Tales of the Jackalope I
von mryia jackalope
Tales of the Jackalope I
© Dezember 2002 Mryia
Der Radiowecker blökte laut. Benjamin erwachte mit Kopfschmerzen. Irgendwie hatte er einen schlechten Traum gehabt, und überhaupt mußte er ziemlich schlecht geschlafen haben. Draußen schien es gerade erst zu dämmern und im kleinen Zimmer war es noch dunkel. Doch Irgendwas war anders diesen Morgen. Der Radiowecker zeigte 7 Uhr morgens, alle Poster und Bilder hingen noch an ihrem Platz und auch die spärlichen Möbel waren da, wo sie hingehörten. Benny kniff die Augen zusammen um nicht so verschwommen zu sehen. Er raffte sich auf und wollte sich die Augen reiben, doch der Schreck, den ihm seine Hände einjagten, machte ihn plötzlich auch so wach.
Das waren nicht seine gewohnten Hände, das waren... ja, was war das? Es schien, als hätte er statt zwei Händen nun zwei Pfoten, wie bei einem Tier. Sie waren über und über mit weichem Fell bedeckt, nur die Unterseite, also seine Handteller, ließ den Blick frei auf die Haut. Hatte er seine Aufmerksamkeit zuerst nur auf seine Hände gelenkt, kletterte sein Blick nun die Arme nach oben. Es war zwar noch immer ziemlich dunkel im Zimmer, doch er konnte sehen, daß auch sie von dem weichen Fell bedeckt waren. Und nicht nur das, seine Arme waren jetzt auch um ein vielfaches muskulöser.
Mit einer Mischung aus Furcht und Neugier schob Benny schnell seine Bettdecke beiseite um den Rest seines Körpers zu überprüfen. Er setzte sich auf und blickte an sich herunter, auch seine Brust und sein Bauch waren mit Fell bedeckt, das hier etwas heller zu sein schien. Seine Beine waren offenbar über Nacht in der Länge gewachsen und hatten gerade an den Oberschenkeln an Muskelmase zugelegt. Seine Füße waren regelrecht in die Länge gezogen und ebenfalls mit Fell bedeckt, sie erinnerten ihn auf den ersten Blick an Hasenpfoten. Die Fußsohlen waren genau wie seine Hände an der Unterseite nackt, aber im Gegensatz dazu mit einer Hornhaut ausgestattet.
"Ich muß träumen," dachte er sich, als er den stärker werdenden stechenden Schmerz an seinem Hintern bemerkte. Er drehte sich leicht auf die Seite, um nach hinten in seinen Slip zu greifen. Benny fand die Ursache des Schmerzes schnell, er hatte plötzlich einen Schwanz! Was er fühlen konnte, war tatsächlich eine Verlängerung seiner Wirbelsäule um knapp 10-15 cm, die sich zu einem flauschigen Schwänzchen wie bei einem Hasen oder Kaninchen nach oben bog. Kein Wunder, daß es schmerzte. Er zog sich den Slip aus und befreite seine "Blume" aus der Enge, als nächstes griff er sich an den Kopf.
Wenn seine schlimmsten Ahnungen wahr werden sollten, musste er auch zwei lange Ohren haben, und tatsächlich, da waren sie. Er konnte nur schätzen, aber sie mußten fast 30-40 cm lang sein. Er fasste sich nun an den Mund, um festzustellen, daß er nun eine regelrechte Schnauze hatte. Seine Nasenspitze war nun ca. 10 cm von seinem Gesicht entfernt. Mit der Zunge erforschte er seinen Mundraum, alles schien wie früher zu sein, doch was hieß das schon - immerhin bewegte er seine übrigen Körperteile, seine Ohren, seinen neuen Schwanz, seine langen Zehen, als ob sie schon immer da gewesen wären. Doch, eins war anders: Anstelle von Schneidezähnen hatte er nun oben und unten jeweils zwei Nagezähne.
