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Kommentare: 3 | Lesungen: 827 | Bewertung: 8.36 | Kategorie: SciFi, Fantasy, History | veröffentlicht: 29.01.2015

Projekt 44 - Die vierte Wand

von

Prolog – Traum oder Wirklichkeit?

Daeng war nicht mehr weit von der Stadtmauer entfernt und fragte sich, gegen wen sie überhaupt schützen sollte. Orks gab es keine, falls doch, hatte er sie noch nicht entdeckt, und wenn diese Typen noch einmal anrücken sollten, würden sie sich dadurch kaum aufhalten lassen. An einer Stelle, die einen knappen Blick zum Meer hinunter ermöglichte, saßen zwei grüne Eidechsen auf einem Felsen in der abendlichen Sonne und stellten jene Wesen dar, die in dieser Welt einem Drachen noch am nächsten kamen. Er hätte Schuhe anziehen sollen, aber der erdige Weg unter seinen Füßen fühlte sich gut an. Sogar diese sehr knappen Hosen schienen wieder in Mode zu kommen, in denen sich seine asiatischen und auch europäischen Kollegen fotografieren ließen, doch er bevorzugte mehr eine, die seine Knie nicht ganz erreichte.

Die Mauer tauchte vor ihm auf, genauso plötzlich, wie die Sonne am Versinken war, und das Stadttor … stand einen Spalt weit offen. Dieses Mal fragte niemand nach einem Passwort, seine Sorge nach dem Treffen der richtigen Antwort blieb umsonst. Er musste doch schon bekannt sein, quasi einen VIP-Eingang zur Verfügung haben, oder nicht? Daeng stemmte sich dagegen, ließ seine Muskeln spielen, hatte Angst, das knarrende, verwitterte Holz zu zerdrücken, aber nach wenigen Sekunden stand das Portal weit genug offen. Lieber quetschte er dieses sofort nach dem Durchschreiten wieder zu, das Unbekannte, welches er vermutete und nicht sah, draußen lassend, und seine Anspannung löste sich, seine gesamte.

Jemand bearbeitete glühendes Metall, der Geruch von Feuer und Asche ging in den von Süße über, Obst in den buntesten Farben breitete sich auf der anderen Seite der Gasse aus, ihm unbekannte Musik ertönte von irgendwoher, und vor einem Gebäude weiter vorne bot jemand Kaffee in Bechern an. Einige Leute spazierten über den staubigen Untergrund, da und dort mit großen, flachen Steinen versehen, und trugen lange, dünne Umhänge. Es zog ihn weiter, bis zu der Abzweigung, wo die Beleuchtung und Farben in dunkles Grau übergingen. Markierte dort vorne ein Lichtschein den weiteren Pfad durch die Dunkelheit?

Ein Pferd mit zotteligem Fell, nicht sehr groß, kam ihm langsam entgegen, begrüßte ihn mit einem langgezogenen „Wihihihihi!“, er entgegnete „Ja, wie?“, und streichelte es kurz. Das aus zwei Stockwerken bestehende Haus lag hell beleuchtet direkt vor ihm. Wurde es wirklich „Gasthaus zum pissenden Pony“ genannt? Für ihn hieß es so, und er trat ein. Stimmengewirr schallte ihm entgegen, ohne jedoch in den Ohren zu dröhnen, niemand beachtete ihn, obwohl die Tische links und rechts des Eingangs großteils besetzt waren.

Der Boden aus dunklem Holz knarrte bei jedem Schritt, er bewegte sich geradeaus auf den Schanktisch zu – und bemerkte den Schankburschen. Aus Thailand stammte er nicht, aus Malaysia kaum – aus Sri Lanka? Er war groß und schlank, das tiefe Schwarz seiner Haare setzte sich in einem Bart fort, welcher sich als dünner Streifen über sein Gesicht und zum Kinn zog. Sein Blick war für einen kurzen Moment überrascht, nachdenklich, und tief wie ein dunkler Brunnenschacht. Eine zarte Haarlinie zog sich seinen unverhüllten Oberkörper hinunter, und im nächsten Moment lächelte ihn der Typ ungefähr so an, wie es andere über ihn selbst behaupteten. Sagten sie doch, oder? Eine andere Art der Anspannung als vorhin begann sich durch seinen Körper zu ziehen, ein Gefühl von Wärme, Sicherheit, wie hinter dem geschlossenen Stadttor, nur viel stärker. Langsam, ganz langsam kam er dem Mann noch näher – und ein lautes Geräusch ertönte aus dem Nichts.

* * *

Ich erwachte, versuchte den Traum festzuhalten, mich in den Polster zu drücken, die Augen zu schließen, irgendwas, doch es blieb vergeblich. Es war das Signal meines Smartphones für neue E-Mails, und „Jetzt schnell 10 Prozent Rabatt auf jede Buchung sichern!“ der Grund für die Störung. War er es gewesen, Daeng, eine Figur aus einer Geschichte? Um alles in der Welt wollte ich nicht aufwachen, konnte es nicht richtig sein, dass die Szene mittendrin zerstört wurde, wegen unnützem Mist.

Eine morgendliche Erektion hatte ich nicht, innerhalb einer Minute gelang es mir, für eine zu sorgen, während ich die linke Hand fest zusammenballte. Ich schlug die Decke von mir weg, meine Beine wurden unruhiger, ich schloss die Augen und sah die beiden vor mir, wie sie sich noch näher kamen. Sie sollten einander berühren, streicheln, kuscheln, wenn sie sich danach fühlten eine ruhige Ecke suchen – doch das Bild entfernte sich. Ich konzentrierte mich auf mich selbst, sog tief Luft ein, fühlte etwas herannahen, setzte zum Endspurt an – und eine Mischung aus tiefer Wärme und Geborgenheit, und einer heftigen Massage von innen heraus durchflutete meinen Körper. Erst nach einer halben Minute mussten die letzten Lustwellen verebbt sein, dafür lag ich mit einer klebrigen Hand da und genoss noch eine Weile das Gefühl. Kräftige Sonnenstrahlen drangen an diesem Morgen beim Fenster herein und unterbrachen die Serie aus trüben, nebeligen Tagen.

Es konnte nur Daeng gewesen sein, neben mir selbst die Hauptfigur in „Projekt 43“. Ich hatte einmal von jemand gelesen, dass seine Geschichten vielleicht schon existierten, und er von wem auch immer dazu bestimmt wurde, sie aufzuschreiben. Ein anderer Gedankengang war fast noch abgehobener, nämlich dass die dargestellte Welt durch das Aufschreiben erst entstand, irgendwo und nicht nur in Buchstaben. Angesichts der Tatsache, dass niemand wirklich unsere Welt erklären konnte und es nötig war, sich mit Vermutungen und Theorien über die Natur des Universums zufriedenzugeben, schien das alles nicht völlig abwegig.

Er lebte, ganz sicher, weil ich im Internet eine Fotoserie von ihm gesehen hatte. Die Bilder mochten bearbeitet sein, aber soweit sich das aus der Beschreibung erschloss, war er ein thailändisches Model, das wirklich existierte. Alle stellten sich Asiaten klein und zart vor, er hatte kräftigte Muskelpartien, war nur mit einer knappen Unterhose bekleidet und lächelte mich an. Jemand hatte die Fotos damit kommentiert, dass er ihn am liebsten sofort durchficken würde – das würde ich auch gern, oder er mich, doch so schnell musste es gar nicht gehen. Ich würde mit ihm etwas trinken gehen, gemeinsam lachen, und später vielleicht … würde ich ihm sagen, dass er sich ganz entspannt zurücklegen sollte und mich den Rest erledigen lassen, weil er so unglaublich geil und süß zugleich war und es einfach verdiente.

Jener angefangene Text existierte bereits länger, in dem ich allein an einem unbekannten Ort aufwachte, in einem kleinen Haus mitten in einer Landschaft aus sanften, grünen Hügeln, nur kam er nie in Schwung, schleppte sich dahin. Dann tauchte dieser Mann auf, erkundete gemeinsam mit mir das Mysterium, und die Geschichte erwachte zum Leben. Natürlich musste ich ein bisschen über thailändische Namen recherchieren und war darauf gekommen, dass Spitznamen oder Nicknames dort auch im allgemeinen Leben verwendet wurden. Es konnte ein Tier sein, eine Farbe – und „Daeng“ bedeutete eben Rot und wurde offenbar sehr häufig verwendet, nur wer wusste das schon in Europa?

Kapitel 1 – Erster Kontakt oder Wiedersehen?

Die Straßenbahn zeigte mir die Rücklichter, und die nächste würde laut der Anzeige erst wieder auftauchen, wenn ich am Ziel sein sollte. Ich hätte die Tour an diesem Tag, immerhin zu 4 im halben Stadtgebiet von Wien verstreuten Orten, anders planen sollen. Manchmal gab es zwar Anrufe, wo ich bleiben würde, manchmal beschwerten sich die Leute, warum ich nicht früher da gewesen sei, um rechtzeitig mit ihnen zu ihrem Arzttermin fahren zu können, meistens dauerte es jedoch so lange, wie es eben dauerte. Ich blickte in die Fahrtrichtung, wartete, drehte mich um, und setzte zum Marsch entlang der Schienen an.

Bei einer sozialen Betreuungstätigkeit war es nötig, verwirrte Herrschaften bei Laune zu halten, herauszufinden was sie wirklich brauchten – und im Außendienst Erfahrung beim Finden von Einsatzorten, die sich ständig änderten. Beim Eingang zum Innenhof gab es einen Plan der Wohnhausanlage, mit welchem ich tatsächlich zur richtigen Tür fand, ein Aufzug existierte dafür nicht. Der reiferen Dame aus dem dritten Stock musste ich zunächst erklären, wer ich war, wer mich geschickt hatte, und warum ich nachsehen musste, ob in ihrer Wohnung alles in Ordnung war, dann machte ich mich mit dreißig Euro und einer Einkaufsliste auf den Weg zum nächsten Supermarkt.

Aus dem grauen Himmel begann es leicht zu regnen, und ein Windstoß wehte die so ziemlich letzten herabgefallenen Blätter über den Gehsteig. Ich fand das Geschäft, und die halben Sachen, die ich dort einkaufte, würde ich selbst nicht essen. Schon gar nicht würde ich Dinge kaufen, für die ich mich länger als eine halbe Minute anstellen musste, wenn es eine Alternative gab. In der Feinkost-Abteilung waren 4 Leute vor mir, und während ich in der Schlange stand, bemerkte ich eine Benachrichtigung auf meinem Smartphone, von vor einer Stunde.

„Hallo, wirklich interessantes Profil! Ich“

Der Text brach ab, und als ich nachforschen wollte, vom wem er stammte, sprach mich die Verkäuferin an.

* * *

Ortsangabe oder Entfernung konnte ich nicht finden, jedoch die Angaben „Asiate“ und „athletisch“. Auch ein Bild fehlte, dafür interessierte mich der Text umso mehr, zur Hälfte in Tamil-Schrift … nein, Thai. Ein kurzes Zucken ging durch mich, als ich las, was offenbar ein in lateinische Buchstaben übersetzter Name war – „Daeng“.

Na klar, natürlich, er sorgte nicht nur dafür, dass ich seine Fotos sah, sondern hatte mich auch gefunden und endlich Kontakt mit mir aufgenommen. Wenn das wirklich ein Name war, so war dieser weit verbreitet, das wusste ich. Mehr wunderte mich fast, dass mir jemand schrieb, der möglicherweise sehr, sehr gut aussah, während es bei mir gerade noch für die Beschreibung „schlank“ reichte, und ich an einzelnen Stellen gern mehr Muskel- als Fettmasse hätte. Athletische Männer suchten meistens ihresgleichen, zumindest meiner Erfahrung nach, und wenn ich doch einmal jemand von dieser Sorte traf, war er selten mein Typ. Einer hatte mit mir gemeinsam das Bett zum Brennen gebracht, sich knapp bevor es ihm gekommen ist, nur ihm, den Gummi hinuntergezogen und mich vollgespritzt. Mich so liegen lassend, hatte er sich rasch angezogen und verkündet, dass ich doch nicht so sein Typ sei. Daeng hingegen stellte das Gegenteil dar, zumindest jener aus meiner Geschichte, wo sein Aussehen seinem süßen und freundlichen Wesen, welches sich kaum auf den ersten Blick ergründen ließ, nur noch die Krone aufsetzte.

„Danke, deines könnte auch interessant sein, suchst du etwas Spaß, oder …?“

Etwas Spaß, was war das für eine Antwort? Andererseits, es stand kaum Text in seinem Profil und auch nicht, was er genau suchte. Irgendwie kam dieses Gefühl zwischen Herzklopfen und Magendrücken auf, ich fühlte mich beinahe an meine ersten Kontakte zu Männern im Internet erinnert, obwohl ich Schüchternheit und Nervosität als Teil meiner Vergangenheit und nicht Gegenwart betrachtete.

* * *

„Also Marc ist jetzt dein wirklicher Name, oder wie?“


„Nein, Markus … ach, ich brauche einen neuen Künstlernamen.“


„Jedenfalls … der Barkeeper war letztes Mal nicht da, oder?“


„Nein, der muss neu sein“, meinte Daeng und sah mich ungefähr so an wie ich ihn bei unserer ersten Begegnung, „ist aus Sri Lanka glaube ich, kann sein dass er einmal auf einer von den Partys war.“


„Und, möchtest du noch etwas … trinken?“, entgegnete ich und lachte kurz.


„Wann musst du morgen überhaupt aufstehen?“

Ich schreckte auf, lag in meinem Bett, war leicht verschwitzt, ohne mich krank zu fühlen. Mein Computer, mein Notebook, lag eingeschaltet über der Decke. Es war wie vor einigen Monaten, ein leichter Alptraum, in dem ich jemand verscheuchen wollte und noch im Wachzustand mit den Händen herumfuchtelte, nur dieses Mal das Gegenteil.

Sein Profil war noch geöffnet und ich konnte sehen, dass er meine Nachricht noch nicht gelesen hatte. Mitten in der Nacht rechnete ich auch nicht mehr damit, schaltete den Computer aus und legte ihn weg. Für sicher 20 Minuten lag ich da, starrte in die Dunkelheit, schloss längere Zeit die Augen und blieb dabei wach, um vermutlich gegen 3 Uhr doch in einen langen Schlaf zu verfallen.

* * *

Den ganzen nächsten Tag ging mir die Traumszene nicht aus dem Kopf. Manchmal hatte ich wiederkehrende Träume, bekannte Orte in abgewandelter Form, Personen aus meiner Vergangenheit – aber kaum mit von mir erschaffenen Charakteren. Ein persönlicher Klassiker waren diese Träume, in denen ich wieder in die Schule ging, nach langen Irrfahrten den Weg fand und dort überlegte, in welche Klasse ich musste, weil ich schon in allen gewesen war. Bei dieser Begegnung mit Daeng war mir nicht klar, wo wir uns überhaupt befanden.

Bei diesem Herrn, den ich zum Zahnarzt begleitet hatte, schien es länger zu dauern, zum Glück der letzte Einsatz an diesem Tag, weshalb ich niemand vertrösten und so gut es ging umplanen musste. Nur wenige saßen an diesem Tag im Wartezimmer, und ich spielte mit meinem Telefon herum. Eine Nachricht von Daeng erschien:

„So ein Schneller bist du? Aber wie du willst ;-) Dein Profil ist mir wirklich aufgefallen … nicht wie von den ganzen Spinnern.“

Ich tippte sofort etwas zurück.

„Und wann hättest du Zeit und wo?“

Die Dame am Empfang blickte in aller Ruhe hin und her, musste niemand bedienen und auch seit 10 Minuten keine Anrufe entgegennehmen. Ob ich fragen sollte, wie lange es ungefähr noch dauern konnte?

„Wann du willst … ich wohne nicht so weit von dir, und komme manchmal nach Wien.“

Vermutlich wohnte er also nicht in Bangkok, weil dort nicht viele Deutsch sprachen.

„Es ist nur interessant … ich schreibe, und habe einmal eine Geschichte über einen Daeng geschrieben.“

Jetzt war es heraus. Ich biss mir leicht auf die Lippe, hielt den Atem an, holte tief Luft …

„Interessant … mit einem einsamen Haus, und einem Gasthaus?“

Ich zuckte zusammen, mein Magen verkrampfte sich einen kurzen Augenblick lang. Woher wusste er …?

„So, und zwei Stunden nichts essen bitte. Die Kollegin draußen gibt Ihnen einen neuen Termin“, hörte ich eine Stimme neben mir. Der Mann war mit seiner Behandlung fertig, ich sprang auf, steckte das Telefon weg, stützte ihn ab, und wir machten jeden einzelnen Schritt zum Empfangstisch gemeinsam.

