The Road To The Championship -4-
von HG1
Am nächsten Tag stand wieder Training auf dem Programm. Nach einem kurzen Einspielen rief uns die Trainerin zusammen.
„Vorgestern haben sich die Trainer zu einer Sitzung getroffen, mein Mann und ich waren auch dabei. Normalerweise braucht es viel Zeit bis eine Entscheidung getroffen wird, ausnahmsweise haben wir uns gestern aber schnell geeinigt. Das Thema war Nationalmannschaft.“
Ich sog scharf die Luft ein. Nationalmannschaft! Bis jetzt hatte ich davon stets nur geträumt, immer gedacht, sie würde in vielen Jahren einmal zum Thema werden, nicht schon in nächster Zeit.
„Im November des übernächsten Jahres findet die Europameisterschaft in Belgien statt. Bis dahin sollte die Mannschaft nicht nur stehen, sondern auch schon zueinander gefunden haben. Daher werden wir Trainer bis und mit der nächsten Schweizermeisterschaft entscheiden, wer dafür in Frage kommt.“
Mein Herz schlug schneller. In die Nationalmannschaft zu gelangen wäre das Höchste für mich, wie auch für die meisten anderen im Team.
„Im Klartext heisst das: Ein Jahr lang alles geben, dann schafft ihr es, das Nationaltrikot überzustreifen. Bei euch habe ich allerdings keine Angst, dass ihr nicht immer hundert Prozent gebt.“
Ich schaute zu Jeanne, die mit dem Kopf gesenkt mir gegenüber sass. Als sie nicht reagierte, schweifte mein Blick hinüber zu Sylvain. Er schaute zurück und hob die Augenbrauen. Ich nickte. Wir hatten uns verstanden.
„Was ist denn mit dir los?“, fragte ich Jeanne, als wir uns auf dem Weg in die Ecke befanden. Sie schien mir sonderbarerweise traurig.
„Ich weiss nicht, was ich von der Nationalmannschaftsgeschichte halten soll. Ich wäre ja schon gerne dabei. Aber ich bin noch ganz neu, nicht nur bei euch sondern allgemein im Sport und da getraue ich mich kaum einzumischen.“
„Schon verständlich, aber das ist kein Grund zu verzweifeln. Warte jetzt die beiden nächsten Turniere ab, dann kennen dich die meisten, auch national. Gerade du kommst bestimmt in die Nati.“
Jeanne lächelte. Während dem Trainingsspiel blieb sie draussen. Die Frage über die Nationalmannschaft schien sie nicht loszulassen.
Das Spiel verloren wir mit 3:1. Auch ein Grund für das aus unserer Sicht schlechte Ergebnis war mein Rücken, der nicht mitmachte. Bereits nach einigen Minuten hatte ich kaum mehr Kraft gehabt um aufrecht zu sitzen. Als Captain fühlte ich mich jedoch auf eine gewisse Weise verpflichtet durchzuspielen, speziell, da Jeanne keine Anstalten machte, eingewechselt werden zu wollen.
Nach dem Match büsste ich für meinen Durchhaltewillen. Ich beugte mich nach vorn um den Rücken so gut wie möglich zu strecken. Knapp sah ich Jeanne neben mich ran fahren.
„Geht’s bei dir?“
„Nicht so gut.“
Ich spürte ihre Hand auf dem Kreuz. „Ich massiere dich so gut es geht. Von Rollstuhl zu Rollstuhl ist es eben nicht gerade einfach.“
Ein wenig half es, ich konnte wenigstens aufrecht sitzen. Zu Hause war ich froh, in die Badewanne liegen zu können. Das Beste war aber: Angelina kam mich baden. Als ich in die Wohnung kam, war sie noch nicht da. Markus kam aus dem Büro, half mir aus der Jacke. Von der Nationalmannschaft erzählte ich nichts, da ich keine Lust zu reden hatte.
Nach wenigen Minuten läutete es. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht betrat sie die Wohnung.
