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Lesungen: 1843 | Bewertung: 8.53 | Kategorie: Teen | veröffentlicht: 15.05.2018

Proterogania 03 anderthalb Jungfrauen auf Abwegen

von

Ariu ging täglich in den Tiefbahnhof, um mit den Frauen in der Reifephase zu reden und neue Frauen in der entsprechenden Lebenssituation anzusprechen. In einer dieser Gesprächsrunden kam die Frage auf, mit was Ariu seinen Lebensunterhalt bestritt. Er zuckte mit den Schultern: »ich bin jahrelang arbeiten gegangen und habe Rücklagen, außerdem benötige ich zurzeit wenig.«

»Du kannst nicht ewig so weitermachen«, sagte Idua, die Lesbe, die das Interesse an Frauen verlor, »du opferst deinen Lebensstandard, um uns zu helfen.«


»Meine Wohnung ist ohnehin zu groß, mir würde die Basisversion reichen«, sagte Ariu und griff ein anderes Thema auf, bei dem es nicht um ihn ging.

Am nächsten Tag reichte ihm Idua ein mobiles Kassensystem und sagte: »wir verlinken das mit deinem Konto und dann können wir dir eine Gegenleistung geben, für die Zeit, die du mit uns verbringst.«


Ariu war nicht begeistert, von der Idee, ließ sich von Idua jedoch erklären, wie er das Gerät mit seinen Kontodaten vernetzen konnte und legte sein Handgelenk auf den Scanner des Kassensystems. Das Gerät und der Chip in seinem Handgelenk blinkten abwechselnd blau auf, als Signal, dass die Registrierung abgeschlossen war.

Alle Proteroganier erhielten mit der Implantation ihres Chips ein Konto, auf dem Einnahmen und Auszahlungen verrechnet wurden. Bargeld gab es nicht. Schuld- und Guthabenzinsen waren verboten. Von einem Konto konnte nie mehr Geld abgezogen werden, als sich darauf befand. Wenn das Konto eines Proteroganiers leer war und er diesen Umstand nicht ändern konnte oder wollte, bekam er eine Basiswohnung, Grundnahrungsmittel und einfache Kleidung zugeteilt. Lediglich Soldaten, die ihre Dienstzeit beim Militär überlebt hatten, wurden bis zum Ende ihres Lebens mit einem höheren Lebensstandard belohnt.

Idua ließ es sich nicht nehmen, die erste Spende von ihrem Guthaben auf Arius Konto zu überweisen. Ariu weigerte sich, einen Preis für seine Dienstleistung zu nennen und überließ es Idua, einen Betrag einzugeben, den sie durch Auflage ihres Handgelenks transferierte.

Eine weitere Frau, die nicht zum ersten Mal bei Ariu im Wartebereich des Tiefbahnhofs saß, beobachtete die Transaktion und zeigte sich als nächste erkenntlich. Fortan bewahrte Ariu das Gerät in seiner Jacketttasche auf und holte es nur auf Anfrage heraus. Frauen, die davon nichts wussten oder nicht danach fragen, behandelte er weiterhin genauso zuvorkommend, wie alle anderen.

Die Einzahlungen auf seinem Konto setzten sich in den nächsten Tagen aus vielen kleinen Beträgen zusammen, es waren einige wenige Beträge dabei, die weit über dem lagen, was Ariu als angemessen erachtete. Insgesamt waren seine durchschnittlichen Tageseinnahmen höher als das tägliche Gehalt, das er in der Werbeagentur verdient hatte.

Als einige Tage später, in der Nähe von Arius Wohnung, ein kleiner Imbissladen geschlossen wurde, mietete Ariu die freigewordene Fläche an, da sich einige Frauen beschwert hatten, dass der turbulente Tiefbahnhof kein ideales Umfeld sei, um sich das Herz auszuschütten.

Der Laden bestand aus einem Raum, mit acht Stühle, einem Kleiderständer und einer Kaffeemaschine. Nach einigen Tagen hatte sich sein neuer Standort innerhalb seiner Zielgruppe herumgesprochen. Ariu lehnte es ab, Termine zu vergeben und Preise für seine Dienstleistung zu machen. Er war jeden Tag da und freute sich über jede Frau, die den Weg zu ihm fand. Wenn er alleine war, hielt er auf der Promenade nach Frauen Ausschau, die seiner Zielgruppe entsprachen und sprach sie unverbindlich an. Nachmittags füllte sich der Raum mit seinen Stammkundinnen und die Frauen tauschten sich untereinander aus, während Ariu die Rolle eines Moderators übernahm.