Benny hatte große Scheu in den Spiegel zu blicken, doch die Neugier trieb ihn dann doch aus dem Bett. Er hätte damit gerechnet, daß es erstmal große Schwireigkeiten bereiten würde, mit diesen neuen Beinen zu gehen, doch zu seiner Überraschung funktionierte das ganz ausgezeichnet. Da es immer noch zu dunkel war, um Details zu erkennen, zog er die Jalousien vor seinem Fenster hoch und versuchte das Licht anzuschalten, doch offenbarwar der Strom ausgefallen. Er kramte eine kleine Taschenlampe aus dem Schrank hervor und schlich sich durch den engen Flur seiner Studentenbude in das noch engere Bad und schaute in den Spiegel. Mit dem schwachen Strahl der Lampe beleuchtete er sich selbst.
Das Wesen im Spiegel blickte ihn an. Es war zweifelsfrei sein Spiegelbild, denn alle Bewegungen, die Benny machte, liefen synchron ab. Und dennoch war es ein Wesen aus einer fremden Welt. Es wirkte wie ein überdimensionierter Hase, oder vielmehr wie ein Kaninchen, aber doch irgendwie menschlich. Das Fell hatte eine helle, graubraune Farbe, nur Brust- und Bauchfell waren weiß, sowie auch das Fell zwischen seinen Beinen. Auch das Fell an seinem Hintern unter der Blume war weiß, und auch die Unterseite der selbigen. Zwischendurch kneifte er sich auch immer wieder, um sicherzugehen, daß dies kein Traum war.
Benny wusste nicht, warum er nicht schon vorher daran gedacht hatte, aber jetzt bekam er Angst um seine Männlichkeit. Hastig schaute er an sich herunter, doch da war nicht viel zu sehen. Er tastete zwischen seine Beine und fand einen weiß bepelzten Hodensack, der ihm in dem langen flauschigen Fell vorher nicht aufgefallen war. Aber dort, wo vorher sein Schniedel war, klaffte ein regelrechtes Loch. Er fühlte ein wenig um dieses Loch herum und bemerkte so etwas wie die Peniswurzel, die von den Hoden ausgehend deutlich unter dem Fell zu spüren war.
Aus Angst, jetzt nicht nur als menschliches Karnickel, sondern auch noch als Eunuch durch die Welt gehen zu müssen, pulte und fummelte er an der Fellspalte herum, in der Hoffnung, er könne seinen Penis so irgendwie hervor holen. Schließlich war es bei Hunden ja so ähnlich, erinnerte er sich. Benny zog also das Fell an dieser Stelle etwas zurück, und tatsächlich kam eine rosa Eichel zum Vorschein. "Vorhanden ist er also noch," dachte er sich, aber seine Aufregung verhinderte wohl, daß sich mehr als nur die Spitze sehen ließ.
Als er zurück in sein Zimmer ging, fiel ihm auf, daß die ohnehin schon niedrige Decke im Flur noch niedriger zu sein schien. Zumindest mit seinen Ohren schleifte er an ihr entlang. Im Zimmer kramte er in einer der unteren Schubladen herum, bis er ein Maßband gefunden hatte, "182 cm" stellte er fest. Damit war er um satte 15 cm gewachsen, die Ohren hatte er garnicht erst mitgemessen. Benny setzte sich aufs Bett und starrte auf seine Pfoten. Eine lange Zeit musste er so gesessen haben um über diese Verwandlung nachzudenken. Ohne zu einer Lösung gekommen zu sein, blickte er auf die Uhr und erschrak über die mit 8:15 Uhr doch schon etwas weit fortgeschrittene Uhrzeit. Zum Glück lief sein Wecker mit Batterien, sonst wüßte er überhaupt nicht, wie spät es war.
"Ich glaube den Tag heute kann ich knicken," sagte er zu sich selbst. So, wie er aussah, konnte er unmöglich nach draußen gehen, ja nichtmal seine kleine Bude im Studentenkomplex verlassen. Zumindest nicht jetzt, wo die halbe Studentenschaft unterwegs ist. Benny hatte mit seiner Bude Glück, denn Studentenwohnungen waren heiß begehrt und oft gab es nur Zweibettzimmer. Er war vor kurzem erst 19 geworden und bekam durch Vermittlung seiner Eltern gleich nach der Schule einen guten Studienplatz für Architektur. Auch die hohe Miete - Einzelwohnungen waren Luxus - bezahlten seine Eltern bereitwillig. Benny hatte so gut wie keine Freunde und Bekanntschaften und so versuchten die Eltern diesen Mangel mit Geld zu übertünchen.