* * *

Vielleicht war Daeng ebenfalls gestört worden, weil er sich bis zum Abend nicht mehr gemeldet hatte. Wenn er die Geschichte kannte – Projekt 43 – konnte er mir auf einfache Weise schreiben, meine Kontaktinformationen herausfinden, doch das wäre zu viel Zufall auf einmal. Viele Leute schrieben, auch wenn mir sogar auf den zweiten Blick nichts wie mein Text aufgefallen war, meistens nur dieses Vampir-Zeugs, wenn es irgendwie Fantasy-angehaucht war. Konnte für viele interessant sein, ich fand die Vorstellung aufregender, dass sich jemand allein an einem schönen, aber einsamen und verlassenen Ort wiederfand – fast einsam und verlassen. Hatte ich etwas Einzigartiges geschaffen?

Nach wie vor dachte ich an die Traumszene, in der Daeng die Hafenstadt und schließlich das Gasthaus erreicht hatte. Genau das existierte in meiner Geschichte, in der anderen Welt – nur war er mit mir dort gewesen, und im Traum allein. Ich war dabei, als ob ich einen Film gesehen oder darüber gelesen hätte, und es wäre nicht der erste Versuch gewesen, einen abgebrochenen Traum aufzuschreiben und fortzusetzen. Was hielt mich davon ab, es wieder zu machen?

Kapitel 2 – Gasthaus zum pissenden Pony

Der Boden aus dunklem Holz knarrte bei jedem Schritt, er ging geradeaus auf den Schanktisch zu – und bemerkte den Schankburschen. Aus Thailand stammte er nicht, aus Malaysia kaum – aus Sri Lanka? Er war groß und schlank, das tiefe Schwarz seiner Haare setzte sich in einem Bart fort, welcher sich als dünner Streifen über sein Gesicht und zum Kinn zog. Sein Blick zeigte sich kurz überrascht, nachdenklich und tief wie ein dunkler Brunnenschacht. Eine zarte Haarlinie zog sich seinen unverhüllten Oberkörper hinunter, und im nächsten Moment lächelte ihn der Typ ungefähr so an, wie es andere über ihn selbst behaupteten. Sagten sie doch, oder? Eine andere Art der Anspannung als vorhin begann sich durch seinen Körper zu ziehen, ein Gefühl von Wärme, Sicherheit, wie hinter dem geschlossenen Stadttor, nur viel stärker. Langsam, ganz langsam kam er dem Mann noch näher.

„Was … ist heute so im Angebot?“, fragte Daeng ungefähr einen halben Meter vor seinem Gesicht, um ein kurzes, leicht angespanntes Lächeln nachzuschieben.


„Wie wäre es hiermit?“, entgegnete der südasiatische Typ, nahm einen riesigen, stumpf glänzenden Metallkrug in die Hand und hielt ihn zu einem Zapfhahn. „Dunkel, naturtrüb und unfiltriert.“


„Ich glaube …“, meinte Daeng, beugte sich noch ein Stück weiter vor und achtete besonders auf die zimtfarbene Haut seines Gegenübers, „… ich mag es dunkel.“

Der Typ lächelte mehrere Sekunden lang, bevor er den Bierkrug füllte. Die Barhocker, alle leer, waren Daeng bisher nie aufgefallen, und er nahm auf einem neben ihm Platz. Bereits nach dem ersten Schluck fragte er sich, ob er mehr vertragen würde, gleichzeitig rief er sich in Erinnerung, dass in dieser Welt andere Gesetze galten, und die einsetzende Leichtigkeit nicht mit Übelkeit und trockenem Mund einher ging.

„War vielleicht Marcel in letzter Zeit hier?“, erkundigte er sich und stellte den Krug ab.


„Du … meinst Marc? Also bei mir nicht.“


„Wie immer er jetzt heißt.“


„Ich bin Raj“, bemerkte dieser und reichte ihm seine Hand.


„Oh klar, der König der Bar … Daeng!“


„Findest du nicht etwas seltsam?“


„Was denn? Wie denn?“, erwiderte Daeng und rückte auf der runden Sitzfläche hin und her.


„Wir sind beide aus Asien und sprechen perfektes Deutsch.“


„Ja … und in Hollywoodfilmen, die in Frankreich spielen, reden die auch immer perfektes Englisch.“

Daeng verrenkte nochmals den Hals und sah die düstere Gestalt nach wie vor allein an einem der Tische sitzen, bestimmt schon einige Minuten. Alle tranken etwas, redeten laut und gestikulierten mit den Händen, spielten Spiele, von denen er nicht sicher war, sie schon einmal gesehen zu haben – nur nicht dieser Typ. Er wandte sich wieder der Bar zu, nahm noch einen kräftigen Schluck, noch einen – und knallte den Krug auf den Schanktisch.

„Ach ja, heute geht kein Schiff zum Südkontinent mehr … oder sonst wo hin?“


„Nein, das fährt irgendwann, nur nicht heute.“

Daeng dachte an die Villa seines Quasi-Chefs, seine Zweitvilla auf dieser Seite des Weltenportals, wo er in dieser Nacht vielleicht unterkommen könnte, falls er wieder auf ein unmoralisches Angebot einging, nur auf ein kleines. Niemand drängte ihn dazu, auch die Künste eines Mannes, den er nicht ganz so anziehend fand, waren meistens besser, als wenn es eine Frau machen würde, aber …

„Gibt es … hier noch Zimmer?“


„Ja“, reagierte Raj darauf und zögerte kurz, „kann ich dir zeigen.“

Daeng ließ seinen Blick hin und her schweifen und trommelte leicht mit seinen Fingern, Raj blickte etwas schneller hin und her, um dann einige seitliche Schritte zu machen. Niemand bewegte sich auf die Bar zu oder betrat gerade den Gastraum, welcher von halblautem Stimmengewirr und gedämpftem Licht erfüllt war, nochmals sah er um sich – und lockte Daeng mit einer schnellen Handbewegung zu sich. Er erhob sich gemächlich, drehte sich nochmals um, und folgte dem Schankburschen in den dunklen Durchgang links neben der Bar.

Bereits einmal war er hier gewesen, hatte sich auch nach einem Zimmer erkundigt und eines bekommen – nur, vor einigen Monaten oder einigen Jahren? Mit Sicherheit nicht jenes, an dessen offener Tür er nun stand. Schwaches Licht erhellte den Raum, genug um mehr als nur schemenhafte Umrisse zu erkennen. Raj lehnte am Türstock, als Daeng eintrat. Er machte einige Schritte in Richtung des großen Bettes, welches den Raum dominierte. Dunkel aussehendes, verdrehtes Metall rahmte es ein, ob es tatsächlich hier in der Stadt geschmiedet wurde? Nach wie vor lehnte der Typ am Eingang, sah auf den Boden, blickte in Richtung des Lichtscheins und der gedämpften Geräusche – und Daeng kam auf ihn zu.

Er packte Raj am Handgelenk, dieser versuchte den festen Griff abzuschütteln, und gab nach zwei Sekunden den Widerstand auf. Die andere Hand von Daeng umfasste seinen Rücken und zog ihn von der Tür weg, um diese mit einem kurzen Ruck zufallen zu lassen. Direkt stand er vor ihm, berührte seine Handflächen und ließ seine über den unverhüllten Oberkörper streichen, ohne dass sich viele Reaktionen zeigten. Erst als er seitlich seine Arme entlangfuhr, begannen die fremden Hände auch seinen Körper zu erkunden. Daeng fuhr seinem Gegenüber durchs Haar, sah in seine Augen, ließ sein Kinn auf seiner Schulter rasten und erkundete weiter den nackten Rücken.

„Und, zufrieden?“


„Ja, sehr … aber ich bin noch nicht sicher, ob ich das Bett mag.“


„Dann muss ich es dir demonstrieren.“

Raj bewegte sich auf das Bett zu, setzte sich auf die Liegefläche und drückte mit beiden Händen darauf. Daeng lächelte, und sein Gastgeber nahm eine Hand weg, so dass er direkt daneben Platz hatte. Er ließ sich langsam nieder, legte seinen Arm auf die Schulter neben ihm, und blickte dem Mann tief ins Gesicht. Noch ein kleines Stück wagte er sich heran – und wurde mit dem sanftesten möglichen Druck weggestoßen.

„Ich kann nicht.“

Daeng verzerrte das Gesicht und zog seine Hände weg.

„Wir müssen nicht, ist ganz in Ordnung. Ich habe nur geglaubt …“

Sehr langsam tastete sich Daeng über den Körper von Raj, sich vornehmend, die Hand beim geringsten Protest sofort wegzuziehen. Der Herzschlag, den er fühlen konnte, lag nicht weit von 200 Schlägen pro Minute entfernt, auch das leichte Zittern entging ihm nicht. Seine ersten Erlebnisse kamen ihm in den Sinn, bei denen es ähnlich gewesen sein musste, noch bevor ernsthaft etwas passiert war, zu der Zeit, als ihm nicht nur einmal jemand gesagt hatte, dass er sich professionell fotografieren lassen sollte.

„Oder ist es … ich weiß nicht, weil du lieber eine Frau hättest?“

Raj sagte nichts, blieb nur ruhig sitzen.

„Ich möchte ehrlich mit dir sein, gut? Ich weiß nicht, ob du der schönste, geilste und wundervollste Mann bist, den ich jemals getroffen habe … aber ich bin da vorhin hineingegangen, habe dich gesehen, und … wow!“


„Ich habe selbst damit angefangen. Es ist nur … manchmal …“


„Komm“, versuchte Daeng seine Stimme noch weicher klingen zu lassen, „leg dich bequem hin wenn du willst, und dann …“

Raj blieb still sitzen, beinahe, noch zehn Sekunden – um dann schnell seine Hose abzustreifen, sonst hatte er nichts auszuziehen, und sich der Länge nach auf das Bett zu legen. Kurz umfassten seine Hände das Metallgitter hinter ihm, seine Augen schlossen sich, er rückte sich bequem zurecht, und seine Gesichtszüge zeigten ein Lächeln. Daeng warf seine Kleidung ebenfalls neben das Bett, kniete sich über seinen Partner, und wagte einen genaueren Blick auf dessen Intimgegend. Oft waren diese knackigen Europäer durch seine Gedanken gegangen, vor ihm lag der Beweis, dass auch Südost- und Südasien weit genug voneinander entfernt waren, um für ihn eine nähere Erforschung wert zu sein. Alles präsentierte sich rasiert, vielleicht nicht ständig und nicht völlig glatt, doch nichts trübte den Blick auf die dunkle Haut vor ihm.

Ein Zucken ging durch das halb aufgerichtete Geschlechtsteil, jedes Mal, als er mit den Fingern über die wenige Millimeter langen Reste der Schamhaare strich. Schon jetzt wäre es groß genug gewesen, um mit seiner anderen Hand zuzugreifen, aber er wollte nicht, noch nicht. Das Gehänge zeigte sich umso mehr verfestigt, und schien sich bei jeder Berührung fester zusammenzuziehen.

Daeng beugte sich nach unten, ließ seine Zungenspitze nur leicht den Penisschaft seines Gespielen berühren, und das Zucken verstärkte sich. Die Beine unter ihm bewegten sich hektischer, beruhigten sich jedoch nach wenigen Sekunden wieder. Er ließ seine Zunge vorwärts wandern, erreichte die frei liegende Eichel – und verleibte sie sich ohne Zögern ein. Fast in voller Länge nahm er den Stab in sich auf, spürte, wie sich dessen Festigkeit aufbaute, und ließ sich vom nochmaligen heftigen Strampeln der Beine unter sich nicht beirren. Schmeckte hier alles wie das dunkle Bier, mit neuen, dezenten Noten? Er wurde schneller – um ihn doch wieder aus seinem Mund zu entlassen.

„Gefällt dir das so?“

Raj gab einen Laut von sich, der sich wie etwas zwischen Stöhnen und „Ja!“ anhörte. Eine Hand von Daeng übernahm, traf auf harte Substanz, und jede Bewegung brachte weitere Laute hervor, beinahe einem leisen Jammern gleich. Nur leicht befeuchtete er einen Finger seiner linken Hand, noch einen, und wagte eine Erkundung der Gefahrenzone. Kurz öffnete Raj die Augen, hörten sich seine Schreie spitzer, lauter an, als Daeng den Eingang erreichte, und die ersten Zentimeter waren zwar eng, jedoch nicht unüberwindlich.

Seine Finger trafen auf weniger Widerstand als erwartet, durch das steife Ding in seiner anderen Hand ging bei jedem weiteren Vordringen ein neuerliches Zucken, bei ihm selbst war es nicht anders, in seinen Gedanken sah er sich bereits …

Es klopfte an der Tür, drei oder vier Mal. Daeng reagierte nicht darauf, setzte sein Tun fort – und es klopfte erneut. „Was?“, rief er, mit den Handflächen auf die Matratze schlagend, während Raj aufblickte.

„Was gibt es?“, schrie dieser.


„Es war niemand an der Bar“, erhob sich eine gedämpfte Stimme, „und ja, wo ist hier bitte …?“


„Stellen Sie sich raus zum Pony!“, meldete sich Daeng dazwischen.

Raj stieß Luft aus, gab ein Kichern von sich, versuche es zu unterdrücken, gab nach wenigen Sekunden auf, und beide ereilte ein Lachanfall. Daeng versuchte, zu einem ernsten Gesichtsausdruck zurückzukehren, spreizte die Beine seines Bettpartners, hob ihn leicht an und bearbeitete sein eigenes bestes Stück.

„Du weißt, dass du dir in dieser Welt keine Sorgen machen musst?“


„Ja, das weiß ich, natürlich … es ist nur …“

Beide schwiegen sich an, doch der Blick von Raj sagte alles.

„Es hat mich noch nie jemand … genommen.“


„Oh … und möchtest du?“

Daeng verfolgte die Mimik seines Partners, welche zwischen „Ich weiß nicht“ und „Heute lieber nicht“ wechselte – und schließlich bei „Ja, mit dir schon“ hängenblieb. Er wollte das Kästchen neben dem Bett nach Gleitgel oder etwas in der Richtung durchsuchen, den Nebenraum, welcher wahrscheinlich ein Badezimmer darstellte, doch die Vorstellung, überhaupt keine Hilfsmittel zu brauchen, lies sein Glied weiter anschwellen. Hart wie Beton lag es in seiner Hand, er nahm nur ein bisschen Spucke zur Hilfe, tastete sich zu schon vertrauten Regionen, und die blanke Speerspitze presste sich gegen nackte Haut, drang tiefer.

Er hatte nicht so leichtes Spiel wie zuvor mit seinen Fingern, bemerkte das schmerzverzerrte Gesicht von Raj, streichelte langsam durch dessen Haar, und fügte noch mehr natürliche Feuchtigkeit auf seine Spitze. Beim nächsten Versuch fühlte sich der Lustkanal unvermindert eng, aber viel geschmeidiger an. Er gab nicht auf, beobachtete, wie sein Zauberstab eindrang, und hielt inne. Er zog sich ein Stück zurück und fühlte, wie der Schmerz von Raj verschwand, merkte es an seinem schnellen Atmen, seinem zunehmenden Lächeln. Mit stärkerem Druck, nur sehr langsam, glitt er nochmals seinem Ziel entgegen, stützte sich an den weggestreckten Beinen ab – und im nächsten Moment spürte er, wie er wirklich drin war.

Nur leicht schrie Raj auf, für Daeng Grund genug, sich zurückzuziehen und zu hoffen, ihm nicht zu viele Schmerzen zugefügt zu haben, doch ein leichtes Kopfnicken signalisierte ihm, wieder aufs Ganze zu gehen.

Dieses Mal klammerte er sich fester um die Beine seines Gegenübers, umarmte sie regelrecht, sog die fast schon schwüle Luft ein, und zwängte sich in voller Länge durch den knappen Raum, der ihn fest umschloss, immer wieder. Einige Lusttropfen mussten sich schon gelöst, die Reibung gerade so erträglich gemacht haben, und er fühlte mehr kommen, bald. Er konnte noch viel länger, wenn er wollte, aber er hatte nur den Wunsch, dem Mann unter ihm ein unvergessliches Erlebnis zu bereiten, und ihn nicht zu überfordern.

Raj bewegte sich mit jedem der Stöße mit, stöhnte etwas in seiner Sprache, und in seinem Gesicht stand nur Freude, kein Schmerz. Ob er selbst auch so weit war, oder seine Selbstbeherrschung so lange ausreizte, wie er konnte? Daeng stieß stärker zu, rasanter, wie auch das stoßartige Atmen seines Partners schneller wurde, wollte es nicht aufhalten, presste sich enger an Raj, fühlte das heranrasende Kribbeln – und ließ seiner Samenspende freien Lauf. Ladung um Ladung schickte er in die dunklen Tiefen, bis er auf dem schwitzenden, unkontrolliert zuckenden Körper unter sich zusammenbrach.

Nur langsam kehrten seine Sinne zurück, rollte er sich zur Seite, und tastete sich über Raj, welcher tief ein und aus atmete.

„Was, du auch?“, stellte er fest.


„Ja“, lachte Raj, „das war so … ich weiß nicht … ich habe kaum mit der Hand …“

Stille lag in der Luft, bis auf die entfernten, dumpfen Geräusche aus dem Gastraum. Daeng starrte auf die Zimmerdecke, auf die dunklen, sehr stabil wirkenden Balken, und sein üblicher Ruhepuls kehrte zurück. Es war nicht seine erste Entjungferung gewesen, aber wahrscheinlich das erste Mal, wo er dabei gleich einen Teil von sich weitergegeben hatte. Drohten in dieser Welt nicht nur keine Krankheiten, sondern konnte sie nur funktionieren, wenn sich alle so nah kamen, wie es ging?