Das mobile Kassensystem stand neben der Kaffeemaschine und Ariu überließ es den Frauen, das Gerät zu benutzen. Von den Einnahmen konnte Ariu die Miete zahlen und seinen Lebensstandard halten, ohne seine Rücklagen antasten zu müssen. Vereinzelt kamen sogar Männer in sein Geschäft, lobten ihn für seine Idee und ließen ihm Spenden zukommen. Lediglich Frauen, die das kritische Alter noch nicht erreicht hatten, zeigten kein Interesse an seinem Geschäftsmodell.

*

Seit Ariu die erste Frau im Tiefbahnhof angesprochen und mit seinen Schuhen beschenkt hatte, waren drei Monate vergangen. In seinem neuen Lebensabschnitt spielte sich Routine ein, bei der er lange schlief und den Tag als Ratgeber verbrachte. Abends machte er Sport bis zur Erschöpfung und ließ die Abende in Lokalen auf der Promenade ausklingen. Dabei kam er unweigerlich mit Frauen ins Gespräch, die weit mehr als gutgemeinte Ratschläge von ihm wollten. Er genoss die Anerkennung und ließ die Flirts konsequent ins Leere laufen. Angeheizt durch die Avancen, ging er zum Ende des Abends, in seinen Wohnbereich, um zu onanieren. Ariu war sich seiner voll ausgebildeten Männlichkeit bewusst und genoss jeden Höhepunkt, den er sich selbst verschaffte.

Dennoch reizte ihn keine der Frauen derart, dass er sich als Mann auf sie einlassen wollte. Ihm war die männliche Rolle beim Sex fremd. Er hatte es jahrzehntelange genossen, in den starken Armen eines Mannes zu liegen und sich als Frau hingeben zu können. Obwohl diese Darstellung nicht immer der körperlichen Realität entsprochen hatte, war es meist im emotionalen Sinn so gewesen. Ariu ging davon aus, dass die Frauen von ihm erwarteten, sich ihm als Mann hingeben zu können, aber keine der Frauen weckte in Ariu die Lust, für sie da sein zu wollen.

Wie jeden Tag ging Ariu am späten Vormittag mit seinem Frühstück im Arm zu seinem Geschäft und sah einen Infostand des Militärs. Der Stand war auf der Promenade, neben seiner Ladentür aufgebaut worden. Hinter dem Tresen standen ein Soldat und eine Soldatin in Uniform. Über dem Tresen hing ein Transparent mit der Aufschrift: „Frauen.Männer.Helden“, als könnte das Militär die Tatsache, dass aus Frauen Männer wurden, um eine Entwicklungsstufe erweitern und alle in den Heldenstand erheben.

»Könnt ihr euren Stand anderswo aufbauen?«, fragte Ariu ohne sich mit Begrüßungsfloskeln aufzuhalten.


»Nein«, sagte der Soldat, zückte ein offizielles Dokument und sagte: »uns wurde dieser Standort zugewiesen.«


»Aber ich will euch nicht hier vor meinem Laden haben«, sagte Ariu.


»Die Promenade ist für alle da«, sagte die junge Soldatin.


»Warum gehst du in deinem Alter zum Militär?«, fragte Ariu und schaute der Soldatin tief in die Augen.

Sie trat einen Schritt vom Tresen zurück und Ariu konnte den Ansatz eines Babybauchs unter ihrer Uniform erkennen. Sie lächelte ihn an: »ich habe bei meinem ersten Fronteinsatz die Deckung zu früh fallenlassen.«


»Wie dumm«, sagte Ariu in einem Anflug von Gehässigkeit. Er wusste, dass junge Frauen nie direkt an der Front eingesetzt wurden, aber in unmittelbarer Nähe zu den kämpfenden Einheiten, nicht weniger aufopferungsvolle Aufgaben erfüllten.

»Du siehst gescheit aus«, sagte der Soldat und reichte Ariu einen Infozettel, »hast du schon einmal über eine Offizierslaufbahn nachgedacht?«


»Nein, habe ich nicht«, sagte Ariu, obwohl er das schon getan hatte. Er war sich, nach reiflicher Überlegung sicher, dass seine Tätigkeit als Ratgeber wertvoller war, als zu töten und zu sterben. Ariu lief zu seinem Geschäft, schloss die Tür auf und ging hinein. Als er durch das Schaufenster hinausschaute, nahm der Infostand des Militärs einen Großteil seines Sichtfelds ein.

