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Kommentare: 8 | Lesungen: 3219 | Bewertung: 8.62 | Kategorie: Sonstiges | veröffentlicht: 24.01.2006

Von Drachen, Rittern und Quantenphysik

von

Ein Sprung ins ungewisse Dunkel rettete ihm das Leben.

Zwar schlug er krachend auf tiefer liegendem Boden aus hartem Gestein auf, aber der Schmerz der sich fortsetzte als er mehrere Meter weiterrollte schenkte ihm die Gewissheit am Leben geblieben zu sein.


Seine jahrelang trainierten Reflexe sorgten dafür dass er sich unbewusst hinter einen Felsen warf den er im Halbdunkel erspähte, und so hockte Falk heftig atmend und blutüberströmt in dieser Höhle und wartete auf ein Lebenszeichen seines Gegners.


Eigentlich hoffte er ja auf KEIN Lebenszeichen, sondern eher auf ein Sterbenszeichen oder etwas in der Art.

Erst als sich durch das Rauschen des Blutes in seinen Ohren wieder die typische Geräuschkulisse von tropfendem Wasser und leise heulendem Wind breit machte raffte er seine verbliebenen Kraftreserven zusammen und zog sich an dem Felsen in eine aufrechte Stellung. Er tastete seinen Körper ab um ein Bild von seinem momentanen Zustand zu bekommen. Das Biest hatte seinen Schild schneller weg geschmolzen als er „Klingenberger Maßarbeit“ schreien konnte, sein Schwert war auch irgendwo in dieser Höhle verschwunden, und sein genereller physischer Zustand wäre mit „bemitleidenswert“ noch schöngeredet.


Als er seinen rechten Arm bewegen wollte durchfuhr ihn plötzlich eine Welle aus grellem Schmerz, nur mit Mühe konnte er einen Schrei unterdrücken. Nachdem die bunten Flecken vor seinen Augen aufhörten wild umherzutanzen, und schließlich ganz verschwanden, biss Falk die Zähne zusammen und erkundete mit leichtem Fingerdruck den Zustand seines Schwertarms. Kurz vor seinem Ellenbogen löste die Prozedur eine neue Welle voll Schmerz aus und ließ ihn wimmernd in sich zusammensacken.


Nach einer Ewigkeit – er wusste nicht mehr wie lange er sich schon in dieser Höhle aufhielt – schaffte er es endlich aufzustehen ohne gleich wieder umzukippen, aus den Resten seines Schildriemens hatte er sich eine provisorische Schlinge für seinen Arm gebastelt. So notdürftig verarztet nahm er sich vor seinem Gegner einen Besuch abzustatten, der wahrscheinlich immer noch den Ausgang blockierte.


Seinen Atem künstlich auf ein Minimum reduzierend schob sich Falk mit zusammengebissenen Zähnen an der Höhlenwand vorbei, bis er zu dem Vorsprung kam von welchem er sich in spektakulär-dämlicher Art und Weise runter geworfen hatte um dem herbeistürzenden Drachen zu entkommen.


Ihm fiel sofort der süßliche Geruch auf, welcher von oberhalb des Vorsprungs herunterwehte, und eine vage Hoffnung machte sich in ihm breit. Aber noch war er nicht gerettet, mit einem gebrochenen Arm war es für ihn unmöglich diesen Vorsprung hinaufzuklettern, und auf Hilfe konnte er in einer Drachenhöhle ruhig die nächsten dreitausend Jahre warten.

Noch einmal lauschte er in die Stille hinein, und wieder vernahm er nichts als das Echo des tropfenden Wassers, das sich in der Höhle vervielfachte. Er wanderte den Vorsprung auf und ab, konnte keine Möglichkeit finden doch irgendwie hinauf zu gelangen und durchsuchte schließlich vorsichtig das andere Ende der Höhle, das sich jedoch als absolute Sackgasse entpuppte. Schließlich ließ er sich doch zu ein paar Hilferufen hinreißen, im Wissen dass sie genauso gut das Biest darauf hinweisen könnten dass er doch noch nicht in seiner Höhle vor sich hinrottete. Als sich weder rettende Menschen noch ein sein Schicksal besiegelnder Flammenstoß einstellten ließ sich Falk frustriert an der Wand des Vorsprungs herabsinken und starrte verdrießlich in die Dunkelheit. Er war gefangen, so oder so.