Komischerweise war es immer noch nicht richtig hell geworden und von der Herbstsonne fehlte diesen Tag jede Spur. Er ging zum Fenster, um auf die Straße zu sehen. Vielleicht war er ja nicht der Einzige, den es getroffen hatte. Er sah aus dem 11. Stock des Hochhauses vorsichtig nach unten und stellte ernüchtert fest, daß alles total vernebelt war. Er konnte da draußen weder den Boden sehen, noch das Hochhaus gegenüber. Ja, selbst seine Hand verschwand in der dicken Nebelbrühe als er sie aus dem Fenster streckte. Das war definitiv nicht normal, denn einen solchen nebel hatte er noch nie erlebt. Auch die Tatsache, daß der Nebel nicht zum Fenster hereinquoll, sondern wie durch eine unsichtbare Mauer außen vor gehalten wurde, machte ihn stutzig. Es war irgendwie nicht wirklich, wie ein Traum halt, doch er konnte sich kneifen wie er wollte, er wachte nicht auf.
Ganz normal aber war auch der Hunger, den jetzt er so langsam verspürte. Er hatte noch ein paar Scheiben Toast im Schrank, aber für etwas größeres musste er wohl oder übel über den Hausflur gehen, denn die Gemeinschaftskühlschränke waren in einem separaten Raum untergebracht, genau so wie Backofen und Waschtrockner. Benny beschloß, erstmal den Toast zu essen und sich so gegen Mittag, wenn kaum ein Student mehr im Haus wäre, hinüberzuschleichen. Seinen Eltern wollte er auf keinen Fall etwas sagen. Sie pumpten ihn zwar mit Geld voll, aber wahre Gefühle hatten sich nie entwickelt.
Gegen Mittag lauschte er durch seine Tür auf dem Flur, ob sich irgendetwas regte. Aber alles war ruhig, kein Mucks drang durch die Tür. Benny war der Meinung, jetzt besser hören zu können als sonst, aber vor der Tür war eine Totenstille. Jetzt fiel ihm auch auf, daß es bereits den ganzen Tag so still war, als ob das ganze Gebäude leer war. Ein Blick durch den Türspion brachte auch keine Aufklärung, denn es war auf dem Flur zu dunkel, um irgendwas erkennen zu können. Und obwohl es jetzt ja schon kurz nach Mittag war, befand sich der Nebel noch immer vor dem Fenster. Langsam wurde ihm die Sache immer unheimlicher. Benny öffnete vorsichtig die Wohnungstür und blickte durch den Spalt nach draußen.
Aber alles, was er zu seinem Erschrecken sah, war der selbe Nebel wie vor seinem Fenster. "Das kann doch alles nicht wahr sein," dachte er sich, "Verdammt nochmal, was geht hier vor?" Zuerst wollte er nicht, aber dann entschloß er sich doch noch dazu, bei seinen Eltern anzurufen. Er nahm den Hörer ab, lauschte nach dem Freizeichen, aber er hörte nichts. Der Apparat war tot. "Das Licht geht nicht," grübelte er, "und der Strom ist auch weg..." Er suchte nach seinem Handy und versuchte so, jemanden zu erreichen. Aber auch hier gab es kein Freizeichen, und auf dem Display tauchte nur die Meldung "Kein Netz" auf.
Benny überkam jetzt ein äußerst beunruhigendes Gefühl. Der Nebel, der überall außerhalb seiner Wohnung war, das alles war so unheimlich. Er hatte tief im Inneren große Angst, aber er versuchte ruhig Blut zu bewahren. Er konnte nichts machen, nur abwarten. Seinem Schicksal war er nun völlig ausgeliefert. Mit geknickten Ohren setzte er sich wieder auf sein Bett und starrte im Halbdunkel die Decke an. Schließlich drückte seine Blase, und ob er wollte oder nicht, jetzt mußte er versuchen, mit seiner neuen Anatomie Wasser zu lassen. Er ging ins Bad, stellte die Taschenlampe vor den Spiegel und sich vor die Kloschüssel. Wie verdammt nochmal sollte er jetzt seinen Schniedel hervorholen?