Im Laufe des Tages wurde Ariu bewusst, dass der Infostand auch Interessentinnen anlockte, die seiner Zielgruppe entsprachen. Nicht wenige Frauen, die den Stern ihres femininen Lebens sinken sahen, informierten sich über eine militärische Laufbahn. Ariu sprach sie unverbindlich an und kam mit manchen ins Gespräch. Am späten Nachmittag hielten nahezu alle Frauen in seinem Laden militärisches Informationsmaterial in den Händen.

Abgesehen von den üblichen Themen dieser Altersklasse wurde auch kontrovers über das Militär diskutiert. Ariu ließ das Gespräch laufen und sorgte dafür, dass jede Meinung respektiert wurde. Es gab glühende Anhängerinnen für das Militär und skeptische Frauen. Niemand stellte das Militär grundsätzlich infrage. Ariu achtete nicht auf den Infostand vor seiner Tür und er nahm die zierliche Gestalt in dem dunkelgrauen Kapuzenpullover nicht wahr, während sie sich mit der Soldatin unterhielt.

Als die Fanfare ertönte, die eine neue Rekrutierung verkündete, hob Ariu den Kopf und schaute aus dem Fenster auf die Promenade. Diese Fanfare war heute schon oft erklungen und langsam nervte es ihn. Ariu sah, wie die junge Frau ihr Handgelenk von dem Scanner nahm, nachdem sie sich verbindlich zum Militärdienst verpflichtet hatte.

»Zieh mal die Kapuze vom Kopf, damit ich ein Bild machen kann«, hörte Ariu die schwangere Soldatin durch seine offene Ladentür reden. Als die Rekrutin ihre Kapuze vom Kopf zog, sah Ariu hellblonde Haare und erkannte Nirus Gesicht. Auf dem Weg aus seinem Geschäft hätte er eine Frau fast von ihrem Stuhl gerissen. Er hielt sich nicht mit Entschuldigungen auf.

Ariu stellte sich vor Niru und breitete die Arme aus, um die Soldatin daran zu hindern, ein Foto von Niru zu machen.


»Bist du verrückt!«, sagte Ariu und schaute in Nirus traurige Augen, »du hast dein ganzes Leben noch vor dir.«


»Was denn für ein Leben?«, fragte Niru kraftlos.


»Willkommen im Supportbataillon«, jubelte die Soldatin und sagte zu Ariu, »geh mal zu Seite, damit ich das Foto machen kann.«


»Es gibt kein Foto!«, sagte Ariu und schaute wieder zu Niru, »du gehst nicht zum Support!«


»Doch!«, schrie ihm Niru entgegen, wie ein wütendes Kind.

»Weißt du überhaupt was da auf dich zukommen?«, fragte Ariu, »Wenn die Soldaten, mit mehr Adrenalin als Blut in ihren Adern, vom Schlachtfeld zurückkommen, sind sie wie wilde Tiere.«


Niru schaute ihn mit Tränen in den Augen an und sagte: »die ficken mich und die anderen Mädels wie Wilde, um wieder runter zu kommen, damit sie sich nicht gegenseitig zerfleischen. Die werden nicht von Selbstzweifeln geplagt und denen ist es egal, dass ich noch Jungfrau bin.«

Niru erkannte, dass sie Ariu durch ihre Worte wirkungsvoller verletzte, als ihr das durch körperliche Gewalt möglich gewesen wäre. Sie schrie ihm mit Genugtuung und Wut ins Gesicht: »Eher früher als später wird mich ein abgefucktes Frontschwein, mit dem Blut unserer Feinde im Gesicht, schwängern. Dann kann ich meinen dicken Bauch mit erhobenen Haupt über diese verfickte Promenade tragen!«

Ariu schaute für einen Moment zu der schwangeren Soldatin, die sich betroffen abwendete. Dann schaute er in Nirus schmerzverzerrtes Gesicht. Sie legte ihre Hände auf den Bauch und krümmte sich, als hätte ihr eine unsichtbare Faust in den Magen geboxt. Ihre Beine knickten ein und sie fiel vor ihm auf die Knie. Ariu ging in die Hocke und war nicht in der Lage Worte zu finden, die seine Gefühlswelt beschrieben oder mit denen er Niru helfen konnte. Er hatte noch nie so viel Verzweiflung, Schmerz und Trauer zur gleichen Zeit wahrgenommen. Sein Herz pochte heftig und beängstigend schnell in seinem Brustkorb.