„Ich sollte dann glaube ich einmal …“, brach Daeng das Schweigen und drehte sich zu dem Durchgang an einer der Wände, „… das ist doch …?“


„Ja, es sieht nicht so aus, aber wir haben fließendes warmes Wasser in fast jedem Zimmer.“


„Optimal!“

* * *

Raj setzte sich auf, während der thailändische Mann in Richtung Badezimmer ging, und hörte bald das Plätschern des Wassers. Ob er sich zu ihm gesellen sollte, oder lieber warten bis er fertig war? Nötig würde es sein, so wie er ihn genommen hatte, seine Haut war schwitzend, klebrig, und noch immer fühlte er die Säfte herabtropfen, fremde und seine eigenen, die Nässe in seinem Inneren, überlegte, ob er den Geruch jetzt mochte. Ob er ihn bitten hätte sollen, woanders hin zu kommen? Nein! Es war doch Daeng, der, über den da und dort etwas erzählt wurde, und kein anderer, oder? Sollte er nicht lieber bald wieder zur Bar, sehen, ob alles in Ordnung war?

Wie vorhin klopfte es laut an der Tür, und Raj war versucht, nur laut „Was ist?“ zu schreien, doch er sah sich lieber schnell nach einem Tuch um, das er sich umbinden konnte, und sprang auf. Nur einen Spalt weit öffnete er die Tür, und jemand anders riss sie ganz auf.

„Ist er da, oder nicht?“, fragte die dunkel gekleidete Gestalt, welche er von vorhin zu kennen glaubte.


„Was …?“

Der Typ trat ein, sah sich um, und bemerkte das Rauschen des Wassers im Badezimmer.

* * *

Der ganze Raum bot nicht sehr viel Platz, und Daeng stand auf einem groben Metallgitter, doch unter der Dusche wäre genug Raum für zwei gewesen, und das Wasser musste bis auf Zehntel Grad genau die richtige Temperatur haben, schien sich danach zu richten, ob es ihm zu kühl oder zu heiß war. Er drehte das große Rad zu, welches ihn an einen Technikraum erinnerte, streifte sich notdürftig die Nässe ab – und sah den dunkel gekleideten Mann auf ihn zukommen. Das war doch …?

„Oh!“, bemerkte dieser langgezogen und lies seinen Blick über ihn von der Mitte nach oben und wieder nach unten schweifen, während er sich in langsamen Schritten näherte. Daeng ließ seine Blicke hektisch nach etwas schweifen, das sich als Badetuch verwenden ließ. Er hätte seine Blöße auch gar nicht verhüllt, aber nicht allen gestand er ein Recht darauf zu.

„Damit eines klar ist“, erhob sich die bekannt klingende Stimme, „du kannst vielleicht unser Bier wegsaufen, unser Personal vögeln, aber …“


„Wieso eures? Was ist jetzt bitte los?“

Raj versuchte sich irgendwie dazwischenzustellen, kam jedoch nicht dazu.

„Ihr kontrolliert vielleicht die Portale in diese Welt, du und dieses Projekt … 43 … aber dieses Lokal gehört jetzt uns, und schon bald diese Stadt.“


„Aber …?“

Noch jemand trat ein, ein anderer dunkel gekleideter, kräftigerer Typ, nein, zwei, alle hatten etwas umgehängt, und Raj zuckte zusammen.

„Was wollt ihr tun?“, entgegnete Daeng, stellte sich ihnen breitbeinig gegenüber und verschränkte die Arme. „Geiseln nehmen?“


„Nicht dass du uns noch auf Ideen bringst“, erwiderte der Anführer und rückte den breiten Gurt zurecht, welcher über seiner Schulter hang, „wir wollen doch alle friedlich zusammenleben.“

Daeng trat näher und stieß mit beiden Händen gegen jenen der drei, den er etwas über seiner Gewichtsklasse einschätzte. Der Mann bewegte sich kaum, dafür schlug seine Miene von neutral auf finster um. Sollte er sich prügeln? Er konnte sich nicht erinnern, wann er das zuletzt getan hatte, war solchem Ärger stets ausgewichen, dabei könnten seine Chancen nicht so schlecht stehen. Aber sie waren zu dritt, draußen womöglich noch mehr, und seine Eroberung wahrscheinlich keine große Hilfe, groß und stolz zwar, aber kampfbereit? Einmal waren der Kampftruppe ihre männlichen Schwächen zum Verhängnis geworden, und sogar Hetero-Männer hatte er schon verführt, dafür auch mindestens einmal eine Frau ihn. Dieses Mal jedoch …

„Also … besprechen wir den Rest später, und du … zieh dir was an und wieder ab nach draußen!“

Das Trio kehrte um und ließ dabei die Tür offen.

„Wie … was wollten die jetzt?“, kam Raj endlich zu Wort. „Und was ist mit den Portalen? War bei mir schon kompliziert genug.“


„Ärger machen, nicht zum ersten Mal. Wir haben die Portale zwar unter Kontrolle, ich, unser Projekt – aber anscheinend haben sie einen Weg gefunden. Vielleicht wollen sie eine Außenstelle von ihrem Lustschloss aufmachen … du hast die Möglichkeiten ja selber gerade gesehen.“

Raj lächelte, kicherte, und Daeng umarmte ihn, nicht nur zwei Sekunden lang, bevor dieser ins Badezimmer eilte.


Kapitel 3 – Der Torwächter

Ich wusste lediglich über ihn, dass er sich Daeng nannte, ein asiatischer Mann war, und die Daten in seinem Profil nach meinem Geschmack klangen, obwohl nicht einmal mit einem Bild versehen. Am Ende der Welt wie in Bangkok sollte ich ihn nicht treffen, sondern in Bratislava, in Pressburg, das von Wien aus in einer Stunde mit dem Zug erreichbar war. Ob ihn seine Model-Agentur auf eine Reise geschickt hatte, ein Projekt mit ihm und den slowakischen Boys?

Die Gesamtausgabe von „Projekt 43“ kannte er offenbar, auch diese neue Geschichte über ihn und das Gasthaus, über einen Daeng jedenfalls, hatte ich ihm geschickt. Sie war unfertig, das Kapitel konnte nicht für sich allein stehenbleiben, und ich erwartete gespannt seine Reaktion – um sie zu erfahren, musste ich eine Reise antreten. Wir hatten praktisch nicht viel mehr hin und her geschrieben, als einen Treffpunkt zu vereinbaren, und schon bei diesen paar Zeilen Text von ihm ereilte mich ein völlig anderes Bauchgefühl als bei diesen schnellen Abenteuern. Er gehörte nicht zu jenen, wo ich ohnehin nicht mit ihrem Auftauchen rechnete, die hätten nur „ok ;-)“ geschrieben und nicht „Ja, da habe ich Zeit, freue mich wirklich schon“.

* * *

Dass es im November noch ziemlich warm sein konnte, war ich von den letzten Jahren gewohnt, an diesem Tag fehlte auch der übliche Hochnebel, und grelle Sonnenstrahlen begleiteten mich bereits den ganzen Vormittag. Der Regionalexpress näherte sich Kittsee und somit der Grenze, die nächste Station würde Petrzalka in Bratislava sein, und die riesigen Wohngebiete aus Ostblock-Plattenbauten waren längst zu sehen. Bei näherer Betrachtung zeigten sie sich renoviert und in mehreren Farben statt nur grau, besser aussehend als manches Wohngebiet in meiner eigenen Stadt. Ich fragte mich, wie Kittsee in früheren Zeiten ausgesehen haben mochte, denn einer der Bahnsteige lag ungefähr 20 Meter von der Staatsgrenze entfernt.

Der Zug rollte voran, durch weite Felder und an großen Hallen vorbei, die Aufschriften änderten sich, und wir erreichten den Bahnhof. In einer Richtung führte der Ausgang zur Buslinie in Richtung Altstadt, doch dort wollte ich nicht hin. Auf der anderen Seite waren Wohnblöcke, zwischen denen sich große Grünflächen erstreckten, mit einzelnen plumpen Betonklötzen dazwischen. Ich erreichte den Weg entlang des Chorvatske rameno, einem früheren Seitenarm der Donau, und studierte nochmals die Karte. Bis zum Treffpunkt war es noch eine halbe Stunde, und die Richtung stimmte. Kamen bei mir ernsthaft Magenschmerzen auf?

* * *

Die Gebäude wirkten sehr bewohnt und nicht wie in Prypjat, doch niemand fuhr mit dem Fahrrad entlang des Weges und niemand ging dort, außer mir. Ein Imbiss-Stand am Velky Drazdiak, zumindest im Sommer ein Badesee, offerierte Kofola, die östliche Antwort auf Cola, wenn er geöffnet gewesen wäre. Das Wasser war eiskalt und der Boden von welken Blättern überzogen, aber durch den ungetrübten Sonnenschein und 16 Grad plus fühlte ich ein warmes Brennen auf meiner Haut, mehr als an vielen trüben August-Tagen.

Nach meinen Erfahrungen war ein paar Minuten vor dem ausgemachten Zeitpunkt oft jemand da, wenn es mit einem Treffen klappte, und es blieben noch 8 Minuten. Exakt an dieser Stelle, hatte er gemeint. Bewegte sich dort vorne etwas, ein menschliches Wesen und keine Krähen?

Ich sah jemand den Weg entlangschreiten, ein Mann, wie ich mit offener Winterjacke – ein asiatischer Mann. Auf den letzten Metern, die uns trennten, beschleunigte sich mein Puls nochmals. Er marschierte an dem aufgestellten Übersichtsplan vorbei, auf den leeren Strand, blieb stehen, ließ seine Blicke umherschweifen, und wir sahen uns an.

„Wir … ja … wollten uns treffen?“, sprach ich ihn an.

Er reagierte nicht, fast als ob er mich nicht verstand, oder ignorierte, um mir Sekunden später eine Hand entgegenzustrecken.

„Ja, das könnte sein“, hörte ich seine Stimme, und er reichte ein langes Lächeln nach, als wir uns die Hände schüttelten.

Mit den Bildern von dem, den ich selber Daeng genannt hatte, verband ihn eine gewisse Ähnlichkeit, sogar eine große, aber … ob er so aussah, wenn er nicht gephotoshopt war? In seinem Fall nicht schlechter, und wenn ich das helle Licht berücksichtigte, konnte dies das ganze Bild verzerren. Aber er war doch kein Foto, er stand vor mir.

„Und, was sagst du zu der neuen Geschichte?“


„Ich weiß nicht … nein, wirklich gut, ich habe nicht aufhören können! Aber hast du eine Schreibblockade?“


„Wieso das? Nein, das ist nur das erste Kapitel, oder das zweite, du bist der erste dem ich es geschickt habe.“


„In allen diesen Geschichten, wo es um Schriftsteller geht, haben sie eine Schreibblockade.“


„Nein“, musste ich selbst kurz lachen, „wenn, dann lenkt mich manchmal zu viel ab. Entweder meine Arbeit, kündige ich sowieso bald, zu müde, oder …“

Daeng machte einige Schritte entlang des Weges, welcher um den See herumführen musste, zog seine Winterjacke aus, und ich folgte ihm.

„Und was machst du dann? Warte … in deiner Geschichte nimmst du so einzelne Aufträge an, etwas das mit Schreiben zu tun hat.“


„Habe ich sogar schon in Wirklichkeit, nur bringt es leider nicht viel ein … aber deine Aufträge wahrscheinlich schon.“

Ich blickte ihn zum ersten Mal wirklich genauer an, spürte keine Nervosität, als ich mehr als einige Sekunden lang seinen Haarschnitt betrachtete, versuchte, einen Blick auf seine trainierten Schultern zu erhaschen, die im Ausschnitt seiner Kleidung verschwanden. Er legte seine Hand auf mich, sehr langsam und zart, und auch ich entledigte mich meiner Jacke, weil es echt schon zu warm wurde. Passierte da etwas in meiner Hose? Einmal war es so gewesen, beim Üben von Tanzschritten, an diesem Tag war es beinahe eine Tanzhaltung, die wir für einige Sekunden einnahmen.

Es war 14 Uhr an einem Mittwoch im November, keine Zeit mit starkem Andrang in Freizeitgebieten, und außer uns fiel mir nach wie vor niemand auf, nicht einmal Flugzeuge am Himmel. Der Pfad machte eine Biegung und führte zwischen Ufer und einem Waldgebiet entlang.

„Ich muss dir etwas sagen“, beendete er an einer trotz der kahlen Bäume wenig einsehbaren Stelle unser kurzes Schweigen.


„Was denn?“

Er blickte an sich selbst hinunter, deutlicher, unterdrückte ein leises Lachen, und ich verstand. Wenige Zentimeter vor seiner Körpermitte vergewisserte ich mich seiner Zustimmung, registrierte das dezente Kopfnicken, und berührte den Stoff seiner Jeans. Es war nicht nur eine Stofffalte, welche ich mit meinen Fingern fühlte, sondern etwas Festeres. Ich knetete ihn durch, spürte ein Zucken, drehte mich um, blickte hektisch in alle Richtungen, presste mich dichter an ihn und hoffte, dass mich auch seine Hand berühren würde.

„Stell dir vor“, brach ich die neuerliche Stille, „du bist der in der Geschichte. Was würdest du machen?“


„Hmm … da müssen wir zuerst ein Portal öffnen, damit ich hineinkann.“


„Die Weltenportale lassen sich nicht öffnen, die sind einfach da und öffnen sich, wann sie wollen … außer vielleicht …“


„Siehst du die Stelle dort?“

Daeng zeigte auf einen bestimmten Punkt auf dem Boden, zwischen mehreren Bäumen.

„Du weißt etwas, das ich nicht weiß, aber damit wir eine Chance haben, hinüberzukommen, müssen wir …“

Er stellte sich vor mich, fasste um meine Hüften, um meinen Rücken, wir umarmten uns, fester, ließen nicht los, und ich spürte etwas. Es fühlte sich intensiver an, noch eine Stufe über dem was geschehen würde, wenn er sich an mir rieb, und das machte er. Ich schloss die Augen, kämpfte nicht dagegen an. Was … wenn er es wirklich war?

Ein halblautes Stöhnen ließ mich die Augen öffnen.

„Was … bist du gekommen?“


„Nein“, lachte er und löste sich von mir, „leider nicht.“

Das Gefühl in meinem Magen und meinem Hals, zuvor noch auf ein Minimum abgeflaut, kehrte zurück und schlug in eine andere Richtung um. Es war wie bei einem Treffen vor Jahren, wo mir jemand auf diese Weise mitgeteilt hat, dass ich nicht sein Typ sei.

„Noch nicht“, setzte er fort, „aber möchtest du wirklich hier?“


„Möchtest du?“

Mir wurde heiß, sehr heiß, nur für einige Sekunden, und das Kribbeln wandelte sich zu etwas … als ob ich gerade gewonnen hätte, nein, wie eine grüne Landschaft an einem sonnigen Frühlingstag … in der auf einmal er auftauchte.

„Wir könnten in dieses Lokal gehen, ich wüsste da eines …“, schlug er vor, „… und dann sehen wir weiter. Du hast den ganzen Tag Zeit, oder?“


„Gut!“, meinte ich, und nickte.

* * *

Die Altstadt von Bratislava erstreckte sich östlich neben dem Hügel mit der Burg, und in den verwinkelten Gassen wurde auf vielen Speisekarten authentisches slowakisches Essen angepriesen. Auch er bevorzugte jedoch etwas wie Thai Curry, ohne Fischsauce und mit Tofu. Das Pflaster musste genau wie die Fassaden in der jüngeren Vergangenheit renoviert worden sein – jene Gasse, in welche er mich nun führte, passte nicht in das Bild, wirkte dunkler und einsam. Nur ein Lichtschein aus einem Haus weiter vorne zeugte von Leben.

Die Tür ließ sich schwerer öffnen als erwartet, der Gastraum war gut besucht, und einige Meter vor uns erstreckte sich eine Bar. Sie zeigte sich wie das ganze Lokal nicht besonders modern, mit klar definierten Formen und farbigen Lichtakzenten, sondern mehr abgenutzt und heruntergekommen und dennoch zu stundenlangen Aufenthalten einladend. Wir setzten uns an einen freien Tisch, bald brachte jemand zwei Gläser Bier mit stattlicher Schaumkrone, welches Daeng mit einem Fingerzeig auf die mit Kreide geschriebene Karte bestellt hatte. Sofort prosteten wir uns zu und ich überlegte, woran mich der Geschmack erinnerte.

„Wann fährt dein Zug zurück nach Wien?“


„Es geht um 22 Uhr irgendwas auch noch einer, da musst du dir keine Sorgen machen. Und wie ist es mit dir?“


„Morgen Nachmittag ist ein Fotoshooting … bis dahin habe ich noch nichts vor.“

Er sah mich direkt an und verzog die Mundwinkel, ich rückte näher an den Tisch.

