Tequila Sunrise
von laura
It´s another Tequila Sunrise ...
The Eagles
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20. Juni
Seit fünf Tagen bin ich nun hier in den Vereinigten Staaten von Amerika, seit drei Tagen vor Ort in San Jose. Alles ist wie besprochen abgelaufen, der Flug, die Ankunft in Atlanta, die Weiterreise per Greyhound bis in dieses kleine Nest an der Küste Floridas, das sämtliche Rentner der amerikanischen Mittelklasse zu ihrem Alterssitz erklärt haben dürften, und das sich, Bungalow an Bungalow, als scheinbar endlose Straße neben der Küste entlang zieht, nur von einigen Einkaufszentren und Supermärkten unterbrochen. Als ich den Bus verließ, erwartete ich so etwas wie ein Zentrum von San Jose zu sehen, wurde mir dann aber rasch bewusst, dass dieser Ort keinerlei Erhebung aus der Eintönigkeit der strandseitig gelegenen Bungalows kennt. Also hielt ich mich nördlich, wie besprochen, folgte dem Straßenverlauf per pedes. Die Sonne brannte mich nieder, denn es war so gegen ein Uhr mittags. Ich dachte, ich hätte ohnehin kaum Gepäck, doch mit der Zeit wurde der Koffer immer schwerer in meiner Hand und die Straße verlief schnurgerade.
Weit und breit war keine Biegung zu sehen, die da laut Anweisung hätte sein sollen, so ging ich - im steten Zweifel, ob ich nicht doch die andere Richtung hätte nehmen sollen. Ich hätte längst wen gefragt, obwohl das nicht erwünscht gewesen wäre, doch es ergab sich keine Gelegenheit, niemand war auf der Straße zu Fuß unterwegs, und die Wagen - Jeeps, Carbios, Aircondition-Limousinen - rauschten mit großer Geschwindigkeit an mir vorbei. Endlich, so gegen halb drei, krümmte sich die Straße in westliche Richtung, und, wie beschrieben, lag dort die aufgelassene Tankstelle.
Das baufällige Lokal in ortsüblichen Bungalowstil wirkte verlassen, die Fenster waren mit Brettern vernagelt, die Tür mit einem Vorhangschloss gesichert. Die Tanksäulen hatte man demontiert, nur Vertiefungen und Flecken am Boden zeugten noch von ihrer einstigen Existenz. Auf dem ziemlich ramponierten Flugdach, das die Tankenden einst vor plötzlichen Regengüssen schützen sollte, war immer noch eine Leuchtreklame montiert, die wohl früher in Neonfarben gestrahlt haben dürfte, nun aber faustgroße Löcher im geschwungenen Schriftzug aus Glas aufwies.
Mein Herz schlug rascher, so kurz vor dem Ziel. Ich hatte einen vergessenen Ort wie diesen erwartet, und nun lag er nach langer Wanderung auch vor mir - doch war es der Richtige? Verlassene Tankstellen waren in der Gegend sicher keine Seltenheit. Ein rascher, unauffälliger Rundumblick, mit dem ich mich vergewisserte, dass niemand weit und breit zu sehen war. Gefolgt konnte mir niemand sein - jeder Fußgänger, Radfahrer, jeder Wagen war auf der leeren Straße auffällig und sichtbar wie eine Fliege am Vanilledessert. Nein, niemand war da, niemand außer mir. Dennoch trat ich verstohlen hinter den Zaun, zwängte mich zur Rückseite des Hauses durch, und suchte dort in Ruhe nach dem Schlüssel, den ich in meiner Brieftasche verwahrte. Ein kleiner, silberner Schlüssel, der gut in das Vorhangschloss dort an der Tür passen könnte. Wir werden sehen.
Ich trat zu der Tür, schloss auf, und betrat in die verfallene Hütte, so sicher, als wäre ich der Besitzer, der bloß von einer längeren Urlaubsreise zurückgekommen war. Drinnen war es dunkel und stickig, der Staub, der durch mein Eintreten aufgewirbelt wurde, flimmerte im Sonnenlicht, das durch die Ritzen der vernagelten Fenster hereindrang. Es stank nach Mäusedreck und altem Öl. Ein paar Minuten lang blinzelte ich im Halbdunkeln, bis sich meine Augen erholten und mir eine verfallene Theke, kaputte Sesseln und Tische, herab gefallene Lampen und einen gefährlich tief hängenden, über und über mit Staub beladenen Ventilator zeigten.
Dann entdeckte ich die Tür zum Hinterzimmer. Der Schlüssel hatte gepasst, das Hinterzimmer war da, wo es sein sollte - ich war richtig. Dieses Gefühl wischte Hunger, Durst und Müdigkeit mit einem Streich weg, ich war hellwach und klar. Ich betrat das Hinterzimmer und jubelte. Sie schienen an alles gedacht zu haben. Der weitere Verlauf der Reise würde einfacher sein. Ein Wagen stand mitten im Raum. Groß, flach und geduckt, mit einer Plane bedeckt, auf der kaum Staub lag. Er stand sicher noch keine drei Tage da. Eilig zog ich die Plane weg und hätte beinahe laut aufgeschrieen vor Freude. Wenn es mir auch unklug erschien, dass sie einen derart auffälligen Wagen für mich gewählt hatten, wenn es auch scheinbar der Logik und unseren Grundregeln widersprach - sie hatten sicher ihre Gründe, und ich meine Freude mit der Corvette. Eine Sechzigerjahre-dröhnende-200PS-rote-Targa-Corvette! Der Himmel auf amerikanisch. Auf dem schwarzledernen Fahrersitz lag ein großes Kuvert. Sofort wurde ich wieder dienstlich und nahm es an mich. Es war schwer und dick. Drinnen wie erwartet:
Personaldokumente, Aufenthaltsgenehmigung, Führerschein, Versicherungskarte, Kreditkarten in allen Farben, alles auf den Decknamen ausgestellt und, soweit ich es im Halbdunkel beurteilen konnte, ausgezeichnete Fälschungen. Dann noch der Wagenschlüssel und zwei Bögen chiffrierte Anweisungen. Ich nahm das Buch zur Hand und entschlüsselte den Code im Kopf, ohne mir Notizen zu machen, wie ich es gewohnt war. Die Anweisungen enthielten eine Adresse hier in San Jose, die mein Stammquartier sein sollte, den Weg zum geheimen Postkasten, wo weitere Anweisungen für mich hinterlegt werden würden, und unseren Gruß. Ich entnahm dem Kuvert noch fünftausend Dollar und steckte sie mitsamt den Papieren ein. Dann holte ich die Phiole mit hochkonzentrierter Essigsäure aus meinem Koffer und vernichtete zusammen mit den Anweisungen meine alten Papiere, das Flugticket und die Buskarte. Der Essiggestank war betäubend, verstrich aber schnell und somit auch alle Spuren meiner Ankunft.