»Schau mich an«, sagte Ariu mit dünner Stimme und legte seine Hände auf ihre Schultern.


»LASS MICH!«, schrie Niru inbrünstig. Ihre glockenhelle Stimme grollte und überschlug sich. Sie riss die Arme hoch und schlug Arius Hände von ihren Schultern.


»GEH DOCH EINFACH WEG! WARUM MUSST DU MIR IMMER NOCH MEHR WEHTUN!«, setzt sie schreiend nach und verbrauchte Kräfte, die ihr fehlten, um ihren Oberkörper aufrecht zu halten. Sie sank auf die Seite und blieb mit gekrümmten Rücken und angewinkelten Beinen auf der Promenade liegen.

Ariu legte sich neben sie. Nicht, weil er das für eine gute Idee hielt, sondern weil sein Körper der Schwerkraft nicht mehr widerstehen konnte. Er fühlte sich müde und schwerelos. In Seitenlage sah er Nirus Gesicht. Obwohl ihr Gesicht von Verzweiflung und Schmerz verzerrt war, konnte er sich keinen schöneren Anblick vorstellen. Sie nahm seine Hand und er wollte fest zupacken. Seinen Fingern fehlte die Kraft. Dafür packte Niru schmerzhaft fest zu und schrie ihn an.

Ariu hörte ihre Stimme nicht, aber sie hatte mit allem, was sie ihm ins Gesicht schrie, Recht. Er war ein Idiot. Ein schwereloser Idiot in den Armen des liebenswertesten Wesens, dass er sich vorstellen konnte. Der Chip in seinem Handgelenk flammte unablässig rot auf. Ariu erschien das bedeutungslos. Alles war Gut, in dieser schwerelosen Stille. Die Elektroschocks, die sein Chip durch den Arm bis in seinen Brustkorb jagte, empfand er als lästig. Sie ließen ihn nicht zur Ruhe kommen und als das medizinische Notfallteam eintraf, wurde er von Niru getrennt.

*

Ariu wachte in einem Bett der Krankenstation auf. Es musste tiefe Nacht sein, als er seinen nackten Oberkörper aufrichtete und einen piepsenden Alarm auslöste.


»Willkommen zurück«, sagte eine Frau in der Aufmachung einer Ärztin und stornierte den Alarm.


»Was ist passiert, wo ist Niru?«


»Niru? Ist das die kleine, hysterische Furie?«


»Wo ist sie?«, frage Ariu.


»Eine ältere Frau ist mit ihr auf die Promenade gegangen, weil sie im Wartebereich zu viel Unruhe verbreitet hat.«


»Ich muss sie suchen«, sagte Ariu und machte Anstalten, das Bett zu verlassen.

Die Ärztin legte ihre Hand auf seinen Arm und sagte: »du bleibst hier!«


Ariu schaute sie an und fügte sich ihrem Wort.


»Willst nicht wissen, was mit dir passiert ist?«, fragte sie, als Arius Kopf ins Kissen sank.


»Was ist denn passiert?«


Sie setzte sich auf die Bettkante, nahm seine Hand fürsorglich und fragte: »hattest du einen plötzlichen Todesfall im engsten Familienkreis oder ein ähnlich tragisches Erlebnis in den letzten Tagen?«

»Warum?«, fragte Ariu ausweichend.


»Weil du für einen stressbedingten Kreislaufkollaps eigentlich zu jung und zu gesund bist. Ich kann mir deinen Zusammenbruch aber nur durch eine psychosomatische Überlastung erklären«, sagte sie und streichelte über sein Handgelenk, dort wo sein Chip implantiert war.