„Ich habe morgen auch erst später was zu tun … also ich meine …“


„Weit habe ich es sowieso nicht, ich wohne ganz in der Nähe.“

Irgendwie machte mich das Bier müde, wenngleich es noch nicht allzu spät war, in jedem Fall zeigte es eine andere Wirkung.

„Äh, ich … muss einmal.“

Er nahm es zur Kenntnis, während ich aufstand und nach Hinweisen an der Wand suchte. Ein langer, schwach beleuchteter Gang führte neben der Bar nach hinten, an einigen mit kleinen Ziffern beschrifteten Türen vorbei, und zu einer mit einem internationalen Symbol. Jemand stand an einer Wand, für einen Moment überlegte ich, mich direkt daneben hinzustellen, zwei Meter trennten uns – und dann sah ich den Typen genauer an. Seine Haut war dunkler als meine, er stammte wahrscheinlich … aus Südasien.

Die Spülung aktivierte sich, er ging an mir vorbei – und blieb stehen.

„Warte …“, sprach er mich an und zögerte, „… du bist Marc, oder wie auch immer jetzt.“


„Äh, warum?“


„Daeng hat nach dir gefragt.“

Woher wusste er …? Alles bis dahin konnte noch Zufall sein, musste, aber das? Ich fürchtete im ersten Moment eine Harnwegs-Infektion, ein scharfes Brennen fuhr durch mich, doch das war nur was passierte wenn das geschah, was nicht sein konnte. Ich konnte nicht träumen, dann wäre zwar fast alles möglich, aber gleichzeitig schwammiger, undefinierter.

„Ähm, darf ich bitte noch … ja?“

Raj trat näher, wenn er es war. Auch ihn gab es wirklich, er trug auf dem Foto eine Badehose, laut Beschreibung wurde es in Sri Lanka aufgenommen … nun stand er vor mir.

„Kann ich dir bei etwas helfen?“, fragte er.

Mein Druck hatte sich großteils abgebaut, dafür ein anderer auf. Wenn ich zu sehr an Daeng gedacht hätte, wäre es vielleicht genauso geschehen, nun blieb nichts mehr verborgen. Er näherte sich weiter, stand seitlich neben mir, während meine Erregung wuchs, und ein mit „Nein!“ kommentiertes Gehen wäre meine einfache Reaktion gewesen, wenn ich es nicht wollte. Ich blieb an der Wand stehen und überlegte, in welche Art von Lokal ich tatsächlich geraten war. Ob es doch Hinterzimmer gab … und diese meistens nicht dazu verwendet wurden, um sich mit käuflichen Damen zurückzuziehen?

„Ja, kannst du vielleicht … aber das letzte Mal bei so einer ähnlichen Geschichte war er dann sauer. Obwohl … du bist ein Mann und keine Frau, und außerdem … ich stehe nicht wirklich auf … wenn dann …“

Er drückte sich von hinten an mich, und seine Finger tasteten sich zu meiner Erektion und verstärkten sie. Öffentliche Klos fand ich meistens entweder zu stressig oder zu schmutzig, um dort Sex zu haben, viele verwendeten sie womöglich als Treffpunkt, weil dort leicht jemand zu bekommen war und es keinen Eintritt kostete … aber was, wenn jemand hereinkam? Würde er innerhalb einer Sekunde aufhören und die Situation beobachten? Und wenn schon, es war nicht einmal klar, wo …

Er stand direkt hinter mir, sein Griff fühlte sich nicht ganz so fest an, er machte es ein bisschen zu schnell, auch sein leichtes Zittern konnte er nicht verbergen. Dennoch hielt er harte Tatsachen in der Hand, und statt dass diese vor Angst weicher wurden, so wie meine Knie, fuhr ein Zucken durch mich. Seine freie Hand wanderte unter meinen Pullover, welcher mir langsam zu warm wurde. Auch ihn musste mehr als nur ein Kribbeln erfasst haben, denn selbst durch einige Schichten Stoff drückte sich sein pulsierendes Geschlechtsteil deutlich gegen mich.

Die Tür wurde aufgerissen, ich zuckte zusammen – und sah Daeng eintreten.

„Was? … Oh!“

Er sah uns ruhig an, und innerhalb von zwei Sekunden wusste ich, dass alles in Ordnung war. Raj gab seine hektischen Versuche auf, bei mir schnell wieder alles einzupacken – dann erkannte auch er Daeng und sein Blick wurde neutraler.

„Hallo … ja, da ist er, wenn du ihn gesucht hast.“


„Was … wird hier jetzt gespielt?“, meldete sich Daeng zu Wort. „Hast du wirklich was mit dem … Projekt 43 zu tun?“

Raj wischte sich ein bisschen Schweiß von der Stirn und atmete scharf aus, während ich mich wieder anzog.

„Ich muss euch etwas erzählen“, holte Raj zu einer wohl längeren Erklärung aus, „aber am besten nicht hier.“

Daeng zeigte einen „Was ist jetzt bitte los? Aber schauen wir einmal“-Gesichtsausdruck, und folgte unserem Freund auf den Gang. Eine der Türen öffnete sich, indem er die Türschnalle mehrmals schnell hinunterdrückte, und wir traten ein. Erwartet hatte ich eine staubige Abstellkammer, tatsächlich zeigte sich vor uns genug Platz für ein dunkelrotes Sofa und eine große Liegefläche, hinter einer Glaswand befand sich eine Dusche. Ich legte mich mit Daeng hin, während Raj vor uns Platz nahm.

„Wie soll ich es erklären … schaut einmal auf eure Telefone.“

Ich kramte nach meinem – kein Netz, kein Internet, kein einziges WLAN, nichts. So schlecht konnte der Empfang nicht sein, denn ich erkannte hinter uns ein Fenster, durch welches ein wenig Licht von der Straße oder einem Innenhof hereindrang. Auch die Landkarte blieb an der letzten Position hängen.

„Wir sind bei einem der Portale, einem Knotenpunkt … und meine Aufgabe ist …“


„Du bist der Torwächter?“, unterbrach ich ihn.


„Meine Aufgabe …“, entgegnete er ernster und rückte näher zu uns, „… ist es … ich soll mich unauffällig verhalten und alle verdächtigen und ungewöhnlichen Dinge weitergeben.“


„Und wie machst du das, wenn es kein Funknetz gibt?“, fragte ich weiter.


„Wenn sich die Übergangsstelle öffnet, kann ich das … und jetzt sieht es nicht mehr danach aus.“


„Und wo ist die jetzt genau? Ich meine, wenn wir … wenn ich wieder auf die Straße hinausgehe, wo komme ich dann hin?“


„Die von der Gegenseite werden auf uns warten … wahrscheinlich.“

Daeng hatte bereits die ganze Zeit seine Hand auf mich gelegt, an sich alle zwei, mich halb ausgezogen. Ich glaubte nicht, dass jeden Moment jemand diesen Raum betreten könnte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob überhaupt jemand von uns abgesperrt hatte. Egal an welchem Punkt des Universums wir uns befanden, wenn er neben mir lag und ich seine Finger auf meiner nackten Haut fühlte, breitete sich nichts als Sicherheit und Geborgenheit aus. Es war, als ob ich ihn seit einigen Jahren kannte, und nicht erst seit diesem Tag – und es war so, er war es, schmiegte sich an mich, in diesem Moment. Wieder bekam ich einen Steifen, unweigerlich, und dieses Mal wollte ich nicht aufhören, meine Energie weitergeben, mit seiner austauschen.

„Ich sollte dann wieder hinaus, die Lage im Auge behalten“, verkündete Raj und sprang auf.


„Moment, warte!“, rief ich und drehte mich zu ihm.

Sein Zögern wandelte sich zu einem vorsichtigen Lächeln, und er machte einige Schritte in unsere Richtung. Ich umfasste sein Bein, zog ihn weiter zu uns, Daeng das andere. Wir schleppten ihn zum Bett, rückten weiter, so dass genügend Platz für ihn blieb, und auch er zog seine Schuhe aus und legte sich hin. Er begann an seiner Hose zu hantieren, doch wir übernahmen beide für ihn und zerrten sie nach unten. Was mir an Größe und Anspannung entgegenschlug, überraschte mich.

Sein Ding übertraf meine eigene Länge um zwei, drei Zentimeter, ohne übertrieben dick zu sein. Nur zwei meiner Finger strichen über die zimtfarbene Haut, und auf jede Berührung folgte ein starkes Zucken und er biss die Zähne zusammen. Es war beinahe ein Jammern, das er von sich gab, oder ein leises Flehen nach mehr. Erneut erfasste ein Zittern seinen ganzen Körper, seine Beine, Daeng streichelte sanft darüber, während ich mich nach unten beugte und meine Zungenspitze den Liebesstab berührte. Ich konnte kaum die Unterseite erkunden, schon drängte er sich an meine Lippen. Mir wurde heißer, als ich weiter an ihm saugte, tiefer, und ihn in meinen Mund aufnahm.

Das Winseln wurde zu einem lauteren Stöhnen, ich glaubte ein „Ja!“ zu hören, und setzte meine Zunge ein. In voller Länge war er in mir, bis zum Rachen, so tief ich konnte, und ich hielt einen Moment inne. Eine Hand war zu viel, Daeng brachte sich in Erinnerung – und ich überließ ihm das Feld.

Er beugte sich über Raj, der die Augen geschlossen hatte, streichelte durch dessen Haar, und ließ die tiefrote, geschwollene Eichel in seinem Mund verschwinden. Ich hielt eine Hand von Raj, mein Freund verschlang ihn, steigerte die Geschwindigkeit, und die Finger der fremden Hand pressten sich um meine. Durch das Loslassen und ständig festere Zugreifen konnte ich nur ahnen, was er spüren musste, etwas, das vielleicht nur hier möglich war, oder wir beide besonders gut beherrschten.

Der Griff wurde fester und ließ nicht nach, seine Beine hielten nicht mehr still – bis sie sich durchstreckten und er einen langen Schrei losließ. Für Daeng stellte das keinen Grund dar, ihn aus seiner Mundhöhle zu entlassen, er setzte sein Tun fort, bis die letzten Zuckungen verebbt waren, richtete sich auf, sah mich an – und schluckte.

Raj streckte die Arme von sich, atmete schwer, öffnete die Augen, Schweiß lag in der Luft – und starrte mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen auf die Decke. Beide kuschelten wir uns seitlich an ihn, streichelten ihn, bis er sich wieder bewegte. Er setzte sich auf, schien zu überlegen, was er sagen sollte.

„Was?“, sprach ich ihn an. „Hat dir noch nie jemand einen geblasen?“


„Doch … aber es war nie so … Wahnsinn!“

Daeng lächelte, sehr lange und intensiv, schüttelte ihm die Hand und klopfte ihm auf den Rücken. Ich umarmte ihn für einen kurzen Moment und noch ein bisschen länger, als er aufstand.

„Ich sollte jetzt wirklich wieder gehen … am besten, ihr bleibt diese Nacht hier, genau hier.“

Er schnappte seine Kleidung, humpelte zur Tür, während er sich die Hose anzog, und ließ uns allein. Hatte Daeng nun seinen bevorzugten Spielgefährten, wann immer er hier einkehren würde? Ich gönnte es ihm, wollte, hatte theoretisch auch entfernte Freunde, die ich auf der Durchreise besuchen konnte, nur wann kam das schon vor?

Daeng drehte sich zu mir, legte seine Hand auf meine, ob es ebenso Absicht von ihm war, dass ich wieder seine Männlichkeit durch seine Hose spürte? Es musste ihm aufgefallen sein, dass er sich damit gegen mein Bein presste, mir näher kam. Ich versuchte, Größe und Aussehen zu schätzen, was bisher nur in meinen Gedanken existierte, und bemerkte, dass er sich nicht nur an mich kuschelte, sondern nebenbei seine Hose öffnete. Ich streichelte durch seine Haare, bemerkte zusehends, dass er außer auf dem Kopf kaum welche zu haben schien, und bald lagen alle unsere restlichen Kleidungsstücke um das Bett herum verteilt. Nur seine Unterhose behielt er an, während ich zu voreilig war.

Er packte mit festem Griff zu, doch fehlte ihm jede Brutalität, und seine Haut fühlte sich warm und weich an. Die Wärme erfasste mich sofort, durchdrang mich, und ich kniete mich über ihn. Ich hatte freien Einblick auf das von weißem Stoff verhüllte, pochende Paket direkt vor mir, legte meine Hand darauf – und er riss seinen Mund auf. Ein halblautes Keuchen kam hinzu, als ich ihn leicht massierte, mit der Hand hineingriff – und das Höschen mit beiden Händen nach unten zog.

Sein Glied war einen Hauch dicker als das von Raj und so hart, dass ich es nur vorsichtig in eine andere Richtung bog. Die Eichel trat deutlich hervor, wie ein Leuchtfeuer – und meine Lippen folgten dem Ruf. Noch bevor sie die Spitze erreichten, erfasste mich eine Vertrautheit, ein Gefühl, dass alles gut und richtig war, das jeden Rest von Zögern oder Nervosität beseitigte. Meine Zunge umspielte die Spitze, den Rand, und ich ließ ihn in meine Mundhöhle gleiten. Ich beobachtete seinen Oberkörper, wie sich die dezent abgezeichneten Muskelpakete hoben und senkten, wie seine Gesichtszüge „Bitte mehr, du bist wundervoll!“ schrien, ohne ein Wort zu sagen.

Ich musste eine längere Pause einlegen, zu sehr verkrampfter Unterkiefer, und legte mich neben ihn. Daeng drehte den Kopf zu mir, ich rückte noch näher – und unsere Lippen berührten sich. Das Brodeln in mir wurde augenblicklich zu einem Kribbeln, das sich durch meinen gesamten Körper zog, ich konnte nichts tun, als ihn noch fester zu umarmen, auch seine Zungenspitze nahm Kontakt mit meiner auf, und wir wälzten uns über die Liegefläche.

Seine Finger griffen zu, während sich unsere Beine umschlangen, ließen das Gefühl nicht verebben, und er musste kurz nach Luft schnappen, als auch ich mich seines Zauberstabs bemächtigte. Das Brennen in mir verstärkte sich, drohte jeden Moment überzukochen – und nur wenige Augenblicke nach seinem langen, tiefen Schrei schäumte alles über. Ich spürte Nässe an meiner Hand, ließ mich fallen, und als ich nach weit mehr als einigen Sekunden die Kontrolle zurückgewann, glaubte ich noch immer cremeweiße Fontänen auf seine glatte Haut klatschen zu sehen. Der Duft aus frischem Schweiß und Sperma füllte den Raum in einer Weise, die ich tief einatmen wollte, nicht wie etwas, aus dem ich lieber schnell verschwand.

Er schüttelte seine Beine durch, hielt still, wir sahen uns an, und er musste kurz lachen. Seine Hand legte sich auf meine, streichelte den Handrücken, löste sich wieder. Sein Blick wurde ernster, und ich versuchte zu erraten, was er wollte, bei mir ging nichts mehr, so gut hatte er den richtigen Moment erwischt.

Meinem Spielzeug fehlte nur wenig von seiner Festigkeit, und als er seine leicht schwitzende Handfläche auf meinen Oberschenkel legte, baute sich diese erneut voll auf. Ich machte manchmal mit aller Gewalt weiter, kämpfte um einen zweiten Höhepunkt direkt nach dem ersten, doch dafür brauchte es viel Einsatz, Ausdauer und Stärke. Es war lange, harte Arbeit, wo die Erschöpfung siegen konnte, und die manchmal doch mit einem plötzlich heranrasenden Gipfelsieg belohnt wurde. Ohne jede Berührung meiner Intimzone schien dieser greifbar und nicht völlig irreal wie noch 20 Sekunden zuvor. Er rückte seine Finger in leicht andere Positionen, sein Blick blieb ernst – und ich stand mit einem Mal einer gewaltigen Macht gegenüber, wie einer kurz zuvor noch unüberwindbaren Felswand.

Ich fühlte ein weiteres Zucken, wagte nicht hinzugreifen, alles wurde in Sekunden intensiver – und dann begann mein Fall. Bildfetzen schossen durch meinen Kopf, von einem aus dichtem Nebel ragenden Berggipfel, den ich mit einem magischen Gegenstand in der Hand erreichte, alles erreicht hatte – bis mich Daeng auffing.

Kapitel 4 – Das Elfenhaus

Als ich erwachte, bemerkte ich das helle Sonnenlicht, welches durch den gefächerten Vorhang in Streifen auf mich fiel. Mein Rucksack lag auf einer Ablage gegenüber, auch meine Winterjacke – doch wo war Daeng? Wo war ich? Wirkte der Raum bei Tag anders? Ich erkannte nur die Glaswand, hinter der sich eine Dusche verbergen musste, er blieb verschwunden, sein Gewand lag nicht neben dem Bett, nichts von ihm. Ein Blick auf mein Mobiltelefon zeigte mir, dass es kurz vor 9 Uhr war – und ein slowakisches Netz. Ich sprang auf, ging zum Fenster – und sah einige Autos, Straßenbahnen und viele Menschen auf der Straße.