Er hatte es irgendwie geschafft den höllischen Kampf mit dem Drachen zu überleben, und hatte diesen vielleicht sogar getötet, war nun aber selber dazu verdammt in der Höhle zu verhungern.


Stundenlang saß Falk in der Dunkelheit und grübelte über etwaige Auswege aus dieser Falle, kam aber zu keinem anderen Ergebnis als den qualvollen Hungertod durch ein schnelleres, selbst gewähltes Ende auf einem der Salzdorne in der Höhle auszutauschen. (Die fünftausend Jahre Fegefeuer waren zu verkraften, wenn man an fünf Tage Hunger dachte.)

Gerade als er genug Mut zusammen hatte um seinem irgendwie ironisch anmutenden Schicksal ein Ende zu setzen bemerkte er wie ihm etwas auf den Kopf tropfte und durch sein vor Schweiss und Blut verklebtes Haar an ihm herab rann.


Falk verdrehte die Augen und verfluchte das Schicksal dafür dass es dieses Wasser nicht einfach einen Schritt weit neben ihm auf den Boden tropfen ließ. Als er mit seinen Fingern durch sein Haar fuhr bemerkte er dass dies kein normales Wasser war. Die Flüssigkeit stellte sich als viel dicker heraus und lief nur langsam an seiner Hand hinab. Als er sich die feuchten Finger vor die Nase hielt wurde seine Vermutung Gewissheit:


Blut klebte an seinen Händen, und es war nicht sein Blut.


Beinahe im selben Augenblick fingen seine Finger an zu kribbeln, und ein brennendes Gefühl breitete sich in seiner Hand aus.


Erschrocken kroch er auf eine Pfütze mit Quellwasser zu und versuchte verzweifelt das Blut von seinen Fingern zu waschen. Als das Kribbeln endlich nachließ betrachtete er seine Linke im Halbdunkel, ohne wirklich etwas erkennen zu können. Verblüfft stellte er fest dass seine Hand nicht mehr schmerzte, und so fast das einzige Körperteil darstellte das sich nicht im Dauerprotest gegen die ständige Überbeanspruchung befand (andere Körperteile die nicht schmerzten wurden eh dauernd ignoriert weil ein Drache recht ungehalten auf menschliche Avancen reagieren kann).

Falk dachte nicht lange nach und krabbelte ächzend zurück zu der Stelle an dem ihm die Flüssigkeit auf sein Haupt getropft war und nahm die Flüssigkeit, die auf dem Boden schon eine kleine Pfütze bildete, mit zitternden Fingern auf, um sie langsam auf seinen schmerzenden Gliedern zu verteilen. Als er seinen ganzen rechten Arm eingeschmiert hatte ließ ihn die Konzentration des brennenden Gefühls aufstöhnen.


Für eine Weile hockte er wie gelähmt in dem Blutrinnsal und biss vor Schmerz die Zähne aufeinander.


Schmerz?


Schmerz war das nicht, das durch seinen Körper wanderte wie die Wärme eines Lagerfeuers nach einem Tag in den vor Eis nur so strotzenden helvetischen Bergen. Es war eher ein ungeheurer Schub an Energie, wie vor einem aussichtslosen Kampf, nur tausendmal so intensiv. Der Schmerz der nicht unerheblichen Verletzungen, von dem wohl härtesten Kampf den Falk jemals absolvierte, verschwand mit jeder blutbeschmierten Hand, die Falk über seine Glieder schob, und sein Blut begann wie flüssiges Feuer durch seine Adern zu rauschen.


Die Situation erschien ihm immer lächerlicher: durch das heilende Gefühl des Drachenbluts getäuscht, würde er letztendlich von dem Vieh nicht gebraten, sondern gekocht.


Trotzdem konnte er nicht davon lassen, alles war ihm lieber als der eigene körperliche Schmerz.


