Sex, Drugs and Hard Rock Café
von Isadonna
Sabina wachte an einem Oktobermorgen nackt in einem fremden Bett auf. Es war noch relativ dunkel draußen. Ihr flauer Magen erinnerte sie daran, dass sie auf dem gestrigen Rockkonzert ihrer Freunde im Keller eines Studentenheimes, wohl einige Drinks zuviel gehabt hatte.
Sie seufzte und griff sich auf die Stirn. Das musste wohl wieder mal sein, dachte sie. Der Platz neben ihr war leer, jedoch noch warm. Sie tastete rund um sich nach ihrer Handtasche. Kurz nach 7, verriet ihr Handy. Schnell tippste sie noch eine SMS an ihre Arbeitskolleginnen, dass sie wohl heute nicht im Büro erscheinen würde, als sie im Nebenraum eine Toilettenspülung hörte.
Die Decke noch rasch über ihren blanken Busen gezogen, wartete Sabina gespannt auf den Bewohner dieses Zimmers, offensichtlich ihr Liebhaber der letzten Nacht, oder einer davon. Sie erinnerte sich blitzartig daran, in der letzten Nacht einige Männer geküsst zu haben. Ihr Schritt pochte und fühlte sich etwas taub an. Oh mein Gott, ich hatte also tatsächlich Sex gehabt, ging in ihr vor. Erst vor zwei Wochen hatte sie sich von ihrem langjährigen Freund, Simon getrennt. Sie war der Meinung, dass sie sich auseinander gelebt hatten und absolut keine gemeinsamen Interessen hatten. Sich zusammen langweilen kann man nicht als gemeinsames Interesse bezeichnen. Außerdem brannte ihr Körper danach, sich mit anderen Männern zu vergnügen, sich in andere Körper zu verkeilen, jemand Fremden eintauchen lassen, in ihr Universum der Lust. Zum Abschluss hatten sich die beiden aber noch ein allerletztes Mal geliebt. Es war, ihrer Meinung nach, das beste Mal mit ihm überhaupt.
Der junge Mann betrat das Zimmer. Sabina erkannte nur Umrisse. Er war etwa 1,80 Meter groß, sehr schlank, schulterlanges, dunkles Haar, Locken. Sie hatte bereits eine Vorahnung, wer es sein könnte. Er zog sich seine Jeans aus, darunter war er nackt. Er legte sich neben sie ins Bett. Er hatte bereits erkannt, dass sie wach war und drehte sich zu ihr. Sein Atem roch - wie hätte es auch anders sein sollen - nach Bier und Zigaretten. Sie drehte sich ebenfalls zu ihm, hielt die Bettdecke festgezurrt über ihre Brust.
„Ich weiß, es ist eine blöde Frage, aber … Wer bist du?“
„Oh Mann! Kannst du dich wirklich an nichts erinnern?“
Als sie seine Stimme hörte, wusste Sabina sofort, wer es war und hielt einen Moment inne. Hannes. Sie hatte ihn vor einigen Monaten kennengelernt, als sie mit ein paar Freunden im Studentenheim abhing. Er war mit seiner Freundin im Gemeinschaftsraum und aß eine Thunfischpizza. Er sagte, sein Name wäre Hannes. Sabina sagte: „Jo!“ „Hannes.“ „Jo.“ „Hannes! Einfach nur Hannes!“ Sie erinnerte sich an sein Lächeln, wunderte sich aber jetzt, dass sie ausgerechnet neben IHM aufgewacht war. Sie war sogar etwas enttäuscht. Sie hätte sich einen imposanteren Mann als ihren Liebhaber vorgestellt, wobei ihr auf die Schnelle kein Beispiel für so einen Mann einfiel. Immer wieder schossen ihr ein paar Bilder wie Blitze in ihr Gedächtnis. Hannes hatte gestern schon geschlafen und Sabina war sehr betrunken, riss ihn aus dem Bett, suchte ihm ein T-Shirt aus (ein schwarzes T-Shirt mit braunem „HardRockCafe“- Lederaufdruck, Hamburg) und schleifte ihn zu dem Konzert im Keller. Sie erinnerte sich plötzlich auch beschämt, dass sie ganz alleine an vorderster Front getanzt hatte.