Ich faltete die Plane zusammen und legte sie in den Wagen, dann öffnete ich das Garagentor, das aus diesem merkwürdigen Hinterzimmer führte. Die Verriegelung klemmte und ich dachte schon, es sei abgeschlossen, doch als ich mich mit dem ganzen Gewicht dagegenstemmte, ächzten die rostigen Scharniere und die Tür schwang nach oben hin auf. Seufzend ließ ich mich ins schwarze Leder des Fahrersitzes fallen, startete die Corvette, deren Motor sofort mit sattem, lauten Dröhnen antwortete und fuhr hinaus in den gleißenden Sonnenschein.
Quer durch das hohe Gras um die verwahrlosten Tankstelle, dann auf die Straße - niemand war da, niemand sah die funkelnde, rote Corvette die alte Tankstelle verlassen, und als ich das 200 PS-Gerät auf der Straße hatte, war ich Dr. Igor Corbejev, Chemiker, auf seinem Weg ins Feriendomizil San Jose.
Innerlich hakte ich den ersten Teil meiner Reise als gelungen ab. Ich besah den staubigen Gehweg, der mir beim Kommen so endlos erschienen war, und erkannte, dass er nichts besonderes war, wenn man ihn mit siebzig Meilen abfuhr. Der Fahrtwind zauste mein Haar und kühlte angenehm meine Stirn. Erst jetzt nahm ich die Palmenallee richtig wahr, die die Straße umgab. Die amerikanischen Rentner bekamen hier schon etwas geboten. Die Zieladresse lag ziemlich südlich, im untersten Teil von San Jose. Durch die Gärten der Bungalows sah man das Meer blinken. Leuchtendes, frisches Blau. Ich sehnte mich danach, mich von den Wellen tragen zu lassen. Sicherlich würde auch mein Bungalow am Meer liegen, sonst wäre er hier wohl eine ziemliche Ausnahme.
Ich erreichte die Zieladresse um vier Uhr dreißig. Eine Einfahrt und darüber ein Holzschild mit aufgemalter Hausnummer. Die Einfahrt stand offen. Ich lenkte die Corvette über die ungepflasterte, staubige Zufahrt, die von hohen Sträuchern und Palmen gesäumt war und erst spät den Blick auf den Bungalow freigab. Ein geducktes, grünweiß gestrichenes Holzhaus, nicht eben gepflegt, doch das Meer war keinen Steinwurf entfernt und ich war zufrieden. Ich parkte die Corvette unter dem baufälligen Flugdach aus Wellblech, das wohl eine Art Garagenersatz darstellen sollte, einem tropischen Regenguss doch wohl kaum gewachsen war. Dann betrat ich den Bungalow. Es war angenehm kühl innen, obwohl ich keine Anzeichen einer Klimaanlage erkennen konnte. Die grün gestrichenen Fensterläden waren geschlossen, durch die Ritzen fiel das Sonnenlicht und malte schattenfarbene Querstreifen an die weiß getünchten Wände.
Ich fand ein breites, weiß bezogenes Doppelbett vor, über dem ein Moskitonetz wie eine Dunstglocke schwebte, in der Küche kaltgestellte Getränke und ein kaltes Hühnchen unter der Glashaube. Alles sehr umsichtig. Gierig trank ich Ananassaft und erkundete dann die Schränke. Da hingen einige Anzüge, hell und luftig, in meiner Größe. Auch Schuhe, ein Sonnenhut, sogar eine Badehose. Sie hatten alles für einen längeren Aufenthalt ausgerichtet. Sollte mir recht sein.
Ich beschloss, zu allererst das Meer auszuprobieren, zog mich aus und schlüpfte in die Badehose. Barfuss lief ich durch den weichen weißen Sand zum Strand runter. Ein Stück Meer für mich allein - fast so schön wie die Corvette. Oder vielleicht doch schöner? Ich tauchte unter, das Wasser war angenehm kühl und erfrischend. Die nächsten Leute waren so weit entfernt, dass ihre Köpfe nicht größer als Stecknadeln erschienen. Ich hätte auch nackt baden können. Glücklich wie schon lange nicht mehr, schwamm ich ein paar Runden, ließ mich von den hereinrollenden Wellen tragen, dann holte mich das Pflichtgefühl ein und ich lief zum Bungalow zurück, duschte und zog mir einen hellen Anzug an. Anschließend durchsuchte ich den ganzen Bungalow routinemäßig nach Wanzen und Kameras, auch nach eventuell für mich versteckte Waffen, fand aber nichts.
Danach begab ich mich - vom einem Pflichtgefühl getrieben, mit dem ich meine kindische Freude über den schönen Wagen und das private Stück Meer niederkämpfen wollte - noch am selben Abend mit der Corvette aus der Stadt, fuhr ins benachbarte Kaff, parkte den Wagen auf einem Supermarktparkplatz und legte den weiteren Weg zum geheimen Postkasten zu Fuß zurück, wobei ich alle Maßnahmen traf, mögliche Verfolger abzuschütteln. Deshalb erreichte ich den genannten Ort erst, als es bereits ziemlich dunkel war. Dennoch war ich sicher, an der richtigen Stelle zu sein. Sie war leer. Nichts da, nichts hinterlegt. Ich suchte nochmals alles gründlich ab, Ergebnis null. Wahrscheinlich hatten sie nicht damit gerechnet, dass ich so bald schon nach dem Postkasten sehen würde. Also wieder die üblichen Vorsichtsmaßnahmen beim Zurückgehen, dann zum Bungalow.
Dort angekommen fühlte ich erstmals, wie müde ich eigentlich war. Obwohl ich sehr hungrig war, aß ich kaum die Hälfte vom kalten Hähnchen, immer wieder fielen mir die Augen zu. Mühsam schleppe ich mich ins Schlafzimmer, zog gerade die Schuhe aus und fiel dann wie ein Stein ins Bett, wo ich, wie ich war, einschlief. Mitten in der Nacht veranlasste mich das Summen der Moskitos, mehr schlafend als wach, das Netz über das Bett zu ziehen, dann war ich auch schon wieder weg.
Am nächsten Morgen weckte mich das durch die geschlossenen Läden fallende Sonnenlicht schon früh. Ich war in Schweiß gebadet. In diesem Klima eignet sich ein Leinenanzug nicht als Pyjama. Eilig fuhr ich aus den Kleidern, unterließ es diesmal, eine Badehose anzuziehen und lief hinunter zum Meer, um mich abzukühlen. Ich schwamm länger, als ich vorgehabt hatte, doch das Meer war herrlich, zu herrlich, und ich wollte es genießen, solange es ging. Als ich mich dem Bungalow näherte, sah ich sie, bevor sie mich sah. Auch dafür war das Training gut, immerhin war ich splitternackt. Ein wenig schalt ich mich, wegen meines Leichtsinns, nackt herumzulaufen. Ich hätte doch wissen müssen, dass es da jemanden gab, der das Hähnchen bereitet und das Bett gemacht hat. Nun fegte sie mit einem völlig abgekehrten Besen Staub von der Veranda des Bungalows, dazu wiegte sie sich im Takt einer unhörbaren Melodie.