Als er seine Glieder wieder soweit bewegen konnte dass er nicht bei jeder Regung an den Rand der Ohnmacht getrieben wurde, wagte Falk einen Versuch und zog sich an dem Felsvorsprung hoch, um nachzusehen ob die Quelle des Blutstroms auch hundertprozentig tot war. Seine gut drei Zentner (sein Name sorgte dummerweise nur bei Menschen für ehrfürchtige Stille, ein mehrere Lasten schwerer Drache ließ sich davon weniger beeindrucken) an dem Vorsprung hochzuziehen war trotz der heilenden/einkochenden Wirkung des Drachenbluts alles andere als einfach, und so brauchte der Hüne mehrere Versuche, bis er sich schließlich ausser Atem zwei Meter höher auf die Seite wälzen konnte.

Der Anblick, der sich ihm oben bot war ließ ihn ungläubig erstarren, er traute seinen Augen nicht. Der Drache, der jede Beschreibung der Dorfbewohner in der umliegenden Gegend sofort als tolldreiste Untertreibung entlarvte ("Ein Lindwurm, mehr nicht." – "Der reisst nur Schafe." – "Keine Herausforderung."), war tatsächlich tot, aber die Art und Weise auf die er gestorben war, war alles andere als Sagentauglich: das Ungetüm hatte sich in seiner eigenen Halle den Schädel an der Decke gestoßen, was bei der Menge an Stalaktiten in diesem Gewölbe natürlich sofort eine Gedankensperre in Form eines zwei Meter langen Steindolchs zur Folge hatte. Der Drache war wahrscheinlich in dem Moment gestorben, in dem er sich aufrichtete um Falk einen glühenden Atemstoß hinter den Vorsprung herzuschicken.


"Mehr Glück als Verstand.", waren die ersten Worte die ihm nach dem Kampf über die Lippen kamen. Als er seine Aufmerksamkeit seinem immer noch schmerzenden Körper zuwandte, und er erkannte dass die brennende Wirkung nachgelassen hatte, zauderte er nicht lange und ließ sich in eine kleine Versenkung gleiten, die schon mit dem leicht dampfenden Blut des Viehs voll gelaufen war.


Erst genoss er das kribbelnde Gefühl, dass jetzt jeden Flecken Haut auf seinem Körper eindeckte, aber als er erkannte dass das immer weiter zunehmende Kribbeln nicht aufhörte, war es schon zu spät: er verlor die Kontrolle über seine Glieder, und fand sich in einem Blutbad gefangen dass sein eigenes Blut zum kochen brachte. Ein entsetztes Stöhnen war das einzige, wozu er im Stande war, bevor das Kribbeln seinen Kopf erreichte und ihn in einem Strudel aus Schmerz und Erregung ins Nichts riss.

Als Falk das nächste Mal die Augen öffnete verschwand die Schwärze nur langsam aus seinem Blickfeld. Nach einer Weile konnte er sein Umfeld genauer erkennen, und die Gewissheit immer noch in der Höhle zu sein brachte ihm nicht wirklich viel: er hatte von Geistern gehört die dazu verdammt waren an dem Ort ihres Todes zu spuken bis jemand kam und sie erlöste (was bei einer Drachenhöhle eine verdammt lange Zeit in Anspruch nehmen konnte).


Er kniff sich in die linke Seite um durch den Schmerz Gewissheit über seinen Zustand zu erlangen, doch da war nichts. Er griff in ein Stück taubes Fleisch. Er war also tatsächlich gestorben, durch eigene Dummheit natürlich, aber wenigstens hatte er dieses Biest mitgenommen. Er hatte sich so oft auf den Tod vorbereitet, vor jedem Feldzug gegen Ungeheuer und Tyrannen einen christlichen Priester aufgesucht um seine Sünden zu beichten und um sich für seine folgenden Taten segnen zu lassen, aber jetzt, unmittelbar nach seinem Wechsel auf die andere Seite stellte sich Enttäuschung ein: sechs Ungeheuer Satans hatte er schon von der Erde getilgt, und unzählige menschliche Diener des Widersachers gleich hinzu. Er hatte ein ewiges Dasein als ruheloser Geist einfach nicht verdient, nicht nach seinen Taten im Namen des Herrn.