»Ich habe deine medizinischen Protokolle ausgelesen. Du hattest kurz vorher eine unglaubliche Stressspitze. Außerdem liegst du morgens zu lange im Bett, scheinst tagsüber nur herumzusitzen und verausgabst dich abends bis zur Erschöpfung – das ist auf Dauer nicht gut für dein Herzkreislaufsystem.«

Sie lächelte ihn an und ihr Blick schweifte über seinen muskulösen Oberkörper: »Verteile deine Aktivitäten gleichmäßig auf den Tag. Es gibt Frauen, die nachts arbeiten und tagsüber Zeit haben.«


»Ich habe nur abends Zeit für Kraftsport und Kick-Boxen.«


»So nennst du das?«, sagte die Ärztin mit einem mehrdeutigen Lächeln. Ariu fragte sich, ob er unter der halb zurückgeschlagenen Decke, die seinen Körper, von den Lenden abwärts verhüllte, nackt war. Es war der falsche Zeitpunkt, um die Decke anzuheben. Er erwiderte das Lächeln der Ärztin, um nicht unhöflich zu wirken und fragte: »kann man so sehr lieben, dass einem das Herz bricht?«

»Wie in den Geschichten aus längst vergangenen Zeiten?«


»Ja«, hauchte Ariu verlegen, denn so wie es die Ärztin sagte, bekam es einen faden Nachgeschmack.


»Es kommt mir vor, als müsste ich meine jüngste Tochter zu Bett bringen«, sagte die Ärztin ernüchtert und erhob sich von der Bettkante.


»Ich gebe dir ein Mittel zum Einschlafen. Wenn deine Herzwerte für den Rest der Nacht stabil bleiben, kannst du nach dem Frühstück nachhause gehen.«

Die subkutane Injektion wirkte nach wenigen Sekunden. Ariu schlief ein, ohne sich weitere Gedanken zu machen.

*

Das Trappeln von Schuhen ließ Ariu aufwachen. Er sah zwei schemenhafte Gestalten neben seinem Bett stehen. Als sein Blick schärfer wurde, erkannte er Niru, die neben Idua stand. Die beiden sahen übermüdet aus. Niru trug die einfache Kleidung von gestern. Es war die Aufmachung, die Proteroganiern zustand, wenn sie sich nichts Hochwertigeres kaufen konnten oder wollten.


»OK. Er lebt«, flüsterte Niru und wendete sich von Arius Bett ab. Idua hielt Niru fest und hinderte sie am Gehen.

Idua sagte zu Niru: »Du hast dir die ganze Nacht die Augen aus dem Kopf geheult und mir den Schlaf geraubt, jetzt sagst du wenigstens Hallo.«


»Hallo«, sagte Niru und macht erneut Anstalten, zu gehen – sie wurde wieder aufgehalten. Diesmal schaute Idua zu Ariu und sagte: »ich bin es leid, mit dir über meine Probleme zu reden, nur damit du dich nicht deinen eigenen Problemen stellen musst. Ich lasse dich jetzt mit Niru alleine. Es wird Zeit, dass ihr euch aussprecht.«

Idua verließen das Krankenzimmer und blieb auf dem Flur stehen, um sicher zu gehen, dass weder Niru noch Ariu der Konfrontation entfliehen konnten.


»Entschuldige, dass ich nicht in Tränen ausbreche«, sagte Niru kalt, »ich habe mir schon vor Wochen geschworen, dass ich wegen dir nicht mehr weine. Gestern Nacht hatte ich einen Rückfall, weil du fast gestorben bist, aber jetzt sind keine Tränen mehr da.«


Ariu holte tief Luft.


»Ich war vor drei Monaten noch nicht reif dafür und als ich dachte, ich wäre so weit, fand ich nicht den Mut, mich bei dir zu melden. Ich war sicher, dass du mich längst vergessen hast und deine Erfahrungen mit anderen Männern machst.«

»Ich wollte keinen anderen Mann«, sagte Niru und ihre aufgesetzte Kühle wich einem verzweifelten Blick.


»Ich wollte nicht wie ein naiver Trottel dastehen, der glaubt, wegen einer verkorksten Nacht Ansprüche stellen zu können«, seufzte Ariu.


»Ich hätte dir alle Zeit der Welt gelassen, wenn du nur bei mir geblieben wärst. Das hat so weh getan, als du nicht auf meine Nachrichten reagiert hast«, sagte Niru und wischte sich über ihr verquollenes Gesicht.

