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Kommentare: 13 | Lesungen: 3544 | Bewertung: 7.41 | Kategorie: Sonstiges | veröffentlicht: 13.01.2004

Seifenblasen

von

Prolog:


zersprungen


in mir


ist Etwas

zersprungen


in mir

entzwei gedacht

in meinen Händen


find' ich nur


Gedankensplitter

Allein sitze ich auf der Treppe unseres Hauses. Die Kälte kriecht aus den Stufen in meinen Körper.


Mein leerer Blick ist in den grauen Himmel des aufziehenden Winters gerichtet.


In meiner Hand ein Fläschchen mit Seifenblasenlösung. Habe sie von meiner Tochter ausgeliehen. Gedankenverloren gebe ich mich dem alten Kinderspiel hin.


- Oh Gott, hoffentlich sieht mich keiner! -


- Nein, es ist mir vollkommen egal. Sollen die Leute doch denken, was sie wollen. -

Sieben stürmische Jahre, voll mit Liebe und Vertrautheit sind zu Ende.


Gestern hatte sie mich verlassen. Ich bin traurig.


"Ich liebe dich nicht mehr", warf sie mir an den Kopf und ging mit dem Koffer in der Hand aus der Tür. Meine Tochter saß schon im Auto. Warum durfte ich mich nicht von ihr verabschieden? "Die gehört mir", sagte sie, "du wirst sie nicht wieder sehen."

- Wer ist ihr neuer Liebhaber? Ich kenne ihn nicht. -

Vor einem Jahr hieß es, "ich gehe nur mit meinen Freundinnen zum Frauenabend."


Jeden Donnerstag. Schminken, Tupper, Tratschen. Meist schlief ich schon, wenn sie nach Hause kam. Oft erzählte sie mir am Frühstückstisch die lustigsten Geschichten von ihren Treffen.

War alles nur Fassade? Jedes Mal hatte ich ihr geglaubt. Es machte mich auch nicht stutzig, dass sie an diesen Tagen nicht mit ihr zusammen sein wollte. Jetzt weiß ich warum.

- Was war es, was sie bei mir vermisste? War er im Bett ihr Held? -


Selbstzweifel quälen mich.

So viele schöne Jahre hatten wir Seite an Seite verbracht.


Kein Wort der Unzufriedenheit. Grenzenloses Vertrauen.

Sie ist weg. Große Leere ergreift Besitz von mir.

Kalt, hart und brutal hatte es mich erwischt. Ich, der Typ, der an die ewige Liebe geglaubt hatte. Ein kleiner, salziger Tropfen sucht sich den Weg über meine kalte Wange, hinterlässt eine feuchte Spur. Der Wind kann sie nicht trocknen.


Jetzt sitze ich hier auf der kalten Treppe und puste gedankenverloren jede einzelne meiner Erinnerungen an die Vergangenheit in eine buntschillernde Seifenblase.

Langsam steigt wieder eine in den Himmel, deutlich kann ich darin ihr zartes Gesicht sehen, ihre braunen Augen erkennen. Sie lächeln mich an, der Wind spielt mit ihren Haaren.


Ich möchte sie festhalten, kann ihr Lächeln nicht vergessen.

Jetzt fliegt es davon in einer tanzenden Seifenblase. Ich kann es kaum noch erkennen.


Wen wird sie wohl jetzt anlächeln? Ich weiß es nicht.

Wieder steigt eine besonders Schöne in den Himmel. Ich sehe ihren zarten Körper, wünsche mir, dass sie mich in die Arme nimmt. Gern möchte ich ihre weichen Brüste an meiner Haut spüren, ihre Knospen zärtlich zwischen meinen Fingern reiben. Unvergesslich, ihre spitzen, kleinen Schreie, wenn ich an ihren Knospen knabberte und sie es vor Lust nicht mehr ausgehalten hatte.


Ich strecke meine Hand aus.


Vergebens, schon treibt sie mit dem Wind davon.