„Ach, tut mir wirklich leid! Ich hatte gestern einfach zu viel!“
„Hm, schade!“
„Warum schade? Du, sag mal … haben wir miteinander, ich meine …“
„Äh, erinnerst du dich daran auch nicht?“
„Also haben wir?“
„Oh ja!“
„Oh Mann! Ich muss ja völlig teilnahmslos gewesen sein!“
„Nein, gar nicht! Du warst sogar sehr aktiv!“
„Was?“
„Also wenn du dich nicht mehr erinnerst … von mir aus können wir die Erinnerung gerne auffrischen!“
„Nein, danke! Also, und haben wir auch ein … du weißt schon benutzt?“
„Ja, haben wir.“
„Ganz sicher?“
„Ich kann es dir zeigen, wenn du willst!“
„Äh … nein, schon in Ordnung!“
Plötzlich läutete das Handy in ihrer Tasche. Frech ging Hannes einfach ran.
„Hallo? … Ja, einen Moment! Für dich!“
„Danke!“ Sabina traute ihren Augen kaum, aber nachdem was letzte Nacht anscheinend alles passiert war, war es ihr auch gleichgültig. Sie fand es sogar lustig und fast schon sympathisch. Eine ihrer Arbeitskolleginnen war dran.
„Ja, tut mir Leid, ich werde es heute nicht schaffen. Achso, ja daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Bin gerade in einem fremden Zimmer aufgewacht … Ja, da ist ein Mann … keine Ahnung … ich muss das jetzt mal in Ruhe checken und melde mich später noch, in Ordnung? Gut, bis dann!“
Sie musste schmunzeln. Ihre Arbeitskolleginnen machten sich nun bestimmt über sie lustig, oder sie platzten vor Neid. Sabina war es zum ersten Mal seit Langem einfach egal.
„Puh, anscheinend habe ich eh gestern schon ein SMS gesendet, dass ich heute nicht kommen werde.“
„Und wie sieht’s jetzt aus mit dem Erinnerungen-Auffrischen?“
Sabina wollte gerade wieder nein sagen, aber sie dachte sich, wenn sie schon einmal hier war. Sie wollte zumindest wissen, wie es denn so war … mit ihm, oder überhaupt mit einem anderen Mann außer Simon.
Im Zimmer war es mittlerweile etwas heller geworden. Sabina wagte einen Blick unter seine Bettdecke. „Wow!“, kam es aus ihr und sie musste große Augen machen. Dieser schmächtige Junge war irrsinnig gut bestückt. In dem Moment, als sie sein bestes Stück sah, fühlte sie, dass ihre Spalte feucht wurde und mit allen Mitteln „ja“ sagte. Es war die pure Lust, die sie überkam und es war ihr komplett egal, dass sie sich klebrig und durchgeschwitzt fühlte.
„Okay!“
Als sie dieses Wort ausgesprochen hatte, wurde ihr ganzer Körper durchströmt von Adrenalin. Sie war plötzlich die Frau, die sie so viele Jahre schon sein wollte. Sabina fühlte sich spontan, sexy und so frei wie nie zuvor.
Hannes presste sein Riesending in ein dunkelgrünes Kondom. Sabina konnte sich nicht mehr zurückhalten und musste ihn einfach in den Mund nehmen. Zuerst versuchte sie es vorsichtig, doch dann wollte sie ihn tiefer und tiefer in sich saugen. Es bereitete ihr große Freude und was diese orale Geschichte anbelangte, war sie wirklich äußerst geschickt.
Hannes genoss den Blowjob und behielt es für sich, dass Sabina ihn schon vor nicht ganz fünf Stunden damit verwöhnt hatte. Aber schon nach einer Minute musste Hannes Sabina unterbrechen. Sie hatte ihn bereits sehr erregt und er wollte doch immerhin noch ihre Erinnerung auffrischen, um sie davon in Kenntnis zu setzen, dass auch er äußerst geschickt war. Er zog sie sanft, aber bestimmend an ihren Haaren zu sich heran und küsste sie. Er liebte es, wie perfekt ihre Küsse waren. Ihre Zunge schmiegte sich gekonnt um und an seine, dieses Kreisen, Verstecken und Necken, das Saugen an seiner Ober- und Unterlippe machte ihn komplett verrückt.