»Ich habe in den letzten drei Monaten jeden verdammten Tag und jede verdammte Nach an dich denken müssen«, gestand Ariu, »ich war sicher, dass du längst mit einem Mann nach dem anderen Spaß hast und ich hätte es nicht ertragen, dich dabei zu sehen, oder es von dir zu hören.«


»Einen Scheiß hatte ich, du feiges Arschloch!«, rief Niru wütend und hielt sich die Hände vor ihr Gesicht. Ariu streckte seine Arme mit aufgerichtetem Oberkörper aus dem Bett und legte sie um Nirus Schultern. Sie schlug seine Arme weg und ging einen Schritt zurück, während Ariu auf der Bettkante sitzend mit den Tränen rang.

Aus Selbstschutz hatte er sich keine Hoffnungen auf Niru gemacht und den schmerzenden Stachel in seinem Herz ignoriert. Er realisierte, dass Niru für ihn nicht mehr erreichbar war.


»An dem Abend, als wir in dem Club waren, als du den aufdringlichen Freak umgehauen hast«, sagte Niru auf der Türschwelle und drehte den Kopf in seine Richtung, »da hast du dich für mich eingesetzt. Für mich hat sich noch nie jemand eingesetzt.«

»Wenn ich mitbekomme, dass dich nochmal jemand anfasst, obwohl es dir unangenehm ist, könnte weit schlimmeres passieren, als ein beherzter Schubser«, sagte Ariu und krallte seine Fäuste in die Bettdecke. Niru sah das Spiel seiner Armmuskulatur und rechnete damit, dass er die Bettdecke samt Füllung zerfetzen würde.


»Es ist besser, wenn du gehst. Denn ich halte es nicht länger aus, dich in meiner Nähe zu haben ohne dich haben zu können.«

»Halt mich«, schluchzte Niru und warf sich auf das Bett, in seine Arme. Er fühlte ihren zarten Körper durch den Stoff ihres weiten Pullovers und presste sie fest an sich.


»Halt mich ganz fest, bis es wehtut«, hauchte sie. Ariu presste ihr die Luft aus den Lungen und lockerte den Griff, um sie nicht zu erdrücken. Schweigend lag sie in seinen Armen, bis sich ihr Atem normalisierte.

»Du bist so dumm«, sagte Ariu mit sanfter Stimme, »wie konntest du dich nur rekrutieren lassen?«


»Ich wollte mich umbringen, aber ich war zu feige«, murmelte Niru mit ihrer Wange auf seiner nackten Schulter.

»Du musst deine Rekrutierung rückgängig machen.«


»Das geht nicht«, sagte Niru ernüchtert, »sie haben mich extra darauf hingewiesen, dass ich kein Kündigungsrecht habe. Ich müsste schwanger werden, um hierbleiben zu dürfen und der nächste, monatliche Truppentransport kommt in zwei Wochen.«

Ariu erinnerte sich an die monatliche Parade, bei der die Militärschiffe an der zentralen Insel ankerten und die frischen Rekruten, fröhlich winkend und unter dem Jubel der restlichen Bewohner an Bord gingen. Ein kritischer Journalist hatte es mit dem Einfahren von Ernte verglichen. Der einzige Unterschied bestand darin, dass diese Ernte mit beschwingtem Stolz vom Acker in den Kochtopf sprang, während die heranreifenden Feldfrüchte ihnen alles Gute wünschten.

»So einfach machen wir es denen nicht«, sagte Ariu und sprang aus dem Bett, zog Niru hinter sich her und wollte aus dem Raum rennen.


»Zieh deine Hose an«, sagte Niru und schaute ihm zwischen die Beine. Ariu fing ihren Blick für einen Wimpernschlag lang auf und fühlte sich geehrt. Er nahm sich die Kleidung, in der er gestern eingeliefert worden war und stieg in seine Hose.

***

Umai, der ehrenvoll ergraute Krieger, war an diesem Morgen früher wach, als es seinen Gewohnheiten entsprach. Dies lag nicht daran, dass er auf seine alten Tage noch einmal zu einem Frühaufsteher werden wollte. Im Gegenteil, er würde sein Bett in den nächsten Stunden mit Sicherheit nicht verlassen. Er war durch zärtliche Küsse zwischen seinen Beinen wach geworden. Die leidenschaftliche Brünette, mit der er heute Nacht sein Bett geteilt hatte, lag bäuchlings zwischen seinen Beinen und küsste seine schlafende Schlange mit geschlossenen Augen und ehrerbietiger Obsession. Die Schwellkörper waren bereits gut gefüllt und ließen den Schaft fast zur vollen Größe erstarken. Sie waren noch nicht so prall, dass er sich von alleine aufrichtete.