Er versuchte, sich auf die drückende Blase zu konzentrieren, und tatsächlich, knapp 7-8 cm seiner rosa Männlichkeit kamen zum Vorschein, zwar in einem zum Pinkeln nicht unbedingt günstigen Winkel, aber es funktionierte ganz gut. Für einen Traum fühlte sich das alles einfach zu echt an. Erleichtert ging er wieder ins Zimmer um zu warten. Auf was wußte er nicht, aber es war das einzige was er tun konnte. Er legte sich also ins Bett und versuchte zu dösen, ein Blick auf die Uhr verriet ihm, daß es bereits nachmittags war.
Doch plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Der Nebel vor dem Fenster begann, seine Farbe zu verändern. War es bisher ein dickes, helles Grau gewesen, schien sich jetzt alles in buntes Licht aufzulösen. Ängstlich wickelte er sich in die Decke und beobachtete das Lichterspiel vorm Fenster. Gleißendes, weißes Licht wechselte sich ab mit roten, gelben, blauen und grünen Lichtern. Es machte fast den Eindruck, als ob die Lichte draußen an seinem Fenster vorbeihuschten, als ob sich seine Bude mit hoher Geschwindigkeit irgendwo hin bewegte. Doch es war totelstill, nur sein eigener, ängstlicher Atem war zu hören. Und auf einmal begann sich auch der Raum zu drehen, ihm wurde schwindelig, das Bild verschwamm vor seinen Augen, es wurde dunkel.
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"Willkommen!" Benny hörte eine rauchige, männliche Stimme und versuchte die Augen zu öffnen. Ihm war schwindelig und er hatte Kopfschmerzen. "Habe ich also doch nur geträumt," dachte er sich mit noch halb geschlossenen Augen. Doch als er die Augen richtig öffnete und in die Richting der Stimme blickte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Vor ihm stand ein stattlicher, fast 2 Meter großer Hirsch, nein, das war kein Hirsch, das war... Benny fiel es schwer, das Wesen einzusortieren. Die Statur, die Gliedmaßen, das war gleichzeitig menschlich und tierisch. Das Wesen hatte einen hirschähnlichen Kopf, auch ein Geweih, aber es stand auf zwei Beinen vor ihm, in einer seltsamen Kleidung, und, soweit er dies erkennen konnte, waren auch Hände und Füße eine Kombination aus menschlichen Fingern und Zehen und Hirschhufen. Das Wesen war überall, wo er dies sehen konnte, mit einem dunkelbraunen Fell bedeckt.
"Bitte habe keine Angst," forderte ihn dieses Hirschwesen mit sanfter Stimme auf, "ich bin Rasjok, ich habe dich hierher geholt. Ich bin etwas, was man in eurer Welt Schamane oder Magier nennt." Benny konnten diese Worte nicht beruhigen, er wickelte sich noch weiter in seine Decke und hatte sichtlich große Angst. "Nein, bitte, habe keine Angst, ich werde dir nichts tun," versicherte Rasjok wieder. "W-was haben sie mit mir vor?" Murmelte Benny unter seiner Decke hervor. "Ich werde dir alles erklären, mein zukünftiger Schüler, aber zuerst mußt du die Angst vor mir verlieren." Rasjok sprach mit sanfter, ruhiger Stimme und streckte seine Handflächen aus. "Ich habe kein Interesse, dir etwas anzutun, alles, was ich will, ist dein bestes." Benny lüftete die Decke ein wenig und schaute den Hirschmann an.
"So ist es gut, kleines Kaninchen, habe keine Angst." Rasjok sprach beruhigend auf Benny ein und setzte sich zu ihm auf das Bett. "Du bist jetzt in einer Welt, wo es keine Menschen mehr gibt. Hier sind alle so wie du und ich, aber es gibt noch viel mehr als nur Kaninchen, hase oder Hirsch. Alle Arten und Rassen leben mehr oder weniger friedlich miteinander, Füchse, Löwen, Pferde und sogar Drachen." Benny schluckte. "Wieso ich? Was ist mit meinen Eltern, meinen Freunden?" Rasjok seufzte. Ich werde es dir versuchen zu erklären.