Erst als er den kurzweiligen Zwist mit seinem Schicksal beiseite schob, erkannte er dass er immer noch in der Lache von Drachenblut lag, welche schließlich sein Los besiegelt hatte, und so erhob er sich um seine Existenz als Geist etwas weniger nackt anzutreten. Als er ein paar tropfende Schritte machte, rutschte der Drachentöter auf dem glatten Gestein aus und fiel mit einer beachtlichen Geschwindigkeit alle vier von sich gestreckt auf den harten Untergrund. Die Wucht des Aufschlags trieb ihm die Luft aus den Lungen, aber der Schock dass er noch atmete war viel größer:


Er war nicht tot.


Hustend, und gleichzeitig lachend, rappelte sich Falk wieder auf. Die Freude über sein doch nicht so trostloses Schicksal schrie er in hellem Jubel in die Höhle, die sein Geschrei in unwirkliches Geheul verwandelte.


Als er sich wieder fasste, wandte er sich seinem Opfer zu, das es nun doch nicht geschafft hatte ihn postmortem mit ins Grab zu nehmen. Der gigantische Drache lag mit offenen Augen, die ihn seltsam aber leblos anstarrten, mitten in der riesigen Höhle, die doch zu klein für dieses Wesen war. Das 'zig Schritt lange Biest lag wie schlafend auf einer Ebene, über die Falk einige Stunden zuvor noch verzweifelt nach Deckung suchend umher gerannt war, nur die offenen Augen und das fehlende Grollen des Atems ließen auf das ausgehauchte Leben schließen.


Normalerweise stellte sich bei Falk nach einem Sieg über die Ungeheuer des Teufels ungemeiner Stolz und Zuversicht ein, doch als er den grün-gelb geschuppten Riesen vor sich liegen sah, übermannten ihn Mitleid und das Gefühl, ein unendlich altes und schönes Wesen aus dem Leben gerissen zu haben, und zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er das Gefühl von Tränen, die an seinem Gesicht herab rannen.


Verwirrt von seiner eigenen Reaktion wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, klaubte den Rest seiner Kleidung zusammen (den Harnisch hatte er der Beweglichkeit abgelegt, und das Kettenhemd hatte er im Kampf loswerden müssen weil ihm das glühende Metall sonst ein schön anzusehendes Muster in die Haut gebrannt hätte) und machte sich ohne einen weiteren Blick auf das tote Ungetüm zu werfen auf den Weg ins Freie.

Als er aus der Höhle heraustrat erkannte er dass er nicht den geringsten Schimmer hatte, wie viel Zeit er in der Höhle verbracht hat, geschweige denn wie lange er ohnmächtig in dem Drachenblut gelegen hatte. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Wärme die sie ausstrahlte ließ ihn wohlig erschauern. Als er sich genauer umblickte bemerkte er dass das Wetter das Panorama des Frankenlandes in atemberaubende Entfernung erweiterte, und dass der alte Fluss, den sie hier Moyn nannten, einen imposanten Anblick bot. Als er sich an der Natur satt gesehen hatte machte er sich auf den Weg und kletterte die große Felswand, die er schon auf dem Weg herauf mit Leichtigkeit gemeistert hatte, in atemberaubender Geschwindigkeit herab und brauchte nicht lang um sein Lager zu entdecken, bei dem sein Knappe auf ihn warten sollte.


Als er den alten Bernhard entdeckte, der Pfeife rauchend vor einem Lagerfeuer saß und verträumt in den Wald starrte, erkannte Falk dass er keine drei Tage in der Höhle verbracht hatte, sein Knappe hätte sich ansonsten schon lange in das nächste Dorf verkrochen, wohl wissend dass sein Herr letztendlich doch den Tod gefunden hatte. ("Knappe" war für einen dreiundfünfzigjährigen Menschen wohl ein seltsamer Begriff, jedoch hatte sich Bernhard immer wieder als den Jungspunden, die sich Falk anschließen wollten, überlegen herausgestellt, was der einzige Grund dafür war dass Falk ihn mitnahm: wenn man Monster und Ungeheuer jagte, konnte man keine Fehler machenden Kinder gebrauchen.)


Als Falk sich dem Lager auf zehn Schritte genähert hatte, warf er dem alten Mann ein Grußwort zu.