Während dieses Zungenspiels ertastete Hannes mit seinen Fingern die bereits komplett nasse Öffnung zwischen Sabinas Beinen. Er schob vorsichtig seinen Mittelfinger zur Gänze hinein und machte eine rotierende Bewegung. Es war wie ein Klopfen, Pochen oder Wachrütteln, Vibrieren in ihrem Innersten. Sabina musste sich von dem Kuss lösen, um nach Luft zu ringen. Sie stöhnte unabsichtlich ganz laut auf und war selbst erschrocken, aber auch irrsinnig angeturnt von den Lauten, die sie von sich gab. Ihre Mitte bettelte nach mehr dieser Berührungen. Hannes schob nun auch seinen Zeigefinger in Sabina und wiederholte das Wachrufen ihrer tiefsten und pursten Lust. Mit der anderen Hand massierte er zärtlich ihre Brüste, deren Spitzen sich mit den rosigen harten Knospen ihm entgegen streckten.
Sabina konnte gar nicht glauben, dass sie das alles gar nicht mitbekommen oder gar vergessen haben sollte. Auch das schien ihr nicht zu reichen. Sie legte sich auffordernd auf den Rücken. Sie wollte einfach nur mehr von ihm gefickt werden.
Hannes kam der Aufforderung nach und drang in sie ein. Sabina schrie auf. Noch nie war ein so Großer in ihr gewesen. Doch nach an ein paar sanften Schüben erkannte sie, dass das Schwert perfekt in diese Scheide passte. Sie war gut geschmiert und durch das gekonnte Vorspiel war jeder Stoß, der nun kam, wie ein kleiner Orgasmus, der einen noch größeren ankündigte. Sabina spreizte ihre Beine, so weit sie nur konnte, auseinander, um Hannes ganz tief in sich zu lassen. Während des gesamten Aktes, sahen sich die beiden tief in ihre Augen und küssten sich immer wieder sehr leidenschaftlich.
Hannes konnte es nicht mehr halten. Erschöpft fiel er neben ihr ins Bett und versuchte schnaufend zu begreifen, wie zwei anscheinend fast völlig Fremde solchen Sex haben konnten. Sabina genoss den Zauber des anonymen Sex zwar, aber sie wollte ein paar Dinge über ihn wissen.
„Wie alt bist du eigentlich?“
„21 und du?“
„Scheiße, was?“ Sabina bedeckte sich schnell mit der Bettdecke. Eigentlich war ihr das Alter komplett egal gewesen, aber mit diesem Altersunterschied hatte sie doch nicht gerechnet.
„Sag schon!“
„Ich muss jetzt weg.“ Sie blieb ruhig liegen und hielt sich eine Hand vor die Augen.
Hannes begann in Sabinas Handtasche zu kramen. In ihrem Portemonnaie fand er ihren Führerschein.
„11. Mai 1983. Also 3 Jahre älter als ich. Ach, mach dir deswegen doch jetzt keinen Kopf!“
„Ja, du hast Recht. Es ist doch nur Sex! Und was studierst du?“
„Mechatronik!“
Erneut seufzte Sabina und griff sich an die Stirn.
„Genau wie mein Ex.“
Hannes erzählte Sabina von seiner Exfreundin, seiner Liebe zu Russland, seinem Zuhause. Sabina sprach sich davon los, was sie immer an ihrem Ex gestört hat, welche merkwürdigen Sätze er manchmal von sich gegeben hatte und wie froh sie war, nun ein neues Leben anzufangen.
Die beiden begannen ein wenig über vergangene Liebschaften, bisherige Sexerlebnisse, Alkohol, Musik und alles zu plaudern, bei dem sie irgendwelche Gemeinsamkeiten entdecken konnten. So wie alle Menschen, die sich verlieben wollen, es machen. Fast alles scheint man gemeinsam zu haben, nichts stört einem an dem anderen. Man glaubt fast schon zu wissen, was der andere sagen oder denken könnte und oft ist es dann auch noch tatsächlich so.
Sabina bat Hannes am späten Nachmittag sie nach Hause zu bringen, da am Abend noch die alljährliche, lästige Weihnachtsfeier im Büro anstand.
