Rosa Negra - Irina (153)
von Schriftsteller
Irina
Die beiden wussten mittlerweile genau, wie es um ihre Beziehung stand. Es gab einen, der versuchte alles, um diesen Traum doch noch leben zu können. Er machte Vorschläge, er diskutierte, er schrieb Emails, versuchte Phantasie in ihre Beziehung zu bekommen und versuchte ihr Kraft zu geben, damit sie endlich ganz zu ihm stehen würde.
Und es gab eine, die ließ sich treiben, hilflos und mit Angst, nichts mehr von dem anderen annehmend und oft am Boden zerstört.
Ihre Beziehung, die eigentlich nie eine war, zumindest nicht den Namen verdient hatte, war hier bereits zu Ende und ein langer, kalter, grauer Herbst würde ihnen noch bevorstehen.
In ihrer Hilflosigkeit kamen sie am Ende wieder zum Thema Sex. Viele Grenzen, die es irgendwann mal gab, hatten sie bereits überschritten, hatten Dinge erlebt, die nur wenige Menschen ausleben und waren fasziniert von sich selbst und von dem, was alles möglich und doch nicht unmöglich war.
Aber Sex ohne den anderen, mit einem anderen Partner zu haben, hatten sie doch ausgeschlossen. Sie wollten ihre Sexualität gemeinsam leben. Rob sicherlich mehr als Lorena. Aber jetzt wollten sie es probieren. Rob fühlte sich zwar unwohl bei dem Gedanken, aber das war früher auch bei manchen Dingen so gewesen und es war jedes Mal wunderbar geworden. Außerdem vertraute er Lorena blind. Sie hatte ihm so oft in ihren Emails von ihrer unendlichen Liebe geschrieben. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie sich in einen anderen Mann verlieben könnte. Er wollte ihr auch zeigen, das sie mit ihm alles erleben kann und darf, dass er niemals ein Käfig für sie ist, dass er ihre Freiheit ist.
Rob flog für ein paar Tage auf Geschäftsreise nach Berlin und für einen dieser Abende hatte sich ein ehemaliger Freund der Familie bei Lorena zu Besuch angemeldet. Er wusste nicht, dass es Rob gab, denn der war ja noch immer versteckt und heimlich.
Aber Rob wusste, dass Lorena an diesem Abend mit ihm schlafen wollte. Sie wollte endlich noch mal einen anderen Mann für sich alleine haben. Sie konnte nicht darauf verzichten. Während des Abends schrieben sie sich noch einige SMS und Rob forderte sie auf es zu tun. Irgendwann gegen ein Uhr erhielt er dann aber eine SMS von Lorena, in der sie ihm schrieb, dass er nach Hause gefahren sei und nichts passiert wäre.
Am nächsten Tag flog Rob wieder nach Hause. Abends gegen 21 Uhr kam er bei Lorena an, die ihn freudig erwartete. Sie hatte sich zurecht gemacht, was in letzter Zeit eher selten geworden war, sie hatte ihm etwas zu essen gemacht, sie war seltsam aufmerksam. Rob setzte sich auf das große breite Sofa und Lorena kniete sich sofort zwischen seine Beine und sagte ohne Umschweife, mit einem Lächeln im Gesicht: „Ich muss dir etwas beichten, ich hatte doch Sex gestern Nacht.“
Irgendwie hatte Rob sich sowieso nichts anderes vorstellen können, aber so, wie sie lächelnd vor ihm hockte, ihm davon offen und frei erzählte, hatte er kein Problem damit. Er wusste, wenn eine Beziehung so ist, man so miteinander umgeht, würde sie ihn nie wegen eines anderen Mannes verlassen.
Auch Rob hatte per Internet eine Eroberung gemacht. Er hatte mit einer Frau schon längere Zeit gechattet. Ursprünglich hatte er sie angesprochen um sie für sich beide als Paar zu gewinnen. Anfänglich war sie daran sogar sehr interessiert. Sie hätte gerne mal mit einer Frau geschlafen und so zeigte er ihr auch die Homepage mit den ersten Storys. Ihr Name war Irina und sie kam ursprünglich aus Lettland, lebte aber mit ihren 29 Jahren schon 20 Jahre in Deutschland.
Sex mit einem Paar zu haben, war ihr aber dann doch nicht so angenehm und sie machte einen Rückzieher. Irgendwann hatte Rob ihr dann erzählt, dass er und Lorena sehr locker und tolerant mit ihrer Beziehung umgehen würden und auch Sex für sie alleine möglich wäre.
Irina war fasziniert von beiden und der Gedanke jemanden kennen zu lernen, der so anders war, ließ sie nicht mehr los.
Sie schrieb Rob, dass ein One Night Stand für sie immer undenkbar war, aber sie genau das jetzt möchte. Sie wollte es probieren, sie wollte ihre Neugier befriedigen und sie wollte Rob kennenlernen. Vielleicht wäre sie dann danach auch bereit, beide als Paar kennen zu lernen.
Rob erzählte Lorena von ihr, und sie meinte, dass er sie unbedingt kennen lernen müsse. Er solle für sich herausfinden, wie er mit einer solchen Situation umgehen würde. Sie, Lorena, wäre sowieso nicht und nie eifersüchtig, es wäre überhaupt kein Problem für sie.
Irina und Rob verabredeten sich für einen Freitagabend. Sie hatte ihm erzählt, wie sehr sie sich auf ihn freuen würde, was sie alles vorbereitet hatte. Sie wollte für ihn kochen, hatte kiloweise Eis zum Nachtisch und Wein gekauft.