„Soll ich den Schurz anziehen?“
„Wenn es nicht nötig ist nicht, nein.“
„Nein, da es kein offizieller Einsatz ist, finde ich es nicht zwingend. Ohne ist persönlicher.“
Grosszügig überliess ich Angelina den Vortritt ins Wohnzimmer, mit der Absicht, einen Blick auf den Hintern werfen zu können. Er war nicht ganz schlank, aber dennoch sehr wohlgeformt, richtig zum Anbeissen. Ich fand ihn sogar hübscher als jener von Jeanne, der fast zu flach, zu wenig rund war. Unter den weissen Stoffhosen war deutlich ein Slip zu sehen.
Nachdem ich den am Mittwochabend üblichen Fast-Food gegessen hatte, ging’s ins Bad. Im warmen Wasser konnte ich den Rücken entlasten. Eine Wohltat.
„Hast du Schmerzen, Philip?“
„Ja, kommt vom Hockey. Von Zeit zu Zeit habe ich das. Ermüdung halt.“
„Weißt du was? Wenn du fertig geduscht hast, massiere ich dich, bis die Schmerzen weg sind. Ist das ein Angebot?
„Das würdest du tun? Ich meine, es ist deine Freizeit, die du hier verbringst.“
„Macht doch nichts, bei mir würde ich nichts Schlaues mehr tun. Da brauche ich die Zeit lieber um dich von den Schmerzen zu befreien.
Nach dem Bad zog ich Boxershorts an und legte ich mich bäuchlings aufs Bett. Geschickt verstrich Angelina das verklebte Gewebe, was mich vor Schmerzen einige Male aufkeuchen liess aber dem Rücken gut tat. Bereits nach wenigen Minuten wurden die massierten Stellen heiss. Angelina machte es nicht das erste Mal.
Ich versank in Gedanken, in sehr schönen Gedanken. Angelina schien überall zu sein, an was ich auch dachte, ihr Gesicht, die reine Haut und ihre smaragdgrünen Augen mit den sauber gezupften B rauen wollte mich nicht loslassen.
Eine Kälte überkam mich, als sich die Hände von meinem Rücken lösten und Angelina fragte, ob ich zufrieden sei. Zu gerne hätte ich gesagt, es sei noch nicht ganz in Ordnung, was aber nicht der Wahrheit entsprach. Die Schmerzen waren weg, ich konnte wieder aufrecht sitzen. Es wäre nicht fair gewesen, Angelina anzulügen weil ich ihre Hände noch länger spüren wollte.
Wir verabschiedeten uns. Bereits morgen würde die hübsche Frau aber wieder vorbeikommen.
Eine weitere Woche verging, schon war wieder Mittwoch
„Wie geht’s heute mit deinem Rücken? Du hattest doch Training, nicht wahr?“, fragte Angelina, als sie mir die Jacke auszog.
„Hatte ich, ja. Heute war aber kein Problem, der Rücken schmerzte kein Bisschen.“
„Fast etwas schade, ich hätte dich gern massiert.“
„Du hast es letzten Mittwoch sehr gut gemacht. Darfst ein anderes Mal bestimmt wieder.“ In diesem Moment hatte ich einen Geistesblitz. „Sag mal, was machst du überübernächstes Wochenende?“
„Überübernächstes. Hm. Lass mich überlegen. Soweit ich weiss nichts. Warum fragst du?“
„Wir haben uns für das internationale Turnier bei den Silver Tigers, einer anderen E-Hockeymannschaft, qualifiziert und Helfer sind immer noch herzlich willkommen. Bei fünfzehn Elektrorollstuhlfahrern, wovon viele Hilfe benötigen, verständlich. Da wollte ich dich fragen, ob du als meine Betreuerin mitkommen möchtest.“
Während das Wasser laut rauschend in die Badewanne lief, sprachen wir nicht, da wir uns hätten anschreien müssen. Angelina zog mich aus, dann drehte sie den Wasserhahn zu.
