Valley of Sound II
von Purtzelbaer
„And I do care for you she said,
kissing my cheek
but you'll be gone by
the end of the week
but if I were to wait
for someone like you
then I'd have to give up what I do“
Pĺls Stimme ertönte klar und nur durch mein Piano begleitet. Ich war mit Pĺl alleine auf der Bühne. Das machten wir immer so beim letzten Song.
Er sang wie meistens mit einem ziemlich traurigen Klang in der Stimme und mit geschlossenen Augen ins Mikrophon und spielte nur hin und wieder einen Accord auf seiner Akustikgitarre, die er umgehängt hatte. Der Großteil unserer Alben besteht aus ziemlich depressiven Songs, wo es um das Verlassen und Verlassenwerden geht. Dieser Song bedeutet Pĺl viel, es war einer der ersten, die er vor Jahren geschrieben hatte. Ich war immer wieder vollkommen baff, wenn ich hörte in welcher Intensität und mit welchem Herzschmerz er diesen Song sang.
Sonja war nicht gekommen.
Ich wusste nicht, ob ich wirklich daran geglaubt hatte, oder ob es nur ein Wunsch war. Die Situation gestern Nacht auf dem Flur war mehr als verwirrend gewesen. Irgendwie war es befremdend, die Sache als One-Night-Stand abzuhaken. Es hätte durchaus seine Vorteile gehabt – die Sache hätte sonst ziemlich kompliziert werden können. Was hätte es auch für ein Bild vor den Jungs abgegeben, wenn sie mitbekämen, dass zwischen mit und einem Fan was laufen würde.
Wahrscheinlich bildete ich mir schon den ganzen Tag zuviel darauf ein. Ich fand Sonja unglaublich anziehend und sie berührte etwas in mir, was ich bisher nicht kannte, aber waren dort tiefere Gefühle?
Nein – es war eine einmalige Sache, eine tolle einmalige Sache, die aber jetzt vorbei war.
Heute Abend würde ich einfach ein paar Bier mit den Jungs trinken und das tun, wozu wir hier waren: Musik.
Mit einem Bier in der Hand kam ich aus dem Backstageraum und bahnte mir durch die vielen Leute, die gekommen waren einen Weg zur Bar.
Eine Hand klopfte mir von Hinten anerkennend auf den Rücken. Ich drehte mich um und sah einen guten alten Bekannten grinsend vor mir stehen.
„Mensch Harald – ihr habt euch echt weiterentwickelt, das Konzert war grandios.“
Jean-Michčl war ein junger Franzose, den wir vor Jahren mal auf einem kleinen Festival getroffen hatten und mit dem ich immer noch hin und wieder E-Mail Kontakt hatte.
Ich freute mich riesig ihn zu sehen. Wir tauschten gleich alle Neuigkeiten aus und unterhielten uns über die alten Zeiten. Jean-Michčl spielte damals Bass in einer Country-Band. „Und? Was machen deine ‚Dixie Chicks‘?“ frotzelte ich ihn an. Ich hatte mit Country-Musik nie viel am Hut, aber die Musik, die ich damals von ihm hörte, war gar nicht übel gewesen.
„Och – wir waren kurz davor einen richtig großen Plattenvertrag zu bekommen, doch da lernte ich Virginie kennen..“ Er lächelte und ich sah, wie sich eine langbeinige und mit Model-Maßen gesegnete Frau, zwei Flaschen Bier in den Händen haltend, durch die Menschenmassen quetschte und auf dem Weg zu uns war.
„Wow, guten Fang gemacht“ grinste ich.
„Hallo ihr beiden, Mensch du warst toll – Jean hatte mir schon vorgeschwärmt, aber das war wirklich klasse.“ strahlte sie.
Soviel Lob mochte ich eigentlich nicht, aber ich bedankte mich artig und meinte grinsend „Und du bist also die Frau, die ihn hier vor dem sicheren Country-Tot gerettet hat?“
Sie nickte und lächelte Jean-Michčl mit einem zauberhaften Lächeln an.
Wir unterhielten uns weiter und während ich gerade dabei war mir eine Zigarette anzuzünden, fiel mein Blick auf Sverre, der an der Bar gelehnt stand und sich angeregt mit Jemandem zu amüsieren schien. Wahrscheinlich eine Frau, lächerte ich, aber wenn die wüsste, dass das eh alles nichts bringen würde. Ich konnte leider nichts erkennen, er stand mit seinem Körper genau davor.
Ich nahm einen tiefen Zug aus meinem Bier und schaute über Jean-Michčls Schulter hinweg.
Sverre beugte sich gerade über die Theke, um Nachschub zu ordern. Das Blickfeld war also frei.