Rob hatte zuvor zwei Bilder von ihr bekommen, auf denen er ihren Typ überhaupt nicht einschätzen konnte. Aber die Chats mit ihr, er konnte es nicht beschreiben, sie waren einfach irgendwie anders, so wie er es schon lange nicht mehr gelesen hatte.
Also stand Rob, wie es seine Art war, pünktlich vor ihrer Tür, aber sie bat ihn per SMS ein paar Minuten später zu kommen, da sie noch nicht alles hätte vorbereiten können. Amüsiert wartete er gern ein paar Minuten, bis sie ihn aufforderte endlich zu kommen. Sie wohnte in einer traumhaft schönen alten Jugendstilvilla, umgebaut zu Mietwohnungen. Überall schöne Dielenböden, hohe, lichtdurchflutete Räume, die Irina herrlich stilvoll eingerichtet hatte.
Nachdem sie mehrere Male nur kurz an Rob vorbei gehuscht war, um noch irgendwas zu erledigen, ihm dann einen flüchtigen und nervösen Begrüßungskuss gegeben hatte, stand sie plötzlich und ruhig vor ihm. Rob konnte seine Eindrücke noch gar nicht alle sortieren. Das Haus, die Wohnung, die SMS´s, seine Erwartungen, die Bilder, die er gesehen hatte und jetzt SIE.
Sie stand vor ihm. Das war nicht die Frau, die er erwartet hatte. Er war mehr als verblüfft. Sie war wunderschön, fast so groß wie er selbst, trug langes glattes, sehr feines blondes, fast rötliches Haar und hatte zwei wundervolle grünbraune Augen. Irina war sehr schlank, sie selbst hatte gesagt, sie sei drahtig, aber nein, drahtig war sie nun wirklich nicht. Sie hatte in Rob’s Augen einfach nur eine wahnsinnige Figur. Ihm fehlten die Worte.
Sie bat ihn, ihr ein wenig in der Küche zu helfen, was er gerne tat. Er öffnete den Wein, während sie ein köstliches kleines Mahl bereitete, er deckte den Tisch in einem kleinen Esszimmer, während Irina, immer noch nervös, von irgendwelchen Allgemeinheiten erzählte, nein, eigentlich brabbelte, was Rob zum Schmunzeln brachte.
Er fühlte sich geschmeichelt, er machte sie nervös. Er war komischerweise überhaupt nicht nervös. Es war nur ein Spiel für ihn. Er wollte nichts von ihr, dachte er, entweder sie hätten einen netten Abend oder aber nicht, warum sollte er nervös sein. Er genoss nur die Situation.
Er hörte ihr zu, beim Brubbeln und beim Brabbeln, was sichtlich schwer war, bis er dann beim Essen das Gespräch an sich zog. Er beendete ihr Reden und ließ sie einfach seine Stimme hören. Er sprach von den Chats, die sie geführt hatten, von der außergewöhnlichen Beziehung, die er und Lorena führten und von seinem Leben. Er ließ sie dabei ganz langsam entspannen und ruhiger werden. Der Wein tat sein übriges. Dann erzählte sie wieder, von ihrem Leben, von ihren Erfahrungen, von ihren Träumen und Zielen.
Ihre Stimme war jetzt eine andere geworden. Sie hatte ein wenig Vertrauen gefasst zu dem fremden Mann, der ihr gegenüber saß und jetzt drehte sie den Spieß um. Sie brabbelte nicht mehr, sie erzählte und Rob hörte ihr stundenlang fasziniert zu. Was war das für eine wundervolle Frau, die ihm hier gegenüber saß. Er blickte ständig in zwei glänzend schöne Augen, in dieses sanfte Gesicht. Sie war so sanft und doch so selbstbewusst, ... jetzt wieder. Alles, was sie erzählte, von ihrer Vorstellung eines Lebens, einer Liebe, einer Beziehung, einer Partnerschaft, weckte in Rob Sehnsucht.
Alles das, in einer solchen Wohnung, in einer solchen Atmosphäre, in einer Stadt, wo er eigentlich schon immer hin wollte. Ihre Worte ließen ihm oft den Atem stocken, ließen ihn erschaudern. Warum fühlte er sich hier so sauwohl, so geborgen? Rob musste oft und heftig schlucken und plötzlich wurde er nervös und unsicher.
Um die Situation wieder in den Griff zu bekommen, stand er auf, lächelte sie an, reichte ihr eine Hand und zog sie rüber zum Sofa, setzte sie dorthin, holte den Wein und setzte sich dann selbst zu ihr.
Jetzt waren sie sich näher als zuvor, aber nicht nah genug. Er zog sie weiter zu sich und ließ sie sanft in seinen Arm sinken.
Aber sie blieb nicht lange liegen. Sie hatte das Eis vergessen, legte dutzend Mal andere Musik auf, weil sie glaubte, die Musik würde Rob nicht gefallen. Sie war so bemüht, dass ihm dieser Abend gefiel, sie war so unglaublich um ihn bemüht. Sie wollte nur eins, sie wollte ihm gefallen.
Es gab eine so große Sympathie zwischen den beiden und gleichzeitig eine solche Spannung. Jeder von beiden hätte zerplatzen können.
Es gab nur eins, was zwischen ihnen stand und das waren die Geschichten von Lorena, di
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