Spießbürgerlich
von Susi M Paul
Mir war heiß. Brutal heiß. Mit dem Klimawandel hatte das allerdings gar nichts zu tun. Der Sommer tat zwar Mitte Juni schon sein Möglichstes, um alle Rekorde zu brechen. Aber meine Hitze an diesem Tag hatte rein sexuelle Ursachen. Das hing mit der jungen Kollegin zusammen, die sich im Meeting vorstellte. Sie als wahnsinnig attraktiv zu bezeichnen, wäre maßlos untertrieben. Saugeil passt da viel besser, auch wenn mir solch ein Ausdruck nur schwer über die Lippen kommt. So saugeil jedenfalls, dass ich sofort anfing zu schwitzen. Hautenge Jeans von der Sorte, bei der zwischen Haut und Stoff kein noch so feines Härchen Platz hat. Und auch kein normales Höschen, höchstens ein seidiger String-Tanga. Dazu zwängten sich zwei Buchteln in ein weißes Herrenhemd, das dafür wahrhaftig nicht vorgesehen war. Durch ihre Direktionsassistentinnenbrille warf sie uns ein Lächeln zu, das fähig gewesen wäre, Steine zu erweichen. Zwischen meinen Beinen rief es hingegen auf Anhieb genau den gegenteiligen Effekt hervor. Mit Ach und Krach überlebte ich die Sitzung.
Was ihre Facebookseite mir hinterher in meinem sicheren Büro präsentierte, trug mitnichten dazu bei, mich abzukühlen. Und es passte genau wie ihr Aufzug im Meeting nicht ganz zu ihrer Position als ehrbare Direktionsassistentin. Frau Dr. Siebler im Schwimmbad in einem hellblauen Bikini der Marke Verbirgfastnichts. Frau Dr. Siebler im Liegestuhl auf dem Balkon im gelben Hauskleidchen, bei dem allein die Frage, was sie darunter trug, einer Majestätsbeleidigung gleichgekommen wäre. Frau Dr. Siebler bei Aufwärmübungen im Laufanzug, bei dem sich die graumelierten Leggings an der entscheidenden Stelle so eindrücklich an ihren göttinnengleichen Körper schmiegten, dass ich mich wunderte, wie das Bild durch Zuckerburgs Zensur geflutscht war.
Normalerweise führe ich mich wahrhaftig nicht wie ein lüsterner alter Sack auf, der jedem wackelnden Hintern oder jeder freizügigen Cameltoe-Joggerin hinterherhechelt wie ein sabbernder Hund der Wurst in der Einkaufstasche von seinem Frauchen. Ganz und gar nicht. Solche Typen habe ich immer verabscheut. Was mich betrifft, so verehre ich die Frauen. Deshalb pflege ich für gewöhnlich beim Aufreißen von Mitspielerinnen für die schönste Hauptsache der Welt recht festen Prinzipien zu folgen. Ich lasse ihr und mir Zeit, bis das Kitzeln der Vorfreude sich entfalten kann. Während dieser ausgedehnten Phase des Kennenlernens prüfe ich ihre Reaktion auf die eine oder andere frivole Anspielung. Dann gebe ich ihr das Gefühl, dass sie selbst die Initiative ergreift. Wenn es schließlich ernst wird, empfinde ich es als echte Belohnung für meine Mühen, wenn sie mich in ihr Bett zerrt. Dort und erst dort gebe ich jede vornehme Zurückhaltung auf. Wie heißt es doch so schön: Wo sonst als beim Fiedeln einer Frau, beim Eindringen in ihr heißes, lechzendes Fleisch wird der wahre Mann zum Mann?
