Süße Vicki
von Krystan
Seit drei Jahren trafen sie sich jeden Tag an der Bushaltestelle. Vielleicht war es auch länger, doch vor drei Jahren hatte er sie zum ersten Mal angesprochen. Nur ein kurzes „Hallo, wie geht es dir?“ Seitdem tauschten sie sich immer wieder in der wenigen gemeinsamen Zeit miteinander aus. Vicki, so war ihr Name. Auch heute lächelte er sie wieder an und das blonde Mädchen schenkte ihm ein verschmitztes Lächeln.
Schüchtern und schön, so war sie. Inzwischen war sie für Andreas so etwas wie eine Freundin, auch wenn sie immer nur diesen kurzen Moment hatten. Ein Moment, in dem sie oberflächliche Nichtigkeiten austauschten. Ein Moment, in der sie kurz über ihr Leben sprachen. Immer schenkte das zierliche Mädchen ihm ihr scheues Lächeln. Ein Lächeln, welches ihm unter die Haut ging und ihn seinen Arbeitsalltag vergessen ließ.
Heute sah sie mal wieder besonders heiß aus. Hotpants und T-Shirt zierten ihren Körper und reizten den seinen. Sie war gut 20 Jahre jünger als er. Eigentlich hätte er ganz andere Frauen ansehen müssen. Er war schließlich bald vierzig. Sein ergrauendes Haar lichtete sich bereits, während ihre schulterlangen Haarsträhnen ein zartes Gesicht umspielten. Aus der Ferne wirkte Vickis Miene oft streng und abwesend, doch wenn er sie ansah, hellte sich ihre Miene jedes Mal auf.
Anfangs war sie auf die Hauptschule gegangen und hatte offensichtlich Probleme mit dem Deutschen gehabt. Inzwischen hatte sie eine Lehrstelle im nahen Supermarkt gefunden. Vickis Eltern kamen aus Bulgarien, um sich in der Bundesrepublik ein neues, besseres Leben aufzubauen.
Auf der Arbeit hatte Andreas oft Kollegen gehabt, die sich lautstark über diese Menschen beschwerten. Sozialschmarotzer und Parasiten waren noch die nettesten Worte, die seine Kunden über die Zuwanderer aus anderen Ländern übrig hatten. Oft musste er sich ausführliche Vorträge dieser aufrechten, fleißigen Deutschen anhören, bevor er endlich ihre Unterlagen bearbeitet hatte.
Manchmal hätte er ihnen ihren Arbeitslosengeld-2-Antrag am liebsten um die Ohren gehauen, doch als Beamter war er zur Neutralität verpflichtet. Wenn er seine Meinung sagte, konnte man ihn einen Gutmenschen schimpfen. Doch Andreas weigerte sich einfach, die Augen vor der Menschlichkeit zu verschließen.
Es war doch seltsam. Irgendwas lief schief in diesem Land, wenn aus den Worten Gut und Mensch ein Schimpfwort wurde. Irgendwas lief schief in den Köpfen der Menschen, die es als solches missbrauchten.
Auch heute hatten wieder ein paar Experten seine Nerven an die Grenzen des Erträglichen strapaziert. Diesmal war es eine externe Firma, die im Auftrag der Behörde Vorbereitungskurse für schwer vermittelbare Arbeitssuchende anbietet. Nach zahlreichen Beschwerden der Arbeitssuchenden hatte er ein sehr aufschlussreiches Gespräch mit einer Frau Östermann. Die Beschwerden richteten sich vor allem gegen die mangelnde Qualität der Fortbildung. Diese Person in seinem Alter hatte es tatsächlich geschafft, Andreas dazu zu bringen, dass er eine Frau schlagen wollte.