Die erfahrene Frau zwischen seinen Beinen küsste und saugte seine empfindlichste Stelle hingebungsvoll und mit einer genusssüchtigen Langsamkeit, die ihm ein ausgedehntes Liebesspiel in Aussicht stellte. Sie setzte genau dort an, wo sie gestern Nacht aufgehört hatte, nachdem sie seinen Erguss aufgeleckt hatte und alleine dafür liebt sie Umai. Er wusste nicht, wie seine Gönnerin hieß. Gestern Abend waren wenige Worte gefallen, ehe sie sich den wichtigen Dingen hingegeben hatten.

Sie rieb ihren Unterleib lasziv an dem zerwühlten Laken, während sie sich mit ihren Lippen an einem seiner großen Hoden festsaugte, als wolle sie eine süße Frucht aussaugen. Ihre Hände streichelten ritualartig an dem Schaft entlang, der schwer und heiß auf Umais Bauchdecke lag, als ging es um die Beschwörung eines geheimnisvollen Wesens. Als sich der Schaft unter den Berührungen ihrer Hände aufrichtete, hob sie den Kopf und ließ ihre Zungenspitze um die Eichel tanzen. Ihre erregte Atmung gab Umais Empfinden eine Stimme.

»Nimm mich. Langsam«, hauchte sie ohne die Augen zu öffnen. Umai griff ihre Hände, drehte sie auf den Rücken und kniete sich zwischen ihre gespreizten Beine. Über ihrer Scham wölbte sich ein makelloser Babybauch und darüber sah er die großen, saftigen Brüste, wie sie Frauen nur während der Schwangerschaft haben konnten. Bis zu ihrer Niederkunft würden noch einige Wochen vergehen. Umai war nicht verlegen um die Tatsache, dass seine Hingabe nicht zu neuem Leben führen würde. Er hatte genug Nachwuchs gezeugt und vor vielen Jahren auch selbst ausgetragen.

Sie öffnete ihren Mund lautlos und lächelte mit geschlossenen Augen, als Umai mit seiner Lanze in sie eintauchte, um den sämig glänzenden Schaft sogleich wieder aus ihrer Spalte zu ziehen.


»Komm zurück, wo es schön warm ist«, flüsterte sie verheißungsvoll und streichelte mit ihren langen Fingernägeln über seine Lenden. Er tauchte erneut ein, neigte den Oberkörper vor, darauf bedacht, ihren Bauch nicht mit seinem Gewicht zu belasten und vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten.


Reglos in ihr verharrend, genoss er die kreisenden Bewegungen ihres Beckens. Sie nahm sich von seinem Schwanz, so viel sie wollte, während Umai seine Wangen an ihren vollen Brüsten rieb und den Duft ihres Körpers aufsogt.

»Umai!«, rief eine, ihm unbekannte Stimme, die seinen Wohnbereich, ohne zu fragen, betreten hatte.


»Wir müssen reden!«, sagte diese Person, nur wenige Schritte von seinem Bett entfernt.

Ohne den Kopf aus der weichen Hautfalte zwischen den Brüsten seiner Liebhaberin zu erheben oder seinen Schwanz einen Millimeter aus der nassen Möse zu ziehen, schnaufte Umai die Luft aus seinen Lungen und überlegte, ob er diese Person wegen Missachtung seiner Privatsphäre eigenhändig auf die Promenade werfen sollte oder ob er dabei zusehen wollte, während dies vom Sicherheitsdienst erledigt werden würde.

»Ich bin es, Ariu. Erinnerst du dich noch an die Nacht der zwei Vollmonde? Es ist schon ein paar Monate her. Du hast damals gesagt, dass ich dich jederzeit wieder besuchen könnte – ich habe das wörtlich genommen.«

Umai hob den Kopf und sah einen jungen Mann mit zerzausten, kurzen Haaren und nacktem Oberkörper. Hinter ihm stand eine junge Frau, die aufgrund ihres Alters und ihrer Kleidung noch keinen sinnvollen Beitrag für die Gesellschaft geleistet haben konnte und verheult aussah.