Feste Beziehungen strebe ich seit einem gründlich misslungenen Vorstoß in diese Richtung nicht mehr an. Das scheint die Frauen heutzutage allerdings nicht weiter zu stören. Zumindest hat die überwiegend auf das geschlechtliche Miteinander ausgerichtete Haltung mir nur selten einen Korb eingebracht. Im Gegenteil, ich habe mir im Laufe der Zeit einen ausgezeichneten Ruf als diskreter und einfühlsamer Softi erworben, der allerdings, wenn es zur Sache geht, eine ganze Menge zu bieten hat, dabei auf seine Unabhängigkeit pocht und keine größeren emotionalen Ansprüche stellt. Die Frauen, unabhängig von ihrem Familienstand, sind in aller Regel sehr dankbar, weil sie zuverlässig auf mich zurückgreifen können, wenn ihnen einmal nach einem unverbindlichen, rein sexuellen Intermezzo zumute ist, bei dem sie sich gänzlich gehenlassen können.
Bei Frau Dr. Siebler nun beschlich mich sofort das Gefühl, dass ich meine gewohnten Bahnen würde verlassen müssen, dass ich eine womöglich wochenlange Balz nicht durchstehen würde. So harmonisch geformt und drall wie ihre Muschi auf dem Bild mit den Leggings rüberkam, musste ich unbedingt eine Abkürzung finden, um an sie heran- und in sie hineinzukommen. Ich wusste nur nicht, welche. Den Anfang machte ich mit einem Besuch in ihrem Büro unter einem fadenscheinigen Vorwand. So beiläufig wie möglich fragte ich sie, ob sie nach Feierabend schon etwas vorhabe, denn ich überlegte, sie mit ein paar Kollegen auf ein Willkommensbier einzuladen.
Ihre Reaktion war mehr als bemerkenswert. Sie sah mich ganz ähnlich an, wie ich sie beim Meeting angesehen hatte, als ich ihr im Geiste schon die Kleider vom Leib gerissen hatte. Nur war ihr Blick irgendwie viel effektiver als meiner. In Sekundenbruchteilen hatte sie mich durchschaut, hatte meinen zugegeben jämmerlich vorgetragenen Besuchsvorwand zerpflückt und mir die Maske vom Gesicht gerissen. Wie ein armes Sünderlein, nackt und entblößt, stand ich vor ihr, als sie in den Schmunzelmodus wechselte und dann seelenruhig zu des Pudels Kern vorstieß: „Die Kollegen sollten wir vielleicht nicht mit Ihrem Anliegen belasten. Was Sie ganz offensichtlich wollen, ist doch eigentlich nur ein ordentlicher Fick.“
***
„Ein ordentlicher Fick? Ich?“ Mir blieb vor Verblüffung fast die Luft weg, als Tim mir das als Lösung aller meiner Probleme nahelegte. Hatte ich da bei ihm die ganze Zeit seinen Bi-Anteil übersehen? Aber nein, ganz bestimmt nicht. Mein Mitbewohner war schwul wie SpongeBob, da war nichts daran zu deuteln. Keine Gefahr von dieser Seite, besser gesagt keine Hoffnung. Er wollte mich nicht anbaggern, um es auch mal bei einer Frau zu probieren, er wollte mir wirklich nur einen freundschaftlichen Rat geben.
„Weißt du, Nora, die letzten Tage über warst du unheimlich fahrig und unkonzentriert, und heute bist du unausstehlich. Das sind klare Anzeichen für einen Entzug. Du musst dich mal wieder durchbürsteln lassen! Bei mir hilft das immer“, kicherte er.