Und da stand sie. Ihre Augen fanden mich und unser Blick traf sich - Stärker, als ich es je für möglich gehalten hätte.
„Harald?“ Jean-Michčl schaute mich fragend an. „Oh, ich war gerade in Gedanken.“
„Das habe ich gemerkt, du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“
„Schlimmer“ murmelte ich und überlegte zwanghaft, was ich jetzt machen sollte.
Ich verabschiedete mich von Jean-Michčl und seiner Frau, trank noch mal einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche und näherte mich von hinten Sverres Rücken.
„Na, eine nette Dame gefunden?“ fragte ich ihn schulterklopfend.
„Da bist du ja endlich, wir dachten, du kommst gar nicht mehr her – schau mal wer schon wieder gekommen ist? Langsam habe ich echt ein schlechtes Gewissen“ sagte Sverre lachend in Sonjas Richtung.
„Das ist wirklich eine Überraschung“ – und schon war ich dabei sie zu umarmen. Die Umarmung war ziemlich verhalten, Sverre stand ja direkt neben uns, doch meine Nase streifte ihren Nacken und ich sog ihren Duft ein.
Sverre war zum Glück wieder in bester Redelaune und fing an, über verschiedene französische Biersorten zu philosophieren.
Ich machte ein paar Bemerkungen dazu, verhielt mich aber eher ruhig. Sonjas Blicken ging ich aus dem Weg. Das wäre jetzt absolut tödlich gewesen und ich wusste nicht, was man meinem Gesicht ansehen konnte.
„Muss mal an die frische Luft, hier drin ist es irgendwie ziemlich stickig und verqualmt“ sagte Sonja und schaute dabei grinsend auf meine Kippe.
„Äh – ich komm‘ mit – will die armen anderen Leute damit ja nicht weiter belästigen“ schlug ich lachend vor.
Sverre hatte gerade Halvor entdeckt, der suchend durch die Menge irrte, und winkte ihn gestikulierend herbei.
„Also, wir sind gleich wieder da“ sagte ich, schon im Gehen begriffen, zu ihm.
Er nickte, doch da waren wir schon in der Menge verschwunden.
Ich ging eng hinter ihr, während sie versucht sich durch die vielen Menschen in Richtung Ausgang zu schlängeln. Immer wieder mussten wir stehen bleiben und jedes Mal hielt ich meine Nase nah an ihre Haare und fühlte mich von ihrem Duft nahezu betört.
Mein Körper reagierte unglaublich auf sie – ich stand völlig neben mir. So eine körperliche Anziehungskraft hatte ich noch nie erlebt.
Endlich waren wir draußen und umkurvten auch noch die letzten Menschen, die rauchend vor dem Club standen.
Wir ließen uns beide geschafft gegen die Häuserwand fallen.
„Die Luft tut gut“ sagte Sonja leise.
„Schön, dass du gekommen bist“ flüsterte ich und schaute zur ihr rüber.
Ihre Augen hatten heute einen besonderen Glanz. „Du, gestern, was da passiert ist, ich..“ setzte sie an.
„Pssst – nicht drüber reden“ ich legte ihr meinen Finger auf die Lippen und stand schon wieder viel zu nah vor ihr.
Ihre Hand berührte meine Wange und strich sanft über die kleinen Stoppeln, die sich seit gestern früh schon wieder gebildet hatten.
Sanft lächelte ich sie an – es war noch nicht zu spät – wenn ich jetzt auf meinen Verstand gehört hätte. Ich würde einfach wieder reingehen.
Doch da hielt sie meine Hand schon in der Ihren und berührte sanft meinen Finger mit ihren Lippen.
Ich blickte ihr tief in ihre grünen Augen, ließ den Finger sinken und wie von selbst stießen unsere Münder zu einem begierigen Kuss aufeinander.
Minuten lang blieb die Welt für uns stehen und als sich unsere Münder erschöpft voneinander trennten, trafen sich unsere Blicke mit mehr als nur einer Spur Verlangen. „Wohin könnten wir gehen?“ fragte Sonja leise und wurde dabei ziemlich rot.
„Zumindest nicht auf die Toilette“ sagte ich grinsend. Aber ehrlich gesagt hatte ich auch keinen Schimmer. Unser Hotel war zwar gleich gegenüber, aber schließlich teilten wir uns alle ein Zimmer zu zweit.
„Der Bus“ sagte ich etwas kleinlaut. Das war eigentlich nicht der Ort, wo man eine Frau hin ausführen sollte, aber die Situation war verwirrend genug. Der Gedanke einen geeigneten Platz zu finden, wo man übereinander herfallen konnte, war verrückt genug. So etwas war mir dermaßen fremd, dass es mir schon fast peinlich war.