Wird ihr der Neue auch so viel Zärtlichkeit schenken? Oder wird er ihr einfach nur den Verstand aus dem Kopf bumsen, bis ihr die Sinne schwinden.


- Ich schäme mich für meine bösen Gedanken. -

Wir hatten es oft bis zur Erschöpfung getrieben, manchmal bis in den frühen Morgen hinein. Ihre Orgasmen zählte ich nie. Arm in Arm schliefen wir ein.


Kein Wort darüber, das

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Kommentare


Nucleus
(AutorIn)
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 18
Nucleus
schrieb am 22.10.2009:
»Vielen Dank für die lieben Worte zu meiner Premiere. Ich hätte das bei diesem "No-Mainstream-Thema" echt nicht erwartet. Wie es der Titel schon fast sagt, eine Seifenblase als Versuchsballon. :-)
@Baroton: Mich berührt es sehr, wenn meine Phantasie so dicht an der Realität liegt. Ich habe nur versucht, ein paar mögliche Gedankengänge nachzuzeichnen.
Häppi Ents können auch im Kopf des Lesers stattfinden. :-)

Aus heutiger Sicht sehe ich meine Fehler, aber sie gehören zu meiner Entwicklung.«

Juxi
dabei seit: Jul '02
Kommentare: 39
Juxi
schrieb am 13.01.2004:
»An sich möchte man meinen, jede Geschichte hier im Board müsse vor Geilheit strotzen und mehr oder weniger wilde Eskapaden der Lust veräußerlichen. Heute habe ich wieder einmal den Klick in die etwas andere Sparte von SEVAC gewagt. Und wieder einmal wurde ich Zeuge, dass man hier mehr lesen kann als nur inszenierte Orgien, die manch Schreiber gerne als Spanner verfolgen würde...

Ich durfte eben eine wirklich ansprechende Kurzgeschichte mit viel Tiefgang lesen. Eine, die sehr realitätsnah ist, ein aufregendes Gemisch an Stimmungen wiedergibt. Dafür danke ich dem Autor. Solche Geschichten zeigen mir, wie gut es mir geht. Zugleich erweckt eine solche Ängste, die jeder Verliebte in sich trägt, von denen man sich wünscht, dass sie nie wahr würden.

Deshalb bin ich froh, dass die Geschichte "nur" Fiktion ist. Danke für diese fesselnden Zeilen.
Ich wünschte, ich dürfte in einem weiteren Werk lesen, wie ein Neubeginn aussehe, wie der Protagonist sich wieder fängt und neu aufblüht... Nur für den Fall, dass du über eine Fortsetzung nachdenken solltest.

Grüße, Juxi.«

Tiago
dabei seit: Mai '03
Kommentare: 54
schrieb am 16.01.2004:
»Als ich diese Geschichte das erste Mal las, war ich nur sprachlos. Du liest dich von Zeile zu Zeile in die Verzeiflung dieses Mannes. Am liebsten würdest du hingehen, ihm den Arm um die Schultern legen und Trost spenden.
Du hast ein Szenario geschaffen, dass sicherlich jeden Tag irgendwo passiert. Und das macht es so realistisch. Die plötzliche Einsamkeit, die unwiderrufliche Entgültigkeit der Trennung, dem Vater das Kind wegreißen, ihn verhöhnen ... ein schrecklicher Gedanke.
Diese Geschichte hat mich sehr nachdenklich gemacht und ich bin sehr froh, dass es nur eine Geschichte ist. Für mich auch eine Aussage, niemals aufzugeben, immer wieder nach vorn zu schauen und zu wissen, dass alles Gut werden kann, wenn man sich selbst nicht aufgibt.

Dein sprachliches Vermögen macht diese kurze Geschichte (mehr hätte ich emotional auch nicht vertragen) zu einem besonderen Leseerlebnis. Bewundernswert, dass du innerhalb dieser Tragik auch noch eine - wenn auch kleine - erotischen Note eingebracht hast.