Dunkelhäutig, etwa Vierzig, langes, krauses Haar zu einer Zopffrisur geflochten und hochsteckt. Ein weißes Kleid, vielmehr ein Rock und eine Bluse, wobei die Bluse recht offenherzig war, denn von ihren Brüsten war selbst auf diese Entfernung einiges zu sehen. Sie hatte eine für Schwarze untypische Figur, nämlich schmale Schultern, einen eher kleinen Busen, aber breite, scheinbar knochige Hüften unter dem weiten, weißen Rock, der gerade ihre groben Knöcheln und ihre nackten Füße freiließ. Selbst auf diese Distanz wirkte sie schmuddelig und schlampig, ihre ganze Haltung drückte lässiges Selbstbewusstsein und eine nicht unbeachtliche Laszivität aus, wie sie sich in den Hüften wiegte bei jedem Streich mit dem Besen. Eigentlich war sie überhaupt nicht mein Typ Frau, zu alt, zu dunkel, zu fett und zu lasziv, doch konnte ich nicht leugnen, einen gewaltigen Ständer zu haben, obwohl ich diese Frau auf eine Distanz von etwa zwanzig Metern beobachtete.
Ich schob es auf die Abstinenz der letzten Wochen und das heiße, schwüle Wetter, während ich mich ärgerlich von hinten durch das Unterholz schlich, dann auf der Vorderseite des Bungalows in mein Schlafzimmer einbrach und mich ankleidete, um so, als wäre ich gerade erst erwacht, durch die Küchentür auf die Veranda zu treten. Ich lächelte freundlich und grüßte sie auf Englisch, stellte mich mit meinem Decknamen vor und wollte ein wenig unverfängliche Konversation mit ihr treiben. Neugierig betrachtete ich sie aus der Nähe. Ihre Haut war nicht völlig dunkel, auch ihr Haar war nicht so kraus wie bei den Schwarzen, sie war Creolin, vermutlich. Von denen hatte ich einiges gehört, aber noch nie eine gesehen, daher setzte ich meine Betrachtungen fort, nachdem ich mich auf einem der Verandasessel niederließ und hinter der Zeitung, die sie wohl mitgebracht haben muss, Deckung nahm.
Sie war äußert ungesellig, wie ich feststellte. Außer ihrem Namen sagte sie nichts, nicht Hallo, keinerlei Höflichkeitsfloskeln, nicht einmal ein Lächeln konnte sie sich abringen. Dennoch war ich beim Klang ihrer Stimme fast erschrocken, rauchig, kehlig, eine richtige Soulstimme, obwohl sie nur ein Wort gesagt hat, nämlich auf meine Frage nach ihrem Namen: Christophine. Ein recht unüblicher Name, fand ich, doch sie quittierte es mit einem lässigen Schulterzucken und wandte mir ihre Kehrseite zu. Erst konnte ich nicht zuordnen, was es war, schließlich wurde mir klar: sie roch gut, verdammt gut. Es schien kein eigentliches Parfum zu sein, mehr eine Art Gewürz, aber was? Safran, Vanille, nein, eher frischer, luftiger, doch ich kam nicht dahinter, so nahm ich es als etwas Undefinierbares und genoss es einfach, indem ich hinter meiner Zeitung gierig schnüffelte.
Christophine. Welche Rolle spielte sie in unserem Spiel? Wer war sie? Hausmeisterin? Vertraute? Untere Eingeweihte? Vermutlich nicht. Vermutlich war sie niemand und wusste gar nichts. Hielt mich für den russischen Chemiker, amerikanischen Einwanderer, urlaubsbedürftigen Playboy, den ich darzustellen hatte. Warum, zum Teufel, musste ich immer einen Russen spielen? Meine Wiege stand tausend Kilometer von Rußland entfernt, in Rußland würde ich mich ebenso fremd fühlen wie hier in Amerika. Gut, mein Russisch war perfekt, auf Wunsch konnte ich auch einen leningrader, einen moskauer, sogar einen kirgisischen Dialekt beifügen, aber auch mein Englisch, Hebräisch und Deutsch war perfekt, trotzdem war ich immer der Ruße, niemals der Jude, der Deutsche oder der Brite. Meine Gedanken schweiften wieder zu Christophine. Sie fegte nun die Küche. Durch das Moskitonetz der Tür beobachtete ich sie. Ihr Geruch lag wie eine zarte Wolke in der Luft, schwach, aber himmlisch. Ich überlegte mir einen Vorwand, die Küche zu betreten.
Frühstücken erschien mir angemessen, so begab ich mich in ihre Nähe und fragte sie nach Kaffee. Sie verzog angewidert das Gesicht, in dem die breite Nase und die großen, dunklen Augen dominierten. Sie hatte ein fast rundes Gesicht, das eigentlich gar nicht zu ihrem eher schmalen Körper passte. Die Haut war glatt und straff, Falten zeigten sich keine, dennoch wirkte sie nicht mehr jung, also vierzig war sie sicher. Ihre Augen musterten mich strafend, als hätte ich etwas höchst Ungebührliches verlangt, dann aber hantierte sie lässig mit der Kaffeemaschine, füllte Kaffee ein, Wasser, richtete eine Tasse für mich her.
Obwohl ihr Verhalten ziemlich abweisend war, fragte ich sie, ob sie nicht eine Schale mit mir trinken wolle, denn ich war nicht schüchtern und ihr Geruch, der sich nun mit dem Geruch des frisch aufgebrühten Kaffees mischte, war einfach hinreißend. Sie verzog wieder das Gesicht zu einer gelangweilten Grimasse, als würde ich ihr Gott weiß was abnötigen, dann aber stellte sie auch für sich eine Tasse auf den Tisch. Sie schenkte mir Kaffee ein, dann sich selbst, und ließ sich schließlich auf dem Peddigrohrstuhl mir gegenüber nieder, wobei sie ihren Oberkörper gegen die Tischkante presste und dadurch ihre ohnehin schon ziemlich einsichtige Bluse verschob, wobei die rechte Brust entblößt wurde.
Mit einem Seufzen und der natürlichen Anmut einer stillenden Frau, die niemals Scham kennt, packte sie die Brust wieder ein, dachte aber nicht daran, einen Knopf ihrer Bluse zu schließen, so dass die Beiden immer noch fast bis zu den schwarzen Warzen sichtbar waren. Die Warzen, ziemlich lang und steil aufgerichtet, zeichneten sich gut sichtbar unter dem dünnen weißen Stoff ab, das Schließen der Knöpfe hätte also ohnehin kaum etwas verborgen. Sie hatte meinen stierenden Blick längst bemerkt, denn sie zog die Mundwinkel angewidert herunter und wandte den Kopf gelangweilt zur Seite, als wäre ich ein lästiges Kind, bei dem Verbote ebenso wenig Wirkung zeigten wie gutes Zureden, und das man schließlich ignorierte und hinnahm.
