Prinzessin Ragnhild
von Jason King
Es war gerade 11.00 Uhr geworden. Bis zur Abfahrt der „Prinsesse Ragnhild“ nach Oslo hatte ich noch gut drei Stunden Zeit.
Sie stand zwar schon am Oslo- Kai, aber die Abfertigung hatte noch nicht begonnen. Also stellte ich mich in eine der Wartespuren vom Oslo-Kai und atmete tief durch.
Noch drei Stunden Aufenthalt in Kiel. Drei verlorene Stunden?
Gedankenversunken schaute ich auf das Treiben ringsherum. Was für ein riesiges und prachtvolles Fährschiff? „Prinsesse Ragnhild“. Ich war tief beeindruckt und hing dann wieder meinen Gedanken nach. In der Zwischenzeit füllten sich so nach und nach die Wartespuren für PKWs.
Genau neben mich stellte sich ein schwarzer Volvo. Am Steuer saß eine junge attraktive Blondine, Mitte 20 vielleicht. Wo die jungen Frauen immer diese riesigen Autos her hatten?
Da ich mich überhaupt nicht für Frauen interessierte, beachtete ich sei jedoch zunächst nicht weiter.
Als sie aus ihrem Wagen stieg erregte jedoch ihr Outfit meine Aufmerksamkeit. Sie trug ein weißes Topp, einen fast knielangen blauen Jeansrock, schwarze, kniehohe Stiefel und eine hautfarbene, glänzende Strumpfhose. 30den. Das erkannte ich sofort
Ich war so fasziniert, dass ich erst viel zu spät mitbekam, dass meine Spur vor mir schon leer war. Die Abfertigung hatte begonnen.
Sie lächelte nur als sie sah, dass ich den Anschluss wegen ihr total verpasst hatte. Ich startete durch. Dann verlor ich sie aus meinem Blickfeld.
Nachdem ich meine Innenkabine bezogen hatte, legte ich mich erst einmal aufs Ohr.
Irgendwie freute ich mich auf meinen wohlverdienten Angelurlaub in Norwegen. Und über diese Vorfreude nickte ich wohl ein..
Gegen 19.00 Uhr schreckte ich hoch. Verdammt! Ich wollte doch die Überfahrt über die Ostsee genießen. Zügig startete ich meinen Erkundungsrundgang durch die einzelnen Decks.
Mehrere schicke Restaurants und Bars, Spielsalons, ein riesiger Shop, ein Kino. Es gab jede Menge Unterhaltung. Doch ich wollte die Natur genießen. Das offene Meer.
Oben auf dem Panoramadeck angekommen, stellte ich fest, dass wir tatsächlich mitten auf der Ostsee waren. Was für eine wunderbare Luft?
Oben war nicht viel los. Nur ein verliebtes Pärchen schaute auf das weit entfernte Festland. Backbord das musste Dänemark sein, rechts da hinten am Horizont Schweden.
Lässig schlenderte ich bis zum Heckteil.
Dort saß die Blondine mit dem Volvo ganz mutterseelenallein und las in einem Buch. Ich tat so als ob ich mir das Gemälde mit dem Oslofjord betrachtete und schielte auf den Buchtitel. Es war ein Roman von Sandra. „Die Kreuzfahrt“. Passte ja irgendwie. Gut, dass sie nicht den „Untergang der Titanic“ las. Aber das gab es ja abends noch im Bordkino. Ein wenig makaber, fand ich.
Wieder schielte ich zu der Blondinen. Es war nicht zu übersehen, dass sie fröstelte.
“Wollen Sie sich nicht was überziehen?“ fragte ich mitleidig.
“Ich bekomme meinen Koffer nicht auf“ murrte sie nur in nordischem Akzent.
So eine hübsche Frau konnte ich einfach nicht allein ihrem Schicksal überlassen.
“Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“ bot ich ihr meine starke Hand an.
Hilflos schaute sie zu mir herüber. In ihren Augen las ich, wie dankbar sie wohl war.
“Na, da werde ich mein Glück mal versuchen“ tat ich mich wichtig als ich mich ihrem Koffer widmete. Es war wie immer eine ganz schöne Fummelei, aber mit ein paar geschickten Handgriffen war der Koffer endlich offen. Der Deckel sprang hoch.
Mich traf der Schlag! Im Koffer lagen jede Menge weiße Baumwollseile obenauf. Fein säuberlich zusammengelegt. Und die sahen nicht so aus, als ob sie die Blondine nur zum Wäsche aufhängen benutzen würde.
Sofort kam meine alte Leidenschaft wieder hoch. Mein Herzschlag erhöhte sich.
“Vielen Dank“ sie war so glücklich, dass sie mich wohl umarmen wollte. Aber als sie näher trat, bemerkte sie, was meinen Aufmerksamkeit erregt hatte.
“Ist was“ fragte sie scheinheilig.
“Sind Sie Vertreterin für Wäscheleinen“ wollte ich nun wissen.
“Die sind doch nicht zum Wäsche aufhängen“ kicherte sie.
“Wozu denn sonst?“ fragte ich hinterlistig.
“Zum fesseln“ lächelte sie verschmitzt.
“Wie heißt Du eigentlich“ fragte ich frech. Nach meiner heroischen Hilfe stand mir das „Du“ eigentlich zu.
“Ragnhild. Und Du?“ sie sah mich fragend an.
“Jochen“ stockte ich. Wollte sie mich jetzt verarschen? Ragnhild? So hieß das Schiff!
„Ragnhild? Prinzessin Ragnhild. Klingt sehr nordisch“ schwärmte ich, worauf sie zart lächelte.
“Ja, ich komme auch aus Schweden. Und studiere in Berlin. Bin dort an der Freien Universität eingeschrieben.“
Aber ich hörte nicht so Recht zu. Denn das mit den Seilen in ihrem Koffer ging mir überhaupt nicht aus dem Kopf.
Mit einer fachgerechten Benutzung dieser Seile könnte man sich freilich die Überfahrt nach Oslo noch ein wenig versüßen. Zu überlegen gab es da eigentlich nichts mehr. Mein Entschluss stand fest: Ich wollte Ragnhild fesseln.
Jetzt oder nie!
Wortlos schnappte ich mir drei Seile sowie zwei Seidenschals und ging auf sie zu. In ihren Augen las ich, dass auch sie es wollte. Schon packte ich ihre Oberarme und riss sie mit viel Kraft nach hinten. Ich bemerkte, dass sie keinen nennenswerten Widerstand leistete. Schon hatte ich das erste Seil in der Hand, während ich meinen linken Arm ihre beiden Arme festhielt und an meinen Brustkorb drückte.
“Aber doch nicht hier!“ hauchte sie völlig überrascht und mit dem typisch nordischen Akzent.
“Du wirst jetzt meine Prinzessin sein“ antwortete ich nur barsch und führte dabei den Strick mit der rechten Hand um ihre Oberarme, zog die beiden offenen Enden durch die entstandene Schlaufe und zog zu. So wurden ihre Arme ein kleines Stück aneinander gezogen. Nicht zu weit, sondern nur so, dass sie keine Chance mehr hatte, sie enger aneinander zu drücken und so den Strick abzustreifen.
„Aah!“ hauchte sie nur heiser.
Ich wickelte den Strick noch zweimal um die Arme und verknotete ihn fest.
„Aah! Das ist ein wenig zu fest!“ flehte sie mich an. „Was ist, wenn jetzt jemand kommt? Wollen wir nicht in die Kabine gehen? Bitte!“

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Kommentare
Kommentare: 7
Muss ich doch gleich mal nachschauen!
Sehr vielversprechender Anfang!«