- "Siehe, alter Zauser, ich habe es mal wieder geschafft!"


Die Reaktion des alten Mannes fiel ganz und gar nicht erwartungsgemäß aus: der alte Mann wirbelte herum, packte mit einem entsetzten Ausdruck im Gesicht seine Armbrust und richtete sie binnen eines Augenblicks auf seinen Herren.


"DÄMON!!!", schrie Bernhard mit schriller Stimme, "MACH DASS DU FORTKOMMST!"


Falk erstarrte. Hatte sein Knappe den Verstand verloren?


- "Was ist mit dir, alter Mann? Ich bin es, und niemand anders! Falk von Bentheim! Senke diese verdammte Waffe, oder ich werde dich lehren was es heisst mich zu bedrohen!"


Kaum gesprochen, fiel Falk auf dass er bis auf seine Hände völlig unbewaffnet war, was normalerweise kein Problem dargestellt hätte, aber die Armbrust, die gerade auf ihn zielte, war ein Kaliber zu groß für eine Nahkampfattacke. Der alte Mann machte weiterhin keine Anstalten seine Meinung über seinen Herrn zu ändern.


"TEUFEL, SIEH ZU DASS DU LAND GEWINNST, ODER ICH WERDE DEINEN SCHÄDEL MIT STAHL SPALTEN." Die Stimme Bernhards überschlug sich nun fast, und Falk erkannte dass die Augen seines Knappen vor Todesangst geweitet waren. Trotzdem erschien ihm die Situation ungemein lächerlich, vor allem weil Bernhard noch nie etwas gefährlicheres als ein tollwütiges Kaninchen erlegt hatte.


- "Bernhard, siehst du nicht wer ich bin?" Er brauchte keine Antwort, das Surren eines Bolzens erklang und verstummte in der selben Sekunde, und Falk wurde grob von den Füßen gerissen. Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte er dass ein nicht unerheblich großes Stück Holz in seiner rechten Seite steckte, jedoch ohne das geringste Schmerzgefühl auszulösen. Von den letzten Sekunden verwirrt, zog Falk den Bolzen ohne weiteres aus seinem Fleisch, und beobachtete ungläubig wie sich die Wunde fast augenblicklich wieder schloss. Nicht einmal Blut zeugte von der Verwundung die ihm gerade von seinem eigenen Knappen zugefügt wurde. Als er sich wieder an den Schützen erinnerte, wandte er den Blick wieder dem fassungslos dastehenden Bernhard zu.


Der alte Mann zitterte am ganzen Leib, die Augen traten fast aus den Höhlen, und mit einem gellenden Schrei wirbelte der Mann herum, kletterte unbeholfen auf das sein angebundenes Pferd, wurde abgeworfen als das Tier sich weigerte aus dem Stand in den Galopp zu wechseln und dabei eine uralte Eiche mit sich zu reissen, rappelte sich wieder auf und hechtete zu Fuss davon, nicht ohne dem verdutzt dasitzenden Falk ein grelles "WIR WERDEN VON BENTHEIM RÄCHEN!" zuzukreischen, bevor er hinter der nächsten Hügelkuppe verschwand.


Vollkommen verwirrt saß der verlassene Drachentöter noch einige Momente da, starrte abwechselnd auf die Stelle in der vorhin noch ein dicker Bolzen steckte, und in die Richtung in die sein Knappe, der ihn jahrelang auf alle erdenklichen Abenteuer begleitet hatte, verschwunden war, bevor er sich aufrappelte und zu den beiden angebundenen Pferden trat. Hansel, sein stattlich muskulöser Hengst, schien seltsam ruhig zu sein, normalerweise schnaubte er in heller Aufregung wenn sein Herr sich näherte, und Sekonda, die Stute seines Knappen, verhielt sich wie immer vollkommen regungslos. Er ließ sich die hysterische und vor allem feindselige Reaktion auf seine Rückkehr noch einmal durch den Kopf gehen als er die Pferde losband, und fragte sich laut was wohl in den alten Mann gefahren sei.

"Das fragt er sich noch? Kommt knallrot mit Drachenblut beschmiert einen riesigen Felsen heruntergeklettert, mit nichts anderem bekleidet als einem fetzen Stoff und einem Rest Schweinehaut, und wundert sich dann darüber dass der alte Idiot bei seinem Anblick den Verstand verliert!"