„Was weißt du denn...“, wollte ich ihn schon anfahren, als ich merkte, dass das genau zu seiner Diagnose meiner Unausstehlichkeit passen würde. Ich schluckte es also runter und versuchte, die Klippe irgendwie zu umschiffen: „Vielleicht hast du sogar recht. Aber bestimmt geb' ich's mir nicht mehr vor der Mikro-Klausur.“
„Ja, ja, das kenne ich. Und dann kommt Psycho und Statistik und was weiß ich noch. Schau dich doch an. Du rödelst und rödelst, fällst vom Fleisch, und am Ende hast du x-Diplome und das Leben verpasst. Dass du wenigstens ab und zu was Ordentliches isst, dafür kann ich sorgen. Aber du brauchst auch mal von unten her was Warmes im Bauch. Das gehört einfach dazu. Ich sag' ja nicht, dass du dir 'nen festen Freund zulegen sollst, ein Stecher für zwischendrin tut's doch auch. Wann hast du's denn eigentlich das letzte Mal so richtig getrieben?“
Damit hatte mein Mitbewohner an einem wunden Punkt gerührt. Es so richtig getrieben, mir einen Schwanz richtig reingetrieben, wie ich es mag, das konnte ich mit den Fingern einer Hand abzählen. Einen reingetrieben bekommen deutlich häufiger. Gerne mal schnell zum Abspritzen und fertig. Oder als ein neues Strichlein auf der Erfolgsliste meiner Besteiger. Dabei genauso gerne mit schmerzhaft durchgekneteten Brüsten und ein paar Striemen auf dem Hintern, weil man das ja heute so macht, das ist doch geil, das willst du doch auch, oder etwa nicht?
Bis ich die Reißleine zog. Ich wollte nicht mehr als Versuchskarnickel für Spätpubertierende oder als Müllkübel für allfällige Spermaüberschüsse herhalten. Sex oder Karriere, sagte ich mir, wählte die Karriere und trieb es fortan alleine mit mir.
***
„Treib es doch mit dir alleine oder mit wem du willst, aber nicht mehr mit mir!“, fuhr ich schier aus meiner Haut, nachdem endgültig klar war, wohin der Hase lief. Als Wiedersehenstreffen mit einem befreundeten Pärchen, dem sie kürzlich erst wieder über den Weg gelaufen sei, hatte Mirjam mir das Abendessen verkauft. Seltsam nur, dass sie mich und sich selbst dafür herausgeputzt hatte wie für die Oper. Unsere Gastgeber waren noch extravaganter ausstaffiert. Simon, passend zu seiner protzigen Villa, mit Frack und Fliege. Stefanie, die mit ihren vielleicht zwanzig Jahren viel zu jung für ihn war, mit einem langen, sandfarbenen, trägerlosen Chiffonkleid. Das klammerte sich gerade so eben an den vorderen Spitzen ihres Vorbaus fest und ließ im Gegenlicht der untergehenden Sonne durchscheinen, dass sie beim Anziehen nicht nur den Unterrock vergessen hatte, sondern auch alles andere. Das mit dem Wiedersehen alter Freunde kam mir zunehmend Spanisch vor. Ich fragte mich ernsthaft, wo ich da hingeraten war.
Beim ersten Gang, Seezunge in Weißwein, gab es noch unverbindlichen Smalltalk. Beim zweiten Gang, im Kerzenlicht, mit exquisitem Rehrücken, fingen die drei an, sich Anspielungen zuzuwerfen, die die Atmosphäre schwül und schwüler werden ließ. Vor dem Nachtisch dann schickte mich Mirjam zu einen Spaziergang rund um den Gartenteich, „damit wir eine Überraschung vorbereiten können.“ Ich fügte mich.
Als ich zurückkam, lag Stefanie ohne Kleid auf dem Tisch, nahtlos sonnengebräunt, wie ich im Schein der um sie stehenden Kerzen unschwer erkennen konnte. Ihren Bauch hatten die beiden mit diversen Flans dekoriert. Ein flehentlicher Blick Mirjams hielt meinen Protest im Zaum, aber leicht mulmig war mir schon, dass ausgerechnet ich den Pudding von ihrem Schamhügel löffeln sollte. Und noch mulmiger, dass hinterher meine Freundin dem Hausherren half, die Reste zusammenzuschlecken, „damit nichts verkommt.“ Einschließlich des Teils vom Karamell meines Flans, der den Hügel hinabgelaufen und in Stefanies tiefer Spalte versickert war. Dies alles ließ ich mir noch eingehen. Aus der Haut fuhr ich allerdings, als Simon meine Mirjam aufforderte, es seiner Gespielin gleichzutun und sich ebenfalls auf dem Tisch bereitzulegen.