Ich fühlte, wie ich rot wurde. Meinen steinharten Schwanz verbarg ich, indem ich die Beine übereinander schlug, doch es war ziemlich unbequem, weil die Hose drückte. Außerdem wusste ich, dass sie es wusste, obwohl sie mich keines Blickes würdigte. Langsam lag mir daran, diese Frau zu begreifen, gleichermaßen war ich entsetzt, welches Ausmaß an Gedanken ich an sie verschwendete. Ich besah sie mir nochmals und befahl mir, dabei größtmögliche Objektivität an den Tag zu legen.
Eine vierzigjährige Farbige, eher klein, oben schmal, unten breit, primitiv, schmuddelig, mit einer zutiefst erotischen breiten Nase, einem ordinär-lasziven Mund, betont langsamen, schwingenden Beckenbewegungen und der herabwürdigen Art einer Oberpriesterin. Ja, das war´s. In Afrika wäre sie Oberpriesterin einer männervernichtenden Gottheit gewesen und hätte ihre Opfer reihenweise mit einem stumpfen Messer kastriert. Ich versuchte, es mir so vorzustellen, doch die Wirkung blieb aus und mein Schwanz steinhart. Dann schob ich die Wirkung auf den Geruch, den ich nicht zu analysieren vermochte. Mittlerweilen war ich sicher, dass es sich eher um etwas Blumiges handeln müsste, kein Gewürz. Jedenfalls verdammt wirksam. Ich fragte sie, ob ich sie in die Stadt mitnehmen könne und hoffte, die Corvette würde Wirkung auf sie zeigen, doch sie schniefte nur durch die Nase wie ein unwilliges Pferd und schüttelte langsam den Kopf. Dann ging sie mit wiegenden Schritten Richtung Straße und ich befahl mir, ihr nicht wie krank hinterher zu starren.
Als sie weg war, konnte ich endlich wieder klarer denken. Ich überlegte die nächsten Schritte und beschloss, erst wieder gegen Abend am geheimen Postkasten vorbeizuschauen und mich bis dahin wie ein verdammter Urlauber zu benehmen. Dass ich keine Waffe hatte, störte mich. Doch welcher Chemiker fuhr schon bewaffnet auf Urlaub? Wie auch immer, ich nahm eine ausgiebige Dusche, dachte danach an die jungen, knackigen, blonden Weiber in jenem Etablissement in Budapest, das ich gelegentlich zu frequentieren pflegte und hoffte, so von Christophine loszukommen. Ihr Geruch lag immer noch wie ein feiner Dunstschleier in der Luft, ich schnupperte verstohlen und kam endlich.
Der Tag wurde lang und langweilig. Erst joggte ich den Stand entlang, um fit zu bleiben und die Nachbarn kennen zulernen, denen ich die Geschichte vom Chemiker auf Urlaub erzählte und die Geschichte, dass ich frisch geschieden sei, auch gleich. Dann fuhr ich in eines der Einkaufszentren, die die Monotonie der langen Straße durchbrachen, aß dort zu Mittag, danach steuerte ich die Corvette ziellos durch die Gegend und beobachtete, ob ich verfolgt wurde. Nichts und niemand. Endlich wurde es abend und ich beeilte mich, am geheimen Postkasten nachzusehen. Auch nichts. Ich gebe zu, ich war enttäuscht. Noch ein Tag des Nichtstuns.
Am darauf folgenden Morgen wartete ich vergebens auf Christophine. Ich gebe zu, dass ich gewartet habe, gewartet wie ein Hund auf sein Futter. Es war Sieben und ich hatte mich auf die Veranda gesetzt, um sie zu sehen, wenn sie durch das Buschwerk von der Straße her kommt. Um Acht stand ich auf und bereitete mir in der Küche selbst Kaffee. Um Zehn sah ich ein, dass sie nicht mehr kommen würde. Vielleicht kam sie nur jeden zweiten Tag, oder wer weiß, vielleicht gar nicht mehr. Ich war sauer, weil ich sie nicht gefragt hatte.
Als ich runter zum Meer ging, um zu Baden, erfrischte es mich auch nicht mehr so wie am ersten Tag. Langsam wurde ich ungeduldig. Wann geht es endlich los? Wann werden sie mit mir Kontakt aufnehmen, mir Anweisungen geben? Was sollte ich hier in San Jose, wie lange muss ich noch den urlaubenden Chemiker geben? Ich befahl mir Ruhe, verordnete mir ein paar Stunden Tiefschlaf, und als ich erwachte, begann ich im Buchcode diese Aufzeichnungen zu führen, aus purer Langeweile und obwohl es ganz entgegen die Regeln ist!
24. Juni
Abend. Ich sitze auf der Veranda. Die Sonne ist gerade versunken und hat das Meer in Rot aufgelöst zurückgelassen. Vier Tage seit meiner letzten Eintragung. Der neunte Tag in Amerika. Der Siebente hier in San Jose. Die Nachbarn haben mich bereits als frisch geschiedenen, allein urlaubenden Chemiker akzeptiert. Im Moment gelingt es mir noch, ihre Einladungen zum Bar-be-qu plausibel abzulehnen, aber wie lange noch? Ich glaube, die blonde Gattin des Anwalts aus Baton Rouge ist scharf auf mich, oder wie soll ich es sonst verstehen, wenn sie sich mit ihren Titten fest gegen meinen Rücken presst, sowie ihr Alter wegsieht. Blond ist sie zwar, aber nicht mein Typ. Obwohl sie jung ist, jedenfalls jünger als Christophine.
Christophine. Christophine. Allein der Name macht mich noch verrückt, vor allem, wenn ich mir vorstelle, wie SIE ihn ausspricht. Rau, kehlig, mit der Betonung auf dem -ine und einem leichten Akzent, der Kreolisch sein dürfte. Wie habe ich gewartet - auf eine ältere Farbige, die mürrisch und herablassend mit mir umgeht! Ich bin in Sorge um meinem Verstand. Mehr oder weniger war ich immer sicher, dass ich auf Frauen sehr anziehend wirken würde. Wenn ich muskelmässig auch nicht gerade ein Mister-Universum-Typ bin, so haben mir die Jahre des Nahkampf- und Überlebenstrainings doch einen sehnigen, durchtrainierten Körper verschafft, und meine Züge werden im allgemeinen als fein, intellektuell und durchgeistigt beschrieben. Der typische, erfolgreiche Jungakademiker eben, oder der seriöse Geschäftsmann, mitunter auch der chice Playboy, alles Rollen, in denen die Frauen auf mich abfahren. Und wie man an der Rechtsanwaltsgattin und einigen anderen Weibern in der Stadt sieht, wirke ich scheinbar immer noch so. Möglich, dass ich eben dadurch auf Christophine abstoßend wirke, obgleich ich nicht den Eindruck habe, dass ich sie einschüchtere. Eher umgekehrt.
