Weekendfeeling
von Leichtgewicht
Mein Mann und ich hatten uns eine Auszeit verordnet. Mein Mann konnte vor Arbeit nicht mehr aus den Augen gucken, und ich wurde immer unleidlicher, weil ich nichts mehr von ihm hatte. Ich weiß, wir Frauen sind undankbar. Wir wollen, dass unsere Männer Karriere machen oder viel Geld verdienen, und gleichzeitig wollen wir, dass sie sich um uns kümmern, damit wir uns nicht langweilen. Wie das gehen soll, danach fragen wir nicht. Die meisten meiner Freundinnen lösen ihr Problem der Langeweile außer Haus, aber das kam für mich nicht in Frage.
Wir, also mein Mann und ich, hatten stattdessen beschlossen, ein Wochenende in einem wohlbekannten Sporthotel zu verbringen, das für seine kleine, aber höchst anspruchsvolle Golfanlage bekannt war, über die üblichen Tennisplätze verfügte und einen angeschlossenen Reitstall besaß. Und wir hatten beschlossen, dass es sich bei diesem Ausflug nicht um den einzigen in diesem Jahr handeln solle. Alle guten Vorsätze waren also da.
Das war es aber auch schon. Mein Mann war zu spät aus der Firma weggekommen, und obwohl von da ab nur noch gehetzt wurde, saßen wir nicht vor halb Drei im Auto. Viel zu spät, denn jetzt hingen wir im Wochenendverkehr auf der Autobahn fest. Hinter uns Baustellen, vor uns Unfälle. So war es beinahe neunzehn Uhr, als wir ankamen. Wir hatten uns auf ein gemütliches Candlelight Dinner gefreut, aber Hunger hatten wir schon lange nicht mehr. Ich hatte mir den Bauch mit Keksen und Schokolade voll gestopft und konnte nichts Essbares mehr sehen. Vielleicht hätte ich noch einen Salat vertragen, aber mein Mann wollte nur noch aufs Zimmer, auspacken, duschen und dann in aller Ruhe weiter sehen.
Ich drängelte mich vor und duschte zuerst, weil es mir die Gelegenheit gab, die wichtigsten Stellen im Badezimmer mit meinen eigenen Sachen zu belegen. Mein Mann packte derweil aus.
„Du kannst, Schatz“, trällerte ich, rubbelte mich mit einem Handtuch ab und zeigte viel Haut.
Er starrte in seinen Koffer und sagte: „Ich glaube, ich habe den Bericht von Voss und Krüger zuhause liegen lassen.“
Ich hätte ihn erschlagen können.
„Komm mit runter an die Bar“, schlug ich vor. „Etwas richtig Kräftiges, und du bist wieder obenauf.“
Er schaute mich mit leicht geröteten Augen an und sagte nur:
„Geh du mal allein. Ich habe nur Durst. Aber wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann besorge mir ein riesengroßes, gut gezapftes Pils. Hochprozentiges haben wir auch hier oben in der Minibar.“
Offenbar eine Notfallsituation. Außerdem würden wir uns beim Auspacken nur gegenseitig im Weg stehen. Also zupfte ich Rock und Bluse aus dem Koffer, restaurierte mein Gesicht und machte, dass ich weg kam.
Die Hotelbar war überraschend gut besucht. Nicht nur die üblichen zwei, drei Gesichter, die nicht wussten, was sie mit ihrer Zeit anstellen sollten. Ich schob mich zwischen zwei Herren durch und bestellte wie von meinem Göttergatten gewünscht ein riesengroßes, gut gezapftes Pils. Zum Mitnehmen.
“Sofort, gnädige Frau. Der Zimmerservice wird es hinauf bringen.“
„Lassen Sie nur“, sagte ich. „Ich nehme es selbst mit.“
„Sofort heißt länger als sieben Minuten“, sagte der Herr links von mir.
„Viel länger als sieben Minuten“, sagte der andere. „Bei den großen Gläsern dauert es immer länger.“
„Na herrlich, dachte ich mir. Zwei Experten, die sich gegenseitig damit übertrumpfen wollen, wer mehr davon versteht, wie man ein Bier zapft.“
„Wie wäre es mit einem kleinen Schluck Rotwein während der Wartezeit?“
Ich war überrascht. Die beiden Herren tranken tatsächlich Rotwein an der Bar. Keinen offenen, sondern einen aus der Flasche.
Der Barkeeper hatte ungefragt ein weiteres Glas hervorgezaubert und einer der beiden Herren schenkte ein. Es war etwas mehr als nur ein Schluck, aber auch nicht unziemlich viel.