Immer wieder hatte Frau Östermann auf ihren Studienabschluss hingewiesen. Man könne von ihr nicht erwarten, dass sie sich als Sozialpädagogin um die individuellen Problem und Wünsche der Fortbildungschüler kümmere. Die Arbeitssuchenden entsprächen nun mal nicht ihren Erwartungen und müssten gegebenenfalls durch zusätzliche, private Maßnahmen qualifiziert werden. Auf den Einwand von Andreas, dass dies ja eigentlich die Aufgabe dieser Fortbildung sei, ging sie nicht weiter ein, sondern begann sich über die Ungerechtigkeiten des Lebens auszulassen, dass sie trotz ihres Studienabschlusses nur mit sozialen Versagern konfrontiert wurde. Angesichts ihrer Vergütung hielt sich das Mitleid des Sachbearbeiters in Grenzen, so dass Frau Östermann irgendwann anfing, ihn wild zu beschimpfen.
Andreas, der selbst nicht studiert hatte, hoffte inständig, dass sein Sohn, der bei seiner geschiedenen Frau lebte, niemals so ein Charakterschwein würde wie diese Frau, auch wenn er jetzt im ersten Semester Sozialpädagogik studierte.
„Du traurig?“, fragte Vicki.
„Ach nein, nur gestresst“, meinte Andreas und seine Stimmung hellte sich augenblicklich auf. Vicki lächelte ihn wieder an. Wieder war es ihr schüchternes Lächeln, welches ihn in der Hitze des Frühsommerabends erreichte.
„Arbeit?“ Ihre Sätze waren immer noch sehr knapp. Sie versicherte ihm jedoch hin und wieder, dass sie ihn gut verstand, auch wenn sie selbst wenig redete. So begann Andreas, dem Mädchen seinen eigenen Frust zu erzählen, ohne dass Vicki ihn abwies. Auch als ihr Bus kam, stieg sie nicht ein, sondern hörte Andreas geduldig zu.
Erst als der Linienbus losfuhr, bemerkte der Mann, dass heute etwas anders lief. „Dein Bus?“, fragte er sie knapp und Vicki schüttelte nur den Kopf. „Kommt noch einer“, murmelte sie. „Erzähl weiter.“
Andreas lächelte verlegen. „Magst du einen Kaffee oder so?“, er deutete auf das Cafe auf der anderen Straßenseite. Vicki nickte nur.
Es wurde kein Kaffee. Er bestellte sich ein Bier und sie eine Cola Light. Während sie ihre gekühlten Getränke tranken, taute Vicki langsam auf. Das Mädchen, erzählte von ihren Sorgen und Problemen, die Andreas so herrlich trivial empfand. Hatte sie in der Hauptschule noch Probleme gehabt, so hatten sich in der Berufsschule ihre Noten langsam verbessert. Nicht viel, aber sie würde es wohl schaffen.
Ihre eigentlichen Sorgen galten mehr ihrem Körper. Auch wenn sie inzwischen 18 war, hatte sie immer noch kaum einen Vorbau bekommen, der die meisten Jungs reizte. Auch sonst hatte sie wenig Spaß. Für Andreas wirkte sie dünn, doch in ihrer Vorstellung war sie immer noch zu dick.
Andreas ließ dies natürlich nicht auf sich sitzen. Er nutzte all sein angelesenes Wissen, um ihr zu erklären, dass sie so, wie sie jetzt war, vollkommen in Ordnung war. „Jeder Mann, der dich wegen deines Aussehens ablehnt, ist ein Idiot.“
„Du bist lieb, Andreas“, erklärte Vicki schließlich. Ihre gebräunte Haut errötete dabei leicht.
„Du auch“, flüsterte er ihr zu und hob aus einem Reflex heraus die Hand um ihr über die Wange und den Haaransatz zu streicheln. Erst jetzt bemerkte er ihr Zittern und auch Andreas wurde unruhig. Er hatte das schon lange bei keiner Frau mehr getan, wobei Frau bei dem Teenager wohl zu viel war. Natürlich sah er sie als Frau, aber trotzdem lagen zwischen ihnen Welten.
Vicki hob ihre Hand und legte sie auf seine. Eine gefühlte Ewigkeit sahen sie sich nur an. Andreas betrachtete ihre grünen Augen, in denen sich kleine braune Sprenkel fanden. Auch sie schien ihn eindringlich zu mustern, wobei die Zeit zu einer Ewigkeit gedehnt wurde. Er schluckte leicht, denn in diesem Moment begann sich seine Männlichkeit deutlich zu regen. Dieses Mädchen, dieser Backfisch, war schon öfter Teil seiner erotischen Fantasie gewesen. Andreas überlegte, ob er einen Schritt weiter gehen sollte, um sie zu küssen.