"In dieser Welt ist Magie etwas alltägliches, genau wie die Elektrizität oder das Telefon in deiner Welt. Nur ist es hier so, daß nur eine kleine Anzahl von Personen diese Magie nutzbar machen kann. Diese Personen sind die Schamanen, also auch ich. Nun bin ich alt und brauche bald einen Nachfolger..." Rasjok seufzte. "Leider fand ich in meinem Revier keinen einzigen potenziellen Nachfolger, es gab keinen, der die entsprechenden Fähigkeiten besaß. So blieb mir als einziger Weg, jemanden in der menschlichen Welt zu suchen."
Benny mußte schlucken. "Sie meinen, ich ähm... ich hätte magische Kräfte?" "Aber ja," Rasjok klang sich sehr sicher, "Meine Gefühle haben mich da noch nie getäuscht. Und es muß auch dir selbst aufgefallen sein, auch wenn in deiner Welt die Magie nur ein Bruchteil der Kraft hier hat." Benny dachte nach. "Hmm... ja, da war mal was. Kurz nach meinem fünfzehnten Geburtstag war ich fürchterlich wütend und zornig, als ich von jemand und seiner Bande zusammengeschlagen wurde, die sich mal als meine besten Freunde ausgegeben hatten. Ich war danach so hilflos und sehr wütend, und plötzlich brannte die Glühbirne in meinem Zimmer durch. Ja, doch, sowas und ähnliches kam tatsächlich öfters vor, ich hatte das immer als Zufälle abgetan."
"Das waren keine Zufälle, das war die negative Energie, die sich entladen hat. Doch dein magisches Potential steckt noch völlig in deinem Unterbewusstsein, es wird einige Zeit dauern, bis du es beherrscht." "Und was ist, wenn ich das hier alles garnicht will, sondern lieber zurück in meine Stadt, zu meinen Eltern?" Rasjok senkte den Kopf. "Es tut mir Leid, aber das ist nicht mehr möglich. Eine Einbahnstraße, verstehst du? Und selbst wenn es möglich wäre, es würde vermutlich mehr Kraft erfordern, als ich hätte. Ich hatte versucht, die Verluste so gering wie möglich zu halten. Ich suchte nach einem möglichst einsamen Jungen, am liebsten wäre mir eine Waise gewesen, jemand, dem es hier nur besser gehen kann."
Benny fing an zu weinen. Rasjok hatte irgendwie schon recht, er hatte nicht wirklich Freunde gehabt, nur Leute die mit ihm gerne zusammen waren, weil er Geld hatte. Und seine Eltern hatten nie Zeit für ihn gehabt, Geld und Karriereförderung als Ersatz für Mutterliebe. "U-und warum ausgerechnet Kaninchen?" schluchzte er. "Darauf hatte ich ehrlich keinen Einfluß," beteuerte Rasjok, "das muß sich die Magie selbst ausgesucht haben, wahrscheinlich aufgrund deiner Gefühle und Charaktereigenschaften. Ich war selbst überrascht, als ich dich endlich vor mir hatte."
"Ich bin einfach noch so durcheinander. Es wirkt alles wie ein schlechter Traum auf mich." Benny versuchte seine Sprachlosigkeit irgendwie zu überbrücken. "Ich verstehe das," sagte der alte Hirsch, "mir ginge es vermutlich genauso." Nach einer längeren Zeit des Schweigens fragte Benny schließlich: "Hm, wie nennt ihr euch eigentlich? Ich meine, in meiner Welt nannten wir uns Menschen, aber wie nennt man sich in eurer Welt?" Rasjok lächelte. "Morphs. Je nachdem, was man verkörpert. Ich zum Beisiel bin ein Hirschmorph, wie du ja gut erkennen kannst." Rasjok lachte und deutete auf sein Geweih. "Und du, du bist ein junger, attraktiver Kaninchenmorph. Ein richtig hübsches Bunny."