Viele Grüße von
Jochen
«

dummdidumm
dabei seit: Jan '01
Kommentare: 73
dummdidumm
schrieb am 19.01.2004:
»Oha...

Sogar nicht sevactypisch, dennoch auch erotisch, nicht erregend, dafür ergreifend. Diese Zeilen haben mich nicht erschrocken, aber sehr traurig gemacht, fast spüre ich die Kälte selber auf meiner Haut.

Und Neela, auch das fiktive ist viel zu schade, es hinterherzuschicken.

Gregor«

Jena
dabei seit: Mär '01
Kommentare: 10
Jena
schrieb am 01.02.2004:
»Lieber Nucleus,

auch wenn nur der Kindskopf und die Seifenblasen echt sind!?
Beim lesen Deiner Geschichte stellten sich meine Nackenhaare auf und eine Gänsehaut bildete sich an meinen Armen.
Unglaublich ergreifende Zeilen sind Dir gelungen, die im Innersten berühren!

Danke!!!

Gruß


Jena«

Baroton
dabei seit: Jun '01
Kommentare: 2
schrieb am 22.02.2004:
»Hallo Nucleus,
ich bin noch total im bann Deiner Geschichte,zumal ich vor kurzen auch eine sehr schmerzhafte Trennung hinter mir bringen mußte.
Ich kann nur sagen einfach klasse und mach weiter so.
Gruß
Horst«

Kai155
dabei seit: Mai '04
Kommentare: 166
schrieb am 07.06.2004:
»Eine schöne und ergreifende Geschichte. Sowas passiert tagtäglich, habe ich selber schon erlebt und auch oft in meinem Bekanntenkreis.
Als ich die Geschichte gelesen hatte kam mir als erstes in den Sinn, das es gut ist, das wir Gesetze haben die es fast immer verhindern das Mütter den Vätern die Kinder vorenthalten. Hat meine Ex auch probiert; sie hat es Gott sei Dank nicht geschafft.
Was aber ist mit den Männern, die eine Frau kennenlernen kurz nachdem sie Mutter geworden ist (auch das passiert häufig), dann haben sie ein zwar fremdes Kind wie ein eigenes mit aufgezogen, haben es tief in ihr Herz geschlossen und dann passiert das geschilderte. Ich möchte mir gar nicht vorstellen was dann in einem Mann(Vater ?) vorgeht.....da gibt es bestimmt noch Handlungsbedarf.«

Why-Not
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 18
Why-Not
schrieb am 22.09.2004:
»Eine sehr bewegende Erzählung, schön geschrieben. Auch wenn sie nicht zu meinem "Happy-End-Fetisch" (oder was ich dafür halte) paßt ;-) ... es hat sich gelohnt, sie zu lesen.

Danke.

Why-Not«

axus
dabei seit: Feb '03
Kommentare: 102
schrieb am 09.10.2004:
»Erstklassig !«

Huii
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 14
Huii
schrieb am 18.10.2004:
»Hallo Nucleus,
ich kann mich den Kommentaren hier nur Anschließen.
Eine Perle (keine Seifenblase ;-) ) unter den zahlreichen Geschichten bei SEVAC.
«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 30.03.2005:
»Eine mitfühlende, sehr emotionale Geschichte...hervoragend geschrieben.... Vielen Dank!

yksi, die immer noch in den Worten gefangen ist..

«

mondstern70
dabei seit: Sep '04
Kommentare: 441
Mondstern
schrieb am 26.03.2007:
»Hi Nucleus,
Gratulation zur Geschichte des Tages :-) Wenn es auch eine traurige Story ist, so hast du sie sehr gut auf den Punkt gebracht. Macht nachdenklich ...

LG Mondstern«

urmel42
dabei seit: Mär '04
Kommentare: 26
schrieb am 26.01.2024:
»Ja, das trifft die Stimmung sehr genau. Sehr schön und gefühlvoll geschrieben. Gefällt mir wirklich!«



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