Bevor sie aus seinem Wagen stieg, legte er seine rechte Hand auf ihr linkes Knie und sah sie an. In seinen Augen war so etwas trauriges, als wollten sie sagen: Geh nicht! Ich habe Angst, dich nie mehr wiederzusehen!
„Vielleicht sehen wir uns ja bald einmal wieder!“, ermutigte Sabina Hannes, der daraufhin ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen erscheinen ließ.
Gottseidank hatte Hannes seine Handynummer im Studentenverzeichnis gepostet und so war es für Sabina ein Leichtes, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Noch am selben Abend schrieb sie ihm: „Hey du! Bist du am Wochenende in der Stadt? Könnte ja sein, dass wir uns „zufällig“ über den Weg laufen? Liebe Grüße, S.“
„Hey S.! ;-) Woher hast du meine Nummer? Wollte dir gerade eine E-Mail schreiben! Wäre leicht möglich, dass wir uns begegnen!^^ Du weißt ja, wo du mich findest!“
Seine Nachricht gab Sabina ein unheimlich beruhigendes Gefühl. Sie glaubte fast, den anderen Bürokolleginnen überlegen zu sein. Auf jeden Fall machte es, den Weihnachtsfeierabend um einiges erträglicher. Um Mitternacht ging sie aber gegen jeden Protest der Kollegen und Chefs nach Hause, da ihr schon im Sitzen die Augen zufielen.
Am nächsten Abend fuhr Sabina wieder ins Studentenheim. Simon platzte fast vor Eifersucht, als er erfuhr, dass sie schon wieder ins Heim fuhr. Aber sie konnte es ihm nicht verheimlichen, immerhin wohnten sie noch zusammen.
Hannes und Sabina schenkten sich Vodka ein und rauchten ein bisschen Gras. Hannes zündete eine gelbe, fast schon zur Gänze abgebrannte Kerze an und sorgte für die richtige Musik.
Niemand musste sich irgendwie besonders um den anderen bemühen oder sich irgendwie verstellen um besonders attraktiv zu wirken. Sie konnten beide sie selbst sein – wenn auch unter Drogeneinfluss – und gerade das, zog die beiden aneinander an, als wären sie Magneten.
Sie trieben es die ganze Nacht lang in fast jeder erdenklichen Stellung. Es ging ihnen gar nicht so um den Orgasmus, sondern um das Kennenlernen ihrer Körper, deren Kräfte, Ausdauer, Geschmack und Reaktion. Der Weg schien also das Ziel zu sein. Jeder Akt wurde intensiver, die Blicke gingen immer tiefer. Jede Bewegung, jede Berührung zeichnete sich beim Gegenüber für immer ins Gedächtnis ab, wie ein Brandmal.
Die Zeit schien für sie stillzustehen, doch um 5 Uhr morgens, nach sechs oder sieben Nummern, machte sich doch irgendwann Müdigkeit und Erschöpfung breit.
„Du Hannes?“
„Hm?“
„Ich glaube, ich muss dir etwas beichten.“
„Raus mit der Sprache!“ Hannes drehte sich zu Sabina. Die gelbe Kerze flackerte noch ihre letzten Flämmchen. Der Schatten seiner Locken fiel in Sabinas Gesicht. Er sah in ihre grünbraunen Augen und hatte das Gefühl, jeden einzelnen Millimeter dieses Gesichtes bereits in- und auswendig zu kennen. Für ihn hatte nichts daran auch nur den kleinsten Makel.
„Ich … ich … Nein, ich kann nicht!“
„Hey, was los?“
„Ach!“ Sabina war plötzlich ganz zappelig und nervös. Sie kaute an der Haut rund um ihre Fingernägel, einige Finger sahen schon ganz ausgefranst aus. Ein merkwürdiger Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus. Einerseits wollte sie sich am liebsten in Luft auflösen, andererseits wollte sie diesen Ort, diesen Menschen nicht verlassen.
„Ich glaube, ich habe … mich in dich verliebt.“
Hannes musste lächeln und legte sich auf seinen Rücken.
„Ja, so was in der Art, hab ich mir auch schon gedacht.“
„Echt?“
„Jap.“ Hannes lächelte sie an.