„Während du im Wasser bist, schaue ich in den Monatsplan, aber ich mag mich nicht erinnern, an jenem Wochenende arbeiten zu müssen. Ich käme sehr gerne mit.“
Meine Vorfreude wurde noch grösser. Eine solch hübsche Frau dabei zu haben, war etwas Spezielles. Vor allem, wenn diese nicht behindert war. Sie liess mich für einige Minuten alleine. Nachdem ich gerufen hatte, kam sie wieder ins Badezimmer.
„Es ist wirklich so: Jenes Wochenende habe ich nichts vor. Ich komme also mit.“
„Hey, super!“, jubelte ich.
„Etwas musst du mir aber versprechen, Philip. Sag niemandem etwas davon. Das muss niemand wissen.“
„So wenig wird jemand etwas davon erfahren, wie jemand etwas von deinen Abendeinsätzen weiss.“
„Gut, danke, versprichst du mir das. Was ich hier tue, ist laut Spitex-Ordnung absolut unprofessionell. Abgrenzung heisst das Zauberwort, aber das kann ich nicht durchziehen, schon gar nicht bei euch. Ich meine, ihr seid in etwa so alt wie ich, da ist es doch klar, dass man sich etwas verbundener fühlt als mit den älteren Leuten, zu denen ich meistens gehe.“
„Und mit Leuten in unserem Alter unternimmst du auch lieber etwas.“
„Klar. Aber eben: Laut Spitex-Ordnung ist das verboten.“
„Was ist, wenn … sich eine Spitexmitarbeiterin und ein Klient verlieben?“
Angelina hielt in der Bewegung inne. „Wir müssen darauf achten, dies möglichst zu vermeiden, darum auch die ganze Abgrenzungsgeschichte.“
„Aber das ist ja dämlich, wenn man sich verliebt, verliebt man sich. Ihr seid keine Maschinen.“
„Genau meine Meinung. Gefühle machen nicht immer, was man möchte. Aber zurück zum Ursprung deiner Frage: Sollte bei zweien Gefühle aufkommen, müsste dies gemeldet werden, damit die Person von der Spitex bei ihrem Partner nicht mehr eingeplant wird. Professionalität hat Vorrang.“
„Ich verstehe. Im Heim, wo ich meine Ausbildung absolviert habe, ging’s ähnlich zu. Selber erfahren habe ich es allerdings nie, bis jetzt habe ich noch nie junge Betreuerinnen gehabt.“
„Und wir haben noch nie so junge Leute wie euch gehabt. Mir macht es mehr Spass zu euch zu gehen als zu einer alten Dame.“
Während Angelia am Lavabo den Lappen auswusch, beobachtete ich sie sekundenlang. Der körperliche Unterschied zu Jeanne war augenfällig. Während die Blonde zerbrechlich und fast zu wenig Rundungen aufwies, waren diese bei Angelina ausgeprägt. Allerdings stellte sie ihren Körper nicht tussihaft zur Schau.
„Ich habe mir auch schon überlegt, wie es wäre mit einem Klienten der Spitex zusammen zu sein.“ Sie machte eine Pause bevor sie weiter redete. „Es wäre sicher eine Herausforderung, eine neue Erfahrung.“
„Du weißt aber, dass zum Beispiel jemand im Rollstuhl in vielen Bereichen nicht an jemanden, der nicht behindert ist, heranreicht. Gerade sexuell.“
„Das ist klar. Aber auch deswegen fände ich es spannend.“
Angelina erstaunte mich erneut. Machte sie sich so wenig aus Sex, dass auch ein Behinderter ihre Wünsche erfüllen konnte? Eine solch hübsche Frau fand jederzeit einen anderen, der körperlich besser gestellt war.
Innerlich lächelte ich. Natürlich strotzte die Welt nicht vor sexhungrigen Girls und besonders Angelina machte gar nicht den Eindruck, als gehöre sie zu jener Spezies.
Als sie mich auf dem Bett trocknete, rumpelte mein Natel auf dem Nachttischchen. Als sich Angelina verabschiedet hatte, nahm ich es zur Hand.