Also, ich habe gewartet. Und wie. Ich wollte kaum noch aus dem Haus, vor Angst, sie könne just dann vorbeikommen. Erst als es Dunkel wurde, fuhr ich wie ein Irrer zum geheimen Postkasten, hatte Mühe, die aufwendigen Verschleierungsmaßnahmen ruhig durchzuziehen und fand den Postkasten jedes mal leer vor. Enervierend. Vorgestern glaubte ich, ich würde sie nie wieder sehen. Die Nachbarn habe ich verstohlen nach ihr ausgehorcht, doch die hatten natürlich keine Ahnung von Kreolinnen, die die Bungalows aufbereiten. Ich versuchte, Christophine als merkwürdiges Phänomen, das sich aus der Tatsache meiner wochenlangen Enthaltsamkeit und einem höchst erregenden Duft ihrerseits ergab, abzutun und zu vergessen. Ein ausgesprochen hilfloser Versuch, denn wie üblich genügte schon der Gedanke an sie, ihre lässige Haltung, ihre schlampige, weiße, weit offene Bluse und der Blick auf ihre goldbraunen Titten mit den dunklen Warzen, um mir einen enormen Ständer und unmittelbar danach einen saftigen Orgasmus zu bescheren.
Gestern um drei Uhr nachmittags kam sie vorbei. Da hatte ich sie am allerwenigsten erwartet. Ich war halbnackt quer über dem Bett gelegen und hatte leicht gedöst, als ich jemanden kommen hörte. Erst befürchtete ich, es könne die läufige Gattin des Anwalts sein, doch dann vernahm ich ihre heisere, raue Stimme und lebte auf. Sie sang. Eine Art Gospel, in dieser wundervollen kreolischen Sprache, die ihre Wurzeln im Französischen hat, und die ich nicht ganz verstehe. Ich zog mir rasch die leinene Hose über, stellte entsetzt fest, dass er mir schon wieder stand, und suchte trotzdem die Küche auf, von wo der Gesang herüberklang. Wirklich, ihr Duft erreichte mich schon auf dem halben Weg dahin, der ganze Bungalow roch nach ihr, nach Safran und Vanille, ja, ich war mir sicher, dass es eine Komposition daraus sein musste. Starke Erregung erfasste mich und ich zitterte, als ich die Küche betrat, sowohl vor Freude, sie wiederzusehen, als auch vor Angst, herablassend von ihr behandelt zu werden. Sie trug wieder den weißen, langen, fleckigen Rock, unter dem sich ihre breiten, mütterlichen Hüften in festen Rundungen abzeichneten, oben aber eine afrikanisch gemusterte Bluse, wieder zur Hälfte aufgeknöpft.
Sie nahm meine Anwesenheit mit Gleichmut zur Kenntnis und sang weiter, was ich sehr angenehm empfand. Sie hatte Essen mitgebracht und schlichtete es in den Kühlschrank, dann holte sie Orangen hervor und schickte sich an, sie aufzuschneiden und auszupressen. Der Saft der reifen Früchte spritzte auf ihre halb entblößten Titten, als das Messer durch das Fruchtfleisch fuhr, und rann an ihnen hinab. Ich glaube, dies war der Moment, wo mein Verstand völlig aussetzte. Ich kann mich erinnern, so etwas wie "bitte,---" gestammelt zu haben, dann lag ich an ihrer Brust und leckte den Fruchtsaft von ihren dunklen Titten. Ihr Geruch stieg mir überwältigend intensiv in die Nase, ich fuhr mit meiner Zunge die Brust hinunter, bis ich die dunkle, aufgerichtete Warze erreichte, und sog daran. Eine nicht mehr ganz feste, reife, volle Titte, die es in sich hatte. Sie schmeckte ein wenig nach dem Saft der Orange, ein wenig würzig und salzig nach ihrem Schweiß - einfach herrlich.
Mir kam es sofort, und als ich satt und müde an sie gelehnt dastand, schob sie mich mit einem ärgerlichen Seufzen beiseite und bedachte mich wieder mit jenem Blick, den man normalerweise für lästige Kinder hat - eine Mischung aus Ärger, Resignation und Nachsicht. Jedenfalls hatte sie mir nichts getan, obwohl sie das scharfe Messer immer noch in der Rechten hielt. Sie schob mich einfach beiseite, und als ich auf dem Peddigrohrstuhl erschöpft niedersank, fuhr sie fort, Früchte auszupressen, als wäre absolut nichts vorgefallen. Ich versuchte, mir einen Reim darauf zu machen, aber eine Frau wie Christophine war mir einfach noch nicht passiert. So ging ich kurz ins Schlafzimmer, um die Hose zu wechseln, und beeilte mich, um möglichst lange in ihrer Gegenwart sein zu können. Als ich zurückkam, hatte sie einen Kübel Wasser hergerichtet und schickte sich an, mit einem Tuch auf dem Besen den Küchenboden aufzuwaschen.
Um ihren langen Rock nicht zu benetzen, hatte sie den Rocksaum an beiden Seiten in den Bund gesteckt, sodass der Rock nun eng und ihre Beine bis knapp übers Knie entblößt waren. Mein Blick saugte sich daran fest, wie sie barfuß über den Küchenboden schritt, dazu den Besen schwang und das Wasser mit einer Grazie über den Küchenboden verteilte, als wäre es ein magisches Ritual.
Als der Boden gleichmäßig nass war, nahm sie das Tuch vom Besen, kniete sich hin und begann, den Boden zu reiben, wobei sie mir ihre Kehrseite präsentierte, und sich im Takt des Reibens vor und zurückbewegte. Die weißen Stoffbahnen wogten über ihrem Hintern, ihre runden Waden und die Füße mit den hellen Sohlen waren nass und schmutzig. Und zu alldem lag ihr herrlicher Duft in der Küche und betäubte mich fast. Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas Erotischeres erlebt zu haben. Ich war halb bewußtlos, als sie fertig war, doch fasste ich mich und fragte sie, als sie ging, wann sie wiederkommen würde.
"Weiß nicht" antwortete sie patzig, da drückte ich einen Hundertdollar-Schein in ihre Hand und fragte erneut - wann, da antwortete sie "Übermorgen".
Heute habe ich den Tag in unruhiger Erwartung verbracht, bin nervös hin und her gelaufen, ziellos in der Gegend umhergefahren und habe versucht, meine Gedanken auf meine Mission hier zu konzentrieren, vergebens. Der geheime Postkasten - immer noch leer. Ich warte und warte, die Stunden kriechen. Warte auf Anweisungen im geheimen Postkasten, warte auf die Rückkehr von Christophine. Nun ist endlich die Sonne versunken. Nun werde ich fahren und den geheimen Postkasten aufsuchen. Und morgen. Morgen hat Christophine versprochen, wiederzukommen.