Sabina fühlte wie Freudentränen in ihr aufstiegen. Sie rollte sich über ihn und überschüttete ihn mit den zärtlichsten Küssen. Danach liebten sich die beiden, als wäre es das letzte Mal.
Danach wollten sie eigentlich noch reden und einen Film ansehen, aber sie fielen beide eng umschlungen in einen tiefen Schlaf.
Als Sabina am Morgen erwachte – es musste circa 9 Uhr sein – stellte sie fest, dass Hannes schnarchte. Sie schlich sich mit ihrer Handtasche ins Badezimmer, um sich ein wenig „wiederherzustellen“. Sie wusch sich das Gesicht und legte neues Make-up auf. Sie wollte auf keinen Fall, dass er sie ungeschminkt sehen könnte. Danach machte sie Kaffee, setzte sich in seinem T-Shirt, das sie als Nachthemd angezogen hatte, auf die Couch und spielte ein paar Melodien auf seiner Gitarre. Es fehlte zwar eine Saite, aber Hannes konnte sich – mehr von dem Anblick, als von dem Klang – nicht losreißen, als er erwacht war.
„Kaffee hast du auch schon gemacht! Super! Aber warum hast du dich angezogen?“
Sabina musste lächeln. Die dunklen Locken hingen Hannes ins Gesicht und Abdrücke des verknautschten Polsters hatten ein Muster auf seinen rosigen Wangen hinterlassen.
Sie legte die Gitarre zur Seite und zog sich das T-Shirt wieder aus. Langsam und sexy, wie eine Raubkatze, bewegte sie sich auf ihn zu.
Sie begrüßte Hannes mit einem zärtlichen Kuss, der zunehmend leidenschaftlich wurde. Er zog sie zu sich ins Bett und streichelte sanft ihre leicht schmerzenden Schamlippen.
Sabina biss sich auf die Zähne. Sie wollte ihn so gerne noch einmal spüren, um die Erinnerung noch zu verstärken und um ihn noch süchtiger nach ihr zu machen. Sabina lag auf dem Bauch. Jedes Mal wenn Hannes in sie stieß, trat sein Name in Form eines Schreies aus Sabinas Mund.
„Hannes, Hannes, Hannes!“
Im Raum, in diesem Zimmer, im Flur und auch in den benachbarten Zimmern, mussten nun wohl alle wissen, dass jemand gerade von Hannes gefickt wird. Aber die beiden schämten sich nicht, es war nur noch ein größerer Turn-on.
„Ja, schrei alles hinaus, Baby!“, spornte Hannes Sabina noch an. Sie musste nicht angespornt werden, denn sie spielte nichts vor. Es kam alles ganz von selbst.
Ohne es zu wissen, liebten sie sich zum allerletzten Mal.
Die beiden verabredeten sich für Mittwoch Abend im Studentenheim für ein erneutes Treffen.
Bereits Sonntagnacht, schrieben sie sich fast zeitgleich eine Nachricht:
E-Mail von Sabina an Hannes: „Noch soooo lange!! *seufz*“
SMS von Hannes an Sabina: „Das soll ich jetzt bis Mittwoch aushalten?“
Es war Mittwoch. Sabina stand im Stau auf der Stadtautobahn. Sie zitterte am ganzen Leib. Nicht vor Kälte, sondern aus Angst.
Endlich bei Hannes angekommen, setzte Sabina sich – ohne ihn zu begrüßen - auf die Couch und vergrub ihr Gesicht in ihre Hände.
„Hey, was ist denn los?“
Sabina sagte nichts. Sie sah auf den Boden.
„Hey, jetzt im Ernst, was ist denn? Bist du schwanger oder was?“ Hannes grinste.
Sabina hob ihren Blick und sah ihm ängstlich, traurig, verzagt in seine ungläubigen Augen.
„Ja! Und ich bin wieder mit meinem Ex zusammen!“
Nach ein paar Sekunden „Standbild“ zündete sich Hannes eine Zigarette an, öffnete das Fenster und setzte sich auf die Fensterbank. Eiskalte Novemberluft strömte ins Zimmer. Es roch nach Schnee und nach seiner Zigarette.