Die Dusche lieferte warmes Wasser, doch ich konnte das Gefühl nicht wegwaschen, welches in mir aufkam, mit einem hämmernden Herzschlag bis zum Hals und diesem flauen Gefühl in der Magengegend begonnen hatte. Um 13 Uhr musste ich nicht nur in Wien, sondern auch an meinem Einsatzort sein, hoffen dass diese eine Arztpraxis nicht mehr wegen Urlaub geschlossen war, vorher Dinge von zuhause holen. Der letzte Abend blitzte in meinen Gedanken auf, ich überlegte, ob ich nicht schnell …

Nein, ich musste ihn finden, herausfinden was sich hier abspielte. War es das Hotel in der Nähe, von dem er geredet hatte? Schließlich war ich in Bratislava, die Fahrt hier her kein Traum, und sie mussten ihn an der Rezeption kennen. Ich griff nach dem Badetuch, das über einer Stange hing, zog mich an, vergewisserte mich, nichts vergessen zu haben, und trat auf den Gang.

Viele Dinge sahen sich ähnlich, und tagsüber anders aus als bei Nacht, doch war es wirklich hier? Die Dame am Empfang blickte auf, als sie mich sah, suchte herum, als ich „Agentur“ und „Models“ erwähnte, und konfrontierte mich sogar dann mit einem „Keine Ahnung, was meinen Sie bitte?“-Lächeln, als mir sein eigentlicher Vorname „Arthit“ einfiel, zumindest der, den ich ihm gegeben hatte.

Ich schluckte, atmete einige Male so tief durch, wie ich konnte, und verabschiedete mich. Wie sich ein Traum anfühlte und wie mein wirkliches Leben, wusste ich, konnte mich nicht daran erinnern, jemals an meiner Unterscheidungsfähigkeit zwischen beiden gezweifelt zu haben – tatsächlich? Die Gassen der Umgebung schienen mir vertraut, irgendwie – befand sich das Hotel auf dieser Seite und das Lokal auf der anderen? Ich entdeckte nichts, das so aussah, es war beinahe 10 Uhr, ich hatte noch nicht einmal ein Frühstück gehabt und sollte sehen, dass ich zum Bahnhof kam.

Nur kurz schloss ich die Augen, versuchte an nichts zu denken, und das Signal für eine neue Nachricht auf meinem Telefon ließ sie mich wieder öffnen. Der Dienst an diesem Tag war ausgefallen, der gesamte, bezahlt wurde er trotzdem. Ich hatte Zeit gewonnen, einen ganzen Tag, konnte ihm schreiben und auf eine Antwort oder einen Anruf warten, und inzwischen die Umgebung absuchen.

* * *

Nochmals durchschritt ich den Durchgang unter dem Michaelertor, mit dem Nullkilometerpunkt am Boden, marschierte ein Stück weiter und bemerkte ein Haus, das anders als die anderen wirkte. In diesem politischen System dürfte es noch keine Renovierung gesehen haben, erschien dunkel, aus einer anderen Zeit – und aus dem schmalen Durchgang daneben schien ein warmer Luftzug zu dringen. Meine Jacke hatte ich in den Rucksack gestopft, nun war mir danach, das T-Shirt unter meinem dünnen Pullover aus der Hose zu ziehen. Es war kein privater Hauseingang, trug keine Beschilderung, nichts, ich war allein, und folgte dem Weg. Die Wände links und rechts erschienen mir hoch, mindestens 5 Stockwerke, von dunklem Staub überzogen, Mauerwerk bröckelte ab – und vor mir tat sich ein begrünter Innenhof auf.

Es musste ein größerer Park sein, mächtige Bäume wuchsen dicht aneinander und trugen noch Blätter, in Farben, die entweder ständig so oder herbstlich verfärbt waren, und ich folgte dem unbefestigten, leicht geschwungenen Weg. Ich wollte auf dem Plan sehen, wo ich mich befand – und konnte keine Position bestimmen, sämtlicher Empfang war verschwunden. Nein, er kehrte nur für einen Augenblick zurück, und eine Nachricht erschien, von einer slowakischen Nummer: „Kleines Problem … Torwächter“.

Sämtliche feinen und weniger feinen Haare auf meiner Haut stellten sich auf, für Sekunden konnte ich nicht atmen. Wieder blickte ich auf die Anzeige und sah den Text noch, alles andere war weg und mein Standort befand sich nirgendwo. Mehrmals atmete ich tief durch, drehte mich um, hetzte den Weg zurück – und fand nichts außer Bäumen mit tiefroten bis gelben und grünen Blättern, kleinen Lichtungen, aber keine Hausmauer. Mein Puls beschleunigte sich, ich öffnete die Landkarte und versuchte händisch meine Position zu finden. Der Horsky Park stellte die nächstgrößere naturnahe Grünfläche dar, nur konnte ich unmöglich so weit gegangen sein, und die Blätter wären auch dort längst abgefallen.

Ich kehrte um, schloss die Augen, und holte so tief Luft, wie ich konnte. Klar, und wenn ich es mir vorstellte, würde der Weg aus gelben Ziegelsteinen bestehen und ich ihm einfach folgen müssen. Bestand er nicht, doch nicht nur das flaue Gefühl und mein zu hoher Puls verschwanden, sondern ein Gefühl von Stärke und Selbstvertrauen breitete sich in mir aus, ein Gefühl, mit allem fertig werden zu können. Die leichte Müdigkeit und das Drücken im Schuh waren verschwunden, genauso wie der vorhin beginnende Kopfschmerz. Plätscherte dort vorne Wasser?

Ein felsiger Hügel tat sich nach einer Kurve auf, klares Wasser lief herab, bildete an einer Stelle einen dünnen Strahl, ich hielt eine Hand darunter und probierte es. Schmeckte wie metallisches Mineralwasser, nein, beinahe wie … Zitronenlimonade … nach allem, was ich wollte. Ich trank noch einen Schluck, folgte wieder dem Weg – und nach einer Kuppe tat sich vor mir eine große Ebene auf, so weit ich blicken konnte, weit gegenüber ein schroffer, felsiger Berg, der in die auf der anderen Seite hängenden dichten Wolken hineinragte.

Es ging in einem flachen Winkel nach unten, ich folgte dem Bach, welcher an dem Hügel entspringen musste, erblickte einen kleineren Baum, dessen Früchte wie Äpfel aussahen – und daneben saß jemand auf dem Boden … Daeng? Meine Schritte wurden länger, schneller, der Mann wurde auf mich aufmerksam – ja, er war es. Erstaunt blickte er mich an, sprang auf, wir fielen uns in die Arme, ich drückte ihn fest, sehr fest an mich, und wir küssten uns, küssten uns lange und nicht nur ein einziges Mal. Auch er war leichter bekleidet als am Tag zuvor, hatte versucht, seine lange Hose hinaufzukrempeln.

„Was …? Wo …?“, sprach ich das erste Wort.


„Ich bin in der Nacht aufgestanden, die Tür war offen, war auf dem Gang draußen … zurück habe ich nicht mehr gefunden.“


„Und du bist hier herausgekommen, oder wie?“


„Ich weiß nicht mehr genau … glaubst du, in dem Bier war was drin?“


„Glaube ich nicht … aber Raj hat mir etwas geschrieben, der Torwächter, dass es ein kleines Problem gibt.“

Ich zeigte ihm den Text aus ein paar Worten und drehte mich langsam im Kreis. Es war nicht wie die sanfte, grüne Hügellandschaft, in der ich das einsame Haus am Anfang von „Projekt 43“ in meinen Gedanken gesehen habe, es war … größer. Die Bergkette gegenüber schien mir unermesslich hoch, nicht vielleicht nur 1000 Meter – und das Bild aus meinen gestrigen Gedanken blitzte wieder auf. Den angebissenen Apfel bemerkend, pflückte ich ebenfalls einen, erwartete hartes und zu saures Fruchtfleisch – und schmeckte mehr etwas in Richtung Mango oder Ananas, alles auf einmal. Für Daeng musste das bereits selbstverständlich sein, er reagierte nicht besonders auf meinen erstaunten Blick.

„Wie hast du das gestern gemacht? Ich meine, nur mit der flachen Hand, ohne … was zu berühren?“

Er lachte für einen kurzen Moment auf, blickte verlegen zu Boden, und das tiefe Schwarz seiner Haare glänzte leicht in der Sonne. War bereits Frühling, ohne dass der Winter angefangen hatte? Existierte in einer perfekten Welt keine kalte Jahreszeit? Obwohl verhüllt, sah ich seine minimal hervortretenden Adern vor mir, seine straffen Oberarme, die so hart sein konnten wie …

„Ich weiß es nicht, das ist über mich gekommen.“


„Ich … möchte … dich nie wieder verlieren, wirklich nicht!“

Wir hätten uns noch länger umarmen und drücken können, doch das brachte uns nicht vorwärts. Hinter uns ging es nicht weiter, vor uns konnte eine Antwort liegen.

* * *

„Was wird aus deinem Fototermin am Nachmittag?“


„Wird wahrscheinlich ausfallen … da fällt mir schon was ein.“


„Wie viele wie dich bekommen sie schon? Da kannst du dir ruhig was erlauben.“


„Ich habe auch schon was abgelehnt … und was ist mit deinem Job, bekommst du keine Schwierigkeiten?“


„Für heute ist es gestrichen worden, dann ist praktisch nichts mehr bis Montag … und dann … ich habe meinen Beitrag geleistet, aber irgendwann ist es genug.“

Es war ein breites Tal, auf einer Seite flach und auf der anderen umso steiler begrenzt, sehr schmal dafür der zentrale Fluss, welcher sich auf einigen Steinen überqueren ließ. Die Landschaft wurde zunehmend von niedrigem Gras, einzelnen Felsbrocken und Buschwerk dominiert – und vor uns bemerkte ich etwas. Ein Haus?

Das Gebäude aus dunklem Holz und Steinen wirkte einfach und dennoch solide, lag eingebettet in der Landschaft, wurde größer, als es aus der Entfernung schien – und eine Gestalt sprang aus einer kleinen Baumgruppe hervor.

„Halt! Wohin des Weges?“

Ein Schreck blieb bei mir völlig aus, dafür rückte ich näher an Daeng. Ich dachte bei dem grazilen Wesen mit den langen, dunkelblonden Haaren, etwas kleiner als ich und mit einem Umhang aus dünnem, dunklen Stoff zuerst an eine Frau, doch es war ein Mann. Waren seine Ohren spitz zulaufend? Ja, ich täuschte mich nicht.

„Wir …“, begann ich und überlegte, „… wir sind uns nicht ganz sicher, wir …“


„Seid ihr Gefährten?“


„Sind wir das?“, wendete ich mich an meinen Begleiter, dessen Gesichtszüge zwischen überlegend und zustimmend schwankten.


„Der … Torwächter hat uns durchgelassen.“


„Sagt mir eine Zahl.“


„43“, antwortete Daeng.


„Tretet ein!“, entgegnete der Typ, wies uns mit einer Hand den Weg, und wir folgten ihm.

Waren das Kerzen, die auf dem großen, mit Ketten an der Decke befestigten Ring standen, oder verkleidete Leuchtdioden? Der Boden knarrte nur leise, als wir eintraten, und wir setzten uns an den großen Tisch auf einer Seite des Raumes.

„Ist es erwünscht zu speisen?“, fragte die Gestalt. „Wildschweinbraten, oder einen Eintopf aus diesem Zeugs, welches hinter dem Hause wächst?“


„Äh, da nehmen wir doch lieber …“


„Ich gedachte zu spaßen, es gibt nicht einmal Wildschweine in diesen Landen.“

Er verschwand hinter einem Durchgang, und die Sitzbank, wenngleich nicht gepolstert, wurde zunehmend bequemer. Ich rückte näher zu Daeng.

„Glaubst du, ist das … ein Elf?“, flüsterte er mir zu.


„Wieso nicht gleich ein Zwölf? Und wenn die Ohren aus Karton sind?“

Ich bemerkte Schritte, und wir bekamen dunkles Brot in Scheiben und zwei Teller mit etwas, das nach dicker Tomatencremesuppe aussah und ähnlich schmeckte.

„Wenn ihr noch etwas begehrt, sagt es einfach.“


„Ja, wenn ich ehrlich bin …“, meldete ich mich zu Wort, bevor er verschwand, „könnte es eine Spur würziger sein. Und … gibt es hier auch Zimmer?“


„Natürlich.“

Er trat näher, legte seine Handflächen auf die glatte Tischplatte, schien sich zu konzentrieren, schloss die Augen, und verließ uns mit einem dezenten Lächeln wieder. Der Geschmack war nun … perfekt, und mein Gefährte blickte noch erstaunt, während ich bereits den nächsten Löffel aß.

* * *

Wir waren offenbar die einzigen Gäste, und einen besseren Plan, als die Gastfreundschaft zu nutzen, gab es nicht. Die Tür ließ sich schließen, nicht jedoch absperren, das Zimmer bot mehr Platz, als es auf den ersten Blick schien, und aus einem Fenster konnte ich das Gebirge in der Abenddämmerung sehen. Auf dem Gang, gleich gegenüber, befand sich ein Badezimmer, mehr ein kleiner Wasserfall, welcher über eine Felswand durch das Haus floss, und dessen Wasser an die 40 Grad haben musste, Celsius.

Große, hellgraue Steinplatten bildeten den Boden, und das Bett, anscheinend aus gebündeltem Stroh, fühlte sich bequemer als bei mir zuhause an. Daeng trug nur noch seine eng anliegende Unterhose und starrte mit zufriedenem Blick an die Decke, nachdem er von der Bequemlichkeit der Liegefläche überzeugt war. Kaum mehr als er bekleidet, legte ich mich neben ihn, und meine Hand in seine.

„Ich muss dir etwas erzählen, es ist nur …“


„Was denn?“, unterbrach er mich und drückte fester zu, so dass es gerade noch nicht schmerzte.


„Es ist nur interessant … ich habe gestern daran gedacht, dass ich auf einem hohen Berggipfel im Nebel stehe, und dort drüben ist einer.“


„Und, war ich dabei?“


„Lässt sich so sagen, ja.“

Als er seine Finger wieder fester um meine klammerte, drehte ich mich in seine Richtung und streichelte ihn mit der anderen Hand. Ich wusste selbst, wie sich ein Streichen der Fingerspitzen über die Unterseite der Arme anfühlte, in seinem Gesicht konnte ich sehen, dass es bei ihm mindestens genauso intensiv war. Bei ihm gab es kaum Körperbehaarung, die sich aufstellen könnte, bei mir tat sie es. Nur beiläufig bemerkte ich die Erhebung, die sich seinem Höschen gebildet hatte.

Ich bewunderte die Tätowierungen auf seinen Oberarmen, dezente, geschwungene Muster, nicht sehr groß, und die Szene in „Projekt 43“ erschien auf einmal vor mir, in denen ich sie zum ersten Mal beschrieben hatte. Ein zarter Bart hatte sich an seinem Kinn gebildet, obwohl er sonst glatt rasiert war, und seine Miene schwankte ein bisschen ins Böse, als ich diesen zwischen zwei Fingern hielt.

Es schmerzte mich, das Spannen in seiner Unterhose zu sehen, und ich legte bei ihm und mir frei, was uns nicht mehr fremd war. Daeng half mir bei sich dabei, ohne die Hände zu gebrauchen. In all seiner Pracht lag er vor mir, ich hob ein Bein von ihm an, umklammerte es – doch seine prallen Formen weiter unten zogen mich mehr an. Bein Gedanken daran, was ich damit machen wollte, schnellte meine Männlichkeit in die Höhe und berührte ihn leicht, als ich mich vor ihn kniete und seine abgewinkelten Beine gespreizt hielt. Ich warf mich über ihn, umarmte ihn und drückte ihn so fest ich konnte an mich, und auch seine Hände fanden meinen Rücken. Wir küssten uns, wälzten uns zur Seite, und dieses Gefühl erfasste mich wieder, zog sich durch meinen ganzen Körper.

Ich kniete vor ihm, während er auf dem Rücken lag und mir freie Einsicht auf seine Rundungen ließ, dazwischen. Ich verrieb die Lusttropfen, die sich bei mir gebildet hatten, dockte an ihn an, noch in sicherer Entfernung, und warf ihm einen „Ich würde dich jetzt so gern … darf ich bitte?“-Blick zu. Daeng überlegte, sah hektisch nach links und rechts, um dann ein „mach es doch“ anzudeuten. Es war kein Geheimnis, dass ich nichts darüber hatte – und auch keines mehr, dass wir das an diesem Ort nicht brauchten.

Panik hätte mich erfasst, wenn mich jemand dazu überreden wollte, aber ein solches Gefühl fehlte komplett. Ich sah nur die Erwartung in seinem Gesicht, seine Anspannung, seine glatten, festen Oberschenkel mit diesem ganz bestimmten Farbton, den bereiten Eingang zwischen seinen Beinen – und presste mich in ihn, nur ein erstes Mal zum Ausprobieren.