„Nach dem Essen sollst du rauchen, oder eine Frau gebrauchen“, kalauerte er nonchalant und wandte sich mir zu. „Und weil das mit dem Rauchen out ist, gehen wir gleich zum zweiteren Vergnügen über. Du hast dich beim Nachtisch ja schon mit Stefanies appetitlicher Fotze bekannt gemacht, drum würde ich sagen, du bedienst dich gleich bei ihr. Ich steige solange auf die saftige Muschi von Mirjam um. Dass sie in unserer Clique den Ehrentitel ,Immerwillige Stute' trägt, hat sie dir doch sicher erzählt?“
Weder hatte sie mir erzählt, dass sie zu einer Clique Simons gehörte und welchen aparten Beinamen sie dort trug, noch war ich gewillt, Stefanie so einfach für einen Verdauungsfick herzunehmen und Simon dafür im Gegenzug Mirjam zu überlassen, auf dass er sich an ihr gütlich tue. Wer weiß, was die drei sich für den Rest des Abends ausgedacht hatten. Das alles ging mir dermaßen gegen den Strich, dass ich losbrüllte.
Ungerührt von meiner Schimpftirade stieg Mirjam aus ihrem Slip, legte sich zurecht und freute sich sichtlich, dass Stefanie ihr behilflich war, die Schenkel praxistauglich zu spreizen. Ich dagegen hatte den Test nicht bestanden, ihr Niveau nicht erreicht. Ihr verächtlicher Blick sagte alles: Sie hatte mit mir abgeschlossen.
„Können wir jetzt endlich anfangen, Simon?“, fragte sie den Herrn des Hauses. „Es wird meiner Möse zur Ehre gereichen, dir mit ihren Diensten deine Gastfreundschaft zu vergelten und dir Erleichterung zu verschaffen.“
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„Mir und meiner Möse Erleichterung verschaffen?“ Tim hatte natürlich recht, irgendwie musste ich mich von der sturen Paukerei ablenken. Doch meinen Kommilitonen und ihren Spermaschleudern traute ich nicht zu, mir in dieser Hinsicht mehr zu bieten als weiland meine Schulkameraden.
Die Handvoll guter Ficks, an die ich mich erinnern konnte, hatte mir ein entfernter Großcousin verschafft, der im zarten Alter von Mitte dreißig schon zwei Ehen hinter sich hatte. Wenn die am Sex gescheitert waren, dann war das bestimmt nicht an ihm gelegen. So gewinselt wie beim Bumsen mit ihm habe ich seitdem noch nicht einmal beim Einsatz meiner raffiniertesten technischen Mittel.
Aber Tim ließ einfach nicht locker. Am Abend schleppte er mich in eine Kneipe, „weil auch die trockensten Formeln mal angefeuchtet werden müssen.“ Rein zufällig tauchte, nachdem er mich mit drei Bieren etwas gefügig gemacht hatte, ein alter Kumpel von ihm auf. Und rein zufällig musste Tim dann dringend weg. Ich wusste, was die Stunde geschlagen hatte, ergab mich in mein Schicksal und ließ mich weiterschleppen.
Zugegeben, der Typ war ehrlich bemüht, mit Badewanne und Hintergrundmusik und Zungenküssen an den richtigen Lippen und so. Mein Möschen machte auch halbwegs mit. Am Anfang nässte es sich jedenfalls brav ein. Aber als es dann darum ging, seinen Schwanz ins obligatorische Tütchen zu packen und ihn mir reinzuziehen, artete es für mich doch wieder in eine nur noch abgemühte Stocherei aus. Dafür konnte der arme Kerl aber wirklich nichts, das lag diesmal eindeutig an mir. Deshalb ließ ich ihn bis zu seinem spritzigen Ende weiterstochern und strengte mich sogar an, für ihn wenigstens eine ganz gute Show abzuziehen.