28. Juni
Hoffnungslos. Ich bin zerstört. Das Nichtstun halte ich nicht mehr lange aus. Ich bin am Durchdrehen. Um meine Gedanken zu fokussieren, denke ich jeden Satz in allen vier Sprachen, die mir geläufig sind, und übersetze ihn dann noch in den Buchcode. Nur so, zur Übung. Christophine ist nicht erschienen. Einfach nicht gekommen. Und all das Warten, das stundenlange herumlehnen auf der Veranda, den Blick immer Richtung Straße - wann wird sie durch das dichte Buschwerk der Einfahrt kommen? Schwimmen, joggen oder mit der Corvette herumbrausen gibt mir nichts mehr, ich fühle eine abgrundtiefe Leere in mir, so schlimm wie damals in Bolivien - als ich angeschossen einige Wochen im Lager verbringen musste und außer wichsen nichts tun konnte - oder möglicherweise noch schlimmer.
Jeder Gedanke an Christophine und ihren Duft, an ihre Haltung, ihr Aussehen, ihre Art wirkt sofort erotisierend, die Erektionen bleiben immer länger, manchmal bis zu einer Stunde, und beginnen schmerzhaft zu werden. Dennoch kann ich an nichts anderes denken, so sehr ich mich auch dazu zwinge. Ich bin völlig erledigt und ausgelaugt, die Hitze, der sexuelle Stress verbunden mit der Unfähigkeit, irgendetwas anderes zu denken oder zu tun - ich fühle mich einem Zusammenbruch nahe. In einer solchen Stimmung ist man prädisponiert, Fehler zu machen. Ich habe Angst vor Fehlern, sie sind in meiner Branche zumeist letal.
Am 26. hätte sie kommen sollen. Übermorgen, hat sie gesagt. Das wäre der 26. gewesen. Keine Spur, keine Spur von ihr. Und seither jeden Tag dasselbe Programm: wache zeitig auf, warte auf der Veranda auf sie, irgendetwas wird dazwischen gegessen und getrunken, dann wieder warten, warten und warten, an sie denken und geil sein. Es kostet mich Mühe, mich abends zu waschen und zu rasieren.
Wenn es endlich dunkel ist, gehe ich aus dem Haus und suche den Postkasten auf. Nichts. Gähnende Leere. Allerlei Vermutungen diesbezüglich habe ich schon angestellt - dass jemand den Inhalt - zufällig und unwissentlich gefunden haben könnte - was hätte er schon anders damit tun können, als ihn wegwerfen, den Code zu knacken wäre wohl kaum jemand in der Lage. Oder dass ein Tier möglicherweise die Nachricht beseitigt haben könnte. Andererseits ist das alles ziemlich, äußerst unwahrscheinlich. Bleibt noch die Möglichkeit, dass die Gegenseite den Postkasten ausfindig gemacht hat (wie? durch einen Überläufer? ) und den Inhalt vernichtet hat. Dies wäre aber ebenfalls zutiefst untypisch, ihn lesen oder kopieren und wieder fürsorglich an den Platz tun - ja, aber nicht vernichten, dass niemals. Also haben sie noch immer keine Anweisungen für mich durchgegeben. Warum nicht, was läuft da schief? Ich darf auf keinen Fall mit dem Headquarter Kontakt aufnehmen. Ich darf keinen Fehler machen. Warum habe ich das Gefühl, schon einen Fehler gemacht zu haben? Ich habe meinen Teil bis jetzt doch korrekt durchgespielt.
Ich bin verunsichert. Muss mich beruhigen. Und Christophine. Diese afrikanische Bluse, die ihre dunklen Brustwarzen mehr enthüllte als verbarg. Der dreckige weiße Rock, den sie gerafft und mir ihren feisten Hintern präsentiert hat, beim Aufwaschen. Die beiden üppigen Backen, die der weiße Stoff kaum zu verbergen in der Lage war. Das rhythmische hin und her, vor und zurück. Dazu dieser Geruch, den sie ausströmte, Safran und Vanille, oder so ... Ich werde durchdrehen. Ich spüre, dass ich in Kürze einen Fehler machen werde. Gott oder wer auch immer schütze mich!
30. Juni
Wenn es Fehler gibt, dann habe ich gestern einen gemacht. Gestern habe ich festgestellt, dass kaum noch zu Essen und zu Trinken im Haus war. Ich habe während der letzten Tage wenig gegessen, normalerweise hätten die Vorräte schon eher aus sein müssen. Christophine hätte es wissen müssen, hätte mir doch etwas zu Essen bringen müssen. War das denn nicht ihre Aufgabe? Wenn nicht, welche Aufgabe hat sie dann? Jedenfalls, sie ist immer noch nicht erschienen. Die unterschiedlichsten Überlegungen habe ich diesbezüglich schon angestellt. Vielleicht hat sie meine Annäherung letztens doch mehr abgeschreckt, als sie gezeigt hat. Vielleicht hat sie Angst vor mir und versteht es nur sehr geschickt, dies zu verbergen? Oder aber, die Gegenseite hat irgendetwas mitbekommen und sie gekidnappt, verhört sie nun oder instruiert sie um.
Grässliche Gedanken. Ich habe Christophine nie getraut. Sie weiß nichts. Trotzdem erscheint mir ihre lange Abwesenheit beunruhigend. So beunruhigend, dass ich davon ausgehe, dass sie die Gegenseite nicht gekidnappt hat, denn wäre dem so, läge denen nichts daran, mich zu beunruhigen. Vielmehr würde sie sie herschicken, um mich in Sicherheit zu wiegen. Also kommt Christophine von sich aus nicht, obwohl ich ihr Geld gegeben habe und sie vermuten kann, dass hier noch mehr davon ist. Ich habe das Gefühl, dass sie an Geld nicht interessiert ist. Ich kann mir nichts vorstellen, an dem sie überhaupt interessiert sein könnte. Jedenfalls, gestern bin ich zu einem dieser Supermärkte gefahren und habe eingekauft. Fertigmenüs, Fruchtsäfte und - für die langen Nachmittage eine Flasche Tequila. Egal, ein Drink macht noch keinen Trinker aus mir, immerhin habe schon seit Jahren kein Problem mehr mit dem Alkohol.
Am Nachmittag packte mich die Verzweiflung an und ich fuhr nach Miami runter, dort tat ich Dinge, die vielleicht nicht richtig waren. Zuerst besorgte ich mir auf illegalem Weg eine Waffe, nur so, um mich nicht mehr so fürchterlich nackt zu fühlen. Ein Rasta bot eine Walther Kaliber Acht in gutem Zustand mit ausgeätzter Seriennummer um Tausend Dollar an. Ich gab ihm Achthundert dafür. Vielleicht zu viel, aber ich wollte die Knarre rasch und ohne Aufsehen. Ich bin sicher, dass mir niemand gefolgt war. In einem anderen Stadtteil erstand ich ausreichend Munition und einen Schulterhalfter, und zwar in einem regulären Waffengeschäft. Dies war vielleicht ein Fehler, denn die hatten mit Sicherheit Videoüberwachung dort. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Die Waffe schmiegt sich an meinen Brustkorb, dort wo sie hingehört, und sagt mir, es war richtig. Mein Gefühl aber nennt es einen Fehler.