Benny fühlte sich geschmeichelt und wusste nichts darauf zu erwiedern. "Möchtest du erstmal noch in deiner gewohnten Umgebung bleiben, oder vielleicht eine größere Wohnung in meinem Haus beziehen?" Fragte ihn Rasjok. "Ich weiß noch nicht, es ist alles so viel auf einmal für mich." Rasjok streckte seine Hand als Zeichen der Einladung aus. "In Ordnung," willigte Benny zu, "aber ich brauche etwas anzuziehen... ich glaube nicht, daß mir meine alten Klamotten jetzt noch passen, besonders nicht, wo ich jetzt ja wohl mit einem Schwanz leben muß." Rasjok nickte, stand auf und murmelte ein paar unverständliche Worte. Dann nahm er seinen Wanderstock und klopfte damit dreimal kräftig gegen den Kleiderschrank. "So, das Kleiderproblem sollte behoben sein," sagte er, öffnete den Schrank und zog zielsicher ein Paar Boxershorts und eine Jeans heraus, beide hatten hinten eine sorgfältig genähte Öffnung für die Blume. Benny nahm die Klamotten und zog sich schnell an, während sich Rasjok höflich umgedreht hatte. Dann half ihm Rasjok auf sie gingen über den engen Wohnungsflur zur Tür. Doch bevor Rasjok die Tür öffnete, drehte er sich zu Benny um. "Oh, ich hatte dich noch garnicht nach deinem Namen gefragt," sagte der Hirsch verlegen. "Keine Ursache," antwortete Benny, "Ich heiße eigentlich Benjamin, aber fast alle haben mich immer Benny genannt." Rasjok lächelte. "Alles klar, Benny, dann wollen wir mal," sagte er und öffnete die Tür.
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Der Hausflur seines Studentenheims war verschwunden. Stattdessen sah er eine Art große Höhle, bestimmt vier Meter hoch und sechs Meter breit, erleuchtet von brennenden Fackeln an den Wänden. Verwundert trat er durch die Tür seiner Bude und drehte sich noch einmal um. Doch alles was er sah, war die Rückseite der Höhle, bemalt mit seltsamen Schriftzeichen oder Runen, in einiger Entfernung davon befand sich ein steinernder Altar, bestimmt 2 Meter in der Breite. Auf dem Boden der Höhle war ein großer Ring aufgezeichnet, und genau in dessen Mitte befanden sie sich. "W-wo ist mein Zimmer hin?" Fragte Benny ängstlich, schließlich hatte er jetzt keine Möglichkeit mehr, sich zu verkriechen. "Es ist wieder zurück in deiner Welt," versuchte Rasjok zu erklären, "Mit dem durchschreiten deiner Wohnungstür hast du das Portal in diese Dimension endgültig durchschritten. Deine Reise ist hier am Ziel."
Rasjok schien die verwirrten Gedanken des kleinen Karnickels lesen zu können. "Komm, gehen wir nach oben, ich glaube du kannst etwas Tageslicht gebrauchen. Und bestimmt hast du auch großen Hunger." In der Tat, sein Magen knurrte inzwischen gewaltig. Seltsamerweise hatte er großen Appetit auf Grünzeug, dabei war er doch überhaupt nicht der Vegetarier. Es würde noch etwas dauern, bis sich Benny völlig darauf einstellen würde, nun nicht mehr menschlich zu sein. Wie durch eine unsichtbare Kraft getrieben, griff Benny nach der Hand, die ihm Rasjok ausstreckte und folgte dem Hirsch-Schamanen über eine gewundene, in den Stein gehauene Treppe durch den Fels nach oben. Der Weg war gut beleuchtet, obwohl nur wenige Fackeln an den Gangwänden zu sehen waren. Es war noch ein weiter Weg für ihn, die Geheimnisse der Magie zu begreifen.
Am oberen Ende befand sich eine massive Holztür, die von Rasjok unter einiger Kraftanstrengung geöffnet wurde, die alten Scharniere quitschten unter der Last der schweren Tür. "So, herein in die gute Stube." Rasjok lächelte. Benny schaute sich überrascht um. Der Raum, in dem er sich befand, war ganz offensichtlich die Küche. Nach all dem, was er da unten gesehen hatte, glaubte er sich schon im tiefsten Mittelalter wiederzufinden, mit einem Kaminfeuer als einzige Heizung und einem Holzfeierherd als Kochstelle. Doch er fand sich in einer modernen großen Einbauküche wieder, die genausogut auch bei seinen Eltern hätte stehen können. "Überrascht?" Fragte Rasjok und lächelte den Hoppler an. "Ähm, ja. Das hätte ich jetzt nicht erwartet..." Eine kleine Pause folgte. "Nun, vielleicht setzt du dich schon mal an den Tisch, ich mache schnell mal was zu Essen," sagte Rasjok schließlich und führte Benny in das Esszimmer, wo ein großer runder Tisch stand. Benny nickte und nahm Platz, während der Hirsch schon wieder in der Küche verschwand.