Kaum etwas bewegte sich, und seine Gesichtszüge krampften sich zusammen, doch schon die geringe Menge Feuchtigkeit erlaubte mir ein weiteres Vordringen, und ich blieb standhafter als gewohnt. Im nächsten Moment war meine Eichel verschwunden, und er holte tief Luft und brachte ein „Ja!“ hervor. Ein starkes Zucken fuhr durch seine Beine, als ich den männlichen Lustkanal weiter eroberte und die entscheidende Barriere durchbrach. Seine Muskeln hatten mich fest in der Zange, zerrten an mir, doch ich versenkte mich weiter in ihm, die ganze Länge bis zum Anschlag.

Ich schenkte seinem Liebesstab Beachtung, fühlte mit einer Hand, dass er nicht weiter anschwellen konnte und bald explodieren wollte. Nicht zu fest und nicht zu schnell massierte ich ihn, während ich mich zurückzog und erneut vordrang, die ganze Wärme seines Innersten in mich aufsog, und stetig mehr das weiche Fleisch statt der strengen Umklammerung spürte. Wir wurden lauter, hatten unsere Verbindung auf die intensivste mögliche Weise besiegelt.

Entfernte Geräusche schienen von draußen zu kommen, Schritte, Wind … egal. In diesem Moment existierten nur ich und mein Liebhaber, und ich wollte ihm alle meine Energie schenken, ihm zeigen, dass ich es konnte. Es waren unmöglich Schmerzen, die in seinem Gesicht standen, nur Schweißperlen und ein Verlangen nach mehr. Ich sah an mir selbst nach unten, wie ich in ihm steckte, nackte Haut an nackter Haut, und es gab mir einen Schub. Meine Finger krampften sich fester um seine Beine, es war ein gemeinsames Zucken und Wippen – und ich verlor die Kontrolle.

Bilder zuckten durch meinen Kopf, so gewaltig wie das nicht mehr aufzuhaltende Kribbeln. Ich konnte mich kaum mehr festklammern, die Säfte schossen in mir hoch – und tief in seine Grotte. Langsam erfasste ich wieder den Raum, in dem wir waren, das fahle, inzwischen viel dunklere Licht, ich wollte mich nicht von ihm trennen, doch ich musste.

Er lag in Schweiß gebadet vor mir, seine Haut glänzte, sein Mund stand halb offen, konnte noch nicht den finalen Schrei der Erlösung rufen. Ich fühlte mich überhaupt nicht erschöpft, auch meine Erektion wuchs in Sekunden wieder auf volle Größe – und nur kurz wirkte er verwundert, als ich mich erneut in ihn zwängte.

Dieses Mal hielt mich nichts auf, und mein Freudenstab glänzte in seinem eigenen Saft. Das große Ziel schien weit entfernt, doch es war in Sichtweite und kam rasend schneller, viel schneller. Noch tiefer und fester rammte ich mich in ihn, konnte keine Rücksicht mehr nehmen, so schön war es, ich würde selbst auch die Zähne zusammenbeißen und ihn mit mir machen lassen, was er wollte – dabei schien er genau das zu fühlen, was ich spürte. Ein weiteres Mal schien die Schwelle nah, ganz nah, das Ziehen wurde viel stärker – und ich trat ins Paradies ein. Erst als meine letzten Tropfen verspritzt waren, stellte sich etwas wie tiefe Befriedigung ein.

Ich zog mich aus ihm zurück und sah ihn noch leiden, zum Bersten gespannt vor mir liegen. Zu kostbar erschien mir sein Nektar, um ihn einfach so mit der Hand ins Freie zu befördern. Die Gedanken gewannen wieder Oberhand, in denen ich ihn in mich eindringen sehen wollte, verspannt fühlte ich mich nicht, eher aufnahmebereit, tastete mich mit zwei Fingern zu meinem eigenen Eingang, sorgte für noch für Feuchtigkeit, nahm direkten Blickkontakt mit ihm auf, und positionierte mich über ihm.

Der erste Schmerz war groß, ich verkrampfte mich, doch er hämmerte sich den Weg frei, oder ich machte es, senkte mich auf ihn ab. Nein, ich konnte nicht, musste zuerst locker werden, er würde es verstehen – im nächsten Moment fühlte ich mich ausgefüllt. Das Ziehen wurde zu Wärme, und sein weiches und innen steinhartes Fleisch drang in mich vor. Ich saß vollständig auf ihm, spürte das Pumpen und Pulsieren, sein neuerliches Anschieben, konnte mich der Bewegungen seiner Bauchmuskeln nicht entziehen – und etwas passierte mit mir. Zeitgleich mit seinem intensiver werdenden Stöhnen kündigte sich erneut Großes an, und kam sehr, sehr schnell näher. Es war wie ein Glas reiner Zitronensaft, der plötzlich sehr, sehr süß wurde – und die Süße hielt an.

Daeng schrie laut, ungehemmt laut, vollführte die letzten Stöße entlang meiner Darmwände, und die innere Hitze hüllte mich ein. War es nur ein weiterer Höhepunkt – oder mehr als das? Er wurde langsamer, atmete schnell, wie ein Ertrinkender, der in letzter Sekunde das Ufer erreicht hatte. Ich stieg von ihm und spürte etwas Flüssigkeit an mir herablaufen, kuschelte mich neben ihn und fühlte mit der flachen Hand, wie sein Herz raste. Seine Finger suchten Halt, und mein Kopf einen Platz an seiner Schulter.

* * *

Bis auf schwaches Licht war es dunkel, als ich erwachte. Ich erkannte das Fenster, die schemenhaften Umrisse – ich lag allein in meinem Bett, zuhause. Ich war doch in Bratislava, nicht in Wien … aber ich befand mich in Wien. Ich tastete nach meinem Handy, und eine Übersicht über mehrere Einsätze an diesem Tag erschien … oder am nächsten? Wie spät war es überhaupt … welcher Tag? Ich rieb mir die Augen, versuche schärfer zu sehen. Ein Schreck durchfuhr mich, es konnte nicht sein, dass ich mit jemand ungeschützten Sex gehabt habe. War es doch ein Traum? Aber ich war dort, am Bahnhof Petrzalka, und dann?

„Nein, nein, bitte nein!“, begann ich zu rufen, lauter zu schreien, meine Hände zu Fäusten zu ballen, während sich ein dumpfes Gefühl in mir ausbreitete. Ich atmete sehr tief ein und aus, legte das Telefon weg, kroch unter meine Decke, und kuschelte mich zusammen, schloss die Augen. Daeng war nicht nur ein Traum, ich hatte ihn getroffen … und wenn ich es wollte, lag er neben mir, musste.

Kapitel 5 – Der Weg zum unerreichbaren Gipfel

Ich registrierte das helle Licht, als ich erneut erwachte, nahm meine Umgebung nur verschwommen wahr, und schloss gleich wieder die Augen. Fühlte sich die Decke grober an? Es war wie unlängst auf einem schlammigen Wanderweg, auf einmal zwischen Abrutschen und Hinfallen oder doch noch stehenbleiben, in einem undefinierten Zustand. Was wäre, wenn …

Meine Hände tasteten sich seitwärts – und fühlten nackte Haut. Ich riss die Augen auf, das Bild wurde klarer – ich lag in dem Raum mit dem Boden aus Naturstein-Platten, und neben mir Daeng. Er schien noch zwischen Schlaf und Halbschlaf zu sein, vielleicht in einem letzten, intensiven Traum vor dem Aufwachen, und als ich mich an ihn schmiegte, war ich mir nicht sicher, ob seine Armbewegung bewusst oder unbewusst war. Mein eigener Traum schien zu sehr verblasst, so sehr ich mich zu erinnern versuchte.

Er erwachte, streckte sich, blickte mich an und brachte ein „Guten Morgen!“ hervor. Ich erwiderte es kurz, als ob es das Selbstverständlichste der Welt wäre, neben diesem Mann aufzuwachen, deutete an, in den Raum gegenüber vorauszugehen, mit der Natur-Dusche und allem was so nützlich war, und hoffte, dass er mir folgen würde. Eine Minute später freute ich mich doch über die Privatsphäre, musste ihn nicht bei allem dabei haben.

* * *

Wir waren beide für eine Zeit angezogen, zu welcher der Frühling den Winter endgültig besiegt hatte, zumindest sah es draußen nach Mitte März und nicht Mitte November aus. Trotz der in meinen Rucksack gestopften Jacke blieb dort noch viel Platz. Der Elf, wenn es einer war, begrüßte uns leichter bekleidet als am Tag davor, und auf dem Tisch standen dampfende Getränke – dunkler Tee oder blasser Kaffee?

„Ihr vermochtet des Nächtens aber schön die Balken zum Biegen zu bringen“, sprach er uns an, bevor wir Platz nehmen wollten.

Daeng erschrak, schwenkte aber in Sekunden zu einem Lächeln um und stellte sich näher neben mich, nur seine Hand verharrte und legte sich nicht auf mich.

„Ist es noch ein Geheimnis?“, entgegnete ich und legte entschlossen meinen Arm um Daengs Schulter.


„Ich musste mir die Gewissheit zu eigen machen, dass die Richtigen die Reise antreten.“

Ich griff nach dem dunklen Brot, und ein unbekannter, sich nach und nach entfaltender Geschmack lag mir beim ersten Schluck aus dem kleinen Becher auf der Zunge.

„Unsere Welt ist übermächtiger Bedrohung ausgesetzt, sie sind ihr wieder auf der Spur – und die Legende besagt, dass nur jene beiden, die sich ihnen bereits einmal entgegengestellt haben, mit vereinigter Kraft den Gipfel erreichen können.“

Die schlanke Gestalt richtete unsere Aufmerksamkeit auf das große Fenster, durch welches der Berg deutlicher als zuvor zu sehen war, jeder einzelne schroffe Felsvorsprung, trotz mehrerer Kilometer Entfernung. Dichte Wolken hüllten das Gebirgsmassiv ein, so dass die gesamte Höhe verborgen blieb. Ein Geräusch ließ mich zusammenzucken und uns wieder auf die Tischplatte blicken. Der Elf hatte einen Gegenstand hingeworfen, einen schwach glänzenden Metallring, eindeutig zu groß um ihn auf einem Finger zu tragen.

„Noch nie zuvor vermochte jemand die Spitze zu erklimmen – doch nur dort kann er auf Dauer sicher verwahrt werden.“


„Nicht einmal mit einem Hub… mit einem Fluggerät?“, meldete sich Daeng dazwischen.


„Keine Magie dieser Welt kann das – außer …“

Er stellte sich zwischen uns, legte seine Hände auf unsere Schultern, sah uns abwechselnd an, und sofort nach seiner Berührung begann sich von dieser Stelle aus Wärme tief auszubreiten.

„Ihr solltet bald den Weg antreten, bevor sie sich nähern.“


„Aber …“


„Ja, dann sollten wir das wohl“, unterbrach ich Daeng, aß noch zu Ende, nahm ein Stück von dem Brot mit dem Fruchtmus mit, welches weder brutal süß noch langweilig schmeckte, und stand mit ihm auf.

* * *

„Ein Ring?“, sprach er mich in unserem Zimmer an. „Hast du nicht mehr Fantasie?“


„Wieso meine Fantasie? Was willst du, eine Goldkette?“


„Und diese Form … kommt mir irgendwie bekannt vor.“


„Ja, ich wollte nichts sagen … ich weiß, du hast das nicht nötig …“

Er lachte kurz und halblaut, und das folgende Lächeln ließ jede Angst davor dahinschmelzen, dass er beleidigt sein könnte.

„… aber absolut runde Form, absolut glattes Metall, ein paar Zentimeter Durchmesser … wofür ließe sich der wohl verwenden?“

Ich wusste, dass seine Verlegenheit nur gespielt war, und wir machten uns daran, wirklich alle unsere Sachen einzupacken, als unser Gastgeber bei der Tür stand, mit dem Stück Metall in der Hand.

„Oh, dann danke für die Gastfreundschaft“, sprach ihn mein Gefährte an und ließ sich den Ring in die Hand geben. Sie ließen die Hände lange ineinander gedrückt, und ihre Blicke nicht voneinander. Sollte es das gewesen sein und wir uns davon machen, von jemand, den wir kaum kannten? Musste er nicht einsam sein, den ganzen Tag allein in der Einöde?

Sie hielten sich nach wie vor die Hand, waren ganz nah, blickten sich tiefer in die Augen. Einen schlechten Eindruck machte er wirklich nicht, zierlich und dennoch wie von einem Panzer umgeben, der ihn vor allem schützen würde, erst gar keine Wunden entstehen ließ, auch wenn sie hier rasch verheilten. Kurz warf mir Daeng ein „Soll ich?“ zu, und ich ihm ein schulterzuckendes „Mach es doch“. Der Elf drückte mit seiner Mimik ein „Das ist aber nicht nötig … andererseits …“ aus, und zögerte. Konnte ich tatsächlich schon Gedanken lesen, oder einfach nur gut die Körpersprache?

Sein Blick wurde entschlossener, ernster, er öffnete seinen Umhang, ließ ihn auf den Boden fallen – und trug nichts darunter. Sie legten die Handflächen aufeinander, Daeng hielt hinter sich nach Hindernissen Ausschau, verlor beim Rückwärtsgehen halb seine Hose, und rettete sich auf das Bett. Rasch zog er die lange Hose komplett aus, trug nur noch seine Unterhose – und der Elf behielt seinen strengen Blick bei. Es war ein schlanker und dennoch kräftiger Mann, mit einem Körper, der Daeng kaum nachstand, nur die Ohren waren seltsam und die Haare viel länger.

Was seine sonstige Ausstattung anging, schien diese nicht seine Entschlossenheit zu teilen, hing nicht einmal halbsteif hinab. Alle konnten etwas von mir haben, auch diese Person, die bei mir nicht den Reflex auslöste, mich um sie zu schlingen und in einen tiefen Kuss zu versinken, mich jedoch so verzauberte, dass ich ihr auf eine andere, sehr direkte Art näherkommen wollte. Wir wendeten uns einander zu, sein Blick traf mich, ich ging in eine Hocke, halb auf die Knie – und nahm ihn in meinen Mund auf.

Sofort breitete sich dieses wärmende Gefühl auch dort aus, auf meiner Zunge, wurde das weiche Fleisch härter. Meine Hände suchten Halt auf seinem Rücken, weiter unten, und fanden diesen auf der zarten, völlig glatten Haut kaum. Zufriedene Laute entkamen ihm, begleiteten das Anwachsen – und er trennte sich von mir, als ich nicht noch mehr dazu beitragen konnte.

Daeng lag quer auf der Liegefläche, etwas zwischen leichter Angst und Ungewissheit war in seinen halb geschlossenen Augen zu erkennen, und er hielt beide Beine gespreizt. Das Spitzohr kniete sich an die Bettkante und packte ein Bein, ich eine Hand von Daeng – und sein Gegenüber brachte sich in Position. Sollte er nicht ein Gleitmittel verwenden?

Nur kurz währte der Aufschrei meines Freundes, nur kurz der angestrengte Blick des Elfen, und sein Eindringen in voller Länge wurde nicht von Hindernissen begleitet. Die Bewegungen seiner Muskulatur schienen viel zu übertrieben für den zarten Mann, sein kraftvolles Stoßen und der bestätigende Blick, der nach „Ja, das machst du gut, bitte mehr, bitte mehr!“ schrie, ohne ein Wort zu sagen.

Sollten wir nicht zu einem Ende kommen? Wie lange konnte er schon? Lange genug, um auch bei mir für Anspannung zu sorgen, eine Entladung überfällig zu machen. Daeng drückte seine Finger zusammen, hielt sie fester, um doch wieder lockerzulassen – und die Zeit für seinen Beglücker war gekommen. Ich glaubte ein Augenzwinkern zu erkennen, er steigerte seine Geschwindigkeit, ohne in Hektik zu verfallen, seine Bewegung wurde unwirklich – und sein Schrei durchdrang alles. Mehrere letzte, kraftvolle Stöße folgten, und für wenige Sekunden brach der Elf vor ihm zusammen, bis er wieder die Augen öffnete.

„Ihr verzeihet … doch die Zeit entschwindet“, wendete er sich nach Luft ringend an mich und Daeng, dessen steifes Glied zwar immer wieder zuckte, jedoch noch alles für sich behalten hatte.

„Kein Problem … Wahnsinn!“, brachte er hervor, raffte sich auf, und sie schüttelten sich die Hand, als Besiegelung ihres Paktes. Der Elf versuchte das Lächeln von Daeng nachzuahmen, griff nach dem Umhang, und verschwand nach draußen.

Meine Erektion hatte nicht nachgelassen und wurde durch den mit pochender, überschwemmter Lustgrotte vor mir liegenden Mann noch bekräftigt. Ich stellte mich vor ihn, sah ihm direkt in die Augen, er biss die Zähne zusammen, bewegte seinen Kopf langsam zur Seite – und ich tauchte in ihn ein. Es war kein Gleitgel, kein Öl, es war nur zauberhaft und ließ mich so schnell oder so langsam durch ihn gleiten, wie ich das wollte. Was ich kaum kontrollieren konnte, war das Prickeln, das stetig stärker werdende Ziehen, es gab kein Zurück mehr – im nächsten Moment ergoss ich mich in ihn.