Danach wollte ich noch eines von den Strandmädchen vernaschen, damit ich endlich von Christophine loskomme. So lenkte ich die Corvette den Miami Beach runter und sah mich um. Ohne mein Zutun wandten sich die meisten Köpfe ganz von selbst um, wenn das Dröhnen der Corvette erklang. Ein für den Aufriss überaus geeignetes Fahrzeug, doch suchte ich bewusst eine Gewerbliche, um Schererein aller Art zu vermeiden. Ein paar fielen mir angenehm auf, doch ich hielt nicht an. Ziemlich am Ende, wo ich schon nichts Ordentliches mehr vermutete, lehnte sie dann an einer Laterne, unverkennbar im Dienst.
Genau, wie ich es üblicherweise brauche war sie, jung, sehr jung, sicher keine Achtzehn, lange blonde Mähne, volle Titten und ein Nichts von Taille, lange gebräunte Beine in weißen Stiefeletten, very american die Hot Pants, die ihre gerundeten Arschbacken preisgaben, das Oberteil blau-weiß geringelt. Der feuchte Traum der High-School-Boyz. Ich sah sie und freute mich darüber, dass ich geil wurde. Alles schien wieder in Ordnung mit mir. Ich hatte eine Waffe und meine normale Einstellung zu Weibern wieder. Sie kam auf die Corvette zu gerannt, ich fragte – wie viel? Sie darauf - was willst du denn? Und ich antwortete grinsend - alles natürlich. Fünfhundert - antwortete sie und beeilte sich, einzusteigen. Ich reichte ihr den Fünfhunderter rüber, ohne zu handeln oder zu zögern.
Der Wagen allein schien sie total aufzugeilen, aber auch mit mir dürfte sie zufrieden gewesen sein, jedenfalls wirkte sie wie eine Katze vor einer Schale Schlagobers, es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte zu schnurren begonnen. Sie begann schon während der Fahrt an mir rumzuspielen, aber das freute mich nicht. Ich schob ihre Hand weg und sie nannte mir eine Adresse Downtown. Keine gute Gegend, ich hatte Bedenken wegen der Corvette. So fuhr ich den Strand entlang, bis wir zu einem abgelegenen Parkplatz kamen. Dort parkte ich die Corvette und führte sie zum Meer runter. Keiner da, es war alles perfekt. Sie fasste an meinen Gürtel, öffnete meine Hose. Was dann kam, war peinlich. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so versagt zu haben. Obwohl er mir im Wagen noch stand, verkroch er sich am Strand völlig. So klein hatte ich ihn noch nie an mir gesehen. Und nichts, rein gar nichts half. Ich war zutiefst blamiert.
Sie beging den Fehler, eine blöde Bemerkung zu machen. Jedenfalls meine Fäuste waren noch so hart wie eh und je. Ich schlug sie, aus Wut und Verzweiflung, und verlor leider die Kontrolle über mich. Wieder ein Fehler. Sie wird´s überleben, dessen bin ich sicher, aber das Krankenhaus wird ihr nicht erspart bleiben, und ob sie mit dem gebrochenen Nasenbein und dem vermutlich gebrochenen Jochbein und einem daraus resultierenden, schiefen Gesicht noch arbeitsfähig sein wird - wer weiß ? Sie hätte mich eben nicht provozieren sollen. Mich nach den vergangenen Tagen und Nächten der ununterbrochenen Geilheit als impotent zu bezeichnen, war einfach zuviel. Trotzdem, irgendein Macker von Zuhälter könnte sich aufmachen und nach dieser verdammt auffälligen Corvette suchen. Und San Jose ist nur einen Steinwurf von Miami entfernt. Er könnte mich finden. Dann müsste ich ihn umlegen. Das wäre dann wieder ein Fehler. Eine weitere Störung des geregelten Ablaufs. Aber, Scheiße verdammte, mir kommt vor, der ganze Job läuft nicht mehr geregelt ab.
So fuhr ich frustriert nach San Jose zurück und fand, dass ich mir einen Schluck Tequila verdient hatte. Einen Moment lang hoffte ich, Christophine wäre da, obwohl sie abends wohl nie kam. Alles war verlassen, ich zog den Anzug aus, auf dem noch ein wenig Blut von der Hure klebte, und ließ mich in Unterhosen auf der Veranda nieder. Es war schon dunkel und die Flasche war halb leer. Ich sollte nach dem geheimen Postkasten sehen, doch ich schaffte es nicht mehr. Die ganze Prozedur mit der Verschleierung. Ich war müde, müde, müde. War das Trinken nicht mehr gewohnt. Jedenfalls bin ich auf dem Verandasessel eingeschlafen und nicht mal die Moskitos konnten mich wecken.
Als ich heute gegen mittags erwachte, war der Kater schlimm. Einen Moment lang glaubte ich, Christophine sei da gewesen, mir war, als läge ihr Geruch in der Luft. Musste wohl eine Täuschung gewesen sein, denn in der Küche herrschte noch das gleiche Chaos wie sonst. Vermutlich hatte ich von ihr geträumt und war deshalb mit einer Mordslatte aufgewacht. Das sollte sich die kleine Strandhure mal ansehen. Von wegen impotent. Ich verdrängte die Angst, die diese Entwicklung in mir erzeugte und überlegte ernsthaft und lange, ob es Sinn hätte, mich zu rasieren.
Dann beschloss ich, diese Zeilen in Buchcode zu schreiben, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Jetzt werde ich zum Supermarkt fahren - mich deshalb zu waschen und zu rasieren wäre wohl mehr als nur lächerlich - ich muss mir was zu trinken kaufen. Und ich will auf keinen Fall darüber oder über sonst was nachdenken!
2. oder 3. Juli
Ich weiß es nicht so genau. Man müsste mal das Radio aufdrehen oder eine Zeitung kaufen. Wenn ich wieder in den Supermarkt fahre, werde ich eine mitnehmen. Dem Stand der Sonne nach ist es früher Nachmittag. Ich bin eben erwacht, kann mich aber nicht mehr erinnern, wann ich eingeschlafen war. Der Rücken schmerzt, weil ich das Halfter über der nackten Haut getragen und beim Hinlegen nicht abgenommen habe. Ich bin verkatert, muss aber nicht mehr dauernd kotzen, wie gestern und die Tage davor. Scheinbar gewöhne ich mich wieder an das Zeug und kann trotz einer Flasche und auch noch nach der Zweiten klar denken.
Sogar an den Dauerständer gewöhne ich mich langsam, wenn die Schmerzen auch immer stärker werden mit der Zeit. Christophine, Christophine, wo bleibst du bloß. Wenn du da gewesen wärest, als ich schlief, wüsste ich es, würde ich es riechen. Aber nichts, gar nichts mehr riecht hier nach dir. Nur in meiner Erinnerung kann ich dich riechen, aber das ist wundervoll genug. Christophine. Ich könnte wegen dir verrückt werden, wegen deinem Becken, wegen deiner Titten, wegen deiner ganzen lasziven Art. Christophine. Ich werde jetzt einen Tequila auf dich trinken und auf der Veranda warten, bis du kommst. Du wirst heute kommen, ich weiß es, ich fühle es. Mich juckt der Bart. Ich bin´s nicht mehr gewohnt, Bart zu tragen. Vielleicht sollte ich mich mal waschen. Vielleicht auch nicht.