Während er aus der Küche das klappern von Schranktüren, Töpfen und Geschirr hörte, schaute er sich ein wenig um. Durch ein großes, raumhohes Fenster fiel warmes Sonnenlicht in den Raum. Das Esszimmer schien gleichzeitig eine Art Bibliothek zu sein, denn an den Zimmerwänden reihten sich Bücherregale bis zur Decke, nur an der Fensterseite standen keine Schränke. Fast alle Bücher schienen irgendetwas mit Magie oder Okkultismus zu tun zu haben, die meisten hatten merkwürdig klingende Titel, nicht zu entziffernde Symbole oder einfach gar keine lesbare Beschriftung. Er stand auf und schaute aus dem großen Fenster, um zu sehen ob sich diese Welt sehr von seiner gewohnten unterschied. Das Haus schien halb in den Berg gebaut worden zu sein, denn kurz hinter dem Fenster begann auf der linken Seite schon der Hang, aber auf der rechten Seite war eine große, leicht abschüssige Wiese zu sehen, mit ein paar vereinzelten Bäumen. In einiger Entfernung begann ein Waldstück und in weiter Ferne glaubte er ein Tal mit einer Stadt zu sehen. "Hm, wenn ich nicht hier in einer anderen Dimension sitzen würde, würde ich sagen das da unten ist meine Stadt," dachte er.
As der Küche hörte er jetzt das Brutzeln einer Pfanne, und es dauerte nicht lange, da kam Rasjok mit einem reichlich gefüllten Teller aus der Küche. Das Essen duftete verführerisch und wurde vom Koch als 'Rahmgemüse mit Reis' bezeichnet. Benny war so höflich und wartete noch bis Rasjok sich mit seiner Portion dazusetzte, auch wenn es viel Selbstbeherrschung erforderte. Das Gemüse schmeckte vorzüglich, und auch das essen selbst ging trotz seiner neuen Gesichtsform ohne Probleme von sich, als ob es schon immer so gewesen wäre. Zum Trinken hatte Rasjok nur Wasser anbieten können, etwas anderes hatte er leider nicht da. Mit vollem Bauch und sichtlich zufrieden hatte Benny schon so etwas wie ein wenig Vertrauen zu Rasjok entwickelt. "Was sind denn das alles für Bücher hier?" fragte er mit ein wenig wiedergewonnenem Selbstbewusstsein. "Alles, was ich über die vielen Jahre so angesammelt habe. Ich habe sogar schon den Überblick verloren, welche ich bereits gelesen habe, und welche nicht. Es sind Bücher über magische Formeln, Rituale, Sprüche, Theorie und Praxis, uralte und auch brandneue. Du solltest sie erst lesen, wenn du soweit bist. Jetzt könntest du damit eh noch nichts anfangen."