»Ariu?«, sagte Umai mit angespannten Gesichtszügen, »du bist zu einem Mann gereift, wie ich es geahnt hatte. Ich hoffe, du hast einen triftigen Grund, für dieses respektlose Verhalten.«

»Ich würde mir das nicht erlauben, wenn es nicht absolut wichtig wäre«, sagte Ariu und zog sich sein T-Shirt über den Kopf. Umai zog sich aus der, sichtbar frustrierten, Brünetten zurück und küsste ihren Bauch entschuldigend. Er flüsterte ihr ins Ohr. Sie rollte genervt mit den Augen, hob ihr Negligé vom Boden auf, zog es an und verließ Umais Wohnbereich. Beim Hinausgehen warf sie Ariu und Niru vernichtende Blick zu.

»Kann ich mir etwas anziehen?«, fragte Umai und stieg aus seinem Bett, ohne auf eine Antwort zu warten. Niru sah sein Gemächt, als er unbefangen ins Bad lief, um sich einen Morgenmantel aus bestickter Seide überzuwerfen und wirkte verunsichert von dem Anblick.


»Ich hoffe für euch beide, dass es wirklich wichtig ist, ansonsten melde ich euch der Sicherheit«, sagte Umai und setzte sich in einen der Sessel. Mit einer gönnerhaften Geste, gebot er Ariu und Niru, ebenfalls in Sesseln Platz zu nehmen.


»Das ist Niru«, sagte Ariu, »sie hat sich gestern irrtümlich rekrutieren lassen. Du musst ihre Anmeldung stornieren.«

»Bist du schwanger?«, fragte Umai gelassen. Niru schüttelte den Kopf verlegen. Sie fühlte sich in der Nähe des altehrwürdigen Mannes nicht wohl und sie spürte, dass er ihr keine große Achtung entgegenbrachte.


»Was hat zu deinem Sinneswandel geführt?«, fragte Umai und Niru gelang es nicht, seinem Blick standzuhalten. Ariu erzählte die Geschichte, beginnend bei der Nacht, die er gemeinsam mit Niru verbracht hatte.

Als Ariu mit seiner Erzählung beim heutigen Morgen angekommen war, lächelte Umai und schüttelte den Kopf.


»Ariu, du verrennst dich da in etwas, aufgrund von Empfindungen, die wie Wolken am Horizont vorbeiziehen.«


»Es kann nicht in deinem Sinne sein, dass junge Frauen in diesem ewigen Krieg verheizt werden«, entgegnete Ariu,


»Wir verheizen keine Frauen!«, sagte Umai barsch, »wir verheizen niemanden. Wir tun was nötig ist. Diese Männer und Frauen, stellen sich der ewigen Herausforderung, damit du dich hier im Schutz der Kolonie über Problemchen echauffieren kannst.«

Umai hasste es, beim Sex gestört zu werden und er hasste es noch mehr, mit Weltverbesserern diskutieren zu müssen.


»Die Kolonien sind gigantische Brutkammern, um die Schlachtfelder fortwährend mit frischem Blut tränken zu können!«, hielt Ariu dagegen.

Umai stand auf, ballte die Faust und rief: »Diese Habitate, all die Kolonien auf den Meeren, sind das Paradies – das weißt du! Nie zuvor haben so viele in solchem Wohlstand gelebt.«


»Aber für was?«, fragte Ariu und machte sogleich eine beschwichtigende Geste, »Entschuldige. Ich kann es nicht ändern. Ich kann die Welt nicht ändern, aber Niru soll nicht darunter leiden, weil sie aus Verzweiflung einen Fehler gemacht hat.«

»Wenn wir nicht genug Freiwillige rekrutieren, müssen wir Zwangsrekrutierungen durchführen. Junge Männer, wie du, stehen ganz oben auf der Liste«, sagte Umai und versuchte, sich zu beruhigen. Ariu kratze sich nervös im Nacken, weil er dem nichts entgegenzusetzen hatte. Umai setzte sich wieder in den Sessel und stützte seinen Kopf müde auf den Handballen.

»Wenn du gegen die Proterandrianier gekämpft hättest, würdest du nicht so neunmalklug daherreden«, sagte Umai, »das sind blutjunge Männer, fast noch Kinder. Unsere Soldaten sind über vierzig, sie haben schon ein Leben gelebt. Wir geben ihnen die bestmögliche Ausrüstung, bilden sie optimal aus, bis sie besonnene und zuverlässige Krieger sind. Dieser tödlichen Präzession stellen sich die Proterandrianier mit Heerschar

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