blei. Eigentlich war es Wahnsinn bei dieser Ruhe vor dem Sturm auszureiten, aber für mich stand fest, wenn Du reiten würdest, dann würde ich es auch tun! Mit Dir reiten...
In die Stille hinein legte sich eine kleine Hand sanft auf mein rechtes Schulterblatt, genau auf das Stückchen nackte Haut neben den Trägern des alten Herrenunterhemds das ich als T-Shirt trug. Wieder spürte ich das Vibrieren das von Deiner Hand ausging, durch meinen ganzen Körper floss und im Gehirn alle Rezeptoren blockierte. Ich konnte kaum noch denken! Gleichzeitig genoss ich das Erlebnis, hatte das Gefühl, erst nach Sekunden auf die Berührung zu reagieren, mich wie in Zeitlupe zu Dir herumzudrehen.
Du standst vor mir, lächeltest wie immer. Du trugst immer noch Deine fleckige Cordhose und ein graues Shirt, Deine Haare waren zerrauft, Deine Augen strahlten wie immer. Du hobst die Hand noch einmal mit der Du mich berührt hattest, die Du gerade hattest sinken lassen, und strichst mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Eine außergewöhnliche Geste, auch wenn Deine Augen nichts verrieten. Du standst dicht vor mir, ich fühlte mich wieder einmal so unbeholfen, versuchte, nicht an meine Unsicherheit zu denken, nur Dein Gesicht, nur Dich zu sehen. Ich ließ mich in Deine braunen Augen fallen. Augen die niemals zusammengekniffen wurden, die immer weit geöffnet und neugierig die Welt um sich her beobachteten und in sich aufsaugten. Augen die die Wahrheit sagten. Forsche Augen aber auch sanfte Augen. Deine Augen. Ich konnte Deine Geste nicht erwidern, dazu hatte ich die Kraft nicht und den Mut, aber ich vertraute auf Deine offenen Augen. Sie würden die Wirkung Deiner Berührung auf mich gesehen und verstanden haben und auch, dass meine Zurückhaltung keine Abwehr war. Ich brauchte noch etwas Zeit. „Woll’n wir los?“ fragtest Du dann plötzlich wieder ganz selbstverständlich. Ich nickte... mit Dir reiten... Einträchtig machten wir uns an die Arbeit.
Es war eine Freude Dir zuzusehen, Deinen geschmeidigen, tausendfach ausgeführten, exakten Bewegungen, Deiner liebevollen und doch bestimmten Art mit Deiner Snörp umzugehen. Wie viel Kraft in diesem kleinen schmalen Körper steckte! Ich musste mich zwingen mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, aber schließlich standen beide Ponys gesattelt und gezäumt nebeneinander in der Scheune. Wir führten sie nach draußen, stiegen auf und endlich machte sich mal wieder ein Gefühl in mir breit das ich kannte, das mir vertraut war und das mich entspannte. Sobald ich auf meiner Braunen saß, trat die Welt um mich herum einen Schritt zurück. Fast augenblicklich fühlte ich mich sicher und wohl, war ruhig und zufrieden und konzentriert. Ein Bannkreis um Irpa und mich, der heute auch Dich und Dein Pony mit einschloss. Die Welt um uns herum schien den Atem anzuhalten, schien einfach still zu sein und ein paar Meter Sicherheitsabstand einzunehmen, um uns klammheimlich zu beobachten und uns als Kulisse zu dienen.
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Die nächsten beiden Stunden genoss ich einfach nur in vollen Zügen. Genoss das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit meinem Pony unter mir und der außergewöhnlichen Frau neben mir. Genoss die Felder und Weiden um mich herum und die weichen federnden Wiesenwege unter den Hufen der beiden geschmeidigen, vorwärtsstrebenden Pferde. Wir sprachen nicht viel in diesen Stunden, sahen uns oft nur kurz in die Augen, lächelten, verstanden uns ohne Worte. Wir galoppierte im halsbrecherischen Tempo über sandige Waldwege, kanterten durch eine riesige Tannenschonung die im Licht der milchigen Sonne vor dem bleigrauen Himmel einen unwirklichen, fast märchenhaften Ausdruck bekam, veranstalteten Fangspiele, bei denen wir fast vom Pferd fielen bei unseren engen Wendungen und den Versuchen, die andere am Bein oder wenigstens an der Hosennaht zu erwischen und vor lachen über unsere beiden Schweinepasser, die Gangarten zu erfinden schienen, die in keinem Lehrbuch standen.