*Hey mein Captain, Lust mich morgen in der Stadt zu treffen? Küsschen, Jeanne.*
„Hat dir Jeanne geschrieben? Du solltest die Chance packen.“
„Ich weiss nicht …“
„Philip, du bist wirklich der einzige, der sich eine solche Möglichkeit durch die Lappen gehen lässt.“
„Es hat seinen Grund“, antwortete ich geheimnisvoll.
Markus hob die Augenbrauen. „Und der wäre? Weiss ich da etwas noch nichts?“
„Es ist wegen Angelina. Sie hat mir vorhin im Bad erzählt, dass eine Beziehung mit einem Behinderten sie reizen würde.“
Markus’ Brauen verabschiedeten sich endgültig in Richtung Zimmerdecke. „Das verändert die Situation natürlich gewaltig. Und du meinst …?“
„Gut möglich. Ich stehe ein wenig auf der Kippe.“
Markus lachte. „So schnell kann sich alles ändern. Während des letzten Jahres im Heim hattest du gar keine Aussicht auf eine Frau und jetzt buhlen gleich zwei um deine Gunst. Die Männer im Heim werden neidisch auf dich sein. Jeder hätte Jeanne doch gerne für sich, wetten?“
„Hehe, die Chancen, dass du Recht hast, stehen bei hundert Prozent. Seit Elena mit mir Schluss gemacht hat, habe ich auch keine Frau mehr gewollt. Die Zeit ist jetzt aber wieder gekommen.“
Wir gingen auf den Balkon. Markus holte sich eine Cola und mir ein Bier. „Meinst du, Angelina meint es wirklich ernst? Und bist du sicher, dass sie dich gemeint hat? Ich meine, die Spitex hat viele Klienten.“
„Ich bin überzeugt, dass es ernst gemeint hat. So, wie ich sie einschätze, bringt sie es kaum über sich zu lügen. Und warum sollte sie in diesem Fall? Sie hätte auch einfach schweigen können. Was deinen anderen Punkt betrifft: Sie hat schon das zweite Mal betont, wir seien die jüngsten Klienten. Warum sollte sie lügen?“
Mein Wohnpartner nippte bedächtig an der Cola. „Scheint ein richtiges Juwel zu sein, diese Angelina. Keine aufgeblasene H&M-Tussi. Ich würde es dir auf jeden Fall gönnen, wenn sich da etwas ergäbe. Weißt du, ich hatte schon etwas Angst um dich. Zeig mir eine Frau, die mit zwanzig daran denkt, eine feste Beziehung einzugehen. Mit fest meine ich nicht eine vielleicht längere Beziehung, die hauptsächlich aus Ausgang und Sex besteht. Nein, mit feste Beziehung meine ich, jemand, der sich um den anderen kümmert, immer für ihn da ist, ihm zur Seite steht.“
„Es gibt Ausnahmen.“
Markus klatschte laut in die Hände. „Klar gibt es sie, Angelina ist das beste Beispiel. Aber die meisten oder zumindest viele wollen doch Party, Party, Party und nachher einen knallen gehen. Mit jemandem im Rollstuhl zusammen sein bedeutet, nicht in jeden Club reinzukommen, sei es wegen Treppen oder sonst etwas. Da ist Organisation gefragt, was nicht unbedingt förderlich für die Party ist. Und was ist nach der Party? Einen Elektrorolli bringt man in kein normales Auto, wenn deine Kollegen am nächsten Morgen noch einen heilen Rücken haben wollen. Also stellt sich die Frage, wie du mitten in der Nacht nach Hause kommst.“
„Ich weiss, was du meinst. Bis vor kurzer Zeit ist mir das egal gewesen und jetzt scheint sich die Frage erledigt zu haben.“
„Ist natürlich genial, hat Angelina bereits Erfahrung mit pflegebedürftigen Personen. Ich habe halt schon noch das Gefühl, wenn es ans Eingemachte geht, kommt bei manch einem die Unsicherheit zu Tage, weil nur wenige wissen, wie m
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