„Lass es lieber … wir sollten dann wirklich …“, stoppte er mich, als ich auch seinem Liebespfeil mehr Aufmerksamkeit zuwenden wollte. Die letzten Ausläufer meines Höhepunktes verschwanden ebenso plötzlich, gleichzeitig verstärkte sich die Ahnung, was bald auf uns zukommen könnte. Nicht nur einige der Typen in Kampfausrüstung, und nicht nur einige Hubschrauber und schwere Landfahrzeuge … um einen Gegenstand an sich zu bringen, über den sie mehr wussten als wir?

Dieses Mal stand ich gemeinsam mit ihm unter dem Wasserschwall, beließ es jedoch dabei, ihm zart auf den Hintern zu klatschen. Fast schien es, als ob das heiße Wasser die innere Unruhe einfach wegwaschen konnte, doch unser Gastgeber stand schon mit dem Ring in der Hand draußen.

Erst als wir uns beide mit einer kurzen, aber festen Umarmung von ihm verabschiedeten, hatte ich das Gefühl, dass unsere Abmachung besiegelt war. Daeng steckte den Ring ein, wir drehten uns nochmals um und ich erkannte ein zaghaftes Winken, bevor wir unseren Weg fortsetzten.

* * *

Eine Weile hatten wir uns an den Händen gehalten, waren dann nur so nebeneinander gegangen, und hatten kaum ein Wort gesprochen. Noch blieb meine Jacke im Rucksack, aber es fühlte sich kälter als bei unserem Abmarsch an. Wie lange wanderten wir bereits in Richtung des Gebirges? Folgte uns jemand, oder war es nur mein Bauchgefühl und sein besorgter Blick?

Die vereinzelten Bäume wurden seltener, überhaupt alle Farben, alles erschien zunehmend in blassem Graubraun. Nur wenige Vögel kreisten hoch in der Luft, und der Boden zeigte sich felsiger. Wir standen am Fuß des Berges, ein möglicher Weg nach oben ließ sich erahnen, und wir blieben stehen.

„Halt mich fest!“, kündigte ich Daeng an, und ließ mich in seine Arme fallen. Er hatte keine Schwierigkeiten, mich aufzufangen, doch Ermüdung stand auch in seinem Gesicht. „Der Ring ist noch da, oder?“

Er begann in seinen Taschen zu kramen, und das leicht flaue Gefühl verflüchtigte sich erst, als er ihn mir zeigte. Reifenförmig, ungefähr 4 bis 5 Zentimeter Innendurchmesser, uralt und nicht wie glänzender Chromstahl aussehend und dennoch so glatt wie die Haut meines Begleiters. Selbst bei sehr genauer Betrachtung konnte ich keine eingravierte Schrift erkennen, auch keine, die mir ohnehin unbekannt war.

„Und?“, bemerkte er, und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger zwischen seinen Beinen und etwas höher.


„Ich schulde dir ja noch etwas.“


„Du schuldest mir gar nichts“, entgegnete er kühl, um es zum ersten Mal seit zwei Stunden wieder mit einem Lächeln zu ergänzen.


„Doch, ich kann nicht weitergehen, ohne dass …“


„Bitte, wenn du es willst …“

Er öffnete seine Hose, ich bekam sein auch in müdem Zustand durchaus fülliges Ding zu sehen, und er schob sich den Ring darüber.

„Was machst du bitte? Das können wir später … nimm ihn herunter!“

Daeng unterdrückte seine Heiterkeit, nur kurz prüfte ich den Sitz – passte ihm perfekt. Noch bevor sich mehr regte, streifte er ihn ab und packte alles ein. Kurz drehten wir uns noch um, sahen die graue Weite, deren grüne Ausläufer sich im Dunst am Horizont verliefen, und blickten in die dichten Wolken über uns. Ich nahm ihn fest an der Hand, machte mich an die Erklimmung des schmalen Pfades, doch er ging voraus und zog mich nach.

* * *

Es war kälter geworden, nicht nur dunkler, aber wir waren ganz passabel ausgerüstet. Ein Schneesturm würde ja nicht aufkommen. Sturm keiner – nur, waren das Schneeflocken? Er blieb stehen, und ich sah ihm an, dass er sich in diesem Moment ebenfalls an den Badesee träumte. Was hielt uns davon ab, außer ein halbes Jahr warten? Ich überblickte die weite Ebene, welche wir hinter uns gelassen hatten, versuchte Details auszumachen – und etwas bewegte sich. Meine rechte Hand klammerte sich an Daeng, drehte ihn um und lenkte seine Aufmerksamkeit ebenfalls darauf.

„Was denn? Wer …?“

Es sah nach kleinen Punkten aus, die sich sehr langsam, jedoch stetig auf uns zubewegten, vielen davon. Sahen so hundert oder tausend von den Gestalten aus dem Gasthaus aus? Konnten sie uns entdeckt haben, wenn wir sie durch die vorbeiziehenden Nebelschwaden gerade noch erkannten, weit entfernt dort unten?

„Was machen wir jetzt?“, wandte er sich an mich, und ich wusste es. Ich schloss ihn in meine Arme, drückte fester zu, und auch seine suchten Halt auf meinem Rücken. Wir drehten uns zur Seite, einfach weg, und er neigte den Kopf, mit leicht geöffneten Lippen. Als ich meine darauf treffen ließ, spürte ich mehr als ein Zucken in der Hose, mehr als nur eine nette Begegnung. Was immer uns verband, tat das schon lange, und ich wollte mich nicht mehr von ihm losreißen. Er ließ mir ständig weniger Luft und seine Zungenspitze mit meiner tanzen – und ich kämpfte damit, das Gefühl zu beherrschen, welches mit jedem Herzschlag durch meine Adern pumpte und die Kälte vertrieb, bis ich außer Atem geriet.

Wir sahen uns tief in die Augen, mit offenem Mund – und sofort ließ ich meinen wieder auf seinen treffen und unsere Hände berührten sich, über unseren Schultern, auf dem Rücken, überall.

Beide schnappten wir nach Luft, als ob der Sauerstoffgehalt abgenommen hätte – doch zumindest ich fühlte mich stärker als vorher. Der zu erahnende Weg vor uns führte durch feuchten Schnee und spitze Steine, verschwand nach 50 Metern im Dunst, es ging nur dort weiter, zurück oder steile Abgründe hinunter – und mein nächster Schritt fühlte sich an wie entlang einer Uferpromenade im Frühling. Ich wollte ihn hinter mir herziehen, doch er folgte mir von selbst, klammerte sich nur kurz an mich.

Einige Male glaubte ich ein Ende zu erkennen, um dann zu sehen, dass es noch viel weiter nach oben ging. Wir kletterten praktisch nur noch über Felsplatten, die mir an einer Stelle mehr senk- als waagrecht erschienen, und obwohl es nicht mehr hell war, sah es auch nicht dunkel aus. Es war keine mondhelle Nacht, auch kein Nordlicht – nur dieses schwache, bläuliche Leuchten, welches uns alles in unserer Nähe erkennen ließ, jedoch keine große Sichtweite erlaubte. Es herrschte Stille, abgesehen vom Knirschen des Schnees und dem leisen Pfeifen des Windes, welcher dicke Schneeflocken in mein Gesicht wehte. Hätten wir herabrollende Steine weiter unten gehört, wie zuvor bei unserer Wanderung?

Es war keine völlige Erschöpfung, aber Müdigkeit in den Beinen, die mich erneut stehenbleiben ließ. Die Wolkenschicht musste längst hinter uns liegen, zum ersten Mal bemerkte ich die Sterne am Himmel. Nicht nur einige Punkte leuchteten unterschiedlich hell, es waren sehr viele, die sich an manchen Stellen zu Haufen zusammenschlossen. Mein Freund folgte meinem Blick nach oben, konnte ihn nicht lösen, und langsam berührte ich seine Schultern, mehr die durchnässte Jacke, deren Kälte in Sekunden verschwand.

„Ich muss dir etwas sagen“, wandte ich mich ihm zu, „vielleicht ist das der Grund für alles. Ich bin letzte Nacht aufgewacht und war zuhause in Wien, nicht einmal in Bratislava, du warst nicht da … und einen Tag vorher auch nicht.“


„Was? Und deshalb verfolgen sie uns? Die aus dem Gasthaus … oder weil sie alles durcheinanderbringen wollen?“


„Der Ring bedeutet vielleicht gar nichts, ist nur ein Symbol … aber er bedeutet was und wir müssen zum Ziel. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob … obwohl …“


„Was?“, wurde Daeng etwas lauter.


„Ob … du echt bist. Ich meine, du bist jemand aus meiner Geschichte … ich weiß, es gibt viele Asiaten, die …“


„Ja, bin ich!“, unterbrach er mich und stellte sich mit verschränkten Armen vor mich. „Da, du darfst überall hingreifen, ist alles echt!“

Ich machte einen Schritt auf ihn zu und spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Für einen Moment fühlte ich mich wie beim Gehen durch einsame, dunkle Gänge im Halbschlaf, nur dass dieses Horror-Gefühl fehlte, dass dort etwas lauern könnte. Ich strich mit einigen Fingern über sein Gesicht – und er öffnete seine Arme und drückte sich an mich. Ich versuchte es zu erwidern, mich noch enger an ihn zu pressen, seine Lippen suchten Kontakt zu meinen – und beinahe wären wir ausgerutscht.

„Überall?“, fragte ich und er lächelte. Wir setzten uns in Bewegung, er vor mir. Es gab kaum Anhaltspunkte, schon gar keine Markierungen, nur diese Ahnung, auf dem richtigen und einzig möglichen Weg nach oben zu sein. Das Gelände, inzwischen dicht mit Schnee bedeckt, wurde flacher, um nach einigen Metern erneut steil aufzuragen. Direkt vor uns tat sich jedoch eine Öffnung im Fels auf – eine Höhle?

Der natürliche Torbogen war so hoch, dass ich mit eingezogenem Kopf gerade so durchgehen konnte. Mir fiel kein anderer Ausgang auf, dennoch herrschte auch in der Höhle gedämpftes Licht, ließ eine Höhe von etwa drei Metern erkennen. Etwas fühlte sich anders an als draußen – es war warm, noch viel mehr als an diesem sonnigen Novembertag. Daeng trat ein, betastete die Wände, auch ich wollte wissen, worüber er staunte – warm, so sehr, dass ich meine klammen Finger eine Weile dagegen drückte.

Draußen trieb der Wind dichte Schneeflocken vorbei, drinnen schien der Boden trocken zu sein. Es war kein nackter Fels, kein Moos, aber es schien, als ob wir eine Weile hier sitzen könnten, oder liegen. Er zog seine Jacke aus und legte sie in eine Ecke, sah sich weiter um.

„Möchtest du hier bleiben, oder wie?“, fragte ich.


„Ich weiß nicht, aber langsam wird’s mühsam draußen. Sogar wenn sie uns verfolgt haben, müssen sie uns auch finden.“


„Wir können schon eine Pause machen, aber ich weiß nicht …“


„Hey, schau dir das an!“

Mein Gefährte hatte in einer Ecke ein Rinnsal aus glitzerndem Wasser entdeckt – eiskalt, wie der Schnee draußen. Das Plätschern konnte aber nicht nur von dort stammen – und im Halbdunkel tauchte in einer Ecke ein kleiner Wasserfall auf, ähnlich dem beim Elfenhaus. Er hielt seine Hand schon länger hinein, das Wasser fühlte sich beinahe zu heiß an.

Auch ich legte meine Jacke ab, legte sie neben seine. Wir machten einige Schritte zur Seite, sahen uns tief in die Augen, und ich wusste nicht mehr, ob es von ihm ausging, aber wir küssten uns, küssten uns lange, mussten uns nur kurz dazwischen trennen, um Luft zu bekommen. Meine Hände konnten nicht von ihm ablassen, zupften den dünnen Pullover aus seinem Hosenbund, während ich bei mir eine deutliche Regung spürte. Seine war noch stärker ausgefallen, wie mir ein flüchtiger Handgriff bestätigte. Er stützte seine Hände auf den Hüften ab und blickte leicht nach oben, als ich mich intensiver auf die Stelle konzentrierte.

Ich stellte mich neben ihn, fühlte die zunehmende Enge in meiner Hose, mehr nur noch die festen Formen bei Daeng, das Drängen nach außen. Er nahm das Öffnen seiner Gürtelschnalle hin, lediglich die gespannt von ihm abstehende Unterhose blieb noch, doch was sollte sie verbergen? Bei seinem befreiten Freudenspender zeichneten sich die Schwellkörper deutlich ab, einzelne Adern – und er sprang mir fast direkt in den Mund, als ich tiefer ging.

Er legte seine Hände auf meine Schultern, eine davon zur Faust geballt, und ich verleibte mir seine blanke Haut ein, schmeckte das aufgetaute Verlangen, das Pumpen, seine gesamte Größe. Gerade bis zum Rachen reichte sie, nicht zu übertrieben – nur, hielt er etwas in der einen Hand?

Es war der Ring, und seine Regungslosigkeit, sein stilles Genießen, wurde erneut zu einem Lächeln, welches mit dem Schatten auf seinem Gesicht eine andere Note annahm. Es war doch nur Spaß, vielleicht Zufall, dass der Durchmesser genau passte – und er passte. Sein Schlag auf meinen Hintern blieb zärtlich, und mit etwas Hilfe von ihm landete meine Kleidung auf dem Boden. Seine Hände waren längst nicht mehr kalt, während meine den Sitz unseres Spielzeugs prüften. Vernünftige Leute trugen so etwas nicht ständig, es konnte bei Schwierigkeiten helfen, die ich bei ihm nicht vermutete – und sein Gerät zeigte sich nicht nur steinhart und ragte leicht nach oben, sondern wirkte beinahe unnatürlich groß.

Ich strich über die Adern, meine andere Hand massierte seinen Rücken, unsere feuchten Lippen küssten sich – und seine Finger ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was er plante. Er hatte jedes Recht der Welt dazu, niemals wollte ich ihn daran hindern, es sich zu nehmen – obwohl, beim Anblick seines …

Der Wasserfall zog uns an, leichter Dampf bildete sich um ihn herum, und die Standfläche darunter bot Platz genug für uns beide. Unter meinen Füßen waren keine glitschigen Algen, keine spitzen Steine und trotzdem ungezähmte Natur, so wild wie seine Hände, und meine. Sein Geschlechtsmerkmal hatte nichts von seiner Erscheinung eingebüßt, streifte an mir, an meinen Beinen – und Daeng stand hinter statt vor mir. Das heiße Wasser strömte über meine Haut, eine Hand von ihm klammerte sich fest an meine Schulter, zwei Finger der anderen drangen durch meine männlichen Erhebungen, ich musste aufstöhnen – und sie wurden durch etwas Größeres ersetzt.

Ich fühlte seine Anstrengung, als er sich in mich zwängen wollte, das gleichzeitige Spannen bei mir, das feste, warme Kribbeln, wollte ihn unterbrechen und in meinen Sachen nachsehen, ob uns etwas helfen konnte – und merkte, wie sich der feste Stab in mich schob. Mir war bewusst, dass ich sein leises, leicht böses Lachen jederzeit mit einem Kuss ersticken konnte, mich einfach an ihn kuscheln und nur unsere Hände weitermachen lassen, doch ich wünschte mir, dass er weiter in mich rutschte, mich ausfüllte und so fest an mich drückte, so weit es ging.

Mein Herz klopfte stärker, mit seiner Hand davor, das Hämmern lag mir in den Ohren, als er vollständig mit mir vereint war. Seine andere hatte mich fest im Griff, und das kühle Metall an seiner Wurzel bewies, dass er nicht noch mehr in mein Inneres vordringen konnte. Unsere Zungenspitzen konnten sich für einen Augenblick berühren, als er tief in mir steckte, ich fühlte das Pulsieren, den Raum, den er sich nahm – und er kam wieder in Fahrt.

Ich saugte die schwüle Luft ein, stöhnte bei jedem der Stöße laut auf, auch wenn er sie zart vollführte und mir nur manchmal die volle Länge gab. War dies das Ziel, welches wir erreichen sollten? Noch wusste ich nicht einmal, woher das schwache Licht stammte, wusste überhaupt nichts, doch kaum etwas war handfester als der thailändische Mann hinter mir, nur eine Spur kräftiger als andere, die ich bis dahin gesehen hatte. Auch das Wasser in einer Höhle mitten im Schnee im Hochgebirge, dessen Wärme alles durchdrang, war kein Traum, und wenn es nicht da gewesen wäre, hätte mich seine Hitze gewärmt, seine Reibung, die Bewegung seines Körpers.

Daeng bewegte sich schneller, doch es war kein brutales Zustoßen, nur der deutliche Ausdruck seines Begehrens. Seine freie Hand kam fast nicht dazu, an mir zu arbeiten, dennoch sah ich mich an der Schwelle zum Glück, noch deutlich entfernt, aber nah.