***
Die Show, die Eugen da abgezogen hat, das war ja wirklich der Gipfel. Dabei hatte sich Stefanie so auf ihn gefreut. Das Bild von seinem frisch geschleckten Ständer, das ich ihr ein paar Tage zuvor geschickt hatte, hatte sie erst darauf gebracht, Simon zu fragen, ob sie das Essen mit allem Drumherum bei ihm inszenieren darf.
Gut, ich hatte vorher nicht allzu viel durchblicken lassen, aber dass wir mit den beiden nicht nur Begrüßungsküsschen austauschen und nett plaudern würden, das musste der Holzkopf doch kapiert haben. Er war ja sonst auch nicht auf selbigen gefallen.
Und was das Bumsen angeht, du meine Güte! Was für ein Trottel! Ausgerechnet eine Einladung von Stefanies köstlicher Kerbe auszuschlagen! Der hat ja keine Ahnung, was für ein Leckerbissen ihm da entgangen ist. Dabei hatte ich gedacht, dass er längst aus dem Alter heraus wäre, wo ein jungfräuliches Bürschchen verschreckt vor einer sabbernden Möse sitzt wie die Maus vor einer Schlange. Uns jedenfalls verschlug sein lautstarker Abgang nicht den Appetit. Mit Stefanies Spalte vor meiner Nase und Simons Knüppel zwischen meinen Beinen konnte ich gut auf Eugen verzichten. Meine Muschi sowieso, die wurde jetzt erst so richtig nass.
***
So richtig nass wurde meine Muschi erst wieder nach der Klausur. Genauer gesagt: gleich am Abend danach. Schuld daran war aber kein Adonis mit einem Master in der hohen Liebeskunst, sondern eine Frau, die mein Leben in eine ganz andere Richtung schubste.
Die Klausur selber war ein Klacks. Eine halbe Stunde vor Schluss gab ich ab. Ich wusste gar nicht, warum alle so ein Trara darum gemacht hatten. Ähnlich ging es einer etwas seltsam angezogenen Braunhaarigen, die mit mir zusammen ihre Blätter nach vorne brachte. Sie lud mich auf einen Kaffee ein und wir quatschten eine Weile.
„La Loca nennen mich alle“, stellte sie sich vor, und dabei blieb es zwischen uns. Ein verrücktes Huhn war sie tatsächlich. Eigentlich studierte sie Jura, Wirtschaft machte sie wie ich nur so nebenher. Aber vom Aussehen und Auftreten her wäre sie locker als Kunststudentin durchgegangen. Ihr Batik-Wickelrock war mindestens zwanzig Jahre alt und den Pullover hatte sie aus den tiefsten Tiefen des Kleiderschranks ihres Vaters hervorgezerrt. Und von ihren Eltern hatte sie nicht nur die Klamotten übernommen, sondern auch ihren Wahlspruch: wenn Büffeln, dann Büffeln; wenn Freizeit, dann Freiheit.
Wie sie das auf ihre ganz spezielle Art und Weise auslegte, erklärte sie mir erst am Abend in ihrer Studentenbude. Da ging mir dann langsam aber sicher der wahre Hintergrund ihres Spitznamens auf. Mittags in der Unicafete blieb sie noch bei den allgemeinen, vor allem politischen Implikationen ihres Mottos.
„Freiheit, die etwas auf sich hält, sprengt, was dich einengt“, fasste sie ihre Philosophie zusammen. „Zuallererst das bürgerliche Spießertum in all seinen Facetten.“
„Und wie passt das zu den hehren Rechtswissenschaften, die du studierst?“, warf ich ein.