Als der erste dicke Regentropfen auf Snörps Mähnenkamm klatschte – so laut, dass wir es beide nicht überhören konnten – trafen sich zuerst unsere Blicke, dann richteten wir beide gleichzeitig die Augen gen Himmel und schluckten... Der Himmel über, neben und vor uns war blauschwarz, nur in unserem Rücken schien die tiefstehende Sonne noch zwischen Unwetterwand und Horizont. Sekunden später öffnete der Himmel seine Schleusen und der Regen, der sich daraufhin auf uns und die ausgetrocknete Landschaft ergoss, fiel auf uns herunter, als würde von dort oben jemand die Erde nicht mit der Gießkanne gießen, sondern Wasserbottiche über uns ausschütten. Gleichzeitig begannen in der Ferne die ersten Blitze zu tanzen.
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Der Regen fiel so dicht, dass wir kaum erkennen konnten wohin unsere Ponys die Füße setzten, aber wir mussten irgendwie eine halbwegs geschützte Stelle finden, um das Unwetter abzuwarten. Der Regen machte uns nicht viel aus, aber wenn das Gewitter näher kam, spielten wir hier draußen auf der freien Fläche mit unserem Leben.
Es war ein abenteuerlicher Ritt durch die Wassermassen, die Wege verwandelten sich fast augenblicklich in schmale Bäche. Der ausgetrocknete Boden war nicht in der Lage das viele Wasser aufzunehmen, so dass es an der Oberfläche Pfützen, Teiche und, wo die Wege abschüssig waren, munter plätschernde Rinnsale bildete. Es vergingen höchstens zehn Minuten bis wir die kleine Weidehütte auf der leerstehenden Koppel am Waldrand gefunden hatten, doch als wir dort von den Pferden stiegen waren wir durchnässt bis auf die Knochen. Du versuchtest Dein Gesicht mit Deinem klatschnassen T-Shirt zu trocknen, schütteltest Dir dann wie ein Hund das Wasser in dicken Tropfen aus Deinem dunklen Haar. Sofort ringelten sich die kurzen Locken wieder wild um Dein strahlendes Gesicht. „Immer wenn ich reite regnet es!“ lachtest Du; kein bisschen genervt oder beleidigt hattest Du schon die Schuhe ausgezogen und warst dabei Deine Socken auszuwringen. Irpa machte es Dir nach, schüttelte sich genüsslich von der Nasen- bis zur Schweifspitze, schnaubte dann zufrieden und stellte ein Hinterbein auf um zu ruhen. Das noch ferne Gewitter und der sintflutartige Regen beeindruckten sie nicht. Ihre Herde war bei ihr, alles war gut. Ich warf ihr die Zügel über den Hals, befahl ihr zu bleiben und hockte mich neben Dich auf einen der Querbalken. Einträchtig saßen wir so nebeneinander, sahen hinaus in den Regen, hingen jede ihren Gedanken nach. Minute um Minute prasselte der Regen aufs Dach der Weidehütte, fiel wie ein Vorhang vor der offenen Seite der Hütte herab. Das Gewitter kam immer näher, es blitzte und donnerte wie verrückt. Die Ponys und wir aber genossen das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit und die frische vom Regen gewaschene Luft während um uns her die Welt verschwamm.
Irgendwann brachst Du das Schweigen, fingst ein Gespräch an. Wir unterhielten uns leise, sahen uns dabei kaum an, sprachen wieder über alles mögliche. Über die Pferde, den Hof und später dann auch über Sonja, meine Kollegin, die gerade Probleme mit ihrem Freund hatte, furchtbar darunter litt und schon seit Tagen herumlief wie ein geprügelter Hund. Wir zerbrachen uns die Köpfe wie man ihr helfen könnte, verfolgten wilde Theorien bis ich irgendwann mehr zu mir selbst als zu Dir sagte: “Sie müsste sich einfach mehr auf ihr Gefühl verlassen, viel öfter tun, was sie wirklich will...“ „Du solltest auch mal tun, was Du wirklich willst!“ kam es wie aus der Pistole geschossen von Dir. „Ich?“ fragte ich verblüfft zurück, legte den Kopf schief, sah Dich an. Du nicktest nur, schautest mich mit weit geöffneten Augen an ohne eine Mine zu verziehen. Kein Lächeln, das diese Aussage zu einem Scherz verharmloste, kein Wort der Erklärung, nur aufmerksames, geduldiges Warten auf meine Reaktion. In meinem Hirn begann es zu rattern, Gedankenfetzen, Erinnerungen, Sätze brausten durcheinander. Konnte es sein, dass Du wirklich meintest, was ich glaubte, was Du meintest? Sollte ich einen weiteren Schritt auf Dich zu machen, einen weiteren Schritt hinein in ein großes Abenteuer mit ungewissem Ausgang? Trautest Du mir die Kraft und den Mut zu, mir hier in dieser so besonderen Atmosphäre allein mit Dir und den friedlich ruhenden Ponys einzugestehen, was ich mir seit Tagen wünschte, was mir, seit ich Dich kannte, den Schlaf und den Appetit raubte? Ich schluckte trocken... wenn es so sein soll, dann soll es so sein...