Er rutschte aus mir, wir wendeten uns einander zu, sahen uns für zwei Sekunden tief in die Augen – und ich legte mich auf den Boden, nicht unangenehm hart. Warmes Wasser spritzte auf mich, ich spreizte meine Beine – und Daeng kniete sich vor mich, hob mich leicht an und führte seine geschwollenen Tatsachen zu mir. Die Größe erschien mir aus dieser Lage noch mächtiger, noch fülliger, so wie sein nasser, unbehaarter Oberkörper, mir wurde die Leere bewusst, die er hinterlassen hatte – und er drängte sich an mich und füllte sie.

Das Gefühl in mir lebte wieder auf, genau so musste sich der aufgestaute Druck in ihm anfühlen, und ich wollte, dass er sich entlud, wollte, dass sein Saft in mich floss. Ich wünschte, es wäre wirklich zu spüren und nicht nur zu erahnen, wie mit jedem Schub, nachdem es kein Zurück mehr gab, der warme Nektar in mich schoss, unsere Körper zu einem einzigen machte. Meine Haut spannte sich, als er ein Bein von mir weiter in die Höhe riss, er warf den Kopf zurück, stieß einen spitzen, langen Schrei aus – und was bei mir nur ein Zucken gewesen war, brodelte über.

Noch einmal atmete ich die längst von Schweiß durchsetzte Luft ein und wusste, dass es kaum möglich sein sollte, doch ich fühlte jede seiner heißen, feuchten Ladungen, die er in mich spritzte, war vom Zucken seiner Muskeln gefesselt. Ohne meine Hände zu gebrauchen, überschritt ich die Schwelle, wurde umgeworfen und musste die Augen schließen. Wie mein eigener Saft auf mich klatschte, registrierte ich noch, viermal, fünfmal, bemerkte seine weichen, schwitzenden Hände auf mir, die Leere und die herabtropfende Nässe, als er sich zurückzog – dann blendete sich alles aus.

* * *

Er lag neben mir und streichelte mich, zog seine Fingerspitzen über meine Arme, als ich zu mir kam. Es war kein Schlaf, keine Bewusstlosigkeit, nur ein kurzes Loslassen, die völlige Einnahme durch das intensive Gefühl, das er verursacht hatte und wofür es kaum einen Ausdruck gab – aber was war es? Ich drehte den Kopf zur Seite und blickte ihm ins Gesicht.

„Was … war das jetzt?“

Daeng öffnete nur den Mund und riss die Augen weit auf, konnte nichts sagen, ließ sich zurückfallen. Unsere Hände waren ineinander verkrallt und er trug den Ring über zwei Fingern. Hatte er seine Aufgabe erfüllt und wir es geschafft, gemeinsam? Nur ein bisschen wollte ich noch liegenbleiben, seinen nackten Körper neben mir spüren, sein Streicheln, das stetig langsamer wurde …

Kapitel 6 – Der höchste Punkt

Als ich erwachte, wusste ich nicht ob es Tag oder Nacht war, registrierte nur dieses schwache, bläuliche Leuchten. Ich war neben Daeng gelegen, zuhause in Wien, in dem Traum, an den ich mich erinnern konnte, klar und nicht verblasst. Ich blickte auf nackten Fels über und auf nackte Haut neben mir. Mein Gefährte schlief oder wachte ebenso gerade auf, drehte sich in meine Richtung, seine Hände berührten mich und klammerten sich um meine Schultern.

Vorsichtig legte ich sie weg und stand auf, er wälzte sich in die andere Richtung und griff ins Leere. Draußen schien es nicht mehr zu schneien, doch was, wenn wir komplett eingeschneit waren? Ich trank einen Schluck von dem klaren, kalten Wasser, suchte mir einen Platz für das Gegenteil, und der aus der Decke fließende heiße Wasserschwall wenige Meter weiter verriet mir, dass alles entweder kein Traum war, oder ein zu intensiver. Hatten wir noch Vorräte? Ich fühlte mich kaum hungrig und genauso wenig müde.

„Hey!“, hörte ich Daeng sagen, und er streckte sich, raffte sich auf und stellte sich zu mir. Für einen Moment kuschelte er sich an meinen Rücken, doch wir duschten uns getrennt. Ich machte einige Schritte durch die Höhle, um trocken zu werden, und suchte nach meiner Kleidung. Vor dem Eingang türmte sich mindestens ein halber Meter Schnee auf, und es war noch dunkel, zumindest nicht heller als am Abend davor.

Ein kalter Windstoß traf mein Gesicht, als ich hinaustrat, aber das Brennen wandelte sich in Sekunden zu wohliger Wärme, wie die Höhlenwand – oder seine Haut.

„Was machen wir? Willst du weiter hinauf?“, fragte er, während er sich anzog.


„Die Legende besagt … dass wir auf den Gipfel müssen, wo immer der ist.“


„Wie spät ist es überhaupt? Was zeigt dein Telefon an?“


„Entweder etwas, das nicht stimmen kann, oder das System stürzt ab, ich wette mit dir.“


„Wirklich!“, kommentierte er nach hektischem Tippen auf dem Bildschirm, und steckte seines wieder ein.

* * *

Meine Schuhe waren bereits nach wenigen Minuten aufgeweicht, und ich rechnete damit, dass sie sich bald auflösten, doch die Nässe war nicht kalt und ich dachte nicht ständig daran, am liebsten zuhause im Warmen zu sein. Wo war mein Zuhause, und wann würde ich wieder dort hin zurückkommen? Würde ich das überhaupt, und was würde aus ihm werden? Eine Regung fuhr durch mich, die jede Kälte verdrängte und mir den Hals abschnürte. Daeng stapfte wenige Meter vor mir durch den Schnee, ich trat in seine Spur – und er blieb stehen. Vor uns wurde es heller.

Nicht nur Millionen Sterne standen am Nachthimmel, sondern auch ein riesiger Mond, jedenfalls sah er aus wie ein Mond und spiegelte sich auf einer endlosen Wasserfläche. Mir wurde schwindlig, wenn ich zu nah an einem Abgrund stand und das Geländer zu mickrig war oder keines existierte – hier konnte ich kaum schätzen, wie weit es hinab ging. Einen Kilometer – oder 5 oder noch mehr? Nur mächtige, nahezu senkrechte Felswände erstreckten sich in einem leichten Bogen links und rechts von uns und verschwanden in der Dunkelheit.

„Das ist es“, kommentierte ich und wir traten einige Meter zurück. Daeng hielt den Ring in die Höhe und ließ seinen Blick schweifen, suchte den Boden ab, schob den Schnee mit den Füßen zur Seite – und entdeckte nichts. Eine noch höhere Stelle ließ sich in unserer Nähe nicht ausmachen, ebenso nichts, worauf der magische Gegenstand passen würde. Ich übernahm ihn, und es war nicht so, dass er meine Finger wärmte, doch das Metall war absolut nicht kalt. Ich tat so, als ob ich ihn anprobieren wollte, beide lachten wir für eine Sekunde, aber Dunkelheit und kalter Wind brachten uns wieder zurück.

„Wenn das eine Geschichte wäre“, brach ich erneut die Stille, „für die ich einen Literaturpreis gewinnen wollte, dann würden sich die Hauptpersonen jetzt da hinunterstürzen, und ich müsste mindestens vier Seiten darüber schreiben, wie sie fallen.“


„Sowas habe ich schon öfters gelesen … na toll. Aber kann es sein, dass …?“


„Oder ich müsste schreiben … Hallo liebes Publikum, auch das ist natürlich nur eine Geschichte, aber jetzt möchte ich wieder in sie zurück, darf ich? Der Rest steht in Projekt 43.“


„Mit wem redest du? Und das jetzige Projekt ist Projekt 44, oder wie oder was?“


„Das könnte ein guter Titel sein … was wolltest du vorhin sagen?“


„Wenn der Ring irgendwo sicher verwahrt ist … dann da unten.“


„Und wenn das die falsche Entscheidung ist? Wie willst du ihn zurückbekommen?“

Ich setzte mich in den Schnee, Daeng neben mich, und hinter uns bildete sich eine kleine, schützende Mauer, als wir uns zurechtrückten. Bis auf das Säuseln des Windes war es still. Ob wir versuchen sollten, ein Zwischenlager zu bauen? Wann würde es hell werden, oder die Morgendämmerung beginnen?

Es war ein weiteres Geräusch, welches ich nach einigen Minuten zu hören glaubte, sehr gedämpft, kaum auffällig, aber vorhanden. Zuerst wollte ich es nicht wahrhaben, brachte es zum Verschwinden, indem ich mich noch näher an meinen Freund schmiegte, fast über ihm lag, und mich mit ihm auf einen einsamen Strand träumte. Seine Wangen fühlten sich vielleicht kühl an, nicht jedoch seine Lippen, von denen meine nicht lassen konnten. Es existierte kaum ein schlechterer Ort für andere Dinge, doch auch ohne seinen Körper direkt auf meinem zu fühlen, verband mich in diesem Augenblick mehr mit ihm. Tief aus mir heraus kam es, spiegelte sich in seinen Augen …

Schritte näherten sich, näherten sich rasch, wir drehten uns um – und jemand stand wenige Meter vor uns. Ein Teil seiner vormals dunklen Hose war zerfetzt, seine Haare von einer Schicht Schnee bedeckt, und auf einer seiner Wangen konnte ich verkrustetes Blut ausmachen. Er mochte erschöpft sein, doch sein Blick fixierte uns entschlossen.

Ich sprang gemeinsam mit Daeng auf, welcher einen Schritt zurück machte, nur einen, und mich mit beiden Händen an einem Oberarm umklammerte, so fest, wie nur er es konnte. Der Mann blieb stehen und starrte uns weiterhin an. Was hatte er mit einem breiten Gurt über einer Schulter hängen?

Ein Zittern ging durch mich, als er auf uns zu kam, wie Schüttelfrost. Es war Schüttelfrost, ich wollte nur weg, ins Warme – und in Sekunden breitete sich gleichzeitig mit dem Spannen meiner Muskeln und meinem Herzrasen innere Wärme aus. Mein Geliebter, und das war er, drängte sich noch enger an mich und trat dennoch weiter vor.

„Was soll das werden?“, erhob ich meine Stimme.


„Du weißt, was wir wollen. Gib ihn mir, und alles …“


„Was?“, brüllte ihn Daeng an und ließ mich los. „Die anderen haben Angst gehabt und sind unten geblieben?“

Ich war mir nicht mehr sicher, ob das Gefühl an meiner inneren Kälte lag, welche erneut die Oberhand zu gewinnen versuchte, oder ob ein Grollen durch das ganze Gebirge fuhr. Eine Lawine irgendwo unter uns … eine große … oder viel mehr als das? Die Welt war in Gefahr, ihre Grenzen am Kollabieren, rissen mich hin und her, ich wusste es, Daeng wusste es … ihnen war es egal, sie wollten nur die besten Teile an sich reißen, ihr Vorhaben durchziehen.

„Da, nimm ihn dir!“, schrie Daeng, mit dem Ring in der Hand. Wann hatte er ihn wieder genommen?


„Oh … ist doch nie zu spät, um Freunde zu werden!“


„Aber dann war es das mit dem Projekt, mit uns allen!“

Der Typ wollte weiter und konnte nicht, als ob ihm ein Orkan entgegenwehte, Daeng hatte seine Fäuste zusammengeballt und sein Blick blieb streng. Der Mann konnte aufrecht stehen, sich festhalten, doch er schnappte nach Luft, atmete tief durch. War das ein Stöhnen? Er brachte ein leises „Ja!“ hervor, blickte nach oben, bevor er die Augen schloss, ein Schütteln durch seine Beine fuhr und er zu Boden sank.

Er fiel zurück in den tiefen Schnee, seine Hände vollführten unkontrollierte Bewegungen, so wie sein ganzer Körper zuckte und es nicht zu enden schien. Ich sah Daeng in die Augen, auf seine dunkelrot gewordenen Finger und auf den Ring. Konnten wir ohne ihn nie wieder Höhepunkte erleben, die jenseits des Möglichen waren? Nein – alles, was ich brauchte, war er selbst.

Sein Blick änderte sich, doch es war nicht das vertraute Lächeln, zu dem er ansetzte, sondern tiefe Entschlossenheit, zwischen seinem schnellen, tiefen Atmen. Wir drehten uns um, blickten in Richtung des Abgrunds, standen vielleicht drei Meter davor, unsere Finger krampften sich ineinander – und ein Gefühl wie knapp vor einer gewaltigen Entladung kam in mir auf. Ich wusste, dass es ihm genauso ging, er konnte nichts verbergen – und er warf den Ring hinunter, warf ihn in hohem Bogen. Für einen kurzen Moment glaubte ich ein Glitzern zu erkennen, dann passierte es, so heftig wie noch nie mit ihm.

Ich registrierte noch seine Hände, die sich fest um mich klammerten und mich stützten, meine weichen Knie nicht zu Boden sinken ließen – und es wurde hell. Alles wurde weiß, strahlend weiß, ich ließ ihn nicht los …

* * *

Auf dem Waldboden lag kein Schnee, dafür blitzte grelles Sonnenlicht durch die kahlen Baumwipfel. War dort vorne eine Wasserfläche? Hektisch blickte ich in alle Richtungen, stand auf – und entdeckte einen asiatischen Mann, der sich den Schmutz von seiner Hose putzte. Er erkannte mich, und beinahe wäre ich gestolpert, als ich auf ihn zulief. Sein Mund blieb weit aufgerissen, ich spürte Tränen an meinen Wangen hinablaufen, er sah mich von oben bis unten an – und er schnellte auf mich zu und küsste mich.

Er wollte nicht loslassen, unsere Hände kämpften miteinander, der Schmerz war mir gleichgültig, als ich an einen Baumstamm stieß, wurde sofort betäubt, noch fester pressten wir uns aneinander – und merkten, dass wir an den Waldrand beim Badesee getaumelt waren, uns in der Slowakei befanden, in Bratislava. Jemand spazierte den Weg auf der anderen Seite entlang, wir traten auf den leeren Strand und blickten zu den Wohnblöcken. Es war exakt die Stelle, wo wir herumgeblödelt hatten, wir standen wieder dort, als ob nichts gewesen wäre – was blieb mir als Beweis? Er blieb mir.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Daeng, und ich überlegte, ob ich seine Finger umfassen sollte, die sich an mich drängten.


„Ich weiß nicht … wann geht der nächste Zug nach Wien?“

* * *

Ich fragte mich, wann sich der Chef von Daeng blicken lassen würde. Er war nicht wirklich sein Vorgesetzter, mehr jemand, der ihm gelegentlich Aufträge verschaffte und für stattliche Honorare sorgte. Stammte sein ganzes Personal aus dieser Welt? Ob er wirklich dann und wann einen Text für seine Agentur brauchte? Meine Ersparnisse würden noch lange reichen, doch schlecht wäre es nicht. Wenn er mich zu seiner Party einlud, die Kleidung des Publikums recht leger war und schon einmal jemand mit Sektgläsern herumging, sah es nicht so übel aus. Ich sah mich nochmals um, ob ich jemand kannte, um dann Daeng auf die Terrasse zu begleiten. In den Jahren des Herumhetzens im Außendienst hatte ich geglaubt, jeden Winkel meiner Heimatstadt kennengelernt zu haben – bis auf diese Gegend hier.

Stand dort ein Mann mit dunklerer Haut, aus Südasien – war es … Raj? Wir tauschten ein Lächeln aus, ich kippte rasch einen Schluck hinunter und überlegte, ob mich seine ganze Erscheinung nervös machte, oder nur die Tatsache dass er überhaupt hier war. Ein strenger Blick meines Begleiters traf mich, nein, meines Geliebten, der zu einem freundlichen wurde, welcher nicht gleich wieder verschwand. Seine Lippen waren bereit für mich, und ich nahm die Einladung an.

„Was ist jetzt wirklich das Projekt … 43 oder 44? Was wollten diese finsteren Typen genau?“, fragte mich Daeng, nachdem er die Augen geöffnet hatte.


„Genau das, was in der Gesamtausgabe steht.“


„Ja schon, ich weiß, aber …“


„Können wir mit ihnen umgehen oder nicht?“


„Ich glaube, wir können“, entgegnete er, und legte seinen Arm um mich.

Kommentare


MarcLelky
(AutorIn)
dabei seit: Mai '04
Kommentare: 76
MarcLelky
schrieb am 02.02.2015:
»Danke - das ist eben der Grund, warum manche Geschichten nicht ewig weiterlaufen sollten, aber DIESE musste eben noch sein. Nicht ausgeschlossen ist allerdings eine Geschichte aus der Perspektive einer anderen Person, die im 1. Teil auftaucht (bzw. wäre sie in Stichworten praktisch schon fertig).«

BenjaminBi
dabei seit: Feb '06
Kommentare: 129
BenjaminBi
schrieb am 02.02.2015:
»Natürlich ist die Handlung nicht mehr ganz so spannend wie in den ersten Teilen von Projekt 43. Grundsätzlich aber tut der Autor sicher gut daran, seiner ganz persönlichen Fantasie so unbefangen freien Lauf zu lassen. Und die Liebesszenen zwischen ihm und Daeng sind einfach schön!«

reibe
dabei seit: Mai '01
Kommentare: 281
schrieb am 13.02.2015:
»Ich finde die Geschichte gut, aber die anderen waren nach meiner Meinung besser.«


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