„Als wir Schluss gemacht hatten, haben wir gesagt, wir wollen es noch ein letztes Mal tun. Tja, aufs Kondom hatten wir verzichtet, da ich ja vor kurzem meine Tage hatte.“
„Oh Mann! Was machst du das auch?“
Lange Diskussionen gab es nicht mehr. Natürlich dachten beide darüber nach, ob sie es nicht trotzdem schaffen könnten, doch die Realität holte sie immer schon im Gedanken wieder ein.
„Vielleicht können wir ja Freunde bleiben!“ war dann der finale Wunsch von beiden. Sie hörten noch ein paar Songs zusammen und umarmten sich wehmütig.
Als sich Sabina an der Tür zum Flur von Hannes verabschiedete, gab er ihr noch ein Küsschen auf die Lippen. Es war kein richtiger Kuss, aber es lag so viel Gefühl darin, das sagte: „Es bricht mir das Herz, dich gehen zu lassen! Du bist die Eine für mich!“
Eine große Traurigkeit überkam Sabina. Sie hatte das Gefühl, Hannes in diesem Moment das letzte Mal gesehen zu haben. Ihr wurde schier schwindelig. Als sie sich fast taumelnd von seiner Zimmertüre wegbewegte, blickte sie immer wieder hinter sich und dieses Gefühl der ewigen Sehnsucht, das man hat, wenn eine große Liebe unerfüllbar wird, begann zu keimen.
Danach ging Hannes in den Keller des Heimes, wo eine kleine Party stattfand. Um die Leere in seinem Herzen zu füllen, ließ er sich volllaufen und landete mit seiner Exfreundin im Bett. Er hatte die Leere also letztendlich wieder mit jemandem gefüllt. Er war sich allerdings nicht sicher, ob das richtig war.
Sabina fuhr traurig aber hoffnungsvoll in ihre Wohnung zurück, wo ein eifersüchtiger und sehr zorniger Simon bereits auf sie wartete. Er hatte in ihren E-Mails geschnüffelt und auch gefunden, wonach er gesucht hatte. Er konnte es nicht ertragen, dass Sabina sich in einen anderen verliebt hatte. Er wusste, dass sie mit diesem jemand geschlafen hatte, aber mit Gefühlen hatte er nicht gerechnet. Sabina war kaum zu Hause, als sie schon seinen Zorn erkannte. Er bebte förmlich und ging schnaubend auf sie zu. Lange redete er auf sie ein, sie solle das Kind doch abtreiben, wenn sie mit diesem jemand zusammen sein wollte, doch Sabina hielt nur ihre Hände schützend vor ihren Bauch. Sie schlief die ganze Nacht lang nicht und sehnte sich in Hannes’ Arme. In seinen Armen lag aber bereits eine andere. Sabina sollte erst Wochen später davon erfahren.
Sabina und Hannes hatten sich für einen Pokerabend verabredet. Hannes sagte ab, da seine Freundin ihm den Abend nicht erlaubte. Sabina fiel fast aus allen Wolken, als sie davon erfuhr. Zuerst war sie bitter enttäuscht, wahrscheinlich von sich selbst, weil sie so naiv gewesen war. Dann aber glaubte sie, sich noch mehr in ihn verliebt zu haben, weil sie nun wusste, ihn nicht mehr „haben“ zu können. Möglicherweise nie mehr.
Auf den Straßen, in den Gassen, überall sah oder hörte Sabina Dinge, die sie an Hannes erinnerten. Manchmal hatte sie sogar das Gefühl ihn zu riechen. Aber sie hielt sich immer wieder die Endgültigkeit der Dinge vor Augen und versuchte ihn immer mehr zu verdrängen.
Als sie aber eines Abends einen ihrer gemeinsamen Liebesnacht-Songs hörte, brachen bei Sabina alle Dämme und sie schrieb ihm eine sehnsüchtige E-Mail. Ehrlich und aufrichtig schilderte sie ihm ihre Gefühle, ihre Begegnungen, Zeichen, die sie gesehen hatte und ihre Ängste. Er antwortete, dass er sich mit ihr treffen wollte. Doch sie dachte, wenn sie sich mit ihm treffen würde, müsste sie sich unsterblich in ihn verlieben und es würde für sie eine noch größere Hölle, als ihr Leben für sie schon war. Wahrscheinlich hatte sie einfach Angst, er könnte sie sehen und würde sie nicht mehr lieben. Sabina wollte die Magie zwischen ihnen aufrecht halten und tarnte alles mit „vernünftig sein“.