Falk erstarrte auf der Stelle. Wie konnte sich jemand so schnell an ihn herangeschlichen haben? Er wandte sich langsam um, konnte aber niemanden erblicken, nur die beiden Pferde blickten ihn mit nichts sagendem Ausdruck an. Er suchte die Umgebung und die Bäume ab, entdeckte aber nichts weiter, strich sich durch die von Drachenblut klebrigen Haare, und wunderte sich ob er oben in der Höhle wohl doch mehr Schaden erlitten hatte als angenommen. Als er sich zum gehen umwandte, erklang eine weitere Stimme.


"Ich mochte den alten Mann. Er war immer gut zu uns."


Dieses mal wandte sich Falk schneller um, nur um wieder in die ausdruckslosen Gesichter seiner beiden tierischen Gefährten zu blicken.


"Der Trottel sprach mit sich selber!" Falk fiel die Kinnlade herunter, als die Stimme eindeutig von seinem Hengst kam.


"Nein, er hat mit uns gesprochen!" entgegnete die Schimmelstute mit beleidigt angelegten Ohren, den vollkommen verdutzt dastehenden Falk vollkommen ignorierend.


"Was redest du, dummes Ding. Dieser Mensch hat so getan als würde er zu dir reden, denkst du wirklich er hat auch nur ein Wort von dem verstanden, was du ihm gesagt hast?" Der Hengst senkte den Kopf um ihn sofort wieder hochschnellen zu lassen, was seine lange schwarze Mähne in Wellen durch die Luft wirbeln ließ.


Die Stute wandte nun den Blick in die dem Hengst entgegen gesetzte Richtung ab, und blies gekünstelt die Nüstern auf.


"Du hast keine Ahnung. Mein Herr war gut zu mir, weil er immer verstanden hat was ich von ihm wünschte."


Irgend etwas klickte in Falks Kopf, und eine unheimliche Angst stieg in ihm auf.

Seine Pferde waren vom Teufel besessen!


Der Teufel hatte seinen Knappen und sein Getier in seiner Abwesenheit heimgesucht.


Der Gedanke dass dieser Teufel zurückkommen könnte, um auch ihn zu holen, verwandelte die Angst in lodernde Panik.


"Schau dir mal den an, ich glaube, der dreht gleich durch."


Der Rappe Hansel wusste gar nicht wie recht er hatte: Falk ließ in einer einzigen Bewegung die Zügel der beiden Pferde fallen, und hetzte in die nächst beste Richtung, nur um so weit wie möglich von den beiden dämonischen Tieren wegzukommen.


"Wie? Was soll das denn jetzt? Wo will der hin?", hörte er die Stute noch fragen, bevor sie ausser Hörweite waren.


Das war alles zu viel, ein getöteter Drache, beinahe in Drachenblut gekocht worden, ein durchdrehender Knappe, ein Bolzen ohne Wirkung, und zwei sprechende Pferde.


Die Zusammenfassung der Merkwürdigkeiten der letzten Stunden steigerte seine Panik nur noch, und so rannte Falk durch den Wald bis seine Lungen brannte. Just in dem Moment, in dem Falk sich umsah um sicherzustellen dass die besessenen Pferde ihm nicht gefolgt waren, verschwand der Boden unter seinen Füßen, und er rutsche eine mit Laub gefüllte Senkung herunter, schlitterte über einen langen Felsen und fand sich beinahe direkt über einem Wasserfall wider, der einige Meter unter ihm tosend in einem kleineren Gewässer verschwand. Wäre er einen Meter weitergerutscht, hätte er sich unten wohl alle Knochen gebrochen, und das Wasser hätte ihn verschlungen. Vollkommen ausser Atem sah er sich um, um einen Überblick über seine momentane Situation zu erlangen.