„Wir haben ihn in einer Seitenstraße geparkt, weil wir hier keinen Platz gefunden hatten. Es sah dort ziemlich verlassen aus“ grinste ich.
„Aber die anderen wollen doch sicher nachher dort hin, um ihre Sachen zu holen“ meinte Sonja, die immer noch einen hoch roten Kopf hatte. Sie macht solche Aktionen also auch nicht regelmäßig. Ich fand das irgendwie beruhigend, obwohl es mir eigentlich hätte egal sein können.
„Wir haben unsere Taschen heute Mittag, als wir ankamen, schon alle ins Hotel gebracht. Unser Equipment bleibt auch bis Morgen früh im Club. Wir hatten ausgemacht, es solange dort stehen lassen zu können, damit wir nicht immer mitten in der Nacht rumräumen müssen.“
„Ok, dann machen wir das“ flüsterte sie und zog meinen Kopf zu sich hinunter und begann mich erneut zu küssen. Der Kuss artete wieder in eine wilde Knutscherei aus und ihre Nähe brachte mich zum Schwitzen und meine Hose zum Spannen.
„Ich hol den Schlüssel“ keuchte ich und versank schon wieder in einem heftigen Kuss.
„Und ich den Rest“ zwinkerte sie mich an.
Wir verabredeten, uns hier gleich wieder zu treffen und so ging ich mit schnellen Schritten in den Club. Bevor ich die Bar erreichte, strich ich noch mal meine Haare glatt und ordnete mein Shirt.
„Sverre – weißt du, wo der Autoschlüssel ist? Ich wollte mit Sonja noch was trinken gehen, wollte aber ne Jacke mitnehmen. Doch ziemlich frisch draußen. Die hab‘ ich anscheinend im Bus vergessen.“
„So, so was trinken“ grinste Halvor, der sich gerade umdrehte und das Gespräch mit angehört hatte.
„Ja, was trinken“ funkelte ich ihn an „oder meinst du, ich verführe so ein junges Ding?“ Wie alt war sie überhaupt? Ich wusste kaum was von ihr – gut, sie studierte, aber älter als 21 war sie ganz sicher nicht. Ich wurde nächstes Jahr 30 – fühlte mich aber gerade gar nicht so.
„War doch nur ein Spaß, Mann“ meinte Halvor und holte aus seinem Rucksack einen Schlüsselbund und reichte ihn mir.
„Wartet nicht auf mich – vielleicht wird’s später“ murmelte ich noch, doch die beiden waren schon wieder lachend dabei, sich über den Barkeeper zu amüsieren.
Als ich raus kam, stand Sonja schon vor der Tür. Sie bemerkte mich nicht und so trat ich von hinten an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr „Wir können los, baby“ und lachte leise.
Sie grinste „so, so, baby also, dann zeig mir mal den Weg, Rockstar.“
Ich nahm ihre Hand und zog sie die dunkle Straße hinunter. Nach zwei Biegungen kamen wir in einer kleinen Einbahnstraße an, die aussah, als wären hier nur kleine Läden und Büros.
Wir hatten den kurzen Weg über nicht gesprochen und unser Schweigen hielt auch weiter an, als ich dabei war, den Bus aufzuschließen. Ich öffnete die hintere Tür und schaute Sonja etwas verlegen an.
Ihr leidenschaftlicher Blick schoss mir durch den ganzen Körper und ich schob sie v
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Kommentare
Kommentare: 11
Mir gefällt dein nüchterner Stil, wobei ich mit nüchtern nicht lieblos meine, sondern dass es keine übertriebene super-duper-ober-mega-Sex-Geschichte wird. Davon gibt es hier schon zuviel. Auch der geschilderte Sex artet nicht aus, alles bleibt in einem Rahmen, dass man sich vorstellen mag, es würde wirklich so passieren.
Mit leisem Applaus:
Fen«
Kommentare: 156
Kojote
Ich beginne zu bedauern, dass ich auf diese Trilogie nicht schon früher gestoßen bin.
Dein Schreibstil spricht mich sehr an und liest sich für mich sehr flüssig. Ich entdecke auch keine 'Bremsen', aber ich bin ein Freund von komplexeren Formulierungen und daher nicht repräsentativ.
Die Geschichte selbst ist süß. Und zwar auf eine gute Weise. Ich mag die Protagonisten und die Entwicklung.
Ich habe daher nur den einen Kritikpunkt: Zu kurz, zu wenig... Mehr davon!
Daher gehe ich nun mal zu Teil 3 über... ;-)«