„Perfekt! Du musst schließlich wissen, wogegen du angehst, ist doch klar. Soll ich etwa das Feld kampflos den ganzen Schnöseln überlassen, die sich an der Fakultät rumtreiben?“
Das leuchtete mir ein. Allerdings war sie, was ihr Studium anging, noch in der Phase des Büffelns und hatte nur recht vage Vorstellungen davon, wie sie damit irgendwann das ganze System aus den Angeln heben würde. Vorläufig beschäftigte sie sich daher vor allem mit dem Kampfplatz der spießbürgerlichen Moral.
***
War es die spießbürgerlich moralische Entrüstung gewesen, die mich daran gehindert hatte, Stefanie einfach so zu ficken, wie es der Spielplan der drei vorgesehen hatte? Die Entrüstung darüber, dass Mirjam mich hintergangen hatte? Dass ich ‚meine‘ Freundin diesem Schnösel überlassen sollte, um als Gegenleistung ‚seine‘ zu bekommen? Oder die Art und Weise, wie Simon über die beiden gesprochen hatte, als wären sie schlicht Fickobjekte? Oder lag der Grund vielleicht doch tiefer? Dass ich nämlich meine Hose nicht vor dem Kerl runterlassen und ihm meinen Knüppel zeigen wollte? Letzterer Frage wollte ich aber auf keinen Fall nachgehen, als ich auf der Straße stand und nicht wusste, was ich tun sollte.
In meiner Hose jedenfalls gab es jemanden, der es durchaus bedauerte, nicht zum Zug gekommen zu sein. Der Flan auf dem Schamhügel und mehr noch die gut gefütterte, mir im flackernden Schein der Kerzen einladend zuzwinkernde Schrunde zwischen Stefanies Schenkeln hatten ihm arg zugesetzt. Er pfiff auf moralische Bedenken und setzte alles daran, mich auf den Weg zu seinem bevorzugten Puff zu lenken. Ich war auch schon drauf und dran, ein Taxi anzuhalten, als mir klar wurde, dass das ja nun wirklich pervers, verwerflich oder blöd – oder alles drei – gewesen wäre. Eine Nutte für etwas zu bezahlen, was ich gerade auf dem silbernen Tablett für lau angeboten bekommen hatte! Dazu das leichte Bohren meines Gewissens, das es einfach nicht lassen konnte, mir im Puff ständig etwas von sexueller Ausbeutung ins Ohr zu flüstern – wo Stefanie mir doch so überaus willig ihre Pussy hingeschoben hatte. Oder sollte ich in diesem Fall Fotze sagen, wie Simon es getan hatte?
Jedenfalls ging ich heim, holte einen Umzugskarton aus dem Keller, packte Mirjams Siebensachen ein, brachte sie in ihre Wohnung und warf meinen Schlüssel in den Postkasten. Dann setzte ich mich in die Kneipe bei mir ums Eck, um den Rest des angebrochenen Abends zu nutzen, mich sinnlos zu besaufen.
Weiter als bis zum zweiten Glas Wein kam ich allerdings nicht. An der Bar lernte ich Anna kennen, deren Mann auf einer Bohrinsel in Norwegen arbeitete. Wir ließen uns alle Zeit der Welt zum Vortasten und Anbandeln, ganz so, wie mir das gefällt. Nach drei Wochen Balz besuchte sie mich das erste Mal in meiner Wohnung, und natürlich sagte ich dann nicht nein, als sie, ausgehungert wie sie war, mich bat, es ihr ordentlich zu besorgen.
Weder blieb es bei der einen durchrammelten Nacht mit Anna, noch blieb es allein bei Anna. Neben sie haben sich im Laufe der Zeit noch ein paar andere gesellt, die allzu gerne mein Einzelgängerdasein für ein unverbindliches Nümmerchen als Abwechslung von ihrem eintönigen Bettalltag ausnutzen. Nur ganz selten komme ich d
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