Als er an das gerade geschehene dachte, flammte wieder die Panik auf, die ihn zuvor durch den Wald getrieben hatte, und so versuchte er keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass seine Pferde sich gerade eben wörtlich gestritten hatten. Riesige Bären, Lindwürmer und Drachen waren kein Problem, aber sprechende Tiere waren dann doch eine Kleinigkeit zuviel für die Rückkehr aus der Höhle der Flammen. Er hatte mit einer satten Belohnung gerechnet, vielleicht mit einer netten Nacht mit der Tochter des Bürgermeisters, bevor er sich aus dem Staub gemacht hätte um den nächsten Unhold zu erledigen, nicht mit einem wahnsinnig gewordenen Knappen oder debattierenden Lasttieren.


"Mein Herr, sie sehen sehr gestresst aus, kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?"


Falk wirbelte herum, doch seine Erwartung eines besessenen Pferdes erfüllte sich nicht. Anstelle dessen sah er nichts weiter als den Bach, der sich an dem Felsen vorbei schob, und jede Menge Wald um sich herum.


"Entschuldigen sie, aber mit so viel körperlicher Größe kann ich leider nicht dienen. Wenn sie ihren Blick vielleicht ein Stück senken könnten?"


Unweigerlich folgte Falk der Anweisung, nur um beim Anblick seines Gegenübers vor Schreck einen Satz zurück zu machen, und sich dabei über die Felsenkante zu befördern.


"Aber nicht doch…", schrie der kleine Wicht mit den spitzen Ohren, als er beobachtete wie Falk kopfüber nach hinten fiel, und über den Felsen hinab stürzte.


Bentheims Schrei, ob der abstrakte Begegnung auf dem Felsen und des todbringenden Sturzes den Wasserfall hinab, wurde im Keim erstickt als er aufschlug, und seine Lungen füllten sich augenblicklich mit Wasser. Natürlich konnte er schwimmen, jedoch riss der Wasserfall ihn immer tiefer unter Wasser, bis er unten und oben nicht mehr erkennen konnte und verzweifelt in eine Richtung trat um den Rand zu erreichen, wobe

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Kommentare


Nucleus
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 18
Nucleus
schrieb am 24.01.2006:
»Klasse, eine Geschichte "mit Sex" und dazu noch eine gehörige Portion Fantasie. Gefällt mir ausnehmend gut. Die Rubrik "Sonstiges" könnte man vielleicht auch umbenennen in "Besonderes."
Ich würde mich auf weitere Geschichten von Dir freuen.«

Regan
dabei seit: Dez '03
Kommentare: 1
schrieb am 25.01.2006:
»Eine sehr sehr gute geschichte mit super storie, spannent und erotisch zugleich geschrieben. Einfach perfekt. Ich hoffe es geht weiter.«

u577503
dabei seit: Aug '03
Kommentare: 45
Gumbold
schrieb am 26.01.2006:
»Sehr humorvoll,
einmal etwas ganz anderes; mir hat die Story gefallen.
ein Zitat:
"was bei der Menge an Stalaktiten in diesem Gewölbe natürlich sofort eine Gedankensperre in Form eines zwei Meter langen Steindolchs zur Folge hatte"
Das klingt wie guter britischer Humor.
Weiter so!«

Libberty
dabei seit: Aug '04
Kommentare: 18
schrieb am 27.01.2006:
»kann mich den anderen Kommentaren nur anschliessen. Guter trockener Humor und die Figuren sind auch Klasse. Bitte mehr!«

yksinäisyys
dabei seit: Okt '04
Kommentare: 142
schrieb am 29.01.2006:
»Hei Shiro!

Eine sehr schöne Geschichte! Klasse erzählt, sehr phantasievoll, auch die Erotik kam nicht zu kurz! Auf den Punkt gebracht: eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack! Das macht Lust auf mehr! Bitte weiter so und vielen Dank für das Lesevergnügen!

Liebe Grüße

yksi«

Maduschka
dabei seit: Okt '03
Kommentare: 56
Maduschka
schrieb am 25.09.2006:
»Hat mir sehr gut gefallen!
Die sich aus dieser Phantasie ergebenden weiteren Handlungen könnten Bücher füllen ;-)

Maduschka«

mensch14
dabei seit: Mär '04
Kommentare: 35
schrieb am 16.07.2010:
»Klasse!«

Locxion
dabei seit: Aug '04
Kommentare: 6
schrieb am 08.10.2011:
»Hmmm mehr?«



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