Nach ein paar weiteren Wochen mit mehr oder weniger aufrechtem Kontakt, kam auf einmal eine Mitteilung von Hannes: „Sie hat eine deiner Mails gefunden und war stocksauer. Also Funkstille!“
Sabina traute ihren Augen kaum, als sie diese kühlen Zeilen las. Sie musste sie mehrmals lesen und löschte sie dann sofort. Ihr Herz krampfte sich zusammen und eine große Wut kam in ihr auf.
„Ist gut! Wir haben sowieso beide schon genug Probleme!“ schickte sie als Antwort. Immerhin wollte sie sich keine Blöße geben.
Gekränkt und unendlich traurig versuchte Sabina sich in ihre Arbeit zu vertiefen, machte dabei aber manchmal vor Hast Fehler, die sie wiederum an ihn erinnerten und die Wut gegen Hannes wieder aufflammen ließ. In melancholischen Momenten, hörte Sabina ihre gemeinsamen Songs und stellte sich vor, wie sie hochschwanger auf einer Decke, im Garten ihrer Eltern sitzen würde. Hannes würde um die Ecke kommen, mit seinen Händen in den Hosentaschen, das schwarze Hard Rock Cafe-T-Shirt tragend, mit einem Lächeln auf den Lippen. Dann würden sie aufeinander zulaufen und sich küssen. Gebrochen musste sie jedes Mal wieder aus diesem Traum aufwachen und die Scherben ihrer selbst zusammenfegen und -fügen.
Selbst während der Geburt von Katja, musste sie an ihn denken und hoffte, dass er am Tag danach mit einem Blumenstrauß im Krankenhaus erscheinen würde.
Der Traum von der Begegnung im Garten wiederholte sich, nur nicht mehr mit Babybauch sondern Baby im Arm. Nichts von alledem ging je in Erfüllung und Sabina fügte sich ihrem Schicksal. Hannes bedeutete ihr nichts mehr. Aber die Erinnerung an die gemeinsamen Stunden mit ihm, blieben ihr als überirdische Liebe im Gedächtnis.
Sie legte das größte Gewicht in ihre Aufgabe als Mutter, verbrachte viele Stunden mit Einkaufslisten schreiben und Besorgungen erledigen, und kümmerte sich um den Haushalt und all die Tätigkeiten, die der Alltag eben verlangte.
Hannes dachte immer wieder darüber nach, ob er nicht mehr für diese Liebe hätte kämpfen sollen, ob es vielleicht doch klappen hätte können ... besser als mit seiner Exfreundin, mit der es so gar nicht recht klappen wollte.
Manchmal fragte er sich sogar, ob das Kind von ihm war und wie er das herausfinden könnte. Es hätte doch sein können, dass bei den vielen Malen, die sie miteinander geschlafen hatten, ein Kondom defekt gewesen wäre. Vielleicht war es tatsächlich so und das Märchen könnte doch noch wahr werden. Doch Hannes dachte, dass Sabina sicher mit ihm abgeschlossen hatte und glückliche Mutter war. Natürlich war seine größte Angst, in der Beziehung mit ihr scheitern zu können oder die Gedanken an diese reine, unerfüllte Liebe zerstören zu können. Denn nur die unerfüllte Liebe ist romantisch.
In melancholischen Momenten, hörte Hannes ihre gemeinsamen Songs, hüllte sich in blauen Dunst während er Gras rauchte und ließ sich volllaufen.
Kommentare
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ja, der letzte Satz hat es in sich. Und leitet ja auch zum zweiten Teil über, den ich zuerst gelesen habe. Schön, dass heute diese Story zur Tagesstory gewählt wurde.
LG
Elmar«
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Schade, dass Hannes und Sabina nicht genug Power hatten, über den Schatten der Konventionen zu springen und zu wenig Vertrauen in den anderen.«
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ungeil, schnulzig,... ist RTL II so?«