„Kann ich euch noch etwas bringen?“ Es war die Kellnerin, die mit gelangweiltem Vorsatz ihren Block in den Händen hielte.
Andreas drehte seinen Kopf zu der Bedienung und fluchte leise. Seine Hand löste sich von Vicki. „Danke nein.“
„Wollt ihr dann zahlen?“ Die Stimme der Frau wirkte mehr als unfreundlich. Sie war Anfang dreißig oder vielleicht auch älter. Ihr Atem roch nach Tabak und ihre Zähne zeugten von reichlichem Konsum. Irgendwie erinnerte sie ihn an Frau Östermann, auch wenn dies vermutlich nur reiner Zufall war.
„Ja“, meinte Andreas.
Der schöne Moment mit Vicki war vorbei. Vielleicht war das Mädchen sogar froh, auf diese Art und Weise von ihm los zu kommen. Mit einer Selbstverständlichkeit zahlte er die Getränke, ohne jedoch der Kellnerin ein Trinkgeld zu geben. So viel Toleranz besaß er doch nicht.
„Danke“, hauchte Vicki ihm zu.
„Wofür?“
„Für die Einladung und so.“ Sie grinste verlegen.
„Ich mag dich halt“, gestand Andreas, ohne über die Bedeutung seiner Worte nachzudenken. Beschämt drehte das Mädchen den Kopf zur Seite.
Sie gingen gemeinsam zurück zur Bushaltestelle. Dort sah er kurz auf den Fahrplan. Sein nächster Bus würde erst in einer Stunde gehen. Andreas stieß einen kurzen Fluch aus, dann griff er zu seinem Handy und bestellte sich ein Taxi. Vicki blieb bei ihm, bis das Taxi kam. Sie müsste wohl auch noch zwanzig Minuten auf ihren nächsten Bus warten, wusste Andreas, der natürlich auch ihren Fahrplan angesehen hatte.
„Willst du mitkommen?“, fragte er sie mit einem Lächeln. Das Mädchen zögerte kurz und nickte dann.
„Wohin soll es gehen?“, fragte Taxifahrer, als das ungleiche Paar in den Wagen stieg.
„Zu mir nach Hause geht es schlecht. Meine Eltern und mein kleiner Bruder sind daheim“, erklärte Vicki und Andreas fiel mit einem Mal die Kinnlade herunter. Sie hatte sein Angebot vollkommen falsch verstanden. Er wollte sie nur nach Hause bringen, weil er sich etwas schuldig fühlte. Jetzt musste er sich entscheiden, ob er auf ihr Angebot eingehen wollte.
„Gut, dann zu mir“, meinte ältere Mann knapp und nannte dem Fahrer die Adresse.
***
Seine Wohnung war ordentlich, zumindest für einen männlichen Singlehaushalt. Sie war nicht groß. Nach seiner Scheidung vor ein paar Jahren hatte seine Ex-Frau das Haus behalten, an dem er immer noch abbezahlte. Diese Wohnung bestand nur aus einer Küche, einem Badezimmer und einem Wohn- und Schlafzimmer.
In Letzteres führte er Vicki. Seit sie beschlossen hatten, zu ihm nach Hause zu gehen, hatten beide nicht mehr viel miteinander geredet. Ein selts
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Kommentare
(AutorIn)
Kommentare: 74
Krystan
Ich muss gestehen, dass mir dein Kommentar gerade ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert. Soll ich meinen Figuren auch noch eine ausgewogene Ernährung und Sonnencreme zu kommen lassen, da mit keiner dieser Figuren zu schaden kommt?
Irgendwie verstehe ich den Gummifetisch nicht so :D Vielleicht sollte ich mal eine Latexgeschichte schreiben.«
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Bin ein große Fan. Nicht nur auf dieser Seite.
Danke«
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