„Danke“, sagte ich. „Aber nur eines, beim zweiten Glas fange ich bereits an, auf den Tischen zu tanzen.“
“Das wäre bestimmt eine unwiderstehliche Showeinlage“, lachte der Mann links von mir, und der andere fügte hinzu:
„Dieser unverschämt gut aussehende Herr da, der ihnen soeben zu dem Rotwein verholfen hat, heißt Mark, und mich haben meine Eltern Robin getauft. Mich nennt aber kein Mensch so. Die meisten sagen Rob. Und damit kein Unglück geschieht, Robby kann ich nicht ausstehen.“
Ich hob mein Glas. „Dann auf ihr Wohl, meine Herren.“
Ich hatte nicht den Wunsch, gleich schon am ersten Abend hier meinen Vornamen in die Runde zu werfen.
Die Bar begann sich zu füllen, so dass man es beinahe schon eng nennen konnte. Mark und Robin taten ihr Bestes, mir ein wenig Luft zum Atmen zu gönnen, aber es ließ sich nicht vermeiden, dass wir von allen Seiten angestoßen wurden. Marks Hüfte schob sich gegen meine und drängte wieder zurück, Robins Hand streifte über meinen Arm, bevor sie wieder am Geländer Halt fand. Einmal kam sein Gesicht so nahe an meines, dass ich die Hitze seiner Haut spüren konnte. Aber mehr geschah nicht. Die beiden Herren verhielten sich vorbildlich. Lediglich die körperliche Nähe ließ die Temperatur etwas ansteigen.
Mark sah recht sportlich aus. Er trug eine Kombination aus einer legeren Leinenhose und einem leichten Sweater darüber. Dieser Typ von Hosen, der den Albtraum jeder Hausfrau darstellt. Direkt nach jedem Bügeln kann man die neuen Knitterfalten wachsen sehen.
Robin schien eher ein Intellektueller zu sein. Sein Jackett bestand aus einem Stoff, den ich nicht zuordnen konnte. Ich tippte auf Rohseide. Die Füße der beiden Herren steckten in italienischen Tretern. Herrlich bequem, sündhaft teuer.
Meine weiteren Überlegungen erübrigten sich, denn mein Pils war fertig.
Ich wünschte den beiden Herren noch einen schönen Abend und verschwand.
Oben angekommen öffnete ich leise die Tür zu unserer Suite und sah mich schon als gefeierte Wunschfee. Was mich verwunderte war die Stille. Noch nicht einmal der Fernseher lief. Ich schlich durch den Vorraum, querte den kleinen Wohntrakt, gelangte endlich in das Schlafzimmer und traute meinen Augen nicht. Mein Mann lag völlig angekleidet auf dem Bett und schlief. Der Mund war halb geöffnet, und sein Koffer immer noch nicht ausgeräumt.
Was musste der arme Kerl fertig sein. Da half auch kein Bier mehr.
Ich stellte das Glas auf seinem Nachttisch ab, strich meinem Männe zärtlich über die Wange, was überhaupt keine Reaktion erbrachte, und überlegte, was ich machen sollte. Im Gegensatz zu ihm fühlte ich mich ausgeruht. Außerdem war es noch vor Acht. Das war viel zu früh, um schlafen zu gehen. Ich beschloss ihm seine Ruhe zu gönnen und verschwand so leise, wie ich gekommen war. Es gab schlimmeres, als einige Zeit an der Bar zu verbringen.
Dort war es mittlerweile brechend voll. Selbst die Tische in der Lounge kannten keinen freien Stuhl mehr. Es waren vorwiegend Männer in Schwarz, Dunkelblau oder dezentem Anthrazit, die sich da herum drängten. Die wenigen Damen hatten sich fast ausnahmslos in ein teures Kostüm gezwängt. Ich sah nur zwei, die es wagten, Hosen zu tragen. Alles wirkte auf mich sehr steif. Als zusätzliches Zeichen für „Rühr mich bloß nicht an“ hatten einige der Damen noch ein Namenschild angesteckt.
Robin und Mark standen immer noch an der Bar und winkten mir zu.
„Was ist denn hier los?“, fragte ich entgeistert.
„Nichts“, antwortete Mark. Irgend so eine Tagung. Sie geht noch bis morgen Mittag, dann sind wir die Horde los. Das, was Sie hier sehen, wird gerne als ungezwungenes und informelles Treffen beschrieben. Aber dafür müsste jeder von denen erst einmal mindestens eine halbe Flasche kippen, bevor die auftauen.“
„Keine Angst“, sagte Robin. „Da besteht keine Gefahr. Wenn hier jeder mit jedem ein paar Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hat und sicher sein kann, dass seine Anwesenheit bemerkt wurde, verschwinden die meisten wieder. Spätestens um Zehn wird es dann hier gemütlich. Bis dahin heißt es aushalten.
„Ihr hängt wohl den Abend hier unten?“, fragte ich neugierig.
