Nur ein Lächeln
von Hassels
Nur ein Lächeln, ein Anflug in deinem Gesicht . Es lässt mich Träumen von den besseren Zeiten, die wir auch gemeinsam durchschritten sind. Wir haben uns schon lange nichts mehr zu sagen. Früher konnten wir es nicht erwarten uns dem anderen mitzuteilen, heute sind wir stumm. Nicht einmal zu gedroschenen Worthülsen können wir uns aufraffen.
Wann nur hatte es diesen Bruch gegeben. Alles ist mechanischen Abläufen gewichen, der Anfang der Trostlosigkeit . Gleichzeitig schmierst du Brote, lauschst dem Sprecher im Fernsehen und schaust über meine Arbeitskleidung.
„Morgen, aufstehen es ist sechs Uhr!“ , deine Stimme ist laut und kühl. Ein neuer Morgen mit den wie in einer Endlosschleife immer gleicher Attitüden.
In der Frühstückspause lausche ich einem Interview bei unserem Lokalradiosender. Das Thema hatte mich sofort wachgerüttelt: ‚Vertrauen zum Partner verloren! Was ist schief gelaufen?‘ Die Moderatorin begrüßte eine Hörerin am Telefon.
„Vorab liebe Hörer. Meine Gesprächspartnerin ist 42, verheiratet und wird uns heute eine spezielle Situation schildern. Brigitte, ihr Mann hat keine Ahnung?“
„Nein!“
„Dann schildern sie uns doch mal alles aus ihrer Sicht!“
„Es war vor vier Jahren, einhundertsechsundfünfzig Tagen, Abends um acht. Mein Mann sollte mich eigentlich zum Konzert von ‚Unheilig‘ bringen, hernach auch abholen. Warum er kurzfristig keine Zeit hatte kann ich bis heute nicht nachvollziehen. Ich habe mich notgedrungen alleine auf den Weg gemacht.“
Schon nach den ersten drei Worten wusste ich, das ist meine Brigitte. Mir kam es jetzt wieder plastisch vor Augen. Damals hatte mein Chef mich zu den Überstunden gezwungen. Noch Tags zuvor hatte ich ihm erzählt das ich meine Frau zu dem Konzert begleiten würde, obwohl der Graf nicht meinem Musikgeschmack entsprach. Den von mir gesuchten Bruch hatte es da gegeben? Wegen ein paar Überstunden und diesem Konzert? Ich konnte es nicht fassen. Tausend Dinge gingen mir durch den Kopf, nur beiläufig war ich den weiteren Ausführungen gefolgt. Brigitte hatte sich gerade verhaspelt, ihr Schlucken war zu hören.
„Ja und dann hat mich dieser schmierige Typ von Chef, ich muss gleich wieder kotzen, vergewaltigt.“
Tut-tut-tut-tut-tut. Das besetzt Zeichen war noch kurz im Radio zu hören, Brigitte hatte aufgelegt.
Meinem Inneren folgend lies ich Arbeit Arbeit sein, statt mir den Chef vor die Brust zu nehmen stand ich etwa zehn Minuten später vor unserer Haustür und drehte den Schlüssel im Schloss. Nur dreißig Sekunden hatte ich auf der Landstraße angehalten um bei dem Blumenverkäufer einen Strauss Tulpen zu erstehen, deinen Lieblingsblumen. Mit den Blumen in der Hand stürmte ich in unser Wohnzimmer, sah die Schlaufe. Du wolltest sie dir gerade über den Kopf stülpen.
„Neieeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeen!“
Überrascht, erschrocken? Jedenfalls hast du den Versuch nicht zu Ende gebracht, hast dein Gleichgewicht verloren. Mit Mühen konnte ich dich auffangen. Ein Sinnbild der Zukunft?
Ich fing dich auf, hielt unsere Zukunft in Händen. Zum ersten mal seit Jahren lächelten wir uns an.
Kommentare
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Da Du schön feinsinnig formulierst, fallen einem die Stellen auf, an denen es nicht so richtig passt. Zum Beispiel heißt es "zur Brust nehmen", nicht "vor die Brust". Und im ersten Abschnitt: zu "durchschritten" gehört "haben", nicht "sind". Sowas findet man oft nur mit einem Zweitleser, bei Profiautoren wäre das ein Lektor.«
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Die Geschichte gehört nicht in ein Erotik-Forum, aber ist toll.
Sie wäre ein exzellenter Anfang oder ein ebenso exzellentes Ende einer umfangreicheren Geschichte, jedoch ist sie auch so ein bemerkenswertes Kleinod.«
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Ich würde auf jeden Fall besser Korrekturlesen, bei der Kürze der Geschichte sollte das kein Problem sein.«