Benny nickte. "Die Welt da draußen," er zeigte auf das Fenster, "unterscheidet die sich sehr von meiner gewohnten Welt?" Rasjok faltete die befuften Hände zusammen und entspannte sich etwas. "Nein, nur minimal. Zumindest habe ich auf meinen spirituellen Reisen keine wesentlichen Unterschiede festgestellt. Die Landmasse ist die selbe, und oftmals sind auch Städte und Orte am selben Platz. Manchmal sind sogar die selben Gebäude in beiden Dimensionen vorhanden, und auch die Namen der Orte sind oft die gleichen. Der größte Unterschied ist halt die Bevölkerung. Sie besteht in dieser Dimension aus Morphs." Benny überlegte etwas. "Existiert etwa auch mein Studentenhochhaus?" Rasjok lachte. "Ja. Aber es steht schon seit mehreren Jahren leer, es ist zugesperrt und ich mußte heimlich hinein, um der Spur des Orakels zu folgen, die mich letztendlich zu dir geführt hat." "Ist das da unten im Tal dann etwa meine Stadt?" Benny schaute fragend. Rasjok nickte. "Werden wir die Stadt irgendwann besuchen?" Fragte er weiter. "Nicht mehr heute," winkte Rasjok ab, "das wäre jetzt wohl etwas zu viel für meine alten Knochen..." Der Hirsch lachte, "...aber wir werden die Tage bestimmt irgendwann die Gelegenheit dazu haben." Rasjok stand auf und stapelte die Teller übereinander. "Soll ich dir mal das Haus zeigen?" "Warum nicht?" Antwortete Benny, und nachdem Rasjok abgeräumt hatte, führte er das Karnickel durch sein Haus.
Es war ein eingeschossiger Flachbau mit Wohnkeller, aber viel Platz. Rasjok führte ihn durch ein großes Wohnzimmer mit Kamin, sein eigenes Schlafzimmer, sein Arbeitszimmer, sein Labor, sein Gästezimmer und auch Bad und WC. Küche und "Spirituelles Zentrum" kannte er ja schon. Dann gingen sie über eine Treppe in den Keller, der diesen Namen eigentlich garnicht verdient hätte, denn er lag nur zur Hälfte unter der Erde. Hier unten gab es eine Gästewohnung, ausgestattet mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Miniküche, und ebenfalls mit Bad und WC. Die Wohnung war zwar bei weitem nicht so groß wie der Wohnraum von Rasjok, aber Benny schätzte sie auf mindestens 50 Quadratmeter. Benny vermutete schon richtig, daß dies sein neues Zuhause sein würde. In diesem Untergeschoß befand sich auch der Hauseingang und eine Garage. Zusammen verließen sie das Haus, damit Rasjok das ganze auch von außen zeigen konnte. Das Untergeschoß war aus dunkelroten Ziegeln gemauert, darauf aufgesetzt war das um ca. einen halben Meter überragende Wohngeschoß, in hellen, sanften Gelbtönen gestrichen und zu einem Drittel im Berg gelegen. Durch das dunkle Untergeschoß schien das rechteckige Obergeschoß fast zu schweben, ein einfacher, aber wirkungsvoller optischer Effekt. An einer Ecke des Gebäudes war ein hoher Schornstein gemauert. Nichts erweckte den Eindruck, hier würde ein Schamane leben. Benny sprach das an und erhielt ein "Ich halte nichts von Klischees" als Antwort, versehen mit einem unübersehbaren Grinsen. "Das Haus hier hab ich mir vor einigen Jahren bauen lassen, mir gefällt es so wie es ist."
Rasjok zeigte Benny noch seinen in der Garage stehenden Wagen, einen sportlichen Minibus. "Komm, laß uns wieder hereingehen, es wird bald dämmern und wir haben bestimmt noch viel zu bereden." Benny folgte der Aufforderung und folgte seinem Meister in spe bis in das Wohnzimmer. Rasjok klatschte einmal mit den Händen und im Kamin begann ein Feuer zu lodern, das eine wohlige Atmosphäre verbreitete. Benny hatte noch viele Fragen, und Rasjok hatte viel zu erklären, so unterhielten sie sich bis in die Nacht hinein. Einer der Punkte die besprochen wurden, war Bennys Name. Rasjok war weise genug um zu erkennen, daß Benny damit früher oder später Probleme bekommen würde. 'Benny Bunny' würde man ihn rufen, und das klang für einen zuküntigen Magier einfach unseriös. Doch auf die
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Kommentare
Kommentare: 76
MarcLelky
Außerdem kann man nach mehreren gelesenen Beispielen in anderen Geschichten wohl sagen, dass menschenähnliche Fantasiewesen kein Konflikt mit den "Hausregeln" von sevac sind.
Vom Inhalt her wirklich ziemlich kreativ, nur an manchen Stellen vielleicht vom Schreibstil her noch "ausbaufähig". Dann bin ich einmal auf die anderen Teile gespannt.«
Kommentare: 6
Freue mich auf Teil 2«