“Ja“, sagte Robin ganz ernsthaft. „Die Bar ist exquisit bestückt und während des Tages gibt es keinen Alkohol. Strikt verboten.“
„Nicht gut für den Abschlag“, erklärte Mark und schob mir ein Glas Rotwein in die Hand. „Damit die Flasche endlich leer wird.“
“Das wäre schon das Zweite“. bemerkte ich.
„Ja, ich weiß. Wir hoffen auf das Tanzvergnügen.“
Ich musste lachen. Ich fühlte mich wohl in der Gesellschaft dieser beiden Herren. Sie waren charmant und geistreich, und die Stunde Rücksichtnahme, die ich mir eingeräumt hatte, bis ich wieder hinauf wollte, würde schnell vergehen. Und sie verhielten sich wirklich untadelig, die beiden Herren. Wie Gentlemen frisch von der Insel importiert, nur nicht so steif.
„Und nun?“, fragte Robin.
„Champagner“, sagte Mark.
„Kein Champagner“, sagte ich.
„Nein, kein Champagner“, sagte Robin. „Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich empfehle einen Riesling Sekt. Der ist fruchtiger, steigt überhaupt nicht in den Kopf und steht von der Qualität her einem guten Champagner in nichts nach.“
„Sekt auf Rotwein?“, fragte ich.
Ich hatte nichts gegen ein Glas Sekt, aber ich merkte bereits den Rotwein. Schokolade und Kekse halten eben nicht lange vor. Andererseits wollte ich aber auch nicht unhöflich erscheinen.
„Hier“, Robin schob mir ein Glas Wasser entgegen. Das klärt die Geschmacksknospen.
Und dann drückte er mir gleich hinterher das gefüllte Sektglas in die Hand. Ich verzichtete auf das Wasser.
Die Bar hatte sich weiter gefüllt, die Barhocker waren längst verschwunden, weil sie nur im Weg herum standen, und die Gäste belagerten die Theke mittlerweile in einer Dreierreihe. Ich fühlte mich eingezwängt und bekämpfte meine aufkommende Panik.
Robin lächelte, als er es bemerkte.
„Sie müssen sich fallen lassen“, riet er mir. „Gegen eine Menschenmenge kann man nicht ankämpfen. Ergeben Sie sich, hören Sie auf zu kämpfen, lassen Sie einfach los. Ich verspreche Ihnen, Sie werden einen unvergesslichen Abend erleben.“
„Ich versteh nicht“, sagte ich. „Was soll an einem Gedränge unvergesslich sein?“
„Trinken Sie noch einen Schluck“, sagte Mark. „Robin spinnt sich manchmal was zurecht, aber er hat immer gute Ideen.“
„Lasst uns hoffen, dass noch ein paar Leute an die Bar kommen, dann werden Sie es fühlen. Und halten Sie sich bitte unter keinen Umständen irgendwo fest.“
Ich ließ los. Erst die Theke, dann mich. Das einzige, was ich festhielt, war mein Sektglas. Es kostete Robin einige Geschicklichkeit es wieder zu füllen. Aber dann spürte ich, was Robin meinte.
In dem Augenblick, in dem ich aufhörte um jeden Zentimeter Raum zu kämpfen, wurde ich von den vielen Menschen um mich h
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Kommentare
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Leichtgewicht
Ob es eine Fortsetzung gibt, weiß ich nicht. Alle meine Geschichten sind echte Kurzgeschichten und haben ein zentrales Thema. Hier ist es, dass auch eine ehrbare Frau straucheln kann, dass da aber einiges zusammen kommen muss. Aber es ist durchaus möglich, dass ich diesen Faden noch einmal aufnehme.
Geplant für die Zukunft ist eine Geschichte, wo in einer Frau die dunkle seite des Sex geweckt wird und dann eine lesbische Geschichte. Ich werde versuchen, dass auch diese beiden Geschichten ein wenig aus dem Rahmen fallen und überraschen
Liebe Grüße
Leichtgewicht
at Markus
Ganz herzlichen Dank für den netten Kommentar«
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andreashava
Zuerst hat es mich etwas gestört, dass so oft "mein Mann" vorkommt, denn das ist doch sehr anonym, aber es passt im Gesamten hervorragend in den intelligent aufgebauten Plot, der die latent knisternde Erotik auch mit einer Portion Humor zum Höhepunkt führt.
Gefällt mir sehr gut.
LG Andrea«
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Mondstern
Gelungene Umsetzung der weiblichen Perspektive, aber was noch wichtiger ist - macht Spaß beim Lesen
Weiter so :-)
LG Mondstern«
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Voyeur69
Ich war bildlich regelrecht "dabei", so gut geschrieben war sie!!!
Und...sie hat mich heiß gemacht ;-)«
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mickflow
Mick, der sich jetzt freut.«
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Wie es weiter geht?
Na! Da wird doch die eigene Phantasie dazu beitragen...
Oder?«
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Leider Fehlanzeige!
Vielleicht klappt's in diesem Jahr!«
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