Mein Arm schien Tonnen zu wiegen als ich ihn langsam hob. Ich musste mich auf die Bewegung konzentrieren, als würde ich sie zum ersten Mal ausführen. Als ich meine Hand zärtlich an Deine Wange legte konnte ich meine Finger zittern sehen. Ich wagte kaum zu atmen, so sehr schnürte mir die Unsicherheit die Kehle zu, so groß war meine Angst, dass Du meine Hand wegschieben, meiner Berührung ausweichen würdest. Du aber sahst mich nur an. Nichts sonst. Nur Deine Augen.
Die Sekunden schmolzen dahin, ich spürte die feuchte Wärme Deiner Haut an meiner Handfläche, wiederholte dann Deine Geste vom Nachmittag indem ich Dir eine vorwitzige Locke hinters Ohr strich, meine Hand dann wieder an Deine Wange legte. Endlich endlich erschien ein kleines Lächeln auf Deinem Gesicht. Deine Augen sagten „Na also, endlich...“ aber Deine Stimme schwieg. Du legtest eine Hand in meinen Nacken, ich setzte dem leisen Druck keinen Funken Widerstand entgegen. Augenblicke später spürte ich Deine warmen Lippen auf meinen.
Mein Herzschlag schien sich selbst überholen zu wollen, mir wurde heiß und kalt zugleich. Deine sanften weichen Lippen wollten nicht so recht passen zu den harten Worten die Du oft benutztest. Zu Deiner Klarheit, Deiner Stärke. Oder doch? Waren sie der Ausgleich für all das? Ein Zeichen für die vielen Gegensätze in Dir?! Deine Zungenspitze klopfte zä
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Kommentare
Kommentare: 91
Nächste Geschichte bitte im Präsens schreiben. Ist dann wesentlich einfacher zulesen.
Trotzdem große Story!! Weiter so!
GIbio«
Kommentare: 163
Dafür möchte ich mich, bei der Autorin, bedanken!
(Meine Neugier hat sich doch gelohnt...)«
Kommentare: 18
Da konnt eich nicht anders als 29 Punkt e zu geben. 29? ja,, bei Stil habe ich einenabgeknapst um noch steigern zu können.*G* und weil ich ein paarmal durcheinander kam wer von den beiden nun grade an der Reihe war die Situation zu beschreiben.
Dennoch eine Geschichte die mich gefesselt hat wie lange nicht mehr.
«
Kommentare: 6
es war unglaublich schön deine Geschichte lesen zu dürfen! Ich liebe diese schönen detailreich geschilderten Beschreibungen der Gefühle und kann garnicht genug davon bekommen. Wie arm sind doch Menschen, denen solche Feinheiten entgehen.
Liebe mag für primitive Naturen ein körperliches Bedürfnis darstellen. Geistigen Menschen bedeutet sie das fesselndste Erlebnis der ganzen Schöpfung. (Honoré de Balzac)
Mit einem lieben Gruß Finsbury65«
Kommentare: 152
TetraPack
Kommentare: 1
Vielen Dank dafür«
Kommentare: 40
Hallo Little Nell,
... Ich habe noch nie eine Geschichte gelesen, die so lebendig ist wie Deine. Die so intensiv lebt und so straight. Die so mit allen Sinnen die Liebe wiedergibt, dass man das Brodeln in seinem Körper von außen spüren kann. ... ;-)
Danke für diese zärtliche Berührung!
Piano.«
Kommentare: 2
Das ist eine wunderschöne Geschichte.
Leider aber zu schön um wahr zu sein :-(«
Kommentare: 5