Später
Ich bin aus einem bösen Traum erwacht. Mir träumte, jemand hätte gesagt, unser Mann in San Jose hat versagt. Liquidiert ihn, hat er auch gesagt. Ich fuhr hoch und griff nach der Walther, dann schoss ich, traf aber nicht einmal den frechen Papagei oben im Geäst des Baumes. Ich muss mich langsam wieder unter Kontrolle kriegen. Wie lange ist es her, dass ich nicht mehr am geheimen Postkasten war? Drei, vier Tage oder länger? Die paar Flaschen Tequila, die noch im Haus waren, sind auch alle leer. Ich muss raus. Mich waschen und rasieren. In den Supermarkt fahren. Dann zum geheimen Postkasten. Christophine. Wie hat sie eigentlich gerochen? Nach Safran und Vanille? Oder doch ganz anders. Christophine. Ich bleibe noch ein Weilchen liegen.
8. Juli
Ich habe mich wieder im Griff. Gestern war ich in der Lage, zum geheimen Postkasten zu fahren und die Verschleierungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchzuführen. Froh und erschrocken gleichzeitig habe ich festgestellt, dass sie endlich ein Kuvert für mich hinterlegt hatten. Ich hoffte, es möge auch Geld darin sein, denn von meinen Fünftausend ist kaum mehr was übrig (schätze, die haben mich im Supermarkt beschissen, als ich beim Zahlen nicht ganz nüchtern war), jedenfalls habe ich gerade noch dreihundert Dollar und ein paar Zerquetschte. Aber Geld war nicht in dem Kuvert, nur chiffrierte Anweisungen. Ich überflog sie gleich vor Ort, nahm sie dann mit zum Bungalow, um sie in Ruhe nochmals zu übersetzen.
Wie auch immer, da stand, das Projekt würde am 5. Juli steigen. Und eben mein Teil der Geschichte. Aber am 5. Juli? Das war doch vor drei Tagen. Viel zu kurzfristig. Sie hätten mir viel eher Bescheid geben müssen. Ich konnte doch nicht jeden verdammten Tag nach dem Postkasten sehen! Aber wen interessierte das schon. Ich hatte einen Fehler begangen. Eindeutig einen Fehler. Was war geschehen? Hat jemand anders meinen Part übernommen oder ist das Projekt geplatzt? Was wird nun? Soll ich abreisen? Mit den gefälschten Papieren? Oder neue Anweisungen abwarten? Immerhin war die Mitteilung im Postkasten schon vier oder fünf Tage alt und nicht durch eine Neuere ersetzt worden. Vielleicht sehe ich heute nochmals vorbei. Wenn dann nichts für mich da ist, kann ich ja morgen immer noch abreisen.
Ich habe einen Fehler gemacht. Nein, mehrere. Aber ich lebe noch. Ich bin immer noch gut. Vielleicht nicht mehr der Beste, aber gut. Brauchbar, das wissen sie. Ich war lange Zeit der Beste. Ich werde es wieder sein. Ich möchte mich gern an Christophine reiben. Wo ist sie nur, ich würde sie gern mitnehmen, wenn nötig mit Zwang. Zur Abreise brauche ich Geld. Ich werde die Kreditkarten nehmen, auch wenn ich dann deutliche Spuren lege. Egal.
Zuerst wird noch etwas Tequila gekauft. Jetzt, wo ich nichts mehr verpassen kann, ist es ohnehin egal. Die Walther an meinem Körper zu spüren, gibt mir ein gutes Gefühl. Ich glaube, dass das mit der Walther war kein Fehler. Jetzt bin ich jedenfalls froh, dass ich sie habe. Ich fühle mich sehr allein. Ich wünschte, Christophine wäre hier. Ich wünschte, sie würde mich mögen und wir hätten eine Beziehung. Warum hatte ich nie eine richtige Beziehung in meinem Leben? Nie! Warum nicht?
Ich scheine wieder hier auf der Veranda eingeschlafen zu sein. Beim Erwachen als erstes den hellen, rosa gefärbten Himmel zu sehen, der sich wie kostbares Glas über die blaue Weite des Meeres spannt, kann kein schlechtes Omen sein. Ich setze mich ein wenig auf in dem Korbsessel, in dem ich zusammengesunken war. Am Beistelltischchen zu meiner Rechten scheppern die Flaschen. Eine, zwei, drei. Aller guten Dinge sind drei. Aber hoppla, da ist ja eine noch halb voll. Scheine mich wieder gut ans Trinken gewöhnt zu haben, jedenfalls habe ich keine Kopfschmerzen heute morgen. So nehme ich noch einen guten Schluck darauf, dann will ich mir Gedanken über den weiteren Verlauf dieses Auftrags machen.
Mein Schwanz ist wieder steinhart, aber das ist ja ganz normal geworden in letzter Zeit. Trotzdem, ein so wundervoller Morgen, seht mal, was für ein Sonnenaufgang, der Himmel in Flammen, könnte man es kitschig ausdrücken, aber Herrgott, es stimmt. Und wie gut es riecht, wie Christophine. Christophine! Ich rieche Christophine, sie muss wieder da sein. Deshalb die guten Gefühle. Sie ist gerade richtig gekommen, nun können wir zusammen abhauen. Sie werden zwar noch sauer sein auf mich, doch ich wär´ wohl nicht ich, wenn ich sie nicht abhängen könnte. Christophine und ich könnten eine Zeit in Singapur leben, bis sich der ärgste Sturm gelegt hat. Dort schuldet mir noch jemand etwas. Die Spur verschleiern und nach Singapur abhauen wird mir doch noch gelingen, oder? Ich weiß, es wird ein guter Tag, so wie das hier ein verdammt guter Morgen ist.
Christophine, da bist du ja endlich wieder. Herrgott, sie hat schon wieder die Bluse halb offen. Was für ein Anblick, was für ein Morgen. Aber was hat sie denn da in der Hand? He, Christophine, das ist ja eine Waffe. Moment mal, wo ist meine Walther? Sie hat meine Walther. Wie wundervoll sie riecht. Was ist das bloß? Ich glaube, jetzt hab´ ich´s. Frischer Koriander. In Rumänien riechen die Korianderfelder so. So weit weg. Wie Koriander aus Rumänien. Daran hat es mich erinnert. An die Korianderfelder von daheim. Christophine, tu die Waffe weg! Damit spaßt man nicht, außerdem ist sie geladen. Hör zu, ich muss mit dir reden. Wie gefalle ich dir eigentlich, hm? Möchtest du eine Weile in Singapur leben, Christophine? Hör zu, eh du die Mundwinkeln runter ziehst, hör mir mal zu ...
Christophine! Was soll das! Du entsicherst die Waffe. Du zielst auf meinen Kopf. Drückst du jetzt ab? Oder sind das nur die Tequilaflaschen, die so scheppern?
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